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EUROPÄISCHES PARLAMENT
2009 - 2014
Plenarsitzungsdokument
A7-0103/2010
26.3.2010
BERICHT
über die Mitteilung der Kommission „Aktionsplan im Bereich Organspende
und -transplantation (2009–2015): Verstärkte Zusammenarbeit zwischen den
Mitgliedstaaten“
(2009/2104(INI))
Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit
Berichterstatter: Andres Perello Rodriguez
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In Vielfalt geeint
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INHALT
Seite
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS ............ 3
BEGRÜNDUNG ...................................................................................................................... 12
STELLUNGNAHME DES RECHTSAUSSCHUSSES .......................................................... 16
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS ......................................... 19
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ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zur Mitteilung der Kommission „Aktionsplan im Bereich Organspende und
-transplantation (2009–2015): Verstärkte Zusammenarbeit zwischen den
Mitgliedstaaten
(2009/2104(INI))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 184 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– gestützt auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des
Rates über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte
menschliche Organe (KOM(2008)0818),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Aktionsplan im Bereich Organspende und
-transplantation (2009–2015): Verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten“
(KOM(2008)0819),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung,
Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen
Geweben und Zellen1,
– unter Hinweis auf die Leitsätze der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die
Organtransplantation beim Menschen,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats über Menschenrechte und
Biomedizin sowie das dazugehörige Zusatzprotokoll über die Transplantation von
Organen und Geweben menschlichen Ursprungs,
– unter Hinweis auf die Konferenz über Qualität und Sicherheit von Organspenden und
-transplantationen in der Europäischen Union vom 17./18. September 2003 in Venedig,
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und
Lebensmittelsicherheit und der Stellungnahme des Rechtsausschusses (A7-0103/2010),
A. in der Erwägung, dass in der EU zurzeit 56 000 Patienten auf ein geeignetes Spenderorgan
warten und Schätzungen zufolge täglich 12 Patienten sterben, während sie auf ein
Transplantat warten,
B. in der Erwägung, dass der Bedarf der Patienten an Transplantaten in Europa aufgrund der
begrenzten Anzahl verfügbarer Organe verstorbener oder uneigennütziger Lebendspender
1
ABl. L 102 vom 7.4.2004, S. 48.
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nicht gedeckt ist,
C. in der Erwägung, dass die in den einzelnen Mitgliedstaaten verzeichneten Raten an
postmortalen Organspenden – mit 34,2 Spenden pro Million Einwohner in Spanien und
1,1 Spenden pro Million Einwohner in Bulgarien – große Abweichungen aufweisen, und
dass der Organmangel die Transplantationsprogramme in wesentlichem Maße
beeinträchtigt,
D. in der Erwägung, dass sich die einzelstaatliche Politik und der Regulierungsrahmen für
Organspenden und Transplantationen in den einzelnen Mitgliedstaaten aufgrund der
unterschiedlichen rechtlichen, kulturellen, administrativen und organisatorischen
Gegebenheiten wesentlich voneinander unterscheiden,
E. in der Erwägung, dass Organspende und -transplantation sensible und komplexe
Sachverhalte sind, die auch wichtige ethische Aspekte umfassen, zu deren
Weiterentwicklung die Mitwirkung der gesamten Gesellschaft und die Einbeziehung aller
maßgeblichen Akteure gefordert ist,
F. in der Erwägung, dass Organtransplantationen die Möglichkeit bieten, Leben zu retten
bzw. die Lebensqualität von Patienten zu verbessern, dass sie beispielsweise bei
Nierentransplantationen im Vergleich zu anderen Ersatztherapien das beste KostenNutzen-Verhältnis bieten und es den Patienten ermöglichen, sich stärker am
gesellschaftlichen Leben zu beteiligen und einer Arbeit nachzugehen,
G. in der Erwägung, dass der Organaustausch zwischen den Mitgliedstaaten bereits gängige
Praxis ist, wenngleich bei der Zahl der Organe, die zwischen den einzelnen
Mitgliedstaaten ausgetauscht werden, große Unterschiede bestehen, sowie in der
Erwägung, dass der Austausch von Organen zwischen den Mitgliedstaaten durch den
Aufbau von Einrichtungen für den internationalen Organaustausch, wie Eurotransplant
und Scandiatransplant, wesentlich erleichtert wurde,
H. in der Erwägung, dass es derzeit weder eine Datenbank mit Informationen zu den für
Spende und Transplantation vorgesehenen Organen oder zu Lebendspendern oder
postmortalen Spenden in der gesamten Europäischen Union, noch ein gesamteuropäisches
Zertifizierungssystem gibt, mit dem die Legalität von dem menschlichen Körper
entnommenen Organen und Geweben bescheinigt werden kann,
I. in der Erwägung, dass es außer in Spanien nur in wenigen anderen Mitgliedstaaten
gelungen ist, die Zahl postmortaler Organspenden wesentlich zu erhöhen, und dass
nachgewiesen werden konnte, dass solche zahlenmäßigen Steigerungen auf die
Einführung ganz bestimmter organisatorischer Verfahren zurückzuführen sind, die die
Erkennung potenzieller Spender durch die Systeme ermöglichen und dazu beitragen, dass
