Neuer Ansatz der modernen Pneumologie: Wechselwirkungen zwischen einer kranken Lunge und anderen Organsystemen Mediengespräch anlässlich des Jahreskongresses 2008 der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) Montag, 15. September 2008, 10.00 Uhr, Wiener Medizinischen Akademie, Alser Straße 4, 1090 Wien, 1. Hof Universitätscampus (Direktionsgebäude) Text- und Foto-Download unter www.ogp.at Die Gesprächspartner Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael STUDNICKA ÖGP-Sekretär, Vorstand der Universitätsklinik für Pneumologie, PMU Salzburg Prim. Univ. Prof. Dr. Otto C. BURGHUBER Kongress- und ÖGP-Präsident, Vorstand der 1. Internen Lungenabteilung am Otto Wagner Spital Univ.-Prof. Dr. Rolf ZIESCHE desig. Leiter des ÖGP-Arbeitskreises für interstitielle Lungenerkrankungen, Med. Uni Wien, Univ. Klinik für Innere Medizin II, Klinische Abteilung für Pulmologie OA Dr. Sylvia HARTL Generalsekretär der European Respiratory Society (ERS), Oberärztin der I. Internen Lungenabteilung am Otto Wagner-Spital, Wien 2 Inhalt Neuer Focus in der modernen Pneumologie: Ganzheitlicher Ansatz statt Einzelerkrankungen bei Diagnose und Therapie Seite 4 Prim. Univ.-Prof.. Dr. Michael STUDNICKA Neue Erkenntnisse bei COPD: „COPD ist nicht nur eine Lungenerkrankung“ Seite 6 Prim. Univ.-Prof. Dr. Otto BURGHUBER Interstitielle Lungenerkrankungen und Rheuma: Wechselwirkungen machen umfassenden Ansatz in Diagnose und Therapie unverzichtbar Seite 8 Univ.-Prof. Dr. Rolf ZIESCHE WHO-Prioritäten: COPD und Comorbiditäten-spezifisches Krankheitsmanagement als vordringlich eingestuft Seite 11 OA Dr. Sylvia HARTL 3 Text- und Foto-Download unter www.ogp.at Neuer Focus in der modernen Pneumologie: Ganzheitlicher Ansatz statt Einzelerkrankungen bei Diagnose und Therapie Nicht nur Lungenerkrankungen per se stehen im Mittelpunkt des diesjährigen Jahreskongresses der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP), der von Donnerstag, 18., bis Samstag, 20. September 2008, im UniCampus – AKH Wien stattfindet, sondern insbesondere die Wechselwirkungen zwischen einer kranken Lunge und anderen Organsystemen. Basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen bahnen sich weltweit neue Strategien bei Diagnose und Therapie von Lungenerkrankungen, insbesondere bei COPD und interstitiellen Lungenerkrankungen, an. Der Focus liegt dabei auf chronischen Erkrankungen (sog. Comorbiditäten), die häufig in Kombination mit diesen Lungenerkrankungen auftreten. International anerkannte Kapazitäten referieren und diskutieren jüngste Forschungsergebnisse über Comorbiditäten der COPD wie u. a. HerzKreislauferkrankungen, Osteoporose oder katabolen Muskelstoffwechsel. Ebenfalls im Blickpunkt der Experten: Der Zusammenhang zwischen interstitieller Lungenfibrose und Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Wien, 15.9.2008. Das wissenschaftliche Programm des diesjährigen Lungenkongresses dreht sich unter dem Generaltitel „Lunge im Zentrum“ nicht nur um die Lunge selbst, sondern um die Wechselwirkungen zwischen einer erkrankten Lunge und anderen Organsystemen, erläuterte heute vor Journalisten in Wien Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael St u d n i c k a, Generalsekretär der ÖGP und Vorstand der Universitätsklinik für Pneumologie, PMU Salzburg. „In letzter Zeit wurde vor allem den Comorbiditäten der COPD wie HerzKreislauferkrankungen, Osteoporose und chronischer Muskelschwund große Beachtung geschenkt und dabei die Schlüsselrolle der systemischen Inflammation für diese Comorbiditäten intensiv diskutiert. Inflammation – „Gemeinsamkeit“ von COPD und ihren „Comorbiditäten“ “Inflammation”, erklärt Studnicka, „bedeutet eine Fehlsteuerung bestimmter Gene, die für die Entzündungsprozesse verantwortlich sind und die übermäßig aktiviert werden. Bei der COPD treten diese entzündlichen Prozesse in der Bronchialschleimhaut auf, die dadurch stark anschwillt und große Mengen zähen Schleims produziert. Bei den „assoziierten“ chronischen Erkrankungen, wie etwa Herz-Kreislauferkrankungen oder Erkrankungen des Muskelgewebes führt diese Inflammation zu vorzeitigen Organschäden. Dieser ganzheitliche Ansatz wird auch bei der pulmonalen Rehabilitation der COPD diskutiert und bewertet. „Insgesamt bedeutet diese Entwicklung“ resümiert Studnicka, „den Übergang von der Einzelbetrachtung der Erkrankungen zum systemischen, ganzheitlichen Ansatz in Diagnose und Therapie.