Unterlagen des zehnten Seminars Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung und das Funktionieren der Arbeitsmärkte Thessaloniki, Griechenland, 11.–12. Mai 2000 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 1 2 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung INHALT Seite 1. Tag: Teil 1 : Aktuelles zu den Daten in der Aus- und Weiterbildung Gemeinsame Datenquellen der Bildungs- und Arbeitsmarktstatistik von Eurostat L. Freysson ............................................................7 Berufliche Aus- und Fortbildung erwachsener Arbeitskräfte in den OECD-Ländern: Messung und Analyse P. Swaim & E. Stancanelli...................................26 Hochschulabschluss und Arbeitsmarkt Eine Erhebung auf der Grundlage des statistischen Registersystems P. Myrskylä ..........................................................31 Von der Ausbildung auf den Arbeitsmarkt R. Andersson ........................................................46 Anstieg des Bildungsniveaus und Kompetenzentwicklung: Nutzen des generationsbezogenen Ansatzes C. Béduwé & B. Fourcade ...................................60 Der Sicht der Nutzer M. Carvalho .........................................................79 Verwendung der Bildungs- und Ausbildungsstatistik - Die Situation in Portugal F. Marques ..........................................................97 Internationaler Bildungsstrukturvergleich Resultate und Probleme aus österreichischer Sicht A. Schneeberger .................................................102 Statistik über Arbeitsmarktprobleme im öffentlichen Sektor in den Niederlanden: Erfahrungen eines Benutzers L. Herweijer .......................................................114 Analyse der Bedeutung allgemeiner und beruflicher Bildungsabschlüsse für den Status auf dem Arbeitsmarkt C. Littler ............................................................ 125 Teil 2 : Die Zukunft und künftige Entwicklungen Erhebungen über das Bildungs- und Ausbildungssystem in Italien A. Micali ............................................................ 143 Statistik der Erwachsenenbildung Konzeptuelle Probleme H. Naesheim ......................................................159 Statistik über Fort- und Weiterbildung in Norwegen K. J. Einarsen ....................................................164 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 3 Veränderungen der Arbeitsmärkte und deren Auswirkung auf die Bildungs- und Ausbildungsstatistik R. Fox ................................................................ 170 Schnittstellen zwischen Bildung und Beschäftigung.Kompetenzen und ihre statistische Erfassung J. Planas & G. Sala ...........................................175 Der Sicht der Nutzer D. Paparella ......................................................185 2. Tag Teil 3 : Schlußfolgerungen und Empfehlungen Ist eine brauchbare Statistik der allgemeinen und E. Graversen ...................................................... 203 beruflichen Bildung möglich? Zusammenfassung M. van Herpen ...................................................205 Teilnehmerliste................................................................................................................................213 4 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 1. Tag: TEIL 1: AKTUELLES ZU DEN DATEN IN DER AUS- UND WEITERBILDUNG 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 5 6 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung GEMEINSAME DATENQUELLEN DER BILDUNGS- UND ARBEITSMARKTSTATISTIK VON EUROSTAT Laurent Freysson1 Eurostat Verwaltungseinheit E-3: Bildung, Gesundheit und andere soziale Bereiche Bâtiment Jean Monnet Rue Alcide de Gasperi L-2920 Luxembourg [email protected] 1- Einführung: Anpassung der Bildungs- und Beschäftigungsstatistiken an die neuen und sich wandelnden Anliegen der Sozialpolitik - eine Herausforderung Insbesondere aufgrund der anhaltenden Entwicklung zur Wissensgesellschaft haben sich die Anliegen der Sozialpolitik in den letzten zehn Jahren ganz erheblich gewandelt. So sind z. B. neue Konzepte wie das lebenslange Lernen und die Beschäftigungsfähigkeit entstanden und zu neuen Schlüsselworten geworden. Eurostat ist es gelungen, sich dieser Entwicklung auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung anzupassen, indem es sich um eine stärkere Diversifizierung der verschiedenen statistischen Quellen in seinem Zuständigkeitsbereich bemüht hat, insbesondere im Zusammenhang mit den neuesten Anforderungen des Arbeitsmarkts. Zu diesem Zweck wurden in den letzten Jahren neue und zielgerichtete Datensammlungen aufgenommen, beispielsweise zur betrieblichen Aus- und Weiterbildung und zu Berufsbildungsprogrammen. Gleichzeitig wurden Anstrengungen unternommen, die Möglichkeiten bereits vorhandener harmonisierter Erhebungen zu optimieren, die sich zwar nicht speziell mit der allgemeinen und beruflichen Bildung befassen, aber damit verwandte Aspekte berühren. Mit diesem Beitrag soll zunächst ein kurzer Überblick über die Datenquellen von Eurostat gegeben werden, die sowohl Daten zum Bildungsbereich als auch Arbeitsmarktdaten enthalten. Im zweiten Teil wird der Beitrag von Eurostat zur Verbesserung der Vergleichbarkeit der Daten im allgemeinen dargestellt. Zum Schluß werden einige mittelfristige Projekte untersucht, deren Durchführung bereits aufgenommen wurde oder in Kürze bevorsteht. 2- Möglichkeiten der vorhandenen Datenquellen Die Kernfragen, die sich in bezug auf die Zusammenhänge zwischen der allgemeinen und beruflichen Bildung und dem Arbeitsmarkt stellen, betreffen u. a. eine Reihe von Themenkreisen, die mit Daten aus verschiedenen Datensammlungen von Eurostat abgedeckt werden können (wenn auch in einigen Fällen nur teilweise). Dazu zählen beispielsweise höhere Bildungsniveaus, die Rolle der beruflichen Qualifikationen und ihre Anerkennung, Schulabbruch und soziale Ausgrenzung, Zusammenhang zwischen Bildungsstand und Arbeitslosigkeit sowie zwischen Qualifikation und Art des ausgeübten Berufs, Übergang von der Schule zum Arbeitsmarkt, Fremdsprachenerwerb, Bildungsbeteiligung und sozioökonomisches Umfeld, Teilnahme an Weiterbildung je nach berufsständischer Kategorie oder Bildungsniveau usw. 1 Mit Unterstützung einiger Kollegen und Kolleginnen bei Eurostat: Anne Clémenceau, Katja Nestler, Africa Melis, Ana Nobre, Peter Whitten, Spyridon Pilos und Michail Skaliotis. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 7 Der potentielle Nutzen dieser Erhebungen ergibt sich auch aus der Flexibilität, die einige von ihnen durch die Möglichkeit zur Bildung von Kombinationstabellen mit verschiedenen Variablen bieten. Tatsächlich lassen sich die meisten definierbaren Indikatoren nach Geschlecht, Altersgruppe oder Region untergliedern. Gegenwärtig sind sieben harmonisierte Datensammlungen von Eurostat zu nennen, die sich mit Fragen der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie Beschäftigungsthemen befassen: - die Erhebung über Arbeitskräfte (Labour Force Survey - LFS) das Europäische Haushaltspanel (European Community Household Panel - ECHP) die Erhebung über die Struktur der Verdienste (Structure of Earnings Survey - SES) die Erhebung über die Arbeitskosten (Labour Cost Survey - LCS) die Erhebung zur beruflichen Weiterbildung (Continuing Vocational Training Survey CVTS) die Datensammlung zur beruflichen Bildung (Vocational Education and Training - VET) die Datensammlung zur Arbeitsmarktpolitik (AMP) (Labour Market Policies - LMP) Ein wichtiger Aspekt dieser Erhebungen ist die Kontrolle der Datenqualität. Es besteht durchaus die Möglichkeit, eine hohe Qualität zu gewährleisten, aber solange es auch nur die geringste Unsicherheit hinsichtlich der Qualität der Informationen gibt, wäre jeder Versuch einer Analyse ohne oder nur von geringem Wert. Aus diesem Grund messen wir einer engen Zusammenarbeit zwischen den Verantwortlichen für die einzelnen Erhebungen, Experten für die allgemeine und berufliche Bildung in den Mitgliedstaaten und/oder Eurostat so große Bedeutung bei. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, daß die obige Aufzählung der Erhebungen nicht als erschöpfend anzusehen ist; neue Erhebungen werden ggf. ebenfalls berücksichtigt. 8 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Abb. 1: Überblick über gemeinsame Datenquellen der Bildungs- und Arbeitsmarktstatistik von Eurostat Vocational Education and Training Labour Market Policies Eurostat Labour Force Survey European Community Household Panel Structure of Earnings Survey Labour Cost Survey Continuing Vocational Training Survey Administrative data Harmonised surveys (household- or enterprise-based) Eurostat Statistical Information System on Education/Training and Employment Reference Indicators Quelle: Berufliche Bildung Arbeits-markt-politik Eurostat-Arbeitskräfte-erhebung Europäisches Haushaltspanel Verdienst-struktur-erhebung Arbeits-kosten-erhebung Erhebung zur beruflichen Weiterbildung Verwaltungsdaten Statistisches Informationssystem für allgemeine/berufliche Bildung und Beschäftigung von Eurostat Harmonisierte Erhebungen (Haushalts- bzw. Unternehmens-befragungen) Referenz-indikatoren 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 9 2.1 Die Erhebung über Arbeitskräfte Ziele und Hauptmerkmale Die Erhebung über Arbeitskräfte ist das wichtigste statistische Instrument, das vergleichbare Daten für alle Arten von Arbeitsmarktanalysen in der EU liefert. Sie dient der Beobachtung der wichtigsten Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und der Trends in bezug auf Beschäftigung und Arbeitslosigkeit. Bei der Arbeitskräfteerhebung handelt es sich um eine jährliche Stichprobenerhebung der Haushalte, die seit 1983 jährlich in allen Mitgliedstaaten der EU, den EFTA-Ländern und inzwischen auch den meisten osteuropäischen Anwärterstaaten durchgeführt wird. Dabei ist wichtig, daß die Arbeitskräfteerhebung sich auf dem Weg zu einer laufenden Erhebung befindet, d. h. die Daten werden zunehmend vierteljährlich erhoben. Der Fragenkatalog von Eurostat wird von der Arbeitsgruppe "Statistiken der Beschäftigung" festgelegt und stellt eine Art Unterauswahl der Variablen aus den nationalen Arbeitskräfteerhebungen dar. Folgende Hauptbereiche sind abgedeckt: Beschäftigungsmerkmale der Personen: Stellung im Beruf, Beschäftigungssektor, Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen, befristete Beschäftigung, atypische Beschäftigungsverhältnisse usw., und seit 1998 als optionale Variable das Einkommen Arbeitsuche: Mittel und Wege sowie Dauer der Arbeitsuche, demotivierte Arbeitnehmer... allgemeine und berufliche Bildung: gegenwärtige Teilnahme, höchstes Niveau der erfolgreich abgeschlossenen Bildung Situation der einzelnen Personen ein Jahr vor der Erhebung (Längsschnittaspekt) Bis 1988 befaßte sich die Arbeitskräfteerhebung eher am Rande mit dem Thema allgemeine und berufliche Bildung. In einer zweiten Erprobungsphase (1988-1991) wurden erste Fragen zum Bildungsstand aufgenommen. Und schließlich konnte im Zuge der Überarbeitung der Arbeitskräfteerhebung 1992 ein eigenes Modul mit Fragen zur allgemeinen und beruflichen Bildung implementiert werden. 1998 wurde das Modul erneut überarbeitet und etwas erweitert, um neu entstandenen politischen Anliegen und der Überarbeitung der Internationalen Standardklassifikation des Bildungswesens (International Classification of Education - ISCED) Rechnung zu tragen. Die Arbeitskräfteerhebung bietet vor allem folgende Vorteile: Die Daten werden regelmäßig gesammelt und sind aktuell (die jüngsten Daten beziehen sich auf 1999). Die Verwendung einheitlicher Konzepte, Definitionen und Methoden sorgt bis zu einem gewissen Grad für vergleichbare Daten. Dank der Größe der Stichprobe auf Unionsebene (über 700.000 Haushalte oder 1,5 Millionen Personen) können seit 1983 zahlreiche Kombinationstabellen erstellt werden (unter Berücksichtigung der Schwellwerte aufgrund von Stichprobenfehlern). Die Daten sind in einer zentralen Mikrodatenbank bei Eurostat verfügbar. Aber für eine korrekte Verwendung der Erhebung müssen auch ihre Grenzen berücksichtigt werden. Erstens sind die Antworten angesichts der Tatsache, daß es sich um eine Haushaltsbefragung handelt, sehr stark abhängig davon, wie die Befragten die einzelnen Fragen interpretieren. Außerdem können die Fragen in den nationalen Erhebungsbögen ganz unterschiedlich formuliert sein. 10 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Zweitens deckt die Erhebung in den meisten Fällen nur die privaten Haushalte ab, d. h. Personen, die in Gemeinschafts- und Anstaltshaushalten, Internaten, Krankenhäusern, religiösen Einrichtungen usw. leben, bleiben unberücksichtigt. Und schließlich können sich Änderungen der Erhebungsbögen, wie sie 1992 und 1998 erfolgten, auf die Zeitreihenvergleiche auswirken. Mögliche Ergebnisse Für die Analyse der Zusammenhänge zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung und dem Arbeitsmarkt liefert die Arbeitskräfteerhebung schon jetzt quantitative Daten zu zwei Hauptgruppen von Indikatoren: a) Indikatoren zur gegenwärtigen oder kürzlichen Teilnahme an Maßnahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung: Die Fragen zur Teilnahme an Maßnahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung sind in folgende Gruppen untergliedert: - Teilnahme oder Nichtteilnahme an Bildungsmaßnahmen in den letzten vier Wochen - Typ des Unterrichts - Niveau der Bildungsmaßnahme - Zweck der Bildungsmaßnahme - Gesamtdauer der Bildungsmaßnahme - Übliche wöchentliche Stundenzahl der Bildungsmaßnahme Durch die Kombination verschiedener Variablen der Arbeitskräfteerhebung lassen sich (zumindest theoretisch) unterschiedliche Personengruppen unterscheiden: 1. Personen in “Vollzeitausbildung” in dem Sinne, daß sie weder erwerbstätig noch arbeitslos sind 2. Personen, die Ausbildung und Erwerbstätigkeit wie in der Lehrlingsausbildung miteinander verbinden 3. Personen in der Weiterbildung 4. Personen, die an keinerlei Maßnahmen der allgemeinen oder beruflichen Bildung teilnehmen Die gebräuchlichsten Indikatoren zur Teilnahme an Maßnahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung, die aus der Arbeitskräfteerhebung abgeleitet werden können, beziehen sich auf folgende Themen: - Die zunehmende Bildungsbeteiligung junger Menschen (nach Alter, Geschlecht, Region und sozialer Herkunft) - Erwachsenenbildung: Wer kommt in ihren Genuß? Wer nicht? Mehr Frauen, mehr Gebildete, Neuzugänge - Status der Jugendlichen hinsichtlich ihrer Beteiligung oder Nichtbeteiligung an der allgemeinen und beruflichen Bildung und am Arbeitsmarkt (für verschiedene Altersgruppen): Die Verteilung dieser Status kann für ein erstes allgemeines Bild des Übergangs von der Schule zum Erwerbsleben herangezogen werden. b) Indikatoren auf Grundlage des Bildungsstands Drei Fragen beziehen sich auf den Bildungsstand (aus der Arbeitskräfteerhebung 1998): 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 11 - - - Anhand des höchsten Niveaus der erfolgreich abgeschlossenen Bildung läßt sich vor allem ein Bezug zwischen dem Bildungsgrad und arbeitsmarktbezogenen Merkmalen wie Arbeitslosigkeit oder Art der Tätigkeit herstellen. Das Jahr, in dem dieses Bildungsniveau abgeschlossen wurde, kann als Ersatzkennzahl für das Alter des Eintritts in den Arbeitsmarkt verwendet werden; ab einem gewissen Alter (je nach dem erreichten Bildungsniveau) kann jedoch angenommen werden, daß das Abschlußjahr nicht dem Eintritt ins Erwerbsleben entspricht, sondern vielmehr Daten zum lebenslangen Lernen liefert. Und schließlich werden Informationen darüber gesammelt, ob die Personen eine Berufsausbildung erhalten haben, um zu erfahren, ob diese Ausbildung ihnen Vorteile (und wenn ja, welche) gegenüber anderen bringt, die nur eine allgemeine Bildung genossen haben. Die gebräuchlichsten Indikatoren, für die Arbeitskräfteerhebung verwendet werden, sind: Angaben zum Bildungsstand aus der umfassende Messung des Humankapitals (die Arbeitskräfteerhebung ist fast die einzige Quelle für Daten zum Bildungsstand der Bevölkerung): - Bevölkerung nach Bildungsgrad, Altersgruppen, Geschlecht - Prozentsatz der Bevölkerungsgruppe der 18-24jährigen, die sich nicht in der Ausbildung befinden und über ein niedriges Bildungsniveau verfügen (Primar- oder Mittelstufe), als Ersatzkennzahl für Schulabbrecher. Ergebnisse zum Arbeitsmarkt: Zur Arbeitslosigkeit lauten die Schlüsselfragen : Laufen Schulabbrecher eher Gefahr, arbeitslos zu werden? Welche Rolle spielt die Ausbildung im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit? Beispiele für relevante Indikatoren, die auf Grundlage der Angaben zum Bildungsstand in der Arbeitskräfteerhebung berechnet werden können, sind: - Arbeitslosenquote (Anteil an der Erwerbs- oder der Gesamtbevölkerung), - Wahrscheinlichkeit der Langzeitarbeitslosigkeit, - Mobilität von Arbeitslosen ab dem Jahr t-1 bezogen auf die verschiedenen ArbeitsmarktPositionen. Zur Beschäftigung: Gelten für Jugendliche spezielle Arbeitsbedingungen? Welche Zusammenhänge gibt es zwischen der allgemeinen und beruflichen Bildung, die die Personen erhalten haben, und der Beschäftigung? Beispiele für relevante Indikatoren, die auf Grundlage der Angaben zum Bildungsstand in der Arbeitskräfteerhebung berechnet werden können, sind: - Beschäftigungsquote (Anteil an der Erwerbs- oder der Gesamtbevölkerung)) - Beschäftigungsmobilität - die verschiedenen Stellungen im Beruf - die Art des Arbeitsvertrags - Arbeitszeiten Vollzeit/Teilzeit, nicht selbst gewählte Teilzeitbeschäftigungen - Berufe - Art der Unternehmen nach Größe der örtlichen Einheit (Betrieb) und nach Wirtschaftszweig 12 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Eine neue Perspektive: das Ad-hoc-Modul zum Übergang von der Schule in das Erwerbsleben in der Arbeitskräfteerhebung 2000 Um die Möglichkeiten, die die Arbeitskräfteerhebung von Eurostat für die Analyse des Übergangs von der Schule in das Erwerbsleben gegenwärtig bietet, zu erweitern, wird im Zusammenhang mit der Erhebung im Frühjahr 2000 ein Ad-hoc-Fragenmodul erstellt. Damit sollen von Personen, die die Ausbildung in den letzten zehn Jahren beendet (d. h. unterbrochen, abgebrochen oder abgeschlossen) haben, zusätzliche Daten zu den folgenden Aspekten erhoben werden: - Bildungserfahrung: Bereiche der allgemeinen und beruflichen Erstausbildung, Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung, - Erste Arbeitserfahrung: Zeit zwischen der Beendigung der Ausbildung und der ersten nennenswerten Erwerbstätigkeit, Dauer und Art der Tätigkeit - Zeiten der Erwerbslosigkeit seit Beendigung der Ausbildung, Dauer der längsten Arbeitslosigkeitsperiode - Sozioökonomische Herkunft: Bildungsniveau der Eltern Das Modul wird von allen Mitgliedstaaten mit Ausnahme Deutschlands verwendet. Die Niederlande und das Vereinigte Königreich werden eine geringfügig gekürzte Version des Moduls einsetzen. Das Ad-hoc-Modul dürfte im Hinblick auf die Indikatoren folgende Vorteile bieten: besser vergleichbare Daten über die Gruppe der 'Schulabgänger', die auf Grundlage der Arbeitskräfteerhebung bestimmt werden kann eine bessere Erfassung der Schulabbrecher und die Möglichkeit, die potentiellen Nutznießer von Bildungsmaßnahmen "der zweiten Chance" einzuschätzen, Möglichkeit zur Analyse des Zusammenhangs zwischen Ausbildungsfeld und Beruf neue Mittel zur Einschätzung der Merkmale eines erfolgreichen Übergangs (Zeit zwischen Ausbildungsende und erster Erwerbstätigkeit, Analyse der aktuellen Arbeitsmarktlage in Abhängigkeit von der erhaltenen Bildung: Ausbildungszeit? Stufe? Fachrichtung der allgemeinen/beruflichen Bildung? Ausbildungsort?) Die ersten vergleichenden Ergebnisse dürften Anfang 2001 vorliegen. Im Rahmen des Programms der Europäischen Kommission LEONARDO DA VINCI II wird die Möglichkeit zur Reproduktion des Moduls im Jahre 2004 ebenso bewertet werden wie die Durchführbarkeit einer spezifischen Erhebung über Schulabgänger oder eine Jugendkohorte auf internationaler Ebene. 2.2 Das Europäische Haushaltspanel Ziele und Hauptmerkmale Das Europäische Haushaltspanel liefert vergleichbare Mikrodaten über Einkommen, Lebensbedingungen, Wohnverhältnisse, Gesundheit und Erwerbstätigkeit von Personen und Haushalten in den Mitgliedstaaten der EU. Bei der Erhebung werden seit 1994 jährlich dieselben privaten Haushalte und Personen befragt. 1995 wurden Daten von über 60.000 Haushalten erhoben. Die vollständige Datenbank ist nur auf CD-ROM verfügbar. Die Daten können für Forschungszwecke käuflich erworben werden. Einige Daten in zusammengefaßter Form können über die Referenzdatenbank von Eurostat, New Cronos, konsultiert werden. Mögliche Ergebnisse 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 13 Indikatoren (u. a.): Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Privateinkommen, Einkommensverteilung, soziale Ausgrenzung, Armut, Wohnverhältnisse, Gesundheit, medizinische Versorgung, Ruhestand, Arbeitslosigkeit und Bildung. Zur allgemeinen und beruflichen Bildung sind den Daten des Haushaltspanels zwei verschiedene Arten von Informationen zu entnehmen: a) ein relativ einzigartiges Potential an Querschnittsdaten zu verschiedenen Aspekten: - Teilnahme an Maßnahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung (nach Alter und Art der Bildung) während des gesamten Referenzjahres - Teilnahme an Sprachkursen während des gesamten Referenzjahres - beruflicher Werdegang von Personen, die die allgemeine oder berufliche Erstausbildung beendet (d. h. unterbrochen, abgebrochen oder abgeschlossen) haben (Vollzeitbeschäftigung, Arbeitslosigkeit, Wehr-/Zivildienst, sonstiges) 1, 3 und 5 Jahre nach Beendigung der Erstausbildung - Beschäftigungsmerkmale (Beruf, Branche, Verdienst, Dauer der gegenwärtigen Beschäftigung) 1, 3 und 5 Jahre nach Beendigung der Erstausbildung - beruflicher Werdegang von Personen mit höheren Bildungsabschlüssen (unter Berücksichtigung des Jahres, in dem die Qualifikation erworben wurde) usw. - Prozentanteil der erwachsenen Bevölkerung (25-64jährige), der in einem bestimmten Jahr an Aus-/Weiterbildungsmaßnahmen im Rahmen eines Beschäftigungsprogramms teilnimmt b) Als Längsschnitterhebung bietet das Haushaltspanel die Möglichkeit zu dynamischen Analysen der folgenden Aspekte: - Qualität des Übergangs von der Schule zum Beruf - Dauer und Anzahl von Zeiten der Arbeitslosigkeit - Stabilität der Beschäftigung an einem Arbeitsplatz - Entwicklung der Verdienste nach Bildungsniveau Zukunftsperspektive des Europäischen Haushaltspanels Einem Beschluß des ASP aus dem letzten Jahr zufolge wird das bestehende Haushaltspanel im wesentlichen unter Beibehaltung desselben Aufbaus und Inhalts bis 2002 fortgeführt. Langfristig, d. h. ab 2003, wird sich die Erhebung voraussichtlich in Richtung einer EU-weit harmonisierten Sozialdatenerhebung mit den Schwerpunkten Einkommen und Lebensbedingungen entwickeln. Der Inhalt der künftigen Erhebung wird sich nach den neuen Möglichkeiten richten, die sie für das europäische System der Sozialstatistiken eröffnen kann. Im Hinblick auf die Struktur und die technischen Modalitäten der Erhebung müßten die Alternativen Panel und Querschnittserhebung noch einmal erörtert werden. Dabei lautet eine der Kernfragen, ob der Bedarf an dynamischen, auf der Mikroebene miteinander verknüpften Daten (Verknüpfung der Einkommen mit Arbeit, Gesundheit, Bildung...) z. B. für die Längsschnittanalyse der sozialen Ausgrenzung die Komplexität und die Kosten einer Mehrzweckerhebung in Form eines Panels rechtfertigt. Die möglichen Lösungen reichen daher von der Fortführung des bestehenden Haushaltspanels bis zur Einführung eines neuen, vollständig revidierten Panels oder Einführung einer EU-weit harmonisierten Mehrzweck- und Längsschnitterhebung, die sich im wesentlichen auf die Faktoren 14 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Einkommen und Arbeit konzentriert (nach Möglichkeit unter Anpassung bestehender Querschnittserhebungen von Sozialdaten auf nationaler Ebene).... Auch Lösungen, die die Ansätze von Querschnittserhebung und Panel miteinander verbinden, werden sorgfältig geprüft werden. Die neue Erhebung wird wahrscheinlich insbesondere solche Bereiche wie Fremdsprachen oder Informations- und Kommunikationstechnologien berücksichtigen. 2.3 Die Erhebung über die Struktur der Verdienste Ziele und Hauptmerkmale Zweck der Statistiken über Struktur und Verteilung der Verdienste ist die Analyse der statistischen Beziehung zwischen Höhe des Arbeitsentgelts und den individuellen Merkmalen von Arbeitnehmern (Geschlecht, Alter, Beruf, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Bildungsstand usw.) und Arbeitgebern (Wirtschaftszweig der örtlichen Einheit, Vorhandensein eines Tarifvertrags, Gesamtzahl der Beschäftigten usw.). Zwischen 1966 und 1978 wurden auf der Grundlage von Ratsverordnungen vier Gemeinschaftserhebungen über die Struktur und die Verteilung der Verdienste im verarbeitenden Gewerbe, Handel, Kredit- und Versicherungsgewerbe durchgeführt. Nach über zwanzigjähriger Pause ist nun eine neue Verdienststrukturstatistik für die EU verfügbar. Diese Daten, die sich (mit Ausnahme von Frankreich (1994) und Österreich (1996)) auf das Geschäftsjahr 1995 beziehen, wurden gemäß Verordnung (EG) Nr. 2744/95 des Rates erhoben. Die Datensammlung von 1995 spiegelt in mancher Hinsicht die traditionellen Grenzen solcher Statistiken wider. Selbständige und Beschäftigte in Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern wurden wegen der schwierigeren Erfassung von Daten aus solchen Quellen von der Statistik nicht erfaßt. Außerdem deckt die Statistik nicht alle Wirtschaftszweige ab. Landwirtschaft und Fischerei blieben ganz unberücksichtigt, die Dienstleistungen wurden nur zum Teil erfaßt (NACE Rev. 1 GK). Die öffentliche Verwaltung, Erziehung und Unterricht sowie das Gesundheitswesen sind durch die Verdienststrukturerhebung nicht abgedeckt. In allen Fällen wurden Mikrodaten erhoben (d. h. individuelle Datensätze zu den einzelnen Personen der Stichprobe). In einigen Mitgliedstaaten war dies aufgrund von nationalen Bestimmungen zur Geheimhaltungspflicht nicht möglich, so daß diese ihre Daten statt dessen in Form von Tabellen zur Verfügung stellten. Die Daten können über New Cronos konsultiert werden, die wichtigste Datenbank für den Wirtschafts- und Sozialbereich, die bei Eurostat zur Verfügung steht. Mögliche Ergebnisse Die Datensammlung gibt Auskunft über die Verdienste in den EU-Mitgliedstaaten sowohl in den Landeswährungen als auch in ECU. Sie enthält Daten zu Stunden-, Monats- und Jahresverdiensten; darüber hinaus sind die Daten untergliedert nach: - Arbeitgebermerkmalen: Haupttätigkeit, geographischer Standort, Art der wirtschaftlichen und finanziellen Kontrolle (vollständig bzw. überwiegend in staatlichem Besitz, privat, sonstige), Vorhandensein eines Tarifvertrags, Mindestanzahl bezahlter Urlaubstage pro Beschäftigte, Gesamtzahl der Beschäftigten (Arbeitnehmer und "sonstige"), - Arbeitnehmermerkmale: Alter, Geschlecht, Beruf (gemäß ISCO-88), höchstes Niveau der erfolgreich abgeschlossenen Bildung, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Art des Arbeitsvertrags 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 15 (Vollzeit-/Teilzeitbeschäftigung, Arbeitszeit befristetes Arbeitsverhältnis, Ausbildungsverhältnis), Der interessanteste Aspekt der Daten der Verdienststrukturerhebung in bezug auf die allgemeine und berufliche Bildung besteht darin, daß anhand dieser Daten die Abhängigkeit des Arbeitsentgelts vom Bildungsniveau analysiert werden kann. Zukunftsperspektive Gemäß der Verordnung Nr. 530/99 des Rates ist die nächste Erhebung dieser Art für 2002 geplant. Danach soll die Erhebung alle vier Jahre durchgeführt werden und alle Wirtschaftszweige (der zweistelligen Ebene der NACE) erfassen. Es sollen Pilotprojektstudien durchgeführt werden, um die mögliche Ausweitung der Erhebung auf weitere Wirtschaftsbereiche zu untersuchen. Auch zur Einbeziehung von kleinen Unternehmen mit weniger als 10 Arbeitnehmern sind solche Studien vorgesehen. 2.4 Die Erhebung über die Arbeitskosten Ziele und Hauptmerkmale Die Gemeinschaftlichen Arbeitskostenerhebungen sind die einzigen statistischen Instrumente, die detaillierte vergleichbare Daten über die Löhne und die Lohnnebenkosten in den Mitgliedstaaten liefern. Gegenwärtig werden die Arbeitskostenerhebungen alle vier Jahre durchgeführt; die jüngste Erhebung bezieht sich auf das Jahr 1996 und umfaßt die fünfzehn Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Island und Norwegen. Die Angaben für Italien und Schweden beziehen sich auf das Jahr 1997. Rechtsgrundlage für die Erhebungen bildet die Verordnung (EG) Nr. 23/97 des Rates. Mögliche Ergebnisse Die Daten beziehen sich auf die verschiedenen Komponenten der Arbeitskosten der örtlichen Einheiten: - Arbeitnehmerentgelte: Löhne und Gehälter sowie Sozialbeiträge der Arbeitgeber - Kosten der beruflichen Bildung - sonstige Aufwendungen - Steuern - Zuschüsse Die Daten können nach dem Wirtschaftszweig der örtlichen Einheit (dreistellige Ebene der NACE Rev.1), nach Region (NUTS 1) und Größenklasse der örtlichen Einheit untergliedert werden. Die Statistiken enthalten auch Informationen über die Beschäftigten (Voll- und Teilzeitkräfte) und über die Arbeitszeit. Zwei Bereiche können im Hinblick auf die allgemeine und berufliche Bildung von Interesse sein: 1. - Vom Arbeitgeber getragene Kosten der beruflichen Bildung: Arbeitsentgelte für Auszubildende (abzüglich eventueller Zuschüsse) Sozialversicherungsbeiträge für Auszubildende abzüglich eventueller Ermäßigungen sonstige noch nicht genannte Kosten der beruflichen Bildung: Aufwendungen für Berufsausbildungsabteilungen und -einrichtungen, Abschreibungen, kleinere Instandsetzungsarbeiten und Unterhaltskosten für Gebäude und Einrichtungen ohne die entsprechenden Personalkosten, Aufwendungen für die Teilnahme an Kursen, Honorare für unternehmensfremde Ausbilder, Aufwendungen für Lehrmittel und Werkzeuge, die für die Aus- 16 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung und Weiterbildung benutzt werden, Beiträge, die das Unternehmen an Ausbildungsstätten zahlt, usw. Zuschüsse für die berufliche Bildung werden abgezogen. 2. Des weiteren ist die Tatsache von Interesse, daß auch Auszubildende erfaßt werden. Im Sinne der Arbeitskostenerhebung gelten als Auszubildende "alle Arbeitnehmer, die noch nicht voll in den Produktionsablauf einbezogen sind, da sie in einem Ausbildungsverhältnis stehen oder bei ihrer Tätigkeit der Schwerpunkt auf der Berufsausbildung und nicht auf der Produktivität liegt." Die Gesamtzahl der von Auszubildenden geleisteten Arbeitsstunden kann zusätzlich erfaßt werden. 2.5 Die Erhebung zur beruflichen Weiterbildung Ziele und Hauptmerkmale Mit der Erhebung zur beruflichen Weiterbildung sollen umfassende Daten über die Haltung der Unternehmensleitungen zur Weiterbildung, über Teilnehmer, Anbieter, Kosten und Fächer der Weiterbildung sowie darüber gesammelt werden, in welcher Form die Unternehmen ihren Mitarbeitern Ausbildung anbieten. Die Entwicklung der Fähigkeiten durch die berufliche Weiterbildung in Unternehmen wird als entscheidend für die Steigerung der wirtschaftlichen Leistung, der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung angesehen. Die Investitionen der Unternehmen in ihre Humanressourcen sind daher auch Ausdruck ihres Beitrags zur Lösung von Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsproblemen. Messungen der Investitionen in Humanressourcen werden zu wichtigen Indikatoren für den gegenwärtigen und künftigen Erfolg der Unternehmen und die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen im allgemeinen. Den Umfang, die Wirksamkeit und die Grenzen der betrieblichen Aus- und Weiterbildung zu verstehen ist eine Voraussetzung für die Entscheidung, auf welche Themen sich Zusatzausbildung und Unterstützungsmaßnahmen konzentrieren sollten. Die erste Erhebung zur beruflichen Weiterbildung in Unternehmen (CVTS1) wurde 1994 durchgeführt und erfaßte die damals zwölf Mitgliedstaaten. In der Folgezeit wuchs das politische Interesse an diesen Daten und an der Erfassung von Daten über die berufliche Weiterbildung aus den inzwischen fünfzehn Mitgliedstaaten. Daher beschloß die Kommission eine zweite Erhebung zur beruflichen Weiterbildung (CVTS2) für das Jahr 2000. Die Erhebung wird gerade in den Mitgliedstaaten der EU, in Norwegen und in neun beitrittswilligen Ländern durchgeführt. Ab 1995 wurden die Ergebnisse der CVTS1 auf nationaler Ebene, ab 1997 auf europäischer Ebene veröffentlicht. Die Ergebnisse stehen auch in New Cronos, der wichtigsten Datenbank von Eurostat, zur Verfügung. Die Methodik für CVTS2 wird derzeit auf Grundlage der Erfahrungen mit CVTS1 einer Überarbeitung unterzogen. Die neuen Durchführungsleitlinien für CVTS2 sehen ein gemeinsames Grundkonzept vor, um international vergleichbare Daten zu gewährleisten. Des weiteren ist Flexibilität gefragt, damit die Länder ihre nationalen Erfahrungen und Methoden verwenden können und so höhere Rücklaufquoten und verläßlichere Daten erreicht werden können. Zielgruppe der CVTS2 sind Unternehmen mit mindestens 10 Mitarbeitern, die den Abschnitten C-K und O der NACE Rev. 1 zuzuordnen sind (d. h., vor allem die Bereiche Landwirtschaft und Fischerei, aber auch Erziehung und Unterricht sowie Gesundheitswesen werden nicht erfaßt). Mögliche Ergebnisse 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 17 Verfügbar sein werden Daten über Unternehmen, die Ausbildung anboten (ausbildende Unternehmen), sowie solche, die keine Ausbildung anboten (nicht ausbildende Unternehmen). Letztere werden nach den Gründen für das fehlende Bildungsangebot gefragt werden. Zu den ausbildenden Unternehmen werden Daten zum Kursangebot der beruflichen Weiterbildung vorliegen sowie zur beruflichen Fortbildung am Arbeitsplatz und anderen Formen. Zu letzteren Maßnahmen werden qualitative Daten zur Beteiligung, aufgegliedert nach Berufsgruppen, erfaßt. Die Daten zu den Kursen sind wie folgt strukturiert: Teilnehmer: Beruf (%), Geschlecht, Zielgruppen Zeitaufwand: Interne/externe Kurse, Geschlecht, Ausbildungsfelder, Anbieter Kosten: Gebühren/Zahlungen an Anbieter, Teilnehmer, Ausbilder, Schulungsräume usw., Einzahlungen in Fonds und erhaltene Mittel aus Fonds und anderen Quellen Bewertung: Verfahren, Gründe für Nichtbewertung Potentielle Indikatoren, die sich aus den Daten zu Kursen der beruflichen Weiterbildung ableiten lassen, wären u. a. der Anteil der ausbildenden Unternehmen, die Quote der Beschäftigten, die Zugang zum Ausbildungsangebot haben, die durchschnittliche Dauer der Kurse und die 'Teilnahmechance', die im Hinblick auf eine Aufschlüsselung nach Geschlecht auch als 'Maß für fehlende Gleichberechtigung' verwendet werden kann. 2.6 Die Datensammlung zur beruflichen Bildung Ziele und Hauptmerkmale Die Datensammlung zur beruflichen Bildung (VET), die sich auf Daten der Verwaltungen in den Ländern der EU und der EFTA stützt, soll Auskunft über die Programme zur beruflichen Erstausbildung in den 15 EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Norwegen und der Schweiz geben (wobei 'Erstausbildung' in diesem Zusammenhang 'auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt ausgerichtete Ausbildung' bedeutet). Das Projekt VET ist eine gemeinsame Initiative von Eurostat und der für Bildung zuständigen Generaldirektion der Europäischen Kommission (damalige Task Force "Humanressourcen") und wurde in Zusammenarbeit mit CEDEFOP entwickelt. 1994 erfolgte im Rahmen des Programms PETRA eine Durchführbarkeitsstudie, 1995 wurde eine Pilotdatensammlung über das Angebot an Berufsbildungsprogrammen für Jugendliche durchgeführt. Die erste Datensammlung, die sich auf das Studienjahr 1993-1994 bezog, enthielt 238 Programme in den 15 Mitgliedstaaten der EU; die Ergebnisse wurden in der ersten Ausgabe der "Schlüsselzahlen zur Berufsbildung in der Europäischen Union" (1997) veröffentlicht. Die Datensammlung 1995-96 (3. Erhebungswelle) wurde für die zweite Ausgabe dieser Veröffentlichung verwendet, die in Kürze unter dem Titel "Key Data on Vocational Training in the European Union" (1999) in englischer Sprache erscheinen wird. Gegenwärtig wird die fünfte Erhebungsrunde durchgeführt, die sich auf das Studienjahr 1997-98 bezieht. Mögliche Ergebnisse Die statistische Einheit sind Berufsbildungsprogramme, zu denen bestimmte Merkmale erfaßt werden: Zielgruppe des Programms, Status der Teilnehmer, Art des Anbieters, für Zielsetzung und 18 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Finanzierung verantwortliche Behörde(n), Dauer, Prozentsatz der am Arbeitsplatz verbrachten Zeit, Anzahl der Teilnehmer nach Geschlecht und Alter usw. Diese Datensammlung liefert relevante Informationen über Programme im Bereich der Lehrlingsausbildung und der alternierenden Ausbildung sowie ihre Teilnehmer. Die gebräuchlichsten Indikatoren, die aus den VET-Daten abgeleitet werden können, sind u. a.: - Teilnahmequoten der Berufsbildungsprogramme nach Altersgruppen und Geschlecht - Unterrichtsort der Berufsbildungsprogramme (Zeitaufteilung zwischen Bildungseinrichtung und Arbeitsplatz) - Verteilung der Berufsbildungsprogramme nach ISCED-Stufe - Zugang zu weiterführenden allgemeinen und beruflichen Bildungsgängen Neben Daten für die vergleichende Analyse hat diese Datensammlung auch eine Beschreibung der Berufsbildungssysteme für Jugendliche in den verschiedenen Mitgliedstaaten geliefert. Perspektive Die Übermittlung der 6. Datensammlung zur beruflichen Bildung an Eurostat, die sich auf das Studienjahr 1998-99 bezieht, ist für September 2000 vorgesehen. Eurostat hat kürzlich mit den beitrittswilligen Ländern die Diskussion über eine mögliche Ausweitung der Datensammlung aufgenommen, und zwar in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Stiftung für Berufsbildung in Turin. 2.7 Die Datensammlung zur Arbeitsmarktpolitik Ziele und Hauptmerkmale In der Datenbank zur Arbeitsmarktpolitik (AMP) sollen detaillierte Informationen über die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten so erfaßt werden, daß Konsistenz und Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Maßnahmearten und Länder gewährleistet ist. Die Datenbank ist als wichtigstes Werkzeug zur Überwachung der Leitlinien und Ziele gedacht, die im Rahmen der Beschäftigungsstrategie aufgestellt und von allen Mitgliedstaaten getragen werden. Die Datenbank konzentriert sich auf die Sammlung von Informationen der Verwaltungen über öffentliche Ausgaben und Teilnehmer und enthält sowohl Bestands- als auch Stromgrößen. Darüber hinaus liefert sie zahlreiche qualitative Informationen, die die durchgeführten Maßnahmen beschreiben und die Analyse erleichtern. 1999 wurde eine Pilotdatensammlung durchgeführt. Die ersten vergleichbaren Ergebnisse (Referenzjahr 1998) werden für Dezember 2000 erwartet. Der Umfang der AMP-Datenbank umfaßt der Definition zufolge alle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, auf die folgende Beschreibung zutrifft: Staatliche Interventionen auf dem Arbeitsmarkt mit dem Ziel, einen effizienten Ablauf zu gewährleisten und Ungleichgewichte zu beseitigen, die sich von anderen allgemeinen beschäftigungspolitischen Maßnahmen dadurch unterscheiden, daß man selektiv vorgeht, um bestimmte Gruppen auf dem Arbeitsmarkt zu fördern. - Staatliche Interventionen bezeichnen Maßnahmen, die in dieser Richtung vom Staat ergriffen werden und mit Ausgaben verbunden sind, entweder in Form von tatsächlichen Auszahlungen 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 19 - oder Verzicht auf Einnahmen (Nachlässe auf Steuern, Sozialabgaben oder andere, üblicherweise zu zahlende Abgaben). Der Umfang der Datenbank ist ferner auf arbeitsmarktpolitische Maßnahmen beschränkt, die ausdrücklich in irgendeiner Form auf Personengruppen mit besonderen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt (Zielgruppen) ausgerichtet sind: Arbeitslose, Beschäftigte, die vom unfreiwilligen Verlust ihres Arbeitsplatzes bedroht sind, und Nichterwerbspersonen, die gegenwärtig nicht erwerbstätig sind, aber Zugang zum Arbeitsmarkt wünschen und in irgendeiner Form benachteiligt sind. Mögliche Ergebnisse Die statistische Einheit in diesem Modul ist die oben definierte arbeitsmarktpolitische Maßnahme. In der Datenbank sollen Daten zu einer Reihe sowohl quantitativer als auch qualitativer Variablen erfaßt werden, die auf die so definierte statistische Einheit zutreffen und sie beschreiben. In der AMP-Datenbank sind Programme zur allgemeinen und beruflichen Bildung erfaßt, die darauf abzielen, die Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitslosen und anderen Zielgruppen durch Ausbildung zu verbessern und die von der öffentlichen Hand finanziert werden. Spezifische Unterstützungsmaßnahmen für Programme der Lehrlingsausbildung werden gesondert erfaßt. Dabei handelt es sich um Programme, die spezielle Unterstützung für Vorhaben der Lehrlingsausbildung (im Sinne der VET-Definition) bieten, und zwar durch - Anreize für Arbeitgeber zur Einstellung von Auszubildenden oder - Ausbildungsbeihilfen für bestimmte benachteiligte Gruppen. Konventionen: - Kurse, die die Fähigkeit der betreffenden Person, einen Arbeitsplatz zu bekommen, fördern, z. B. Beratung zu Bewerbungsmethoden oder Techniken des Einstellungsgesprächs, sollten als eine Form der Hilfe bei der Arbeitsuche verstanden werden. - Die Lehrlingsausbildung wird als Teil des allgemeinen Bildungssystems betrachtet und ist daher von dieser Datensammlung ausgenommen. Nur Programme, die speziell entwickelt wurden, um die Aufnahme von Lehrlingsausbildung zu unterstützen, sollten hier berücksichtigt werden. - Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, die allen Arbeitnehmern offen stehen, liegen außerhalb dieser Datensammlung. In der Datenbank wird jede arbeitsmarktpolitische Maßnahme anhand von zwei Kriterien klassifiziert: nach Art der Maßnahme und nach Art der Ausgaben. Eine der neun Kategorien, die die Maßnahmeart beschreiben, ist die oben erwähnte "Ausbildung". Die zusätzliche Klassifizierung der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen nach Art der Ausgaben unterscheidet zwischen drei verschiedenen Empfängern: Einzelpersonen, Arbeitgeber und Dienstleistungsanbieter. Die wichtigste Gruppe unter den Dienstleistungsanbietern werden die Bildungseinrichtungen sein. 20 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Abb. 2: Gemeinsame Fragen der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Arbeitsmarkts: das Potential der Eurostat-Daten Bildungsmerkmale - Bildungsstand - Datum des höchsten Bildungsabschlusses - beruflicher Hintergrund - Fachrichtung (LFS-Ad-hocModul zum Übergang SchuleBeruf) - Zeit seit Schulende (LFS-Adhoc-Modul zum Übergang Schule-Beruf) Arbeitnehmermerkmale Weiterbildung -Teilnahme an tätigkeitsbezogener Weiterbildung (CVTS,LFS) -Weiterbildung mit und ohne Unterstützung vom Arbeitgeber (ECHP,CVTS) -Weiterbildung durch staatliche Programme (AMP) Lehrlingsausbildung -Teilnahme (LCS, VET, LFS) - Kosten (LCS) Arbeitslosigkeit (LFS,ECHP) -Dauer -Arbeitslosenquote (Anteil an Erwerbs-/Gesamtbevölkerung) -Arbeitslosigkeit nach früherem Beruf -Tätigkeit vor Arbeitslosigkeit - Arbeitslosenzu-/-abflüsse - demotivierte Arbeitnehmer Übergang SchuleBeruf Erste signifikante Erwerbstätigkeit (LFSAd-hoc-Modul zum Übergang Schule-Beruf) - Zeit bis zur ersten Erwerbstätigkeit - Dauer - Beruf Beschäftigungsprogramme (AMP, LFS) - spezifische Beschäftigungsmaßname Erwerbsbeteiligung (LFS) -Erwerbsquote -Anteil Jugendlicher an der Erwerbsbevölkerung Beschäftigung (LFS) - Beschäftigungsquote (Anteil an Erwerbs/Gesamtbevölkerung) - Herkunft/Ziel der Beschäftigten (gegenüber der Vorjahressituation) Bildungsergebnis Einkommen (SES, LFS, ECHP) -Verdienstunterschiede -Gesamteinkommen -Löhne Gegenwärtiger Beruf (LFS) -Beziehung zwischen Tätigkeit und Ausbildung (Beruf) -Stellung im Beruf - Vollzeit/Teilzeit - Betriebszugehörigkeit - tätigkeitsbezogene Aus/Weiterbildung - Wirtschaftszweig 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 21 3- Das Problem der Vergleichbarkeit und der Lösungsbeitrag von Eurostat a) Das Standardmodul zur allgemeinen und beruflichen Bildung für harmonisierte Erhebungen 1995-97 wurde ein Standardmodul mit Fragen zur allgemeinen und beruflichen Bildung entwickelt. Das Modul wurde so gestaltet, daß es in unterschiedlichen harmonisierten Erhebungen verwendet werden kann. Es sollte vor allem die Vergleichbarkeit der Fragen zum Bereich ‘Allgemeine und berufliche Bildung’ in diesen Erhebungen verbessern und so Vergleiche zwischen den verschiedenen Ländern und auch zwischen den verschiedenen Erhebungen erleichtern. Das Modul erhöht die Vergleichbarkeit und die Objektivität der Daten, die von tatsächlichen und potentiellen Teilnehmern der allgemeinen und beruflichen Bildung erhoben werden. Es verbessert insbesondere die verfügbaren Indikatoren, anhand derer die Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien, die Entwicklung des lebenslangen Lernens in der Praxis und der Übergang von der Schule in das Erwerbsleben überwacht werden können. Das Modul wurde erstmals in der Arbeitskräfteerhebung 1998 eingesetzt. Auch die Frage zum Bildungsstand in der Verdienststrukturerhebung 2002 wurde entsprechend dem Standardmodul überarbeitet. Das Standardmodul wurde von der UNESCO auf einer internationalen Konferenz in Kanada im April 1999 als vorbildliches Modell vorgestellt. Aufgrund aktueller Entwicklungen wird das Standardmodul wahrscheinlich in der nächsten Zukunft erneut diskutiert werden. b) Ex-post-Harmonisierung Die Tatsache, daß die Eurostat-Erhebungen über einen gemeinsamen methodischen Rahmen verfügen, ist keine endgültige Garantie für eine gute Vergleichbarkeit der Daten aus den verschiedenen Ländern. Daher unternimmt Eurostat erhebliche Anstrengungen, um die Daten zu harmonisieren. Dazu gehören u. a. - die Ermittlung und mögliche Anrechnung von nicht erhaltenen Auskünften - bilaterale Kontakte mit einzelnen Ländern, um nationalen Besonderheiten Rechnung zu tragen, die aus den Daten nicht offenkundig hervorgehen - eine mögliche Umkodierung von Daten bei Eurostat - Vergleiche zwischen aufeinanderfolgenden Erhebungen - Vergleiche mit Daten aus anderen Quellen (z. B. bei OECD und Eurostat vorhandene Daten zum Bildungsstand) Ein wichtiges Problem, das den Vergleich von Daten aus verschiedenen Ländern erschweren könnte, ist die Anwendung der Internationalen Standardklassifikation des Bildungswesens (ISCED) insbesondere bei den Fragen zum Bildungsstand. In der Vergangenheit wurde der Zuordnung von einzelstaatlichen Qualifikationen und ISCEDCodes selten Beachtung geschenkt. In Zusammenarbeit mit der OECD ist es uns gelungen, recht detaillierte Informationen zusammenzutragen und so zu einer besseren Vergleichbarkeit der Daten von Eurostat und der OECD bzw. nationalen Daten beizutragen. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der ISCED, die 1997 überarbeitet wurde, setzen die beiden internationalen Organisationen ihre diesbezüglichen Bemühungen fort. 22 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung c) Kompatibilität von Erhebungsdaten und Verwaltungsdaten: auf dem Weg zu einem integrierten Informationssystem Durch die Integration von Statistiken sollen Daten aus verschiedenen Quellen miteinander in Einklang gebracht werden, um Informationen zu erhalten, die denen der Daten aus den einzelnen Quellen 'überlegen' sind. Diese 'Überlegenheit' kann in drei Aspekten zum Ausdruck kommen: - Die Informationen, die aus integrierten Statistiken gewonnen werden können, sind umfassender als diejenigen, die aus den Daten der einzelnen Quellen abgeleitet werden können, da die Populationen besser erfaßt werden und eine größere Zahl von Variablen enthalten ist. - Die integrierten Informationen liefern ein konsistenteres Bild des untersuchten Phänomens, da einheitliche Definitionen und Klassifikationsvariablen verwendet werden. - Im allgemeinen zeichnen sich die integrierten Informationen durch größere Genauigkeit aus, weil Fehler in den Quellendaten bereits minimiert wurden. Die Vorteile integrierter Statistiken für die Datennutzer liegen auf der Hand: Statt fragmentierter und unvollständiger Daten und unterschiedlicher Schätzungen zu ähnlichen Variablen erhalten sie durch die integrierten Daten ein vollständiges und konsistentes Bild des untersuchten Phänomens. Ein weiterer Vorteil ist, daß die Informationen, die den Datenquellen entnommen werden können, durch die Integration optimiert werden. Detailinformationen, die in einer Quelle vorhanden sind, können zur Ergänzung weniger spezifischer Informationen einer anderen Quelle herangezogen werden; damit wird die Abfrage von Detailinformationen aus zwei verschiedenen Quellen überflüssig. Außerdem besteht keine Notwendigkeit, den Erfassungsbereich einer Quelle auszuweiten, wenn er durch andere Informationen ergänzt werden kann. Darüber hinaus profitieren die Statistiker von der Integration, da diese im allgemeinen ein besseres Verständnis der Stärken und Schwächen einzelner Datenquellen zur Folge hat und Informationen liefert, wie die Datenquellen verbessert werden können. Eine allgemeine Auswirkung der Integration von Statistiken kann auch sein, daß die Notwendigkeit von koordinierten Definitionen und Klassifikationen hervorgehoben wird, was letzten Endes den Zusammenhalt des statistischen Systems verbessern und die Erstellung von Statistiken effizienter machen wird. Eine erste Studie in Zusammenarbeit mit dem niederländischen statistischen Amt (CBS) konzentrierte sich auf den Versuch, ein umfassendes und durchgängiges System zum Thema Beteiligung an der allgemeinen und beruflichen Bildung zu formulieren (System of Education and Training Account – SETA-Projekt). 4- Schlußfolgerung - einige wichtige mittelfristige Perspektiven Erst kürzlich wurde eine Task Force zum Thema Erfassen des lebenslangen Lernens eingerichtet. Ihr gehören Vertreter von Eurostat und verschiedenen Generaldirektionen der Europäischen Kommission (GD Beschäftigung und Soziales, GD Bildung und Kultur, GD Forschung), von europäischen Einrichtungen (CEDEFOP, Eurydice), von UNESCO und OECD sowie Experten aus einer begrenzten Anzahl von EU-Mitgliedstaaten an, die über Erfahrungen im Bereich lebenslanges Lernen oder Erwachsenenbildung verfügen. Die Task Force soll Vorschläge erarbeiten, wie das lebenslange Lernen mit seinen vielfältigen Aspekten einschließlich seiner für den Arbeitsmarkt relevanten Ergebnisse gemessen werden könnte. Dabei muß den politischen Anforderungen an die Europäische Kommission im internationalen Kontext Rechnung getragen werden. Gleichzeitig muß ein Überblick über die aktuelle Lage auf europäischer, internationaler und nationaler Ebene geboten werden. Eines der 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 23 Hauptanliegen in diesem Zusammenhang ist die Vermeidung von Doppelarbeit bei der Entwicklung von Möglichkeiten zum Messen des lebenslangen Lernens auf internationaler und europäischer Ebene. Im übrigen besteht kein Mangel an Themen für potentielle Neuentwicklungen. Zu den Bereichen, die höchste Priorität genießen und in denen noch Arbeit zu leisten ist, gehören u. a. - Mobilität von Studierenden - Einkommen und Lebensbedingungen/Bildungsstand (Analyse auf Grundlage der Längsschnittdaten aus dem Europäischen Haushaltspanel) - Übergang von der Schule in das Erwerbsleben (Auswertung des Ad-hoc-Moduls der Arbeitskräfteerhebung) - Fremdsprachenerwerb - Informations- und Kommunikationstechnologie: Lernen und erworbene Fähigkeiten Dabei sind wir uns vollkommen im Klaren darüber, daß es ebenso wichtig ist, die Aktualität der von uns gesammelten Daten weiter zu verbessern. Hierzu gibt es angesichts unserer derzeitigen (aber auch künftigen) Ressourcen nicht so viele neue Lösungsvorschläge. Darum sollten wir uns so bald wie möglich mit alternativen Wegen der Datensammlung befassen, die mit kürzeren und weniger schwerfälligen Prozessen verbunden sind. Desgleichen bleibt noch einiges zu tun, um den künftigen Bedarf besser vorhersehen zu können. Wenn wir z. B. die Frage beantworten können, welche Art von Berufen in unseren Volkswirtschaften benötigt werden wird, kann das Ausbildungsangebot entsprechend angepaßt werden. Der größte Teil unseres Potentials ruht in der Analyse historischer Daten. Wir müssen Projektionen entwickeln, nicht nur in der Bevölkerungsstatistik, sondern auch in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung und Beteiligung am Arbeitsmarkt. Die Schlußfolgerung sollte also lauten, daß Eurostat trotz der oben angesprochenen Schwierigkeiten und Grenzen in zweierlei Hinsicht einen Beitrag zu den internationalen Statistiken der allgemeinen und beruflichen Bildung und den Arbeitsmarktstatistiken leisten kann: - Mitarbeit an verschiedenen Projekten zur Verbesserung der Vergleichbarkeit und zur Harmonisierung von Sozialstatistiken im allgemeinen und in diesem Zusammenhang insbesondere - Aufbau von Datenbanken unter Verwendung unterschiedlicher Datenquellen, so daß politischen Entscheidungsträgern, Journalisten und Forschern Indikatoren und Berichte zur Verfügung gestellt werden können. Schließlich möchten wir mit diesem Beitrag vorschlagen, daß sich das Seminar mit folgenden Fragen befaßt: - Wie werden die Produkte von Eurostat im Zusammenhang mit der Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Arbeitsmarkts im allgemeinen gesehen? - Inwieweit entspricht das Angebot von Eurostat der Nachfrage seiner Kunden? - Welche Vorschläge für neue Wege, die Eurostat einschlagen sollte, können gemacht werden (neue zu erfassende Gebiete, Förderung der Aktualität, Potential von Zeitreihen, Ausweitung auf neue Länder, Entwicklung der regionalen Dimension usw.)? 24 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Literaturhinweise ‘Erhebung über Arbeitskräfte – Methodik und Definition – 1998’, Eurostat “Potential use of the Community Labour Force Survey in the analysis of the Young”, in Youth Transitions in Europe : Theories and Evidence - Cereq, Document n°120 (1996) “Labour Market Exclusion of Young People : Some Illustrations of the Situation in the European Union”, in Transitions in Youth: Combating Exclusion – ESRI, Dublin, 18.-21. September 1997 ‘Statistik über Struktur und Verteilung der Verdienste: Methoden und Definitionen - Daten 1995’, Eurostat ‘Gemeinschaftsstatistiken über Höhe und Struktur der Arbeitskosten – Liste, Definition und Gliederung der Variablen – 1996’, Eurostat ‘Proposals for the development of a System of Education and Training Accounts’, Bericht des CBS für eine Studie von Eurostat und DG Allgemeine und berufliche Bildung, November 1999 “Schlüsselzahlen zur Berufsbildung in der Europäischen Union”, 1. Ausgabe, gemeinsame Veröffentlichung von Eurostat, GD Allgemeine und berufliche Bildung, CEDEFOP, 1997 “Key data on vocational training in the European Union – Training for young people”, Second edition, joint publication Eurostat-DG EAC-Cedefop, erscheint in Kürze “Bildung in der Europäischen Union – Daten und Kennzahlen 1998”, Kapitel G, Eurostat, 1999 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 25 BERUFLICHE AUS- UND FORTBILDUNG ERWACHSENER ARBEITSKRÄFTE IN DEN OECD-LÄNDERN: MESSUNG UND ANALYSE * Paul Swaim & Elena Stancanelli OECD 2, rue André Pascal F - 75775 PARIS CEDEX 16 [email protected] Einleitung Wie wichtig hoch qualifizierte Arbeitskräfte in einer zunehmend „globalisierten” und „computerisierten” Wirtschaft sind, braucht heute kaum mehr betont zu werden. Auf persönlicher Ebene wird eine gute Ausbildung für die Beschäftigungschancen und ein gutes Einkommen immer entscheidender [Blau und Kahn (1996); OECD (1997d,e)]. Doch auch für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen und Volkswirtschaften scheint die Bildung von Humankapital eine wesentliche Voraussetzung zu sein, wenngleich diese Korrelationen schwerer zu belegen sind [Griliches (1996); OECD (1998d)]. Demzufolge lässt sich feststellen, dass politische Maßnahmen zur Förderung einer breiten Beteiligung an allgemeiner und beruflicher Bildung ein wichtiges Element einer auf allgemeinen Wohlstand gerichteten Gesamtstrategie ausmachen. Die in der Erwerbsbevölkerung vorhandenen Fähigkeiten und Qualifikationen sind Ergebnis vielfältiger Lernaktivitäten, die in ganz unterschiedlichen institutionellen Kontexten stattfinden. Zweifellos stellt eine gute Erstausbildung eine wesentliche Grundlage dar, doch setzt sich der Lernprozess durch das gesamte Arbeitsleben hindurch fort. Die nationalen Bildungs- und Qualifizierungssysteme sollten folglich danach beurteilt werden, wie wirksam sie das Ziel des lebenslangen Lernens unterstützen. Dem entsprechend wird auch bei der wissenschaftlichen Untersuchung des potenziellen wirtschaftlichen Nutzens von Humankapitalinvestitionen zunehmend die Bedeutung der beruflichen Fortbildung ins Zentrum gerückt wird, informelles Lernen am Arbeitsplatz eingeschlossen [Lynch (1994); Booth und Snower (1996)]. Was die internationalen Unterschiede bei der beruflichen Fortbildung oder deren Ursachen und Folgen angeht, ist derzeit sehr wenig bekannt [OECD (1991, 1993)]. Derlei Informationen wären mit Blick auf die Bewertung der politischen Optionen im Bereich der Berufsbildung jedoch von großem Nutzen, etwa im Zusammenhang mit der Frage, ob man das Fortbildungsniveau auf breiter Front anheben oder aber die diesbezüglichen Investitionen mehr auf jene Gruppen konzentrieren sollte, die derzeit wenig Schulung erhalten. Die bisherige Forschung lässt vermuten, dass sich die Unterschiede zwischen den Arbeitsmärkten der einzelnen Länder (wie sie etwa für die Arbeitskräftefluktuation und die Lohnkompression dokumentiert sind) ganz erheblich auf die Anreize der Unternehmen und Beschäftigten, in berufliche Bildung zu investieren, auswirken könnten [Acemoglu und Pischke (1999); Lynch (1994)]. Falls diese oder andere Faktoren tatsächlich zu wesentlichen Unterschieden in den Ausbildungsmustern führen, könnte dies mit bedeutsamen Konsequenzen für das Qualifikationsniveau der Beschäftigten und die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Arbeitsmarktes verbunden sein. Diesen Fragen soll in diesem Kapitel näher nachgegangen werden. Zu erwähnen gilt es verschiedene Beschränkungen, denen diese Analyse unterliegt. So wird in diesem Kapitel lediglich ein bestimmter Typ von Berufsbildung untersucht, nämlich die mehr oder weniger formale Weiterbildung, die beschäftigte Arbeitskräfte erhalten. Dabei konzentriert sich die * 26 Dieses Dokument ist ein Auszug aus Kapitel 3 der Ausgabe 1999 der von der OECD herausgegebenen Reihe Employment Outlook (Beschäftigungsausblick). 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Analyse weitgehend auf Erwerbstätige im Alter zwischen 25 und 54 Jahren. Dies hat den Vorteil, dass die Komplikationen im Zusammenhang mit den internationalen Unterschieden bei der Erstausbildung einerseits [OECD (1994, 1998f)] und den Pensionierungsmustern andererseits [OECD (1998e)] umgangen werden. Da die berufliche Fortbildung der Beschäftigten in der Regel – zumindest partiell – vom Arbeitgeber unterstützt wird, liegt der Schwerpunkt der Untersuchung zudem auf betrieblichen Schulungsmaßnahmen. Von den Beschäftigten selbst finanzierte Maßnahmen sowie staatliche Ausbildungsprogramme werden ansatzweise jedoch mit berücksichtigt, ebenso Schulungsmaßnahmen für arbeitslose Erwachsene. Die Messung der Fortbildung erfolgt im Übrigen anhand der investierten Mittel, nicht anhand des Lernerfolgs. Hauptergebnisse Die Hauptergebnisse dieses Kapitels lassen sich wie folgt zusammenfassen: Das Niveau der Berufsbildung variiert beträchtlich zwischen den einzelnen OECD-Ländern. Zwar sind keine exakten Vergleiche möglich, doch gibt das vorhandene Datenmaterial ziemlich klar zu erkennen, dass die formale berufliche Fortbildung in südeuropäischen Ländern wie Griechenland, Italien, Portugal und Spanien relativ schwach ausgeprägt ist, relativ stark hingegen im Vereinigten Königreich, in Frankreich sowie in den meisten nordischen Ländern. Außerdem scheint es zwischen dem extensiven und dem intensiven Rand der Fortbildung gewisse Austauschbeziehungen zu geben, wobei die durchschnittliche Ausbildungsdauer in Ländern mit niedrigerer Beteiligungsquote tendenziell höher ist. Insgesamt scheinen Männer und Frauen in etwa gleichem Maße an der beruflichen Fortbildung beteiligt zu sein. Allerdings erhalten Männer tendenziell mehr finanzielle Unterstützung von Arbeitgeberseite. Auf 40 Jahre (den Altersbereich 25 bis 64 Jahre) hochgerechnet, liegen die Fortbildungserwartungen der Frauen jedoch deutlich unter denen ihrer männlichen Kollegen, bedingt durch eine weniger kontinuierliche Beschäftigung. Die niedrigeren Schulungsquoten für Teilzeit- und Aushilfskräfte dürften ebenfalls zu einem relativ eingeschränkteren Fortbildungszugang der Frauen beitragen. Das Ausmaß, in dem die berufliche Fortbildung mit zunehmendem Alter abnimmt, ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. Dies deutet auf recht ungleiche Fortschritte der einzelnen Länder bei der Realisierung des Ziels des lebenslangen Lernens hin. In den Vereinigten Staaten und den nordischen Ländern (Finnland ausgenommen) erhalten die Beschäftigten der Altersgruppe 50-54 fast genauso viel Schulung wie ihre Kolleginnen und Kollegen der Altersklasse 25-29 Jahre, wohingegen in Frankreich, Griechenland, Portugal und Spanien auf die ältere Gruppe viel weniger Fortbildung entfällt als auf die jüngere. In allen Ländern lässt sich die Tendenz beobachten, dass die berufliche Fortbildung die durch das Bildungsgefälle bedingten Qualifikationsunterschiede weiter verstärkt, wiewohl die Stärke dieser Beziehung von Land zu Land recht unterschiedlich ist. Am gleichmäßigsten scheinen die beruflichen Schulungsmaßnahmen in Irland, Japan, Neuseeland, den Niederlanden und einigen nordischen Ländern auf die verschiedenen Bildungsstufen verteilt zu sein, am ungleichmäßigsten in Belgien, Ungarn und Südeuropa. Der positive Zusammenhang zwischen einer relativ guten Schulbildung und beruflicher Aus- und Weiterbildung bleibt selbst dann noch stark, wenn man sonstige Faktoren, die die Fortbildungswahrscheinlichkeit beeinflussen, eliminiert. Die berufliche Fortbildung scheint in Ländern mit einem insgesamt höheren durchschnittlichen Bildungsniveau tendenziell ausgeprägter zu sein, desgleichen in Ländern, in denen ein vergleichsweise hoher Anteil des BIP in Forschung und Entwicklung fließt und die 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 27 Hightechindustrien relativ stark sind. Eine insgesamt relativ hohe Schulungsquote korreliert zudem positiv mit einer gleichmäßigeren alters- und bildungsniveaubezogenen Verteilung der Schulungsmaßnahmen. Diese Muster lassen vermuten, dass allgemeine und berufliche Bildung sich wechselseitig verstärken, bedingt auch durch eine damit verbundene Tendenz der Unternehmen, sich auf Wirtschaftstätigkeiten zu spezialisieren, die hoch qualifizierte Mitarbeiter verlangen. Die starke positive Korrelation zwischen landesspezifischem (allgemeinem) Bildungsniveau einerseits und Berufsbildungsniveau andererseits lässt den Schluss zu, dass eine indirekte Strategie der Verbesserung der Schulbildung ein sehr wirksames – wenngleich nur langsam greifendes – Mittel zur Förderung der beruflichen Weiterbildung darstellt. Da sich Volkswirtschaften mit intensiver Berufsbildung gerade auch durch eine tendenziell gleichmäßigere Verteilung der Schulungspartizipation auszeichnen, gewinnen politische Maßnahmen, die die Anreize und Mittel zur Investition in die Fortbildung der in der Regel wenig Schulung erhaltenden Beschäftigten erhöhen, besondere Bedeutung. In diesem Zusammenhang ist allerdings festzustellen, dass die theoretische und empirische Analyse der Bestimmungsfaktoren und Folgen der beruflichen Fortbildung derzeit noch zu wenig entwickelt ist, um den politischen Entscheidungsträgern verlässliche Schätzwerte an die Hand zu geben, was den zu erwartenden wirtschaftlichen Nutzen spezifischer politischer Ansätze angeht. Eine weitere Harmonisierung der Berufsbildungsstatistiken könnte einen wichtigen Beitrag zur Schließung dieser Lücke leisten. Schlussfolgerungen Sollte die staatliche Politik nun versuchen, die berufliche Fortbildung der Erwerbstätigen – d. h. die Schulungen nach erfolgter beruflicher Erstausbildung – auf breiter Front auszubauen, oder sollte sie diese Maßnahmen stärker auf bestimmte Gruppen ausrichten? Zwar gibt es in dieser Frage keinen Konsens, doch verfolgen die Regierungen der Mitgliedstaaten eine Reihe von Ansätzen, die an diesen Zielen orientiert sind. Die Tatsache, dass es in puncto Niveau und Verteilung der Berufsbildung innerhalb der OECD von Land zu Land deutliche Unterschiede gibt, stützt die These, dass es mit geeigneten politischen Maßnahmen durchaus möglich ist, ein Umfeld zu schaffen, das Arbeitgeber und Arbeitnehmer ermutigt, in berufliche Fortbildung zu investieren. Bedenkt man ferner, dass ein Beschäftigter zwischen dem 25. und 64. Lebensjahr durchschnittlich über 1.000 Stunden auf formale Ausbildung verwendet, so wird auch klar, wie wichtig die berufliche Weiterbildung für die Erreichung des Ziels des lebenslangen Lernens ist. Leider ist die Analyse der Determinanten und Konsequenzen der Fortbildung noch nicht hinreichend fortgeschritten, um den politischen Entscheidungsträgern zuverlässige Schätzungen zur Rentabilität spezifischer politischer Ansätze an die Hand zu geben. Eine weitere Harmonisierung der Berufsbildungsstatistiken könnte einen wichtigen Beitrag zur Schließung dieser Lücke leisten. Dennoch lassen sich anhand der derzeit verfügbaren, wiewohl beschränkten Informationen einige vorsichtige Schlussfolgerungen ziehen. Der enge Zusammenhang zwischen nationalem Bildungsniveau einerseits und Berufsbildungsniveau andererseits legt den Schluss nahe, dass eine indirekte Strategie der Verbesserung der Schulbildung ein wirksames, wenngleich nur langsam greifendes Mittel zur Förderung der beruflichen Weiterbildung darstellt. Diese Beziehungen machen außerdem deutlich, dass Allgemein- und Berufsbildungsmaßnahmen als ein integriertes System mit Relevanz für das lebenslange Lernen begriffen werden sollten [OECD (1996a)]. Es ist besonders auffällig, dass die Schulungsquoten in jenen Ländern relativ niedrig sind, in denen die Grundqualifikationen der erwachsenen Bevölkerung im Bereich Lesen/Schreiben ebenfalls ein relativ niedriges Niveau aufweisen und zudem recht ungleich verteilt sind. Ein wichtiger Schritt zur Förderung der Aus- und Fortbildung der 28 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Erwerbstätigen besteht folglich darin, sicherzustellen, dass alle jungen Menschen mit dem nötigen Grundwissen und den erforderlichen Lernfähigkeiten in die Arbeitswelt eintreten, um in der Folge hinreichend „schulbar“ zu sein. Ein anderes potenziell politikrelevantes Untersuchungsergebnis lautet: Volkswirtschaften mit einem hohen Berufsbildungsniveau zeichnen sich durch eine wesentlich gleichmäßigere Verteilung der Schulungsbeteiligung auf die verschiedenen Alters- und Bildungsgruppen aus. Folglich dürften politische Maßnahmen zur Erhöhung der Anreize und Mittel für Investitionen in die Fortbildung jener Beschäftigten, die in der Regel wenig Schulung erhalten, von besonderer Bedeutung sein. Programme zur Minimierung der Quote der Schulversager und Abschlusslosen haben in jüngster Zeit im Rahmen der Anstrengungen, gefährdete Jugendliche vor ökonomischer Marginalisierung und gesellschaftlichem Ausschluss zu bewahren, zunehmend Beachtung gefunden [OECD (1995)]. Erfolgreiche Bemühungen, allen Bürgern ein Mindestniveau an Allgemeinbildung und Grundqualifikationen wie Lesen und Schreiben zu verschaffen, dürften darüber hinaus auch einen wichtigen Beitrag zur Ausweitung und Intensivierung der betrieblichen Ausbildung sowie zur Steigerung des allgemeinen Wohlstands leisten. Freilich lässt sich das Qualifikationsniveau der Erwerbsbevölkerung mit einem solchen Ansatz nur allmählich anheben. Begleitend dürften daher wohl auch Maßnahmen zur Intensivierung der Aus- und Fortbildung der heutigen erwachsenen Erwerbsbevölkerung angezeigt sein. Die vergleichende internationale Forschung zur Aus- und Fortbildung der Beschäftigten ist derzeit leider noch zu wenig entwickelt, um Nutzen und Zweckmäßigkeit von politischen Maßnahmen, die auf eine direktere Beeinflussung der Ausbildungsmuster zielen, beurteilen zu können. Zu den diesbezüglichen Optionen zählen etwa schwach interventionistische Maßnahmen, die den Arbeitgebern und Arbeitnehmern durch Schaffung günstigerer Rahmenbedingungen Anreize bieten sollen, verstärkt in Fortbildung zu investieren. Das derzeit vorhandene, wiewohl begrenzte Datenmaterial lässt darauf schließen, dass sich politische Maßnahmen, die beispielsweise die Verbreitung flexibler Arbeitspraktiken unterstützen [Kapitel 4] oder über die Einrichtung von entsprechenden Zertifizierungsstellen die Anerkennung der durch Schulung erworbenen Qualifikationen erleichtern [OECD (1997e)], indirekt durchaus positiv auf die Berufsbildung auswirken können. Stärker interventionistische Maßnahmen wie etwa eine obligatorische Ausbildungsabgabe und direkte staatliche Berufsbildungsgänge wurden in einer Reihe von Mitgliedstaaten ebenfalls schon erprobt. Die inzwischen recht umfangreiche Literatur zur Evaluierung aktiver Arbeitsmarktmaßnahmen macht allerdings deutlich, dass die Wirksamkeit solcher Maßnahmen sehr von einer guten Programmgestaltung und -verwaltung abhängt [OECD (1996b)]. Ähnlich gründliche Evaluierungen wären auch im Hinblick auf die sonstigen Maßnahmen, die bisher zur Förderung der Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten eingesetzt (bzw. vorgeschlagen) wurden, sehr zu wünschen. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 29 BIBLIOGRAPHY ACEMOGLOU, D. and PISCHKE, J.S. (1999), “Beyond Becker: Training in Imperfect Labor Markets”, The Economic Journal, February, pp. 112-142. BLAU, F. and KAHN, L. 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Auch einige mitteleuropäische Länder gehen mittlerweile immer mehr dazu über, solche Verwaltungsinformationen für die Erhebung von Statistiken zu verwenden. Zu den größten Vorteilen von Registerstatistiken gehören die niedrigeren Erhebungskosten, die Vermeidung von zusätzlichen Rücklaufproblemen sowie weitere Nutzen, die sich aus bereits vorhandenen Registerdaten ergeben. Der wichtigste Aspekt liegt hier jedoch in der jährlichen Verfügbarkeit aller Daten auf nationaler Ebene, für kleinere geografische Gebiete und kleine Untergruppen der Bevölkerung. So sind in Registern z.B. Kurzzeitbeschäftigungen oder Mehrfachbeschäftigungen und die entsprechenden Bedingungen, Nebenbeschäftigungen, z.B. von Studenten, oder zwei- bzw. dreifache Arbeitsverhältnisse usw. erfasst. Auch ist die Qualität von Daten, die unter anderen Voraussetzungen Langzeitspeicherung und komplizierte Aufzeichnungen erfordern würden, sehr viel höher. Weiterhin decken diese Informationen in der Regel einen größeren Bereich ab. Sie enthalten nämlich weit mehr zusätzliche Informationen, z.B. über Beschäftigungsschlüssel, Ausbildung oder die Beschreibung von Arbeitgebern (Größe und Branche des Unternehmens). Die Möglichkeit, unterschiedliche Datentypen, wie z.B. demografische und Gesundheitsangaben oder demografische und Unternehmensangaben miteinander zu kombinieren, ist ein weiterer entscheidender Vorteil für die Untersuchungen der Daten. Das registerbasierte System Innerhalb der Daten werden Verbindungen hergestellt zwischen unterschiedlichen Kategorien, wie z.B. Personen, Einkommen, Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, Rentenzeiten, Gebäude und Wohneinheiten, Unternehmen, Arbeitsplatz (Einrichtungen), Ausbildung und Ort des Schulabschlusses. Auf der Grundlage von Gebäudekoordinaten können auch geografische Bestimmungen vorgenommen werden, anhand derer Daten über Teilgebiete generiert werden können. In den Bevölkerungsregistern enthält jeder Eintrag über ein Kind die Identifikationsnummer der Mutter und des Vaters; ebenso ist die Identifikationsnummer eines Kindes in den Datensätzen sowohl der Mutter als auch des Vaters eingetragen. Diese Aufzeichnung der Identifikationsnummern über Querverweise ermöglicht das Auffinden aller Familienmitglieder, selbst wenn diese nicht im gleichen Haushalt leben. Der Ausbildungsgrad der Kinder kann mit dem Ausbildungsgrad der Eltern in Zusammenhang gebracht werden, auch wenn diese in unterschiedlichen Haushalten leben. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 31 Register und Verwaltungsdaten in Registerstatistiken Rentenversicherungsdaten von Angestellten Zentrales Bevölkerungs register Privat- Staat Sonstige wirtschaft Lokalregierung Steuerregister Steuerregister (Einkommen und Arbeitgeber) Arbeitslosen- und Arbeitssuchendenregister Rentenregister Studentenregister Militärdienst Register von Hochschulausbildungen und abschlussniveaus Unternehmens- und Einrichtungsregister Einrichtungen der Lokalregierung Register staatlicher Einrichtungen Gebäude- und Wohneinheitenregister Volkszählungsdaten Neue Untersuchungsmöglichkeiten Alle Registereinheiten sowie alle Adressen werden regelmäßig, aber mindestens einmal jährlich, aktualisiert. So kann für die Auswahl bestimmter Bevölkerungsstichproben, wie z.B. nach den Kriterien Alter, Einkommensgruppe oder bestimmter geografischer Raum, immer auf die aktuellen Register zurückgegriffen werden. Weiterhin kann die Zahl der Fragen, auf die Untersuchungsteilnehmer bei Befragungen antworten müssen, durch den Rückgriff auf Registerdaten reduziert werden (z.B. bei demografischen Angaben, Ausbildungs- oder Familienangaben (Kombination Haushalt und Familie). Ein dritter großer Nutzen von Registerdaten besteht darin, dass die Angaben von Auskunftsverweigerern bei Befragungen bestimmt werden können (z.B. Alter, Geschlecht und Beschäftigungsstatus, Wohnsitz). So konnte das Statistische Zentralamt Finnland seit 1987 jährliche und auch monatliche Daten über die gesamte Bevölkerung erheben. Diese Informationen werden landesweit, aber auch für kleinere Gebiete, wie z.B. Gemeinden oder Stadtteile, generiert. Volkszählungsdaten werden in Längsschnittdaten festgehalten, in denen jeder Einwohner des Landes mit den Angaben zu seiner Person aus den verschiedenen Volkszählungen (1970, 1975, 1980, 1985, 1990 und 1995) verknüpft wird. In anderen Datendateien werden die jährlichen Informationen für die Jahre 1987–1997 als Längsschnittdaten für Kurzzeitangaben festgehalten, die weit ausführlichere Angaben beinhalten. Auf diese Weise kann der Lebensweg eines jeden Menschen mit allen seinen Veränderungen über einen Zeitraum von 30 oder mehr Jahren verfolgt werden. Auch kann der Einstieg von Kohorten von Hochschulabgängern in den Arbeitsmarkt beobachtet und Veränderungen bezüglich deren Beschäftigung, der gewählten Branche, dem Wohn- oder Beschäftigungsort sowie damit verbundene Aspekte wie Arbeitslosigkeit, Rentenzahlungen oder Schwerbeschädigung überprüft werden. Mit dem so gewonnenen Datenmaterial kann das Statistische Zentralamt erkennen, wie sich verschiedene Alters- und 32 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Bildungsgruppen im Berufsleben entwickeln und welcher Zusammenhang zwischen deren Erwerbstätigkeit und dem erworbenen Bildungsniveau besteht. Weiterhin ist es möglich zu bestimmen, ob Schulabgänger nach dem Abschluss in der gleichen Stadt oder in der Nähe der Stadt arbeiten, in der sie ihre Ausbildung absolviert haben, und entsprechend auch, wie viele Schulabgänger für eine Arbeitsstelle weggezogen sind. Längsschnittdaten Längsschnittdaten Volkszählung Längsschnittdaten Beschäftigung Anhand von Längsschnittdaten kann hervorragend erfasst werden, wie Schulabgänger in den Arbeitsmarkt einsteigen und welche Veränderungen sie innerhalb ihrer Erwerbstätigkeit erfahren. Die im Folgenden geführte Diskussion zeigt einige Bespiele für diese neuen Untersuchungsmöglichkeiten auf. Beispiele für neue Studien Änderungen in der Erwerbstätigkeit wurden erfasst, indem in aufeinanderfolgenden Jahren die Bevölkerung und deren Veränderungen in der Erwerbstätigkeit in den unterschiedlichen Zuständen beobachtet wurden. Normalerweise liefern Jahresstatistiken lediglich Querschnittinformationen über Bevölkerungszahlen, Erwerbstätigenzahlen usw. zu verschiedenen Zeitpunkten; diese Zahlenwerte werden dann verglichen, um zu sehen, inwieweit sie sich innerhalb eines Jahres bzw. seit der letzten Volkszählung verändert haben. Auf der Grundlage des Registersystems ist es möglich zu erklären, wie es zu diesen Veränderungen kam und wessen Beschäftigungssituation sich verändert hat. Komponenten für Veränderungen von Erwerbstätigkeit. Ende der 80er Jahre stiegen mehr als 200.000 neue Erwerbstätige in den Arbeitsmarkt ein. Ursprünglich war die Anzahl derer, die den Arbeitsmarkt verließen, noch leicht höher; jedoch mit dem Einsetzen der Rezession Ende 1989 stieg die Zahl der „Ausstiege“ infolge von Entlassungen. Die Zahl der Leute, die eine Erwerbstätigkeit 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 33 aufnahmen, sank von 1988 bis 1992 um ein Drittel. Entsprechend wurde für Schulabgänger und Hausfrauen der Einstieg in den Arbeitsmarkt zunehmend schwieriger. Die Zahl der Studenten, die eine Beschäftigung aufnahmen, sank ebenfalls um ein Drittel. Jährlich gingen im Durchschnitt 30.000 bis 50.000 Personen in den Ruhestand. Der Anstieg der Arbeitslosenzahlen verringerte sich wohl noch durch die Zahl der Personen, die aus Invaliditätsgründen in den Ruhestand gingen. Ein Großteil der Personen, die von einer Erwerbstätigkeit in den Haushalt und umgekehrt wechseln, waren Frauen, deren Mutterschaftsurlaubs begann oder endete. 1994 konnte wieder ein Anstieg der Zahl der Personen, die eine Erwerbstätigkeit aufnahmen, verzeichnet werden. Anfangs rekrutierten die „Einsteiger“ in den Arbeitsmarkt noch aus der großen Menge der Arbeitslosen, doch sehr schnell begann die Nachfrage nach Schulabgängern und Hochschulabsolventen zu steigen. Im Jahr 1998 war der Anteil an Studenten und an Arbeitslosen beim Einstieg in die Beschäftigung dann gleich repräsentiert. Im gleichen Jahr nahmen insgesamt 280.000 Personen eine Erwerbstätigkeit auf. Gleichzeitig betrug die Zahl derer, die die Erwerbstätigkeit beendeten, nur 190.000, d.h. die Gesamtzahl der Personen, die in einem Beschäftigungsverhältnis standen, war um etwa 90.000 gestiegen. In diesem Jahr betrug die Zahl der Studenten 70.000 aller Neueinstellungen. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg in Finnland schnell, dennoch steht dieser Anstieg in keinem großen Zusammenhang mit der Zahl der Erwerbslosen, die in 1998 mit 374.000 immer noch sehr hoch lag. Ausstiege aus der und Einstiege in die Erwerbstätigkeit 1989–1996 in Abhängigkeit der entsprechenden Gründe Jahr 34 Zahl der Ausstiege in % Zahl der Einstiege in % 1989 gesamt 212 480 Studenten 55 174 Hausfrauen/-männer 43 387 Arbeitslose 45 389 Rentner 49 497 Wehrtätige 11 735 Gestorben/Ausgewandert 7 298 100,0 26,0 20,4 21,4 23,3 5,5 3,4 228 982 92 833 48 114 58 362 8 323 16 721 4 629 100,0 40,5 21,0 25,5 3,6 7,3 2,0 1991 gesamt 331 104 Studenten 59 436 Hausfrauen/-männer 41 536 Arbeitslose 168 269 Rentner 45 138 Wehrtätige 10 196 Gestorben/Ausgewandert 6 529 100,0 18,0 12,5 50,8 13,6 3,1 2,0 167 969 66 071 31 375 46 483 4 812 12 197 4 700 100,0 39,6 18,7 27,7 2,9 7,3 2,8 1992 gesamt 326 924 Studenten 41 404 Hausfrauen/-männer 39 506 Arbeitslose 191 467 Rentner 41 910 Wehrtätige 7 246 Ausgewandert/Gestorben 5 717 100,0 12,7 12,1 58,7 12,8 2,2 1,7 172 207 51 143 24 401 83 714 3 812 6 997 2 140 100,0 29,7 14,2 48,6 2,2 3,9 1,2 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Jahr Zahl der Ausstiege in % Zahl der Einstiege in % 1993 gesamt 313 609 Studenten 41 375 Hausfrauen/-männer 38 090 Arbeitslose 172 721 Rentner 51 522 Wehrtätige 4 713 Ausgewandert/Gestorben 5 188 100,0 13,1 12,1 55,1 16,4 1,5 1,7 176 900 42 832 26 249 93 407 6 550 5 216 1 355 100,0 24,2 14,8 52,8 3,7 2,9 0,8 1994 gesamt 213 138 Studenten 31 485 Hausfrauen/-männer 28 508 Arbeitslose 106 308 Rentner 38 441 Wehrtätige 3 422 Ausgewandert/Gestorben 4 974 100,0 14,8 13,4 49,9 17,6 1,6 2,3 252 468 61 293 27 757 148 460 5 111 7 217 1 403 100,0 24,2 11,0 58,8 2,0 2,8 0,6 1995 gesamt 226 672 Studenten 37 949 Hausfrauen/Wehrtätige 32 569 Arbeitslose 113 034 Rentner 37 964 Ausgewandert/Gestorben 5 152 100,0 16,7 14,4 49,9 16,7 2,2 242 373 71 113 36 047 126 951 5 163 1 879 100,0 24,2 17,2 53,9 4,0 0,7 1996 gesamt 214 520 Studenten 34 190 Hausfrauen/Wehrtätige 28 652 Arbeitslose 112 220 Rentner 34 456 Ausgewandert/Gestorben 5 002 100,0 15,9 13,3 52,3 16,1 2,3 238 912 79 011 36 699 114 268 5 502 2 228 100,0 33,1 15,3 47,8 2,3 0,9 1997 gesamt 179 879 Studenten 35 172 Hausfrauen/Wehrtätige 27 225 Arbeitslose 83 696 Rentner 28 492 Ausgewandert/Gestorben 5 294 100,0 19,6 15,1 46,6 15,8 2,9 260 732 82 525 41 809 128 254 5 507 2 637 100,0 31,7 16,1 49,1 2,1 1,0 1998* gesamt 190 023 Studenten 37 315 Hausfrauen/Wehrtätige 32 764 Arbeitslose 88 110 Rentner 25 934 Ausgewandert/Gestorben 5 900 100,0 19,7 17,2 46,4 13,6 3,1 277 561 108 987 44 836 111 249 9 513 2 976 100,0 39,3 16,2 40,1 3,4 1,1 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 35 Die Zahl der Ausstiege aus dem Arbeitsmarkt fiel von der Höchstzahl von 330.000 in den Jahren 1991–1992 auf 180.000 im Jahr 1997. Dabei war Entlassung der wichtigste Grund für einen Ausstieg (46,4 %), obwohl die Wahrscheinlichkeit, entlassen zu werden, heute deutlich geringer ist als zu den Zeiten mit den höchsten Ausstiegsquoten. Der zweithäufigste Grund für die Beendigung einer Erwerbstätigkeit war die Aufnahme eines Studiums (19,7 %). Die Zahl der Personen, die in den Haushalt oder Ruhestand gingen, blieb mehr oder weniger konstant. Ausstieg aus Erwerbstätigkeit zu anderen Tätigkeiten in 1988–1998 Von anderen Tätigkeiten in Erwerbstätigkeit in 1988–1998 1988 1988 1989 1989 1990 1990 1991 1991 1992 1992 1993 1993 1994 1994 1995 1995 Arbeitslose Studenten Rentner Andere 1996 1997 1998 0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250 275 300 325 350 Tausend 1996 1997 1998 0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250 275 Tausend Die Zahl der Einstiege in den Arbeitsmarkt lag 1991–1993 mit gerade einmal 170.000 Personen pro Jahr am niedrigsten. Nach dem Einsetzen der Massenarbeitslosigkeit war 1993 die Mehrheit, nämlich 53% derer, die eine bezahlte Arbeit angefangen hatten, arbeitslos; im Jahr 1994 stieg diese Zahl weiter auf 59%. Seit dieser Zeit ist der Anteil der Studenten bei Neueinstellungen angestiegen und lag 1998 bei 40%. Schulabgängern wird eine Berufsberatung angeboten, um sie bei der Wahl eines ihrer Qualifikation entsprechenden Berufes zu unterstützen. Aber die Qualität der verschiedenen berufsbildenden Institutionen und Hochschulen kann daran gemessen werden, wie schnell und welche Anstellungen von den Absolventen gefunden werden. Ein Vergleich zwischen Daten aus aufeinanderfolgenden Jahren soll hier einen Überblick darüber verschaffen, wie Personen zwischen verschiedenen Tätigkeitsfeldern wechseln. Die unten aufgeführte Abbildung soll darstellen, wie viele und welche Art von Übergängen innerhalb von einem Jahr festgestellt werden konnten. 36 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Wechsel zw. versch. Tätigkeitsfeldern: STUDENTEN 1997–1998* Einkommens daten Arbeitslose 374 117 1 588 Studenten 443 104(97) 413 801(98*) Bildungsniveau Ausbildungsart familiärer Hintergrund Industrie n 108 987 1 498 Einwanderer 14 192 Angestellte 2 125 535 Industrie 1 Industrie 2 37 019 1 267 Verstorben Emigranten 60 079 24 416 Rentner 1 105 053 37 315 30 279 21 050 Hausfrauen & sonstige 189 995 61 773 0–14 264 054 Jahre 951 145 Ende 1997 absolvierten 443.104 Personen eine weiterführende Schule nach der Schulpflicht in der Gesamtschule. Im Verlauf des gleichen Jahres stiegen davon 108.987 Personen in den Arbeitsmarkt ein und gleichzeitig verließen 37.315 Personen den Arbeitsmarkt, um ein Studium aufzunehmen. Weiterhin schlossen insgesamt 61.778 Personen die Gesamtschule ab und setzten ihre Ausbildung weiter fort. Die Zahl derjenigen, die Hausfrau oder -mann wurden, betrug 30.279, umgekehrt verließen 21.279 den Haushalt, um eine weiterführende Ausbildung nach der Gesamtschule zu beginnen. 37.019 Studenten wurden aus der Erwerbstätigkeit entlassen und 25.416 Arbeitslose begannen eine Ausbildung an einer weiterführenden Schule. In finnischen Ausbildungseinrichtungen wurden 1.588 Studenten aus dem Ausland aufgenommen, die gleiche Anzahl an Studenten verließ Finnland. 1.267 Studenten brachen die Ausbildung wegen einer Behinderung oder aus sonstigen Gründen ab. 264.054 derjenigen, die 1997 studierten, setzten das Studium fort. Wenn auf dieser Grundlage die sogenannten Bruttoveränderungen berechnet werden, so kann festgehalten werden, dass die Gesamtzahl der Studienanfänger 147.147 betrug und 179.068 ihr Studium beendeten, während sich der Status bei 264.054 Studenten nicht änderte. Um die Effizienz des finnischen Ausbildungssystems zu überprüfen und zu messen, wurde unter anderem die Abwerbung in den Arbeitsmarkt und der Ausschluss aus dem Arbeitsmarkt bei Personen untersucht, die an unterschiedlichen Institutionen in verschiedenen Regionen ihren Hochschulabschluss erlangt haben. Markierte Unterschiede in der Beschäftigungsstruktur konnten bei den unterschiedlichen Ausbildungswegen und -niveaus beobachtet werden. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 37 Beschäftigungsquote von Studenten aus den Bereichen Technik, Bau engineering, Produktion mit Abschluss im Jahr 1991 Beschäftigungsquote (%) Höherer Univ.abschluss Mittlerer Univ.abschluss Höhere Berufsausbildung Berufsausbildung Die Beschäftigungsquote steigt sogar im technischen Bereich ziemlich deutlich mit dem Ausbildungsniveau: die Zahl für Ingenieure von Technischen Universitäten liegt bis zu 30% höher als für Techniker, die von Berufsschulen kommen. Ebenso waren die Absolventen von Hochschulen weniger schwer von der Rezession betroffen, als die Absolventen von berufsbildenden Schulen. Weiterhin hat das Abschlussjahr einen wichtigen Effekt auf die Beschäftigung. In den später 80er Jahren nahm die finnische Wirtschaft einen ernormen Aufschwung, so dass die Nachfrage nach technischen Berufen sehr hoch war. In den Jahren 1991–1994 war diese Nachfrage allerdings wie ausgelöscht: ein Großteil der Erwerbstätigen verlor ihren Job und die Absolventen dieser Jahre konnte keine Arbeit bekommen. In den Jahren 1991–1993 fiel die Zahl der Techniker, die im Jahr ihres Ausbildungsabschlusses auch eine Anstellung fanden, unter 40%. Erwerbstätigkeitsquote Techniker mit Abschluss in 1987–1994 Beschäftigungsquote 1989 1987 1988 1990 1994 1991 1992 38 1993 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Gleichzeitig stieg der Anteil der Arbeitslosen dieses Schulabschlussjahrganges auf über 40%, und dies sogar bei den Technikern mit Hochschulabschluss. Die Situation für die Techniker einer berufsbildenden Schule war dabei noch schlechter. Arbeitslosenquote Techniker mit Abschluss in 1987–1994 40 Arbeitslosenquote 35 1993 1992 30 1994 1991 25 20 15 10 1990 1987 1988 5 1989 0 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 Das im Folgenden angeführte Beispiel soll die Art der Beschäftigung darstellen, die von der Industrie geboten wurde: der Schwerpunkt liegt darauf, wie bei Stellenbesetzungen anteilig Studenten, Arbeitslose und sonstige Gruppen berücksichtigt wurden. Die Untersuchung wurde für die Jahre 1995 und 1998 durchgeführt. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die wachstumsorientierten Branchen einen größeren Anteil ihrer Arbeitskräfte aus Ausbildungseinrichtungen rekrutierten als aus der Gruppe der Arbeitslosen oder anderen Bevölkerungsgruppen. Im Produktions- und Baugewerbe setzte ein Rückgang der Nachfrage im Jahr 1989 ein, in den Bereichen Handel, Finanzen, Transport und Kommunikation kam der Umbruch ein Jahr später. Im öffentlichen Dienst wurden bis 1991 weiterhin Stellen besetzt, und zwar zum Großteil mit Absolventen von Ausbildungseinrichtungen. Heute wird die Hälfte aller Schulabgänger, die eine Anstellung finden, im öffentlichen Dienst eingestellt. Nach dem Rückgang der Rezession finden nun wieder insgesamt über 80% der Studenten in der verarbeitenden Industrie und dem Dienstleistungssektor Arbeit. Vor der Rezession wurden die meisten Arbeitslosen im Bau- und Produktionsgewerbe eingestellt. Heute werden hingegen nur 40% aller neuen Arbeitsstellen an Arbeitslose vergeben. Der Bedarf nach neuen Arbeitsplätzen liegt in Finnland heute v.a. in den Bereichen verarbeitende Industrie, Einzel- und Großhandel, Unternehmensservice sowie Gesundheits- und Wohlfahrtsdienstleistungen. Der Anteil an Studenten, die für die neuen Arbeitsplätze eingestellt werden, steigt seit 1995 und ist nach wie vor hoch, wobei die meisten Studenten im Hotel- und Cateringgewerbe eingestellt werden. Hier üben die Studenten meistens ihren Job neben ihrem Studium aus, was wiederum auch bedeutet, dass das Personal nicht immer auf unbefristeter Basis eingestellt werden kann. Ähnlich ist die Situation im Bereich von Groß- und Einzelhandel sowie bei den Reinigungsunternehmen. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 39 Einstellungen von Personen aus den Reihen der Arbeitslosen werden hingegen eher in den Bereichen Transport und Kommunikation, Gebäude- und Bauindustrie sowie in der öffentlichen Verwaltung vorgenommen. Das Transportgewerbe sowie auch die Bauindustrie unterliegen starken saisonalen Schwankungen, was bedeutet, dass die Arbeitskräfte im Winter mehr oder weniger „regelmäßig“ arbeitslos sind, während sie im Frühjahr die Arbeit wieder aufnehmen. Wenn im öffentlichen Dienst eine Vielzahl von Einstellungen von Arbeitslosen erfolgt, so kann dies zum Teil mit den Arbeitsbeschaffungsprogrammen der Regierung zusammen hängen. Neueinstiege gemäß früherer Tätigkeit nach Branchen in 1995 Einstiege Restaur.& Hotels Handel Erziehung Unternehmensdienstl . And. öffentl. Dienstl. Banken Produktion Gesund. & soz. Dienste Landwirtschaft Transport Verwaltung Bau Studenten And. Branchen Arbeitslose Andere Neueinstiege gemäß früherer Tätigkeit nach Branchen in 1998 Einstiege Restaur. & Hotel Handel Produktion Banken Transport Erziehung Unternehmensdienstl. And. öffentl. Dienste Gesundh. & soz. Dienste Verwaltung Landwirtschaft Bau 0% 20% Studenten 40 40% And. Branchen 60% Arbeitslose 80% 100% Andere 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung In der IT-Branche liegen die Bereiche mit dem größten Wachstum. Diese Bereiche unterscheiden sich von den anderen unter anderem dadurch, dass Hochschulabsolventen bevorzugt vor Arbeitslosen oder anders qualifizierten Arbeitskräften aus anderen Branchen eingestellt werden. Offensichtlich wird davon ausgegangen, dass die Qualifizierung aufgrund von Ausbildung und Fähigkeiten von Langzeitarbeitslosen nicht mehr den in der Hightech-Industrie geforderten hohen Standards entspricht. Neueinstiege gem. früherer Tätigkeit in ITBranche in 1997, vergl. mit anderen Branchen IT-Branche Produktionsindustrie Dienstleistungssektor Produktion Handel Produktion Banken Öffentlicher Dienst Studenten And. IT-Branche Arbeitslose And. Branchen Andere Einfluss des Studienortes auf die Beschäftigung Es bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Universitätsstädten bezüglich der Einstellung von Hochschulabsolventen sowie bezüglich der Frage, an welchen Orten sie eingestellt werden. Die unten angeführte Tabelle stellt die Beschäftigungssituation zwei Jahre nach Studienabschluss von Personen dar, die in unterschiedlichen Städten mit Abschluss in den Jahren 1988–1995 studiert haben. Gleichzeitig kann abgelesen werden, ob die Absolventen in ihrer Heimatstadt, in Nachbarstädten oder an anderen Orten arbeiten. Ein wenig überraschend ist die Tatsache, dass die höchsten Beschäftigungszahlen für Absolventen der kleinsten Universitäten, d.h. Rovaniemi und Lappeenranta zu verzeichnen sind. Die Beschäftigungszahlen für Absolventen der größten Universitäten, d.h. Helsinki, Turku und Tampere liegen im Vergleich um 7–8 Prozentpunkte niedriger. Dennoch sind diejenigen, die nicht in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis stehen, nicht arbeitslos, sondern haben entweder das Land verlassen, ihr Studium fortgesetzt oder sind Hausfrauen oder -männer. Offensichtlich bieten größere Städte bessere Möglichkeiten für die Fortsetzung des Studiums, d.h. dass der Anteil an postakademischen Studien hier höher liegt. Die Arbeitslosenquote liegt zwischen 4,0 % (Technische Universität Helsinki) und 7,7 % (Universitäten von Tampere). Die Universitäten Espoo, Turku und Vaasa verzeichnen die meisten Abgänge ins Ausland. Turku und Vaasa bieten auch eine Ausbildung in schwedischer Sprache an und verbessern damit die Chancen für eine Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt der Nordischen Länder. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 41 Beschäftigungssituation von Absolventen zwei Jahre nach dem Abschluss in 1988–1995 nach Universitätsstädten Anz. Arbeitsmarktsituation zwei Jahre nach Abschluss Ort d. Abschlusses Abschlüsse in Angestellt Angestellt Angestellt Alle 1988–1995 in gleicher in gleichem in anderen angestellt Stadt Stadtumgeb. Kommunen Espoo Helsinki Turku Tampere Lappeenranta Kuopio Joensuu Jyväskylä Vaasa Oulu Rovaniemi 5 125 19 495 9 167 7 681 1 480 1 945 2 384 5 615 2 944 5 631 1 438 % 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 29,8 42,8 22,9 26,6 12,9 20,7 15,8 16,3 15,2 28,0 15,4 39,4 17,2 5,2 2,8 0,3 1,2 5,1 3,5 3,2 4,6 4,5 Arbeitsmarktsituation zwei Jahre nach Hochschulabschluss in 1988–95, Helsinki Arbeitslos Nicht Ausgewandert erwerbs- (gestorb.) tätig 17,2 21,9 50,9 52,6 75,3 64,3 61,5 66,1 67,2 51,7 68,5 86,4 81,9 79,0 82,0 88,5 86,2 82,4 85,9 85,6 84,3 88,4 4,0 5,5 6,8 7,7 4,7 5,0 7,6 5,4 4,5 6,3 7,0 6,6 10,2 10,3 8,7 5,5 7,7 8,8 7,4 6,9 7,8 4,1 Oulu Migriert Nicht in FI Arbeitslos Andere Kommunen Bezirk of Oulu Oulu Migriert Nicht in FI Arbeitslos Andere Kommunen Bezirk of Helsinki Helsinki 42 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 3,1 2,3 3,8 1,7 1,4 1,2 1,1 1,3 3,0 1,5 0,5 Arbeitsmarktsituation zwei Jahre nach Berufsausbildung in 1988–95 Helsinki Migriert Nicht in FI Arbeitslos Anderer Kommunen Bezirk Helsinki Helsinki Oulu Migriert Nicht in FI Arbeitslos Anderer Kommunen Municipalities Bezirk Oulu Oulu Das Jahr des Abschlusses In der Region Helsinki gestaltet sich die Arbeitsmarktsituation für Hochschulabsolventen sehr gut: ca. 60% aller Hochschulabsolventen bekommen eine Arbeitsstelle in der Stadt oder in deren Umgebung. Auch der Arbeitsmarkt in der Region Oulu zeigt starke Wachstumstendenzen, dennoch müssen 50% der Hochschulabsolventen den Wohnort wechseln, um Arbeit zu finden. Rovaniemi ist die nördlichste und eine der kleinsten Universitätsstädte des Landes, so dass auf der Hand liegt, dass die Mehrheit bzw. 70% der Absolventen an einem anderen Ort angestellt werden. Absolventen von berufsbildenden Schulen sind deutlich weniger mobil als Hochschulabsolventen: sehr häufig finden sie entweder in ihrer Heimatstadt oder in der direkten Umgebung Arbeit bzw. haben gar keine Beschäftigung. Für alle drei hier beispielhaft aufgeführten Städte, Helsinki, Oulu und Rovaniemi wird deutlich, dass sich die Absolventen bei der Arbeitssuche weniger weit von dem Ort entfernen. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 43 Arbeitsmarktsituation zwei Jahre nach Univeritätsabschluss oder Berufsausbildung in 1988–95, Rovaniemi, Berufsausbildiung Rovaniemi, Universität 100% 100% 80% 80% Migriert Nicht in Finnl. Arbeitslos 60% 60% Andere Kommunen Bezirk Oulu Oulu 40% 40% 20% 0% 1988 20% 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 0% 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 Zusammenfassung Bedingt durch Massenarbeitslosigkeit und zunehmende Probleme für junge Leute, eine Beschäftigung zu finden, sank zu Beginn der 90er Jahre die Zahl der auf dem finnischen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Stellen um eine halbe Million. Die Beschäftigtenzahl sank in verschiedenen Branchen drastisch. Die Altersgruppen der Schulabgänger konnten nun nicht mehr die Stellen besetzen, die durch Personen, die in den Ruhestand oder in den Haushalt gingen, vakant wurden; sie wurden stattdessen arbeitslos. Trotz verstärkter Anstrengungen von Seiten der Regierung, die arbeitsplatzbeschaffenden Maßnahmen und die arbeitsmarktorientierten Aus- und Weiterbildungsangebote zu intensivieren, fanden immer weniger Arbeitslose eine Stelle. Den Jugendlichen wurden mehr Ausbildungsplätze angeboten, sowohl in den öffentlichen Einrichtungen als auch in arbeitsmarktorientierten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der Regierung. Dieser Rückgang der Nachfrage nach Arbeitskräften breitete sich auf alle Branchen aus: im Bereich der Zentral- und Lokalverwaltung wurde 5% des gesamten Personals entlassen, im privatwirtschaftlichen Bereich sogar 30%. In den Sektoren der verarbeitenden Industrie, Handel, Finanzberatung und Landwirtschaft wird der gleiche Output nun mit einer wesentlich geringeren Zahl an Humanressourcen erzielt als in den Spitzenjahren. Ein Nachfrageanstieg ist lediglich in der metallverarbeitenden und der Elektroindustrie sowie bei deren Zulieferern zu verzeichnen, womit eine geografische Einschränkung auf nur wenige Regionen einhergeht. Der rapide Verfall der Landwirtschaft wird auch in Zukunft dafür sorgen, dass die Zahl der angebotenen Stellen sehr gering bleibt, was wiederum eine abnehmende Beschäftigungszahl zur Folge haben wird; und in dieser Konsequenz werden auch die Stellenangebote im öffentlichen Dienst eingeschränkt werden. Die westlichen und südlichen Regionen Finnlands waren dabei weniger von der Rezession betroffen, während Lappland und Ostfinnland am meister darunter litten. Nach Studien zum Einstieg in den Arbeitsmarkt aus der Arbeitslosigkeit oder von einer Tätigkeit im eigenen Haushalt werden nur 40% aller neuen Arbeitsstellen an Arbeitslose vergeben. 44 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung In dieser Untersuchung wird auf der Grundlage der Arbeitslosenstatistiken, die einzelne Personen in aufeinanderfolgenden Jahren beobachten, versucht Informationen darüber zu erlangen, wie sich die Erwerbstätigkeit einzelner Personen entwickelt hat. Vom System werden Daten über den Wechsel zwischen Haupttätigkeiten und Branchen sowie über die Integration in den Arbeitsmarkt von arbeitslosen Hochschulabsolventen generiert. Die herkömmlichen Statistikanalysen liefern für diese Belange nur Querschnittdaten über die Erwerbstätigen- und Erwerbslosenzahlen usw. Ein System, das einzelne Personen in ihrer Entwicklung verfolgt, kann hingegen Informationen darüber liefern, wie sich Änderungen auf dem Arbeitsmarkt vollziehen, so z.B. zu folgenden Aspekten: - Einstiege in den Arbeitsmarkt und Struktur der neu geschaffenen Arbeitsplätze - Ausstiege aus der Erwerbstätigkeit, Strukturen und Gründe - Art der Arbeitsplätze, die in verschiedenen Branchen angeboten werden - Wechsel von der Ausbildung in die Erwerbstätigkeit in verschiedenen Branchen und mit verschiedenen Ausbildungsniveaus - Einfluss von Wirtschaftszyklen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen - Einfluss des Ausbildungsortes Flowanalysen zeigen deutlich, dass sich die Veränderungen sehr rapide vollziehen: von 2 Millionen Lohnempfängern nahmen etwa 300.000 im gleichen Jahr die Erwerbstätigkeit auf, in einem schwierigen Jahr verloren 330.000 aus unterschiedlichen Gründen ihren Arbeitsplatz. Die schnellwachsenden Branchen bevorzugen die Einstellung von Ausbildungsabsolventen vor der Einstellung von Arbeitslosen. Hier wehrt sich besonders die Hightech-Industrie gegen die Einstellung von Arbeitslosen. Der öffentliche Dienst zeigt größere Verantwortung als andere Branchen, wenn es um arbeitsplatzbeschaffende Maßnahmen für Arbeitslose geht. Je höher das Bildungsniveau des Einzelnen, desto weniger wird er mit Arbeitslosigkeit konfrontiert sein. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen und Bildungsniveaus spielt dabei eine bedeutende Rolle. Bei verlangsamtem Aufschwung steht etwa die Hälfte aller Personen mit höherem Bildungsniveau vor der Arbeitslosigkeit. Je länger die Arbeitslosigkeit einer Person andauert, desto schwieriger wird es, auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Die Beschäftigungszahlen derjenigen, die zu Rezessionszeiten einen Hochschulabschluss erworben haben, bleiben auf einem beständig niedrigeren Niveau als bei Personen, die in Aufschwungzeiten die Ausbildung abgeschlossen haben. In Finnland sind die Ausbildungsangebote gleichmäßig über das Land verteilt: mit dieser Politik soll sichergestellt werden, dass in allen Regionen qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Die Beschäftigung von Hochschulabsolventen hängt von der Größe des lokalen Arbeitsmarktes und auf jeden Fall von der Ausbildungsrichtung ab. Nur in der Region der Hauptstadt Helsinki stehen genügend offene Stellen für einen Großteil der Personen zur Verfügung, die in der gleichen Region studiert haben. Selbst in der wachstumsorientierten Region um Oulu muss z.B. die Hälfte der dortigen Hochschulabsolventen wegziehen, um einen Arbeitsplatz zu finden. Die Mehrheit der Studenten der kleineren Universitäten wird schließlich an einem anderen Ort eingestellt. Die Studienrichtung hat ebenfalls einen wichtigen Einfluss auf die Frage, wo der Absolvent eine Beschäftigung findet: der Arbeitsmarkt für Ärzte, Lehrer, Geistliche, Krankenschwestern, Polizisten und Beamte erstreckt sich über alle 452 Kommunen des Landes, ein Großteil der Hochschulabsolventen dieser Richtungen muss daher den Ausbildungsort für eine Erwerbstätigkeit verlassen. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 45 VON DER AUSBILDUNG AUF DEN ARBEITSMARKT Ronnie Andersson Statistics Sweden SE-701 89 ÖREBRO [email protected] 1. Einleitung Ein schwedischer Medizinprofessor erklärte in einem Interview anlässlich seiner Pensionierung, dass die persönlichen Identifikationsnummern, die in allen offiziellen Registern verwendet werden, „Schwedens wichtigster Beitrag für die Welt“ sind. Anhand dieser Nummern ist es möglich, alle Patientendaten zu verfolgen, aufzufinden und z.B. unterschiedliche Behandlungsergebnisse zu überprüfen. Dies mag eine scherzhafte Übertreibung sein, doch jeder Statistiker, der mit Registern und Längsschnittstudien arbeitet, würde diese Meinung sicher teilen. Die hier beschriebene Statistik zur Untersuchung des Übergangs von der Schule ins Arbeitsleben hängt maßgeblich von diesem Identifizierungssystem ab, mit dem es möglich ist, Daten aus verschiedenen Registern miteinander zu kombinieren und große, landesweite repräsentative Stichproben/Kohorten auf ihrem Weg von der Ausbildung bis zum Einstieg in den Arbeitsmarkt im Erwachsenenalter zu verfolgen. Das schwedische Identifikationssystem basiert auf den Geburtsdaten: die ersten sechs Stellen setzen sich aus Jahr, Monat und Tag zusammen. Ein darauffolgender dreistelliger Kode – bestehend aus den Ziffern drei bis sieben – unterscheidet die Personen, die am gleichen Tag geboren sind, und eine zehnte Ziffer (eine Funktion der ersten neun) stellt sicher, dass die Kombination richtig ist. Die Identifikationsnummer 460120-5432 zum Beispiel bedeutet, dass die Person am 20. Januar 1946 geboren ist. Der dreistellige Kode 543 unterscheidet sie von allen anderen Personen, die an diesem Tag geboren sind (ist die letzte Ziffer eine ungerade Zahl, hier eine 3, bedeutet dies, dass es sich um einen Mann handelt. Für Frauen werden gerade Zahlen an der letzten Stelle eingetragen). Die letzte Ziffer 2 ist die Kontrollziffer. Fast alle Schweden haben ihre persönliche Identifikationsnummer im Kopf. In der vorliegenden Abhandlung soll nun keine Erläuterung des schwedischen Bildungssystems gegeben werden. Hierzu findet der interessierte Leser nähere Informationen bei Abrahamsson (1999) und/oder der Veröffentlichung des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft (1997). Das Statistische Zentralamt veröffentlicht zwei unterschiedliche Arten von Statistiken: Statistiken, die auf Umfragen basieren, und Statistiken, die auf Daten aus vorhandenen Registern zurückgreifen. Die veröffentlichte Registerstatistik rekurriert auf ein Registersystem, das vom Statistischen Zentralamt entwickelt wurde und sich aus Daten aus verschiedenen landesweiten Verwaltungssystemen zusammensetzt. Ein Vergleich zwischen Umfragen und Registern, die auf Verwaltungsdaten zurückgreifen, ist allerdings nicht möglich, wenngleich es möglich ist, Umfragen durch den Zugriff auf die Register zu verbessern und Registerstatistiken anhand von Umfragen zu evaluieren und zu verbessern. Auch können durch Zusatzinformationen aus den Registern Stichprobenfehler minimiert werden. Die Umfrageergebnisse können wiederum zur Verbesserung der Validitätsgüte von Registerstatistiken verwendet werden. 46 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung In diesem Bericht soll keine ausführliche Erläuterung des gesamten Systems der Registerstatistik in Schweden geliefert werden (siehe hierzu z.B. Carling 1996). Vielmehr soll das für Aus- und Weiterbildungsstatistiken verwendete System detailliert dargestellt werden. 2. Das schwedische System für Aus- und Weiterbildungsstatistiken 2.1 Drei verschiedene Quellen Der Übergang von der Ausbildung auf den Arbeitsmarkt lässt sich auf mindestens drei verschiedene Arten messen, nämlich auf der Grundlage von: Registern Zusatzerhebungen bei Studenten (Survey-Studie) Gruppenuntersuchungen mit Schülern (Panelstudie) In Schweden werden alle drei Methoden angewendet. Alle drei Verfahren ergänzen einander und sind daher nötig, um ein umfassendes Bild über den Übergangsprozess zu erhalten. Das Statistische Zentralamt hat über lange Zeiträume Survey-Studien bei Studenten durchgeführt, um den Wechsel, den die jungen Leute von der Ausbildung zum Arbeitsmarkt erleben, zu untersuchen. Weiterhin wurden im Verlauf der letzten 5–10 Jahren vom Statistischen Zentralamt Registerstudien durchgeführt, die die Beziehung zwischen dem Bildungssystem und dem Arbeitsmarkt untersuchen sollten. Die Notwendigkeit dieser umfangreichen Studien ergibt sich, weil die Nachfrage nach Statistiken, die den Übergang von der Ausbildung in das Arbeitsleben verdeutlichen, hoch ist und in den 90er Jahren wegen der hohen Arbeitslosenquoten bei jungen Leuten und besonders bei jungen Immigranten weiterhin gestiegen ist (Olsson und Arvemo-Notstrand 1997). Auf der nächsten Seite wird das hier beschriebene statistische System in einem Bild illustriert, das deutlich die Untersuchungen zum Flow, also den „fließenden“ Übergängen vom Ausbildungssystem in den Arbeitsmarkt darstellt. Diese Übergänge sind in der heutigen Zeit nicht einfach zu beschreiben (wenn sie es denn jemals waren). Ihre Komplexität ergibt sich dadurch, dass eine Vielzahl an Personen verschiedene Bildungssysteme durchschreiten und von diesen auf den Arbeitsmarkt stoßen oder ihn verlassen. Als Verfasser von Ausbildungsstatistiken möchte das Statistische Zentralamt grundlegende Angaben zu jedem Ausbildungsprogramm geben, und zwar bezogen auf: Bewerber (als Maß für den Bedarf an Ausbildung) Anfänger Registrierte Personen Hochschulabsolventen Lehrer/Personal Kosten Mit den Statistiken sollen Hintergrundinformationen über die Studenten erhoben werden, so z.B. Geschlecht, Alter, regionale und soziale Herkunft, Ausbildung sowie Informationen über Noten und Prüfungsergebnisse. Gleichzeitig soll der Frage nachgegangen werden, ob die Schüler wirklich in der Schule lernen. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 47 In Schweden wurden die statistischen Studien im Jahr 1937 mit Untersuchungen an Hochschulen begonnen und seitdem für andere Bildungssysteme weiterentwickelt. Auch in Zukunft wird dieses System weiter ausgearbeitet. Neu ist allerdings die statistische Beschreibung der Übergänge. Einige dieser Übergänge können dabei sehr gut statistisch erfasst werden, wie z.B. der Wechsel von der Gymnasialschule in den Tertiärbereich oder vom Tertiärbereich auf den Arbeitsmarkt. Andere Übergänge sind noch schwierig zu erfassen, wie z.B. der Wechsel von der Erwachsenenbildung auf den Arbeitsmarkt. Idealerweise sollte in diesem Zusammenhang eine Kohorte in ihrer Entwicklung vom Ende der Grundschule bis zum Einstieg in den Arbeitsmarkt beobachtet werden. Die erstellten und noch geplanten Ausbildungsstatistiken sind eine wahre Fundgrube an Informationen, mit deren Auswertung gerade erst begonnen wurde. Wenn diese wertvollen Informationen genutzt werden sollen, ist das Statistische Zentralamt auf die Unterstützung von Wissenschaftlern und Spezialisten aus dem Ausland, die für die Arbeit mit Aus- und 48 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Weiterbildungsstatistiken nach Schweden kommen, und von nationalen Einrichtungen angewiesen. Diese Arbeit kann und soll nicht alleine bewältigt werden. Folgende Informationslücken sind im System vorhanden: Es fehlt ein Berufsregister. Zurzeit wird ein solches Register aufgebaut; diese Arbeit wird jedoch noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Bei der Untersuchung zum Übergang von der Ausbildung auf den Arbeitsmarkt ist die Frage nach dem ausgeübten Beruf weit interessanter als die Information über die Branchen, die bereits in den Registern enthalten ist. In der Registerstatistik müssen die „Tätigkeiten nach der Ausbildung“ stärker kategorisiert werden. Zurzeit wird mit folgenden vier Kategorien gearbeitet: Erwerbstätige, Erwerbstätige und Studenten, Studenten, Andere. Die Kategorie „Erwerbstätige“ und besonders die Kategorie „Andere“ müssten genauer unterteilt werden. Der Aspekt der Erwachsenenbildung in den statistischen Untersuchungen muss stärker hervorgehoben werden. Wenn in Zukunft Statistiken über lebenslanges Lernen erhoben werden sollen, muss eine bessere Koordination der Statistiken über Erwachsenenbildung in Schweden angestrebt werden. Unter anderem soll dazu alle drei Jahre eine gesonderte Erhebung zum Thema Erwachsenenbildung durchgeführt werden. Es liegen keine oder wenige Informationen über Studenten vor, die das Bildungssystem ohne Abschluss verlassen. Daher muss die Aufmerksamkeit mehr auf die „Studienabbrecher“ gelenkt werden. 2.2 Vor- und Nachteile von Studien auf der Grundlage von Verwaltungsdaten bzw. Umfragen Die Verwendung von Verwaltungsdaten anstelle von Befragungen ermöglicht eine Reduktion von Kosten und Rücklaufzeiten. Es darf dennoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Verwaltungsdaten eine preiswerte Alternative zu Befragungen sind. Die Studien anhand von vorhandenen Verwaltungsdaten und die Studien durch Umfragen sollten als zwei unterschiedliche Verfahren angesehen werden, von denen jedes unter bestimmten Voraussetzungen seine Vorteile hat. So hat das Statistische Zentralamt durch den Zugriff auf Verwaltungsdaten neue Möglichkeiten, ein aussagefähiges statistisches System zu errichten. Die effektive Nutzung der Verwaltungsdaten setzt allerdings voraus, dass ein System von statistischen Registern entwickelt wird, das mit den Befragungsdaten vergleichbar sein muss. Die Nutzung von Verwaltungsdaten ist außerdem sehr stark von dem System abhängig, das diese Daten generiert. Somit besteht die Gefahr, dass die von den Verwaltungsbehörden definierten Einheiten und Variablen für statistische Zwecke nicht verwendbar sind. Dieser Nachteil kann allerdings auf drei verschiedene Arten durch das statistische Amt ausgeglichen werden: Auf der Grundlage der Verwaltungseinheiten müssen statistisch inhaltliche Einheiten definiert werden (so bereits der Fall im schwedischen Unternehmensregister, in dem verschiedenartige Wirtschaftseinheiten definiert wurden). Auf der Grundlage der Verwaltungseinheiten müssen statistisch inhaltliche Variablen definiert werden. Durch die Kombination zahlreicher Quellen ist es besser möglich, statistisch relevantes Datenmaterial zu erzeugen. Zusammenfassend wird dieser Prozess auch als die Transformation von Verwaltungsregistern in statistische Register bezeichnet. Bezüglich der für die Statistikorganisationen interessanten Daten, ist die Qualität der Verwaltungsregister zumeist gut, wenn nicht sehr gut. Daten, die dem Register zu rein statistischen Zwecken hinzugefügt wurden, die allerdings für die Verwaltung nicht bedeutsam sind, sind häufig weniger gut gepflegt. In diesem Fall müssen die Verwaltungsregister mit großem Aufwand für die Umwandlung in statistische Register bearbeitet werden. Ein weiterer Nachteil der Registerstatistik liegt darin, dass oft ein großer Zeitraum benötigt wird, bis die 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 49 Statistiken erhoben werden können. So kann z.B. erst heute, im Mai 2000, auf die Daten des Beschäftigungsregisters aus November 1998 zugegriffen werden. Bei Befragungen hingegen ist es zwar möglich, eigene Variablen zu definieren, doch sind die Ergebnisse stark von den Möglichkeiten und der Bereitschaft der Befragten abhängig, auf die gestellten Fragen zu antworten. Daher bietet sich der Zugriff auf Verwaltungs- bzw. statistische Register an, wenn es um persönliche oder schwierige Fragestellungen, wie dem Einkommen oder der Ausbildung geht. An dieser Stelle soll nochmals betont werden, dass Registerstatistiken und Umfragestatistiken methodisch sicherlich nicht miteinander konkurrieren können, sondern als komplementäre Verfahren betrachtet werden müssen. Registerstatistiken liefern die Grundlagendaten über Unterschiede zwischen verschiedenen Kategorien und über Veränderungen über einen gewissen Zeitraum. Auf dieser Grundlage kann dann eine Umfrage ausgearbeitet werden, die genauere Aussagen über die Ursachen der gewonnenen Strukturen erlaubt. Mithilfe des statistischen Registers besteht die Möglichkeit, genauere Bevölkerungskategorien für die Stichprobenziehung abzugrenzen. Statistiken, die auf der Grundlage von Verwaltungsdaten erhoben werden, haben weiterhin den Vorteil, dass sich daraus Ergebnisse für viele Untergruppen ableiten lassen. Wenn z.B. der Einstieg von jungen Leuten in den Arbeitsmarkt beschrieben wird, so ist es wichtig, in diesem Zusammenhang auch die Ergebnisse zu unterschiedlichen Kursen und Studienprogrammen zu präsentieren. Bei einer Studie mit einer repräsentativen Stichprobengröße sind valide Schätzungen für viele Untergruppen gleichzeitig schwierig. Aus diesem Grund sind vorhandene Verwaltungsdaten für Regionalstatistiken von großer Bedeutung. In manchen Fällen besteht allerdings in Ermangelung anderer Daten nur die Möglichkeit, auf Registerstatistiken zuzugreifen. 3. Die Register Folgende Register werden für die Beschreibung des Übergangs von der Ausbildung auf den Arbeitsmarkt verwendet: Register der Pflichtschulklasse 9 Gymnasialschulregister Hochschulregister Register für kommunale Erwachsenenbildung Gesamtbevölkerungsregister (Schwedische Abkürzung: RTB). Die wichtigsten Variablen in diesem Register sind: Persönliche Identifikationsnummer, Wohnsitz, Name, Adresse, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Geburtsland, Einwanderung und Auswanderung. Volkszählungen. Für Ausbildungsstatistiken werden meist Volkszählungen verwendet, um Informationen über die soziale Herkunft der Studenten aufgrund des Berufs ihrer Eltern zu erhalten. Ausbildungsregister. Dieses Register enthält Informationen über die Ausbildung aller in Schweden lebenden Personen zwischen 16 und 74 Jahre. Studienregister (schwedische Abkürzung: RPU). Beschäftigungsregister (schwedische Abkürzung: RAMS). Dieses Register enthält Variablen, wie z.B. Größe und Eigentümer eines Unternehmens, Standort und Branche der Firma für alle Erwerbstätigen in Schweden. Lohnstatistikregister (enthält neben den Löhnen den Beruf von etwa 75% der Erwerbstätigen und wird gelegentlich anstelle eines Beschäftigungsregisters verwendet) Einkommensregister Zentrales Unternehmens- und Einrichtungsregister. Dieses Register ist eine ständig aktualisierte Datenbank, in der die aktuellen Situationen (Branche, Sektor, Größe, Standort usw.) für alle 50 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Unternehmen und Einrichtungen in Schweden festgehalten sind. Jedes Unternehmen bzw. jede Einrichtung ist mit einer eindeutigen Identifikationsnummer versehen. Auf der Grundlage dieser Register wurde eine integrierte Datenbank mit dem Namen LUCAS (schwedische Abkürzung für Längsschnittregister für Ausbildungs- und Arbeitsmarktstatistiken) erstellt. Integrierte Datenbanken ermöglichen die einfache und preiswerte Verbreitung statistischer Informationen. LUCAS enthält Daten aus den meisten der oben genannten Registern und wurde speziell für die Erhebung von Statistiken über die Übergänge vom Bildungssystem auf den Arbeitsmarkt gestaltet. Im Folgenden werden die aktuellsten statistischen Datenreports aufgeführt: U 81 SM1 9901: The transistion from education to the labour market 1991–1997 [Der Wechsel von der Ausbildung auf den Arbeitsmarkt 1991–1997] UF 81 SM 0001: Activity after education – industry, sector and income during 1997 [Tätigkeiten nach der Ausbildung – Branche, Sektor und Einkommen in 1997] Die nachfolgende Tabelle aus LUCAS stellt die Abnahme der Arbeitsmarktzahlen nach Verlassen der Pflichtschule dar: Tabelle 1: Tätigkeit nach der Pflichtschule bei Schulabschluss im Herbst dargestellt in Prozent Schuljahr Tätigkeitsjahr Erwerbs-ErwerbsStutätige tätige und denten Studenten Andere Gesamt Gesamtzahl 1990/91 1991/92 1992/93 1993/94 1994/95 1995/96 1996/97 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 6 2 0 0 0 0 0 5 3 4 3 3 3 2 100 100 100 100 100 100 100 104 000 99 000 97 000 94 000 97 000 100 000 97 000 10 6 2 2 2 2 2 80 89 95 95 95 95 96 Ein großer Vorteil der schwedischen Registerstatistiken liegt in der Möglichkeit, Verknüpfungen zwischen Personen und Unternehmen/Einrichtungen herzustellen. Diese Verknüpfungen werden im Einkommensprüfregister vorgenommen, das ursprünglich für die Verwendung durch die schwedischen Finanzbehörden erstellt wurde. In diesem Register ist jede Arbeitsstelle aufgeführt, die ein Angestellter im Verlauf eines Jahres ausgeübt hat. Das Register enthält nur wenige Variablen, jedoch dient es als Basis für das Registersystem, da jeder Arbeitsstelle eine Person und ein Unternehmen bzw. eine Einrichtung zugeordnet sind. Die Verknüpfung bietet zahlreiche Möglichkeiten für statistische Auswertungen, z.B. zu der Frage, welche Art von Unternehmen Studenten aus verschiedenen Ausbildungsprogrammen einstellt, oder wie das Ausbildungsniveau in unterschiedlichen Unternehmensarten gestaltet ist. Das Einkommensprüfregister dient ebenfalls als Grundlage für das oben genannte Beschäftigungsregister (RAMS). 4. Survey-Studie bei Studenten 4.1 Einleitung 1 Alle in dieser Abhandlung genannten statistischen Datenreports (SM) sind in schwedischer Sprache verfasst und enthalten eine Zusammenfassung in englischer Sprache sowie ein Glossar der Fachbegriffe. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 51 Die Survey-Studie bei Studenten ist eine Befragung einer begrenzten Anzahl von Studenten einer bestimmten Ausbildungsform. Grundlage für die Stichprobenziehung ist in der Regel das ausbildungsstatistische Register, in dem Informationen über die entsprechenden Schulformen enthalten sind. Die Stichprobengröße variiert zwischen 5.000 und 15.000 Befragten. Die Befragungen werden auf postalischem Weg und per Telefoninterview durchgeführt, um die Datenbasis zu erhöhen. So konnte im Durchschnitt eine Rücklaufquote von ca. 70% erzielt werden. Da es mithilfe des Gesamtbevölkerungsregisters (RTB) leicht ist, die korrekten Adressen der ausgewählten Studenten zu finden, können Survey-Studien in Schweden im Vergleich zu vielen anderen Ländern besser durchgeführt werden. Die Zusatzerhebungen bei Studenten sollen beschreiben, welche Entwicklung Personen mit einer bestimmten Ausbildung nehmen, inwieweit ihre Ausbildung diesen Weg begünstigt hat, und aus welchen Gründen unterschiedliche Personen sich für bestimmte Zweige des Ausbildungssystems und bestimmte Wege hin zum Arbeitsleben entscheiden. Mithilfe von staatlichen Subventionen können zwei oder drei Surveys mit Studenten pro Jahr durchgeführt werden (im Vergleich werden etwa 10 Auftragsstudien pro Jahr durchgeführt, bei denen ein Kunde für die Durchführung einer Befragung zahlt. Die Stichprobengröße ist bei staatlich geförderten Befragungen normalerweise auch kleiner als bei Auftragsstudien). Zusatzuntersuchungen bei Studenten werden in folgende Kategorien unterteilt: Wechsel von der Gymnasialschule zur Hochschulausbildung (siehe Punkt 4.2) Einstieg in den Arbeitsmarkt (siehe Punkt 4.3) Ad-hoc-Umfragen (siehe Punkt 4.4) 4.2 Wechsel von der Gymnasialschule zur Hochschulausbildung Seit 1993 führt das Statistische Zentralamt jährliche Befragungen unter Absolventen von Gymnasialschulen bezüglich ihres Interesses an einer Hochschulausbildung durch. Die jüngste Studie wurde im Herbst 1999 mit einer Stichprobe von 4.500 Absolventen von Gymnasialschulen in den Abschlussklassen des Schuljahres 1999/00 durchgeführt. Folgende Tabelle stellt die Ergebnisse seit 1994/95 vergleichend dar: Tabelle 2: Geplante Aufnahme einer Hochschulausbildung innerhalb von 3 Jahren dargestellt in Prozent Frauen Männer 1994/95 58 49 1995/96 58 43 1996/97 60 45 1997/98 65 51 1998/99 61 47 1999/00 61 46 Mehr als die Hälfte der Studenten, die die Gymnasialschule im Frühjahr 2000 abschließen, planen innerhalb von drei Jahren das Studium an einer Universität oder einer Hochschule aufzunehmen. Frauen sind dabei mehr an einer Hochschulausbildung interessiert als Männer. Bei einem Vergleich über den Gesamtzeitraum hatten die Abschlussklassen des Jahrganges 1997/98 am meisten Interesse an einer Hochschulausbildung. Zu diesem Zeitpunkt planten fast 60% der Studenten eine Hochschulausbildung. Die Ergebnisse der jüngsten Befragung zeigen, dass das Interesse an einer Universitäts- oder Hochschulausbildung in etwa auf dem gleichen Niveau geblieben ist wie im vorhergehenden Jahr. 52 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Die Registerstatistiken (siehe Tabelle 3 weiter unten) zeigen, dass der Wechsel von der Gymnasialschule zur einer Hochschulausbildung in den 90er Jahren stagnierte. Die Wechselquote innerhalb eines Jahres nach dem Abschluss in den Jahren 1990/91 bis 1997/98 variiert zwischen 16 und 18 Prozent. Bei den Frauen nahm die Wechselquote innerhalb eines Jahres nach Abschluss von 18 auf 20 Prozent zu, während sie bei den Männer von 14 auf 12 Prozent gesunken ist. Tabelle 3: Wechselquote zu Hochschulausbildung Wechselquote zu Tertiärausbildung innerhalb von 1–10 Jahren nach Gymnasialschule from upper secondary school 1988/89–1997/98 dargestellt in Prozent Jahr 1 Schuljahr Frauen und Männer Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6 Jahr 7 Jahr 8 Jahr 9 Jahr 10 r 88/89 89/90 90/91 91/92 92/93 93/94 1) 94/95 95/96 96/97 97/98 11 12 16 18 18 18 22 17 16 16 18 22 26 28 29 30 37 30 30 24 28 32 34 35 37 45 37 28 32 36 37 39 41 50 31 35 39 40 42 44 33 37 41 42 44 35 39 43 44 36 41 44 38 42 39 Frauen 88/89 89/90 90/91 91/92 92/93 93/94 1) 94/95 95/96 96/97 97/98 12 14 18 20 21 21 25 22 21 20 22 25 29 32 33 36 41 35 35 28 31 35 38 39 42 48 42 32 35 39 42 43 46 52 34 38 42 45 46 49 37 41 45 47 48 39 43 47 48 40 45 48 42 46 43 Männer 88/89 89/90 90/91 91/92 92/93 93/94 1) 94/95 95/96 96/97 97/98 10 11 14 16 15 14 19 12 12 12 15 20 23 24 25 26 34 25 26 21 26 29 30 31 32 42 32 25 29 32 33 35 36 47 27 32 35 36 38 39 30 34 37 38 39 31 36 39 40 33 37 40 34 38 35 1) Die höchste Wechselquote 1994/95 beruht auf einem Wechsel der Gymnasialschule. Die Zahlen sind überschätzt i.Vgl. zu einem gewöhnlichen Jahr. Die Wechselquote innerhalb von drei Jahren wuchs in der Zeit von 1992/93 bis 1995/96 von 35 auf 37 Prozent. Im Jahr 1995/96 betrug die Häufigkeit bei Frauen 42% und bei Männern 32%, d.h. eine Differenz von 10 Prozentpunkten. Es wird erwartet, dass die Anzahl der Studienanfänger an Universitäten und Hochschulen in den nächsten fünf Jahren auf dem gleichen Niveau wie heute bleibt. Aufgrund einer Veränderung der Alterstruktur in der Bevölkerung wird für das Jahr 2005 und die folgenden Jahre eine ansteigende Zahl von Studienanfängern an Hochschulen erwartet. In zehn Jahren wird die Zahl der 19-Jährigen im Vergleich zu heute um 30% gewachsen sein. Dies bedeutet, dass bei einer auf dem heutigen Stand stagnierenden Wechselhäufigkeit von der Gymnasialschule zu einer Hochschulausbildung die Zahl der Personen, die innerhalb von 10 Jahren nach Abschluss einer Gymnasialschule eine Hochschulausbildung beginnen werden, von heute 42.000 auf etwa 50.000 in zehn Jahren steigen wird. Weitere Informationen sind im folgenden aktuellen statistischen Datenreport zu finden: UF 36 SM 0001: The transition from upper secondary school to higher education. Interest in higher education among upper secondary school students 1999/00 [Der Wechsel von der Gymnasialschule zur 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 53 Hochschulausbildung. Interesse an einer Hochschulausbildung bei Absolventen der Gymnasialschule in 1999/00]. 4.3 Einstieg in den Arbeitsmarkt Alle zwei Jahre führt das Statistische Zentralamt eine Zusatzuntersuchung bei Gymnasialschulabsolventen und Studenten, die Grundstudien- und Abschlussprüfungen an Universitäten oder Hochschulen abgelegt haben, durch. Die Untersuchung heißt „Einstieg in den Arbeitsmarkt“ und wird drei Jahre nach dem Schul- bzw. Hochschulabschluss durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Umfrage zeigen den Wechsel von der Ausbildung in das Arbeitsleben sowie die Situation auf dem Arbeitsmarkt für Personen unterschiedlicher Bildungsniveaus. Diese Untersuchung wird alle zwei Jahre durchgeführt, damit Ergebnisse in Form von Zeitreihen gewonnen werden können. Bisher wurden die Ergebnisse von zwei Befragungen veröffentlicht, eine dritte wird im Frühjahr dieses Jahres durchgeführt: U83 SM 9601: The entrance to the labour market. Survey in spring 1996 among school-leavers from upper secondary school and graduates from higher education 1993 [Einstieg in den Arbeitsmarkt. Befragung im Frühjahr 1996 bei Absolventen der Gymnasialschule und Hochschule mit Abschluss im Jahr 1993]. U83 SM 9801: The entrance to the labour market. Survey in spring 1998 among school-leavers from upper secondary school and graduates from higher education 1994/95 [Einstieg in den Arbeitsmarkt. Befragung im Frühjahr 1998 bei Absolventen der Gymnasialschule und Hochschule mit Abschluss im Jahr 1994/95]. 4.4 Ad-hoc-Umfragen Die Zielsetzungen von Ad-hoc-Zusatzuntersuchungen hängen in gewissem Maße von der aktuellen Situation des Bildungswesens bzw. des Arbeitsmarktes ab. Wenn die Arbeitsmarktlage z.B. angespannt ist, wird in den Umfragen verstärkt nach einer Beschreibung der Funktionsweise des Arbeitsmarktes gefragt. In Zeiten, in denen Probleme im Bildungssystem auftauchen, wie z.B. bei der Anwerbung von Hochschulabsolventen, steigt entsprechend das Interesse an Fragen bezüglich der Gründe für die Aufnahme eines Studiums, für Unterbrechungen usw. Die beiden folgenden Datenreports sollen als Beispiele aus den letzten Jahren angeführt werden: U30 SM 9801: University entrants. Survey in spring 1998 among university entrants the academic years 1990/91 and 1995/96 [Studienbeginner. Befragung im Frühjahr 1998 bei Studienanfängern in den akademischen Jahren 1990/91 und 1995/96]. U48 SM 9901: What happens after the nine-year compulsory school? Survey in spring 1999 among youth born in 1978 [Was geschieht nach 9 Jahren Pflichtschule? Befragung im Frühjahr 1999 bei Jugendlichen des Geburtenjahrgangs 1978]. 5. Paneluntersuchungen mit Schülern als Längsschnittstudie 5.1 Einleitung In diesem Kapitel wird ein Programm von Längsschnittuntersuchungen beschrieben, das im Jahr 1961 begonnen wurde und zum jetzigen Zeitpunkt landesweit repräsentative Stichproben von sieben in Schweden lebenden Geburtsjahrgängen umfasst. Die Gruppe der ältesten Personen ist 1948 geboren, die jüngsten 1987. Mit einer Ausnahme bestehen die Stichproben aus 9.000–12.000 Befragten, d.h. zwischen 8 und 10 Prozent der entsprechenden Geburtsjahrgänge. Die Untersuchungsteilnehmer wurden vom Alter von 10–13 Jahren an in ihrem Bildungsweg verfolgt. In zunehmendem Maße sollen sie auch nach dem Einstieg in das Berufsleben beobachtet werden. 54 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Ein Großteil der Beschreibungen in Punkt 5 wurde der Veröffentlichung von Härnqvist (1998) entnommen. 5.2 Kohorten und Stichproben Das Programm sollte ursprünglich Stichproben jeden fünften Geburtsjahrgangs von 13-jährigen Schülern umfassen, wie geplant wurde auch in den Jahren 1961 und 1966 damit begonnen. Aus verschiedenen Gründen musste das Programm allerdings vorübergehend unterbrochen werden, so dass die nächsten Daten erst 1980 aufgenommen werden konnten. In Tabelle 4 ist eine Übersicht der Kohorten und Stichprobenmerkmale dargestellt. Tabelle 4: Kohorten und Stichproben der Paneluntersuchung mit Schülern Geburtsjahr Stichprobenmerkmal 1948 Jahr der Klasse ersten Datenaufnahme 1961 berechnet 6 Stichprobengröße 1953 1966 berechnet 6 Geburtsdatum 10%= 10.000 berechnet 1967 berechnet 1972 berechnet 1977 berechnet 1982 berechnet 1987 1980 6 1982 3 1987 3 1992 3 1997 3 Jahrgangsklasse 6 Jahrgangsklasse 3 Jahrgangsklasse 3 Jahrgangsklasse 3 Jahrgangsklasse 3 Geburtsdatum 10%= 12.000 9.000 9.000 4.500 9.000 9.000 Die ersten beiden Geburtsjahrgänge wurden individuell auf der Grundlage der Geburtsdaten erhoben. Jede Person, die an einem 5., 15. und 25. in allen Monaten des Jahres geboren wurde, wurde in die Stichprobe einbezogen. So konnte eine 10%-Stichprobe der gesamten Kohorten erzeugt werden. Das bedeutet, dass sich die Schüler in unterschiedlichen Klassen befanden, ungefähr 90% Prozent jedoch in der 6. und damit in der für das Alter üblichen Klasse. Nach der Wiederaufnahme der Untersuchung im Jahr 1980 wurde ein geschichtetes Stichprobenverfahren der Schulklassen verwendet, zunächst in der 6. und später auch in der 3. Klasse. Die Kohorten wurden nach dem berechneten Geburtsjahr eines Großteils der Schüler zusammengestellt. In allen Kohorten, mit Ausnahme der Kohorte 1977, betrug die Stichprobengröße etwa 10% der Gesamtkohorte in Schweden. Die Kohorte 1977 betrug etwa 5% der Gesamtkohorte. Beide Stichprobenverfahren haben Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite deckt eine Stichprobe aus einzelnen Schülern nach Geburtsdatum aus allen Verwaltungsbezirken des Landes einen größeren Bereich ab, als eine geschichtete Stichprobe der Klassen. Auf der anderen Seite erschwert eine kleine und großflächig verteilte Stichprobe die Verwaltung der Datensammlung. Da die meisten Klassen nur von zwei oder drei Schülern repräsentiert werden, wird die Analyse der Klassenzusammensetzung unmöglich und die Analyse der Schulmerkmale zumindest schwierig. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 55 Eine Stichprobe aus Klassen erleichtert die Datenaufnahme, vor allem im ersten Fall. Sie ermöglicht weiterhin eine Analyse auf Klassenebene für die Klassenstufe, aus der die Stichprobe entnommen ist. Statistische Schätzungen mit besonderer Berücksichtigung von Klumpeneffekten werden hingegen komplizierter. 5.3 Zusammenarbeit zwischen Statistischem Zentralamt und Forschungsgruppen Das Programm wurde im Jahr 1960 vom Statistischen Zentralamt Schweden begonnen mit dem Ziel, „administrative“ Daten über die Schulen über eine 10%-Stichprobe jeder fünften Kohorte im Alter von 13 Jahren, d.h. zu einem Zeitpunkt, an dem die Schüler meist die 6. Klasse besuchen, zu gewinnen. Von einigen Wissenschaftlern kam dann der Vorschlag, die vom Statistischen Zentralamt gewonnenen „administrativen“ Daten durch forschungsorientierte Informationen zu ergänzen. Somit war der Grundstein gelegt für eine lange, einmalige und erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Statistischen Zentralamt und Wissenschaftlern im Bereich der Bildungsforschung. Ohne diese enge, nunmehr fast 40 Jahre bestehende Zusammenarbeit wäre ein solches Programm nie möglich gewesen. Das Kernstück des Programms besteht in der regelmäßigen Erhebung von Daten an landesweiten, großen Schülerstichproben zu geeigneten Zeitpunkten während ihrer Ausbildung. Die Rücklaufquote ist im Allgemeinen hoch und die Repräsentativität der Stichproben kann als gut bezeichnet werden; beides sowohl bei den ersten Stichproben, die gemäß den Geburtsdaten gezogen wurden, als auch bei der späteren geschichteten Stichprobentechnik der Klumpenbildung. Finanziell wurde der wissenschaftliche Teil des Programms während seiner Laufzeit von verschiedenen Forschungskommissionen und -stiftungen gefördert. Der vom Statistischen Zentralamt durchgeführte Teil wurde über den üblichen Weg der staatlichen Zuschüsse der Regierung finanziert. 5.4 Gewonnene Daten Die gewonnenen Informationen werden weiter unten nach Kategorien sortiert in einer Übersicht aufgeführt. Die sogenannten „administrativen Daten“ wurden vom Statistischen Zentralamt zusammengestellt; sie wurden entweder direkt an den Schulen für eine Kohorte aufgenommen (jährlich in der Grundschule) oder aus den Registern des Statistischen Zentralamts gezogen (Gymnasialschule, Kommunale Erwachsenenbildung). Alle anderen Daten wurden von den Wissenschaftlern gewonnen. Vom Statistischen Zentralamt gewonnene Daten: Verwaltungsdaten der Schulen, wie z.B. Stufe, Klasse, Schulnoten (falls verfügbar), Leistungstestergebnisse (falls verfügbar), gewählte Sprachen, besondere Förderung einzelner Schüler Ausbildung und Beruf der Eltern (soziale Herkunft der Schüler) Auszug aus dem Register für Tertiärbildung Auszug aus dem Register für Kommunale Erwachsenenbildung Auszug aus den Volkszählungen und Einkommensregistern Auszug aus dem Beschäftigungsregister (RAMS) Von Wissenschaftlern aus dem Bereich der Bildungsforschung gewonnene Daten: Ergebnisse der Tests zu sprachlichen, induktiven und räumlichen Fähigkeiten (identisch für alle Kohorten) 56 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Fragebogenantworten von Schülern zu Schulanpassung, Interessen, Ausbildungs- und Berufsplänen usw. (variiert zwischen den Kohorten) Fragebogenantworten von Eltern zu o.g. Punkten (beginnend mit Kohorte 1967, variiert zwischen den Kohorten) Fragebogenantworten von Schulen und Lehrern zu Lehrmethoden sowie Klassen- und Schulmerkmalen (beginnend mit Kohorte 1982) Ergebnisse der Wehreignungstests (nur Männer der Kohorten 1948 und 1953) Aufgrund der persönlichen Identifikationsnummer kann zu speziellen Fragestellungen auch auf andere Register, z.B. den Aufzeichnungen zu Studienfinanzierung, zugegriffen werden. 5.5 Ergebnisse Eine Datenbank mit Längsschnittcharakter, wie die hier beschriebene, kann nicht nur für Längsschnittstudien, sondern auch für Querschnittstudien innerhalb jeder Kohorte und für den Vergleich zwischen den Kohorten verwendet werden. Das Statistische Zentralamt veröffentlicht ein oder zweimal pro Jahr die von Panels gewonnenen statistischen Daten in den Statistischen Datenreports (SM). Im Folgenden sind einige Beispiele für Veröffentlichungen Ende der 90er Jahre aufgeführt: * U 73 SM 9501: Panels of pupils for longitudinal studies. 1967 panel. Education and employment 1983– 1992. [Schülerpanels für Längsschnittstudien. Panel 1967. Ausbildung und Beschäftigung 1983–1992.] U 73 SM 9601: Panels of pupils for longitudinal studies. 1982 panel. School attendance third grade to sixth grade in elementary school. [Schülerpanels für Längsschnittstudien. Panel 1982. Schulbesuch dritte bis sechste Grundschulklasse.] U 73 SM 9602: Panels of pupils for longitudinal studies. 1972 panel. Studies in local authority administered adult education and higher education. [Schülerpanels für Längsschnittstudien. Panel 1972. Studien zu kommunal verwalteter Erwachsenenbildung und Tertiärbildung.] U 73 SM 9801: Pupil panel for longitudinal studies. 1977 panel. From compulsory school through the upper secondary school 1993–1997. [Schülerpanels für Längsschnittstudien. Panel 1977. Von der Pflichtschule zur Gymnasialschule 1993–1997.] U 73 SM 9901: Panels of pupils for longitudinal studies. 1982 panel. School attendance and transition to upper secondary school. [Schülerpanels für Längsschnittstudien. Panel 1982. Schulbesuch und Wechsel zur Gymnasialschule.] Von Seiten der Wissenschaftler aus der Bildungsforschung liegen Dissertationen und wissenschaftliche Berichte zum Thema vor. Die Ergebnisse aus den Studien mit Schülerpanels wurden auch als wichtiges Informationsmaterial für die grundlegenden Reformen des schwedischen Bildungswesens verwendet. Im Folgenden sind einige Beispiele für wichtige Themenbereiche aufgeführt: Der Wechsel zur Gymnasialausbildung für verschiedene Geburtskohorten Fähigkeiten und Leistung in Abhängigkeit von Geschlecht und sozialer Herkunft Ein Pfadmodell für den Gymnasial- und Tertiärsektor Extremgruppenanalyse Nachwuchs in Wissenschaft und Technologie Finanzielle Förderung und Nachwuchs für den Tertiärbereich Selektionseffekte von Schuleignungsprüfungen Intelligenzunterschiede zwischen Kohorten Intelligenzveränderungen bei Einzelpersonen Langzeiteffekte von Bildung 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 57 Bereits mit Beginn des Programms wurde betont, dass die Datenbank als nationale Datenbank angesehen werden soll und in einem gewissen Ausmaß wurde sie auch von Wissenschaftlern anderer Fachdisziplinen genutzt. Weiterhin sind die über die zweite Kohorte gewonnenen Daten in ungekennzeichneter Form beim Schwedischen Datendienst für Sozialwissenschaften erhältlich. In diesem Zusammenhang ist die gemeinsame Nutzung von Datenmaterial für weitere Fachdisziplinen (z.B. für Untersuchungen in der Arbeitsmarktforschung) vorgesehen. 5.6 Einstieg auf dem Arbeitsmarkt Wie in Punkt 5.5 gezeigt werden konnte, wurden die Daten der Schülerpanels in großem Maße als Grundlage für Statistiken und Untersuchungen im Bereich des Bildungssystems einschließlich der Fragen zu den Übergängen zwischen den verschiedenen Bildungsstufen verwendet. Bisher fehlen allerdings Betrachtungen über den Wechsel zum Arbeitsmarkt. Die Untersuchungen zu den Schülergruppen aus dem Jahr 1967 sollen mit Daten aus den Jahren 1990 und 1998 ergänzt werden, die dem Beschäftigungs- und dem Einkommensregister entnommen werden und Informationen über den Arbeitsmarkt liefern. Durch eine enge Zusammenarbeit mit Arbeitsmarktforschern (Wirtschaftswissenschaftlern) versprechen diese Daten interessante Ergebnisse zu liefern. Dabei wird von wissenschaftlicher Seite aus die Aufmerksamkeit auf den Zusammenhang zwischen Noten bzw. Prüfungsergebnissen und dem Einstieg in den Arbeitsmarkt und den erzielten Einkommen gerichtet werden. Eine wichtige Frage wird lauten: Ermöglichen bessere Noten/Prüfungsergebnisse bessere Karrierechancen auf dem Arbeitsmarkt? Wie wirken sich hierauf Aspekte, wie soziale Herkunft, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit usw. aus? Die Frage, wie Schülerpanels für die Beschreibung des Übergangs von der Ausbildung auf den Arbeitsmarkt verwendet werden können, wird in einer in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern erstellten Publikation in englischer Sprache veröffentlicht. Möglicherweise soll das Datenmaterial noch durch einen Fragebogen an die Kohorte 1967 ergänzt werden, der Fragen zu deren Einstieg in den Arbeitsmarkt enthält. 58 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 6. Literatur Abrahamsson, Kenneth (1999): Vocational education and training in Sweden. Monograph prepared for CEDEFOP. [Berufsausbildung und Weiterbildung in Schweden. Monografie vorbereitet für CEDEFOP]. Carling, Jan (1996): The Role of Administrative Registers in Sweden’s Statistical System. Paper presented at the 82ND DGINS CONFERENCE in Vienna, May 1996 [Die Bedeutung von Verwaltungsregistern für Statistische Auswertungen in Schweden. Präsentation auf der 82. DGINSKONFERENZ in Wien, Mai 1996]. Härnqvist, Kjell (1998): A Longitudinal Program for Studying Education and Career Development. Department of Education and Educational Research, Göteborg University. Report No 1998:01. [Eine Längsschnittstudie zur Untersuchung von Ausbildung und Berufslaufbahn. Fachbereich für Bildung und Ausbildungsforschung, Universität Göteborg. Bereicht Nr. 1998:01]. Olsson, Anna-Karin and Arvemo-Notstrand, Karin (1997): Transition to the Labour Market. Memo, Statistics Sweden. Paper prepared for the Sienna Group Meeting in 1997, Session A: Immigration and Working Life. [Einstieg auf dem Arbeitsmarkt. Memo, Statistisches Zentralamt. Präsentation auf dem Gruppentreffen 1997 in Sienna, Arbeitskreis A: Einwanderung und Arbeitsleben]. Statistics Denmark (1995): STATISTICS ON PERSONS IN DENMARK – A register-based statistical system. Eurostat 1995. [STATISTIK ZU EINWOHNERN DÄNEMARKS – Ein registerbasiertes statistisches System. Eurostat 1995]. Swedish Ministry of Education and Science (1997): The Swedish education system, March 1997, Eurydice. [Das schwedische Bildungssystem, März 1997, Eurydice]. Tegsjö, Björn (1998): Labour Statistics Based on Administrative Sources. The Swedish system linking individual data with enterprise information. Memo, Statistics Sweden 1998-04-15. [Arbeitsstatistiken auf der Basis von Verwaltungsdaten. Das schwedische System verbindet Personendaten mit Unternehmensangaben. Memo, Statistisches Zentralamt 1998-04-15]. Wallgren, Anders and Wallgren, Britt (1997): Role of Administrative Registers in an Efficient Statistical System – Methodological Problems and Quality Issues. Memo, Statistics Sweden, Paper prepared for a Seminar in Luxembourg 15 and 16 January 1997. [Die Bedeutung von Verwaltungsregistern in einem effzienten Statistiksystem – Methodische Probleme und Qualitätsfragen. Memo, Statistisches Zentralamt. Paper präsentiert bei einem Seminar in Luxemburg am 15. und 16. Januar 1997]. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 59 ANSTIEG DES BILDUNGSNIVEAUS UND KOMPETENZENTWICKLUNG: NUTZEN DES GENERATIONSBEZOGENEN ANSATZES Catherine Béduwé & Bernard Fourcade LIRHE, URA CNRS Université de Sciences Sociales de Toulouse 1 Place Anatole France F- 31042 Toulouse Cedex [email protected] In diesem Beitrag soll versucht werden, den Nutzen des generations- bzw. jahrgangsbezogenen Ansatzes für die Untersuchung der Auswirkungen aufzuzeigen, die der Anstieg des Bildungsniveaus auf die Dynamik des Arbeitsmarktes hat. Dieser Ansatz stützt sich auf die Verwendung der Variablen „ALTER“ in den einzelnen statistischen Erhebungen zur Erwerbstätigkeit und/oder zur Ausbildung. Grundlage für die theoretischen Überlegungen (Teil 1) und für die gewählten Anwendungsbeispiele (Teil 2) ist das internationale Forschungsprojekt EDEX (Educational Development and Labour Market), an dem fünf europäische Teams in Frankreich, Deutschland, Spanien, Italien und im Vereinigten Königreich sowie ein Team in den USA teilnehmen1. Die verwendeten Statistiken stammen sowohl aus administrativen Quellen der nationalen Behörden (Bildungsministerien) als auch aus Erhebungen zur Beschäftigung (Arbeitskräfteerhebung oder nationalen Erhebungen zur Erwerbsbevölkerung) in mehreren europäischen Ländern. Die Angabe zum ALTER, die eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer statistischen Erhebung macht, enthält zwei Elemente, die für die Analyse des Zusammenhangs zwischen Ausbildung und Beschäftigung wesentlich sind: eine Information zum Geburtsjahrgang, dem die Person angehört, sowie einen Indikator für die Dauer der bisherigen Präsenz auf dem Arbeitsmarkt. Der Begriff Geburtsjahrgang ist unabhängig vom Jahr der jeweiligen Erhebung; im selben Jahr geborene Personen (Personen gleichen Alters) haben dieses Merkmal ihr ganzes Leben lang gemeinsam. Somit kann ein solcher Jahrgang anhand des Geburtsjahres über die Zeit verfolgt werden, soweit es Reihen von regelmäßigen Erhebungen gibt [z.B. die französische Erhebung zur Erwerbstätigkeit (EE) oder die Arbeitskräfteerhebung (AKE) von EUROSTAT]. Dabei kann man beobachten, wie sich die Merkmale des Jahrgangs - insbesondere die Struktur der Ausbildungsabschlüsse der ihm angehörenden Personen - mit zunehmendem Alter ausprägen. Mit Hilfe der Registerangaben zum Alter der Schüler, die die Bildungsministerien zusammenstellen können, kann der Bildungsverlauf ganzer Schülergenerationen rekonstruiert werden. 1 60 Das Projekt, das mit Gemeinschaftsmitteln aus dem Vierten FTE-Rahmenprogramm, TSER-Programm, 3. Aufforderung, gefördert wird, trägt die Bezeichnung Educational Expansion and Labour Market EDEX, (http://edex.univ-tlse1.fr/edex/). Folgende Institutionen sind daran beteiligt: Koordinator: LIRHE Université des Sciences Sociales de Toulouse, Frankreich; Partnerinstitutionen: GRET, Universitat Autònoma de Barcelona, Spanien; CEP, London School of Economics, Vereinigtes Königreich; Zentrum für Sozialforschung Halle (ZSH), Deutschland; Centro di Recherche Economiche e Sociali (CERES) Rom, Italien; C.R.I.S. International, USA. Ausgangspunkt des EDEX-Projekts ist der Anstieg des Bildungsniveaus in Europa mit seinen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Dynamik der Arbeitsmärkte. Das Projekt gliedert sich in vier Phasen, die nacheinander folgende Themen behandeln: 1. Die langfristige Entwicklung der Bildungsstrukturen, 2. Die Verteilung der Kompetenzen in den Beschäftigungssystemen, 3. Das Verhalten der Arbeitgeber angesichts des ansteigenden Bildungsniveaus, 4. Prospektive Szenarien. Die hier vorgestellten Ergebnisse basieren auf den nationalen Berichten zur ersten Phase. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Das Alter als Indikator für die Dauer der Präsenz auf dem Arbeitsmarkt ist eine komplexere Größe, die sehr wohl vom Beobachtungszeitpunkt abhängt. Bei jeder Folgeerhebung ist jeder Jahrgang ein Jahr älter. Anhand des Alters können die einzelnen Jahrgänge relativ zueinander auf dem Arbeitsmarkt positioniert werden: je höher das Alter, desto länger die Gesamtdauer der Präsenz auf dem Arbeitsmarkt und desto größer die durchschnittliche Berufserfahrung dieses Jahrgangs. In unseren früheren Arbeiten2 - aus der Anfangsphase von EDEX - haben wir den Begriff Alter in diesem Sinne verwendet, um den Begriff Kompetenz einzuführen: eine Person wird auf dem Arbeitsmarkt an ihrer Kompetenz gemessen, die eine Funktion ihres Ausbildungsabschlusses, aber auch ihrer Berufserfahrung ist. Anhand der beiden Merkmale Ausbildungsabschluß und Alter einer Person und – durch Aggregation - der Struktur der Ausbildungsabschlüsse eines jeden Jahrganges in einem vorgegebenen Alter - können die auf dem „Markt der Kompetenzen“ aktiven Jahrgänge miteinander verglichen werden.3 Vor dem Hintergrund des Anstiegs des Bildungsniveaus ist es zwangsläufig so, daß die jüngeren Jahrgänge - insgesamt gesehen – zwar bei den Ausbildungsabschlüssen das höchste Niveau haben, aber aufgrund ihrer bisher nur kurzen Berufslaufbahn noch über wenig Berufserfahrung verfügen. Umgekehrt haben die älteren Jahrgänge mit dem demzufolge im Durchschnitt niedrigsten Niveau bei den Abschlüssen eine lange Berufstätigkeit aufzuweisen, die sich sozusagen immer in Form von Berufserfahrung geltend machen läßt. Dies erklärt, weshalb Personen unterschiedlicher Generationen mit unterschiedlichem Abschlußniveau die gleichen Stellen besetzen können und eine vergleichbare Produktivität zeigen. Diese Bedeutung des Begriffs Alter ermöglicht es, die Konkurrenzen beim Zugang zu den auf dem Arbeitsmarkt angebotenen Stellen zu erfassen Konkurrenzen, die zwischen den Jahrgängen und nicht nur innerhalb der Jahrgänge bestehen. Ausgehend von diesen Erwägungen lassen sich die Auswirkungen des Anstiegs des Bildungsniveaus in zwei Richtungen untersuchen: einmal als Auswirkungen auf die Entwicklung der Struktur der Ausbildungsabschlüsse der Erwerbsbevölkerung und damit auf die Versorgung des Arbeitsmarktes mit den erforderlichen Kompetenzen, zum anderen als Auswirkungen auf die Verteilung der Inhaber der Abschlüsse auf die vorhandenen Stellen. Die erste Richtung basiert im wesentlichen auf dem Jahrgangsbegriff, die zweite mobilisiert stärker die Dauer der Präsenz eines Jahrgangs auf dem Arbeitsmarkt. In beiden Fällen muß zwischen dem Effekt des Jahrgangs, dem des Alters und dem des Erhebungsjahres unterschieden werden können. Der vorliegende Beitrag verfolgt das Ziel, den Nutzen des generations- oder jahrgangsbasierten Ansatzes für die Untersuchung der ersten Dimension, d.h. der Entwicklung der Struktur der Ausbildungsabschlüsse der Erwerbsbevölkerung vor dem Hintergrund eines ansteigenden Bildungsniveaus, aufzuzeigen4. Dieser Ansatz macht es möglich, die für die Herausbildung der Struktur der Abschlüsse der Erwerbsbevölkerung notwendige zeitliche Dynamik einzubringen. Dazu wird der Erwerb von Ausbildungsabschlüssen durch die Angehörigen der einzelnen Jahrgänge über die Zeit unter dem Aspekt des jeweiligen Zustands des Bildungssystems beobachtet. Wenn man verstehen will, wie sich die Struktur der Abschlüsse der Erwerbsbevölkerung herausbildet, so muß man das Netz der von den einzelnen Generationen bzw. Jahrgängen durchlaufenen Bildungswege nachzeichnen. 2 vgl. [Béduwé Espinasse 95], [Mallet 97] oder [Béduwé Giret 99]. 3 Planas et al., cahier du LIRHE, Nr. 6, 2000. 4 Die Frage der Verteilung der Inhaber der Abschlüsse auf die vorhandenen Stellen wird in [Béduwé Espinasse 95, Mallet et al. 97, Béduwé Giret 99] behandelt. Außerdem kann auf die nationalen Berichte zurückgegriffen werden, die von der Website des EDEX-Projekts abgerufen werden können. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 61 In methodischer Hinsicht erweist sich der generations- oder jahrgangsbezogene Ansatz als fruchtbar für den internationalen Vergleich der Bildungssysteme selbst. Will man die Entwicklungsdynamik der nationalen Bildungssysteme verstehen, ohne sich bei den strukturellen Unterschieden dieser Systeme aufzuhalten, ist es von Vorteil, wenn man sich auf die jeweiligen Charakteristika der Bildungsverläufe der einzelnen Generationen stützen kann. Dafür stehen verschiedene Bezugspunkte zur Verfügung, die diese Bildungsverläufe markieren (Alter bei Beendigung der Pflichtschulzeit, Übergang zu einem zur Hochschulreife führenden Bildungsgang usw.). Somit kann sich der internationale Vergleich auf Bezugspunkte stützen, die die jeweiligen Besonderheiten einer Gesellschaft berücksichtigen, gleichzeitig aber auch die gemeinsamen und dann auch die spezifischen Elemente der einzelnen Entwicklungsmuster sichtbar machen. I- GENERATIONSBEZOGENE PERSPEKTIVE: BEITRÄGE DES BILDUNGSNIVEAUS ZUR FORSCHUNG ÜBER DEN ANSTIEG Das EDEX-Projekt hat das Thema unter zwei Aspekten behandelt und die Auswirkungen einmal unter dem Aspekt des Outputs der Bildungssysteme (Struktur der Abschlüsse bei den einzelnen Jahrgängen) und zum anderen unter dem der internen Entwicklung der verschiedenen Systeme (strukturelle Veränderungen in den Bildungsverläufen) untersucht. Die Entscheidung für einen generationsbezogenen Ansatz ist von allen beteiligten Ländern in der gemeinsamen Absicht getroffen worden, Antworten auf eine Reihe einfacher Fragen zu finden: Wie hat sich die Struktur der Abschlüsse der heute aktiven Jahrgänge verändert? Zu welchem Zeitpunkt stabilisiert sich die Struktur der Abschlüsse für einen bestimmten Jahrgang? Welchen Zustand des Bildungssystems haben die einzelnen Jahrgänge durchlaufen? Bei dem Gesamtprojekt geht es darum, den Bildungsverlauf eines Jahrgangs oder einer Generation vom Beginn der Schulpflicht bis zum Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu untersuchen („intragenerationeller“ Ansatz) und anschließend die zeitliche Entwicklung dieser Bildungsverläufe zwischen den Jahrgängen oder Generationen zu vergleichen („intergenerationeller“ Vergleich). Das Projekt hat in den beteiligten fünf europäischen Ländern eine Reihe signifikanter Ergebnisse gezeitigt, die die Zweckdienlichkeit des gewählten Ansatzes bestätigen. 1. Die Generation als Träger des Anstiegs im Bildungsniveau der Erwerbsbevölkerung Der Anstieg im Bildungsniveau der Erwerbsbevölkerung ist ein Phänomen, das in allen europäischen Ländern zu beobachten ist. Dieser Anstieg wird durch den Generationswechsel getragen: die jungen Europäer absolvieren eine immer längere Schulzeit, die eine immer größere Zahl von ihnen zu immer höheren Ausbildungsabschlüssen führt5. Nach dem Ende der Schulzeit strömen die Jugendlichen auf den Arbeitsmarkt, während gleichzeitig die ältesten Jahrgänge, die insgesamt gesehen – das geringste Abschlußniveau haben, den Arbeitsmarkt verlassen und in den Ruhestand gehen6. Gleichzeitig rückt jede Generation in der Altersstruktur an die Stelle der jeweils vorhergehenden. Und da jede Generation über höhere Abschlüsse verfügt als ihre Vorgängerin, vollzieht sich mit dem Altern der Angehörigen einer Generation eine Erhöhung des durchschnittlichen 5 vgl. z.B. Key Data on VEP, Eurostat, Cedefop 2000, S. 18-19. 6 Es darf auch nicht übersehen werden, daß die Angehörigen ein und desselben Jahrgangs in unterschiedlichem Alter, zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Konjunkturphasen in das Erwerbsleben eintreten bzw. in den Ruhestand gehen. 62 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Ausbildungsniveaus jeder Altersgruppe und damit der gesamten Erwerbsbevölkerung durch die bloße Abfolge der Generationen. Dies bedeutet, daß die Erwerbsbevölkerung eines Landes als ein „Übereinander“ oder ein „Nebeneinander“ von Jahrgängen oder Generationen betrachtet werden kann, die durch die jeweilige Struktur ihrer Abschlüsse charakterisiert sind, wobei diese beiden Begriffe eng miteinander verbunden sind. Die Untersuchung des Ausbildungsniveaus der Erwerbsbevölkerung wird für jeden einzelnen Jahrgang, aus dem sich diese zusammensetzt, vorgenommen. Die Beobachtung der einzelnen Jahrgänge zwecks Bewertung des Anstiegs des Ausbildungsniveaus ist ein anderer Ansatz als die Bewertung des Outputs der Bildungssysteme anhand ihrer „Produktionszahlen“. Uns geht es um das langfristige Follow-up der Struktur der Ausbildungsabschlüsse eines Jahrganges oder einer Generation und nicht um die Analyse des konkreten Zeitpunkts des Eintritts in das Erwerbsleben, der sich bei den Angehörigen ein und desselben Geburtsjahrgangs in ganz unterschiedlichem Altersstufen vollziehen kann: es dauert etwa zehn Jahre, bis die Gesamtheit der Angehörigen eines Jahrgangs aus dem System der Erstausbildung ausgeschieden ist. Über diese Langzeitbeobachtung wird es möglich, den Anstieg im Bildungsniveau über die Gesamtheit der Abschlüsse zu messen, die in der schulischen und beruflichen Erstausbildung und Weiterbildung über das gesamte Leben hinweg erworben werden. Dies ist die einzige Möglichkeit, einen Zusammenhang zwischen dem Output der Bildungssysteme und der Struktur der Ausbildungsabschlüsse der Erwerbsbevölkerung herzustellen. Umgekehrt ist die Methode, die sich auf die „Schulabgänger“ gründet, zwar von Interesse für die Analyse der Eintrittsphase in das Erwerbsleben, richtet sich aber auf etwa zehn unterschiedliche Jahrgänge. Eine Weiterverfolgung auf dem Arbeitsmarkt ist so nicht möglich. Der generationsbezogene Ansatz bietet die Möglichkeit, den Anstieg im Bildungsniveau der Erwerbspersonen im Einklang in Kohärenz mit der Analyse der Struktur der Ausbildungsabschlüsse innerhalb der Erwerbsbevölkerung zu erfassen. 2. Eine Generation erwirbt ihre Ausbildungsabschlüsse im wesentlichen vor Erreichen des 30. Lebensjahres In seiner Gesamtheit betrachtet, läßt sich der Werdegang Ausbildung – Erwerbstätigkeit, den die einzelnen Generationen durchlaufen, in große Etappen einteilen, die sich bei Beobachtung über einen langen Zeitraum in allen europäischen Ländern wiederfinden: Pflichtschulzeit, Orientierungsphase und Erwerb der Abschlüsse der Erstausbildung7, Eintritt in das Erwerbsleben, anschließend die Berufslaufbahn mit Möglichkeiten der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen, schließlich der Ruhestand. Allerdings erhöht sich das Alter im Laufe der Generationen in jeder dieser Etappen - in einem Land mehr, im anderen weniger - infolge der Verlängerung der Schulzeiten. Die Längsschnittbeobachtung des Bildungsverlaufs einer Generation sowie auch ihres Erwerbslebens mittels statistischer Erhebungen bringt bemerkenswerte Erkenntnisse zur Entwicklung bestimmter Parameter - sinkendes Einschulungsalter, sinkendes Durchschnittsalter bei Ende der schulischen Ausbildung, immer späterer Eintritt in das Erwerbsleben, immer früherer Eintritt in den Ruhestand - und erlaubt internationale Vergleiche. 7 Gemeint ist die Erstausbildung im weiteren Sinne: die duale Lehrlingsausbildung in Deutschland wird hier als Erstausbildung betrachtet. Einbezogen sind auch die Wiederaufnahme einer Ausbildung nach einigen Jahren auf dem Arbeitsmarkt, die besonders häufig bei Jugendlichen ohne berufsqualifizierenden Abschluß zu beobachten ist, sowie auch bestimmte Formen der Erwachsenenbildung. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 63 Ein Hauptergebnis der intragenerationellen Beobachtung war jedoch die Erkenntnis, daß die untersuchte Generation ihre Abschlüsse im wesentlichen vor Erreichen des 30. Lebensjahres erwirbt. Die Weiterbildung nach dem 30. Lebensjahr8 (die normalerweise unter dem Begriff „lebenslanges Lernen“ gefaßt wird) hat nur sehr marginalen Einfluß auf diesen Sachverhalt. Jede Generation ist während ihres gesamten Erwerbslebens von den Gegebenheiten des Bildungssystems geprägt, das sie in ihrer Jugendzeit durchlaufen hat. Dies zeigt, daß die „Erstausbildung“ in Europa – mit kleinen länderspezifischen Nuancen, auf die wir hier nicht näher eingehen können – faktisch immer noch ein Monopol bei der Zuerkennung der Abschlüsse hat. Das Funktionieren der Bildungssysteme als Ergebnis der Interaktion sämtlicher an der Erstausbildung der Jugendlichen beteiligten Akteure bestimmt daher maßgeblich die Ausbildung einer Generation und damit die Art und Qualität der Kompetenzen, die letztendlich auf den Arbeitsmärkten zur Verfügung stehen. Mit Hilfe des generationsbezogenen Ansatzes läßt sich der Zeitpunkt bestimmen, zu dem die Struktur der Ausbildungsabschlüsse einer Generation einen Stand erreicht hat, der in der Folgezeit praktisch unverändert bleibt. 3. Jede Generation besitzt eine singuläre Bildungsgeschichte, die ihr eine singuläre Position auf dem Arbeitsmarkt verleiht Der Anstieg im Bildungsniveau der Erwerbsbevölkerung ist das Ergebnis des verstärkten Erwerbs zusätzlicher Ausbildungsabschlüsse durch die jüngeren Jahrgänge. Diese verdanken ihre insgesamt höhere Ausbildungsqualität der längeren Verweildauer in den Systemen der Erstausbildung. Bleibt noch zu klären, durch welche internen Entwicklungen der Systeme, von welchen Änderungen im „Röhrensystem“ des Bildungswesens dieser Niveauanstieg getragen wird oder herbeigeführt worden ist. Das Funktionieren des Bildungssystems kann mit dem Prozeß einer fraktionierten Destillation (Bild einer Raffinerie) verglichen werden, der - ausgehend von einem Rohstoff - (der Gesamtheit der Schüler eines Einschulungsjahrganges) - diese nach und nach trennt, indem er sie verschiedenen Bildungsgängen zuweist (über Orientierungsmechanismen), die nach unterschiedlich langem schulischem Bildungsweg und unter der Verantwortung unterschiedlicher „Ausbildungs“-Akteure (Unternehmen/Schule) zu Abschlüssen unterschiedlicher Ebenen führen. Somit durchläuft jede Generation einen bestimmten „Zustand“ des Bildungssystems: ihr Weg durch das System manifestiert sich in einem Satz von Bildungsabschnitten, die durch eine Abfolge von Orientierungsknoten determiniert werden und die einen mehr oder weniger großen Teil des Bestandes der Generation (bei der Geburt) betreffen. Die jeweilige Bildungspolitik des Landes hat entscheidendenden Einfluß darauf, wie der „Zustand“ des Bildungssystems beschaffen ist: die Stärke der Ströme und das Funktionieren der Orientierungsmechanismen sind nicht stabil, so daß jede Generation auf eine spezifische Weise in Richtung eines Anstiegs des Ausbildungsniveaus „differenziert“ wird. Dies erzeugt für jede Generation eine singuläre Art des Durchlaufens eines bestimmten „Zustands“ des Bildungssystems oder, wenn man so will, verleiht ihr eine singuläre Bildungsgeschichte. 8 64 Gemeint sind Weiterbildungmaßnahmen, die für eine Person zum Erwerb eines höheren als dem bisherigen Abschluß führen. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung An dieser Stelle ist zu betonen, daß die Formulierung „der von einer Generation durchlaufene Zustand des Bildungssystems“ insofern paradox ist, als sie eine Längsschnittrealität bezeichnet und damit etwas anderes ist als der „Zustand des Bildungssystems“, wie er in den von den Ministerien der verschiedenen Länder veröffentlichten Organigrammen beschrieben wird. Diese Organigramme zeigen die verschiedenen Bildungsformen und Bildungszweige, aus denen sich ein Bildungssystem zusammensetzt, als Momentaufnahme. Es handelt sich um statische deskriptive Instrumente, mit denen nicht verfolgt werden kann, auf welche Weise die Jugendlichen das System tatsächlich durchlaufen, weder zu einem bestimmten Zeitpunkt (Funktionieren des Orientierungsmechanismus für ein Schuljahr) und erst recht nicht für eine ganze Generation. Um die Gesamtheit der Bildungsverläufe eines Jahrgangs graphisch darzustellen, kann man sich auf schuldemographische Methoden stützen und das oben erwähnte Bild der „Raffinerie“ heranziehen. Der Bildungsverlauf eines Jahrgangs wird durch die Anzahl der Schüler bestimmt, die nach den verschiedenen Orientierungsknoten Zugang zu den einzelnen Ausbildungsgängen erhalten. Auf diese Weise erhält man das „Bildungsprofil“ eines Jahrgangs (vgl. Punkt II.2). Die Singularität der Bildungsgeschichte eines Jahrganges, dargestellt in Form einer Graphik, wird statistisch erfaßt und sozusagen in der Struktur der Ausbildungsabschlüsse, die sich für den Jahrgang (im Alter von 30 Jahren) ergibt, photographisch abgebildet. Dieselbe Singularität findet sich Jahre später auf dem Arbeitsmarkt wieder, wenn man die Ausbildungsstruktur des Arbeitskräfteangebots untersucht. Dies ist leicht darstellbar am Beispiel der ersten Jahrgänge, die das Schulsystem nach der Einführung eines neuen Abschlusses durchlaufen haben. So wird z.B. in Frankreich der erste Jahrgang, der ein BAC professionnel9 erwerben konnte, während seines gesamten Erwerbslebens eine singuläre Stellung einmal gegenüber den früheren Jahrgängen, die nicht über das BEP10 hinauskommen konnten, und zum anderen gegenüber den späteren Jahrgängen, die das BAC professionnel in immer höherer Anzahl erwarben, behalten. Es ist klar, daß der erste oder Pionierjahrgang dabei eine ganz besondere Stellung einnimmt; dies gilt aber auch für alle nachfolgenden Jahrgänge insoweit als die jeweiligen Anteile der verschiedenen Berufsabschlüsse bestimmend für die Konkurrenz unter deren Inhabern sind. Im weiteren Sinne gilt dies vor dem Hintergrund eines ansteigenden Bildungsniveaus für alle Abschlußebenen. Personen ohne Abschluß, die in früheren Generationen dominierend (d.h. „normal“) waren, werden mit der wachsenden Anzahl von Personen mit berufsqualifizierendem Abschluß zu einer marginalen Größe. Anhand der generationsbezogenen Analyse lassen sich die Bildungsverläufe beschreiben, die der Struktur der Ausbildungsabschlüsse einer Generation im Erwerbsleben zugrundeliegen. Diese Analyse ermöglicht es somit, die Ausbildungsgeschichte mit der relativen Position auf dem Arbeitsmarkt in Beziehung zu setzen. Dies verleiht der intergenerationellen Dimension der Konkurrenz um den Zugang zu den Arbeitsplätzen zusätzliches Interesse. 4. Die bildungspolitischen Maßnahmen haben sehr langfristige Auswirkungen auf die 9 Dieser 1985 eingeführte Abschluß, der auf dem Arbeitsmarkt zum ersten Mal 1987 zum Tragen kam, hat aufgrund der Wiederholung von Klassen oder anderer Verzögerungen im Bildungsverlauf unmittelbar mehrere Geburtsjahrgänge betroffen (aus den Zahlen des Ministeriums geht hervor, daß die ersten Baccalauréats professionnels von den Jahrgängen 1964 bis 1970 vorgelegt wurden). 10 Brevet d’Etudes Professionnelles, Abschluß unterhalb des Bac professionnel, der zum Erwerb des Bac professionnel berechtigt 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 65 Dynamik der Arbeitsmärkte Die singuläre Bildungsgeschichte eines Jahrganges ist Ausdruck der Art und Weise, in der dieser das Bildungssystem durchlaufen hat, d.h. der Art und Weise, wie die Ausbildungsverläufe durch die Bildungspolitik und das Verhalten der beteiligten Akteure geprägt worden sind. Da die im System der beruflichen Erstausbildung erworbene Struktur der Ausbildungsabschlüsse ein bleibendes Merkmal jeder Generation darstellt, kann die Wirkung einer bildungspolitischen Maßnahme als eine Welle begriffen werden, die sich mit dem Altern einer Generation ausbreitet. Wenn folglich ein Jahrgang der erste ist, für den eine neue bildungspolitische Maßnahme gilt, bleibt er auch der erste „Träger“ dieser Maßnahme in der Arbeitswelt, und zwar über die gesamte Dauer der beruflichen Laufbahn der ihm angehörenden Personen. Außerdem hat jede zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffene bildungspolitische Maßnahme über den Verbreitungseffekt der Jahrgänge, für die diese zuerst wirksam geworden ist, sehr langfristige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: man muß etwa vierzig Jahre warten, bis die Verbreitung des Signals „Bac professionnel“ in allen Jahrgängen und Generationen der Erwerbsbevölkerung abgeschlossen ist, und es dauert fast vierzig Jahre nach Abschaffung eines Abschlusses, bis dieser in der gesamten Erwerbsbevölkerung nicht mehr anzutreffen ist. Wenn in Frankreich die seit langem abgeschafften Certificats d’Etudes Primaires erst jetzt nach und nach aus der Erwerbsbevölkerung verschwinden, so liegt dies daran, daß die letzten Jahrgänge, die diesen Abschluß erworben haben, nun das Rentenalter erreichen. Der Effekt dieser Verbreitungsphänomene ist vergleichbar mit dem von Schwankungen bei demographischen Größen: das Erscheinen von Jahrgängen, die einen neuen Abschluß erworben haben, ist die Ursache für Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, die man von der Art ihrer Verbreitung her mit den Veränderungen vergleichen kann, die beispielsweise durch geburtenschwache oder geburtenstarke Jahrgänge (Babyboom) hervorgerufen werden. Für den einzelnen bedeutet die Zugehörigkeit zu einer geburtenschwachen oder einer BabyboomGeneration, daß er in seiner Berufslaufbahn jeweils andere Chancen auf Mobilität und Beförderung hat. Die Zugehörigkeit zu einem der Jahrgänge unmittelbar vor oder nach der Einführung einer bestimmten Reform kann sich auf die Position auswirken, die man in der Warteschlange für einen bestimmten Arbeitsplatz einnimmt.11 Mit der generationsbezogenen Analyse können die sehr langfristigen Auswirkungen von zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffenen bildungspolitischen Maßnahmen auf die Dynamik der Arbeitsmärkte erfaßt werden. 11 66 Beide Phänomene können auch zusammentreffen: vgl. z.B. [CHAUVEL 98]. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung II – VERWENDUNG ANSATZ DES VORHANDENEN DATENMATERIALS FÜR DEN GENERATIONSBEZOGENEN Es gibt keine statistische Quelle, die die jährliche Verfolgung der Ausbildungsgänge und Berufslaufbahnen aller Erwerbsjahrgänge zwischen dem 10. und dem 65. Lebensjahr ermöglichen würde. Abgesehen von Spezialerhebungen verfügen die Länder in der Regel über zwei Arten von Quellen: Erhebungen zur Erwerbstätigkeit, die in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen und mehr oder weniger langen Reihen eine Art Momentaufnahmen der Erwerbsbevölkerung ergeben, sowie Verwaltungsregister mit Daten zu den Schülern, die in den dem Bildungsministerium unterstellten Ausbildungseinrichtungen angemeldet sind. Wir haben daher für unsere Beobachtung der Generationen in jedem Land zwei Arten von Quellen verwendet: Verwaltungsdaten zur Verfolgung der Schülerströme in den Ausbildungseinrichtungen sowie Erhebungen zur Erwerbstätigkeit (zu Zeitreihen zusammengestellt) zur Beobachtung der strukturellen Entwicklung der Ausbildungsabschlüsse im Verlauf des Erwerbslebens. Wir werden im folgenden für beide Arten von Quellen einige Erläuterungen zu den oben genannten Punkten geben und die von uns gewählte Methodik kurz skizzieren. Außerdem werden wir die Probleme aufzeigen, auf die wir gestoßen sind und die in vielen Fällen länderspezifisch waren. 1. Beobachtung der Struktur der Ausbildungsabschlüsse einer Generation über die Zeit: Daten aus den Erhebungen zur Erwerbstätigkeit Bei den französischen Erhebungen zur Erwerbstätigkeit (Enquête Emploi - EE), die jährlich vom INSEE durchgeführt werden, handelt es sich um Erhebungen bei einer repräsentativen Stichprobe der Gesamtbevölkerung im Alter von über 15 Jahren. Es konnten 22 Erhebungen – von 1976 bis 1998 – mobilisiert und zu Reihen zusammengestellt und damit die Entwicklung der Merkmale der einzelnen Geburtsjahrgänge über 22 Jahre hinweg nachvollzogen werden. Diese längste im Rahmen des Projekts verwendete Reihe soll im folgenden vorgestellt werden. Jeder Geburtsjahrgang kann 22mal „beobachtet“ werden. Das Alter, in dem die Angehörigen eines Jahrgangs beobachtet werden, ist von Jahrgang zu Jahrgang unterschiedlich. So wird der Jahrgang 1960 vom 16. Lebensjahr (EE 1976) bis zum 38. Lebensjahr beobachtet. Er ist der erste Jahrgang, bei dem sich die strukturelle Entwicklung der Ausbildungsabschlüsse nach dem Ende der Pflichtschulzeit verfolgen läßt. Umgekehrt beginnen die nach 1980 geborenen Jahrgänge erst in den allerletzten Erhebungen „statistisch“ zu existieren und können daher nicht weiterverfolgt werden. Schließlich können alle Geburtsjahrgänge zwischen 1940 und 1960 zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihres Erwerbslebens über 22 Jahre hinweg beobachtet werden. Mit Hilfe einer Datei mit den Daten aus den 22 Erhebungen (3,5 Millionen Einträge) und der Gleichung [Alter = Erhebungsjahr – Geburtsjahr] haben wir zwei Arten der Beobachtung entwickelt: eine intragenerationelle Beobachtung, die auf die Entwicklung der Struktur der Ausbildungsabschlüsse über die Zeit gerichtet ist (vgl. Schaubild 1), und einen intergenerationellen Vergleich, der den Anstieg des durchschnittlichen Bildungsniveaus Jahrgang für Jahrgang (vgl. Schaubild 2) sowie die sehr schwache Zunahme der Hochschulabschlüsse jenseits des 30. Lebensjahres (vgl. Schaubild 3) zeigt. Für die intragenerationelle Beobachtung ist der Jahrgang 1960 ausgewählt worden. Die strukturelle Entwicklung der Ausbildungsabschlüsse zwischen dem 16. und dem 38. Lebensjahr wird in einer Nomenklatur der Abschlüsse - hierarchisiert nach Ausbildungsjahren, von der Kategorie 1 „ohne Abschluß“ bis zur Kategorie 5 „mit Hochschulabschluß“ – dargestellt (vgl. Steedman&Vincens 2000). 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 67 Schaubild 1: Rhythmus des Erwerbs von Geburtsjahrgang 1960 in Frankreich Ausbildungsabschlüssen für den 100% 80% 60% SD ou NR(1a) CEP(1b) BEPC(2) Niv5(3) BAC(4) SUP(5) 40% 20% 0% 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 Age (EE76 à 98, INSEE, FRANCE) Quelle: französischer Bericht [Béduwé Fourcade 99] Mit 16 Jahren besuchen alle 1960 geborenen französischen Jugendlichen noch die Schule und sind ohne Abschluß. Mit 38 Jahren hat sich in der Struktur der Ausbildungsabschlüsse die Kategorie „ohne Abschluß“ bei 23 % stabilisiert, während auf die Kategorie „mit Hochschulabschluß“ 11,5 % der Kohorte entfallen. Diese Anteile haben sich – ebenso wie die für die dazwischenliegenden Kategorien - praktisch nicht mehr verändert, seitdem die Kohorte das 30. Lebensjahr erreicht hat. Um mehrere Jahrgänge miteinander vergleichen zu können, haben wir die Struktur der Abschlüsse in einem Indikator für das „mittlere Humankapital“ dargestellt, der die einzelnen Abschlußebenen mit der durchschnittlichen Anzahl der Ausbildungsjahre wiedergibt. Die intragenerationelle Zunahme des Wertes dieses „Humankapital-Indikators“, sein Umkehrpunkt sowie sein Höchstwert lassen sich für mehrere Jahrgänge miteinander vergleichen (Schaubild 2). 68 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Schaubild 2: Entwicklung eines mittleren Humankapital-Indikators für einige Jahrgänge als Funktion des Alters Indicateur de KH : nombre d'années d'études après la 6ème 7 6 5 1956 4 1960 1964 1968 1972 3 1976 2 1 0 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 Age des individus Enquêtes emploi de 1976 à 1998, INSEE, France Quelle: französischer Bericht [Béduwé Fourcade 99] In diesem Schaubild sind die Kurven für alle „beobachtbaren“ Jahrgänge zwischen 16 und 30 Jahren, d.h. für die Geburtsjahrgänge 1956 bis 1976, aufgetragen (aus Gründen einer besseren Übersichtlichkeit haben wir uns dazu entschlossen, nur jeden vierten Jahrgang darzustellen). Der Anstieg des Bildungsniveaus wird durch die Tatsache belegt, daß dieser Indikator in einer bestimmten Altersstufe um so höher ist je jünger der Jahrgang. Das Alter von 30 Jahren bildet für die vier dargestellten Jahrgänge (dies gilt aber auch für alle dazwischenliegenden Jahrgänge) die Grenze, oberhalb derer sich der „Humankapital-Indikator“ praktisch nicht mehr verändert, während sein Höchstwert in einem bestimmten Alter für jeden neuen Jahrgang immer weiter ansteigt. Er erhöht sich bei 30 Jahren von 5,8 für den Jahrgang 1956 auf 6 für den Jahrgang 1968. Und auch die nachfolgenden Jahrgänge erfüllen alle Voraussetzungen für ein weiteres Ansteigen dieses Indikators in diesem Lebensalter. Es ist möglich, die Stabilität der Struktur der Ausbildungsabschlüsse der auf dem Arbeitsmarkt aktiven Generationen auch jenseits des 30. Lebensjahres genauer zu testen (Schaubild 3). Dazu genügt es, die Kohorten zu verschiedenen Zeitpunkten, d.h. in mehreren Erhebungen, zu beobachten. Dies wird in Schaubild 3 am Beispiel des Anteils der Kategorie „mit Hochschulabschluß“ der zwischen 1946 und 1960 geborenen Jahrgänge veranschaulicht. Die Beobachtung über zwanzig Jahre (von 1978 bis 1998) zeigt, daß dieser Anteil nur ganz geringfügige Schwankungen aufweist. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 69 Schaubild 3: Veränderungen im Anteil der Hochschulabsolventen in Frankreich über einen Zeitraum von 20 Jahren (nach Jahrgängen) 0.25 +1,9% +1.6% +1.3% 50 ans 46 ans 40 ans 0.2 30 ans 0.15 78 30 ans 82 30 ans 88 92 98 0.1 0.05 0 1946 1947 1948 1949 1950 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 1960 Année de naissance Quelle: EDEX-Bericht [Vincens, Steedman, 2000] Aufgetretene Probleme Das Vereinigte Königreich und Italien haben mit Hilfe von Daten aus der Arbeitskräfteerhebung von EUROSTAT bzw. der entsprechenden Erhebung von ISTAT gearbeitet. In beiden Quellen wird die Variable ALTER in Vierjahrestranchen erfaßt. Dies zwingt dazu, mit vier Jahrgängen gleichzeitig zu arbeiten und diese in vierjährigen Abständen weiterzuverfolgen, wie dies aus dem folgenden italienischen Beispiel ersichtlich wird (Schaubild 4): Schaubild 4: Rhythmus des Erwerbs von Geburtsjahrgänge 58 bis 63 in Italien Ausbildungsabschlüssen 100 %90 für die Lic. Prim. ou Sans Dip diplôme Lic.moy inf % 80 % 70 % % 60 dip % 50 % 40 Dip supeireur % 30 % 20 Laurea et + % 10 %0 % 142025303519 24 29 34 39 Age des générations '58-'63, Enquêtes Forces de travail, ISTAT, ITALIE Quelle: EDEX-Bericht [Vincens, Steedman, 2000] Der Prozeß des fortschreitenden Erwerbs von Ausbildungsabschlüssen im Alter zwischen 14 –19 und 20-25 Jahren ist dem obigen Schaubild nicht zu entnehmen. Es sieht aber so aus, als habe sich die Struktur der Abschlüsse der Jahrgänge 58-63 im Alter von 30 Jahren nicht wirklich stabilisiert. Die nachstehende Graphik bestätigt dies: Italien ist das einzige an der Studie beteiligte Land, bei dem die Existenz eines Umkehrpunktes bei etwa 30 Jahren nicht gegeben zu sein scheint: die Studenten beginnen zu arbeiten, bevor sie ihren Hochschulabschluß erworben haben, und schieben diesen damit hinaus. Es ist bedauerlich, daß dieses Phänomen nicht genauer bestätigt werden 70 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung konnte. Die Gründe liegen einmal in der zu breit gefaßten Alterskategorie und zum anderen in den nicht hinreichend langen Zeitreihen. Anteil der Promotionen in Italien für mehrere Jahrgänge – Veränderungen 93-97 Schaubild 5: % avec "Laurea" 12,00% 40-44ans 10,00% 30-34ans 8,00% 97 36-40ans 93 6,00% 26-30ans 4,00% 2,00% 0,00% 28-'32 33-'37 38-'42 43-'47 48-'52 53-'57 58-'62 63-'67 68-'72 73-'77 année de naissance Quelle: EDEX-Bericht [Vincens, Steedman, 2000] (Quelle: ISTAT) Deutschland konnte mangels Daten keine Graphik zur intragenerationellen Beobachtung liefern. Da die Beantwortung der Frage zum Bildungsniveau im Mikrozensus in den 90er Jahren nicht mehr obligatorisch war, wurde die Entwicklung der Struktur der Ausbildungsabschlüsse durch die Höhe der Antwortausfallrate, insbesondere bei Personen mit niedrigerem Abschluß, verzerrt. 2. Rekonstruktion der Bildungsverläufe: Verwaltungsdaten zu den Schülerströmen Verwendete Methodik Die vergleichende Analyse der Entwicklung der Bildungssysteme über einen längeren Zeitraum soll Aufschluß über den Anstieg im Bildungsniveau aufeinanderfolgender Jahrgänge geben, die die in ständigem Wandel befindlichen Systeme durchlaufen. Dieses komplexe Phänomen kann mit Hilfe eines graphischen Verfahrens dargestellt werden, das die Art, in der die Jugendlichen das System durchlaufen, abbildet (vgl. Schaubilder am Ende dieses Beitrags). Dazu kann man sich auf schuldemographische Methoden stützen und das Bild der „Raffinerie“ heranziehen. Eine Kohorte von Kindern wird eingeschult (in der Regel mit etwa 6 Jahren) und schreitet dann Klasse für Klasse voran. Während ihres Voranschreitens treffen die Schüler auf eine Reihe von Gabelungspunkten, die die Mannigfaltigkeit der Schullaufbahnen organisieren und zum Erwerb von Ausbildungsabschlüssen auf verschiedenen Ebenen führen. Bei jedem dieser Gabelungspunkte (Orientierungsmechanismen des Systems, die mit Ventilen im Röhrensystem einer Raffinerie verglichen werden können) besteht die Möglichkeit des Übergangs in den einen oder anderen Bildungszweig, in den einen oder anderen Bildungsweg. Auf diese Weise erhält man die entsprechende Jahrgangskurve. Eine Jahrgangskurve gibt die Anteile des Jahrganges an, die eine bestimmte Bildungsstufe erreicht bzw. einen bestimmten Ausbildungsabschluß erworben haben. Man sollte sich aber bewußt sein, daß eine solche Kurve nicht ein Bildungssystem zu einem bestimmten Zeitpunkt beschreibt (wie es das Organigramm tut), sondern das System, wie eine 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 71 Generation es durchlaufen hat: es ist ein „Längsschnittbild“ oder ein Bild des „Zustandes“ eines Bildungssystems, bezogen auf eine bestimmte Generation. Wenn die Kurven für mehrere Jahrgänge vorliegen, kann man die landesspezifische Dynamik eines Systems sichtbar machen. Schließlich kann man die aufeinanderfolgenden Kurven mehrerer nationaler Systeme und ihre jeweilige Dynamik jeweils miteinander vergleichen. Die im folgenden dargestellten Schaubilder beschreiben die Art und Weise, wie drei verschiedene Jahrgänge (1952, 1962 und 1972) die Bildungssysteme von zwei Ländern (Deutschland, Frankreich) durchlaufen haben. In diesen Schaubildern sind – wie in einem Organigramm des jeweiligen nationalen Systems - die Klassen, in denen die Weichen für einen Übergang gestellt werden, in dem Raster der Altersstufen angeordnet, in denen der Schüler bzw. der Student die jeweilige Klassen oder den jeweiligen Abschluß theoretisch erreichen soll. In der Realität ist bei einer bestimmten Generation das tatsächliche Alter beim Erreichen der Klasse/des Abschlusses um so breiter gestreut, je mehr das jeweilige nationale System von der Praxis des Wiederholens von Klassen Gebrauch macht. In der Zahl, die für einen bestimmten Punkt im Bildungsverlauf den Teil des Jahrganges angibt, der diesen Punkt erreicht, ist diese Streuung berücksichtigt, doch erscheint diese Zahl im Schaubild beim theoretischen Alter. So wird das Abitur in Deutschland bei 19 Jahren angesetzt, das „baccalauréat“ in Frankreich bei 18 Jahren. Die Schaubilder rekonstruieren die wichtigsten Bildungsverläufe, die ein Jahrgang tatsächlich durchlaufen hat. Für das deutsche System ist aus dem Schaubild für den Jahrgang 1952 ersichtlich, daß 14 % dieses Jahrgangs das Abiturniveau erreicht hat, 23 % die Mittlere Reife, 69 % einen berufsqualifizierenden Abschluß im Rahmen des dualen Systems und 11 % einen Hochschulabschluß. Für den Jahrgang 1962 haben sich die einzelnen Anteile verändert: 19 % haben das Abitur, 33 % die Mittlere Reife, 72 % einen berufsqualifizierenden Abschluß im Rahmen des dualen Systems erworben und nur 9 % einen Hochschulabschluß, was einen leichten Rückgang bedeutet. Der Jahrgang 1972 zeigt erneut Veränderungen, wiederum in Richtung einer Zunahme beim Abitur, bei der Mittleren Reife und bei den Berufsabschlüssen im Rahmen des dualen Systems. Für diesen letzten Jahrgang weisen die deutschen Daten keine Zahlen zu den Hochschulabschlüssen aus. Dabei ist wichtig festzustellen, daß die Struktur des deutschen Systems für alle diese Jahrgänge stabil geblieben und keinerlei neuer Bildungsgang oder –zweig eingeführt worden ist. Im Gesamtsystem hat sich nur die Verteilung der Ströme zwischen den Hauptknotenpunkten geändert. Die Schaubilder für Frankreich zeigen, daß vom Jahrgang 1952 etwa 40 % die „troisième“ (Orientierungsklasse) erreicht haben, 17 % das Baccalauréat (Abitur), 19 % das CAP (zweijährige fachspezifische Ausbildung an einer berufsbildenden Schule, verbunden mit einer Lehre), während der neue BEP-Abschluß (zweijährige Ausbildung an einer berufsbildenden Schule) nur von 1 % der Schüler erworben wurde. Im Bereich der höheren Bildung absolvierte 1 % eine Ingenieurhochschule, 5 % erhielten eine „licence“ (Abschlußzeugnis nach dem dritten Studienjahr) und 2 % ein „diplôme du supérieur court“ (Kurzstudiengang). Beim Jahrgang 1962 ist der Anstieg auf allen Ebenen erkennbar: 66 % erreichen die „troisième“, 25 % das Baccalauréat, 27 % das CAP und 9 % das BEP. Im Bereich der höheren Bildung entfallen auf die Ingenieur- und Handelshochschulen 2 % des Jahrganges, eine „licence“ erwerben 6 % und ein „diplôme du supérieur court“ 5 %. Beim Jahrgang 1972 schließlich erreichen 75 % die „troisième“, legen 41 % das Abitur ab und erwerben 29 % den CAP- und 14 % den BEP-Abschluß, während 4 % das „baccalauréat professionnel“ (Abitur mit berufsqualifizierendem Abschluß) ablegen. Auch im Bereich der höheren Bildung hat es noch einmal Steigerungen gegeben: die entsprechenden Zahlen 72 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung liegen bei 4 % für die Ingenieur- und Handelshochschulen, bei 12 % für den Erwerb einer „licence“, während sich 10 % auf die verschiedenen zum Erwerb des „diplôme du supérieur court“ führenden Zweige verteilen. Die Struktur des französischen Systems wandelt sich von Generation zu Generation: die Bildungsverläufe werden verändert. Die Doppelgleisigkeit des Systems in der unteren Sekundarstufe wird abgeschafft (der Jahrgang 1952 gehört zu den letzten, die diese Doppelgleisigkeit kennengelernt haben), der BEP-Abschluß kann zum ersten Mal vom Jahrgang 1962 erworben werden, und beim Jahrgang 1972 ist der verlängerte Schulbesuch bis zum Abitur bereits weit verbreitet. Die Bildungsverläufe im Bereich der höheren Bildung werden im Schaubild stark vereinfacht dargestellt, wodurch der Eindruck einer großen strukturellen Stabilität entsteht, während sich in Wirklichkeit die Anzahl der Übergänge und Neuorientierungen vervielfacht. Aufgetretene Probleme Um die Zahlen ermitteln zu können, auf denen die Schaubilder beruhen, muß man die altersmäßige Verteilung der Schüler einer bestimmten Klasse zu Beginn mehrerer Schuljahre kennen. In Frankreich veröffentlicht das Bildungsministerium seit 1991 eine Tabelle zur „terminale baccalauréat“ (Abiturklasse), anhand derer sich der Zugang eines Jahrgangs zu dieser Bildungsstufe quantifizieren läßt. Diese Tabelle gliedert den Schülerbestand in der Abiturklasse nach Schul- und Geburtsjahren. Zur Berechnung der endgültigen Zugangsrate eines Jahrgangs benötigt man die Daten aus sechs aufeinanderfolgenden Jahren. Das Ministerium verfügt über eine landesweite Schülerdatei, die solche Berechnungen für alle Klassen des Primar- und Sekundarbereichs (bis zum Abitur) ab dem Schuljahresbeginn 1985 ermöglicht. Der Jahrgang 1975 ist der erste, für den sich die Zahlen im Schaubild für die beiden wichtigsten Klassen des Sekundarbereichs („troisième“ und „terminale“) anhand der Daten aus dieser Datei berechnen lassen. De facto lassen sich ab dem Schuljahresbeginn 1985 die Schüler des Jahrgangs 1975, die die „troisième“ erreicht haben, zahlenmäßig vollständig erfassen (durch Bildung der Gesamtsumme aller Schüler dieses Jahrgangs, die zwischen dem 10. und 22. (!) Lebensjahr die „troisième“ durchlaufen haben). Dabei kommt man zu dem Ergebnis, daß 87 % dieses Jahrgangs dieses Niveau überhaupt und 73 % im „normalen“ Alter von 14 oder 15 Jahren erreicht haben. Für die älteren, vor 1975 geborenen Jahrgänge ist eine Berechnung des Anteils der Schüler, die die „troisième“ erreicht haben, mit Hilfe dieses Datenmaterials nicht möglich. Beim Abitur kann man bis zum Jahrgang 1969 zurückgehen, jedoch nicht weiter.12 12 Die vom Ministerium für die Jahre 1964 bis 1972 (Einschulungsjahr) veröffentlichten „Tableaux de l’éducation nationale“ (Ausgaben 1966 bis 1973) enthalten nach Klassen und Alter gegliederte Daten. Eine Auswertung dieser Daten könnte die Präzisierungen bringen, die für einige Jahrgänge benötigt werden. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 73 DEUTSCHES BILDUNGSSYSTEM Jahrgang 1952 12 13 Theo 11 r.Alt er Jahr 1963 Stufe Sekundarstufe I 14 15 16 17 18 19 1968 1969 1971 Sekundarstufe II 20 21 22 1972 Postsekundarer Hochschule 23 24 1976 Bereich Abitur / Universität 14 11 Fachhochschule Fachhochschulreife 3 6 Fachschule Mittlere Reife 6 23 ohne 69 allgemeinbildenden Schulabschluß, Hauptschule, 5 60 Lehre, BFS 2-3 Jahre Berufsfachschule 1 Jahr Techniker- und Meisterschulen Jahrgang 1962 12 13 Theo 11 r.Alt er Jahr 1973 Stufe Sekundarstufe I 14 15 16 17 18 19 1978 1979 1981 Sekundarstufe II 20 21 22 1982 Postsekundarer Hochschule 23 24 1986 Bereich / Universität Abitur 19 9 Fachhochschule Fachhochschulreife 3 6 Fachschule Mittlere Reife 5 33 ohne 72 allgemeinbildenden Schulabschluß, Hauptschule, 4 45 Lehre, BFS 2-3 Jahre Techniker- und Meisterschulen Berufsfachschule 1 Jahr 74 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Jahrgang 1972 12 13 Theo 11 r.Alt er Jahr 1983 Stufe Sekundarstufe I 14 15 16 17 18 19 1988 1989 1991 Sekundarstufe II 20 21 22 23 1992 Postsekundärer Hochschule 24 1996 Bereich / Universität Abitur 23 ? Fachhochschule Fachhochschulreife ? ? Mittlere Reife Fachschule Orientierungsstufe ? 37 ohne 75 allgemeinbildenden Schulabschluß, Hauptschule, 40 ? Lehre, BFS 2-3 Jahre Techniker- und Meisterschulen Berufsfachschule 1 Jahr FRANZÖSISCHES BILDUNGSSYSTEM 11 12 13 14 Untere Sekundarstufe 15 16 17 18 Obere Sekundarstufe supérieur Jahrgang 1952 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 19 20 21 Hochschule 22 23 24 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 BAC 1 NiveauB EPC Ingenieurhochschulen 17 40 5 0 0 0 0 4 1 0 0 1 licence 2 BEP IUT, BTS 19 CAP 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 75 Jahrgang 1962 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 BAC 2 NiveauB EPC Ingenieurhochschulen 25 6 66 licence 9 5 BEP IUT, BTS 27 CAP Jahrgang 1972 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 BAC 4 NiveauB EPC 41 Ingenieurhochschulen 12 75 licence 10 14 IUT, BTS BEP 4 29 CAP Bac professionnel Daher erweist sich die Bezifferung der Schaubilder für die Jahrgänge 1942, 1952, 1962 und 1972, die für die Darstellung der langfristigen Veränderungen in den unterschiedlichen Bildungssystemen der fünf Länder ausgewählt wurden, als ein etwas riskantes Unterfangen. Das Ergebnis eines solchen Vorhabens - ausgehend von Daten zum Schülerbestand in den verschiedenen Klassen kann nur „Flickwerk“ sein. Auf die Details brauchen wir hier nicht näher einzugehen. Auf diese Weise erhält man für die Indikatoren nur Näherungswerte, die allerdings mit verschiedenen Mitteln kontrolliert werden können13. Die für die vier ausgewählten Jahrgänge auf diese Weise berechneten Werte ermöglichen aber dennoch einen aussagefähigen Vergleich. In Deutschland beruhen die Zahlen in den Schaubildern auf der Sekundäranalyse einer repräsentativen Erhebung zur Erwerbstätigkeit für den Zeitraum 1991/199214. Diese Erhebung 13 Die Entwicklung der Zugangsraten der einzelnen Jahrgänge zur „sixième“, „troisième“ und „terminale“ für die Jahrgänge 1920 bis 1972 kann insbesondere anhand der von Dura-Bellat-Kiefer (1999) auf der Basis der französischen FQP-Erhebungen gewonnenen Daten verfolgt werden. 14 BIBB/IAB 1991/1992: „Qualifikation und Berufsverlauf“, Stichprobe mit 24.116 deutschen Staatsbürgern im Alter zwischen 18 und 64 Jahren mit Wohnsitz in Westdeutschland oder Westberlin. 