sich möglichst viele Menschen zur postmortalen Organspende bereiterklären,
J. in der Erwägung, dass mit der Richtlinie 2004/23/EG ein eindeutiger Rechtsrahmen für
Organspenden und -transplantationen in der Europäischen Union festgelegt wird, der dazu
führen wird, dass in jedem Mitgliedstaat eine zuständige nationale Behörde geschaffen
oder benannt wird, damit die Einhaltung der einschlägigen Qualitäts- und
Sicherheitsstandards der EU sichergestellt wird,
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K. in der Erwägung, dass es sich bei Organhandel und Menschenhandel zum Zweck der
Organentnahme um schwerwiegende Verstöße gegen die Menschenrechte handelt,
L. in der Erwägung, dass zwischen illegalem Organhandel und Menschenhandel zum Zweck
der Organentnahme auf der einen und dem für Organspenden geltenden Rechtsrahmen auf
der anderen Seite ein enger Zusammenhang besteht, weil einerseits der bei Einhaltung der
gesetzlichen Vorschriften bestehende Organmangel illegalen Machenschaften Vorschub
leistet, und andererseits die illegalen Machenschaften die Glaubwürdigkeit der für die
Organspende geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen schwer beschädigen,
M. in der Erwägung, dass die ablehnende Haltung gegenüber Organspenden in Europa
unterschiedlich stark ausgeprägt ist, und dass dies möglicherweise damit zu erklären ist,
dass das Ausbildungsniveau und der Kenntnisstand des medizinischen Personals in den
Bereichen Kommunikation und Angehörigenbetreuung sehr unterschiedlich sind, in
Bezug auf die Einwilligung zur Organspende und deren praktische Umsetzung
verschiedene legislative Ansätze zur Anwendung kommen und weitere wichtige
kulturelle, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Faktoren die gesellschaftliche
Wahrnehmung der Vorzüge von Organspenden und -transplantationen beeinflussen,
N. in der Erwägung, dass bei Patienten, für die kein postmortal gespendetes Organ zur
Transplantation zur Verfügung steht, Lebendspenden eine wertvolle zusätzliche
Möglichkeit sein können, wobei jedoch betont werden muss, dass Lebendspenden nur in
Erwägung gezogen werden dürfen, wenn illegale Handlungen oder eine Bezahlung im
Zusammenhang mit der Spende absolut ausgeschlossen sind,
O. in der Erwägung, dass medizinische Eingriffe nur vorgenommen werden dürfen, wenn die
betreffende Person sich freiwillig und in Kenntnis der Sachlage damit einverstanden
erklärt hat; in der Erwägung, dass die betreffende Person vorab angemessen über den
Zweck und die Art des Eingriffs sowie über dessen Folgen und Risiken aufgeklärt werden
sollte, sowie in der Erwägung, dass die betreffende Person ihre Zustimmung jederzeit
freiwillig zurückziehen kann,
P. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass zur Transplantation
bestimmte Organe beim Verstorbenen erst entnommen werden dürfen, nachdem gemäß
den geltenden einzelstaatlichen Bestimmungen der Tod festgestellt wurde,
Q. in der Erwägung, dass Lebendspenden eine Ergänzung zur postmortalen Spende darstellen
sollten,
R. in der Erwägung, dass die therapeutische Verwendung von Organen mit der Gefahr der
Übertragung ansteckender und anderer Krankheiten verbunden ist,
S. in der Erwägung, dass die steigende Lebenserwartung zu einer Verschlechterung der
Organqualität führt und dadurch – auch in Mitgliedstaaten mit einer hohen Spenderzahl –
weniger Transplantate eingesetzt werden können,
T. in der Erwägung, dass das öffentliche Bewusstsein und die öffentliche Meinung für die
Steigerung der Organspenderaten eine überaus wichtige Rolle spielen,
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U. in der Erwägung, dass die Öffentlichkeit durch die Arbeit, die Wohltätigkeitsverbände und
andere ehrenamtliche Organisationen in den Mitgliedstaaten leisten, für diese Thematik
sensibilisiert wird und dass die Bemühungen dieser Organisationen letztendlich dazu
beitragen, dass die Zahl der als Organspender registrierten Personen steigt,
1. begrüßt den von der Kommission im Dezember 2008 angenommenen europäischen
Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation (2009-2015), in dem das
Konzept der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten verankert wird, und zwar in
Form einer Reihe vorrangiger Maßnahmen, die auf der Feststellung und
Weiterentwicklung gemeinsamer Zielsetzungen und der Bewertung von Spende- und
Transplantationstätigkeiten anhand vereinbarter Indikatoren basieren, die als
Anhaltspunkte für Qualitätsmaßstäbe und bewährte Verfahren dienen können;
2. äußert seine Besorgnis darüber, dass das Angebot an menschlichen
Transplantationsorganen zur Deckung des Bedarfs nicht ausreicht; stellt fest, dass der
gravierende Mangel an Organspendern den vollständigen Ausbau der
Transplantationsdienste nach wie vor erheblich beeinträchtigt und im Bereich der
Organtransplantation die größte Herausforderung an die Mitgliedstaaten darstellt;
3. stellt fest, dass Systeme, in deren Rahmen den Bürgern ermöglicht wird, sich im
Anschluss an bestimmte Verwaltungsverfahren, wie Beantragung eines Reisepasses oder
des Führerscheins, direkt in ein Organspenderegister einzutragen, zum Erfolg führen;
fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu auf, die Einführung solcher Systeme
ernsthaft zu prüfen, damit sich mehr Menschen in die Spenderegister eintragen;
4. ist der Ansicht, dass es für die Verwendung von Organen, die zu therapeutischen Zwecken
bereitgestellt werden, einen eindeutig festgelegten Rechtsrahmen geben muss und dass die
Gesellschaft keine Vorbehalte gegenüber den Spende- und Transplantationssystemen