“ 4 Für diesen thematischen Schwerpunkt konnten mit Bartolome C e l l i aus Boston/USA , Alvar A g u s t í aus Palma di Mallorca/Spanien und Emil W o u t e r s aus Maastricht/Niederlande die weltweit führenden Experten als Vortragende gewonnen werden. Interstitielle Lungenerkrankungen: Einfluss der Rheumatherapie auf Entstehung von Lungenfibrose Präsentiert und diskutiert werden u.a. auch neue Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen interstitieller Lungenfibrose und Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. „Erwiesen ist, dass verschiedene rheumatische Erscheinungsformen funktionell bedeutende Lungenfibrosen hervorrufen können. Ursache dafür ist, dass in der Therapie rheumatischer Erkrankungen Substanzen zum Einsatz kommen, die selbst Lungenfibrose induzieren, aber auch Lungentuberkulose reaktivieren können“ (Studnicka). Auch für dieses Schwerpunktthema ist es gelungen, mit Talmadge E. K i n g aus San Francisco/USA und Roland M. d u B o i s, derzeit Denver/USA – weltweit anerkannte Kapazitäten auf dem Gebiet der interstitiellen Lungenerkrankungen – nach Wien zu holen. „Die Kongressteilnehmer können mit ihnen die Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Arbeiten und die praktischen Konsequenzen für Diagnose und Therapie diskutieren, das ist ein ganz besonderes Highlight des Kongresses.“ (Studnicka). Ganzheitlicher Ansatz auch bei Asthma bronchiale, pneumologischer Onkologie und Infektiologie Asthma bronchiale ist eine der bedeutendsten pneumologischen Erkrankungen. Im Rahmen des Kongresses wird diese Atemwegserkrankung aus dem Blickwinkel der Allergie, einem systemischen immunologischen Phänomen, beleuchtet. Im Bereich der pneumologischen Onkologie wird auf systemische Effekte des Tumors selbst und auf systemische Nebenwirkungen der bei dieser Erkrankung eingesetzten Therapie eingegangen. Die Rolle des Mediastinums (Bindegewebe in der Brusthöhle, in das alle Brustorgane mit Ausnahme der Lungen eingebettet sind) in der Diagnostik dieser Erkrankung wird breit diskutiert. Und im Themenkreis Infektiologie sollen die extrapulmonalen Manifestationen der Tuberkulose besonders hervorgehoben werden; von der Pleuritis tuberculosa bis zur Knochen- und Lymphknoten-Tuberkulose wird ein Update gebracht. Um allen Teilnehmern des Kongresses die lückenlose Verfolgung der Inhalte der Vorträge zu ermöglichen, werden Simultanübersetzungen angeboten. Details zum Programm http://www.ogp.at/media/jahrestagung_2008/Programm_deutsch_Web.pdf , Ev. Rückfragen Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Studnicka, Generalsekretär der ÖGP und Vorstand der Univ. Klinik für Pneumologie, PMU Salzburg, Tel.: 0664/501 40 02 Monika Bannert, Dr. Bannert Public Relations, Tel.: 0664/21 00 618 5 Text- und Foto-Download unter www.ogp.at Neue Erkenntnisse bei COPD: „COPD ist nicht nur eine Lungenerkrankung“ Wechselwirkungen zwischen COPD und anderen „assoziierten“ chronischen Erkrankungen, wie Herz-Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Diabetes und Osteoporose in wissenschaftlichen Studien erkannt. Enorme Auswirkungen dieser gegenseitigen Einflussnahme auf Diagnose und Therapie. International renommierte COPD-Experten diskutieren diese neuesten Erkenntnisse und die daraus resultierenden Konsequenzen für den Umgang mit COPD-Patienten. Wien, 15.9.2008. Ein völliges Umdenken, basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen, bahnt sich weltweit in der Pneumologie an und steht auch im Mittelpunkt des diesjährigen Kongresses der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP), der von Donnerstag, 18., bis Samstag, 20. September 2008, im UniCampus – AKH Wien stattfindet. „Es geht um die systemische Betrachtungsweise, d.h. etwa bei COPD, dass bei Diagnose und Therapie nicht nur diese chronische Lungenerkrankung für sich bewertet wird, sondern auch ihre sog. Comorbiditäten, das sind andere chronisch Erkrankungen, die in Zusammenhang mit COPD stehen,“ erläutert heute vor Journalisten in Wien Prim. Univ. Prof. Dr. Otto C.B u r gh u b e r, Kongress- und ÖGP-Präsident sowie Vorstand der 1. Internen Lungenabteilung am Otto Wagner Spital. Neu: COPD nicht nur eine