76 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung vermittelt biographische Angaben zu den Personen, anhand derer der Bildungsverlauf mehrerer Jahrgänge rekonstruiert werden konnte. Für die Analyse der Bildungsverläufe wurden die Kohorten mit den Geburtsjahren 1940-44, 1950-54 und 1960-64 bestimmt. Daher sind die für die drei ausgewählten Jahrgänge (Geburtsjahrgänge 1942, 1952 und 1962) angegebenen Zahlen jeweils die Mittelwerte der fünf aggregierten Kohorten aus der Erhebung. SCHLUßFOLGERUNGEN Der für das EDEX-Projekt benutzte generations- bzw. jahrgangsbezogene Ansatz hat zu einigen signifikanten Ergebnissen sowohl hinsichtlich der Dynamik der Bildungssysteme als auch der Messung der Auswirkungen des steigenden Bildungsniveaus auf die Struktur der Ausbildungsabschlüsse der verschiedenen Jahrgänge geführt. Diese Ergebnisse werden für die zweite Projektphase von Nutzen sein, in der untersucht werden soll, wie sich der Anstieg im Bildungsniveau, dessen Träger die aufeinanderfolgenden Jahrgänge sind, auf die verschiedenen Berufsgruppen verteilt. Bei der Erstellung unserer Schaubilder als Hilfsmittel für die retrospektive Analyse sind wir häufig auf das Problem des Fehlens von in geeigneter Form nach Alter gegliederten Daten gestoßen. Dieser Mangel an Daten hat seinen Grund zweifellos darin, daß die Veröffentlichung von jahrgangs- oder generationsbezogenen Zugangsraten anstelle der traditionellen Statistiken mit den Übergangsraten von einer Stufe zur anderen (für die Gesamtheit aller Jahrgänge) noch sehr wenig verbreitet ist. Letztere können sofort erhalten werden, während man bei ersteren abwarten muß, bis ein Jahrgang die Stufe vollständig durchlaufen hat (wegen Wiederholung von Klassen oder anderer Verzögerungen). Dennoch scheinen die Bedingungen für die Beobachtung der jüngeren Jahrgänge in Frankreich vor allem ab dem Jahrgang 1975 – günstiger zu sein: hier kann man den Anstieg des Bildungsniveaus problemlos verfolgen. Die älteren Daten – soweit es sie gibt – liegen häufig noch nur auf Papier vor und erfordern somit einen erheblichen Erfassungsaufwand. Die Situation bei der Verfolgung des Bildungsverlaufs der einzelnen Jahrgänge ist auch je nach Land sehr unterschiedlich. Für unser Thema ist es bedauerlich, daß die große Datenfülle, die aus den jährlichen europaweiten Arbeitskräfteerhebungen (AKE) vorliegt, nicht voll ausgeschöpft werden kann, da jeweils vier Jahrgänge zu einer Altersgruppe zusammengefaßt werden. Dieser anscheinend harmlose technische Aspekt verhindert die Anwendung der Methode der Längsschnittbeobachtung des Bildungsverlaufs jedes einzelnen Jahrgangs. Es versteht sich von selbst, daß um so weniger Daten vorliegen, je weiter man in die Vergangenheit zurückgeht. In die Analyse der Zusammensetzung des heutigen Arbeitskräfteangebots gehen jedoch auch Männer und Frauen ein, die ihre Ausbildung vor 40 Jahren erhalten haben. Es ist wichtig zu wissen, wie sie ausgebildet worden sind, um zu verstehen, welche Konkurrenzen heute auf dem Arbeitsmarkt wirksam sind. Noch wichtiger sind die Implikationen dieses Anstiegs im Bildungsniveau für die Zukunft. Es scheint festzustehen, daß sich die Produktion von Abschlüssen im allgemein- wie im berufsbildenden Bereich im Verlauf der 80er Jahre, d.h. bei den Anfang der 70er Jahre Geborenen, in allen europäischen Gesellschaften beschleunigt hat. Die ersten dieser „sehr gut ausgebildeten“ oder jedenfalls mit hohen Ausbildungsabschlüssen ausgestatteten Jahrgänge sind heute 30 Jahre alt. Die erwarteten Auswirkungen dieses Zustroms von Inhabern berufsqualifizierender Bildungsabschlüsse auf den Arbeitsmarkt werden somit in den kommenden Jahren spürbar werden. Unser statistisches System muß bereit sein, diese Auswirkungen zu messen, und wir müssen bereit sind, sie zu analysieren. LITERATUR 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 77 BÉDUWÉ C., ESPINASSE J.M., (1995), "France : Politique éducative, amélioration des compétences et absorption des diplômés par l'économie", Sociologie du Travail, 4, S.527-556. 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Im Rahmen des EDEX-Projekts erstellte nationale Berichte: JM MASJUAN, G. SALLA, J. VIVAS (1999) « Analyse des structures éducatives en Espagne » Abschlußbericht. GRET, Spanien L FREY, E GHIGNONI, A CAVICCHIA (1999) Abschlußbericht WP1, CERES, Italien H STEEDMANN, A VIGNOLES (1999) « Schooling and the Supply of Qualifiactions in the UK 1930-1997 » LES, England C. BEDUW, E B. FOURCADE (1999) « Générations et hausse d’éducation en France », Lirhe, Université des Sciences Sociales, Frankreich. B. LUTZ, J.HAAS (1999) « Politics, Educational System and Educational Flows in Germany », ZSH, Halle ,Deutschland Im Rahmen des ECEX-Projekts erstellter internationaler Bericht: J. VINCENS, H. STEEDMAN (2000), „Dynamique des systèmes éducatifs et qualification des générations”, Zusammenfassender Bericht für das TSER-EDEX-Projekt. 78 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung DER SICHT DER NUTZER Mário Carvalho Sindicato dos Professores do Norte R.D. Manuel II, 51-3° 4050-345 PORTO Portugal [email protected] 1. EINFÜHRUNG Bildung kann als geeignetes Mittel zur Förderung und Konkretisierung der Modernisierung und ihrer Zwänge angesehen werden. Dies heißt Anpassung an den Wandel und Qualifizierung für die Entwicklung des Landes notwendiger menschlicher Ressourcen. Hierzu ist ein Ausbau des Bildungssystems und eine Verbesserung der Volksbildung sowie die Diversifizierung des gesamten Unterrichtswesens ab der Grundschule nötig: Lehrgänge, Lehrinhalte und Bildungseinrichtungen. „Die Bildung spielt im Rahmen des Modernisierungsprozesses, mit dem das Arbeitskräfteangebot quantitativ und qualitativ reguliert werden soll, auch als Mechanismus von Infrastrukturen und Instrumentarien eine eminent wichtige Rolle, mit dem sich die Mobilisierung der jungen Menschen und ihr Eintritt in das Berufsleben in einer Zeit, in der sich die strukturelle Arbeitslosigkeit erhöht, im schulischen Kontext fördern und sichern läßt1“. Die Bildungsreform stellt die Antwort auf soziale, kulturelle, wirtschaftliche oder politische Umwälzungen oder Zwänge dar. Sie verrät jeweils, daß im Spannungsfeld der Vielfalt an Zielen oder Optionen bezüglich der Festlegung von Prioritäten neue Stadien (oder Gleichgewichte) herrschen. Historisch gesehen besteht Einigkeit darüber, daß die Schwierigkeiten, die die Bildungssysteme bei der Anpassung an neue Erfordernisse einer im stetigen Wandel begriffenen Gesellschaft zu bewältigen haben, analysiert werden. In diesem Zusammenhang stellt die Ausbildung eine Antwort auf die Notwendigkeit dar, die Kompetenz und das Wissen zu erwerben, die für die Arbeitswelt erforderlich sind. In Zukunft wird zwischen Unterricht und Ausbildung sowie zwischen allgemeiner und beruflicher Ausbildung zu unterscheiden sein. 2. KURZER ÜBERBLICK ÜBER DEN BILDUNGSSTAND IN PORTUGAL Nach Schätzungen des Nationalen Statistischen Amtes (INE)2 hat Portugal heute rund 10 Millionen Einwohner (Tab. 1 und 2). Die Bevölkerung altert zunehmend, da der Anteil der jungen Menschen zurückgeht und derjenige der älteren Menschen zunimmt 2, 3. 1995 entfiel auf Jugendliche im Alter von 5 bis 14 Jahren (schulpflichtige Bevölkerung) ein Anteil von 12,3 %3. Auch den Bevölkerungsprojektionen des INE zufolge machte dieser Anteil im Jahre 1995 noch 12 % aus, soll jedoch 2010 auf 11,6 % zurückgehen4. Nach den Bevölkerungsprojektionen (Tab. 2) dürfte dieser Trend anhalten. Dies bedeutet, daß viel in die Bildung und Ausbildung der Jugend investiert werden muß, um die Entwicklung des Landes zu verstetigen und die ständige Zunahme der Zahl älterer Menschen aufzufangen. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 79 Tabelle 1 - Gebietsansässige Bevölkerung in Portugal nach Altersgruppen Gebietsansässige Bevölkerung Alter 0-14 15-64 29,1 % 62,9 % 1960 28,5 % 61,8 % 1970 25,5 % 63,1 % 1981 20,0 % 66,4 % 1991 65 + 8,0 % 9,7 % 11,4 % 13,6 % Insgesamt 8 889 392 8 611 125 9 833 014 9 862 540 Quelle: Nationales Statistisches Amt Tabelle 2 - Projektion der gebietsansässigen Bevölkerung nach Altersgruppen Projektion der gebietsansässigen Bevölkerung in Portugal Alter 0-14 15-64 65 + Insgesamt 17,6 % 67,8 % 14,6 % 9 920 760 1995 16,8 % 67,7 % 15,5 % 9 998 174 2000 17,1 % 67,9 % 16,0 % 10 107 744 2005 17,2 % 66,4 % 16,3 % 10 238 047 2010 Quelle: Nationales Statistisches Amt 3. DAS BILDUNGS- UND AUSBILDUNGSSYSTEM IN PORTUGAL 3.1. DAS BILDUNGSSYSTEM 3.1.1. DIE PFLICHTSCHULE In Portugal besteht neun Jahre Schulpflicht. Die Schulpflicht umfaßt die Grundschule, deren Programm eine gemeinsame Allgemeinbildung für sämtliche Schüler vorsieht. Anschließend kann der Schüler entweder seine schulische Ausbildung fortsetzen oder sich für eine auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausgerichtete Ausbildung entscheiden. Die Grundschule besteht aus drei aufeinanderfolgenden, jeweils aufeinander aufbauenden, aber in sich geschlossenen Zyklen (4 Jahre + 3 Jahre + 2 Jahre), die eine Gesamtheit bilden. Bis zum 15. Lebensjahr stellt sie eine universelle, kostenlose Pflichtschule dar. Die erste Stufe umfaßt vier Jahre, in denen ein Lehrer allein allgemeinbildende Fächer unterrichtet. Eventuell werden dem Lehrer in bestimmten Bereichen Fachlehrer zur Seite gestellt. Die zweite Stufe umfaßt zwei Jahre, in denen in mehreren Fächern fachbereichsübergreifende Grundkenntnisse vermittelt werden. Im Prinzip ist jeweils ein Lehrer pro Fach zuständig. In der dritten Stufe wird Fachunterricht von Fachlehrern erteilt. Nach Durchlaufen der Grundschule können die Schüler entweder weiter zur Schule zu gehen und sich für einen der Bildungswege des Sekundarunterrichts entscheiden oder sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Trotz der neunjährigen Schulpflicht brachen 1995 landesweit zwischen 2 % (im fünften Schuljahr) und 9 % (im neunten Schuljahr) der Schüler die Schule ab (Tab. 3). Die Schulabbruchquote war allerdings in den einzelnen Regionen unterschiedlich hoch. Die niedrige Qualifikation der Schulabbrecher erschwert die Eingliederung in das Erwerbsleben. 80 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Tabelle 3 - Schulabbruchquote 1995 (zweite und dritte Grundstufe/Festland/Tagesunterricht) Zweite Grundstufe Dritte Grundstufe Fünftes Jahr Sechstes Jahr Siebtes Jahr Achtes Jahr Neuntes Jahr 2 918 2 % 4 622 3 % 9 271 6 % 6 660 5 % 12 679 9 %* 5 Quelle: Direktion Bewertung und Perspektiven des Bildungsministeriums (DAPP/ME), 1998 . Anmerkung*: 2 % der Schulabbrecher gehen ohne Abschluß ab, 7 % mit einem Abschluß. 3.1.2. DIE SEKUNDARSCHULE Die Sekundarschule folgt auf die Grundschule und ist Teil der Regelschule. Hier wird die Bildung des Schülers vertieft oder der Eintritt in das Erwerbsleben vorbereitet. Der Unterricht ist überwiegend auf die Fortsetzung der schulischen Ausbildung (allgemeinbildendes Unterrichtsmodell) oder auf den Eintritt in das Erwerbsleben (technisches Unterrichtsmodell) ausgerichtet, wobei die Durchlässigkeit zwischen den beiden Zweigen gewährleistet ist. Der Status des technischen Unterrichtsmodells, das sich nicht durchsetzen konnte, weist jedoch gewisse Ungereimtheiten auf: Es tritt überwiegend als Alternative für weniger leistungsfähige bzw. weniger leistungsorientierte Jugendliche in Erscheinung, die ihren schulische Ausbildung nicht fortsetzen wollen. Entsprechend hoch ist die Mißerfolgsrate (über 50 %). Beide Unterrichtsmodelle sind auf drei Jahre angelegt und entsprechen dem 10., 11. und 12. Schuljahr. Die technische Ausbildung auf mittlerem Niveau in den Berufsschulen stellt eine Alternative zur Regelschule dar. Die Berufsschulen wurden 1989 unter der Ägide des Bildungsministeriums und des Arbeitsministeriums eingeführt. Auch andere als staatliche Stellen sind in das System mit eingebunden, insbesondere die Gebietskörperschaften sowie regional und sektoral organisierte Verbände und einzelne Unternehmen. Die Berufsschulen stehen in engem Kontakt mit der Wirtschaft und der Arbeitswelt. Die Zahl der Berufsschulen stieg bis 1994/1995 kontinuierlich; danach wurde das Wachstum gebremst. 1998 gab es rund 160 Berufsschulen mit 25 000 Schülern (rund 6 % der Schüler des gesamten Sekundarunterrichts). Der erfolgreiche Abschluß der Sekundarschule wird mit einem Abschlußdiplom zertifiziert. Was das technische Unterrichtsmodell und die Berufsschulen angeht, wird die erworbene Qualifikation im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit auf Niveau III zertifiziert. Nach Abschluß der Sekundarschule steht der Schüler zum zweiten Mal vor einer Wahl: entweder setzt er die Ausbildung in einem Zweig des Hochschulwesens fort, oder er entscheidet sich für das Erwerbsleben. Rund 90 % der Schüler, die die Grundschule durchlaufen haben, wechseln in den Sekundarunterricht über. Nach Angaben des Bildungsministeriums besuchten 28 % der Sekundarschüler 1997/98 technische und berufsbildende Lehrgänge, wobei auf die Berufsschulen 7,5 % entfielen5, 6 (Tab. 4). 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 81 Tab. 4 - Zahl der Schüler im Sekundarunterricht 1996/97 INSGESAMT Allgemeinbildende Lehrgänge Technische Lehrgänge 12. Schuljahr Abendgymnasium Berufsschulen Zweiter Bildungsweg Zahl der Schüler 427 409 237 953 79 580 36 547 20 676 26 372 26 281 % 100% 55,7% 18,6% 8,6% 4,8% 6,2% 6,1% Quelle: DAPP/ME Die Abbruchquoten im Sekundarunterricht sind hoch. 1995/96 brachen 18 % der Schüler im zehnten, 12 % im elften und 25 % im zwölften Jahr die Schule ab (Tab. 5). Im technischen Unterrichtsmodell sind es bis zu 90 %, in der Regel aber über 50 %6. An den Berufsschulen ist die Lage vermutlich aufgrund der stärkeren Motivation der Jugendlichen und besserer Ausbildungsbedingungen allerdings anders. Die vorgenannte Prospektivstudie des DAPP/ME ("Simulation des Bedarfs an den Grund- und Sekundarschulen")4 bezieht sich auf Kontinentalportugal und den Unterricht in Tagesklassen; sie läßt die alternativen Ausbildungsmodelle (z.B. Berufsschulen und Berufsausbildung unter der Ägide des Ministeriums für Qualifikation und Beschäftigung) außer Acht. Beobachtungsgrundlage ist die Gesamtzahl der Schüler, die 2000/01 die Pflichtschule besuchten. In dieser Studie (s. Tab. 5) wird für 2000/01 eine Gesamtschulbesuchsquote von 66 % ausgewiesen (der europäische Vergleichswert liegt bei 78 %). Tabelle 5 - Schulbesuchsquote an den (Kontinentalportugal/Unterricht in Tagesklassen) 1990/91 1995/96 2000/01 Sechstes Schuljahr 82% 98% 100% Neuntes Schuljahr 58% 85% 100% Elftes Schuljahr 47% 64% 72% Grund- und Sekundarschulen Zwölftes Schuljahr 56% 66% 4 Quelle: Prospektivstudie des DAPP/ME für Kontinentalportugal/ Unterricht in Tagesklassen Anmerkung: Unberücksichtigt blieben die Schüler der alternativen Unterrichtsmodelle (z.B. Berufsschulen oder Berufsaus-bildungsmaßnahmen des Ministeriums für Qualifikation und Beschäftigung). 3.1.3. DAS HOCHSCHULWESEN Zugang zu den Hochschulen haben Personen, die die Sekundarschule oder eine gleichwertige Ausbildung absolviert und die Fähigkeit unter Beweis gestellt haben, daß sie dem Hochschulunterricht folgen können. Auch Personen über 25 Jahren, die keine einschlägige Befähigung nachweisen können, werden zugelassen, sofern sie sich erfolgreich einer adäquaten Hochschulaufnahmeprüfung unterzogen haben. Das öffentliche Hochschulwesen umfaßt - obwohl es von der Struktur her eigentlich nicht ausdrücklich zweigliedrig ist - zwei Teilbereiche: die Universitäten und die technischen Hochschulen. Diese sind auf verschiedenen Ebenen gegliedert. Im Grundlagengesetz über das Bildungswesen (Lei de Bases do Sistema Educativo) werden ihnen gemeinsame allgemeine und nur schwer differenzierbare spezifische Zielsetzungen zugeordnet: das Universitätsstudium vermittelt eine solide wissenschaftliche und kulturelle Wissensgrundlage und befähigt zur Ausübung eines Berufes bzw. kulturellen Tätigkeiten; ferner 82 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung gewährleistet es eine Fachausbildung, die die gestaltenden und innovativen Fähigkeiten fördert; es schließt mit einem Hochschuldiplom (vier bzw. fünf Studienjahre), dem Mastertitel oder der Promotion ab. Das Studium an einer Politechnischen Hochschule vermittelt eine solide höhere Allgemeinbildung und Fachausbildung und hilft die Fähigkeit zur Innovation und kritischen Analyse entwickeln; ferner gehören theoretische und praktische wissenschaftliche Kenntnisse und deren Nutzanwendung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit zu den Lehrinhalten. Als Abschlüsse sind der akademische Grad eines Bakkalaureus (3 Jahre) und das Hochschuldiplom (vier bis fünf Jahre, einschl. eventueller Praktika) möglich. Einige Fachbereiche an den Politechnischen Hochschulen bieten zweistufige Studienabschlüsse an. Das Ingenieurstudium dauert z. B. 3+2 Jahre. Der Abschluß nach dem dritten Jahr berechtigt zur Führung des Titels eines Bakkalaureus und ermöglicht die Aufnahme einer einschlägigen Berufstätigkeit. Das Absolvieren des vierten Jahres hat den Erwerb des Titels eines Bakkalaureus zur Voraussetzung. Das Hochschulstudium in Abendkursen ist wenig verbreitet. Allerdings ist es im politechnischen Studium, insbesondere im Rahmen der in diesen Sektor integrierten früheren Sekundarschulen stärker verbreitet. In bestimmten Fällen erreicht die Zahl der Studenten in den Abendkursen ein Drittel der Gesamtstudentenzahl. Die Teilbereiche Universität und Politechnische Hochschule weisen jeweils eine spezifische Gliederung auf, wobei die Möglichkeit eines Überwechseln gegeben ist. Die Graduiertenförderung ist eindeutig akademisch ausgerichtet, da die einschlägigen Möglichkeiten der beruflichen Karriere im öffentlichen Sektor stark eingeschränkt sind, und es im Privatsektor überhaupt keinen Bedarf gibt. Die Graduierten - und Postgraduiertenzahlen in Portugal sind Tab. 6 zu entnehmen. Landesweit steht kein Zahlenmaterial über Promotionen zur Verfügung7. Tabelle 6 - Akademische Grade7 Studienjahr Bakkalaureus Diplom Master 1992/93 9 515 16 873 714 1993/94 10 047 21 311 871 1994/95 10 344 24 239 1 457 1995/96 10 756 26 119 1 704 Die Politechnischen Hochschulen sind erst in jüngster Zeit aufgebaut worden und stehen häufig im Ruf, eine Art "zweitrangige" Hochschulausbildung zu vermitteln. Das Netz der Politechnischen Hochschulen, in die auch die alten Sekundarschulen integriert wurden, ist im wesentlichen durch eine starke regionale Komponente geprägt. Es soll den Ausbildungsbedarf sogenannter mittlerer Berufsprofile wie des "technischen Führungspersonals" abdecken, deren Berufsbild auf das Überwechseln in die Berufspraxis abgestimmt ist8. Die Expansion der Hochschulen in Portugal während der 80er und 90er Jahre war vor allem mit der Förderung der öffentlichen Politechnischen Hochschulen und insbesondere mit einem außerordentlich starken Wachstum des privaten Bildungsangebots gepaart (Tab. 7), wobei sehr häufig nicht einmal die Mindestgarantien für einen qualitativ hochwertigen Unterricht gegeben waren und zudem eine Konzentration von Bildungseinrichtungen in Lissabon, Porto und in der Nordregion beobachtet werden konnte. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 83 Von 1987 bis 1991 nahm die Zahl der Studenten an den öffentlichen Hochschulen um 40 % und an den privaten Hochschulen um 250 % zu. 1991 überstieg das Angebot an Studienplätzen an den privaten erstmals das an den öffentlichen Hochschulen. Bereits von 1993 an überstieg das Studienplatzangebot an den (öffentlichen und privaten) Hochschulen die Zahl der Bewerber4. Was das Studienangebot angeht, ist darauf hinzuweisen, daß rund 60 % der Studenten an den privaten Hochschulen in den Fächern Sozialwissenschaften und Verhaltensforschung, Management und Rechtswissenschaften, an den öffentlichen Hochschulen jedoch nur 25 % eingeschrieben sind. Tabelle 7 - Aufgliederung der Studenten nach Hochschulbereichen 1983/84 1989/90 1996/97 Öffentliche Hochschulen Universitäten Politechnische Hochschulen 76,0% 12,6% 63,5% 15,0% 46,7% 18,6% Private Hochschulen Universitäten Politechnische Hochschulen 7,9% 3,3% 10,5% 11,0% 15,0% 19,7% Studenten insgesamt 95 866 157 869 344 620 Quelle: Bildungsministerium Durch erleichterte Zugangsvoraussetzungen sowie eine Erhöhung der Zahl der privaten Hochschuleinrichtungen stieg der Prozentsatz der Altersgruppe 20-24 Jahre an der Studentenschaft ab 1989/90 (vgl. Tab. 8). Tabelle 8 - Anteil der Altersgruppe 20-24 Jahre an der Studentenschaft insgesamt7 Studienjahr Anteil der Altersgruppe in % 89/90 90/91 91/92 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 18.4 24.4 28.1 31.0 33.3 35.1 37.3 39.4 Quelle: Schätzungen des Nationalen Statistischen Amtes; das Zahlenmaterial wurde von der Abteilung Hochschulwesen des Bildungsministerium im Mai 1998 zur Verfügung gestellt. Die Entscheidung der Studenten für eine bestimmte Hochschule hängt prioritär vom Grad der Zufriedenheit mit Qualität und Prestige des Lehrangebots und der betreffenden Hochschule ab, wobei eine klare Präferenz zugunsten der öffentlichen Universitäten gegeben ist. Zweitwichtigstes Kriterium ist die geographische Nähe zum Wohnort, die zusammen mit dem Kosten/Ausgabenfaktor die öffentlichen Politechnischen Hochschulen als zweite Wahl und die privaten Bildungseinrichtungen erst an dritter Stelle folgen lassen4. Vor diesem Hintergrund sowie als Folge des anhaltenden Rückgangs der Geburtenrate wird in der vom CIPES (Centro de Investigação de Políticas do Ensino Superior - Forschungszentrum für die Politik im Bereich des Hochschulwesens) der Stiftung der portugiesischen Universitäten4 im Jahre 1999 durchgeführten Prospektivstudie bis zum Jahre 2005/06 eine erhebliche Abnahme der Zahl der Hochschulbewerber und damit ein großes Problem für die Hochschulen, insbesondere die privaten Hochschuleinrichtungen, vorausgesagt. Jetzt ist - reichlich spät zwar - sogar von einem möglichen Kollaps der privaten Hochschuleinrichtungen die Rede, die - da sie den letzten Platz in der Präferenzskala der Studenten einnehmen - in eine Situation geraten könnten, in der bestimmte Bildungseinrichtungen geschlossen oder mit anderen zusammengelegt werden müssen. Gewisse Verschiebungen innerhalb des Optionsprofils der Hochschulbewerber könnten bei der Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt Anlaß zu größeren Schwierigkeiten geben, da einerseits ein Angebotsüberhang besteht und andererseits die Qualität der Ausbildung zu wünschen übrig läßt. 3.2. 84 SONSTIGE UNTERRICHTS- UND AUSBILDUNGSMODALITÄTEN 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Außerhalb des Bildungswesens, zu dem auch der zweite Bildungsweg gehört, hat Portugal unter der Zuständigkeit des Ministeriums für Arbeit und Solidarität (MTS) und des Staatssekretariats für Jugendfragen (SEJ) eine Reihe von Ausbildungsprogrammen entwickelt. Die unter der Ägide des Ministeriums stehenden Programme werden über die Berufsbildungszentren (Centros de Formação Profissional) sowie in den Beschäftigungszentren (Centros de Emprego do Instituto do Emprego e da Formação Profissional - IEFP) realisiert, wohingegen die dem Staatssekretariat (Secretaria de Estado) unterstehenden Programme mit Hilfe der Jugendinstitute (Instituto da Juventude) umgesetzt werden. Die Zahl der Teilnehmer an den Bildungsprogrammen des MTS ist Tab. 9 zu entnehmen. 3.2.1. DER ZWEITE BILDUNGSWEG Es handelt sich dabei um einen Bildungsweg, zu dem sämtliche Personen Zugang haben, die dem normalen Grundschul- bzw. Sekundarschule (15 bzw. 18 Jahre) entwachsen sind und entweder keine Gelegenheit hatten, die Regelschule zu besuchen, oder (wegen Schulabbruchs oder Schulversagens) keinen Schulabschluß zu Stande brachten. Der zweite Bildungsweg ist mit spezifischen Lehrinhalten, Lehrmethoden und Bewertungsmodalitäten verbunden; wie in der Regelschule können jedoch Schulabschlüsse und Zertifikate erworben werden. Auf den zweiten Bildungsweg entfiel 1996/97 einen Anteil von 9,6 % (Grundschüler) bzw. 7,2 % (Sekundarschüler) (Anhang I). 3.2.2. GRUNDBILDUNGS- UND -BERUFSAUSBILDUNG Die Grundbildung und -berufsausbildung wurde 1997 im Zuge einer gemeinsamen Initiative des Bildungsministeriums (Ministério da Educação) und des Ministeriums für Qualifikation und Beschäftigung (Ministério para a Qualificação e o Emprego) eingeführt. Sie untersteht derzeit dem Ministerium für Arbeit und Solidarität (Ministério do Trabalho e da Solidariedade). Die Grundbildung und -berufsausbildung soll den Jugendlichen nach der Grundschule zu einem Berufsausbildungsjahr verhelfen, mit der Möglichkeit, ein Berufszertifikat der Stufe II zu erwerben und dabei gleichzeitig den Abschluß des neunten Schuljahres (Grundschule) zu machen. Die Ausbildung erfolgt in den Grund- und Sekundarschulen, wobei jedoch weitere Kollektiveinrichtungen zugeschaltet sind. Sie richtet sich an Jugendliche, die das neunte Schuljahr abgeschlossen oder zumindest besucht haben, keine berufliche Qualifikation besitzen und ins Erwerbsleben überwechseln wollen. Der Lehrplan umfaßt mindestens 960 Stunden Tagesunterricht, der flexibel gestaltet ist und schulische und praktische Ausbildung miteinander verbindet. Der Vorschlag zur Einrichtung solcher Lehrgänge kommt von den Schulen, in denen der dritte Grundstufenzyklus unterrichtet wird, und die über die Mittel verfügen, diese Art Unterricht anbieten zu können. Die Schulen können aber auch Partnerschaften mit lokalen Kollektiveinrichtungen eingehen, insbesondere mit den Berufsausbildungszentren (Centros de Formação Profissional), die dem Institut für Beschäftigung und Berufsausbildung unterstehen. 1997 hatten diese Grundausbildungslehrgänge mit mehr als 13 000 Teilnehmern einen Anteil von 11 % am portugiesischen Berufsbildungsangebot (Tab. 9). 3.2.3. DIE LEHRE Die Lehre stellt eine duale Berufsausbildung dar. Eine Lehre machen können Jugendliche, die die Pflichtschule durchlaufen haben und noch keine 25. Jahre alt sind. Die vielseitige Lehre eröffnet den Jugendlichen den Zugang zu bestimmten Berufen. Sie vereinigt berufliche Qualifikation mit schulischer Weiterbildung und bietet zugleich einen Schulabschluß. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 85 Das duale System zeichnet sich durch eine Verzahnung von theoretischer und praktischer Ausbildung aus. Während des gesamten Ausbildungsprozesses vollzieht sich die praktische Ausbildung in berufsnahen Situationen. Nach Beendigung der Lehre legt der Jungendliche die Gesellenprüfung ab (Certificado de Aptidão Profissional) und erwirbt einen Bildungsabschluß (der Stufe II oder III), der einer bestimmten Qualifikationsstufe entspricht (Abschluß der 9. bzw. 12. Klasse) und zur Fortsetzung des Studiums berechtigt. Für die Dauer der Ausbildung wird (zwischen dem Auszubildenden und dem Lehrherrn, bei dem die praktische Ausbildung stattfindet) ein Lehrvertrag abgeschlossen, der dem Auszubildenden bestimmte Vergünstigungen gewährt (Versicherungsleistungen, Ausbildungsstipendium, Beihilfen zum Lebensunterhalt und zur Mobilität). Für die Durchführung der Ausbildungsmaßnahmen erhält der Lehrherr fachliche, pädagogische und organisatorische Unterstützung sowie eine Aufwandsentschädigung für die Kosten im Zusammenhang mit der Ausbildung. Die im Rahmen der Lehre angebotene Ausbildung erfolgt in spezifischen, den wichtigsten Wirtschaftszweigen zugeordneten Tätigkeitsbereichen. Landesweit durchliefen 1997 rund 15 000 Jugendliche das duale System (alternierende Berufs- und Schulausbildung), was in etwa einem Anteil von 4 % der Jugendlichen im Sekundarschulbereich entspricht. Eines der größten Hindernisse beim Ausbau der Lehre ergibt sich aus der portugiesischen Wirtschaftsstruktur, die von kleinen und mittleren Unternehmen mit niedrigem Ausbildungsstandard geprägt ist. Nur wenige Auszubildende brechen die Lehre ab, und die Aussichten bei der Stellungssuche sind sehr gut. 3.2.4. SONSTIGE BERUFSAUSBILDUNGSMÖGLICHKEITEN Bei den sonstigen Berufsausbildungsmöglichkeiten handelt es sich um Ausbildungsmodelle und systeme, die ohne entsprechend anerkannte Abschlüsse und ohne schulisches Pendant auf dem Arbeitsmarkt als Grundausbildung (Grundberufsausbildung bzw. -qualifikation) oder als Maßnahmen der ständigen Weiterbildung (Qualifikation, Fortbildung, Umschulung oder Spezialisierung) angeboten werden. Es handelt sich dabei vor allem um Modelle auf betrieblicher Grundlage, von denen einige in den Berufsausbildungszentren, die dem IEFP direkt unterstehen oder an denen es beteiligt ist, angeboten werden und bisweilen eine berufliche Qualifikation auf der Stufe II oder III ermöglichen. Andere wiederum werden von den Unternehmen bzw. bestimmten Organisationen oder auch von Ausbildungszentren organisiert und bieten ständige berufliche Weiterbildung, Umschulung oder Wiedereingliederung an. 86 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung i) Grundausbildung Die Grundausbildung ermöglicht Jugendlichen und Erwachsenen, die auf der Suche nach einer Erstanstellung sind oder eine höhere technische Ausbildung im post-sekundären Bereich anstreben, den Erwerb einer beruflichen Qualifikation. 1997 nahmen rund 13 000 Teilnehmer an einschlägigen Maßnahmen der Berufsbildungszentren teil, mehrheitlich Schüler, die mindestens die neunte Klasse der Pflichtschule absolviert haben. ii) Weiterbildung Die Weiterbildung bezweckt eine bessere Qualifikation der Erwerbstätigen und vermittelt Kenntnisse zur besseren Bewältigung des technologischen und organisatorischen Wandels. 1997 waren 63,5 % aller Personen in Ausbildung Teilnehmer an Weiterbildungsmaßnahmen (Tab. 9). iii) Ausbildungsmaßnahmen für Arbeitslose Ausbildungsmaßnahmen für Arbeitslose sollen helfen, Arbeitslosen, die ihren Arbeitsplatz vor weniger als einem Jahr verloren haben, oder vom Arbeitsplatzverlust bedroht sind, sowie Arbeitnehmern, die sich selbständig machen wollen, eine marktgerechte Berufsausbildung zu geben, sich wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern oder den Beruf zu wechseln. iv) Ungünstige sektorale Entwicklungen Maßnahmen zur Bekämpfung ungünstiger sektoraler Entwicklungen sollen Arbeitslosen oder durch Arbeitsplatzverlust bedrohten bzw. in Regionen mit ungünstigen sektoralen oder betrieblichen Entwicklungen wohnhaften Erwerbstätigen dabei helfen, sich umschulen zu lassen oder eine Existenzgründung in Angriff zu nehmen, um ihre Berufsaussichten - in anderen Berufssparten bzw. Tätigkeitsbereichen oder aber in anderen Gegenden des Landes - zu verbessern. v) Ausbildungsmaßnahmen für Ausbilder und andere Wirtschaftsteilnehmer Dabei handelt es sich um Grundausbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für Personen, die in den Bereichen Ausbildung, Projektleitung, Management, Ausbildungstechnik und audiovisuelle Techniken tätig sind. Tabelle 9 - Zahl der Teilnehmer nach Ausbildungsmaßnahmen AUSBILDUNGSTYP Lehre Grundausbildung Weiterbildung Ausbildungsmaßnahmen für Arbeitslose Ungünstige sektorale Entwicklungen Ausbildung von Ausbildern 1997 14 293 13 314 76 152 2 668 1 291 12 231 1998* 17 908 15 977 91 382 3 202 1 549 14 677 Quelle: Institut für Beschäftigung und Berufsausbildung (IEFP) (*) Schätzung 4. ARBEITSLOSIGKEIT IN PORTUGAL Unter dem Gesichtspunkt der Entwicklungschancen sowie des lebenslangen Lernens sind die Abbruchquoten der Grund- und Sekundarschüler, gepaart mit einer gewissen, besonders in den Fächern Mathematik und Naturwissenschaften feststellbaren Ineffizienz des Bildungssystems, ein 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 87 brennendes Problem, das nicht ohne Auswirkungen auf die Eingliederung der Jugendlichen in die Arbeitswelt bleibt. Unter Jugendlichen mit geringer Qualifikation (bis 4 Grundschuljahre) ist die Arbeitslosigkeit mit 15,3 % sehr hoch (s. Tab. 10). Dieser Wert ist zwar etwa doppelt so hoch wie der Durchschnitt, liegt aber dennoch unter dem Durchschnitt dieser Altersklasse. Am höchsten ist die Arbeitslosigkeit erstaunlicherweise bei Jungakademikern. Diese stoßen zunehmend auf Schwierigkeiten bei der Eingliederung in die Arbeitswelt. 1996 lag die Arbeitslosenrate der Akademiker bei 25,1 %. Dieser hohe Anteil ist umso Besorgnis erregender, als in Portugal lediglich 7 % der Bevölkerung in der Altersklasse 25-64 Jahre Akademiker sind. Die Schwierigkeiten bei der Suche nach einer Erstanstellung, von der allerdings nicht alle Fachbereiche betroffen sind, lassen sich mit dem Angebotsüberhang in bestimmten Fachbereichen sowie mit der Qualität der Ausbildung an den Hochschulen erklären (vgl. Einlassungen in 2.1.4.). Dieses Phänomen hat sich verstärkt, wozu sicherlich auch beigetragen hat, daß die portugiesiche Wirtschaft hauptsächlich aus kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) besteht, die aufgrund ihrer Beschaffenheit keine Notwendigkeit sehen, an Hochschulen erworbene Qualifikationen "einzukaufen". Bisweilen sind diese Qualifikationen bei den Unternehmen anscheinend auch nicht hinreichend bekannt. Tabelle 10 - Arbeitslosenrate nach Bildungsniveau (1996) Bildungsniveau Weniger als 4 Schuljahre 6. Schuljahr 9. Schuljahr 12. Schuljahr Hochschulstudium Alle Abschlüsse INSGESAMT 5.9 9.1 9.8 9.7 4.5 7.3 Altersklasse 15-24 Jahre 15.3 11.7 19.3 19.3 25.1 16.6 Quelle: Nationales Statistisches Amt (INE)5 Die Analyse der Arbeitslosenrate nach Alter und Qualifikationsstufe (Tab. 11) ergibt, daß der Arbeitsmarkt weiterhin vorwiegend junge Menschen mit einem Schulabschluß von weniger als 12 Jahren aufnimmt. Tabelle 11 - Arbeitslosenrate bei Jugendlichen nach Alter und Schulabschluß - Portugal, 1995 Bildungsabschluß Kein Sekundarschulabschluß Sekundarschulabschluß Politechnischer Abschluß Universitätsabschluß Alle Bildungsabschlüsse Quelle: 15-19 16 34 17 20-24 14 20 23 15 16 25-29 9 10 10 10 9 OCDE5 5. AUSBILDUNG UND ARBEITSMARKT 5.1. UNTERNEHMENSSTRUKTUR Die portugiesische Wirtschaftsstruktur war 1995 so beschaffen, daß 80,6 % der Betriebe höchstens neun Beschäftigten hatten, und dieser Anteil nimmt zu (Tab. 12). Der Anteil der Unternehmen mit 10 bis 49 Beschäftigten betrug 16,1 %. Auf Großbetriebe (mit 100 und mehr Beschäftigten) entfiel nur ein Anteil von 1,4 %, jedoch stellten sie 39 % der Arbeitsplätze. 88 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung In nur fünf an der Küste gelegenen Regierungsbezirken (Aveiro, Braga, Lissabon, Porto und Setúbal) sind etwa 66 % der Unternehmen mit fast 75 % der Arbeitsplätze angesiedelt. In diesen fünf Regierungsbezirken konzentrieren sich 81 % der Unternehmen mit 100 oder mehr Beschäftigten, wobei auf Lissabon und Porto allein 58,4 % entfallen. In diesen Bezirken fanden auch die meisten Unternehmensneugründungen statt (insgesamt 58,5 %). Tabelle 12 - Aufgliederung der Unternehmen nach Größenklassen Kontinentalportugal, in % Bis 9 Beschäftigte 10 - 49 Beschäftigte 50 - 99 Beschäftigte 100 - 499 Beschäftigte 500 und mehr Beschäftigte 1991 75,9 19,6 2,6 1,7 0,2 1992 76,5 19,2 2,4 1,7 0,2 1993 77,7 18,4 2,2 1,5 0,2 1994 79,8 16,9 1,9 1,3 0,2 1995 80,6 16,1 1,9 1,2 0,2 Quelle: Statistikabteilung des Ministeriums für Arbeit und Solidarität (DE-MTS) - Belegschaften Anmerkung: der staatliche Sektor blieb unberücksichtigt 5.2. DIE BESCHÄFTIGUNGSSTRUKTUR Laut Beschäftigungserhebung des INE für 1997 wurden 4 331 900 Erwerbspersonen gezählt. Die altersmäßige Aufgliederung (Tabelle 13) ergibt folgendes Ergebnis: 564 700 Jugendliche unter 25 Jahren (13,0 %), 2 486 300 Erwachsene im Alter zwischen 25 und 49 Jahren (57,4 %) und 1 281 000 Erwachsene über 49 Jahren (29,6 %). Tabelle 13 - Erwerbslose nach Altersgruppen Kontinentalportugal - (in tausend) Erwerbsbevölkerung 1995 4 225,2 1996 4 250,5 1997 4 331,9 -25 Jahre 25-49 Jahre 50 und + Jahre 559,7 2 554,3 1 111,2 549,2 2 512,3 1 189,0 564,7 2 486,3 1 281,0 Quelle: Nationales Statistisches Amt (INE) - Beschäftigungserhebung (Jahresdurchschnitte) Die Aufgliederung nach Altersklassen zeigte für 1997 bei Jugendlichen unter 25 Jahren einen Beschäftigungsanstieg in Höhe von 2,8 %. Dieser Wert war höher als der Anstieg der Gesamtbeschäftigung. Die Daten der Statistikabteilung des Ministeriums für Arbeit und Solidarität (DE-MTS) lassen eine allmähliche Verbesserung bei der Qualifikation der abhängig Beschäftigten in Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten erkennen (Tab. 14). 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 89 Tabelle 14 - Aufgliederung der abhängig Beschäftigten nach Qualifikationsstufen Kontinentalportugal, in % Mittlere und höhere Führungskräfte Abteilungsleiter und andere Spitzenkräfte Fachkräfte Angelernte Kräfte Unqualifizierte Kräfte Praktikanten und Auszubildende Qualifikationsstufe unbekannt 1991 4,2 8,3 39,0 18,1 10,8 11,6 8,0 1992 4,4 8,3 39,2 17,4 11,3 10,9 8,5 1993 4,4 8,3 40,0 16,9 11,2 10,3 8,9 1994 4,9 8,4 40,9 16,7 11,9 8,9 8,3 1995 6,3 9,4 43,9 17,5 12,1 8,4 2,4 Quelle: Statistikabteilung des Ministeriums für Arbeit und Solidarität (DE-MTS) - Belegschaften Anmerkung: der Sektor Staat blieb unberücksichtigt Die Qualifikation der abhängig Beschäftigten (92,4 % der Beschäftigten) wurde anhand der schulischen Abschlüsse und Qualifikationsstufen ermittelt, wobei über die Abschlüsse hinaus auch der Aufgabenbereich zu berücksichtigen war. Dabei ergab sich, daß Fachkräfte und angelernte Kräfte, die den 1. und 2. Grundschulzyklus absolviert haben, auf dem Arbeitsmarkt überwiegen. Den Daten des DE-MTS zufolge hatten 3,2 % der Arbeitnehmer im Jahre 1995 den ersten Grundschulzyklus nicht abgeschlossen, und 42,1 % hatten lediglich den ersten Grundschulzyklus aufzuweisen. Am anderen Ende der Bildungsskala waren nur 5,2 % der Belegschaften als mittlere und höhere Führungskräfte einzustufen. Die Ergebnisse der Sozialbilanz bei Unternehmen mit mindestens 100 abhängig Beschäftigten zeigten ebenfalls für 1995, daß - unabhängig von der Art des Arbeitsvertrages - 5,4 % der Arbeitnehmer den ersten Grundschulzyklus nicht abgeschlossen hatten (Tab. 15). Tabelle 15 - Bildungsniveau der Arbeitnehmer Bildungsniveau der Arbeitnehmer 1991 1992 1993 1994 1995 1996 Grundschulzyklus nicht abgeschlossen Pflichtschule vollständig absolviert Akademiker 9.9 15.6 4.2 7.9 16.4 4.7 7.3 16.8 5.1 6.3 16.5 5.3 5.4 17.4 5.6 4.7 17.9 6.0 1997 * 4.1 18.0 6.8 Quellen: Statistikabteilung des Ministeriums für Arbeit und Solidarität (DE-MTS) - Sozialbilanz 10,11 5.3. DIE NOTWENDIGKEIT UNTERNEHMEN BERUFSBILDENDER MASSNAHMEN IN DEN Es sind vor allem die Mittel- und Großunternehmen, die in die Ausbildung ihrer Beschäftigten investieren. Allerdings profitieren die KMU am meisten von der Berufsausbildung. Sie haben nicht die finanziellen Möglichkeiten, eine längere Ausbildung ihrer Beschäftigten durchzustehen und sind weitgehend auf die Ausbildung im Rahmen des Ausbildungssystems angewiesen. Den Unternehmen fehlen häufig die Kenntnisse und auch das Verständnis für die Bedeutung, die das Wissen und bestimmte Qualifikationen für ihren Betrieb haben können, und die fehlende Qualifikation ihrer Beschäftigten macht diese Unternehmen für die Probleme im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen und technologischen Fortschritt anfällig. Die Erhebung über den Ausbildungsbedarf der Unternehmen (1996/99)12, die auf der Grundlage einer Stichprobe von 1 500 Unternehmen Kontinentalportugals zwischen September und Oktober 1996 in Form einer Direktbefragung in Betrieben mit 10 und mehr Beschäftigten außerhalb der 90 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Landwirtschaft durchgeführt wurde, ergab für den betreffenden Dreijahreszeitraum einen Bedarf an beruflicher Ausbildung für insgesamt 1 185 600 Lehrgangsteilnehmer. Kurzfristig wurde für 696 700, mittelfristig für 488 800 Lehrgangsteilnehmer ein Ausbildungsbedarf angemeldet. Von den Unternehmen als prioritär eingestuft wurden folgende Ausbildungsmodalitäten: berufliche Fortbildungsmaßnahmen (81,4 % der Kandidaten, die an kurz- und mittelfristigen Maßnahmen teilnehmen sollten), Grundausbildung (14,8 %), Lehre (1,0 %) und Umschulung (0,8 %). Die 1993 von der Europäischen Kommission durchgeführte Erhebung über die berufliche Weiterbildung (Continuing Vocational Training Survey - CVTS)14, an der 50 000 Unternehmen mit 10 und mehr Beschäftigten in den damaligen 12 Mitgliedstaaten beteiligt waren, zeigte, daß die portugiesische Wirtschaft europaweit am wenigsten in die berufliche Ausbildung investierte (mit 0,7 % der Personalaufwendungen weniger als die Hälfte des Gemeinschaftsdurchschnitts von 1,6 %. Die Daten in der Sozialbilanz des Zeitraums 1991 bis 199610 (0,8 % der Personalaufwendungen) bestätigen dieses Zahlenmaterial und beweisen, daß sich die Lage nicht geändert hat. Zahlreiche Unternehmen haben zwar einen Ausbildungsplan für ihre Belegschaft, haben jedoch keine Mittel zu dessen Umsetzung bereitgestellt14. 5.4. DAS BERUFSAUSBILDUNGSANGEBOT Bestimmend für den Ausbildungsmarkt sind eine Reihe von Faktoren, die sowohl mit den Merkmalen des Produktionssystems als auch derjenigen des Arbeitsmarkts und des Bildungs- und Ausbildungssystems zusammenhängen. Eine wichtige Rolle spielen dabei 13: eine hohe Analphabetenrate, die jetzt vor allem in Form funktionalen Analphabetentums in Erscheinung tritt; ein sehr niedriger Bevölkerungsanteil mit mittleren und höheren Schulabschlüssen bzw. mit über die Pflichtschulzeit hinausreichenden Bildungsabschlüssen; ein nur wenig über dem Gemeinschaftsdurchschnitt liegendes Pro-Kopf-BSP, das für den Umfang der für Bildung und Ausbildung bereitstehenden Finanzmittel ausschlaggebend ist; ein Technologiedefizit sowie überholte Managementmethoden in den meisten Betrieben, in denen materielle Investitionen den Vorrang gegenüber wesentlichen Aspekten wie Wettbewerb, technische Innovation und strategische Rolle der Entwicklung des menschlichen Faktors genießen; die fast völlig fehlende Bereitschaft der meisten Betriebe (KMU und Kleinstbetriebe), in die Bildung zu investieren oder die berufliche Ausbildung ihrer Mitarbeiter in die betrieblichen Entwicklungspläne aufzunehmen. Die KMU sind zwangsläufig in starkem Maße vom externen Bildungsangebot für ihre Arbeitnehmer abhängig, aber diese Ausbildung ist auch teurer. Dennoch sind laut DETEFP12 76,5 % der portugiesischen Unternehmen mit 10 und mehr Beschäftigten der Auffassung, daß der eigene Betrieb der geeignetste Ausbildungsort ist. Die Arbeitgeber- und Unternehmerverbände sowie die Zentren für Direkt- bzw. Mitverwaltung des IEFP können im Hintergrund wirken, wobei die Beteiligungswerte jeweils 20 % nicht übersteigen dürfen. Die Präferenz für betriebsinterne Ausbildungsmaßnahmen bestätigt die Ergebnisse von 1993 auf Gemeinschaftsebene14, die besagen, daß 72,2 % des gesamten Zeitinvestitionsvolumens betriebsinternen Ausbildungsmaßnahmen zugute kommt. Was die Art der außerbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen angeht, liegen bezüglich der involvierten Einrichtungen keine aussagekräftigen Daten vor. Höhere Bildungseinrichtungen spielen dabei jedoch anscheinend nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings gibt es zahlreiche öffentliche 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 91 und private Einrichtungen unterhalb der Hochschulebene, sich sich der Berufsausbildung mittlerer und höherer Führungskräfte annehmen. Dabei geht es um die berufliche Eingliederung von Absolventen bestimmter Bildungslehrgänge in das Erwerbsleben, berufliche Weiterbildung und Fachausbildung sowie die Fortbildung der Führungskräfte nach einigen Jahren Berufserfahrung. Wichtigste Bereiche sind: Ingenieurwissenschaften und Technologie, Betriebswirtschaft, Marketing und Werbung, Projektausarbeitung und -verwaltung, Fremdsprachen, europäische Integration, Informatik, Ausbildung und Ausbildung von Ausbildern sowie Bankwesen und Finanzwirtschaft15. Unter den 10 wichtigsten Ausbildungsbereichen in Portugal wurden die höchsten Teilnehmerzahlen bei Ausbildungsmaßnahmen in den Bereichen Informatik, Bank- und Versicherungswesen, Verwaltung und Handel registriert, wobei die Ausbildung im Dienstleistungsbereich gegenüber dem Produktionsbereich dominiert16. Allgemein ist festzustellen, daß eine Minderheit der Unternehmen weiterhin in die Ausbildung der Belegschaft investiert. 1993 boten lediglich 13 % der portugiesischen Unternehmen Ausbildungsmaßnahmen an, wohingegen es im Gemeinschaftsdurchschnitt (EU12) 43 %14 waren. 1997 schätzte die DETEFP16, 17 den entsprechenden Anteil auf 10,6 bis 10,9 %. Unkonventionelle Ausbildungsmaßnahmen wie Kurzlehrgänge, Konferenzen, Workshops und Seminare sind in Portugal nicht sehr weit verbreitet und werden in der Statistik des Landes weder erfaßt noch ausgewiesen. 1993 boten lediglich 8 % der portugiesischen Unternehmen eine Ausbildung am Arbeitsplatz an14. Dieser Anteil lag nur etwas höher als in Griechenland und weit unter dem Gemeinschaftsdurchschnitt (EU12) von 38 %. Das in den nordeuropäischen Ländern weit verbreitete Selbststudium wird dieser Quelle14 zufolge lediglich in 1 % der portugiesischen Unternehmen praktiziert. Dieser Aspekt ist äußerst wichtig, da das Selbststudium z. B. für die KMU ein sehr profitabler Ausbildungsweg ist, der wesentlich stärker ausgebaut werden müßte, da er Zeit und Kosten sparen hilft (die Aufwendungen betragen nur 39 % der üblichen Ausbildungskosten14) und somit einige Hindernisse ausräumt, die Investitionen der Unternehmen in die Berufsausbildung entgegenstehen. 5.5. DIE WIRKUNG DER AUSBILDUNGSMASSNAHMEN Es gibt keine Anhaltspunkte für die Bewertung von Qualität und Effizienz der Ausbildung für mittlere und höhere Führungskräfte in außerbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen15. Die Erhebung über die Auswirkungen der betrieblichen Berufsausbildungsmaßnahmen (1994/96) wurde vom DETEFP im Jahre 1997 durch Direktbefragung bei 1 600 Unternehmen mit 10 und mehr Beschäftigten in sämtlichen Wirtschaftszweigen (mit Ausnahme der Landwirtschaft, der Fischerei, des Bergbaus sowie bestimmter Sektoren des Bildungswesens wie Vorschulerziehung, Grund- und Sekundarsschulwesen sowie sonstiger kollektiver, sozialer und personenbezogener Dienstleistungen, u. a. der religiösen Orden) durchgeführt17. Nach DETEFP-Angaben17 besaßen die meisten Arbeitnehmer, die in Unternehmen, die Berufsausbildungsmaßnahmen durchführten (10,6 % der Gesamtheit der Unternehmen), eine Anstellung erhielten, nicht die Voraussetzungen für die Ausübung der ihnen angewiesenen Tätigkeiten. Über ein Drittel von ihnen nahmen im Zeitraum 1994/96 an finanzierten Berufsausbildungsmaßnahmen teil. Unter den Arbeitnehmern, die diese Ausbildungsmaßnahmen durchlaufen haben, entfallen die meisten auf die Gruppe auf Arbeitnehmer, die bereits an außerschulischen Ausbildungsmaßnahmen teilgenommen hatten. Eine Berufsausbildung erhielten 591 000 Arbeitnehmer, zumeist im eigenen Betrieb (57 %). Rund ein Drittel der Arbeitslosen, die in 92 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung einer Ausbildungsmaßnahme in diesen Betrieben teilnahmen (6,8 % aller Betriebe), wurden danach von dem betreffenden Betrieb eingestellt17. Nach DETEFP-Angaben17 verbesserten sich die Betriebsindikatoren (Produktivitätssteigerung, Verbesserung der Produktqualität, Rationalisierungsfortschritte, Einführung neuer Technologien, Steigerung der innerbetrieblichen Mobilität usw.) der Unternehmen, in denen Ausbildungsmaßnahmen angeboten wurden. In Unternehmen, die keine Ausbildung anboten, ist die Entwicklung der Arbeitsindikatoren signifikanter (größere Beschäftigungsstabilität, Änderung der Arbeitszeiten, bessere Entlohnung, Senkung des Durchschnittsalters der Belegschaft usw.). 