hegen darf, wenn verhindert werden soll, dass verfügbare Organe vergeudet werden;
5. weist auf die Bedeutung der organisatorischen Aspekte der Organbeschaffung hin und
betont, dass der Austausch von Informationen und bewährten Verfahren zwischen den
Mitgliedstaaten in Ländern mit geringem Organangebot zur Verbesserung der Spenderaten
beitragen wird, wie das Beispiel jener Länder sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU
zeigt, in denen die Organspenderaten nach teilweiser Übernahme des spanischen Modells
gestiegen sind;
6. betont, dass durch organisatorische Änderungen bei der Organspende und -beschaffung
merklich höhere Organspenderaten erreicht und auf Dauer gehalten werden können;
7. unterstreicht, dass die Erkennung potenzieller Spender einer der wichtigsten Schritte bei
der postmortalen Organspende ist; betont, dass es für eine bessere Erkennung von
Spendern und die Steigerung der Spenderaten ausschlaggebend ist, auf Krankenhausebene
einen primären Ansprechpartner für die Belange der Organspende
(Transplantationskoordinator) zu bestellen, der in erster Linie dafür zuständig ist, ein
Programm für die proaktive Spenderdetektion zu erarbeiten und den gesamten Prozess der
Organspende zu optimieren;
8. weist auf die Bedeutung des grenzüberschreitenden Organaustauschs hin, da jeweils
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passende Spender und Empfänger gefunden werden müssen und folglich ein großer
Spenderkreis notwendig ist, um den Erfordernissen der auf den Wartelisten stehenden
Patienten zu genügen; ist der Ansicht, dass ohne einen Austausch von Organen zwischen
den Mitgliedstaaten Empfänger, die ein Organ mit seltenen Merkmalen benötigen, sehr
geringe Aussichten auf ein geeignetes Organ haben und gleichzeitig manche Spender
nicht berücksichtigt werden, weil es keinen kompatiblen Empfänger auf den Wartelisten
gibt;
9. würdigt die von Eurotransplant und Scanditransplant geleistete Arbeit, weist jedoch darauf
hin, dass der Austausch von Organen außerhalb dieser Systeme und zwischen diesen
beiden Systemen gerade im Hinblick auf Patienten in kleinen Ländern noch maßgeblich
verbessert werden kann;
10. betont, dass sich ein hohes Maß an Gesundheitsschutz für Patienten in der gesamten EU
nur durch die Festlegung gemeinsamer, verbindlicher Qualitäts- und Sicherheitsstandards
erreichen lässt;
11. betont, dass die Spende freiwillig und unentgeltlich sowie in einem genau festgelegten
rechtlichen und ethischen Rahmen erfolgen sollte;
12. fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass eine eindeutige rechtliche Grundlage
für die rechtskräftige Zustimmungs- oder Widerspruchserklärung geschaffen wird, die
seitens eines Verstorbenen oder seiner Angehörigen vorliegen muss;
13. befürwortet Maßnahmen, die auf den Schutz von Lebendspendern abzielen und
sicherstellen, dass Organspenden uneigennützig und freiwillig sowie ohne jegliche andere
Vergütung erfolgen als die Entschädigung für die im Zusammenhang mit der Spende
entstehenden Ausgaben, wie Reisekosten, Kinderbetreuungskosten, entgangenes
Einkommen oder Genesungskosten, und dass finanzielle Anreize für potenzielle Spender
oder deren finanzielle Benachteiligung verboten sind; fordert die Mitgliedstaaten dringend
dazu auf, die Bedingungen für die Vergütung festzulegen;
14. betont, dass die Einführung gut strukturierter Systeme für den organisatorischen Ablauf
und die Förderung erfolgreicher Modelle auf nationaler Ebene von größter Bedeutung
sind; regt an, dass diese Systeme grundsätzlich einen geeigneten Rechtsrahmen, die
fachliche und logistische Infrastruktur sowie die organisatorische Unterstützung umfassen
und an ein funktionierendes Zuteilungssystem gekoppelt sein sollten;
15. fordert die Mitgliedstaaten auf, an allen Krankenhäusern mit Organspendenpotenzial die
Erarbeitung von Qualitätsverbesserungsprogrammen für die Organspende zu fördern, die
zunächst auf einer internen Bewertung des gesamten Organspendeprozesses durch
intensivmedizinisches Fachpersonal und den Transplantationskoordinator des
betreffenden Krankenhauses basieren und bei Bedarf und nach Möglichkeit auf eine
Ergänzung durch externe Betriebsprüfungen der Zentren ausgelegt sind;
16. betont, dass in allen Mitgliedstaaten die kontinuierliche Wissensvermittlung ein zentraler
Bestandteil der Kommunikationsstrategien in diesem Bereich sein sollte; regt
insbesondere an, die Menschen verstärkt aufzuklären und dazu zu ermutigen, über die
Möglichkeit einer Organspende zu sprechen und ihren Angehörigen ihre diesbezüglichen
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Absichten mitzuteilen; weist darauf hin, dass bisher offenbar nur 41 % der europäischen
Bürger mit ihren Angehörigen über eine mögliche Organspende gesprochen haben;
17. fordert die Mitgliedstaaten auf, es potenziellen Spendern durch die Möglichkeit der
Online-Eintragung in ein nationales und/oder europäisches Spenderegister zu erleichtern,
ihre Bereitschaft zu einer Organspende zu erklären, um die Verfahren zur Feststellung der
Spendebereitschaft zu beschleunigen;
18. fordert die Mitgliedstaaten darüber hinaus auf, mit einem Zusatz in Form eines Vermerks
oder eines Zeichens auf dem Personalausweis oder der Fahrerlaubnis von Spendern dafür
zu sorgen, dass Organspender leichter als solche zu erkennen sind;
19. fordert die Mitgliedstaaten demzufolge auf, Wissensstand und
Kommunikationskompetenz der Angehörigen der Gesundheitsberufe zu verbessern und
Selbsthilfegruppen im Bereich Organtransplantation zu fördern; fordert die Kommission,