Lungenerkrankung, sondern ein „chronisch systemisches Entzündungssyndrom“ Ursache der COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) ist eine obstruktive Atemflussbehinderung, die nicht vollständig reversibel ist. Diese Atemflussbehinderung verläuft in der Regel fortschreitend und ist mit einer abnormen entzündlichen Reaktion der Lunge auf schädigende Partikel oder Gase verbunden. Ursache für Symptome, Funktionseinschränkungen und Komplikationen der COPD ist ein der Erkrankung zugrunde liegender Entzündungsprozess und die daraus resultierenden krankhaften Veränderungen der Atemwege, wobei neueren Studien zufolge der Entzündungsprozeß nicht nur die Lungen sondern den Gesamtorganismus betrifft. War bislang die Entzündung der Lunge und die Obstruktion der Bronchien entscheidend für die Therapie, so soll in Zukunft die COPD systemisch, also in einem Gesamtzusammenhang mit anderen, gleichzeitig auftretenden chronischen Erkrankungen, den sog. Comorbiditäten, beurteilt und therapiert werden. Das bedeutet, unterstreicht Burghuber, „dass die COPD nicht länger nur als Lungenerkrankung, sondern, wie internationale Experten empfehlen, als „chronic systemic inflammatory syndrome“ verstanden werden. Der Begriff Syndrom signalisiert bereits, dass gleichzeitig Symptome verschiedener Erkrankungen vorliegen, die in Diagnose und Therapie der COPD zu berücksichtigen sind.“ 6 Die COPD-Comorbiditäten: Von Herzkreislauferkrankungen bis Krebs Die Mehrzahl der COPD-Patienten leidet an weiteren chronischen Erkrankungen, die häufigsten sind Bluthochdruck, Diabetes, koronare Herzkrankheiten, Osteoporose, Herzversagen, und Krebs. Tatsche ist, so Burghuber, dass eine Vielzahl der COPDPatienten nicht an ihrer Lungenerkrankung sterben, sondern an Herz-Kreislauferkrankungen und Lungenkrebs. Tatsache ist auch, dass 70% der COPD-Betroffenen auch an Osteoporose und 20% an chronischem Herzversagen leiden. „Chronische Erkrankungen sind weit verbreitet und es wird für die Zukunft auch eine weitere Zunahme mit rapide steigenden Kosten für die Gesundheitssysteme erwartet“ (Burghuber). Umso wichtiger ist, nicht jede dieser Erkrankungen isoliert zu betrachten, sondern die wesentlichen Comorbiditäten gemeinsam zu berücksichtigen. 50% aller über 65-jährigen leiden unter mindestes drei chronische Erkrankungen: Erwiesen ist, berichtet Burghuber, „dass fast die Hälfte aller über-50jährigen gleichzeitig an mindestens drei chronischen Erkrankungen und ein Fünftel an fünf und mehr leiden. Faktum ist auch, dass mehr als 50% der Behandlungsressourcen für die Therapie chronischer Erkrankungen aufgewendet werden “ Risikofaktoren wirken systemisch und inflammatorisch Der gemeinsame Mechanismus, der über die Risikofaktoren Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck, Blutfettwerte zu chronischen Erkrankungen führt, dürfte eine systemische Inflammation sein. Burghuber: „Die genannten Risikofaktoren lösen also eine systemische Entzündung aus, die sich auf verschiedene Organsysteme negativ auswirkt“. Daher wirken Risikofaktoren systemisch, also nicht nur auf e i n Organsystem, sondern auf alle. Diagnose nicht auf COPD beschränken Burghuber konkret: „Bei Patienten, die älter als 40 Jahre sind und Symptome einer COPD aufweisen, sollte sich das diagnostische Vorgehen nicht nur auf die COPD beschränken, sondern auf verschiedene andere Organsysteme ausgeweitet werden. Dabei geht es vor allem um jene Patienten, die rauchen oder geraucht haben (wesentlich ist die kumulative Anzahl der gerauchten Zigaretten), die abnormale, auf COPD hinweisende Lungenfunktionswerte und Symptome eines chronischen Herzversagen haben, die Kriterien eines metabolischen Syndrom erfüllen (Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhte Lipide im Serum, Diabetes mellitus) und erhöhte Entzündungsparameter im Blut (C-reaktives Protein) aufweisen. Zusammengefasst: „Neben der Diagnose COPD sollten auch die Abnormalitäten der anderen Organsysteme einbezogen und im Sinne des „chronisch systemische Entzündungssyndrom analysiert werden.“ Ev. Rückfragen: Prim. Univ.