ARD-MORGENMAGAZIN – SERVICE 23.04.2014 THEMA: ARTHROSE Autor: Uschi Müller EXPERTE IM STUDIO: MOHSEN RADJAI Funktion: Allgemeinmediziner _____________________________________________________________________ Arthrose ist die am weitesten verbreitete Gelenkerkrankung der Welt. Etwa fünf Millionen Menschen in Deutschland leiden nach Angaben der Deutschen Rheuma-Liga unter den Folgen ihrer geschädigten Gelenkknorpel. So kann schon in jungen Jahren die Arthrose ihren Anfang nehmen und über Jahren und Jahrzehnten hinweg voranschreiten. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu. Bei über 80% aller 70 jährigen finden sich arthrotische Gelenkveränderungen. Was ist Arthrose? Eine Arthrose entwickelt sich – unabhängig vom betroffenen Gelenk – meist auf die gleiche Art und Weise. In der Anfangsphase verliert der Gelenkknorpel seine Elastizität, einzelne Knorpelzellen sterben ab. Schließlich wird das Knorpelgewebe dünner und reißt ein. Die Gelenkflächen, beim Gesunden mit elastischem Knorpel überzogen, verdichten und verhärten sich. An den Rändern der Gelenkflächen bilden sich wulstartige Knochenvorsprünge. Während die Arthrose fortschreitet, werden die Gelenkflächen und der Gelenkspalt immer kleiner. Im Endstadium kommt es zu einer vollkommenen Verknöcherung des Gelenks. Da dem Knorpelgewebe schmerzleitende Nerven fehlen, beginnt eine Arthrose zunächst ohne Beschwerden. Mit zunehmendem Knorpelschaden kommt es zu den typischen Arthrosebeschwerden: starke Gelenkschmerzen, morgendliche Gelenksteife und Knacken oder Knirschen im Gelenk. Schließlich kommt es zu entzündlichen Prozessen im Gelenk, man spricht von „aktivierter“ Arthrose. Ein natürlicher Alterungsprozess Mit dem zunehmenden Lebensalter wächst das Risiko, Arthrose zu bekommen. Dabei sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Ursache können Verschleiß mit Knorpelschäden wegen schwerer körperlicher Arbeit, regelmäßige Überlastung zum Beispiel durch zu viel Sport, aber auch frühere Verletzungen oder Gelenkfehlstellungen sein. All dies hat zur Folge, dass die Gelenke mechanisch stärker beansprucht und abgenutzt werden. Auch Übergewicht stellt - durch die ständige Überlastung etwa der Kniegelenke - ein hohes Arthrose-Risiko dar. Beschwerden bei Arthrose Typischerweise treten Arthroseschmerzen zusammen mit Steifigkeit in den Gelenken nach einer längeren Ruhephase auf, z.B. beim Aufstehen aus dem Bett oder nach längerem Sitzen. Diese „Anlaufschmerzen“ gehen bei leichtem Verschleiß unter Bewegung zurück, können aber je nach Ausprägungsgrad der Arthrose bei stärkerer Belastung wieder auftreten. Im späten Stadium sind ständige Schmerzen – auch in der Nacht – keine Seltenheit. Überlastungen führen häufig in allen Arthrosestadien von einer ruhenden Arthrose zu einer „aktivierten“ Arthrose mit entzündlichen Reaktionen und Ergussbildung im Gelenk. Je weiter die Arthrose fortschreitet, desto stärker wird das Gelenk abgenutzt und verformt. Um Schmerzen zu vermeiden, wird die Bewegung des Gelenkes häufig vermindert, was zu einem Schwund der umgebenden Muskulatur führt. Hierdurch kann ein Gelenk völlig unbeweglich werden. Besonders anfällig für Arthrose sind die Knie, die Hüfte, die Wirbelsäule, das Sprunggelenk und die Finger der Arbeitshand. ARD-MORGENMAGAZIN – SERVICE 23.04.2014 -2- Diagnostik Beim Röntgen, der zur Zeit häufigsten Art der Diagnostik, bzw. der Kernspintomographie, zeigen sich bei einer Arthrose typische Veränderungen. Dabei gehen allerdings die Veränderungen im radiologischen Bild nicht immer parallel mit den Beschwerden des Patienten einher. Behandlungsmöglichkeiten Es gibt eine Unzahl von Medikamenten und Medizinprodukten, die gegen Arthrose vorbeugen oder die Frühformen behandeln sollen. Viele dieser, oft in den