die Mitgliedstaaten und die zivilgesellschaftlichen Organisationen auf, an der Stärkung
des öffentlichen Bewusstseins für Organspenden mitzuwirken, ohne dabei die kulturellen
Besonderheiten der einzelnen Mitgliedstaaten außer Acht zu lassen;
20. fordert die Mitgliedstaaten auf, das Potenzial für postmortale Spenden durch die
Einführung effizienter Systeme zur Erkennung von Organspendern und durch
Unterstützung der Transplantationskoordinatoren an europäischen Krankenhäusern voll
auszuschöpfen; fordert die Mitgliedstaaten auf, zu prüfen, ob eventuell auch Organe eines
„erweiterten“ Spenderkreises (das heißt Spender fortgeschrittenen Alters oder mit
bestimmten Krankheiten) in Frage kommen, und häufiger auf sie zurückzugreifen, wobei
die höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards zur Anwendung kommen und das
Abstoßungsrisiko insbesondere dank der jüngsten Fortschritte im Bereich der
Biotechnologie gemindert wird;
21. hält es für notwendig, dass einerseits der Schutz des Spenders in Bezug auf seine
Anonymität und die Vertraulichkeit personenbezogener Daten und andererseits die
Rückverfolgbarkeit der Organspenden zu medizinischen Zwecken in ein ausgewogenes
Verhältnis zueinander gebracht werden, damit Organspenden gegen Entgelt und der
Handel mit Organen unterbunden werden;
22. betont, dass Lebendspenden nur als Ergänzung zu postmortalen Spenden zu betrachten
sind; rät den Mitgliedstaaten aufgrund der mit Lebendspenden verbundenen
Ausbeutungsgefahr, diese Spenden nur unter Familienmitgliedern, nahen Verwandten und
Ehepartnern sowie für Menschen zuzulassen, die eine enge persönliche Beziehung zum
Spender haben; fordert nachdrücklich, dass vor allem in Mitgliedstaaten, die die
Möglichkeit einer Lebendspende auf Gruppen von Personen ausdehnen, die keine
persönliche Beziehung zueinander haben, strenge Vorschriften gelten müssen, sodass
ausgeschlossen ist, dass Menschen wegen einer Spende unter Druck gesetzt oder dafür
bezahlt werden;
23. betont, dass Lebendspender bei gesundheitlichen Problemen, die infolge der
Transplantation auftreten dem höchsten medizinischen Standard entsprechend und ohne
persönliche finanzielle Belastung behandelt werden sollten, und dass Einkommensverluste
infolge der Transplantation oder diesbezügliche gesundheitliche Probleme vermieden
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werden sollten; mahnt an, dass Spender im Rahmen des Sozialsystems vor
Diskriminierung geschützt werden sollten;
24. ist der Ansicht, dass alle für Transplantationssysteme geltenden Bestimmungen
(Zuteilung, Zugang zu Transplantationsdiensten, Daten zu Abläufen usw.) der
Öffentlichkeit zugänglich sein und ordnungsgemäß überwacht werden sollten, um eine
etwaige ungerechtfertigte Ungleichbehandlung in Bezug auf den Zugang zu den
Wartelisten für Transplantationen und/oder therapeutischen Verfahren zu vermeiden;
25. nimmt zur Kenntnis, dass es kein umfassendes Datenerfassungssystem für die
verschiedenen Arten von Transplantationen und die jeweils erzielten Resultate gibt,
obwohl mehrere Mitgliedstaaten die Erfassung von Transplantationsvorgängen
verbindlich eingeführt haben und auch einige freiwillig eingerichtete Register bestehen;
26. unterstützt demzufolge nachdrücklich den Aufbau nationaler und EU-weiter Register
sowie die Festlegung einer Methode zum Vergleich der Ergebnisse der für
Organempfänger geführten Nachsorgeregister, wobei die bestehenden europäischen
Rechtsvorschriften über den Schutz personenbezogener Daten einzuhalten sind;
27. unterstützt die Schaffung nationaler und EU-weiter Nachsorgeregister für Lebendspender,
damit diesen ein besserer Gesundheitsschutz gewährt werden kann;
28. betont, dass jegliche kommerzielle Nutzung von Organen, die einen gleichberechtigten
Zugang zu Transplantation verwehrt, ethisch nicht vertretbar und mit den meisten
menschlichen Grundwerten unvereinbar ist, einen Verstoß gegen Artikel 21 des
Übereinkommens über Menschenrechte und Biomedizin darstellt und durch Artikel 3
Absatz 2 der Charta der Grundrechte der EU verboten ist;
29. weist darauf hin, dass zwischen dem Organmangel auf der einen und dem Organhandel
und Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme auf der anderen Seite ein
zweifacher Zusammenhang besteht: Erstens würde ein verbessertes Organangebot in den
Mitgliedstaaten dazu beitragen, dass diese Machenschaften besser unter Kontrolle
gebracht werden können, da EU-Bürger nicht länger in Betracht ziehen müssten, sich
außerhalb der EU um eine Organspende zu bemühen, und zweitens wird die
Glaubwürdigkeit des für Organspenden geltenden Rechtsrahmens durch diese illegalen
Machenschaften schwer beschädigt;
30. verweist nochmals auf die im Bericht Adamou über „Organspende und -transplantation“1
enthaltenen Empfehlungen zur Bekämpfung des Organhandels und vertritt die Ansicht,
dass die Kommission diesen Empfehlungen bei der Aufstellung des Aktionsplans
umfassend Rechnung tragen sollte; weist nachdrücklich darauf hin, dass die Kommission
und Europol stärker für dieses Problem sensibilisiert werden müssen;
31. hebt hervor, dass die für Mai 2010 angesetzte Weltgesundheitsversammlung von großer
Bedeutung ist, und fordert die Kommission und den Rat nachdrücklich dazu auf, sich in
der WHO entschieden für den Grundsatz der freiwilligen und unentgeltlichen Spende
1
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. April 2008 zu Organspende und -transplantation:
Maßnahmen auf EU-Ebene (Angenommene Texte, P6_TA(2008)0130) (2007/2210(INI)).