-Prof. Dr. Otto Burghuber, Kongress- und ÖGP-Präsident, Vorstand der 1. Lungenabteilung am Otto Wagner Spital, Wien, Tel.: Tel.: 01/910 60-41007, mobil: 0664/403 47 70, eMail: [email protected] Monika Bannert, Dr. Bannert Public Relations, Tel.: 0664/21 00 618, eMail: [email protected] 7 Text- und Foto-Download unter www.ogp.at Interstitielle Lungenerkrankungen und Rheuma: Wechselwirkungen machen umfassenden Ansatz in Diagnose und Therapie unverzichtbar Systemischer Ansatz in Diagnose und Therapie ist für Pneumologen und Rheumatologen die Behandlungsstrategie der Zukunft. Nationale und internationale Experten referieren und diskutieren beim diesjähriger Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP), der von Donnerstag, 18., bis Samstag, 20. September 2008, im UniCampus – AKH Wien stattfindet, neue wissenschaftliche Erkenntnisse und ihre praktische Umsetzung. Wien, 15.9.2008. Das weltweit beginnende Umdenken in der Pneumologie – statt isolierter Betrachtung einzelner Krankheitsbilder, ihre umfassende, systemische Bewertung unter Berücksichtigung auch anderer Organsysteme – prägt auch das 2. Hauptthema „Interstitielle Lungenerkrankungen“ am diesjährigen Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP). „Zukunft der Pneumologie liegt im umfassenden, systemischen Ansatz“ „In die umfassende, systemische Bewertung der interstitiellen Lungenerkrankungen werden auch ihre Comorbiditäten – d.s. andere chronische Erkrankungen, die im Zusammenhang mit ihnen stehen, wie etwa Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises – mit eingeschlossen“, erklärte heute vor Journalisten in Wien Univ.-Prof. Dr. Rolf Z i e s c h e, desig. Leiter des ÖGP-Arbeitskreises für interstitielle Lungenerkrankungen und Professor an der Med. Uni Wien, Univ. Klinik für Innere Medizin II, Klinische Abteilung für Pneumologie. Und: „In diesem umfassenden, systemischen Ansatz mit weitreichenden Auswirkungen auf Diagnose und Therapie liegt die Zukunft der Pneumologie“ (Ziesche). Interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) durch Entzündung und Fibrosierung geprägt ILDs sind sehr heterogene Lungenerkrankungen, die das Stütz- und Bindegewebe der Lunge betreffen. Sie sind bestimmt von einem Entzündungszustand und gestörter Wundheilung, wobei bevorzugt Narbengewebe gebildet wird. In der Fachsprache wird von Fibrose gesprochen. Dabei breitet sich das Narbengewebe ungehemmt aus und dringt vom Rand der Lunge invasiv in das Lungengewebe vor. „Unter Fibrose verstehen wir eine bösartig wachsende Narbe mit Stoffwechselprozessen, wie sie Tumore auch haben“ (Ziesche). Schwierig zu diagnostizieren ILDs zeigen eine Vielfalt an klinischen Erscheinungsformen, charakterisiert durch Charakter und Intensität der Vernarbungsreaktion/Fibrosierung das Auftreten bronchialer Entzündungen und 8 sekundäre Infektionskomplikationen, meistens bakterielle Infektionen, vergleichbar mit akuten Verschlechterungen (Exacerbationen) bei COPD. Aus dieser Vielfältigkeit resultiert, so Ziesche, „eine oft unübersichtliche diagnostische und therapeutische Situation.“ Dazu kommt, dass es ILDs mit bekannter Ursache, wie u. a. Pneumokoniosen (Silikose, Asbetose u.a.), und ILDs ohne gesicherte Ursache , wie u. a., idiopathische interstitielle Pneumonie und Sarkoidose gibt. Entzündung als Ursache der Fibrose – mit Immunsuppressiva behandelbar Bei sehr vielen interstitiellen Lungenerkrankungen scheint bei der Entstehung die Entzündungsreaktion die entscheidende Rolle zu spielen. Die Vernarbung der Lunge ist dann eine Folge der Entzündungsreaktion. Diese Theorie wird dadurch bestärkt, dass die Erkrankungen auf entzündungshemmende und immunsuppressive Therapien gut ansprechen. Durch Beseitigung der Entzündung als Ursache für die Lungenfibrose kann deren weiteres Fortschreiten verhindert werden. Idiopathische Lungenfibrose: Unkontrollierte Vernarbung als Hauptursache Die Lungenfibrose ist eine Reaktion, bei der es zur Vernarbung des Lungengewebes kommt. Dies im Unterschied zu den entzündlichen Vernarbungsreaktionen, die u.a. mit Immunsuppressiva behandelt werden. Für die Entstehung der Lungenfibrose spielen nach neuesten Erkenntnissen Regenerations- und Differenzierungsdefekte eine besondere Rolle. Nach einer Schädigung des Lungengewebes kommt es zwar häufig zu einer Entzündung und anschließend zu einem Vernarbungsgeschehen, aber dieser Prozess kann auch OHNE jede vorausgehende Entzündung aktiviert werden. Dies ist typisch für die frühen Formen der Idiopathischen Lungenfibrose. Sie zeigt damit eine „unabhängige“ Fibrosierungsreaktion. Und das bringt Probleme in der Therapie, denn „derzeit gibt es keine Therapie für die Fibrose, da alle therapeutischen Ansätze über eine Behandlung von Entzündungsreaktionen, etwa mit Immunsuppressiva (Kortison) laufen“ zeigt Ziesche ein großes Problem auf. Es ist ähnlich wie bei Tumoren: ein Kontrollverlust der Reparaturmechanismen, in vielen Einzelprozessen analog zu Tumorerkrankungen, bringt die Fibrosierung „auf Touren“. Davon betroffen sind insbesondere ältere Menschen: Bei den bis 50-jährigen sind es 10 bis 14 Fälle pro 100.000, bei den über 65-jährigen bis zu 180 Fälle. Wechselwirkung zwischen Interstitiellen Lungenerkrankungen und rheumatischen Erkrankungen Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge gibt es eine Wechselwirkung zwischen Interstitiellen Lungenerkrankungen und Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. So 9 haben Menschen mit Sklerodermie (Vaskulitis/Gefäßerkrankung) oder aber auch mit Hautund Muskelentzündungen (Dermatomyositis) häufig eine entzündliche Interstitielle Lungenerkrankung mit Vernarbungsreaktion, die mit entzündungshemmender Therapie behandelbar sind. Allerdings, so Ziesche, treten bei Rheumapatienten auch idiopathische Interstitielle Lungenerkrankungen mit Entzündungsgeschehen UND Fibrose auf. Und hier verschlechtert die Behandlung der Entzündung mit Immunsuppressiva häufig den Gesamtzustand der Patienten. Die neuen Therapien bei Rheuma können sogar Lungenfibrose auslösen. Umfassender Ansatz in Diagnose und Therapie künftig unverzichtbar Diese Erkenntnisse zeigen, unterstreicht Ziesche die Relevanz dieser neuen Erkenntnisse, „wie wichtig ein umfassender Ansatz in Diagnose und Therapie sowohl für Rheumatologen als auch für Pneumologen ist. Der Tatsache, dass bei systemischen rheumatischen Erkrankungen in den meisten Fällen auch die Lunge beteiligt ist, muss Rechnung getragen werden“ (Ziesche). Ev. Rückfragen: Univ.-Prof. Dr. Rolf Ziesche, desig. Leiter des ÖGP-Arbeitskreises für interstitielle Lungenerkrankungen und Professor an der Med. Uni Wien, Univ. Klinik für Innere Medizin II, Klinische Abteilung für Pneumologie, Tel. 01/40400-6137, mobil: 0676/930 31 69, eMail: [email protected] Monika Bannert, Dr.Bannert Public Relations, Tel.: 0664/21 00 618, eMail: [email protected] 10 Text- und Foto-Download unter www.ogp.at WHO-Prioritäten: COPD und Comorbiditäten-spezifisches Krankheitsmanagement als vordringlich eingestuft Chronisch verlaufende Erkrankungen belasten das Leben einer immer älter werdenden Gesellschaft am schwersten, bedeuten sie doch jahrzehntelange Behandlung, trotzdem auch Gesundheitsschäden, die ein selbstständiges Leben nur unter Einsatz sozialer Hilfestellungen ermöglichen. Besonders viele chronisch verlaufende Erkrankungen finden sich unter den Erkrankungen der Lunge. Weltweit leiden mehr als eine Milliarde Menschen unter solchen Erkrankungen (s. Tab.1). Der Bedeutung dieser Erkrankungen Rechnung tragend fand Ende August 2008 in Genf ein hochkarätig besetzter WHO-Gipfel zur Prävention und Kontrolle von nichtinfektiösen chronischen Erkrankungen statt. Wien, 15.9.2008. Durch den weltweiten Paradigmawechsel in der Pneumologie – anstelle isolierter Bewertung von Krankheitsbildern, umfassender systemischer Zugang zu Diagnose und Therapie unter Miteinbeziehung der jeweiligen Comorbiditäten – wurde weltweit auch die Bedeutung anderer chronischer Erkrankungen für Lungenkrankheiten verstärkt ins Blickfeld von Wissenschaftern und klinischen Pneumologen gerückt. WHO: Chronische Gesundheitsprobleme Atemwegserkrankungen eines der vordringlichsten „Die WHO hat die chronischen Lungenerkrankungen Asthma, COPD, schlafassoziierte Atemstörungen und Lungenkrebs unter der Bezeichnung CRD ( chronic respirtatory diseases ) zusammengefasst und zu einem der vordringlichen Gesundheitsproblem erklärt“, berichtete heute vor Journalisten in Wien OA Dr. Sylvia H a r t l, Generalsekre-tär der European Respiratory Society (ERS) und Oberärztin an der 1. Internen Lungenabteilung am Otto Wagner Spital in Wien, vom 2-tägigen Expertensymposium der WHO Ende August in Genf. Intensiv diskutiert wurden, berichtet Hartl, die vordringlichsten Maßnahmen zur Vorbeugung und Eindämmung der CRD und dabei fünf Forschungsziele als vordringlich eingestuft (s. Tab.2): Lücken im Verständnis von Asthma und seine Comorbiditäten schließen Einfluss der Primär- und Sekundärversorgung auf den Verlauf von CRD Integrierte Prävention in Allgemeine Public Health Programme COPD und Comorbiditäten-spezifisches Krankheitsmanagement und Früherkennung der CRD: frühe Symptome erfassen und gleichzeitig muss eine immer wiederkehrende Kontrolle die Folge sein. Neben den CRD gehören Lungenhochdruck und Lungengerüsterkrankungen zu den chronischen Erkrankungen, die zwar selten sind, aber besonders schwer verlaufen. 