Update 2003

Werbung
Empfehlungen zur Respiratory Syncytial Virus Prophylaxe bei
Frühgebroenen mit Palivizumab (Synagis) – Update 2003
Bernhard Resch1, Angelika Berger2, Berndt Urlesberger1, Wilhelm D. Müller1, für die
Arbeitsgruppe Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin der Österreichischen
Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde
1
Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Graz
2 Universitätsklinik
Korrespondenzadresse:
für Kinder- und Jugendheilkunde Wien
Dr. Bernhard Resch
Klinische Abteilung für Neonatologie
Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Graz
Auenbruggerplatz 30, A-8036 Graz, Österreich
Tel.: +43 316 385 2606
Fax: +43 316 385 2678
Email: [email protected]
In Anlehnung an internationale Richtlinien (AAP 1998, Carbonell-Estrany et al 1999)
zur Prophylaxe der Respiratory Syncytial Virus (RSV) Infektion mit dem
monoklonalen Antikörper Palivizumab (Synagis) wurden Empfehlungen der
Arbeitsgruppe Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin der Österreichischen
Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde publiziert (Zaknun et al 2001). Alle
Empfehlungen und Richtlinien basierten auf der Impact-Studie (1998), die prospektiv,
doppelblind,
placebokontrolliert,
randomisiert,
an1502
Frühgeborenen