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einzusetzen;
32. begrüßt die gemeinsame Studie des Europarats und der Vereinten Nationen zum Handel
mit Organen, Geweben und Zellen und Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme;
33. weist auf den Bericht von David Matas und David Kilgour hin, wonach Falun GongAnhänger zum Zweck der Organentnahme getötet wurden, und fordert die Kommission
auf, dem Parlament und dem Rat einen Bericht über die von den Autoren erhobenen
Behauptungen sowie über vergleichbare Fälle vorzulegen;
34. fordert die Mitgliedstaaten dringend auf, Mechanismen vorzusehen, die ihnen ein
Eingreifen ermöglichen, wenn Angehörige der Gesundheitsberufe, Einrichtungen oder
Versicherungsunternehmen Bürgern der Europäischen Union empfehlen, das benötigte
Organ über Drittländer und unter Verstrickung in den Organhandel oder den
Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme zu erwerben; fordert die Mitgliedstaaten
ferner auf, Vorkommnisse dieser Art in ihrem Hoheitsgebiet zu überwachen; legt den
Mitgliedstaaten dringend nahe, mit gesetzgeberischen Maßnahmen, einschließlich
Sanktionen, gegen Personen vorzugehen, die derartige Aktivitäten fördern bzw.
mitbetreiben;
35. verurteilt das Verhalten einiger Krankenversicherungen, die Patienten zum
Transplantationstourismus ermutigen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, ein derartiges
Verhalten streng zu überwachen und zu bestrafen;
36. betont, dass Patienten, die auf illegale Weise in den Besitz eines Organs gelangt sind, in
der Europäischen Union die medizinische Versorgung nicht verweigert werden darf; weist
darauf hin, dass es – wie in anderen Fällen auch – zwischen der Bestrafung illegaler
Machenschaften und der Notwendigkeit einer Behandlung zu unterscheiden gilt;
37. betont, dass die Mitgliedstaaten ihre Zusammenarbeit im Rahmen von Interpol und
Europol verstärken sollten, um wirksamer gegen das Problem des Organhandels
vorzugehen;
38. räumt ein, dass die Verbesserung der Qualität und der Sicherheit von Organspende und
-transplantation von entscheidender Bedeutung ist; weist darauf hin, dass sich dadurch die
Risiken von Transplantationen verringern und somit später auch weniger Komplikationen
auftreten werden; stellt fest, dass sich Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität und der
Sicherheit auf die Verfügbarkeit von Organen auswirken könnten und umgekehrt; fordert
die Kommission auf, die Mitgliedstaaten beim Ausbau der Kapazitäten zur Schaffung und
Entwicklung nationaler Regelwerke zur Verbesserung der Qualität und Sicherheit bei
Organspende und -transplantation zu unterstützen;
39. betont, dass eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen medizinischen Fachkräften und
nationalen Behörden notwendig und mit einem Mehrwert verbunden ist;
40. weist darauf hin, wie wichtig die Nachsorge nach erfolgter Transplantation, einschließlich
Anwendung geeigneter Abstoßungstherapien, für den Erfolg von Transplantationen ist;
weist darauf hin, dass sich durch die optimierte Anwendung von Abstoßungstherapien ein
langfristig besserer Gesundheitszustand bei den Patienten und eine bessere
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Transplantatfunktion erreichen lassen, wodurch entsprechend mehr Organe zur Verfügung
stehen, da die Transplantation in weniger Fällen wiederholt werden muss, und erklärt,
dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen sollten, dass die Patienten Zugang zu den besten
Behandlungsmöglichkeiten haben;
41. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den
Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
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BEGRÜNDUNG
EINLEITUNG
Nobelpreisträger Joseph Murray war 1954 der erste, dem es gelang, bei eineiigen Zwillingen
eine erfolgreiche Nierentransplantation durchzuführen. Seitdem hat sich die
Organtransplantation nach und nach zu einer bewährten Therapie von unumstrittener
Bedeutung entwickelt. Die Nierentransplantation stellt bei Patienten mit terminalem
Nierenversagen im Vergleich zu anderen Nierenersatztherapien – sowohl was die
Überlebenschancen betrifft, als auch im Hinblick auf Lebensqualität und Kosteneffizienz –
die beste Behandlungsmethode dar. Die Autoren einer metaanalytischen Untersuchung, die
der Beurteilung von Nierenersatztherapien anhand der über einen Zeitraum von 20 Jahren
veröffentlichten medizinischen und wirtschaftswissenschaftlichen Fachliteratur gewidmet ist,
gelangen zu dem Schluss, dass bei Nierentransplantationen im Verlauf der Zeit eine
Steigerung der Kosteneffizienz zu beobachten ist. Während sich die Kosten der stationären
Hämodialyse unverändert auf 55 000 bis 80 000 US-Dollar pro gewonnenem Lebensjahr
(USD/LJ) belaufen, beläuft sich der Vergleichswert für eine Nierentransplantation auf ca.
10 000 USD/LJ1.
Die Leber-, Herz- oder Lungentransplantation stellt bei terminalem Organversagen von Leber,
Lunge oder Herz die beinahe einzige Behandlungsmöglichkeit dar – wobei
Lebertransplantationen auch schon zur Behandlung spezifischer Symptomatiken
vorgenommen wurden, die kein terminales Leberversagen verursachen. Die verschiedenen
Formen der Pankreastransplantation sind darauf ausgerichtet, die Insulinproduktion bei
bestimmten Diabetespatienten wieder zu ermöglichen und die Lebenserwartung und –qualität
dieser Patienten damit zu erhöhen. Die Dünndarmtransplantation ist meist Teil einer
Mehrorgantransplantation und wird zurzeit noch relativ selten vorgenommen, wobei sie
grundsätzlich als lebensrettende Maßnahme dient.