11 Besonderes Augenmerk verdienen auch chronische Erkrankungen, die dem rheumatischen und immunologischen Formenkreis zuzuordnen sind. 2005 starben an die 4 Mio. Menschen an diesen Erkrankungen. Starke Belastung für die Gesundheitssysteme „Diese chronischen Erkrankungen belasten die Gesundheitssystem besonders stark“, unterstrich Hartl, „und für die Zukunft ist auch mit einer deutlichen Zunahme dieser Erkrankungen zu rechnen. Trotzdem – und das ist ein echter Mangel – gibt keine klaren epidemiologischen Monitoring-Studien, die uns über Verläufe unter unterschiedlichen Lebensumständen und die Beeinflussung durch Veränderung der Lebensführung Auskunft geben könnten.“ „Es ist schwer für die Lunge, gesund zu bleiben“ „Wir wissen“, so Hartl weiter, „dass saubere Luft für gesunden Atem benötigt wird – in einer Welt der globalen Verschmutzung durch Feinstaub, Abgase und Tabakrauch kann die Lunge als Umweltorgan sehr schwer gesund bleiben.“ 25% der CRD auf Umweltgifte zurückzuführen – Forderungen der WHO Laut Schätzungen der WHO sind rund 25 % der CRD-Erkrankungen auf Umweltgifte zurückzuführen. „Ziel muss es sein“, so Hartl, diese Entwicklung zu überwachen und sicherzustellen, dass Entstehung und Verlauf durch konsequente Therapie verbessert werden können. In diesem Zusammenhang fordert die WHO, dass die Gesundheitspläne ein Vorsorgeprogramm Lunge aufnehmen, die Häufigkeit der CRD dokumentieren und alle fünf Jahre eine Verlaufsanalyse durchführen; als Forschungsprioritäten eine Geno- und Phänotypisierung von Bevölkerungskohorten, damit eine Früherkennung eindeutig zuordenbar wird. Dafür werden internationale Datenbanken angelegt werden müssen, denn um zu verlässlichen Ergebnissen zu kommen, sind riesige Kohorten zu untersuchen; Quervernetzte Gesundheitsprogramme, die die Bewegungsarmut und die Kombination von CRD mit Diabetes , Übergewicht und das Schadstoffexpositions- Risiko im Verlauf der Erkrankung evaluieren, da sonst keine Erkenntnis gewonnen wird, wie diesen Patienten besser geholfen werden kann, Hohe finanzielle Aufwendungen, überregionale Zusammenarbeit, Übertragung in Public Health-Programme Alle diese Maßnahmen erfordern beträchtlich finanzielle Aufwendungen, um damit wenigstens die früh Betroffenen herauszufiltern und ihnen alle jene Maßnahmen angedeihen zu lassen, die derzeit als effektiv belegt sind. 12 Gedacht wird auch an überregionale Zusammenarbeit und die Übertragung in Public Health Programme: Chronische respiratorische Erkrankungen durch saubere Luft um 25% zu reduzieren „Durch Vermeidung bzw. Reduzierung von Risikofaktoren könnten die chronischen respiratorischen Erkrankungen signifikant verringert werden: Um 25 % durch saubere Luft, Durch Reduktion von Übergewicht könnten um 4% bei den Männern und um 2% bei den Frauen Schlafatemstörungen verringert werden; Allergenvermeidung und gesunde Ernährung könnten die Asthma-häufigkeit verringern: Durch die frühe Behandlung und Abklärung von banalen Symptomen, vor allem wiederkehrenden viralen Infekten der Atemwege, wird in den reichen Industrieländern der Lunge bereits eine Krankheiten vorbeugende Entwicklung zugeschrieben; Gesundheitserziehung, Umweltmaßnahmen, Behandlung durch Rehabilitation und zur Verfügung stehenden Medikamenten müssen – internationalen Leitlinienempfehlungen entsprechend – in Gesundheits-pakete verpackt werden. Es soll damit garantiert werden, dass alle derzeit möglichen Erfolge erzielt werden. Die Nachhaltigkeit des Programms muss durch die Gesundheitspolitik sichergestellt werden. Um in der Zukunft die Gesundheitssteuerung zu ermöglichen, müssen nationale Programme durch Dokumentation des Krankheitsverlaufes im Sinne von begleitender Forschung, ermöglichen, die genetische Veranlagung von der Lebensstilauswirkung zu trennen. Jedes Land benötigt daher seine eigenen Daten zu den Krankheitsverläufen chronischer Krankheiten, dem Gesundheitsproblem der Zukunft. Dringender Handlungsbedarf „Das WHO Symposion versuchte auch“, so Hartl, „die Dringlichkeit des Handlungsbedarfes auf dem Sektor der Chronischen Erkrankungen darzustellen: Wenn nicht alle Regierungen unverzüglich versuchen, Maßnahmenpakete zu Prävention und Behandlung einzusetzen, wird keine Gesundheitsreform der Welt diese Belastungswelle infolge chronischer Erkrankungen auffangen können.