6. DIE ERSTELLUNG VON STATISTIKEN ÜBER DIE BERUFSAUSBILDUNG Die Statistikproduktion im Bereich der Berufsausbildung hängt eng mit der Systementwicklung zusammen. Das Institut für Beschäftigung und Berufsausbildung (IEFP) wurde im Jahre 1979 gegründet. In den 80er Jahren expandierte es stark und wurde diversifiziert. Bis Mitte der 80er Jahre stellte die Grundberufsausbildung des IEFP das wichtigste Alternativangebot für vorzeitig aus dem Schulsystem ausgeschiedene oder bei der Stellungssuche erfolglos gebliebene Jugendliche dar12. Erst in dem 90er Jahren wurde ein System für die Statistik der Berufsausbildung entwickelt. Dabei stützte man sich auf ein methodisches Modell, in das die gesamte Berufsausbildung in Portugal mit einbezogen wurde12. Für dieses System zeichnen die Statistikabteilung des Ministeriums für Arbeit und Solidarität (DE-MTS) sowie die Abteilung für Einschätzung, Perspektiven und Planung des Bildungsministeriums (Departamento de Avaliação, Prospectiva e Planeamento do Ministério da Educação - DAPP/ME) verantwortlich. Die DE-MTS übernimmt Produktion, Analyse und Verbreitung der Statistik für den Beschäftigungsbereich sowie für die außerschulische Berufsausbildung und die Beziehungen in der Arbeitswelt, insbesondere aber die Zuständigkeiten, die das INE im Rahmen des Nationalen Statistiksystems delegierte. Die DAPP/ME ist - auch bezüglich der Delegierung von Zuständigkeiten des INE - für die Produktion, Entwicklung und Verbreitung der Statistik auf dem Bildungssektor sowie die in diesem Rahmen angebotenen Berufsausbildungsmaßnahmen zuständig. Der gemeine Nutzer statistischen Datenmaterials über die Berufsausbildung stößt erst einmal auf das Problem, daß das Datenmaterial häufig weit verstreut, schlecht zugänglich und bruchstückhaft ist, wichtige Bereiche nicht erfaßt wurden und die Daten somit nicht sämtliche Bereiche und Facetten der Berufsausbildung widerspiegeln. Weitere Probleme ergeben sich aus der Tatsache, daß das vorhandene statistische Datenmaterial es nicht gestattet, das Angebot an Berufsausbildungsmaßnahmen mit dem Bedarf der Wirtschaft zu verknüpfen, in der sehr kleine Unternehmen eine überwiegen (Tab. 12). Laut Ziff. 5.3 wendet sich die Erhebung über den Berufsausbildungsbedarf an Unternehmen mit mindestens 10 Beschäftigten. Sie ermöglicht eine systematische Merkmalsbeschreibung dieser Berufsausbildungsmaßnahmen12. Jedoch gibt es jedoch keinerlei statistische Quellen für den individuellen Berufsausbildungsbedarf. Dieser Gesichtspunkt ist aber für die Kenntnis der Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage an Berufsausbildungsmaßnahmen entscheidend. Es gibt allerdings noch eine kaum mit Zahlen zu belegende Angebotsseite des Ausbildungsmarkts: die privaten Ausbildungsinitiativen ohne finanzielle Zuwendungen. Diese sind häufig nicht von der 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 93 Berufsausübung zu trennen, vor allem, was die innerhalb des Produktionssystems zahlenmäßig kaum ins Gewicht fallenden Großunternehmen angeht. Eine weitere Beschränkung der statistischen Quellen in bezug auf die Berufsausbildung ergibt sich aus der Tatsache, daß sich die Auswirkungen der einzelnen Ausbildungsmaßnahmen in den Unternehmen und auf die berufliche Laufbahn der Teilnehmer nicht nachvollziehen lassen. Der portugiesische Berufsausbildungsmarkt ist weitgehend angebotsorientiert. Durch die Ausbildungsmaßnahmen abgedeckt werden überwiegend Bereiche, die im Rahmen von Programmen, die Strukturfonds finanzieren, als prioritär oder förderungswürdig eingestuft sind. Ein Statistiksystem, mit dem auf allgemeiner Bildungs- und Ausbildungsebene Vorausschätzungen erstellt werden können, die eine individuelle Laufbahnwahl ermöglichen und das Management der menschlichen Ressourcen abstützen, wird bei der Trendumkehr eine entscheidende Rolle spielen. Dieses Statistiksystem muß es auch gestatten, den Ausbildungsbedarf verschiedener Wirtschaftszweige und Regionen zu ermitteln und nachzuzeichnen und das statistische Informationsmaterial über die beschäftigungspolitischen Maßnahmen insbesondere im Bereich der Berufsausbildung dabei mit einzubeziehen. Literaturverzeichnis: 1- 234- 5678910 11 12 13 14 - 94 Antunes, F., "POLÍTICAS EDUCATIVAS PARA PORTUGAL, ANOS 80-90: O debate acerca do ensino profissional na escola pública", Políticas de Educação nº 4, Instituto de Inovação Educacional, Lissabon, 1998 INE, População Residente por Grandes Grupos Etários em 31/XII/98 - Estimativas, Lissabon, 1998 OECD, Education at a Glance, OECD Indicators, Paris, 1997 Centro de Investigação de Políticas do Ensino Superior (CIPES), "Previsão da evolução do número de alunos e das necessidades de financiamento: Ensino Superior - 1995 a 2005". Stiftung der portugiesischen Universitäten, 1999 OECD's Thematic Review of the Transition from Initial Education to Working Life, Portugal Background Report, November 1997 Azevedo, J., "SAIR DO IMPASSE: Os ensinos tecnológico e profissional em Portugal", Cadernos Pedagógicos nº 50, Porto, ASA Editores AS, 1999 Soares, V. M., "Employment and Work Conditions of Academic Staff in Higher Education: A Comparative Study in the European Community", National Report, Portugal, Okt. 1988 Simão; J. V., Costa, A. A., " O Ensino Politécnico em Portugal", Januar 2000 (Vervielfältigte Studie) OECD's Thematic Review of the Transition from Initial Education to Working Life, Portugal Country Note, Januar 1999 Departamento de Estatística do Trabalho e Formação Profissional (DETEFP), "Balanço Social - 1996", Colecção Estatísticas, Lissabon Departamento de Estatística do Trabalho e Formação Profissional (DETEFP), "Balanço Social - 1997: INDICADORES ESTATÍSTICOS - Estatísticas em Síntese", Lissabon Departamento de Estatística do Trabalho e Formação Profissional (DETEFP), "Inquérito às Necessidades de Formação Profissional das Empresas - 1996/99", Lissabon, 1996 Observatório de Emprego e Formação Profissional (OEFP), "Mercado de Formação Conceitos e Funcionamento", Estudos e Análises, nº 9, Lissabon, 1998 European Commission, "Continuing Training in Enterprises: Facts and Figures", February 1999 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 15 - Departamento de Programação e Gestão Financeira do Ministério da Educação (DEP/GEF) e Instituto da Prospectiva, "Prospectiva do Ensino Superior em Portugal", J.M. Gago, Ed., 1994, Lissabon) 16 - Departamento de Estatística do Trabalho e Formação Profissional (DETEFP), "Inquérito à Execução de Acções de Formação Profissional - 1997", Lissabon, 1997 17 - Departamento de Estatística do Trabalho e Formação Profissional (DETEFP), "Inquérito ao Impacto das Acções de Formação Profissional nas Empresas - 1994/96", Lissabon, 1997 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 95 Anhang 1 - EINGESCHRIEBENE SCHÜLER UND STUDENTEN NACH GESCHLECHT PROZENTUALE VERTEILUNG NACH AUSBILDUNGSNIVEAU UND -MODALITÄT BZW. BILDUNGSZWEIG Kontinentalportugal 1996/97 Geschlecht Bildungsniveau und Modalität bzw. Bildungszweig Insgesamt % 2 1 Insgesamt 3 4 Weibl. % 5 6 7 2192540 100,0 1087526 49,6 1105014 50,4 187539 113652 73887 8,6 60,6 39,4 96364 58014 38350 51,4 51,0 51,9 91175 55638 35537 48,6 49,0 48,1 1223169 500823 489962 10861 55,8 40,9 97,8 2,2 632113 259903 255759 4144 51,7 51,9 52,2 38,2 591056 240920 234203 6717 48,3 48,1 47,8 61,8 2.ºZyklus Regelschule Zweiter Bildungsweg 284573 273563 11010 23,3 96,1 3,9 150620 145607 5013 52,9 53,2 45,5 133953 127956 5997 47,1 46,8 54,5 3º Zyklus Regelschule 7., 8. und 9. Schuljahr Berufsbildende Lehrgänge (Stufe 2) Zweiter Bildungsweg 437773 395782 394650 35,8 90,4 99,7 221590 199793 199073 50,6 50,5 50,4 216183 195989 195577 49,4 49,5 49,6 1132 0,3 720 63,6 412 36,4 41991 9,6 21797 51,9 20194 48,1 437212 405716 239111 79229 19,9 92,8 58,9 19,5 210504 193285 103289 44673 48,1 47,6 43,2 56,4 226708 212431 135822 34556 51,9 52,4 56,8 43,6 26024 6,4 13863 53,3 12161 46,7 1604 0,4 678 42,3 926 57,7 20546 5,1 10557 51,4 9989 48,6 16507 4039 38594 80,3 19,7 9,5 8372 2185 19749 50,7 54,1 51,2 8135 1854 18845 49,3 45,9 48,8 608 0,1 476 78,3 132 21,7 31496 7,2 17219 54,7 14277 45,3 344620 211056 133564 15,7 61,2 38,8 148545 90496 58049 43,1 42,9 43,5 196075 120560 75515 56,9 57,1 56,5 Vorschulen Netzwerk des M.E. Netzwerk des M.S.S.S. Grundschulen 1.ºZyklus Regelschule Zweiter Bildungsweg Sekundarschulen Regelschule Allgemeiner Unterricht Technischer Unterricht Berufsbildender Unterricht (Stufe 3) Kunstschule - Graphische Künste Ergänzungsunterricht in Abendkursen Abendgymnasium Abendtechnikum 12. Schuljahr - Bildungsweg Technisch-berufsbildender Unterricht (Abendschule) Zweiter Bildungsweg Hochschulstudium Universitätsstudium Studium an anderen Bildungseinrichtungen 96 männl. % 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung VERWENDUNG DER BILDUNGS- UND AUSBILDUNGSSTATISTIK - DIE SITUATION IN PORTUGAL Fernando Marques Representante dos trabalhadores Gabinete de Estudos da CGTP-IN. Rua Vitor Cordon, nº 1 - 2º P – 1294 LISBOA CODEX [email protected] EINLEITUNG In meinem Beitrag werde ich auf einige Aspekte der Verwendung von Bildungs- und Ausbildungsstatistiken eingehen. Erstens möchte ich demonstrieren, wie sich diese Statistiken in das portugiesische statistische System einfügen. Zweitens möchte ich einige Aspekte der Bildungsstatistik beleuchten. Drittens werde ich über die Ausbildungsstatistik sprechen. Außerdem werde ich auch auf einige Verwaltungsstatistiken eingehen, die Aspekte der beruflichen Bildung enthalten, jedoch nicht in das statistische System integriert sind. Schließlich werde ich einige Schlussfolgerungen erwähnen, die ich für besonders relevant halte. DAS NATIONALE STATISTISCHE AUSBILDUNGSSTATISTIK SYSTEM - DIE BILDUNGS- UND Das portugiesische statistische System ist ein maßvoll zentralisiertes System, denn es erlaubt der für die Erstellung der Statistiken zuständigen Stelle, dem INE, einige seiner Zuständigkeiten abzutreten. Dies ist für den Bereich Bildung und Ausbildung sehr wichtig, und hier hat das INE einiges an das Ministerium für das Bildungswesen (ME) und an das Ministerium für Arbeit und Solidarität (MTS) abgegeben. Die wichtigsten vom INE in diesen Bereichen durchgeführten Arbeiten sind die Volkszählung und die Erhebung über die Beschäftigung. Das Ministerium für das Bildungswesen ist für die jährliche Veröffentlichung der Bildungsstatistik zuständig. Die Erstellung von Statistiken über den Bereich der beruflichen Bildung konzentriert sich größtenteils auf die Abteilung Statistik des MTS. Durch die starke Ausweitung und Diversifizierung der beruflichen Bildung seit den 80er Jahren kam es zur Weiterentwicklung der Statistikproduktion. Dadurch wurde es notwendig, Systeme zu schafffen, mit denen die verschiedenen Aspekte der Ausbildung bewertet werden können, zum Beispiel Bedarfsanalyse und Effizienzbewertung. Erwähnenswert sind auch die (an Bedeutung gewinnenden) auf Verwaltungsdaten basierenden Statistiken, die vom Institut für Beschäftigung und berufliche Bildung (IEFP) erstellt werden. Diese Statistiken sind noch nicht in das statistische System integriert. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 97 DIE VERWENDUNG VON BILDUNGSSTATISTIKEN Die wichtigste statistische Quelle im Bereich Bildung ist das Ministerium für das Bildungswesen, das 1992 die Zuständigkeit für die Bildungsstatistik erhielt. Bis dahin wurden die Statistiken meist vom nationalen statistischen Amt (INE) im Rahmen von Erhebungen beschafft. Die Bildungsstatistiken geben uns einen recht guten Einblick in die wichtigsten Informationen über alle Ebenen des Bildungssystems einschließlich des Bereichs der beruflichen Bildung mit Berufsschulen, technologischen und berufsspezifischen technischen Ausbildungsgängen. Sie erstrecken sich auch auf Bereiche wie Sonderschulbildung, außerschulische Bildung, soziale Unterstützung im schulischen Bereich und Bildungsfinanzierung. Dabei besteht die Tendenz zur Bereitstellung von immer mehr Informationen. Einige der wichtigsten Hindernisse sind: die fehlende Koordinierung zwischen dem Bildungsministerium und dem Institut für Beschäftigung und berufliche Bildung, das Daten über die außerschulische berufliche Bildung produziert. Besonders ins Gewicht fällt dabei die Erstausbildung im Rahmen des Systems der Lehrlingsausbildung; der Benutzer hat nämlich keine Möglichkeit, sich einen Gesamtüberblick über Bildung und Erstausbildung zu verschaffen; die ungenügende Koordinierung mit dem nationalen statistischen Amt (INE) im Rahmen der von ihm übernommenen Zuständigkeiten; das Problem der Datenvergleichbarkeit aufgrund der im Bildungswesen erfolgten Veränderungen. Es müssen lange Zeitreihen mit vergleichbaren Informationen entwickelt werden. Das Bildungsministerium plant diese Arbeiten für den Zeitraum 1960-1999; Verzögerungen bei der Herausgabe von Informationen - im Augenblick liegen endgültige Statistiken nur für 1997 vor - aufgrund der Verzögerung bei der Sammlung der Informationen. Es muss auch in die Modernisierung investiert werden; der Mangel an abgeleiteten Statistiken und die fehlende Entwicklung und Verbreitung wichtiger Indikatoren; die Notwendigkeit der Verbesserung der Qualität der Informationen zum Beispiel über den Bildungshaushalt des Landes. Die Bildungsausgaben sollten integriert werden, so dass sowohl die Ausgaben für das öffentliche als auch das private Bildungswesen erfasst werden. Die Qualitätsverbesserung muss auch ein Modell für Statistiken umfassen, die unabhängig von staatlich geförderten Stellen sind. Dies ist ein heikles Problem, das für die Entwicklung und Glaubwürdigkeit der Statistik wichtig ist. DIE VERWENDUNG VON STATISTIKEN ÜBER BERUFLICHE BILDUNG An dem System der Statistiken über berufliche Bildung sind beteiligt das INE (nationales statistisches Amt), das Statistiken im Zusammenhang mit den Haushalten erstellt, und die Abteilung Statistik des Ministeriums für Arbeit und Solidarität, die Erhebungen bei Unternehmen durchführt. 98 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Das INE veröffentlicht die „Beschäftigungserhebung“ mit vierteljährlichen Daten über die Gesamtbevölkerung. Ein Teil der Erhebung ist Fragen der beruflichen Bildung gewidmet. Die verfügbaren Informationen sind jedoch zum Teil nicht veröffentlicht worden. Was die vom Ministerium für Arbeit und Solidarität durchgeführten Erhebungen bei den Unternehmen angeht, so decken sie drei Schlüsselaspekte der beruflichen Bildung ab: Bedarf, Durchführung und Bewertung. Was den Bedarf betrifft, so ist die wichtigste statistische Quelle die „Erhebung über den Bedarf der Unternehmen an beruflicher Bildung“, die in Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten durchgeführt wird und deren Ergebnisse vierteljährlich veröffentlicht werden. Ein wichtiger Indikator ist dabei, welche Art von Maßnahmen zur beruflichen Bildung von den Unternehmen als besonders wichtig angesehen wird. Was die Durchführung angeht, so haben wir die „Sozialbilanzen“ für Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten und auch die „Erhebung über die Durchführung von Maßnahmen der beruflichen Bildung“. Für die Bewertung verfügen wir über die „Erhebung über die Auswirkungen von Maßnahmen der beruflichen Bildung in Unternehmen“, die den Zeitraum 1994-1996 umfasst. Alles zusammen ergibt ein kohärentes System, das die wichtigsten Aspekte der beruflichen Bildung abdeckt. Dessen ungeachtet stößt der Benutzer auf beträchtliche Schwierigkeiten: Die Erhebungen richten sich an Unternehmen, so dass andere Einheiten, z. B. Behörden, automatisch ausgeklammert werden (wenngleich in diesem Fall spezifische Informationen verfügbar sind); es werden deshalb nicht alle Sektoren erfasst; die Landwirtschaft sollte auch einbezogen werden; sie erfassen nicht die kleinen Unternehmen; bei ihrer Durchführung gibt es immer noch zeitliche Ungenauigkeiten. Die Benutzer haben Schwierigkeiten, die Effizienz der beruflichen Bildung in Bezug auf die Qualifikation der Arbeitnehmer einzuschätzen. Portugal hat zum Beispiel stark in die berufliche Bildung investiert, wofür zum großen Teil auch Mittel der Europäischen Union zur Verfügung gestellt wurden, wenn wir jedoch die Qualifikationsstatistiken (anhand der Organigramme) analysieren, sehen wir kaum Fortschritte. Die Auswirkungen der Maßnahmen der beruflichen Bildung können auch anhand der Statistiken des „Observatoriums für den Eintritt ins Erwerbsleben“ bewertet werden, das Ende der 80er Jahre durch eine gemeinsame Initiative des Bildungsministeriums und des Ministeriums für Arbeit und Solidarität geschaffen wurde. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 99 BESCHÄFTIGUNGS- UND AUSBILDUNGSPOLITIKEN VERWENDUNG DER STATISTIKEN - PRODUKTION UND Das Institut für Beschäftigung und berufliche Bildung spielt hinsichtlich der aktiven Politiken im Bereich Beschäftigung und berufliche Bildung eine wichtige Rolle. Diese Rolle wurde dadurch gefördert, dass jahrelang Mittel der Europäischen Gemeinschaft zur Verfügung standen, und in jüngerer Zeit auch durch nationale Beschäftigungsprogramme im Rahmen der von der EU genehmigten Beschäftigungsleitlinien. Die Dimension der beruflichen Bildung kommt in den Maßnahmen und Programmen für die berufliche Bildung und auch in den Beschäftigungsprogrammen zum Ausdruck, denn letztere beinhalten Ausbildungskomponenten. Von besonderer Bedeutung sind: Programme für die berufliche Erstausbildung, die auf die Integration in den Arbeitsmarkt abzielen, wie dies bei dem System der Lehrlingsausbildung der Fall ist; berufliche Weiterbildung; Schulung von Arbeitslosen und sonstigen benachteiligten Gruppen; Bescheinigung oder Validierung formeller oder informeller Kenntnisse und Qualifikationen. Das Institut für Beschäftigung und berufliche Bildung verwaltet auch die „Nationale Handelsklassifikation“. Dennoch sind die Informationen kaum bekannt. Das Institut für Beschäftigung und berufliche Bildung veröffentlicht Statistiken sowohl über Beschäftigung als auch über berufliche Bildung, doch sind diese Statistiken nicht in das statistische System integriert. Sowohl die allgemeinen Nutzer als auch die Öffentlichkeit befinden sich ständig im Dilemma: Entweder haben sie keine Informationen, oder sie haben „zu viele“ mit vielen nicht kohärenten Einzeldaten. Wenn verschiedene Ministerien Maßnahmen mit ähnlichen Zielen ergreifen, dann produzieren sie (möglicherweise) Informationen, die in der Regel nicht zusammengeführt werden können, denn sie sind das Ergebnis unterschiedlicher Konzepte und Methodiken. Es besteht weder eine Integration in das statistische System noch eine Koordinierung mit dem INE. Dies liegt unter anderem daran, dass die Handelsklassifikation nicht als statistische, sondern als administrative Klassifikation betrachtet wird. Auch hier fehlt die Koordinierung mit dem INE. SCHLUSSBEMERKUNGEN Ich möchte meine Ausführungen mit vier Schlussbemerkungen beenden: 1. Das portugiesische statistische System hat die an dem System der allgemeinen und beruflichen Bildung erfolgten Änderungen begleitet, wobei dies in Bezug auf die berufliche Bildung schwieriger war. Uns stehen eindeutig mehr Informationen zur Verfügung, und der Zugang zu ihnen ist einfacher, besonders über das Internet. 2. Dennoch bleiben einige Schwierigkeiten bestehen, und zwar hauptsächlich aufgrund der Art und Weise, wie die Statistiken in der Praxis erstellt werden, zum Teil außerhalb des statistischen Systems. Wie ich bereits gesagt habe, verfügen wir nicht über eine Gesamtbewertung der Kosten für Bildung und Ausbildung. 100 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 3. Was die Ausbildung betrifft, so gibt es einige Informationslücken, doch was uns vor allem fehlt, ist ein globales und kohärentes Bild. Wir müssen mehr über die Auswirkungen von Ausbildungsmaßnahmen erfahren. Wir müssen über den Einzelbedarf an Ausbildungsmaßnahmen Bescheid wissen. Wir müssen die Normung von Begriffen vorantreiben und dafür sorgen, dass der Zugang zu Klassifikationen und Systematiken so verbessert wird, dass die Ausbildungsmaßnahmen systematisiert werden können. Von den Ausbildungseinrichtungen werden keine einheitlichen Ausbildungskonzepte verwendet. 4. Es fehlen uns harmonisierte Zeitreihen und abgeleitete Statistiken über den Bildungsbereich, um wichtige Indikatoren zu entwickeln. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 101 INTERNATIONALER BILDUNGSSTRUKTURVERGLEICH RESULTATE UND PROBLEME AUS ÖSTERREICHISCHER SICHT Arthur Schneeberger ibw-Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft Rainergasse 38 A-1050 WIEN [email protected] Mit der Internationalisierung von Wirtschaft, Arbeitsmärkten und Bildung wächst die Nachfrage nach empirisch fundierter Information über die Qualifikationsstruktur des jeweils eigenen Landes im Vergleich zu anderen europäischen, aber auch außereuropäischen Staaten. Politik und Verwaltung, Austauschorganisationen und international tätige Unternehmen haben Informationsbedarf, ganz zu schweigen von den sozio-ökonomisch orientierten Forschern und den politikberatenden Industrien. Im Hinblick auf das Thema des Seminars möchte ich aus der Erfahrung eines Nutzers komparativer Statistik in Österreich 5 Punkte respektive Fragen ansprechen: 1. Ausmaß und Arbeitsmarktproblematik des Bildungssegments ohne weiterführende Ausbildung mit besonderer Berücksichtigung des geschlechtsspezifischen Aspekts. 2. Ausmaß des mittleren Bildungsniveaus, das in Österreich 70 Prozent der Bevölkerung umfaßt. 3. Hintergründe der spezifisch österreichischen Qualifikationsstruktur 4. Vertikale und horizontale Strukturierung der postsekundären Bildungsstufe 5. Graduierungsstrukturen und Vergleichbarkeit von Hochschulabsolventenquoten ad 1. Schrumpfender Bevölkerungsanteil ohne weiterführende Bildungsabschlüsse – Arbeitsmarktrelevanz der Ausbildungsintegration Mit steigendem Wohlstand und steigendem Dienstleistungsanteil unter den Erwerbspersonen nimmt die soziale Bildungsbeteiligung nach Absolvierung der Schulpflicht in allen Ländern zu. Massenwohlstand und Schrumpfung der Beschäftigungsmöglichkeiten im Agrarsektor und der Grundstoffindustrie korrelieren mit verlängerten Bildungsphasen. So ist der Bevölkerungsanteil jener, die nur die untere Sekundarstufe (oder weniger) besucht haben, in den Ländern der Europäischen Union innerhalb von etwa drei Jahrzehnten von 55 auf 31 Prozent zurückgegangen. TABELLE 1: Bildungsniveau in ausgewählten Altersgruppen der Bevölkerung in der europäischen Union, 1997, in % Alter in Jahren 25-29 55-59 Wandel: %-punkte Niedrig (<ISCED 3) Mittel (ISCED 3) Hoch (ISCED 5,6,7) Insgesamt 30,5 54,9 48,1 31,4 21,4 13,7 100 100 -24,4 +16,7 +7,7 - Quelle: Eurostat, Bildung in der EU, 1988; eigene Berechnungen 102 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung In den Ländern der Europäischen Union haben bei den Jungerwachsenen Ende der 90er Jahre im Mittel rund 70 Prozent zumindest einen Abschluß der oberen Sekundarstufe erreicht. Der Anteil der Jungerwachsenen ohne weiterführende Bildung schrumpft nach dem Altersgruppenvergleich von Eurostat durchgängig. Außerhalb der EU 15 weisen z.B. Norwegen 91, Korea 88 und die Vereinigten Staaten 87 Prozent an Jungerwachsenen mit zumindest oberem Sekundarschulabschluß (High-School-Abschluß) auf.1 Da die Anfänger- und Besuchsquoten noch über den Abschlußquoten liegen dürften, haben wir es in vielen Ländern zunehmend mit einer umfassenden Bildungsstufe zu tun, wodurch sich neue Probleme ergeben (Definition und Sicherung eines Mindestlevels, Schülerleistungsüberprüfung etc.). In geschlechtsspezifischer Analyse wird erkennbar, daß die frühere Bildungsbenachteiligung der Frauen in Europa bei den unter 30jährigen überwunden ist. Bei den Jungerwachsenen haben die Frauen bereits geringfügig höhere Anteile an höheren Bildungsabschlüssen. Im Vergleich zur Elterngeneration hat aber eine Bildungsrevolution in Form der Halbierung des Anteils unter den Frauen, die keine über die untere Sekundarschule hinausgehende Bildung besuchen konnten, stattgefunden (Reduktion von 62 auf 30 Prozent).2 In 11 der 15 Länder der Europäischen Union ist der Anteil der unter 30jährigen Frauen ohne weiterführenden Bildungsabschluß niedriger als bei den altersgleichen Männern (siehe Tabelle 2). TABELLE 2: Prozentanteil der 25- bis 29jährigen Bevölkerung ohne weiterführende Bildung, 1997 Land Finnland Schweden Deutschland Dänemark Österreich Belgien Frankreich Niederlande Griechenland EU-15 Irland Vereinigtes Königreich Spanien Italien Luxemburg Portugal Gesamt Männlich Weiblich 12,7 13,6 14,6 15,2 17,0 22,2 23,3 26,0 28,5 30,5 31,1 38,9 43,4 45,8 47,7 58,7 13,8 13,8 13,1 15,9 12,8 24,5 23,5 27,7 31,4 31,0 35,3 37,1 47,4 48,1 47,1 63,6 11,5 13,4 16,1 14,5 21,2 19,7 23,0 24,2 25,9 29,9 26,9 40,9 39,1 43,5 48,4 53,6 Differenz* 2,3 0,4 -3,0 1,4 -8,4 4,8 0,5 3,5 5,5 1,1 8,4 -3,8 8,3 4,6 -1,3 10,0 *Prozentpunkte Quelle: EUROSTAT, Bildung in der Europäischen Union, 1998, S. G2; eigene Berechnungen 1 OECD: Bildung auf einen Blick. OECD-Indikatoren 1998, Paris, 1998, S. 44. 2 EUROSTAT, Bildung in der Europäischen Union, Daten und Kennzahlen, 1998, S. G2. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 103 Die auffällige geschlechtsspezifische Differenz auf dem formal niedrigen Bildungsniveau in Österreich hängt unter anderem damit zusammen, daß die Mädchen stärker in die vollzeitschulischen Bildungswege nach der Pflichtschule (die auch kurze schulische Bildungsgänge unter Abschlußniveau der oberen Sekundarstufe enthalten) und seltener in die duale Ausbildung nach der Pflichtschule übertreten. Obgleich die Mädchen in den vollzeitschulischen Bildungsgängen – gemessen an den Abschlußquoten – erfolgreicher als die Buben sind, ergibt sich im Gesamtoutput der oberen Sekundarstufe nach wie vor ein ungünstigeres Ergebnis, das Folgeprobleme am Arbeitsmarkt hat. Die Erwerbspersonen ohne weiterführenden Abschluß sind in Österreich bei beiden Geschlechtern von einem signifikant höheren Arbeitslosigkeitsrisiko als alle übrigen Bildungsschichten betroffen.3 Die möglichst breite soziale Integration in berufliche Bildung nach der Absolvierung der 9jährigen Pflichtschule wird daher politisch als prioritäre Problematik definiert und behandelt. Von den 16 bis 17 Prozent der 20- bis 24jährigen, welche in Österreich Ende der 90er Jahre keine Ausbildung der oberen Sekundarstufe abgeschlossen haben, dürften schätzungsweise 10 bis 12 Prozent in einer mehrjährigen schulischen oder dualen Ausbildung gewesen sein, haben aber keinen Abschluß erreicht.4 Mit dem Verschwinden von Beschäftigungsmöglichkeiten im Agrarsektor und dem Rückgang gering qualifizierter Arbeit in der Industrie sind Beschäftigungsmöglichkeiten für Pflichtschulabsolventen ohne Ausbildung zurückgegangen. Die Versorgung der Jugendlichen mit beruflichen Bildungsmöglichkeiten nach dem 15. Lebensjahr – seien diese nun dual oder vollzeitschulisch organisiert – gewinnt hieraus ihre wachsende Bedeutung. Der Indikator „ohne weiterführende Bildung“ (<ISCED 3) hat daher für Österreich eine wichtige Funktion, um die Tauglichkeit der Ausbildungsstrategie des Landes zu messen und international mit Ländern mit ähnlichen Rahmenbedingungen zu vergleichen. ad 2. Mittleres Bildungsniveau der Eurostat-Klassifikation subsumiert ein zu heterogenes Segment für Österreich Betrachtet man nur das mittlere Bildungsniveau nach Eurostat-Kategorisierung, so fallen starke Unterschiede zwischen den Ländern auf. Die stärksten Anteile im mittleren Bildungsniveau haben deutschsprachige und nordeuropäische Länder, die angelsächsischen Länder weisen ein weniger breites mittleres Bildungsniveau auf. 3 Lorenz Lassnigg, Arthur Schneeberger: Transition from Initial Education to Working Life. Country Background Report: Austria, Vienna, July 1997, p. 62. 4 Siehe dazu: Arthur Schneeberger, Bernd Kastenhuber: Berufliche Bildung im Strukturwandel. Perspektiven und Optionen (= Schriftenreihe des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft, Nr. 112), Wien, 1999, S. 107. 104 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung TABELLE 3: Formales Bildungsniveau der 30-34jährigen Bevölkerung nach Eurostat-Kategorien im Ländervergleich, 1997; Angaben in % Land Österreich Deutschland Finnland Schweden Dänemark Frankreich Niederlande EU-15 Griechenland Italien Belgien Irland Vereinigtes Königreich Luxemburg Spanien Portugal Niedrig 17,0 14,3 14,0 14,9 17,6 28,5 27,9 33,4 36,3 50,3 28,8 37,7 42,3 47,8 52,3 69,5 Mittel 72,2 61,1 59,8 55,7 53,7 49,8 46,6 44,6 40,6 39,8 39,3 33,9 32,1 30,6 21,7 16,5 Hoch 10,8 24,6 26,2 29,5 28,8 21,7 25,6 22,0 23,1 9,9 31,9 28,4 25,5 21,6 26,1 14,0 Insgesamt 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 Quelle: EUROSTAT, Bildung in der Europäischen Union, 1998, S. G2 Jene 83 Prozent der 30- bis 34jährigen österreichischen Bevölkerung, die 1997 einen Bildungsabschluß nach Absolvierung der 9jährigen Schulpflicht absolviert haben, setzten sich aus 72 Prozent „mittleres Bildungsniveau“ (ISCED 3) nach Eurostat-Kategorisierung und knapp 11 Prozent aus „hohem Bildungsniveau“ (ISCED 5, 6 und 7) zusammen. Die Spitzenstellung Österreichs beim „mittleren Bildungsniveau“ hat damit zu tun, daß für Österreich unter dem „ISCED Level 3“ Bildungsgänge mit erheblich unterschiedlicher Dauer und Qualifikationshöhe subsumiert werden. Dies gilt insbesondere für die berufsbildende höhere Schule (BHS), die in der Normalform 5 Jahre dauert. Außerdem gibt es viele postsekundäre Sonderformen der BHS, die aber bislang auch unter ISCED 3 fallen. Zusammenfassend und realistisch betrachtet, enthält das „mittlere Bildungsniveau“ daher erheblich heterogene Qualifikationen. Laut Mikrozensus 1997 (Jahresergebnisse) haben die 30- bis 34jährigen in der Wohnbevölkerung (N=722.600) Abschlüsse folgender Bildungsgänge der oberen Sekundarstufe oder höhere Abschlüsse erreicht5: 5 ÖSTAT: Mikrozensus-Jahresergebnisse 1997, Wien, 1999, S. 7, die interne Aufgliederung der höheren Schule beruht auf einer Zusatzinformation. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 105 Subsumiert unter ISCED 3 44 % Lehrlingsausbildung in Betrieb und Berufsschule 10 % Berufsbildende mittlere Schule (BMS) 7 % 10 % Berufsfachliche Erstausbildung Allgemeinbildende höhere Schule (AHS) Allgemeinbildung / Hochschulzugang Berufsbildende höhere Schule (BHS) Allgemeinbildung / Hochschulzugang plus Berufsdiplom Mehr als ISCED 3 2 % Akademien, medizinisch-technische Lehrgänge 8 % Universitäten, Hochschulen Pflichtschullehrerausbild ung u.a. Akademische Graduierung Folgende Schlußfolgerungen sind für gegenständlichen thematischen Kontext von Relevanz: 1. Die hohe Integrationsfähigkeit der Bildungswege nach der Pflichtschule beruht auf der Vielfalt der Ausbildungsangebote und den damit gegebenen Wahlmöglichkeiten zwischen schulischer und dualer Ausbildung sowie unterschiedlichen schulischen Formen der Berufsbildung (mittlere und höhere berufsbildende Schulen), die über verschiedene Formen von Praxiskontakt verfügen (Labor- und Werkstättenunterricht, Pflichtpraktika in den Ferien, Projektunterricht und sogenannte Übungsfirmen). 2. Diese Vielfalt bedeutet aber auch, daß „höhere Bildung“ bereits mit der Sekundarstufe II beginnt und nicht erst auf postsekundärer Stufe. Das macht eine wesentliche Systemdifferenz aus, deren Nichtbeachtung im internationalen Dialog mit Bildungsfachleuten immer wieder zu weitreichenden Mißverständnissen führt. 3. Als Benutzer von internationalen Bildungsstatistiken bedeutet die Subsumption der angesprochenen Vielfalt der Bildungswege auf der oberen Sekundarstufe unter ISCED Level 3 Verlust an Information. Möglicherweise ließen sich kurze und lange Bildungsgänge nach der Sekundarstufe I noch unterscheiden. Die in der ISCED Version von 1997 (UNESCO 1997) enthaltene Einführung eines Levels 4 könnte hier eine realistischere Erfassungsmöglichkeit für die Hauptform der berufsbildenden höheren Schule (BHS) (5jährig) bieten. Da in Österreich ein erheblicher Teil der Abschlüsse von berufsbildenden höheren Schulen nicht in der Hauptform (Schulen für 14- bis 19jährige mit hohem Leistungsstandard), sondern in Sonderformen für Erwachsene erreicht wird (in der Regel nach Abschluß einer Berufsausbildung oder einer allgemeinbildenden höheren Schule, AHS) wäre meines Erachtens auch eine Integration der Sonderformen in ISCED Level 5 zu erwägen. ad 3. Hintergründe der österreichischen Qualifikationsstruktur Im Vergleich zu Ländern mit einer deutlichen Qualifikationspyramide hat die österreichische Qualifikationsstruktur eher die Gestalt einer „Zwiebel“: schmale Basis – breite und vielfältige Mitte – schmale Spitze. Die naheliegende Frage mag für manche Beobachter nun sein, warum Österreich diese Struktur nicht stärker und schneller internationalen Vergleichsstrukturen angepaßt hat. Meine Vermutung hierzu lautet, daß die relativ guten Ergebnisse am Arbeitsmarkt der Jugendlichen und 106 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Jungerwachsenen, die betriebliche Akzeptanz der gegebenen Vielfalt von Sekundarstufenausbildungen und die große Akzeptanz des Ausbildungsangebots in der Bevölkerung hierfür u.a. wichtig sind. Einige Argumente und Belege hierzu: 1. Arbeitslosigkeit und vor allem längere Arbeitslosigkeit ist in Österreich vor allem ein Problem älterer Erwerbspersonen. Die OECD hat z.B. für 1995 Vergleichswerte zur Jugendarbeitslosigkeit präsentiert, die eine relativ geringe Betroffenheit in Österreich belegen (6 zu 22 Prozent im Ländermittel). Auch die Relation zur gesamten altersgleichen Bevölkerung ergibt ein günstiges Bild (3 zu 10 Prozent im Ländermittel).6 Auch neuere Zahlen auf Basis der EU-Definition zeigen eine relative gut gelingende Arbeitsmarktintegration der Jugendlichen und Jungerwachsenen. 2. Es gibt zwar Besorgnisse, daß wir zu wenige Hochschulabsolventen hätten, auch mögliche humankapitalbedingte Wettbewerbsnachteile werden ins Treffen geführt. Die Besorgnisse sind aber nicht so stark oder überzeugend genug in ihrer Argumentation, daß sie zu weitreichenden Strukturveränderungen auf der oberen Sekundarstufe und der Universitäten geführt hätten (seit 1994 gibt es allerdings Fachhochschulen). Unternehmensbefragungen und andere Arbeitsmarktanalysen haben nur einen sehr geringen Anteil an Unternehmen gezeigt, die Schwierigkeiten bei der Suche nach Hochschulabsolventen technologischer Richtungen haben. In Reaktion auf ähnliche Befunde sprach einer der führenden Volkwirtschaftsprofessoren in seinem Resümee einer Wirtschaftsstandort-Studie von einem den Beteiligten „weitgehend unbewußten“ Nachholbedarf in der Akademikerquote in der Wirtschaft.7 3. Auch die Qualifikationsengpässe in der Informationstechnik bieten kein eindeutiges Gegenbeispiel. 1999 gab es einen massiven Vorstoß der Unternehmen des IT-Sektors bezüglich eines Defizites an IT-Spezialisten. Die tiefergehende Diskussion hat vor allem Wünsche nach mehr Absolventen von einschlägigen BHS in der Hauptform (14- bis 19jährige)8 oder in der Sonderform des Kollegs (das eine AHS-Matura bzw. allgemeine Hochschulstudienberechtigung voraussetzt, aber nicht als tertiäre Bildung gilt) gezeigt. Mehr Absolventen der universitären Langstudien (6 bis 8 Jahre im Mittel bis zur ersten Graduierung) war kaum das Thema, auch die Einführung eines Bakkalaureates war in diesem Kontext kein relevanter Punkt. 4. Studierende und Hochschulneuabsolventen leiden unter dem Widerspruch, daß sie einerseits ständig mit der medialen Botschaft der weltweit niedrigsten „Akademikerquote“, andererseits reduzierten Möglichkeiten „adäquater“ Beschäftigung im öffentlich finanzierten Sektor (dem Hauptarbeitgeber der akademischen Bildungsroute) infolge der Budgetkonsolidierungserfordernisse konfrontiert werden. Trotz dieser Verunsicherung ist die Einführung kurzer Studien unter Studierenden nicht wirklich populär. Die „volle akademische Berufsfähigkeit“ (z.B. A-Dienstfähigkeit im öffentlichen Sektor) als Ziel steht im Vordergrund. 5. Trotz der Besorgnisse angesehener Experten über die geringe Hochschulabsolventenquote im internationalen Vergleich einerseits, die Probleme adäquater Beschäftigung und Nachschulungsbedarf von Hochschulabsolventen andererseits, ist meines Erachtens doch zutreffend, wenn man feststellt, daß damit kein wirklich prioritäres Thema der Bildungs- und 6 OECD: Bildungspolitische Analyse 1998, Paris, 1998, S. 92. 7 Gunther Tichy: Technologie und Bildung. In: Heinz Handler (Hrsg.): Wirtschaftsstandort Österreich. Wettbewerbsstrategien für das 21. Jahrhundert, Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Wien, Februar, 1996, S. 109. 8 z.B. HTL für Datenverarbeitung und Datenorganisation 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 107 Arbeitsmarktpolitik betroffen ist. Einen in der Politik viel höheren Stellenwert als die Probleme der Hochschulabsolventen am Arbeitsmarkt9 hat seit 1996 die Lücke an Lehrstellen in der dualen Ausbildung, die massive Reaktionen der Regierung und der Sozialpartner und in der Folge hohen Finanzmitteleinsatz zur Knüpfung eines „Auffangnetzes“ nach sich zog. Die Sorge vor einem Abreißen des bislang erfolgreichen Weges ständig steigender Ausbildungsbeteiligung durch Einbrüche in der Lehrlingsausbildung und deren soziale und arbeitsmarktbezogene Folgeprobleme hatte deutlich höheren Stellenwert in der Öffentlichkeit als die Modernisierung der Universitäten. TABELLE 4: Arbeitsmarktintegration der Jugendlichen im europäischen Vergleich, 1995 Länder Österreich Deutschland Dänemark Niederlande Portugal Belgien Luxemburg Irland Schweden Frankreich Griechenland Vereinigtes Königreich Italien Spanien Finnland EU-Länder 1995 Arbeitslosenqu Verhältnis ote der 15- bis Arbeitslose zu 24jährigen Bevölkerung, 15- bis 24jährige in % 6 3 9 5 10 7 12 7 17 7 24 9 * * 20 9 19 9 27 10 28 10 16 10 33 43 38 22 1999 Ende September Arbeitslosenqu Arbeitslosenqu ote: ote: Labour force Labour force 25 unter 25 Jahre Jahren und älter 5,6 4,0 9,1 9,2 6,0 4,0 6,5 2,4 8,3 3,6 21,0 7,6 6,0 2,4 8,2 5,8 13,7 6,0 24,3 9,3 12,7 4,7 13 18 20 10 32,0 27,5 20,8 17,3 8,4 13,0 8,4 7,9 * Für Luxemburg keine Daten aufgrund der zu geringen Stichprobengröße Quelle: OECD, Bildungspolitische Analyse 1998, S. 92. ad 4. Postsekundarquoten: weitergehender Differenzierungsbedarf bei steigender Bildungsrelevanz Zusammen mit Italien bleibt Österreich nach der Eurostat-Klassifizierung bei den unter 30jährigen bei etwa 8 Prozent, bei den 30- bis 34jährigen bei 10 bis 11 Prozent im Bevölkerungsanteil mit formal hoher Bildung. Für andere Länder werden 30 bis 35 Prozent der altersgleichen Bevölkerung unter der Kategorie höheres Bildungsniveau subsumiert. Bereits auf den ersten Blick wird 9 Die Probleme Akademiker am Arbeitsmarkt sind kaum jene offener, registrierter Arbeitslosigkeit, sondern primär solche „adäquater“ Beschäftigung. 108 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung erkennbar, daß eine starke Korrelation zur Wirtschaftsleistung nicht möglich sind. Offensichtlich heben sich die Postsekundarquoten der Länder mit der Dominanz traditioneller Universitäten mit Langstudien negativ ab. Italien hat erst in den 90er Jahren mit Kurzstudien eine intra-universitäre Diversifikation eingeleitet, Österreich setzt seit 1994 mit Fachhochschulen auf die Strategie interinstitutioneller Diversifikation.10 Die Universitäten gründen auf einem zweigliedrigem Studiensystem, das sich vom angelsächischen dreigliedrigen System im Hinblick auf Dauer und Ziele der Studien, Graduierungsstruktur und das Alter der Absolventen bei Erstabschluß erheblich unterscheidet. Beide Länder haben hochqualifizierte berufsbildende lange Bildungsgänge auf der oberen Sekundarstufe eingerichtet. Der Umstand, daß bei den 30- bis 34jährigen eine höhere Abschlußquote als bei den 25- bis 29jährigen erreicht wird, verweist bei diesen Ländern auf lange Studiendauern bis zum Erstabschluß. TABELLE 5: „Höheres Bildungsniveau“ definiert als ISCED 5,6 und 7 im Ländervergleich bei Jungerwachsenen und differenziert nach Geschlecht 1997, in % 25- bis 30- bis Differenz: 29jährige 34jährige %-Punkte 30-34j. männlich 30-34j. Differenz: weiblich %-Punkte Belgien 35,2 31,9 3,3 29,1 34,7 -5,6 Irland 34,1 28,4 5,7 28,0 28,7 -0,7 Spanien 33,2 26,1 7,1 24,1 28,0 -3,9 Schweden 28,0 29,5 -1,5 27,1 31,9 -4,8 Frankreich 27,9 21,7 6,2 20,1 23,2 -3,1 Niederlande 25,8 25,6 0,2 27,0 24,1 2,9 Vereinigtes Königreich 25,1 25,5 -0,4 27,0 24,0 3,0 Luxemburg 22,8 21,6 1,2 21,5 21,8 -0,3 Griechenland 21,7 23,1 -1,4 22,5 23,6 -1,1 Dänemark 21,5 28,8 -7,3 27,8 29,8 -2,0 EU 15 21,4 22,0 -0,6 22,5 21,5 1,0 Finnland 21,0 26,2 5,2 24,2 28,2 -4,0 Deutschland 17,2 24,6 -7,4 28,4 20,5 7,9 Portugal 16,5 14,0 2,5 10,6 17,1 -6,5 Italien 7,9 9,9 -2,0 9,6 10,2 -0,6 Österreich 7,7 10,8 -3,1 11,2 10,4 0,8 Quelle: EUROSTAT, Bildung in der Europäischen Union, 1998, S. G2 Die Kategorie „höheres Bildungsniveau“ erscheint mir insgesamt etwas zu heterogen und dürfte auch intermediäre Bildungsabschlüsse enthalten. Dies ist für Europa zu vermuten und noch stärker im globalen Kontext. So werden z.B. für Kanada Brutto-Postsekundarquoten für die 10 Siehe hierzu: Arthur Schneeberger: Universitäten und Arbeitsmärkte. Strukturelle Abstimmungsmechanismen im internationalen Vergleich (=Schriftenreihe des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft, Nr. 113), Wien, 1999, S. 52ff., 221ff. und 297ff. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 109 Neuabsolventen im Jahr 1996 von 89 Prozent ausgewiesen, Korea kommt auf 46 Prozent, die USA auf 57, Japan auf 53 Prozent.11 TABELLE 6: Zusammensetzung und Höhe der Brutto-Postsekundarquote (ISCED 5,6) am typischen Altersjahrgang im internationalen Vergleich, in % Länder Kanada Norwegen Vereinigte Staaten Japan Neuseeland Korea Vereinigtes Königreich Belgien (Fläm. Gemeinschaft) Finnland Irland Dänemark Australien Schweiz Niederlande Spanien Deutschland Schweden Portugal Griechenland Italien Österreich Nicht-universitäre tertiäre Abschlüsse 57 50 22 30 16 20 12 28 19 16 8 26 2 11 4 6 5 3 5 Hochschulerstabschlüsse* 32 28 35 23 31 26 34 16 24 25 28 36 9 30 26 16 19 16 13 13 10 Gesamt 89 78 57 53 47 46 46 44 43 41 36 36 35 30 28 27 23 22 18 16 15 *nach kurzen oder langen ersten Studien Quelle: OECD, Education at Glance, OECD Indicators 1998, S. 200. In Europa erreichen z.B. Norwegen eine Postsekundarquote von 78 Prozent, das Vereinigte Königreich von 46 Prozent, Belgien (Flämische Gemeinschaft) von 44 Prozent, Finnland von 43 Prozent. Demgegenüber zeigen sich für Spanien, Deutschland oder Schweden Postsekundarquoten zwischen 20 und 30 Prozent, unter 20 Prozent bleiben Griechenland, Italien und Österreich. ad. 5. Graduierungsstruktur und Akademikerquoten im Ländervergleich Bezieht man die Graduierungsstrukturen in die Betrachtung ein, so zeigen sich weitreichende Unterschiede in der Ausbildungs- und Auslesefunktion der Hochschulsysteme in den Vergleichsländern (Tab. 7). Japan z.B. hat eine breite Basis an akademisch Ausgebildeten, die sich auf höheren Abschlußebenen radikal verdünnt (unter 2 Prozent eines Altersjahrgangs erreichen einen Master degree). In den USA bilden Abschlüsse mit Bachelor degree einen noch breiteren 11 Siehe: OECD, 1998, S. 200. 110 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Ausschnitt aus der Bevölkerung, die Master degrees kommen auf 12,5 Prozent an der Bevölkerung im vergleichbaren Alter. Die unterschiedliche Allokations- und Filterfunktion von Hochschulsystemen wird noch deutlicher, wenn man die Abschlußquoten mit den Anfängerquoten im Zusammenhang betrachtet. So schneiden etwa Studienanfängerquoten anglo-amerikanischer Länder einen Anteil aus der Bevölkerung in der entsprechender Altersgruppe aus, der zwischen 40 bis über 50 Prozent liegt. Die USA erreichen mit 52 Prozent im OECD-Vergleich den höchsten Anteil. In Europa erreicht nur Finnland eine Studierquote von weit über 40 Prozent. Die Niederlande und Dänemark erreichen Anfängerquoten an Hochschulen von etwa 35 Prozent, Deutschland und Österreich bleiben unter 30 Prozent. Die Schweiz liegt mit 16 Prozent Studienanfängern am Altersjahrgang noch weit darunter. Den hohen Unterschieden in den Anfängerquoten entsprechen relativ geringe Unterschiede auf der Ebene weiterführender Abschlüsse (zweite Abschlüsse, Abschlüsse nach langen ersten Studien), zumal dann, wenn man aus den Abschlüssen langer erster Studien die Universitäten von den Fachhochschulen und vergleichbaren Einrichtungen herausrechnet. Die entscheidende Bildungssystemdifferenz hängt mit der Einrichtung bzw. Nichteinrichtung von Studien vor (oder neben) den Studien, die zu den klassischen akademischen Berufen bzw. zu wissenschaftlicher Arbeit qualifizieren, zusammen. Das System der deutschsprachigen Länder ist zweistufig mit interinstitutioneller Diversifikation (Fachhochschulen neben den Universitäten etc.), das angelsächsische Studiensystem hingegen dreistufig organisiert und impliziert stärkere intra-institutionelle Diversifikation. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 111 TABELLE 7: Ersteintritte und Absolventen an Hochschulen in Prozenten des typischen Altersjahrgangs in der Bevölkerung, 1996 Land Australien Vereinigte Staaten Kanada Korea Japan Vereinigtes Königreich Irland Niederlande Dänemark Schweden Norwegen Finnland Belgien (Flämische Gemeinschaft) Deutschland Österreich Italien Spanien Griechenland Portugal Schweiz Ersteintritte in den Hochschulsekt or Abschlüsse kurzer erster Hochschulstudien Abschlüsse langer erster Hochschulstudien Abschlüsse zweiter universitärer Studien xxx 52 xxx xxx xxx 36 35 32 26 23 X X X X X 12,2 12,5 5,1 3,2 1,9 41 34 X 12,3 29 34 35 xxx 26 45 14 X 20 11 22 11 11 20 8 8 6 13 4,5 10,0 4,4 3,0 9,3 - xxx X 16 4,9 27 29 xxx xxx 18 xxx 16 X X 1 11 X 2 X 16 10 12 15 13 14 9 X X 1,2 X 0,3 1,5 X X = keine Abschlüsse xxx = keine Daten verfügbar Quelle: OECD, 1998 Im Vergleich der Absolventenquoten auf dem Level von Master degrees und Diplomstudien (nach langen ersten Studien) sind die Unterschiede in den Abschlußquoten zwischen Deutschland, Italien, Österreich oder der Schweiz einerseits, den angelsächsischen Ländern andererseits wesentlich geringer. Bei Gewichtung im Hinblick auf berufliche Bezüge (z.B. welche Graduierung gibt Zugang zu klassischen Professionen?) ist dieser Vergleich meines Erachtens der eigentlich relevante. Etwa 12 bis 13 Prozent eines Altersjahrgangs erreichen in den USA oder im Vereinigten Königreich einen zweiten universitären Abschluß. Ohne die Inklusion der Fachhochschulabsolventen würde Deutschland bei einer Universitätsabsolventenquote von etwa 10 Prozent am Altersjahrgang Mitte der 90er Jahre halten, also den gleichen Wert wie Österreich, Italien oder die Schweiz erreichen.12 12 Siehe: Schneeberger, 1999, a.a.O., S. 94. 112 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung In Ländern mit relativ geringen Universitätsabsolventenquoten (Schweiz, Italien, Österreich, auch Deutschland, wenn man die Fachhochschule abzieht) ist die universitäre Bildung in Struktur und Erwartungen auf klassische Akademikerbeschäftigung bezogen (öffentlicher Dienst, Bildung, Wissenschaft, freie Berufe und das Top-Segment der Unternehmen). Das macht ihre Attraktivität auch noch in Zeiten aus, in denen die Realisierbarkeit traditioneller Berufsambitionen bereits quantitativ partiell unmöglich geworden ist. Strukturelle Diversifikation der Hochschulen wird eher über inter-institutionelle Differenzierung, wie die Schaffung von Fachhochschulen, erhofft, oder findet durch noch wenig erforschte Anpassungsprozesse am Arbeitsmarkt statt. Wichtige zusätzliche Bildungsindikatoren zum Verständnis der systemischen Differenzen höherer Bildung sind neben differenzierten Graduierungsquoten das Alter bei Studienbeginn, die Dauer eines Studiums bis zum Erstabschluß und das Alter bei Abschluß. So sind Studienanfänger z.B. in Deutschland oder Dänemark im Mittel kaum jünger als Hochschulabsolventen mit Erstabschluß in Australien oder im Vereinigten Königreich.13 Problem des Nominalismus komparativer Bildungsstatistik? Martin Trow sprach mit Bezug auf die Hochschulen die semantischen Probleme des Strukturvergleichs aus amerikanischer Perspektive an: „Differences between the United States and other countries in their forms and structure of higher education are obscured by the fact that we tend to call elements of our systems by similar names.