Dank der Forschritte auf dem Gebiet der chirurgischen Techniken, neuer immunsuppressiver
Arzneimittel und der wachsenden Erfahrung der transplantationschirurgischen und
-medizinischen Teams haben sich im Verlauf der Zeit auch die Behandlungsergebnisse von
Organtransplantationen verbessert. Dem Jahresbericht 2006 des OPTN/SDRD (Organ
Procurement and Transplantation Network) zufolge liegt in den Vereinigten Staaten die
unbereinigte Überlebensrate bei Patienten, die im Zeitraum 1999-2004 eine postmortale
Nierenspende aus einem nicht erweiterten Spenderpool erhielten, nach einem, drei und fünf
Jahren bei 91 %, 80 % bzw. 70 %. Bei Patienten, die eine Nierenspende aus einem erweiterten
Spenderkreis erhielten, beträgt die unbereinigte Überlebensrate im Vergleichszeitraum für die
genannten Zeitabschnitte 82 %, 68 % bzw. 53 %.
Dass ein Aufwärtstrend zu verzeichnen ist, wird auch an den Überlebensraten bei Patienten
nach einer Lebertransplantation deutlich. So liegt den Daten des spanischen
Lebertransplantationsregisters zufolge die Überlebensrate bei im Zeitraum 1984-1987
transplantierten Patienten nach drei Jahren bei 47,2 %, während sie bei Patienten, die im
1
Dr. Rafael Matesanz und Beatriz Dominguez-Gil: Strategies to optimize deceased organ donation,
in: Transplantation Reviews, Band 21, Ausgabe 4, Oktober 2007, S. 177-188
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Zeitraum 2003-2005 eine Spenderleber erhielten, bereits auf 76,6 % gestiegen ist. Ähnlich
positive Zahlen verzeichnet auch das Europäische Lebertransplantationsregister: Die
Überlebensrate der Patienten bzw. Organe 10 Jahre nach Transplantation, die sich im
Zeitraum 1968-1988 noch auf 36 % bzw. 31 % belief, liegt bei nach 1988 durchgeführten
Lebertransplantationen bereits bei 60 % bzw. 51 %.
Bei erwachsenen Patienten, denen im Zeitraum 1982-1988 ein Herz transplantiert wurde,
betrug die Halbwertzeit 8,2 Jahre – bei Patienten, die das Spenderherz im Zeitraum 19941998 erhielten, waren es bereits 10,2 Jahre, und der Aufwärtstrend hält nach Aussage des
Internationalen Registers für Herz- und Lungentransplantationen an.
Dennoch bleiben nach wie vor viele Probleme im Bereich der Organtransplantation zu lösen:
So gehen Transplantate verloren, weil langfristig so genannte chronische
Abstoßungsreaktionen auftreten oder der Patient bei voll funktionstüchtigem Transplantat an
einer Herzkreislauferkrankung stirbt. Außerdem sinken Lebenserwartung und Lebensqualität
der Organempfänger aufgrund der lang- und kurzfristigen Folgen der Immunsuppression.
Abgesehen von diesen Schwierigkeiten ist jedoch bei der Organtransplantation bereits die
Ausgangssituation problematisch: Die Zahl der Patienten, die auf ein Transplantat warten,
steht in keinem Verhältnis zur Zahl der schließlich transplantierten Patienten, denn gemessen
an der Nachfrage herrscht ein gravierender Organmangel. Während die Zahl der Patienten auf
den Wartelisten steigt, zeichnet sich bei der Zahl der Spenden oder beim Angebot an
Transplantationsorganen kein bzw. ein zu geringer Anstieg ab.
Dass die Zahl der transplantierten Patienten kaum zunimmt, bedeutet bei gleichzeitig immer
länger werdenden Wartelisten, dass die Wartezeiten sich verlängern. Die Wartezeit bei einem
Nierentransplantat ist jedoch teuer und kann zudem die Überlebenschancen des Transplantats
oder des Patienten beeinträchtigen. Außerdem steht zu befürchten, dass auch die Zahl der
Patienten steigt, die sterben, während sie auf ein Transplantat warten. Möglicherweise wird
das Ausmaß des Organmangels aber sogar noch zu niedrig eingeschätzt, da das Fehlen von
Transplantationsorganen Ärzte in einigen Fällen u. U. davon abhält, weitere Patienten in die
Wartelisten aufzunehmen.
Der gravierende Organmangel ist also die größte Herausforderung im Bereich
Organtransplantation. Darum gilt es, ein planvolles und integriertes Lösungskonzept zu
erarbeiten.
ORGANSPENDE NACH EINTRITT DES HIRNTODS
Die Entnahme postmortaler Spenden erfolgt vornehmlich nach Eintreten des Hirntods. Es darf
nicht vergessen werden, dass dies bei weniger als 1 % der insgesamt Versterbenden und bei
weniger als 3 % der in Krankenhäusern Versterbenden der Fall ist. Die Zahl potenzieller
hirntoter Spender ist also begrenzt. Vor diesem Hintergrund ist das Potenzial der postmortalen
Spende nach Eintreten des Hirntods schwer zu erschließen, denn die Organspende und
-beschaffung ist ein äußerst sensibler und komplizierter Prozess, der die Zusammenarbeit
Vieler erfordert und jederzeit scheitern kann. Darüber hinaus muss der gesamte Vorgang
innerhalb kürzester Zeit vonstatten gehen, wodurch die Erfolgsquote weiter sinkt. Allgemein
kann der Prozess in mehrere grundlegende Abschnitte gegliedert werden:
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


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

Spendererkennung: Potenzielle Spender sollten frühestmöglich ermittelt werden. Die
frühzeitige Erkennung eines Spenders ist die Voraussetzung dafür, dass der Spender
untersucht und sein körperlicher Zustand erhalten werden kann. Das bedeutet
grundsätzlich, dass in dieser ersten, entscheidenden Phase vorausschauend gehandelt
werden muss.