“ (Schluss) Ev. Rückfragen: OA DR. Sylvia Hartl, Generalsekretär der ERS (European Respiratory Society), Oberärztin der I. Internen Lungenabteilung am Otto Wagner Spital, Wien, Tel.: 01/910 60–41635 eMail [email protected] Monika Bannert, Dr. Bannert Public Relations, 01/802 48 91, mobil: 0664/21 00 618, eMail: [email protected] 13 Table 1: Estimated prevalence of chronic respiratory diseases Asthma COPD Rhinitis (excluding asthma) Sleep disordered breathing Other CRDs 300 million 210 million 400 million > 100 million > 50 million Table 2: Research priorities in CRDs from the public health perspective Proposed to focus on low- and middle-income countries (LMICs), but recommended for all countries Topic Priority 1 Priority 2 Priority 3 (i) To reach consensus on a universal definition of severe / uncontrolled / refractory asthma in adults and children with identification of gaps in the knowledge. (iii) To develop and validate in pilot studies, a protocol derived from (1i) to estimate the prevalence, lethality rate and co-morbidities of severe asthma. (vi) To characterize the phenotypes of patients with severe asthma and search for specific risk factors and comorbidities. (ii) To estimate (and monitor yearly) the number of countries with access to spirometry, essential drugs for CRDs and adequate care (common to Gaps in Topics 1, 3, 4 and 5). knowledge and gaps in knowledge translation into policies 1Severe asthma and comorbidities (iv) To start an implementation study in LMICs to confirm that access to ICS reduces morbidity and lethality rate in children and adults. (v) To disseminate relevant evidence and educate health professionals for health service research. (vii) To genomics. investigate (viii) To evaluate interventions based on phenotypes of severe asthma (reduction of exposure to risk factors, pharmacological treatment, vaccines, complementary and alternative medicine, education and social support). (ix) After 5 years, redefine severe asthma phenotypes according to latest research. 14 2- Impact of primary and secondary prevention of CRDs (i) To develop models to estimate the regional (clusters of countries) and global attributable fraction of risk of CRD related to tobacco smoke, solid fuel combustion, outdoor air pollution and allergens; and the potential impact of interventions for their reduction. (iv) To develop risk charts for COPD and OSAS using the methodology of WHO CVD risk charts, and to test its usefulness as a tool to change behaviour of health professionals, users of health services and the community. (ii) To develop models to estimate the impact of healthy diet and physical activity on prevention and control of obesity and its major comorbidities, such as CVDs, type II diabetes and SDB. (v) To develop and validate in pilot studies, simple protocols (including questionnaires and spirometry) to assess the CRD risks. (iii) To develop models to estimate the impact of early detection of occupational CRDs and subsequent intervention on the prevention of disability due to occupational CRDs. (i) To investigate the effectiveness, feasibility and affordability of simple strategies for integrated prevention and management of patients with CRDs, CVDs, diabetes and other priority 3diseases in PHC in pilot Effectiveness countries using an approach of integrated based on PALSA-Plus. prevention (ii) To investigate the and outcomes of a tailored management of chronic syndromic approach to case of chronic diseases in management diseases in PHC by trained PHC in low nurses with the supervision of resource physicians in pilot countries settings using an implementation plan based on PAL and PALSAPlus. (iii) To estimate (and monitor yearly) the number of countries (vii) To test