Anzeigenteilen von Illustrierten angepriesenen Produkten sind wirkungslos. Knorpelgewebe bildet sich nicht komplett neu. Es kann auch noch nicht durch künstliches Gewebe ersetzt werden. Unterschiedliche Ansätze, Knorpelgewebe zu züchten oder zu transplantieren, können bisher nur kleinere Defekte ersetzen. Die zahlreichen schulmedizinischen und alternativen Therapien zielen daher primär daraufhin, den noch gesunden Knorpel bestmöglich zu erhalten und zu nutzen. Dies geht häufig mit einer Umstellung der Lebensgewohnheiten, wie Ernährungs- und Belastungsumstellung einher. Dabei ist die häufige Bewegung des Gelenks bei geringer Belastung von zentraler Bedeutung. Die medikamentöse Behandlung der Arthrose hat zum Ziel, Schmerzen zu lindern und den Zustand der Gelenkflüssigkeit (Synovia) oder des Knorpels zu verbessern, um so eine Operation des Gelenks solange wie möglich hinauszuzögern oder zu vermeiden. Meist erfolgt dies mit Injektionen in das Gelenk. Kommt es trotz der konservativen Behandlungsmethoden zu keiner ausreichenden Beschwerdelinderung, bleibt neben einigen operativen Möglichkeiten nur der Gelenkersatz, der meist bei den großen Gelenken, wie Hüfte und Knie, notwendig ist. Diese Kunstgelenke halten 10-20 Jahre und erlauben in der Regel schmerzfreie Gelenkbewegungen. Radiosynoviorthese heißt eine Therapie gegen die quälenden Schmerzen bei Polyarthritis. Behandelt man die nur mit Medikamenten, kann es sein, dass ein Gelenk über Jahre langsam zerstört wird. Bei der Radiosynoviorthese wird das erkrankte Gelenk mit Strahlen behandelt. Bei dieser „unblutigen Methode“ wird die Gelenkinnenhaut des behandelnden Gelenks verödet. In das entzündete Gelenk wird mit Hilfe einer Röntgendurchleuchtung je nach Gelenkgröße das entsprechende Radioisotop injiziert. Wichtig ist, dass die radioaktive Substanz genau dorthin gelangt, wo der Entzündungsherd sitzt. Die kurze Halbwertszeit der verwendeten Isotope gewährleistet, dass nach kurzer Zeit keine aktiv strahlenden Substanzen im Körper mehr nachweisbar sind. Die maximale Reichweite beträgt nur wenige Millimeter, so dass sich die Strahlenbelastung fast ausschließlich auf die kranke Gelenkschleimhaut bezieht. Therapiemethoden (Auswahl der vielfältigen Angebote): Massagen der gelenksumgebenden Muskulatur; Elektro-/Ultraschalltherapie, Stangerbäder; Akupunktur, therapeutische Lokalanästhesie; Paracetamol bei leichten Schmerzen; Kurzfristig: nichtsteroidale Antirheumatika ; Opioide bei starken Schmerzen; Knorpelschützende Mittel (Chondroprotektiva): Viskositätssteigerung der Gelenksflüssigkeit: Hyaloronsäure-Injektionen; ARD-MORGENMAGAZIN – SERVICE 23.04.2014 -3- Intraartikuläre Behandlung mit Orthokin zur Entzündungshemmung; Radiosynoviorthese: Injektion von leicht radioaktiven Strahlenpräparaten; Prothesenimplantation (Hüfte, Knie, Schulter). Was kann man selbst tun? Viel Bewegung, wenig Belastung, auch bei einer aktivierten Arthrose (hier jedoch vorsichtig); Gewicht normalisieren; Sport: Radfahren, Schwimmen, Gymnastik, Walking; Wärme bei ruhender, Kälte bei aktivierter Arthrose; Entspannungsübungen, um die Muskulatur zu relaxen. Literatur: „Arthrose – beweglich bleiben“, Stiftung Warentest, 160 Seiten, 17,90 Euro im Handel oder kann online bestellt werden unter www.test.de/arthrose. Fischer, Jürgen , Das Arthrose-Stopp-Programm, Trias Verlag , ISBN: 9783830466376, 14,99 Euro Weitere Informationen: Anlaufstelle für Spezialisten für Gelenkoperationen http://www.gelenkchirurgie-nrw.de Selbsthilfeforum von Arthosebetroffenen http://www.deutsches-arthrose-forum.de/ Patienten-Flyer Arthrose: http://www.bvou.net/fe/index.php?do=pub_presse&thema_id=1562&artikel_id=3772 Faktenblatt Arthrose: http://www.bvou.net/fe/index.php?do=pub_presse&thema_id=1567&artikel_id=3507