Untersuchung des Spenders: Die Gefahr, dass bei der Organtransplantation eine
schwere Krankheit (Neoplasie, Infektion) vom Spender auf den Empfänger übertragen
wird, sollte minimiert werden. Gleichzeitig muss jedoch sichergestellt werden, dass
nur betroffene Organe entsorgt werden, damit potenzielle Spenderorgane nicht unnötig
verloren gehen.
Aufrechterhaltung des körperlichen Zustands des Spenders: Die zur Verfügung
stehenden Organe müssen vor der Entnahme in einem angemessenen Zustand erhalten
werden. Dass der körperliche Zustand eines potenziellen Spenders auf der
Intensivstation sowie vor und während der Organentnahme entsprechend
aufrechterhalten wird, ist für den Zustand der Spenderorgane entscheidend.
Mangelnde Sorgfalt in Bezug auf den körperlichen Zustand des Spenders kann zur
Folge haben, dass eine Organspende unbrauchbar wird, oder zum primären Versagen
des Transplantats führen.
Einwilligung/Ermächtigung: Eine Organentnahme ist nur zulässig, wenn eine
entsprechende Einwilligung oder Ermächtigung vorliegt. In den einzelnen Ländern
gelten unterschiedliche rechtliche Bestimmungen für die Einholung der Einwilligung
zur Organspende: Während in einigen Ländern von einer grundsätzlichen Bereitschaft
zur Organspende ausgegangen wird (Widerspruchslösung), muss in anderen Ländern
eine konkrete Einwilligung (Zustimmungslösung) vorliegen.
Organentnahme: Welches Operationsverfahren zur Entnahme der Spenderorgane
angewandt, wie vor und während des Transports mit den entnommenen Organen
verfahren wird bzw. wie diese in dieser Zeit konserviert werden, ist für den Erfolg
einer Transplantation entscheidend. Jedes Jahr kommt eine Reihe von Organen bei der
Entnahme und/oder beim Transport zu Schaden. Während der Schaden in
verschiedenen Fällen behoben werden kann, müssen einige wenige Spenderorgane
jedoch infolgedessen entsorgt werden. Im Interesse eines erfolgreichen
Transplantationsprozesses müssen die Entnahmetätigkeiten koordiniert werden.
Organzuteilung: Bei einigen Organen, vor allem Nieren, Herzen und kindlichen
Spenderorganen, hängt der langfristige Erfolg einer Transplantation zum Teil davon
ab, dass Spender und Empfänger eine bestimmte Übereinstimmung aufweisen. Damit
die Organe ausgehend von dieser Kompatibilität optimal zugeteilt und entsprechend
transportiert werden können, muss es ein gut organisiertes System geben. In einigen
Fällen müssen Organe auch zwischen Transplantationsorganisationen und Ländern
ausgetauscht werden, um eine optimale Zuteilung zu erreichen. Der Zusammenarbeit
zwischen den Ländern kommt dadurch zunehmende Bedeutung zu.
Dass es sich bei der Organspende und -transplantation nach Eintreten des Hirntods um einen
sensiblen, komplizierten und langwierigen Prozess handelt, liegt auf der Hand. Einerseits ist
die Mitwirkung unterschiedlichster Fachkräfte erforderlich, andererseits besteht in jeder der
Phasen des Prozesses die Gefahr, dass der Spender ausfällt und/oder ein Spenderorgan
verlorengeht.
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Die Organspende- und Transplantationsraten weisen innerhalb der EU starke Abweichungen
auf – während es in Spanien 34-35 Spender pro Million Einwohner gibt, beläuft sich dieser
Wert in Bulgarien auf 1,1 Spender. Diese Unterschiede lassen sich nicht ohne Weiteres
erklären. Klar ist jedoch, dass einige Organisationsmodelle besser greifen als andere. Die
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sollte darauf ausgerichtet sein festzustellen,
welche Systeme am besten geeignet sind, Erfahrungen auszutauschen und bewährte Verfahren
zu fördern sowie jene Mitgliedstaaten zu unterstützen, deren Transplantationssysteme bisher
noch nicht voll funktionstüchtig sind.
Der Vorschlag der Kommission, für den Zeitraum 2009-2015 einen europäischen Aktionsplan
im Bereich Organspende und –transplantation aufzustellen, sieht ein Konzept der
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten vor, dessen Grundlage eine Reihe vorrangiger
Maßnahmen, die Feststellung und Weiterentwicklung gemeinsamer Zielsetzungen,
vereinbarte Indikatoren und Benchmarks, eine regelmäßige Berichterstattung und die
Feststellung bewährter Verfahren bilden.
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29.1.2010
STELLUNGNAHME DES RECHTSAUSSCHUSSES
für den Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit
zu der Mitteilung der Kommission „Aktionsplan im Bereich Organspende und transplantation (2009–2015): Verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten“
(2009/2104(INI))
Verfasserin der Stellungnahme: Eva Lichtenberger
VORSCHLÄGE
Der Rechtsausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für Umweltfragen,
Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, folgende Vorschläge in seinen
Entschließungsantrag zu übernehmen:
A. in der Erwägung, dass der Bedarf der Patienten an Transplantaten in Europa aufgrund der
begrenzten Anzahl verfügbarer Organe verstorbener oder uneigennütziger lebender
Spender nicht gedeckt ist,
B. in der Erwägung, dass sich die einzelstaatliche Politik und der Regulierungsrahmen für
Organspenden und Transplantationen in den einzelnen Mitgliedstaaten gemäß den
unterschiedlichen rechtlichen, kulturellen, administrativen und organisatorischen
Gegebenheiten wesentlich voneinander unterscheiden,
1.
fordert die Kommission auf, unter anderem mit Hilfe der Daten aus ihrer eigenen
Folgenabschätzung (SEK(2008)2956) zu überprüfen, ob die Unterschiede zwischen den
nationalen Gesetzen hinsichtlich der unterschiedlichen Systeme der Zustimmung zu einer
Organspende durch einen Verstorbenen ein Hindernis für Organspenden bilden;
2.