the effectiveness of the interventions evaluated in the models, to validate the estimates. (viii) After 5 years, review risk charts and assess impact of its adoption on tangible health outcomes. (vi) To disseminate relevant evidence and educate investigators for epidemiological research on CRDs. (iv) To assess CRD burden on emergency departments and PHC facilities (v)To disseminate relevant evidence and educate investigators for health service research on this topic and to increase awareness of early detection (vi) To develop methods for measurement of the impact of the interventions (vii) To investigate the benefit of a massive community education campaign and community participation on prevention and control of chronic diseases, taking into consideration cultural and economical factors, as well as the availability of health services, in relation to the demand for health services, early diagnosis, compliance and health outcomes. (vii) After 5 years, assess the impact of the integrated management interventions on health outcomes and costs. 15 with access to spirometry, essential drugs for CRDs and adequate care (common to Topics 1, 3, 4 and 5). (i) To reach consensus on a universal definition of COPD 4- COPD and exacerbations and risk factors for exacerbations, cohospitalizations and morbidities preventable deaths, and to assess gaps in knowledge to Planning understand mechanisms of management of a person exacerbations. with COPD (ii) To propose essential and patients’ related outcomes concomitant (PROs) acceptable in all cocountries. morbidities (iii) To estimate (and monitor (CVDs, diabetes and yearly) the number of countries with access to spirometry, others) essential drugs for CRDs and adequate care (common to Topics 1, 3, 4 and 5). 5Early (i) To reach consensus on the determinants major CRDs according to age of chronic groups, risk factors and gaps respiratory in knowledge. diseases (ii) Develop a protocol for a survey in LMICs to study Indoor and prevalence of CRD and high outdoor air risk patients in children under 5. pollution, infections, (iii) To estimate (and monitor allergens, yearly) the number of countries lack of with access to spirometry, awareness essential drugs for CRDs and And demand adequate care (common to to health Topics 1, 3, 4 and 5). (iv) Surveys to assess the COPD prevalence, risk factors and comorbidities (CVDs, cancer and diabetes) in population based studies. (vi) Operational research (before and after) to evaluate the benefit of concomitant treatment of all chronic diseases over treatment of individual diseases, on PROs, specific and general (v) To disseminate health outcomes, as well relevant evidence and as in costs. educate investigators for epidemiological research (vii) After 5 years, define on this topic. COPD phenotype patterns and exacerbations according to information collected. (iv) Surveys using spirometry and other case finding strategies to determine CRD prevalence (including asthma) in children and adolescents and to identify determinants and risk factors in early life. (vii) Birth cohort studies conducted to assess causality and evaluate the efficacy of preventive interventions in pilot countries. (viii) After 5 years, review the current knowledge and plan for large scale (v) To develop and intervention studies. validate a protocol to improve the management of acute respiratory diseases and asthma in PHC of LMICs 16 services, lack of access to proper care. for children under 5 (common with Topic 1 and 3). (vi) To disseminate relevant evidence and educate for research on this topic. References 1. Bousquet, J. and N. Khaltaev, Global surveillance, prevention and control of Chronic Respiratory Diseases. A comprehensive approach. Global Alliance against Chronic Respiratory Diseases. World Health Organization. ISBN 978 92 4 156346 8, 2007: p. 148 pages. 2. Preventing chronic diseases: a vital investment: WHO global report. World Health Organization. October 5, 2005. htpp://www.who.int/chp/chronic_disease_report/en/, 2005. 3. Esson, K. and S. Leeder, The Millennium Development Goals and Tobacco Control. An opportunity for global partnership. ISBN 92 4 156287 0. 2003, Geneva, Switzerland: World Health Organization, www.who.int/tobacco. Weitere Literatur bei Dr. Sylvia Hartl 17