35
Schwangerschaftswochen mit oder ohne bronchopulmonaler Dysplasie (BPD) von
139 Zentren in den USA, Kanada und Großbritannien über die RSV Saison
1996/1997 durchgeführt eine signifikante Reduktion der RSV Hospitalisierungen
(55% Reduktion, 10,6% vs. 4,8%, p<0,001) nachweisen konnte. Bei Frühgeborenen
ohne BPD bestand eine 78% Reduktion (8,1% vs. 1,8%, p<0,001), bei Kindern mit
BPD eine 39% Reduktion (12,8% vs. 7,9%, p<0,038). Weiters zeigten sich in der
Palivizumabgruppe signifikant weniger Spitalsaufenthaltstage, weniger Tage mit
Sauerstoffbedarf, weniger Tage mit einem Schweregradscore der Atemwegsinfektion
 3 (Bereich 0-5), und weniger Zuweisungen sowie Tage auf der Intensivstation. Die
monatlichen intramuskulären Injektionen wurden gut vertragen und es fanden sich
keine Unterschiede hinsichtlich des generell milden Nebenwirkungsprofils. Fünf
Kinder in der Placebogruppe (1,0%) und vier in der Palivizumabgruppe (0,4%)
starben während der Studie, davon starb kein Kind der Placebogruppe und zwei
Kinder der Palivizumabgruppe im Rahmen der RSV Hospitalisierung (davon nur
eines direkt an den Folgen der RSV Infektion bei zugrundeliegender BPD).
Für die Umsetzung von Empfehlungen zur RSV Prophylaxe war es notwendig, lokale
epidemiologische Daten zur Saisonalität (Resch et al 2000) der RSV Infektion
(generell in der nördlichen Hemisphäre in der kalten Jahreszeit von November bis
März/April) und zum Einfluss des Risikofaktors Frühgeburtlichkeit sowie des
Schweregrades der RSV Infektion zu erfassen (Resch et al 2002).
Aufgrund der hohen Kosten dieser Prophylaxe erfolgte die Genehmigung und damit
Kostenübernahme durch die Krankenkassen in Österreich relativ einheitlich für
Frühgeborene < 29 Schwangerschaftswochen oder Kinder mit einem Geburtsgewicht
< 1000 Gramm oder Kinder mit BPD, jedoch nicht oder von Region zu Region
unterschiedlich für Kinder von 29 bis 32 Schwangerschaftsmonaten. Aus diesem
Grund wurde eine nationale Studiengruppe (Austrian RSV 29-32 Study Group)
initiiert, die retrospektiv über die Saison 2001/2002 und prospektiv über die Saison
2002/2003
die
RSV
Hospitalisierungsrate
bei
Frühgeborenen
mit
einem
Gestationsalter von 29 (29+0) bis 32 (32+6) Wochen beobachtete. Im Rahmen der
41. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde
in Salzburg vom 1. bis 4. Oktober 2003 wurden die vollständigen Ergebnisse dieser
Studie erstmals präsentiert. Es fand sich eine Rehospitalisierungsrate von 5,2 %
(32/616) bei ungeschützten Kindern (578 Kinder ohne Prophylaxe und 38 Kindern mit
inadäquater oder unvollständiger Prophylaxe) und eine Rate von 2,0 % (4/200) bei
Kindern
mit
adäquater
Prophylaxe
(p=0,028),
wobei
eine
inhomogene
Gruppenverteilung zu beobachten war. Diese war bei der Studienplanung bereits
einkalkuliert, da die Prophylaxe von der Genehmigung der lokalen Krankenkassen
abhing, und somit Risikokinder eher eine Prophylaxe erhielten. Signifikante
Unterschiede fanden sich demnach beim Gestationsalter (p<0,001), Geburtsgewicht
(p<0,001), bei BPD (p<0,001) und bei Mehrlingen (p=0,012). Somit war einerseits
eine insgesamt niedrige Rate an RSV Hospitalisierungen in dieser Gestationsgruppe
zu beobachten, andererseits trotz signifikant höherer Risikofaktoren in der
Palivizumabgruppe eine signifikante Reduktion der RSV Hospitalisierungen gegeben.
Zusätzliche Risikofaktoren waren neurologische Erkrankungen, ältere Geschwister,
Zusammenleben auf engem Wohnraum und Entlassung aus der neonatologischen
Intensivstation in der Zeit von Oktober bis Dezember.
Aufgrund dieser Daten erscheint eine Einschränkung auf Kinder mit zusätzlichen
Risikofaktoren sinnvoll. Da diese Beobachtungsstudie nicht darauf abgezielt war,
Risikofaktoren für eine RSV Hospitalisierung heraus zu finden, wurden Publikationen
(Literatur beim Verfasser) zu zusätzlichen Risikofaktoren herangezogen, um daraus
einen Risiko-Score für diese spezifische Gestationsgruppe zu entwickeln. An den
einzelnen Punkten dieses Scores kann man Kritik dahingehend üben, dass manche
vermeidbar erscheinen (Tabakrauchbelastung, Unterbringung in Krabbelstuben bzw.
Tagesheimstätten), und die Wertigkeit subjektiv (Konsensusdiskussion) beeinflusst
ist. Dennoch erscheint uns dieses Vorgehen gerechtfertigt und hinsichtlich der
Einschränkung bei Frühgeborenen zwischen 29 und 32 Gestationswochen sinnvoll.
Mit den nachfolgend dargestellten neuen Empfehlungen soll auch eine einheitliche
Durchführung in Österreich erzielt werden. Der Risiko-Score sollte ebenfalls
prospektiv hinsichtlich seiner Relevanz evaluiert werden.
Aktuelle Empfehlungen zur RSV-Prophylaxe mit Synagis:
Alle Frühgeborenen mit bronchopulmonaler Dysplasie (chronic lung disease) bis zu
einem Alter von 24 Monaten (bei Therapie innerhalb der letzten 6 Monate vor RSVSaisonbeginn)
Alle Frühgeborenen  28 Wochen bis zu einem Alter von 12 Monaten über die erste
RSV-Saison
Frühgeborene 29 – 32Wochen bis zu einem Alter von 6 Monaten + Risikofaktoren
entsprechend dem RSV-Risiko-Score (Tabelle 1)
Indikationsstellung durch die Klinik (Neonatologe), Durchführung der monatlichen
Injektionen beim niedergelassenen Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde. Der
Abstand zwischen der ersten und zweiten Impfung soll nicht länger als 25 Tage sein,
in weiterer Folge erfolgen die Impfungen alle 30 Tage (+/- 5 Tage). In der Regel wird
die erste Impfung Anfang November verabreicht. War die letzte RSV Saison spät
einsetzend, ist ein früherer Beginn zu erwarten und somit die erste Injektion bereits
im Oktober zu verabreichen. Eine einmal begonnene Prophylaxe soll über die erste
RSV Saison auch fortgesetzt werden. Bei Entlassung während der RSV Saison soll
die erste Impfung stationär 3 – 5 Tage vor Entlassung erfolgen. Palivizumab hemmt
nicht die Immunantwort gegenüber den üblichen Mehrfachimpfungen im ersten
Lebensjahr.
Literatur beim Verfasser Carbonell-Estrany
Tabelle 1:
RSV-Risiko-Score für die Prophylaxeindikation bei
Frühgeborenen von 29 bis 32 Wochen und chronologischem
Alter unter 6 Monaten
________________________________________________________
Basisrisiko#
2
Neurologische Erkrankung
1
Gewicht < 1500 g
1
Risikoentlassung (1.Okt. – 31.März)
1
Ältere Geschwister*
1
Mehrling
0,5
Krabbelstube
0,5
(vermeidbar?)
Tabakrauchbelastung
0,5
(vermeidbar?)
Sozialstatus**
0,5
SUMME
........................
BPD
4
Immundefizienz
4
CHD***
4
______________________________________________________________________
Ab 4 Punkten ist eine RSV Prophylaxe mit Palivizumab (Synagis) indiziert
BPD = bronchopulmonale Dysplasie, CHD = angeborener Herzfehler (congenital
heart disease)
#

*
**
***
Basisrisiko 0 entspricht dem eines jungen reifgeborenen Säugling in der ersten
RSV Saison
PVL (periventrikuläre Leukencephalomalacie), IVH 3/PVH (intra/periventrikuläre Hämorrhagie), cerebrale Infarkte, Hydrocephalus
Geschwister im Kindergarten- und Schulalter
Niedriger sozioökonomischer Status und enge Wohnverhältnisse
entsprechend den Empfehlungen der Kardiologen, ausgenommen sind PDA,
kleine ASD und VSD, und gering- bis mäßiggradige Stenosen.
Herunterladen