fordert die Mitgliedstaaten auf zu analysieren, inwiefern die Einführung eines auf der
„mutmaßlichen Zustimmung“ basierenden Spendersystems zu einer Erhöhung der Zahl
der Organtransplantationen beitragen würde; vertritt die Auffassung, dass ein solches
System die Zustimmungsfreiheit des Spenders nicht beeinträchtigt, da die Bürger sich
entscheiden können, aus dem System auszutreten;
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3.
betont, dass eine engere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten von entscheidender
Bedeutung ist; schlägt vor, den Austausch bewährter Verfahren im Bereich der
Organspende und -transplantation zu intensivieren; fordert die Mitgliedstaaten auf zu
erwägen, Beschränkungen des grenzüberschreitenden Transports von Organen
aufzuheben; ist der Ansicht, dass ein flexibles gemeinsames System der Mitgliedstaaten
für die Transplantation, den Austausch und die Ein- und Ausfuhr von Organen die
Chancen der Patienten, einen geeigneten Spender zu finden, erhöhen würde und damit
viele Leben retten könnte;
4.
betont, dass es wichtig ist, die Öffentlichkeit stärker für Organspende und -transplantation
zu sensibilisieren, weil dies die Suche nach Organspendern erleichtern und zur Erhöhung
des Organangebots beitragen kann; fordert daher die Kommission, die Mitgliedstaaten
und die Zivilgesellschaft auf, die Strukturen auszubauen, um die Organspende stärker
propagieren zu können;
5.
hält es für notwendig, dass einerseits der Schutz des Spenders in Bezug auf seine
Anonymität und die Vertraulichkeit personenbezogener Daten und andererseits die
Rückverfolgbarkeit der Organspenden zu medizinischen Zwecken in ein ausgewogenes
Verhältnis zueinander gebracht werden, damit Organspenden gegen Entgelt und der
Handel mit Organen unterbunden werden;
6.
betont, dass durch den Organhandel, die Kommerzialisierung von Transplantationen und
den Transplantationstourismus die Grundsätze der Gleichheit, der Gerechtigkeit und der
Achtung der Menschenrechte verletzt werden und das Ethos uneigennütziger Spenden
untergraben wird;
7.
betont, dass die Mitgliedstaaten ihre Zusammenarbeit im Rahmen von Interpol und
Europol verstärken sollten, um wirksamer gegen das Problem des Organhandels
vorzugehen;
8.
ist der Ansicht, dass der Kampf gegen den Organhandel nicht in der ausschließlichen
Zuständigkeit der Europäischen Union verbleiben sollte und dass auch die
Mitgliedstaaten diesbezügliche Maßnahmen ergreifen sollten, einschließlich einer
Senkung der Nachfrage, der wirksameren Förderung der Organspende, der Beibehaltung
strikter Rechtsvorschriften bezüglich lebender nicht verwandter Spender, der
Gewährleistung der Transparenz der nationalen Register und Wartelisten, der
Festschreibung der rechtlichen Verantwortung des medizinischen Personals für die
Verfolgung von Unregelmäßigkeiten und der Weitergabe von Informationen;
9.
fordert die Mitgliedstaaten auf, Standardverfahren einzuführen, um insbesondere im
Zusammenhang mit Entscheidungen über die Beschaffung und Transplantation von
Orangen unethisches oder rechtswidriges Vorgehen zu verfolgen und die Gefahr eines
solchen Vorgehens zu begrenzen.
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ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme
28.1.2010
Ergebnis der Schlussabstimmung
+:
–:
0:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Raffaele Baldassarre, Sebastian Valentin Bodu, Christian Engström,
Marielle Gallo, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Klaus-Heiner
Lehne, Antonio Masip Hidalgo, Jiří Maštálka, Alajos Mészáros,
Bernhard Rapkay, Evelyn Regner, Francesco Enrico Speroni,
Alexandra Thein, Diana Wallis, Cecilia Wikström
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Piotr Borys, Sajjad Karim, Vytautas Landsbergis, Kurt Lechner, Eva
Lichtenberger, Toine Manders, Arlene McCarthy
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ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme
16.3.2010
Ergebnis der Schlussabstimmung
+:
–:
0:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
János Áder, Elena Oana Antonescu, Kriton Arsenis, Pilar Ayuso, Paolo
Bartolozzi, Sergio Berlato, Milan Cabrnoch, Martin Callanan, Nessa
Childers, Chris Davies, Esther de Lange, Anne Delvaux, Bas Eickhout,
Edite Estrela, Jill Evans, Elisabetta Gardini, Gerben-Jan Gerbrandy,
Julie Girling, Nick Griffin, Satu Hassi, Jolanta Emilia Hibner, Dan
Jørgensen, Karin Kadenbach, Christa Klaß, Jo Leinen, Corinne Lepage,
Peter Liese, Kartika Tamara Liotard, Linda McAvan, Radvilė
Morkūnaitė-Mikulėnienė, Miroslav Ouzký, Vladko Todorov
Panayotov, Antonyia Parvanova, Andres Perello Rodriguez, Pavel Poc,
Vittorio Prodi, Frédérique Ries, Anna Rosbach, Daciana Octavia
Sârbu, Horst Schnellhardt, Giancarlo Scotta’, Richard Seeber,
Theodoros Skylakakis, Bogusław Sonik, Anja Weisgerber, Åsa
Westlund, Glenis Willmott, Sabine Wils, Marina Yannakoudakis
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Christofer Fjellner, Matthias Groote, Judith A. Merkies, Miroslav
Mikolášik, Alojz Peterle, Giancarlo Scotta’, Michail Tremopoulos,
Anna Záborská
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)
Josefa Andrés Barea, Dieter-Lebrecht Koch, Markus Pieper
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