“14 OECD-Experten verweisen auf die beteiligten Staaten als letzte Legitimationsinstanz der Begriffsdefinition der Hochschulbildung: „Obwohl der Begriff ‘gleichwertig’ verwendet wird, um die Datenerfassung für diese Kategorien zu vereinheitlichen, sind diese Definitionen in gewissem Maße von den Definitionen der Abschlüsse in den einzelnen Ländern abhängig, aber auch von historischen Unterscheidungen zwischen den verschiedenen Arten von Studiengängen, die teilweise, jedoch nicht alle, von traditionellen Hochschulen angeboten werden.“15 Das Eingeständnis von Schwierigkeit und Grenzen der Vergleichbarkeit ist umgekehrt Ausdruck der Einsicht in die Relativität von Bildungsabschlüssen und des Respekts vor der Vielfalt der Kulturen. Trotz dieser epistemologischen Probleme bleibt die bessere Erfassung des postsekundären Sektors eine der wachsenden Aufgaben der Bildungsforschung. Der beste Prediktor für die Expansion des postsekundären Bildungswesens ist die Expansion des sekundären Schulwesens, ungeachtet des Umstandes, ob dieses stärker allgemeinbildend oder stärker berufsbildend strukturiert ist.16 Die Ausweitung des sekundären Schulwesens ist wiederum von sozioökonomischen Variablen (Dienstleistungsanteil, Wohlstand) und politischen Variablen abhängig. Von seiten des Arbeitsmarktes kommen Rückmeldungen in Richtung Ausweitung und Differenzierung der mittleren und intermediären beruflichen Qualifikationen. 13 OECD, 1998, S. 183,. S. 201. 14 Martin Trow: The Exeptionalism of American Higher Education. In: Martin Trow, Thorsten Nyborn (eds.): University and Society. Essays on the Social Role of Research and Higher Education, Jessica Kingsley Publishers Ltd., London, Bristol, PA, USA, Second impression 1997, S. 156. 15 OECD: Bildung auf einen Blick. OECD-Indikatoren 1997, Paris, 1997, S. 326; Kursivsetzung durch den Verfasser, A.S. 16 Francisco O Ramirez, Phyllis Riddle: The Expansion of Higher Education, in: International Higher Education, an Encyclopedia, Garland, New York, 1991, S. 94. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 113 STATISTIK ÜBER ARBEITSMARKTPROBLEME IM ÖFFENTLICHEN SEKTOR IN DEN NIEDERLANDEN: ERFAHRUNGEN EINES BENUTZERS Lex Herweijer Social and Cultural Planning Office P.O. Box 16164 NL - 2500 BD The Hague [email protected] 1 EINLEITUNG Wie in vielen anderen europäischen Ländern gab es in den Niederlanden in den letzten Jahrzehnten einen beträchtlichen Zuwachs der Schul- und Berufsausbildung. Die Zahl von Erwachsenen, die eine höhere Ausbildung genossen haben, hat sich in den letzten 25 Jahren verdoppelt. Der zunehmende Anteil der Bevölkerung an höherer Bildung war im allgemeinen durch das zunehmende Interesse am Studium der Geistes- und Sozialwissenschaften begründet. Die Studienabsolventen aus diesen Zweigen haben traditionell ihre Laufbahn im öffentlichen Sektor begonnen. In den 80er Jahren wurde jedoch in Anbetracht der Notwendigkeit, die öffentlichen Ausgaben zu bremsen klar, daß der staatliche Sektor nicht mehr wachsen konnte. Es gab wiederholt Warnungen vor einem Überschuß an Hochschulabsolventen, die für den öffentlichen Sektor ausgebildet wurden, der nicht genügend Stellen bot. Trotzdem zog das auf die öffentliche Laufbahn zielende Studium weiterhin zahlreiche Studenten an und tatsächlich wählt noch heute, Ende der 90er Jahre, die Hälfte aller Studenten im niederländischen Hochschulsystem ein solches Studium. Damit stellte sich die Frage, wie es den Absolventen dieses Studiums auf dem Arbeitsmarkt ergangen ist. Empfinden sie es zunehmend schwierig, eine Stelle zu bekommen? Findet eine wachsende Anzahl hiervon schließlich in anderen Sektoren oder anderen Laufbahnen als den im Studium geplanten Berufen eine Arbeit? Gleichzeitig wurde vermehrt in den letzten Jahren Besorgnis und die Warnung laut, daß auf dem niederländischen Arbeitsmarkt Hochschulabsolventen mit einer bestimmten Ausbildung fehlen, die sie für besondere Bereiche des öffentlichen Sektors qualifizieren. Personalknappheit in Erziehung und Ausbildung sowie im Gesundheitswesen ist beispielsweise ein zunehmend ernstes Problem. Diese unterschiedlichen Ansichten über den Arbeitsmarkt für Personen mit einer auf die öffentliche Laufbahn ausgerichteten Ausbildung veranlaßten das Social and Cultural Planning Office (SCP), eine Untersuchung über die Übereinstimmung mit der Bildung und dem Arbeitsmarkt im öffentlichen Sektor der Niederlande durchzuführen.1 Die Untersuchung sollte vier Zielen dienen: - ein Bild über Überschuß oder Mangel an Hochschulabsolventen für die öffentliche Laufbahn zu vermitteln; - die Übereinstimmung zwischen der erhaltenen Ausbildung und der Laufbahn dieser Hochschulabsolventen zu ermitteln; - die Faktoren zu erkennen, die die Entscheidung und Wahl eines Studiums für die Laufbahn im öffentlichen Sektor beeinflussen; - einen Überblick über die Wahrnehmung der Arbeit und der Attraktivität der Berufe im öffentlichen Sektor zu bieten. 1 L.J. Herweijer. Tussen overschot en tekort. De aansluiting tussen onderwijs en arbeidsmarkt in de quartaire sector en de marktsector vergeleken. The Hague: Elsevier/Social and Cultural Planning Office, 1999 (Report 162). 114 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung In diesem Papier soll nun die Verfügbarkeit und der Nutzen statistischer Daten über die Übereinstimmung zwischen Erziehung und Ausbildung und Beschäftigung im öffentlichen Sektor der Niederlande erörtert werden. Welche Daten liegen vor? Wie relevant sind sie? Wo liegen die Stärken und Schwächen? In Teil 2 wird die „Übereinstimmung“ definiert und ein Verzeichnis verschiedener Faktoren aufgestellt, die eine Übereinstimmung zwischen Angebot und Nachfrage beeinflussen. Dadurch ergeben sich eine Reihe von Themen, für die statistische Daten benötigt werden. Teil 3 enthält die Zusammenfassung der vorliegenden Daten und stellt einige Ergebnisse anhand von Abbildungen dar. Teil 4 schließlich enthält einige Schlußfolgerungen. 2 ÜBEREINSTIMMUNG ZWISCHEN ANGEBOT UND NACHFRAGE Vergleicht man im einzelnen Ausbildung und Laufbahn, kann zwischen der quantitativen und der qualitativen Übereinstimmung unterschieden werden. Die quantitative Übereinstimmung bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage für einen bestimmten Typ Hochschulabsolventen. Quantitative Probleme mit der Übereinstimmung zeigen sich auf dem Arbeitsmarkt in Form von Überschuß oder Mangel an einem bestimmten Typ Hochschulabsolventen. Die qualitative Übereinstimmung bezieht sich auf das Verhältnis zwischen einem Beschäftigten und der jeweiligen Beschäftigung. Stimmt der Ausbildungshintergrund eines Beschäftigten mit der für die Beschäftigung verlangten Ausbildung überein? Wie ist das Verhältnis zwischen der Ausbildung des Beschäftigten und dem Gehalt? Qualitative Probleme der Übereinstimmung können dank „objektiver“ Indikatoren wie das Verhältnis zwischen Ausbildungs- und Beschäftigungsniveau oder zwischen Ausbildung und Gehaltsniveau, aber auch über subjektive Indikatoren wie Zufriedenheit mit der Arbeit erkannt werden. Anpassungsmechanismen auf dem Arbeitsmarkt können quantitative Spannungen auf dem Stellenmarkt in qualitative Übereinstimmungsprobleme am Arbeitsplatz verwandeln. Zu Zeiten von Personalüberschuß müssen sich Stellensuchende mit einer Tätigkeit begnügen, die ihrer Ausbildung weniger angemessen ist. Ähnlich können die Arbeitgeber die Auswahlkriterien bei freien Stellen, die schwierig zu besetzen sind, lockern und sich mit einem Bewerber zufrieden geben, der die Anforderungen für den Posten in puncto Ausbildung nicht ganz erfüllt. Derartige Formen der Flexibilität reduzieren die (quantitativen) Probleme der Übereinstimmung auf dem Arbeitsmarkt, können aber (qualitative) Probleme im Arbeitssystem schaffen, das heißt Beschäftigte und Posten, die nicht genau zueinander passen. Man darf nicht vergessen, daß die Beziehung zwischen Arbeit und Ausbildung keinesfalls einheitlich ist. Nicht alle Ausbildungsgänge führen zu einer bestimmten Beschäftigung und es ist nicht bei allen Beschäftigungen möglich anzugeben, welche Ausbildungsvoraussetzungen am besten passen. Das Ergebnis hiervon ist, daß nicht immer genau festzustellen ist, ob sich zwischen Ausbildung und Arbeit eine gute Übereinstimmung ergibt. Nur in bestimmten Teilsektoren des Arbeitsmarkts gibt es eine mehr oder weniger genaue und vollständige Konvergenz zwischen Ausbildung und Tätigkeit. Hier handelt es sich um die Märkte für berufliche Qualifikationen oder jobspezifische Fähigkeiten, die in zahlreichen Unternehmen angeboten werden können, wo die Ausbildung einer klar definierten Beschäftigung oder Disziplin entspricht. Bereiche des öffentlichen Sektors wie das Lehramt oder Gesundheitswesen sind hierfür Beispiele. Berufe wie Lehrer, 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 115 Krankenpfleger oder Mediziner sind das Ergebnis einer gezielten Ausbildung und außerdem wird das Verhältnis zwischen Ausbildung und Berufstätigkeit durch vorgegebene Ausbildungsanforderungen verstärkt. Die Möglichkeiten, Personalmangel dadurch zu beheben, in dem man Personen mit einem weniger passenden Ausbildungshintergrund sind folglich stark begrenzt. Der Grad der Übereinstimmung auf dem Arbeitsmarkt ist also das Ergebnis einer Gegenüberstellung von Angebot und Nachfrage. Der Umfang und die Entwicklung des Personalbedarfs im Privatsektor richtet sich im wesentlichen nach konjunkturellen Bedingungen. Im öffentlichen Sektor spielen ebenfalls politische Entscheidungen und gesellschaftliche Trends eine wichtige Rolle. Gesellschaftliche Veränderungen wie wachsender Anteil der Ausbildung oder Überalterung der Bevölkerung können zu einem größeren Bedarf an Ausbildung oder Krankenpflege führen. Letzten Endes ist jedoch die Umsetzung solcher Gesellschaftstrends in mehr Haushaltsmittel oder mehr Erziehungs- und Gesundheitspersonal eine Frage der politischen Entscheidung. In den 80er Jahren gab es im öffentlichen Sektor in den Niederlanden einen Wachstumsstop, weil das Bedürfnis entstanden war, die öffentlichen Ausgaben zu kürzen. Das Ergebnis davon war, daß sich der Mehranteil an Schulbildung nicht in der Erhöhung des Personalbestands, sondern im wesentlichen in höherer Effizienz niederschlug. Neben dem Volumen der Gesamtnachfrage ist das Ausscheiden wegen Erreichens der Altersgrenze der wichtigste Faktor zur Bestimmung des Bedarfs an neuem Personal. In Teilen des öffentlichen Sektors der Niederlande, insbesondere im Erziehungswesen, ist das Altersprofil des vorhandenen Personalbestands ein wichtiger Faktor und viele Kräfte werden in den nächsten Jahren wegen Ruhestand ausscheiden. Das Angebot von Personal mit einer auf den öffentlichen Sektor ausgerichteten Ausbildung richtet sich nach dem Prozeß der Wahl von Schule und Laufbahn und den Entscheidungen, die die bereits Angestellten über ihre künftige Laufbahn treffen. Der Prozeß setzt ein, wenn junge Leute auf der Grundlage ihrer Schul- und Berufswünsche und dem Bild, das sie sich von der Laufbahn in verschiedenen Sektoren machen, ihren beruflichen Werdegang planen. Nach Abschluß ihrer Ausbildung werden sie dann mit der konkreten Jobsuche in dem Sektor konfrontiert, für den sie ihre Ausbildung qualifiziert hat, obwohl sich einige auch in einem anderen Sektor umschauen. Beispielsweise beschließt ein Teil der Lehramtskandidaten, nach einer Berufstätigkeit außerhalb des Erziehungswesens zu suchen. Solche Entscheidungsmomente fallen während der ganzen Laufbahn einer Person an mit der Frage, ob sie zu einer ähnlichen Tätigkeit im gleichen Sektor überwechseln oder nach einer Stelle in einem anderen Sektor suchen möchte. Wie sich die Person entscheidet, hängt davon ab, wie zufrieden sie in ihrem derzeitigen Job ist und welche Alternativen sich bieten. Im öffentlichen Sektor sind ferner die Wahlentscheidungen von Frauen von besonderer Bedeutung. Der öffentliche Sektor zieht einen relativ hohen Anteil von Frauen an, von denen jedoch viele Teilzeit arbeiten möchten, besonders nach der Geburt von Kindern. Zusätzlich scheiden niederländische Frauen teilweise nach der Geburt von Kindern ganz aus dem Arbeitsmarkt aus. Durch die Vorliebe von Frauen für Teilzeitarbeit und dem niedrigeren Anteil von Frauen am Arbeitsmarkt sinkt die Zahl der Personen mit spezieller Ausbildung für die öffentliche Laufbahn auf den Stellenmärkten. Zusammengefaßt bedeutet dies, daß wir, um ein Bild der Übereinstimmungsprobleme im öffentlichen Sektor zu erhalten, folgende Daten benötigen: - 116 Nachfrage nach Arbeitsstellen im öffentlichen Sektor und künftige Entwicklung 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung - Angebot von Hochschulabsolventen mit Ausbildungshintergrund speziell für den öffentlichen Sektor Beteiligung am Arbeitsmarkt und Arbeitslosenquote bei Hochschulabsolventen, die mit Ausrichtung auf den öffentlichen Sektor studiert haben freie Stellen im öffentlichen Sektor Übereinstimmung zwischen der Ausbildung eines Beschäftigten und der Tätigkeit gemäß „objektiven“ Indikatoren (Stellenniveau, Einkommen) Zufriedenheit der Beschäftigten des öffentlichen Sektors mit ihrer Arbeit und mit ihren Laufbahnentscheidungen Wahl von Schule und Beruf (Motive, tatsächliche Wahl) von jungen Leuten Eintritt von Schulabgängern auf den Arbeitsmarkt 3 VORHANDENE DATEN UND NEUE ERKENNTNISSE Als statistischen Daten werden solche quantitative Informationen definiert, die regelmäßig vorhanden und allgemein zugänglich sind. Statistics Netherlands (CBS) ist der Hauptanbieter von statistischen Daten in den Niederlanden für die Übereinstimmung zwischen Ausbildung und Beschäftigung. Neben Zusammenfassungen (Tabellen usw.), die in Form von Statistiken veröffentlicht werden, liefert CBS auch Mikro-Datenbanken, die als Grundlage für die Statistik dienen und Forschern unter bestimmten Bedingungen zugänglich gemacht werden. Außer den von Statistics Netherlands produzierten Statistiken gibt es auch Daten aus Untersuchungen anderer Forschungsinstitute. Manchmal werden diese Untersuchungen ziemlich regelmäßig durchgeführt, während es sich in anderen Fällen um Einzelstudien handelt. Um ein möglichst vollständiges Bild zu erzielen, müssen aus all diesen verschiedenen Quellen Daten gewonnen werden. 3.1 Daten über die quantitativen Spannungen auf dem Arbeitsmarkt Daten über den Schwankungsbereich von Angebot und Nachfrage bei Arbeitskräften sind der Ausgangspunkt für die Analyse von Engpässen auf dem Arbeitsmarkt. Die jährlichen von Statistics Netherlands durchgeführten Arbeitskräfteerhebungen dienen als Hauptquelle für solche Daten. Die Untersuchungen bieten einen Überblick über die Größe des Angebots (Beschäftigte, Erwerbslose und Nichterwerbstätige, die keine Arbeit suchen: das potentielle Angebot) sowie ihre Hauptmerkmale (Alter, Geschlecht, Ausbildungsniveau und -typ und Zahl der pro Woche geleisteten Arbeitsstunden). Daneben sind die Arbeitskräfteerhebungen auch eine wichtige Informationsquelle für die Beschreibung der Nachfrage an Arbeitskräften. Zusammen mit Daten über Stellenzahlen von Firmen wird eine Typologie der Beschäftigung nach Jobniveau und -inhalt in den verschiedenen Wirtschaftszweigen ermittelt. Für die Untersuchung der Übereinstimmung zwischen Ausbildung und Beschäftigung ist es günstig, daß Stellenniveau und -inhalt in Form von Ausbildungsanforderungen festgelegt sind, seit das niederländische Berufsklassifikationssystem Anfang der 90er Jahre überarbeitet wurde. Dadurch lassen sichnd Angebot und Nachfrage leichter vergleichen. Das Bild der Nachfrage wird ergänzt durch Daten über freie Stellen, die aus einer vierteljährlichen Erhebung der Arbeitgeber stammen, die von Statistics Netherlands durchgeführt wird. Ferner liefern die Arbeitskräfteerhebungen wichtige Angaben für Prognosen über den Arbeitsmarkt in den Niederlanden. Die Kombination von Daten aus den Arbeitskräfteerhebungen mit den 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 117 Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung der Arbeitskräftenachfrage2 und die Abgänge von Studenten aus dem Ausbildungssystem ermöglichen Prognosen über künftige Überschüsse oder Mangel an bestimmten Gruppen von Schul- oder Hochschulabgängern. Beispiel hierfür ist das Prognosemodell, das vom Forschungszentrum für Bildung und Arbeitsmarkt (Researchcentrum voor onderwijs en arbeidsmarkt) für den niederländischen Arbeitsmarkt entwickelt wurde und die quantitativen Engpässe auf dem Arbeitsmarkt mittelfristig bestimmt. Einige Ergebnisse Die bei Hochschulabsolventen in den Arbeitskräfteerhebungen der zweiten Hälfte der 90er Jahre ermittelten Arbeitslosenquoten deuten darauf hin, daß für einige bestimmte Studiengänge leichte Engpässe herrschen (insbesondere „Sprache und Kultur“ siehe Tabelle 1). Ganz allgemein sind die Absolventen von Studien, die auf den öffentlichen Sektor orientiert sind, nicht in einer schlechten Position. Der befürchtete Überschuß von Personen mit Ausbildung für die öffentliche Laufbahn hat sich nicht konkretisiert. Da sich die Arbeitslosigkeit in den Niederlanden in den letzten Jahren verbessert hat, dürfte der Stand dieser Personen auf dem Arbeitsmarkt sogar noch günstiger sein. Auffälliger als die Unterschiede nach Ausbildungstyp sind die Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei Frauen höher als bei Männern und zwar in jedem Ausbildungstyp, beträgt zuweilen gar das Doppelte. Die niederländische Regierung führt Werbekampagnen durch, mit denen Frauen ermutigt werden sollen, technische Ausbildungsgänge zu belegen, doch die Arbeitslosigkeit bei Frauen, die dem gefolgt sind, ist sogar noch höher. Mögliche Erklärung für diesen hohen Grad Arbeitslosigkeit bei Frauen kann die Wiedereingliederung von Frauen sein, die ihre berufliche Laufbahn unterbrochen haben, um Kinder zu bekommen sowie die höhere Selektivität von Frauen mit Kindern und einem erwerbstätigen Lebenspartner. Es gibt auch Hinweise dafür, daß Arbeitgeber in einigen Sektoren Männer vorziehen. 2 Die künftige Arbeitskräftenachfrage ist abgeleitet von makroökonomischen Vorausschätzungen über die Entwicklung von Einrichtungen des öffentlichen Sektors. 118 Vorausschätzungen sowie 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Tabelle 1 Arbeitslosigkeit bei Hochschulabsolventen durchschnittliche Prozentwerte 1995-1997 nach Typ des Studiums, Frauen und Männer Männer Frauen 3.4 4.1 2.9 3.2 8.0 5.6 4.2 4.1 7.6 6.0 2.5 2.2 5.3 4.3 5.6 4.7 10.2 7.1 4.5 3.1 6.1 5.7 3.8 5.3 5.1 3.1 4.6 11.5 7.7 6.2 2.4 2.9 6.9 6.5 1.7 1.8 6.4 5.7 3.4 4.5 7.5 7.3 Insgesamt 5.3 Quelle: Statistics Netherlands (Arbeitskräfteerhebung 1995, 1996, 1997) 4.8 9.5 Hochschule Schwerpunkt Privatsektor Technik Wirtschaft Schwerpunkt öffentlicher Sektor Lehrerausbildung Gesundheitswesen Sprache und Kultur Sozialwissenschaften Insgesamt Hochschule Schwerpunkt Privatsektor Technik Wirtschaft Recht Schwerpunkt öffentlicher Sektor Lehrerausbildung Gesundheitswesen Sprache und Kultur Sozialwissenschaften Parallel zu dem Rückgang der Arbeitslosigkeit war in den letzten Jahren eine beträchtliche Zunahme der freien Stellen auch im öffentlichen Sektor zu verzeichnen. Dieses Wachstum des Stellenangebots und die sinkende Arbeitslosenquote sind Zeichen für allgemeine Engpässe auf dem Arbeitsmarkt in den Niederlanden. Die Intensität der freien Stellen (Zahl der freien Stellen pro 100 Beschäftigten) ist nicht so hoch im Erziehungs- und Gesundheitswesen, wie in einigen Bereichen des Privatsektors (insbesondere IKT), doch die Bedeutung, die dem Gesundheits- und Erziehungswesen beigemessen wird und die fehlenden Ausweichmöglichkeiten erschweren das Problem. Wartelisten für dringende medizinische Behandlung und Schulklassen, die wegen Personalmangels nachhause geschickt werden, machen stärkeren Eindruck als IKT-Firmen, die ihre Kunden enttäuschen müssen. Die Ausbildung für eine Laufbahn im Gesundheitswesen oder in Erziehung und Ausbildung zieht zahlreiche Frauen an. Folglich ist der anhaltend niedrige Anteil von niederländischen Frauen am Arbeitsmarkt ein Problem, weil nun in beiden Sektoren Mangel herrscht. Die endgültige Wirkung der Vorliebe von Frauen für Teilzeitarbeit ist ungewisser. Auf der einen Seite bedeutet dies eine beschränktere Zahl von Frauen auf dem Stellenmarkt, auf der anderen Seite zunehmender Frauenanteil am Arbeitsmarkt in den Niederlanden gerade wegen der Fähigkeit, Teilzeit arbeiten zu können. Daneben zeigen die Arbeitskräfteerhebungen, daß ein Teil der Hochschulabsolventen mit einem auf die öffentliche Laufbahn orientierten Studium zur Privatwirtschaft übergewechselt ist. Rund ein Drittel der Lehramtskandidaten und fast ein Viertel der Mediziner sind in anderen Sektoren beschäftigt, als denen, für die sie ausgebildet wurden. Diese beiden Faktoren, nämlich keine bezahlte Arbeit ausüben und sich für eine Tätigkeit in einem anderen Sektor entscheiden, bedeuten, daß das derzeitige Angebot potentieller Beschäftigter im Erziehungs- und Gesundheitswesen eindeutig kleiner ist als das potentielle Angebot. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 119 3.2 Daten über die qualitative Übereinstimmung Der niederländische Arbeitsmarkt wird traditionell danach untersucht, in wieweit das Ausbildungsniveau der Beschäftigten mit dem Niveau ihrer jeweiligen Stellen übereinstimmt. Die Arbeitskräfteerhebungen sind ebenfalls Ausgangspunkt für diese Art von Forschung. Das Niveau der Ausbildung einer Person und das Niveau der Stelle werden ermittelt und können miteinander verglichen werden. Die Auswertung der verschiedenen Arbeitskräfteerhebungen führt zu der Schlußfolgerung, daß das Ausbildungsniveau des Arbeitskräfteangebots rascher gestiegen ist als das Niveau ihrer Stellen. Folge davon ist, daß das Niveau einer Stelle für ein bestimmtes Ausbildungsniveau in den letzten Jahrzehnten gesunken ist. Einige Forscher folgern daraus, daß es auf dem niederländischen Arbeitsmarkt zunehmend eine "Überqualifizierung" gibt (Beschäftigte mit ungenutzter Ausbildung). Es ist allerdings bei solchen Schlußfolgerungen Vorsicht angebracht. Das Niveau einer Stelle wird getrennt von der Person bestimmt, die diese einnimmt. Es ist möglich, daß besser ausgebildete Beschäftigte den im Grunde gleichen Job auf völlig andere Weise erledigen als Personen mit niedrigerem Ausbildungsniveau, so daß in Wirklichkeit die Stelle selbst aufgewertet ist. Außerdem sind besser ausgebildete Personen bei Stellen der gleichen Ebene wahrscheinlich produktiver. Die Tatsache, daß sich eine "Mehrausbildung" auf den Beschäftigten finanziell günstiger auswirkt, scheint diesen Ansatz zu unterstützen. Neben dem Niveau der Stelle ist auch das Gehaltsniveau ein Indikator für die Übereinstimmung zwischen einem Beschäftigten und der jeweiligen Stelle. Statistiken über die Beziehungen zwischen Ausbildung und Einkommen sind doch weniger zahlreich vorhanden. Beispielswiese beinhalten die Arbeitskräfteerhebungen in den Niederlanden keine Daten über Einkommen. Durch Verknüpfung der Daten aus der Arbeitskräfteerhebung und Informationen von Arbeitgebern und ihren Gehaltsstellen ist es allerdings Statistics Netherland möglich, die Arbeitskräfteerhebungen durch Einkommensdaten zu ergänzen (die Erhebung über die Einkommensstruktur). Dies schafft weitere Analysemöglichkeiten, so daß die Beziehung zwischen Ausbildung, Beschäftigung und Einkommen analysiert werden kann. Einige Ergebnisse Das Stellenniveau von Beschäftigten mit höherer Ausbildung, Schwerpunkt öffentlicher Sektor, weist darauf hin, daß der Zustrom zahlreicher solch ausgebildeter Personen auf den Arbeitsmarkt der Niederlande nicht zu Lasten einer Abwertung ihres Stellenniveaus erfolgte. Im allgemeinen sind für die öffentliche Laufbahn ausgebildete Hochschulabsolventen von höherem Niveau als Absolventen mit einem Studium für die Privatwirtschaft. Der Übergang zum Privatsektor bedeutet im allgemeinen einen Rückschritt im Verhältnis zum Stellenniveau für Hochschulabsolventen für die öffentliche Laufbahn. Diejenigen, die zumeist gezwungenermaßen diesen Übergang vollzogen haben, Hochschulabsolventen eines Sprachen- und kulturellen Studiums, haben folglich die niedrigsten Stelleniveaus. Frauen und Teilzeitkräfte haben ein niedrigeres Stellenniveau im Durchschnitt als Männer und Vollzeitkräfte. Durch ihre Wahl des öffentlichen Sektors gelingt es Frauen und Teilzeitkräften (deren Gruppen überlappen sich teilweise in großem Umfang), ihre diesbezügliche Benachteiligung auszugleichen (Tabelle 2).3 3 Der Unterschied von einem Punkt entspricht dem Unterschied zwischen einer Stelle, für die eine mittlere Ausbildung ausreicht und einer Stelle, für die eine Hochschulausbildung gefordert wird 120 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Tabelle 2 Unterschiede im Stellenniveau zwischen Männer und Frauen und zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten im privaten und im öffentlichen Sektor nach Ausbildungsniveau 1995-1997 Frauen Privater Sektor Ausbildungsniveau Höherer Schulabschluß -0.23 Höhere Berufsausbildung -0.38 Hochschulausbildung -0.29 Öffentlicher Sektor Ausbildungsniveau Höherer Schulabschluß -0.07 Höhere Berufsausbildung -0.15 Hochschulausbildung -0.11 a 20-34 Stunden pro Woche im Vergleich zu 35 Stunden und mehr b 12-19 Stunden pro Woche im Vergleich zu 35 Stunden und mehr "Teilzeitstellen"a "Niedrig"-Teilzeitstellenb -0.26 -0.35 -0.34 -0.46 -0.79 -1.05 -0.08 -0.13 -0.08 -0.13 -0.17 -0.14 Quelle: Statistics Netherlands (Arbeitskräfteerhebung 1995, 1996, 1997) Wie den Daten aus der Erhebung über die Einkommensstruktur, die von Statistics Netherlands durchgeführt wurden (d.h. die Arbeitskräfteerhebung mit zusätzlichen Angaben von den Gehaltsstellen der Firmen) zu entnehmen ist, verdienen Personen mit höherer Ausbildung im allgemeinen weniger im öffentlichen als im privaten Sektor. Es gibt jedoch beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Teilen im öffentlichen Sektor. Die Bezahlung bei administrativen Posten in der Regierung liegt in etwa auf der Höhe des Privatsektors, während sie im Gesundheits- und Fürsorgesektor bei großen Gruppen von Beschäftigten dagegen weit zurücksteht. Frauen und Teilzeitkräfte erhalten in der Regel ein geringeres Einkommen als Vollzeitkräfte. Wie auch bei dem Stellenniveau ist dieses ungünstige Verhältnis bei Frauen und Teizeitkräften im öffentlichen Sektor wesentlich kleiner als im Privatsektor. Der öffentliche Sektor bietet insofern einen gewissen Schutz für Frauen und Teilzeitkräfte. 3.3 Daten über die Selbsteinschätzung von Arbeit und Laufbahn Objektive Indikatoren wie Stellenniveau und Gehalt bieten einen Einblick, wie attraktiv die öffentliche Laufbahn ist. Sie geben jedoch keinen Hinweis darauf, wie Beschäftigte des öffentlichen Sektors selbst ihre Arbeit beurteilen. Um die Arbeitnehmer in Sektoren wie Erziehung und Gesundheitswesen zu halten ist es wichtig zu wissen, was sie selbst von ihrer Arbeit denken. Wie genau entspricht ihrer Ansicht nach ihre Stelle der Ausbildung? Wie zufrieden sind sie mit Jobinhalt, Bezahlung und Karriereaussichten? Wie stufen sie ihre Arbeitsbedingungen ein? Was motiviert Beschäftigte, zu einem Arbeitsplatz in anderen Sektoren überzuwechseln? Die Kernstatistiken über die Übereinstimmung zwischen Ausbildung und Beschäftigung, die Daten aus der Arbeitskräfteerhebung enthalten keine solchen subjektiven Indikatoren. Sie enthalten auch keine Angaben über den Lauf der einzelnen Karrieren oder über die Motivation, in einem Sektor zu arbeiten, der nicht der Ausbildungsorientierung entspricht. Im allgemeineren Zusammenhang der laufenden Forschung hat Statistics Netherlands über die Lebenssituation der Bevölkerung in den Niederlanden - die POLS-Erhebung - auch der Einschätzung der eigenen Arbeit Aufmerksamkeit gewidmet. Eine Grenze der Erhebung ist die relativ geringe Zahl der Befragten, obwohl es in den letzten Jahren mehr wurden. Dies beschränkt 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 121 die Möglichkeiten, zwischen den einzelnen Tätigkeiten und Sektoren der Wirtschaft zu unterscheiden. Einige Ergebnisse In der Meinungsumfrage erklären sich die Beschäftigten des öffentlichen Sektors relativ zufrieden mit ihrer Arbeit (Möglichkeit, die eigenen Talente zu entfalten, Freude an der Arbeit und Vielseitigkeit der Aufgaben) sowie mit der Übereinstimmung zwischen ihrer Arbeit und ihrer Ausbildung und Erfahrung. Sie sind auch relativ zufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen, mit Ausnahme der Beschäftigten im Gesundheitswesen, die sich über anstrengende Belastung beklagen. Beschäftigte im Erziehungswesen geben häufiger als alle anderen an, daß ihnen die Arbeit regelmäßig zuviel wird. Die Gründe hierfür können nicht von den vorliegenden Daten abgeleitet werden. Das Niveau der Unzufriedenheit mit Bezahlung und Karrieremöglichkeiten ist im Erziehungs- und im Gesundheitswesen relativ hoch. Im Erziehungssystem der Niederlande scheint es im Bereich der Arbeitsbedingungen in erster Linie ein Imageproblem zu geben. In Wirklichkeit sind die Arbeitsbedingungen nicht wesentlich schlimmer als für andere Beschäftigte mit höherer Ausbildung, außerdem sind die Startgehälter im niederländischen Erziehungssystem sogar recht hoch. 3.4 Daten über die Studienwahl Die niederländische Bildungsstatistik hat sich traditionell vor allem mit der Beschreibung der Beteiligung an der Erziehung während der Pflichtschuljahre und in der unmittelbar danach folgenden Phase (Erstausbildung) befaßt. Es ergibt sich ein relativ vollständiges Bild der Schülerzahl und der Bewegung der Schüler zwischen den verschiedenen Schultypen. Aufgrund dieser Daten lassen sich auch Vorausschätzungen für die Zahl der jungen Leute anfertigen, die gegebenenfalls das Schulsystem verlassen und anfangen, nach einer Stelle zu suchen. Das niederländische Ministerium für Erziehung, Kultur und Wissenschaft bietet ein solches Prognosemodell an, das benutzt wird, um den Abgang aus dem Erziehungssystem in den kommenden Jahren voraussagen zu können. Die niederländische Statistik über die Erwachsenenbildung ist unvollständiger, trotz der Bedeutung, die dem lebenslangen Lernen zukommt. Beispielsweise stammt die letzte Erhebung der innerbetrieblichen Ausbildungsprogrammen von Anfang der neunziger Jahre (allerdings findet 2000 eine neue statt). Die herkömmlichen Bildungsstatistiken vermitteln auch keine Angaben über die Motive junger Leute, ein bestimmtes Studium auszuwählen. Die Statistiken stützen sich auf die Verwaltungen von Erziehungs- und Ausbildungsstätten, so daß die Betonung auf institutionellen Daten liegt. Über die Beteiligten selbst ist außer Alter und Geschlecht nichts bekannt. Beispielsweise zeigen die Statistiken, daß das Interesse an Lehramtsstudien und Krankenpflegerausbildung in den neunziger Jahren zurückging. Leider ist jedoch nichts über die Hintergründe dieses Trends bekannt. Gelegentlich wurden jedoch Untersuchungen durchgeführt um herauszufinden, nach welchen Motiven Studiengänge ausgewählt werden und welche Wünsche und Erwartungen an die spätere Arbeit gestellt werden. Beispielsweise befaßte sich eine Erhebung im Jahre 1991 mit der Studienwahl und den Fortschritten von Studenten, die in dem betreffenden Jahr eine Universitätsausbildung angetreten hatten und diese Erhebung wurde 1995 wiederholt. Zusätzlich 122 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung dazu ist die Wahl des Schul- oder Studiengangs eins der Themen einer Erhebung, die alle zwei oder drei Jahre an Sekundarschulen durchgeführt und teilweise vom Social and Cultural Planning Office organisiert wird (National Secondary School Students Survey). Einige Ergebnisse Diese Erhebungen zeigen, daß junge Leute mit Interesse an Studiengängen mit Schwerpunkt öffentlicher Dienst den Jobinhalt wichtig finden. Privatwirtschaftlich orientierte Studenten sind dagegen eher an Fragen wie Gehalt oder Beförderung interessiert. Ein spezifischer Themenbereich ist die Möglichkeit, Arbeit mit Familie und Kindern zu vereinbaren. In den niederländischen Verhältnissen wird eine Teilzeitbeschäftigung häufig als Vorbedingung für den Erfolg einer solchen Kombination gesehen. In Anbetracht der zahlreichen Teilzeitmöglichkeiten im öffentlichen Sektor suchen viele junge Leute, die eine Kombination von bezahlter Arbeit und Familie für wichtig erachten, eine Stelle im öffentlichen Sektor. Insbesondere dem Erziehungswesen kommt dies zugute. 3.5 Daten über den Eintritt auf dem Arbeitsmarkt Sobald die Studenten ihren Abschluß haben, drängen sie auf den Arbeitsmarkt. Um dem Informationsbedarf bezüglich des Eintritts von Schulabgängern in den Arbeitsmarkt der Niederlanden entsprechen zu können, werden jährlich Stichproben bei denen durchgeführt, die eine höhere Schulbildung, Fachausbildung oder seit neuestem auch die Hochschule abgeschlossen haben. Diese Erhebungen bieten Daten über das Niveau von Erwerbslosen unter den Schulabgängern und Hochschulabsolventen, die Dauer der Stellensuche, die Art der Stelle, die Übereinstimmung zwischen Tätigkeit und Ausbildung, Gehaltsniveau usw. Die Erhebungen werden nicht von Statistics Netherlands sondern vom Research Centre for Education and the Labour Market durchgeführt. Sie bieten eine wertvolle Ergänzung zu der von Statistics Netherlands angefertigten Bildungsstatistik. 4 SCHLUSSFOLGERUNG Um einen Überblick über die Arbeitsmarktprobleme auf dem öffentlichen Sektor der Niederlande zu erhalten bedarf es einer großen Reihe von unterschiedlichen Daten. Zusätzlich zu den Daten über die derzeitigen Differenzen werden Angaben über die Hintergründe benötigt, wie es zu diesen Differenzen kommt. Quantitative Spannungen auf dem niederländischen Arbeitsmarkt lassen sich relativ genau anhand der Daten aus den Arbeitskräfteerhebungen und den Statistiken über freie Stellen ermitteln. Indikatoren wie zum Beispiel die Arbeitslosenquote bei Gruppen mit unterschiedlichem Ausbildungshintergrund und Zahl der freien Stellen in verschiedenen wirtschaftlichen Bereichen vermitteln ein Bild über Überschuß und Mangel. Daneben liefern die Arbeitskräfteerhebungen genaue Angaben über die Größe des potentiellen Arbeitskräfteangebots in einem bestimmten Sektor (erwerbslose Absolventen, die keine Arbeit wünschen, Absolventen, die in einem anderen Sektor tätig sind als dem, für den sie ausgebildet wurden). Eine Mobilisierung solcher Gruppen kann zur Beseitigung von Engpässen führen. Ferner geben Arbeitskräfteerhebungen wertvolle Indikatoren über die qualitative Übereinstimmung zwischen Ausbildung und Arbeit. Hinzu kommt, daß durch eine Verknüpfung von Gehaltsdaten von den Gehaltsstellen mit den Daten aus den Arbeitskräfteerhebungen Angaben über die Übereinstimmung zwischen Ausbildung, Tätigkeit und Bezahlung geschaffen werden. Schließlich 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 123 bieten die Arbeitskräfteerhebungen wertvolle Bauteile für Prognosen von quantitativen Trends auf dem Arbeitsmarkt in den Niederlanden. Wie die Arbeitskräfteerhebungen dienen auch die jährlichen Untersuchungen über die Abgänge aus dem Erziehungssystem der Niederlande eine wichtige Informationsquelle, anhand derer sich Übereinstimmungsprobleme beim Übergang von der Ausbildung zum Arbeitsmarkt nachvollziehen lassen. Obwohl diese Erhebungen nicht von Statistics Netherlands durchgeführt werden sind sie zu einem Schlüsselelement für das einschlägige Angebot von statistischen Daten über den Arbeitsmarkt der Niederlande geworden. Neben diesen gut entwickelten statistischen Quellen gibt es jedoch mehrere Bereiche, für die spärlichere statistische Daten vorliegen. Die Bildungsstatistik vermittelt einen guten Überblick über die tatsächliche Studienwahl von Studenten und insofern über den Ausbildungshintergrund des künftigen Arbeitskräfteangebots. Es fehlen jedoch Informationen darüber, was junge Leute zur Studienwahl veranlaßt, wie sie die verschiedenen Studiengänge und Beschäftigungen wahrnehmen und was sie zu einer bestimmten Wahl statt einer anderen veranlaßt. Die gelegentlichen Untersuchungen bieten ein paar Hinweise, doch wäre dies ein Thema, daß es sich im Rahmen der Ausbildungsstatistik besser zu erkunden lohnte. Ein weiterer Punkt ist, daß sich die niederländische Bildungsstatistik vor allem auf die staatlich finanzierte Erstausbildung konzentriert. Die Angaben über Aus- und Fortbildung im späteren Leben sind beschränkter. In Anbetracht der Bedeutung, die dem lebenslangen Lernen als Bedingung für das Funktionieren des Arbeitsmarkts zukommt, sollte logischerweise dieser Bereich mehr Aufmerksamkeit erhalten. Schließlich wäre der Bereich besser zu erkunden, der sich auf Daten über die Selbsteinschätzung von Arbeit und der Laufbahn bezieht. Angaben über die Zufriedenheit mit ihrem Job und den Laufbahnentscheidungen von Beschäftigten sind einer der Ansätze für eine Politik, die sich um eine bessere Übereinstimmung zwischen Angebot und Nachfrage im öffentlichen Sektor bemüht. 124 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung ANALYSIS OF LABOUR MARKET OUTCOMES FROM EDUCATION AND TRAINING IN ENGLAND Chris Littler DfEE, Analytical Services W608 Moorfoot UK- Sheffield S1 4PQ [email protected] Einleitung 1. In diesem Beitrag werden einige der in England zur Analyse der Bedeutung allgemeiner und beruflicher Bildungsabschlüsse verwendeten Daten und Methoden dargestellt, insbesondere: die Nutzung von Datenquellen zu Ausbildung und Arbeitsmarkt, um den weiteren beruflichen Weg von Jugendlichen nach Beendigung der Schulpflicht zu verfolgen; die Analyse des langfristigen wirtschaftlichen Nutzens und des monetären Werts der allgemeinen und beruflichen Bildung anhand der Steigerung des Lebenseinkommens; und die Nutzung von Daten zu den Bewegungen in die bzw. aus der Arbeitslosigkeit für die Bewertung der Auswirkung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und Programme. Ausbildungs- und Arbeitsmarktdaten 2. Das Ministerium für Bildung und Beschäftigung DfEE veröffentlicht die Daten zum Status Jugendlicher in England in der Ausbildung und auf dem Arbeitsmarkt in einem regelmäßig erscheinenden Statistical Bulletin1. Dabei werden Informationen aus einer Reihe von Quellen zusammengefaßt: Bevölkerungsdaten des Office for National Statistics (ONS) und des Versicherungsmathematischen Amts (Government Actuary's Department); Arbeitsmarktdaten aus der (vom ONS durchgeführten) Arbeitskräfteerhebung; Ausbildungsdaten aus verschiedenen Erhebungen: dem Schools Census, dem Further Education (FE) Statistical Record und dem Individual Student Record des FE Funding Council; und Daten der Higher Education Statistics Agency zur Hochschulausbildung; Daten des Training and Enterprise Council (TEC) Management Information zu staatlich subventionierten Berufsbildungsmaßnahmen (Government Supported Training - GST); Daten der Arbeitskräfteerhebung zu Berufsbildungsmaßnahmen, die vom Arbeitgeber finanziert werden (Employer Funded Training – EFT); und weitere Informationen zur Tätigkeit Jugendlicher aus der Jugendkohortenstudie (Youth Cohort Study - YCS). 3. 1 Die Analyse dieser Daten zeigt, daß gegenwärtig: DfEE (1999) 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 125 viele Jugendliche (fast die Hälfte der 16- bis 18-jährigen) sowohl am Erwerbsleben als auch an allgemeinen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen teilnehmen; 27% an allgemeinen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen, nicht aber am Erwerbsleben teilnahmen; 22% am Erwerbsleben, nicht aber an allgemeinen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen teilnahmen, und 4% weder an allgemeinen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen noch am Arbeitsmarkt teilnahmen. Insgesamt 9% nahmen weder an allgemeinen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen noch am Erwerbsleben teil. 4. Ein Blick auf die Entwicklungstrends zeigt, daß: die Population der 16-jährigen in den letzten 40 Jahren deutliche Schwankungen aufwies, in den nächsten 15 Jahren aber relativ stabil sein wird (Schaubild 1); die Zahl der 16-jährigen, die weiter zur Schule bzw. in ein College gingen, bis 1993 zunahm und seitdem relativ konstant ist (Schaubild 2); die Zahl der Teilnehmer an berufsfeldbezogenen allgemeinen Qualifikationsmaßnahmen (General National Vocational Qualifications GNVQ) angestiegen, die Zahl der Teilnehmer an GCSE-Prüfungen (General Certificate of Secondary Education = Abschlußzeugnis der Sekundarstufe) sowie an allgemeinen Qualifikationsmaßnahmen (NVQ) niedrigerer Niveaustufen gesunken ist (Schaubild 3); seit Einführung des GCSE die Zahl der 15-jährigen mit einem Abschluß der Niveaustufe 2 drastisch zunahm, während der Anteil der Abgänger ohne Abschluß unverändert blieb (Schaubild 4); der Anteil der 16- und 17-jährigen, die weder an allgemeinen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen noch am Erwerbsleben teilnehmen, nach wie vor stabil bei etwa 9% liegt (Schaubild 5); die Arbeitslosenquote nach IAO-Definition für die 16- bis 17-jährigen weiter steigt, während die Quote für die Gesamtbevölkerung gesunken ist. 5. Diese Fakten verraten uns viel über den Status junger Menschen in den ersten Jahren nach Beendigung der Schulpflicht und über die Änderungen, die sich hier in den letzten Jahren vollzogen haben. Die Regierung konzentriert sich heute stärker darauf, die Zahl der Jugendlichen, die nicht an allgemeinen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen teilnehmen, zu senken und den Anteil derjenigen mit Abschlüssen der Niveaustufen 22 und 3 zu erhöhen, damit die Jugendlichen den wachsenden Qualifikationsanforderungen der Arbeitgeber genügen und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt steigen. 6. Zur Erstellung einer Informationsgrundlage für die Festlegung entsprechender Zielvorgaben und zur Beobachtung der erzielten Fortschritte stellt das Ministerium Hochrechnungen zu den Ergebnissen der Abschlüsse der Niveaustufen 2 und 3 an. Diese Hochrechnungen basieren auf den Vorhersagen zur Teilnahme der 16-jährigen an den verschiedenen Ausbildungswegen und auf den erwarteten Erfolgsquoten. Die Teilnahme an allgemeinen und beruflichen Bildungsmaßnahmen wird abgeleitet aus den Trends bei der Zahl der 15-jährigen, die die GCSE-Prüfung ablegen und 2 Bis 2002 soll der Anteil der 19-jährigen mit einem NVQ der Niveaustufe 2 bzw. einem gleichwertigen Abschluß von heute 72 % auf 85 % erhöht werden. 126 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung dem Anteil derjenigen, die ihre Ausbildung fortsetzen; die Teilnahme bei den 17-jährigen basiert dann weitgehend auf Schätzungen zu den 16-jährigen usw. Die Erfolgsquoten spiegeln nicht nur die Prüfungsergebnisse wieder, sondern beinhalten auch Abgänge bzw. Wechsel im Verlauf der Ausbildung und einen Wiedereinstieg nach dem sechzehnten Lebensjahr. 7. Wir sind auch an der Ermittlung zukünftiger Entwicklungstrends interessiert, wobei nicht nur eine Fortsetzung der aktuellen Politik angenommen, sondern auch eventuellen Änderungen der politischen Richtung Rechnung getragen werden soll. Aus diesem Grunde wird das oben beschriebene Verfahren auf unterschiedliche politische Szenarien angewandt und mit einer Rentabilitätsanalyse (siehe unten) kombiniert, um den voraussichtlichen monetären Wert der politischen Optionen einzuschätzen. Rentabilität 8. Zur Ermittlung der Rentabilität bzw. der Kostenwirksamkeit einer Investition in Ausbildungsmaßnahmen berechnen wir ihre Ertragsraten bzw. ihren Nettozeitwert. Wir haben zum einen die Erträge spezifischer Bildungsabschlüsse als Indikatoren für den wahrscheinlichen Wert einer Ausweitung bestimmter Arten von Ausbildungsmaßnahmen herangezogen und uns zum anderen bestimmte Altersgruppen angesehen, um den Wert einer generellen Ausweitung solcher Maßnahmen für die Wirtschaft zu schätzen. In diesem Abschnitt wird der vom DfEE bei der Rentabilitätsanalyse verfolgte Ansatz diskutiert, die in der Arbeitskräfteerhebung enthaltenen, nach Qualifikation untergliederten Daten zum Verdienst zu nutzen. Eine breitere Darstellung der einschlägigen wissenschaftlichen Arbeiten findet sich bei Blundell et al (1999). 9. Berechnet werden gesellschaftliche Ertragsraten3, die Kosten und Nutzen eines Programms oder einer politischen Maßnahme zueinander in Bezug setzen. Dabei besteht der Nutzen im erzielten Wachstum der volkswirtschaftlichen Gesamtproduktion, das in der Steigerung des Lebenseinkommens des Teilnehmers (plus Lohnnebenkosten) zum Ausdruck kommt, und die Kosten entstehen in Form des Verzichts auf einen Teil der volkswirtschaftlichen Gesamtproduktion zugunsten der Durchführung der politischen Maßnahme bzw. des Programms. 10. Die Ertragsraten von allgemeiner und beruflicher Ausbildung werden aus dem Unterschied zwischen dem Lebenseinkommen der Teilnehmer an einer bestimmten Art von Ausbildung und dem Lebenseinkommen von Nicht-Teilnehmern berechnet. Dieser Unterschied wird dann zu den Kosten der entsprechenden Ausbildung ins Verhältnis gesetzt. Damit der Unterschied bei den Lebenseinkommen der Ausbildung zugeordnet werden kann, müssen sich die Gruppe der Teilnehmer und die der Nicht-Teilnehmer in allen anderen Merkmalen möglichst ähnlich sein. Den eher ausbildungsbedingten Anteil am Einkommenszuwachs bezeichnen wir als "Alpha-Faktor". 3 Die Bezeichnung "gesellschaftliche Ertragsraten" ist etwas irreführend, weil üblicherweise mit dem Attribut "gesellschaftlich" verbundene Erscheinungen wie Auswirkungen auf die Gesundheit, auf die Kriminalität und die Umwelt hier unberücksichtigt bleiben. Bei den hier vorgenommenen Berechnungen wäre der Terminus "volkswirtschaftliche Ertragsrate" vorzuziehen, da es um die Messung des durch Investitionen in Ausbildungsmaßnahmen bewirkten Nettowachstums der wirtschaftlichen Ressourcen des Landes, d.h. der volkswirtschaftlichen Gesamtproduktion geht. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 127 11. Die praktische Verwendbarkeit der Ertragsraten ist aus einer Reihe von Gründen begrenzt: Ertragsraten messen volkswirtschaftliche Kosten und Nutzen, nicht Verteilungseffekte wie Chancengleichheit und Aspekte der sozialen Eingliederung; aber die breiter gefaßten und indirekten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten und Nutzen sind in den Ertragsraten aufgrund inhärenter Probleme bei der Messung nicht enthalten. Ein indirekter Nutzen könnte z. B. die Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit durch besser ausgebildete Arbeiter sein, was der gesamten Volkswirtschaft zu gute kommt (und deshalb nicht allein am Verdienst der Teilnehmer an dem allgemeinen oder beruflichen Ausbildungsprogramm abgelesen werden kann); weitere mögliche Nutzen wären die Auswirkungen auf die Gesundheit und die Kriminalitätsraten; aus Gründen der Datenverfügbarkeit messen Ertragsraten normalerweise die bereits eingetretenen Wirkungen der Programme und sind daher in Zeiten eines beschleunigten wirtschaftlichen Wandels bzw. sich rasch verändernder politischer Entwicklungen keine gute Richtschnur für die Zukunft. So gilt z.B. der Verdienst eines heute 45-jährigen mit einer bestimmten Qualifikation (nach Bereinigung um das Wachstum des nationalen Durchschnittsverdienstes) als Richtwert dafür, was ein heute 18-jähriger, der diese Qualifikation neu erwirbt, mit 45 verdienen wird; es ist unklar, ob sich die Ertragsraten auf die durchschnittliche oder die Grenzertragsrate eines Nutznießers des Programmes konzentrieren oder irgendwo dazwischen; im Fall einer für Wettbewerbsmärkte mit homogenen Akteuren typischen Lohnbildung ergäbe sich dann ein Durchschnittswert der Grenzertragsraten der einzelnen Akteure; die Informationen zu dem oft als "Alpha-Faktor" bezeichneten Mehrverdienst, der in erster Linie auf die Ausbildung zurückzuführen ist und nicht auf andere Faktoren wie z. B. angeborene Fähigkeiten, sind mangelhaft. Der ausbildungsbedingte Mehrverdienst beruht zum einen auf der Steigerung der Produktivität durch die erlernte Fähigkeit zur Bewältigung der eigenen Aufgaben und zum anderen auf der Wirkung der Qualifikation selbst, die vorhandene Fähigkeiten signalisiert und die Suche nach geeigneten Arbeitnehmern für bestimmte Tätigkeiten vereinfacht; es ist unklar, inwieweit der jeweilige Lohn die Produktivität des Einzelnen widerspiegelt bzw. von sozialen Faktoren bestimmt ist; die Ertragsraten sind tendenziell statisch; sie basieren auf einem System, in dem das Angebot an Fachwissen die Höhe des BIP beeinflußt, erfassen aber nicht vollständig, in welchem Umfang sich dieses Angebot auf die volkswirtschaftliche Wachstumsrate auswirkt, indem es z. B. einen schnelleren technischen Wandel ermöglicht bzw. bewirkt. 12. Die Berechnung der Ertragsraten ist aufgrund einer Reihe von Faktoren bei den beruflichen Bildungsabschlüssen schwieriger als bei den allgemeinbildenden Abschlüssen: das Alter, in dem berufliche Bildungsabschlüsse erworben werden, kann stark variieren, so daß sich die Zeiträume, in denen - nach erreichter Qualifikation - ein höheres Einkommen erzielt wird, unterschiedlich lang sein können. Die verfügbaren Datenquellen enthalten keine Angaben zu dem Alter, in dem die Auskunftgebenden ihre Qualifikationen erwerben, sondern eher Informationen zu dem Alter, in dem sie ihre Vollzeitausbildung abgeschlossen haben; 128 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung zu den Kosten des Erwerbs beruflicher Qualifikationen am Arbeitsplatz liegen nur wenig Informationen vor. Die Kosten für die innerbetriebliche Ausbildung von denjenigen für die parallel laufende Produktionstätigkeit zu trennen, bereitet erhebliche Schwierigkeiten. Die Arbeitgeber führen nur begrenzt Aufzeichnungen über diese Kosten, und auch wenn sie es täten, würde sich wahrscheinlich ergeben, daß diese Kosten je nach Arbeitgeber und Art der Ausbildung variieren; bei den beruflichen Bildungsabschlüssen ist es bisweilen weniger klar, welcher Vergleichsgruppe der Anstieg des individuellen Verdienstes nach Erwerb einer Qualifikation gegenüberzustellen ist; der Stichprobenumfang in den verfügbaren Datenquellen ist geringer; manche beruflichen Bildungsabschlüsse, z. B. die sogenannten "Modern Apprenticeships", sind so neu, daß keine Daten zum Lebenseinkommen der Absolventen vorliegen. 13. Die folgende Tabelle gibt den Durchschnittsverdienst aufgegliedert nach höchstem Bildungsabschluß wieder. Sie enthält Rohdaten aus der Arbeitskräfteerhebung, die andere für den Verdienst relevanten Faktoren wie z. B. die angeborenen Fähigkeiten nicht berücksichtigen. Die Zahlen werden durch die Alterszusammensetzung der Personenkreise mit den verschiedenen Bildungsabschlüssen beeinflußt; vor allem bei den Qualifikationen, die überdurchschnittlich häufig von Jugendlichen erworben werden, sind sie nach unten verzerrt, da Jugendliche in der Regel weniger verdienen. wöchentl. Bruttoverdienst (£), Vollzeitbeschäftigte, Frühjahr 1998, England und Wales gesamt Männer Frauen erster Hochschulabschluß & höher 524 587 409 sonstiger höherer Bildungsabschluß 386 446 306 A- Level gesamt A-level: mind. 2 Fächer Berufsqualifikation Niveaustufe 3 Niveaustufe 3 gesamt 393 408 345 369 438 450 371 399 311 328 251 290 traditionelle Lehre 348 359 238 GCSE- Abschluß Noten A-C gesamt GCSE-Abschluß Noten A-C: mind. 5 Fächer GCSE-Abschluß Noten A-C: <5 Fächer Berufsqualifikation Niveaustufe 2 Niveaustufe 2 gesamt 301 327 279 243 304 345 385 316 276 350 251 271 236 202 251 CSE-Abschluß unter Niveaustufe 1, GCSE –Abschluß < Note C 273 296 224 keine Qualifikation 246 271 197 Gesamt Quelle: Arbeitskräfteerhebung 357 395 285 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 129 14. Als nächster Schritt wird der Verdienst nach Alter einer bestimmten Qualifikationsgruppe dem einer Vergleichsgruppe gegenübergestellt. Das folgende Schaubild ist eine einfache bildliche Darstellung des im Laufe eines Arbeitslebens durch einen in Vollzeitausbildung erworbenen berufsbildenden Abschluß (vocational qualification - OND) gegenüber den GSCE erzielten Mehrverdienstes. wöchentl. Bruttoverdienst Verdienst nach höchstem Bildungsabschluß - Männer (ONDs mit 5 oder mehr GCSEs 19941998) 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 <5 GCSEs >5 GCSEs ONDs 16-19 20-24 25-34 Alter 35-44 45-64 Anmerkungen zur Methodik 15. Je früher Kosten und Nutzen entstehen, desto höher ist ihr Wert (heute über 1 £ zu verfügen ist mehr wert als das Versprechen, morgen 1 £ zu erhalten). Deshalb werden die in zukünftigen Jahren entstehenden Kosten und Nutzen mit einem Standardabzinsungssatz von 6 % auf ihren Gegenwartswert diskontiert. Die Ertragsrate ist der Abzinsungssatz, bei dem die Summe der diskontierten Nutzen gleich der Summe der diskontierten Kosten ist; wenn sie über 6 % liegt, wird die Investition als lohnend betrachtet. 16. Die Daten zum jeweils höchsten Bildungsabschluß (in Schule, College oder im Beruf) und zu dem Alter, in dem die ununterbrochene Vollzeitausbildung beendet wurde, werden der Arbeitskräfteerhebung entnommen. 17. Höhere Bildungsabschlüsse sind tendenziell mit einem geringeren Arbeitslosigkeitsrisiko verbunden; dies wird – ebenfalls unter Verwendung von Daten der Arbeitskräfteerhebung – in die Verdienstdaten eingerechnet. 18. Zur vollständigen Erfassung des durch höhere Qualifikationen erzielten Produktivitätszuwachses müssen auch die Lohnnebenkosten berücksichtigt werden, um den Wert eines zusätzlichen Arbeiters für den Arbeitgeber darzustellen. Das treibt die Verdienstzahlen (auf allen Qualifikationsebenen) um 25 % nach oben. 130 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 19. Für die Zukunft erwarten wir auf allen Qualifikationsebenen ein Anwachsen der Reallöhne um 2 % pro Jahr. 20. Wer länger im Bildungssystem verbleibt, verdient währenddessen weniger als bei einem früheren Eintritt ins Arbeitsleben. Ebenso verhält es sich bei einer späteren Rückkehr ins Bildungssystem im Vergleich zum Verbleib im Arbeitsleben. Den durch die längere Ausbildungsdauer entgangenen Verdienst ermitteln wir auf der Grundlage der voraussichtlichen längeren Ausbildungsdauer und der Höhe des möglichen Nebenverdienstes durch eine parallel zur Ausbildung ausgeübte Teilzeitbeschäftigung. Bewertung der Arbeitsmarktpolitik mit Hilfe von Verlaufsdaten 21. Die Bewertung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen erfolgt im Vereinigten Königreich häufig auf der Grundlage der einzelnen Maßnahmen, wobei eigens in Auftrag gegebene Erhebungen und eine Kombination quantitativer und qualitativer Techniken zur Überprüfung von Ablauf und Wirkung der jeweiligen Maßnahme Anwendung finden. Doch bei größeren Veränderungen politischer Natur und bei der Ermittlung der Gesamtwirkung mehrerer kombinierter politischer Maßnahmen arbeitet das Ministerium zusätzlich auch mit der Analyse von Verlaufsdaten zur Arbeitslosigkeit. 22. Diese Methode ist nur bei Programmen für die Zielgruppe der 18-jährigen und Älteren anwendbar, da für die 16- und 17-jährigen keine entsprechenden Daten zur Verfügung stehen. 23. Der Bestand der Arbeitslosigkeit wird durch Zugänge und Abgänge an Arbeitslosen beeinflußt. Die Zugangs- und Abgangsraten spiegeln wider, wie sich aufgrund konjunktureller und arbeitsmarktpolitischer Einflüsse der Status der Menschen auf dem Arbeitsmarkt verändert. Zwischen den Abgängen und den Zugängen besteht ein deutlicher Zusammenhang; entscheidend dafür sind die Abgänge - sie bestimmen die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit bzw. des Zeitraums zwischen einem Anstieg der Zugänge und einer Zunahme der Abgänge. Wir beobachten einen zeitlich recht stabilen Zusammenhang (zwar schwankt die Zahl der Abgänge im Verlauf eines Konjunkturzyklus, doch der Anteil der Zugänge, die eine bestimmte Arbeitslosigkeitsdauer durchlaufen, ist - unabhängig von der Konjunkturphase - ähnlich). 24. Die konjunkturelle Entwicklung wirkt sich anders auf diese Bewegungen aus als politische Maßnahmen: bei nachlassender Konjunktur erwarten wir eine Zunahme der Entlassungen und einen Rückgang der Neueinstellungen, doch eine erfolgreiche aktive Arbeitsmarktpolitik erhöht die Zahl der Abgänge. Aus diesem Grund kann die Analyse der Abgänge bei der Bewertung einer politischen Maßnahme eine wichtige Rolle spielen. Die Berechnung der von uns erwarteten Entwicklung der Abgänge im Verlauf eines Konjunkturzyklus kann Vergleichswerte zur Beurteilung der Wirkung einer geänderten Arbeitsmarktpolitik liefern. 25. Der Umfang der Bewegungen zwischen den unterschiedlichen Statusausprägungen auf dem Arbeitsmarkt (erwerbstätig, arbeitslos und inaktiv) wird durch eine einfache Analyse der Daten der Arbeitskräfteerhebung sichtbar. Diese Erhebung besitzt ein Längsschnittelement, das aufzeigt, was Einzelpersonen in aufeinanderfolgenden (Vierteljahres-) Zeiträumen gemacht haben. Da hier aber weder mehrfache Veränderungen innerhalb eines Vierteljahreszeitraums noch Bewegungen innerhalb des gleichen Status (mehr als die Hälfte aller Stellenwechsel erfolgt direkt von einem Beschäftigungsverhältnis in ein anderes, ohne dazwischenliegende Arbeitslosigkeit) registriert werden, erscheint der Umfang der Bewegungen niedriger als er in Wirklichkeit ist. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 131 26. Mit der Bewertung einer politischen Maßnahme wollen wir feststellen, welche Veränderungen sie bewirkt hat, vor allem, ob sich die Lage der Zielgruppe gegenüber dem ohne die Maßnahme zu erwartenden Zustand verändert hat, ob die Maßnahme – für sich allein oder in Kombination mit anderen Maßnahmen - das Verhalten der Arbeitgeber beeinflußt und ob sie Bewegungen in die Nicht-Erwerbstätigkeit bewirkt. 27. Wir besitzen keine umfassenden Daten, mit denen wir den Weg von Einzelpersonen im Erwerbsleben verfolgen könnten, für Gruppen hingegen ist dies mit Hilfe des Arbeitslosenregisters (claimant count) möglich. Mit den darin enthaltenen Daten können wir z.B. feststellen, ob die Abgangsraten für die Zielgruppe über den angesichts der aktuellen Arbeitsmarktlage zu erwartenden Wert gestiegen sind, ob sich die Abgangsraten bei den Nicht-Zielgruppen gegenüber der Zielgruppe verändert haben (auch die Zugänge können hier zunehmen), und wir können ermitteln, ob die Abgänge generell zurückgegangen sind, weil benachteiligte Firmen weniger durch die politische Maßnahme bedingte Neueinstellungen vorgenommen haben, oder ob aufgrund von Entlassungen mehr Zugänge zu verzeichnen waren. 28. Das Arbeitslosenregister enthält auch Informationen zum weiteren Weg der Arbeitslosen, z. B. über die Teilnahme an allgemeinen und beruflichen Bildungsmaßnahmen, über den Bezug anderer Unterstützungsleistungen und über diejenigen, die der Meldepflicht nicht nachkommen, was eine über die Veränderungen beim Arbeitsplatz hinausgehende umfassendere Bewertung der politischen Maßnahme ermöglicht. 29. Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen haben in der Regel nicht nur zum Ziel, einigen Menschen einen Arbeitsplatz zu verschaffen, sondern sie sollen auch die langfristige Vermittelbarkeit von Arbeitslosen verbessern; wir müssen also – mit Hilfe von Längsschnittdaten auch die Beschäftigungsdauer der Abgänger aus dem Register verfolgen. Das Arbeitslosenregister liefert Daten zum Bestand an Arbeitslosen und zu den Zu- und Abgängen, aufgegliedert nach Dauer der Arbeitslosigkeit, Alter, Geschlecht, Personenstand, nach dem Status im Anschluß an den Abgang und nach gewöhnlicher bzw. gewünschter Tätigkeit sowie jeweils nach Region. Das sind jedoch keine Daten auf der Ebene von Einzelpersonen. Eine Möglichkeit zur Betrachtung individueller Erfahrungen bietet der JUVOS-Datensatz, eine 5 %-Stichprobe aus dem Arbeitslosenregister, mit der der Weg Einzelner im Berufsleben verfolgt wird; dieser Datensatz liefert uns die exakte Dauer von Arbeitslosigkeitsperioden und ermöglicht die Berechnung der Tendenz zum erneuten Zugang ins Register und, wenn er erfolgt, die Beobachtung der nächsten Schritte. Auch bei Personen, die nach Abschluß einer Maßnahme wieder arbeitslos werden, können wir anhand der Dauer des Verbleibs im Arbeitslosenregister feststellen, ob sich die Vermittelbarkeit verbessert hat. 30. Die Arbeitskräfteerhebung eignet sich aufgrund des geringen Stichprobenumfangs nur begrenzt für diese Art von Analysen, doch das Ministerium will ihre Verwendbarkeit für Untersuchungen zu den Chancen der 16- und 17-jährigen auf dem Arbeitsmarkt prüfen, da das Arbeitslosenregister keine Daten zu dieser Altersgruppe enthält. Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung eigens entworfener Längsschnitterhebungen und der Vergleich mit von der Maßnahme nicht betroffenen Einzelpersonen. Entscheidend ist dabei, Einzelpersonen zu ermitteln, die – unabhängig davon, ob sie von der arbeitsmarktpolitischen Maßnahme betroffen wurden oder nicht – ähnliche Merkmale aufweisen. Es hat sich gezeigt, daß auch dies bei erwachsenen Teilnehmern an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen einfacher ist als bei jugendlichen Teilnehmern an allgemeinen oder beruflichen Bildungsprogrammen. Wenn sie realisierbar sind, ermöglichen solche Erhebungen allerdings eine detailliertere Erfassung der Merkmale der Einzelpersonen sowie ihrer Erfahrungen vor und nach dem entsprechenden Programm; so kann z. B. erfaßt werden, ob sie eine Vollzeit- oder 132 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Teilzeitstelle gefunden haben, bzw. im Fall erneuter Arbeitslosigkeit, was die Gründe dafür sind. Ein Beispiel für eine solche Vergleichsstudie aus neuerer Zeit findet sich bei Payne et al (1999). __________________________ Literaturverzeichnis Blundell, R. et al (1999) Human Capital Investment: the returns from education and training to the individual, the firm and the economy, Fiscal Studies Vol 20, Nr.1, S. 1-23 DfEE (1999) Statistical Bulletin: Education and labour market status of young people in England, aged 16-18: 1992-1998, Ausgabe Nr. 11/99, Oktober 1999 Payne, J. et al (1999a) Work-based training and job prospects for the unemployed: an evaluation of Training for Work, DfEE Research Report RR96 Payne, J. et al (1999b) The Impact of Work-Based Training on Job Prospects for the Unemployed, Labour Market Trends, Juli 1999 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 133 134 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 135 136 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 137 138 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 139 140 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung TEIL 2: DIE ZUKUNFT UND KÜNFTIGE ENTWICKLUNGEN 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 141 142 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung ERHEBUNGEN ÜBER DAS BILDUNGS- UND AUSBILDUNGSSYSTEM IN ITALIEN Aurea Micali Liana Verzicco ISTAT Viale Liegi 13 Roma Italy [email protected] Einführung Die Istat-Erhebungen über das Bildungs- und Ausbildungssystem wurden in den letzten Jahren einem tiefgreifenden Umgestaltungsprozeß unterzogen. Sowohl die Inhalte als auch die Durchführungsweise waren von dieser Umgestaltung betroffen. Wichtigste Neuerung im Durchführungsbereich ist die Übertragung der Zuständigkeit für die Erhebungen an die zuständigen Ministerien. Ab 1999/2000 werden die administrativen Daten über die Studenten und den Lehrkörper sowie die Schulen und Hochschulen nach vier Jahren nicht mehr vom ISTAT bereitgestellt (das ISTAT arbeitet allerdings weiterhin mit zwei Ministerien zusammen, um die für die sektorale Analyse und die Dateneinholungs- und Aufbereitungssysteme notwendigen Größen zu definieren). Die Abgabe der administrativen Erhebungen über die Schulen und Hochschulen hat jedoch neue Möglichkeiten eröffnet: Sie bot erstens Gelegenheit, die Informationsinhalte der Erhebungen selbst zu überprüfen, und sie gestattete es zweitens dem ISTAT, neue Erhebungsfelder zu erschließen und so das Informationsspektrum im Bereich Bildung und Ausbildung zu erweitern. Nach kurzer Erläuterung des italienischen Bildungssystems werden auf den folgenden Seiten die wichtigsten einschlägigen statistischen Neuerungen beschrieben. 1. Der Aufbau des italienischen Bildungssystems 1998 wurden neue Regelungen im italienischen Bildungssystem eingeführt, die allmählich umgesetzt werden. Dabei ging es insbesondere um folgendes: 1 Die Grenze des Pflichtschulalters wurde von 14 auf 15 Jahre erhöht. Die Grundschule und die Unterstufe der weiterführenden Schule werden zu einem einheitlichen Zyklus von sieben Jahren vereinigt (ein Jahr weniger als bisher); die Oberstufe der weiterführenden Schule - die bisher fast ausschließlich einen einzigen, fünf Jahrgangsstufen umfassenden Zyklus vorsah - wird ab jetzt in zwei hintereinander geschaltete Zyklen untergliedert: einen zweijährigen und einen dreijährigen Zyklus.1 Die - schulische bzw. außerschulische - Ausbildungspflicht wurde bis zum 18. Lebensjahr verlängert: Jugendliche, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, müssen ihre Ausbildung fortsetzen und können dabei wählen zwischen: Schule, regionaler Berufsausbildung (außerschulische Ausbildung) und Lehre. Die Hochschulausbildung (mit Ausnahme der Forschungsdoktorate und der Spezialisierungen) wurden in zwei hintereinander geschaltete Zyklen gegliedert: einen Bisher erlosch die Schulpflicht mit dem Erwerb des Abschlusses der Unterstufe der weiterführenden Schule; künftig schließt sie den ersten Zyklus der Oberstufe der weiterführenden Schule mit ein. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 143 dreijährigen und einen zweijährigen Zyklus. Die bisherigen beiden Zyklen (kurzer und langer Zyklus) waren unabhängig voneinander: Die Studenten konnten sich für einen langen Ausbildungsgang einschreiben, ohne zuvor den kurzen durchlaufen zu haben, und die allermeisten Studenten machten hiervon Gebrauch. Jetzt sind die beiden Zyklen aufeinanderfolgend gestaltet. Wobei man sich für einen Fachabschluß erst nach Absolvierung des kurzen Ausbildungsweges (Stufe 1) einschreiben kann. Mit der Reform wird somit die Ausbildungszeit verlängert. Gleichzeitig werden aber mehrere Zyklen angeboten, die vor allem kürzer sind. Bisher war der Bildungsweg in Italien ziemlich uneben: Viele junge Menschen versuchten es zwar mit weiterführenden Studien, brachen diese aber häufig ab. Die Oberstufe der weiterführenden Schule war zu lange und fast immer auf das Hochschulstudium ausgerichtet. Das Hochschulstudium zog sich hin (bis zum Erwerb eines Abschlusses vergingen vier bis fünf Jahre), und viele junge Leute machten ihren Abschluß erst sehr spät (die durchschnittliche Studiendauer beträgt heute über sechs Jahre). Nachstehendes Schema hilft, die unerwünschten Auswirkungen des bisherigen Aufbaus herauszustellen. Untersucht man den Bildungsweg einer imaginären Generation von 1000 Absolventen der Unterstufe der weiterführenden Schule, stellt man fest, daß fast die gesamte italienischen Schulbevölkerung noch vor Verlängerung der Schulpflicht freiwillig eine längere Ausbildung wählte. Man sieht (Schaubild 1), daß 93 % der Schüler nach Beendigung der Unterstufe der weiterführenden Schule (Schüler im Alter von 14 Jahren) auf die Oberstufe überwechseln. Unser Schul- und Hochschulsystem ging sehr verschwenderisch mit den Ressourcen um (nicht nur wirtschaftlich gesehen). Dies gilt sowohl für die jungen Menschen als auch deren Familien. Die „vorzeitigen“ Schulabgänge erreichen beängstigende Ausmaße. Von 1000 Abgängern der Unterstufe der weiterführenden Schule schaffen nur 731 der Abschluß der Oberstufe, und nur 169 erreichen einen akademischen Abschluß. Jahr für Jahr brechen rund 17 % der Schüler der Oberstufe und rund 63 % der Studenten ihre Ausbildung ab. Die (außerschulische) regionale Berufsausbildung konnte sich nicht als Alternative etablieren, da den im Rahmen des regionalen Berufsausbildungssystems erworbenen Abschlüssen bis vor kurzem die Anerkennung durch das Schulsystem versagt blieb. Nur 33 von 1000 Absolventen der Unterstufe der weiterführenden Schule schrieben sich in die regionalen Ausbildungskurse ein, und nur 15 von 1000 Abiturienten. Das Fehlen einer höheren technischen Ausbildung nach dem Abitur zwang fast sämtliche jungen Menschen, die ein Studium aufnehmen wollten, sich für einen akademischen Lehrgang zu entscheiden. Hinzu kam, daß fast sämtliche Studenten für die langen Studiengänge optierten (435 von 1000 Absolventen der Unterstufe der weiterführenden Schule wählten die langen Ausbildungsgänge, nur 24 die kurzen). Dies war darauf zurückzuführen, daß die Abschlüsse der kurzen Studiengänge auf dem Arbeitsmarkt nicht richtig anerkannt wurden2. Vor allem aber der Umstand, daß es bei zahlreichen kurzen Ausbildungsgängen im Gegensatz zu den langen einen Numerus Klausus gab. 2 In der öffentlichen Verwaltung gibt es zum Beispiel keine Leistungswettbewerbe, die für diese Art Studienabschlüsse geeignet wären. 144 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 2. Erhebungen über die Schüler und Studenten der Schulen und Hochschulen Neben den soeben angeschnittenen Probleme haben auch die laufenden Reformvorhaben Auswirkungen auf die Bildungs- und Ausbildungsstatistik, die in den letzten Jahren überarbeitet wurde, um die sich vollziehenden Umwälzungen besser nachzeichnen zu können. Mit Schwerpunkt auf den Erhebungen über die Hochschulen führte das ISTAT 1999 ein vom Hochschulministerium finanziertes Vorhaben zur Einführung eines Informationssystems zu Ende, in dessen Rahmen Instrumentarien zur systematischen Beobachtung und Bewertung der Hochschulen bereitgestellt werden. Ein Ziel war es, das Ministerium in die Lage zu versetzen, das Istat in seiner Rolle als Produzent von Daten über das Hochschulwesen zu unterstützen. Nach Abschluß dieses Vorhabens werden bestimmte neue Erhebungen direkt unter der Regie des Hochschulministeriums durchgeführt, darunter die Erhebungen über die kurzen und langen Studiengänge, womit die Übertragung der Erhebungen auf die zuständigen Ministerien abgeschlossen wäre. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 145 Schaubild 1: - Bildungsweg einer imaginären Generation von 1000 Absolventen der Unterstufe der weiterführenden Stufe (a) 1000 – Abschluß der Unterstufe der weiterführenden Schule 29 es wechseln nicht auf die Oberstufe über: 2,9 % 33 Regionale Berufsausbildung (ISCED 3C): 3,3 % 1. Jahr der Oberstufe Schule …………. 938 (93.8%) 46 Berufsabschluß: 4.9% 161 die Oberstufe brechen ab: 17.2% Abitur ……………………………… …. berufsbildende Gymn. (ISCED 3A) 142 731 (78.0%) davon: naturw. Gymn. (ISCED 3A) 293 geisteswiss. Gymn. (ISCED 3A) 212 15 Regionale Berufsausbildung sonst. Gymnasien (ISCED 3A-B-C) 84 257 kein Hochschulstudium nehmen auf: 30,1 % (ISCED 4C): 1,7 % an einer Hochschule studieren ………………… 459 (62.8%) davon: kurze Studiengänge 24 (5.3%) lange Studiengänge 435 (94.7%) 289 Studienabbruch: 63.0% Abschluß eines Kurzstudiums 12 (7.5%) (a) (Zeitgenössische 146 Abschluß eines Langstudiums 157 (92.5%) Analyse 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Mit der Überarbeitung der Erhebungen über die einzelnen Schulstufen wurde zweierlei bezweckt: 1) die Einholung von Daten für internationale Vergleiche, 2) die Vertiefung der Merkmale des HochschulAusleseprozesses. Die wichtigsten Neuerungen betrafen erstens die systematische Erhebung bestimmter Strukturmerkmale der Schüler und Studenten (Alter, Wohnort usw.) und zweitens eine gründlichere Analyse des schulischen und akademischen Werdegangs mit Schwerpunkt auf den Hochschulen, wo - wie wir gesehen haben - der Studienabbruch ein noch größeres Problem darstellt. Die Frage der Aufnahme der Altersvariablen stellte sich bis vor vier Jahren bei keiner Erhebung über den Bildungsbereich. Sämtliche Analysen der schulischen und akademischen Werdegänge, der Studiendauer und des Studienerfolges wurden im Rahmen der einzelnen Studienzyklen anhand des jeweils besuchten Schul- bzw. Hochschuljahres durchgeführt. Dieser Ansatz war ausreichend und auch zufriedenstellend, solange das italienische Schulsystem diese in Schaubild 1 schematisch dargestellte starre, wenig differenzierte Gliederung aufwies. Die Aktivierung neuer Ausbildungswege (höhere technische Ausbildung, Aufbau der öffentlichen und privaten außerschulischen Berufsausbildung usw.) werden das System verändern, das sich nunmehr nicht mehr monolithisch, sondern facettenreich darstellt. Somit erwies es sich als notwendig, einerseits für die Analyse der Schüler und Studenten und andererseits für die Analyse der „Graduates“ auf den einzelnen Schul- und Hochschulstufen das Alter auch auf nationaler Ebene als Leitmerkmal einzuführen. Ab diesem Jahr wird Italien bei den Bildungsindikatoren sowohl im OECD- als auch im EurostatRahmen, wo das Alter beim Vergleich der Ergebnisse und Prozesse der bisweilen radikal unterschiedlich gegliederten Bildungssysteme als Leitmerkmal dient, stärker repräsentiert sein. Das Istat erkennt inzwischen an, daß das Kontrollsystem für unser Bildungssystems soweit verfeinert werden muß, daß es auch den Vergleich der Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme der einzelnen Länder einschließt, und veranlaßte, daß die Altersvariable innerhalb des schulischen und außerschulischen Bildungssystems bereits ab dem Kindergarten erhoben wird. Was das zweite Ziel (die Analyse der schulischen und akademischen Werdegänge) angeht, so wird heute eine große Zahl von Variablen sowohl für die Schulen als auch für die Hochschulen erhoben (Fachrichtungswechsel auf der Oberstufe der weiterführenden Schule, Überwechseln von den öffentlichen und privaten Schulen, bestandene akademische Prüfungen, Datum des Hochschuleintritts usw.). Wie wir noch sehen werden, stammen diese Informationen nicht nur aus den Schul- und Hochschulerhebungen, sondern auch aus einer Reihe von Erhebungen über Studenten, die das Istat in jüngster Zeit anstellte. 3. Die außerschulische Berufsausbildung Wegen des Schattendaseins, das die Berufsausbildung innerhalb des Ausbildungssystems bisher führte, war dieser Sektor bisher in unseren Statistiken zu kurz gekommen. Heute jedoch werden die Statistiken über die außerschulische Berufsausbildung aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten ausgebaut, die Schulpflicht sowohl innerhalb des regionalen als auch des schulischen Ausbildungssystems zu absolvieren. Seit 1971 wurde die außerschulische Berufsausbildung auf regionaler Ebene aufgebaut. Über bestimmte Erhebungen hinaus die die Regionen auf lokaler Ebene durchführen, sind die Erhebungen des Istat und des ISFOL (Institut zur Entwicklung der Berufsausbildung von Arbeitnehmern, ein Forschungsinstitut des Arbeitsministeriums) die einzigen statistischen Quellen, die das nationale Ausbildungssystem kohärent und vollständig beschreiben. Es gibt jedoch noch ein privates berufliches Ausbildungsangebot, das derzeit im Rahmen der amtlichen Statistik noch nicht erfaßt wird. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 147 Die ISFOL-Ausarbeitungen anhand administrativer Daten Jährlich legen die Regionen dem Arbeitsministerium einen Arbeitsbericht vor, auf dessen Grundlage das Ministerium die Überwachung und Bewertung der Wirkung der Ausbildungsprogramme in den Regionen in die Wege leitet. Das ISFOL sammelt und verbreitet in diesem Bericht mit einer nahezu jährlichen Frequenz Daten über die Zahl der Lehrgänge, der Lehrgangsteilnehmer und Absolventen sowie die Typologie und den Tätigkeitsbereich der Lehrgänge (Verwaltungsdaten auf der Grundlage der Rechnungsabschlüsse). Ein Großteil der regionalen Ausbildungstätigkeit wird bereits vom Europäischen Sozialfonds mitfinanziert (1998: rd. 75 % der Lehrgänge). Zur Bewertung der Ausbildungsmaßnahmen sowie der vom Europäischen Sozialfonds mitfinanzierten Politikfelder wurde auf Veranlassung des Arbeitsministeriums beim ISFOL ein Bewertungsmechanismus aktiviert. Damit werden jährlich Finanzindikatoren für die Effizienz und Durchschlagskraft der Maßnahmen und eine Bewertung der Auswirkungen auf das sozioökonomische Umfeld erarbeitet. Die ISTAT-Erhebungen Die statistische Erhebung des ISTAT über die Berufsausbildungsmaßnahmen stellt eine in jährlichem Rhythmus durchgeführte Gesamterhebung. Mit dieser Erhebung werden unmittelbar bei den Ausbildungsinstituten Informationen über die Maßnahmen erhoben, die von den einzelnen Regionen und in eigener Regie bzw. in von den Regionen anerkannten privaten Ausbildungsstätten (Ausbildungsstätten der Gewerkschaften, Unternehmen oder religiösen Einrichtungen) durchgeführt wurden. Aufgrund der Erhebung über die im Jahre 1996-97 durchgeführten Maßnahmen wurde der Erhebungsfragebogen stark überarbeitet. Es wurden neue Variablen eingeführt: Teilnehmer und Absolventen nach dem Alter, Ausbildungsinhalte des Lehrgangs (aufgrund der Eurostat-Klassifikation „Fields of Education and Training“) sowie - was die Erstausbildung angeht - die Vorbildung (Studienabschluß) der Teilnehmer. Der Informationsgehalt der Erhebung, mit der Daten über die Ausbildungsmaßnahmen und deren Teilnehmer erhoben werden, ermöglicht heute eine detaillierte Analyse des Ausbildungsangebots und der Benutzermerkmale. Aus der Gegenüberstellung mit anderen sozioökonomischen Indikatoren (Schulquote, Erwerbsquote und Arbeitslosenrate, lokale Arbeitsmärkte usw.) läßt sich die Fähigkeit der Regionen bewerten, auf das spezifische regionale Umfeld zugeschnittene Initiativen im Beschäftigungsbereich in Angriff zu nehmen. Schließlich ermöglicht es insbesondere die Einführung des Fragebogens über die Variablen Alter, Ausbildungsstand und Zahl der Absolventen, die Teilnahme der Bevölkerung am Ausbildungsangebot insgesamt zu untersuchen, so daß sich die Beobachtung nicht mehr nur auf das Schulsystem erstreckt. Auch für die Teilnehmer am berufsbildenden Unterricht lassen sich jetzt die Quoten für Teilnahme, Selektion und erfolgreichen Abschluß der Maßnahme berechnen. Somit können neue Indikatoren über die Effizienz und Durchschlagskraft des gesamten Ausbildungssystems erstellt werden. Hier einige Daten: Zwischen 1996 und 1997 stieg die Zahl der Teilnehmer an den regionalen Berufsausbildungsmaßnahmen von 422 000 auf 670 000. Trotz des erheblichen Anstiegs ist die Teilnahme an diesen Ausbildungsmaßnahmen noch immer sehr schwach (Tab. 1). Die Grundausbildung, zu der Jugendliche Zugang haben, die lediglich die untere Mittelstufe absolviert 148 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung haben, erreicht lediglich 1,8 % der Jugendlichen im Alter von 14 bis 21 Jahren, mit einem Spitzenwert von 3,2 % bei den 15jährigen. Tabelle 1 Prozentsatz der Teilnahme Ausbildungsgängen nach Alter - 1997-98 an __________________________________________ ALTER SCHULISCHE BERUFL. GRUNDAUSBILDUNG AUSBILDUNG (a) _________________________________________ 14 97,1 2,1 15 86,7 3,2 16 79,1 2,5 17 74,3 1,9 18 69,0 1,3 19 42,1 1,5 20 32,7 1,2 21 27,9 1,3 INSGESAMT 61,4 1,8 Beim Ausbildungsangebot sind nicht alle Regionen gleich aktiv: Die meisten Maßnahmen konzentrieren sich auf Norditalien (57,6 % der Lehrgänge), gefolgt von Mittelitalien (25,7 %), während Süditalien, wo die Arbeitslosenzahlen am höchsten sind, nur wenige Lehrgänge angeboten werden (16,6 %). Norditalien verzeichnet auch die meisten Teilnehmer Tab. 2). Dort sind 3,87 % der Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 21 Jahren in einem Grundkurs eingeschrieben, im Süden nur 0,8 %. Auch bei den sonstigen Maßnahmen ist die Frequenz bescheiden (lediglich 0,8 %). Auch hier ist der Andrang im Norden (1,1 %-1,4 %) am stärksten. Tabelle 2 Teilnahme an den regionalen Berufsbildungsangeboten (pro 100 Jugendliche im Alter ___________________________ REGIONALE BERUFL. GRUNDANDERE AUFGLIEDERUNG AUSBILDUNG LEHRGÄNGE _______________________________________________ Nordwestitalien 3,8 1,4 Nordostitalien 1,0 1,1 Mittelitalien 1,0 1,3 Süditalien 0,8 0,2 Inselitalien 1,8 0,2 Italien insgesamt 1,8 0,8 zwischen 14 und 21 Jahren) 1996-97 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 149 4. Die Erhebungen über den Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt Die Erhebungen bei den Schulen und Hochschulen sind trotz zahlreicher Neuerungen wenig geeignet, die Teilnehmer an den Ausbildungsmaßnahmen gründlich zu analysieren. Die Informationen beschränken sich auf die in den Verwaltungsarchiven gespeicherten Daten. Aufgrund der Tatsache, daß die Zuständigkeit für die Erhebungen über das Bildungswesen auf die Ministerien übergegangen sind, hat das Istat die Gelegenheit beim Schopf gefaßt und eine Reihe von Untersuchungen über die Studenten eingeleitet. Es handelt sich dabei um eine Reihe von drei Erhebungen, die sich sämtlich auf die Analyse des Erfolgs der einzelnen Studienabschlüsse auf dem Arbeitsmarkt beziehen: 1. eine Erhebung über die Studien- und Berufswahl der Absolventen der Oberstufe der weiterführenden Schulen; eine Erhebung über die berufliche Eingliederung der Akademiker (Kurzstudium) eine Erhebung über die berufliche Eingliederung der Vollakademiker (Langstudium) 2. 3. Dieses integrierte Erhebungssystem von drei Erhebungen ist zudem methodisch äußerst kohärent aufgebaut. Es werden in der Struktur und - wo dies möglich ist - auch in der Fragestellung analoge Fragebogen verwendet. Sämtliche Erhebungen enthalten darüber hinaus gemeinsame Fragen, um eine Verbindung mit der Arbeitskräfteerhebung herzustellen. Alle drei Erhebungen beziehen sich auf: Dreijahreszeiträume einen bestimmten Studentenjahrgang, die Zeit im Abstand von drei Jahren nach Erwerb des Studienabschlusses. Die Erhebungen über die Abiturienten und Absolventen der Kurzstudien wurden erstmals im Jahre 1998 durchgeführt (und werden im Jahre 2001 wiederholt). Die Erhebungen über die Vollakademiker (Langstudium) erlebten ihre vierte Auflage und wurden gründlich überarbeitet, um die Informationen mit denen aus den beiden anderen Erhebungen über das Ausbildungssystem zu verknüpfen3. Da die Erhebungen über die Abiturienten die ausführlichste der drei Erhebungen ist und die Fragebogen weitgehend identisch gestaltet sind, wird hier nur diese eine Struktur untersucht. 4.1. Die Erhebung über die schulischen und beruflichen Werdegänge von Abiturienten Bis 1998 konnte sich die Analyse des Weges, der über die Ausbildung in die Berufswelt führt, was die Akademiker anbelangt, auf eine sehr breite Informationsgrundlage stützen, wohingegen wichtige Informationen über das Segment der Abiturienten fehlten. Letztere weisen jedoch in unserem Land die höchsten Arbeitslosenraten auf: Sie stürzen sich „massenhaft“ (ca. 50 %) auf die Universitäten und Hochschulen und hoffen, auf diese Weise - häufig ohne Erfolg - ihre Qualifikation zu verbessern und sich einer langen und entmutigenden Stellungssuche zu entziehen. Zur Abklärung der verschiedenen Aspekte des Fragebogens dienen drei intern gegliederte Makrobereiche: 3 Auch unter dem Gesichtspunkt der Erhebungstechnik wurde versucht, ein Maximum an Kohärenz sicherzustellen: Die Erhebungen über Abiturienten und Hochschulabgänger (Kurzstudium) werden telefonisch durchgeführt (Typ. C.A.T.I. Computer Assisted Telephone Interview), während die Erhebungen über die Vollakademiker bisher postalisch erfolgten. Sie werden in Zukunft jedoch ebenfalls auf C.A.T.I. umgestellt. 150 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 1 Die Studienabläufe (Vorbildung und derzeitige Studiengänge) 2 Die Arbeitssituation/ Stellungssuche 3. Das sozio-demographische Umfeld des Studenten Bei denjenigen, die für eine Arbeitsaufnahme optieren, bezweckt die Erhebung in der Tat die Analyse der Arbeitssituation. Auf der anderen Seite wird die Hochschullaufbahn der zahlreichen an den Hochschulen immatrikulierten Jugendlichen gründlich untersucht. Für alle wird darüber hinaus ab der Unterstufe der weiterführenden Schule eine Beschreibung der schulischen Laufbahn mitgeliefert4. Vor allem aus dieser Erhebung ergeben sich zahlreiche Informationen über die Merkmale der schulischen Laufbahn (s.o.). Die Festlegung, die Interviews im Zuge der Reihe erst nach dem Erwerb des Abschlusses durchzuführen, ermöglichte eine Untersuchung sowohl der beruflichen Eingliederung der Jugendlichen (durchschnittlich dauert die Suche nach einer Erstanstellung für einen Absolventen unter 24 Jahre 23 Monate) als auch des studentischen Eifers (Zahl der Prüfungen, Unterrichtsfrequenz usw.). Auf der anderen Seite lassen sich auch etwaige Unterbrechungen des Studiums nachzeichnen. Schließlich ist ein Studienabbruch gerade in den ersten Studienjahren sehr häufig festzustellen. In dem Bemühen, die Eckdaten der jeweiligen Werdegänge zusammenzutragen, wird bei der Analyse auch das wirtschaftliche und soziale Umfeld des Studenten berücksichtigt, so daß sich sowohl die Wechselbeziehung zwischen sozialer Schichtung und Selektion/Abgang von der Universität als auch die Leistungsfähigkeit der politischen Maßnahmen bewerten lassen, als Korrektiv zur Sicherung des Rechts auf Studium beizutragen. Die wichtigsten Kreuzpunkte des Fragebogens und die entsprechenden Erhebungsbereiche sind Schaubild 2 zu entnehmen. 4.2 Gesamtschau der Erhebungen Die Ausarbeitung eines Erhebungssystems führt zur Bereitstellung „zusätzlicher“ Informationen, die bei einer Gesamtanalyse der Ergebnisse anfallen. Auf diese Weise entstehen kohärente Informationen über die drei Bildungsebenen. Dies ermöglicht wiederum Antworten auf Fragen wie: Wo soll das Studium enden? Welche Gesichtspunkte sollen dabei zum Tragen kommen? Inwieweit garantiert das Ausbildungssystem die „Gleichheit der Ausbildungschancen“? Einheitliche methodische Ansätze in den drei Erhebungen ermöglichen es, bestimmte Schlußfolgerungen hinsichtlich der Beschäftigungswirksamkeit der "Investitionen" in die verschiedenen Ausbildungswege zu ziehen (Diplome, Universitätszeugnisse, Staatsexamina usw.). Damit sind persönlicher Einsatz sowie Kosten und Dauer der Ausbildung gemeint. Ziel ist es, die der Entscheidungsfindung der jungen Menschen und ihrer Familien zugrunde liegende Ratio in Erfahrung zu bringen. In Italien gibt es neben dem augenfälligen Phänomenen der over education im Bereich der Hochschulabschlüsse, vor allem in bestimmten Disziplinen, auch den Massenandrang von Schulabgängern vor den Toren der Universitäten und Hochschulen. Ein sorgfältiger Vergleich der Beschäftigungsrelevanz der einzelnen Studienabschlüsse kann dazu beitragen, die Gründe dieses Verhaltens aufzuspüren. 4 Aus dieser Erhebung ergeben sich zahlreiche Informationen über die Merkmale des schulischen Werdegangs (s.o.). 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 151 Die Arbeitslosigkeit liegt bei den Abiturienten (Tab. 3) auch drei Jahre nach Schulabgang immer noch sehr hoch (35 %). Aus diesem Grunde drängen viele Abiturienten auf die Universitäten. Nur wenige haben eine feste Anstellung (35,8 %), und die Arbeit ist im Falle der wenigen Stelleninhaber qualitätsmäßig auch noch sehr gering zu veranschlagen. Handelt es sich um abhängige Beschäftigung, so ist der Arbeitnehmer nur in 60 % der Fälle angemeldet (also keine Schwarzarbeit), und die Arbeit von mehr als einem Viertel von ihnen (27,5 %) ist - von der dafür nötigen Qualifikation her gesehen eher dem Arbeiterniveau gleichzustellen. Lediglich 8 % der Abiturienten verdienen über 2 Millionen LIT im Monat. Die Daten zeigen klar, daß das Abitur in Italien heutzutage eine Mindestanforderung für diejenigen darstellt, die sich auf dem Arbeitsmarkt behaupten nicht in die Randgruppen abgedrängt werden wollen. 152 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Schaubild 2 - STRUKTUR UND KREUZPUNKTE DES FRAGEBOGENS ÜBER DIE SCHULISCHEN UND BERUFLICHEN WERDEGÄNGE VON ABITURIENTEN 1. Schulischer Werdegang 2. – PRIVATE lehrgänge - Lehrgänge der Regionalen Einrichtungen Ja E S (für alle) Berufs-. ausbildung? Studium Nein Sonstige Studiengämge? Nein Ja Abbruch des Hochschulstudiums bzw. anderer Studien? Akademien, Konservatorien, Isef oder sonstiges (keine Fragen) 3. Hochschulstudium Nein Ja 4 Abruch der Hochschulstudiums Bisheriger beruflicher Werdegang Nein Derzeit erwerbstätig? Ja Arbet Ja Gelegentliche oder Saisonbeschäftigung? Nein Stellungssuche? 5. Arbeit Nein Ja 6. Stellungssuche 7. Angaben über den Familiären Hintergrund (für alle) 8. Anfaben aus dem Bevölkerungs Register Sozio-demographisches (für alle) 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Umfeld 153 Tabelle 3 - Abiturienten und Akademiker (Kurz- und Langstudium), drei Jahre nach Erwerb des Abschlusses. Wichtigste Arbeitsindikatoren - 1998-99 Arbeitslosenrate Dauerstellung (a) angemeldete Unternehmer, abhängige Führungskräfte, Beschäftigung Beschäftigte (b) in geisteswiss. Berufen Arbeiter, Handwerker, unqualifizierte Arbeitskräfte Einkünfte unterhalb 2 Millionen im Monat (c) 27,5 2,7 0,9 8,0 24,7 39,7 MÄNNER UND FRAUEN Abiturienten 35,0 Akademiker 13,4 Vollakademiker 23,7 (a) (b) (c) 35,8 57,9 55,5 60,1 94,2 93,3 4,8 8,8 46,0 Arbeitsaufnahme nach Schulabgang erfolgt, in Prozent abhängig Beschäftigte in Dauerstellung, in Prozent Vollzeitarbeitskräfte in Prozent der Vollarbeitskräfte Der Hochschulabschluß hat gegenüber dem Abitur entscheidende Vorteile: drei Jahre danach ist die Arbeitslosenrate der jungen Hochschulabsolventen niedriger (23,7 % gegenüber 35 %), und Stabilität sowie Grad der Anmeldung der Tätigkeit sind höher (55,5 % gegenüber nur 35,8 % der Abiturienten habe eine Dauerstellung inne). Für 93 % der Arbeitsplätze der abhängig Beschäftigten werden regelmäßig Sozialabgaben abgeführt (gegenüber nur bei 60 % der Stellungsinhaber unter den Abiturienten). Auch die Entlohnung ist besser: über 2 Millionen LIT im Monat verdienen nur 8 % der Abiturienten; bei den Hochschulabsolventen liegt diese Zahl doppelt so hoch. Nun zur Lage bei den Absolventen eines Kurzstudiums: Sie scheinen sich besser in die Arbeitswelt einzugliedern (bei ihnen ist die Arbeitslosenrate am kleinsten: 13,4 %, während die Zahl der Inhaber einer Dauerstellung mit 58 % am höchsten ist). Die Stellung im Beruf ist derjenigen der Absolventen eines Langstudiums sehr ähnlich, bis auf den Verdienst, der etwas geringer ausfällt. Durch die Angaben wird somit auch bezüglich des Arbeitsmarkts bestätigt, was sich bereits aus rein schulischer Sicht ergab, d. h. die Notwendigkeit von Studienabschlüssen auf mittlerer Ebene. Dies gilt sowohl für die Ausbildung als auch für die Beschäftigungslage. Die jungen Hochschulabgänger verrichten jedoch nicht immer eine ihrer Ausbildung entsprechende Arbeit. Sie sind häufig überqualifiziert: 25 % von ihnen halten den Hochschulabschluß für überqualifiziert, was die von ihnen verrichteten Arbeit betrifft. Dies trifft insbesondere auf die geisteswissenschaftlichen, wissenschaftlichen und Ingenieurdiplome zu. Der Hochschulabschluß ist zwar (in 67 % der Fälle) Voraussetzung für die Arbeitsaufnahme der jungen Menschen ist, aber 39 % von ihnen kommen in anderen als geisteswissenschaftlichen Sparten unter (Tab. 4). Besonders stark sind die Probleme bei den Diplomingenieuren sowie in den Studienrichtungen Politik- und Sozialwissenschaften, Wirtschaftswissenschaft und Statistik: diese Studiengänge sind in Italien am stärksten überlaufen. Was den dritten Punkt angeht, die Gleichheit der Ausbildungschancen (Zugang zur Hochschule und Studium), bieten die drei Erhebungen - zusammengeschaltet - die Möglichkeit, die Auswirkungen der Hochschulauslese auf die Jugendlichen unter dem Gesichtspunkt der Förderung bzw. Benachteiligung durch das jeweilige soziale Umfeld zu untersuchen. 154 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Tabelle 4 - Hochschulabsolventen, die 1995 ein Langstudium beendet haben und inzwischen einer Tätigkeit nachgehen, für die der Hochschulabschluß Voraussetzung ist - drei Jahre nach dem Abschluß, gegliedert nach Hochschulbereichen (in Prozent der Absolventen des betreffenden Hochschulbereichs) Hochschulabschluß Voraussetzung für die Arbeitsaufnahme _______________________________ HOCHSCHULABSCHLUSS IM BEREICH Insgesamt Medizin Chemisch-pharmazeutischer Bereich Architektur Rechtswissenschaft Geologie und Biologie Landwirtschaft Psychologie Lehrfach Naturwissenschaftlicher Bereich Geisteswissenschaftlicher Bereich Sprachlicher Bereich Ingenieurwissenschaft Politische und soziale Wissenschaft Wirtschaftswissenschaft und Statistik Tätigkeit auf anderem als geisteswissenschaftlichem Gebiet (a) 39,0 6,9 14,0 15,5 17,1 20,4 30,2 30,9 33,1 33,6 34,3 50,4 55,7 56,2 64,9 Insgesamt 67,0 98,3 92,1 79,1 72,7 72,2 75,8 68,9 36,9 65,6 45,8 30,6 86,5 42,3 61,6 (a) Ausgenommen wurden der gesetzgeberische Bereich, das Management, das Unternehmertum, die geistes- und naturwissenschaftlichen Berufe sowie die hochspezialisierten Fachbereiche. Die drei Jahre nach Beendigung der schulischen Laufbahn durchgeführte Abiturientenerhebung ermöglicht eine Gegenüberstellung der Merkmale des familiären Hintergrundes derjenigen, die ihre Studien fortsetzen, mit denjenigen, die sofort in die Berufswelt überwechseln5. Die Erhebung über die Absolventen der Lang- und der Kurzstudien dagegen ermöglicht einen Vergleich der Merkmale der Hochschulabsolventen mit denjenigen, die ein Hochschulstudium aufgenommen haben. Sowohl der Studienabschluß als auch das Berufsbild des Vaters prägen die „Wahrscheinlichkeit“, daß sich die Kinder an einer Hochschule immatrikulieren. Der Studienabschluß ist dabei offensichtlich die entscheidendste Größe (Tab. 5): 32 % derjenigen, deren Väter nur die Grundschule besucht haben, immatrikulieren sich an der Hochschule, während der Prozentsatz bei den Akademikerkindern mehr als doppelt so hoch ist (84,9 %). Der Prozentsatz derjenigen, die sich nach dem Abitur für den Eintritt in das Berufsleben entschließen, ist bei denjenigen, deren Väter nur die Grundschule besucht haben, logischerweise höher (42,1 %) als bei den Akademikerkindern (nur 8,5 %). Der Studienabschluß der Eltern übt während des gesamten Ausbildungsweges einen starken Einfluß aus: Akademikerkinder haben bei den Abiturienten einen Anteil von 9 %, bei den Erstimmatrikulierten an den Hochschulen 15,5 %, und bei den Absolventen der langen Studiengänge 23 %. 5 Diese Erhebung gestattet auch eine Analyse des familiären Hintergrunds derjenigen, die - obwohl sie ein Studium begonnen haben - sich für den Studienabbruch entscheiden. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 155 Tabelle 5 – An den Hochschulen immatrikulierte Abiturienten, die ihr Studium jedoch unterbrochen oder eine Berufstätigkeit aufgenommen haben, drei Jahre nach Erwerb des Abiturs, aufgegliedert nach Schulabschluß des Vaters (in Prozent der vergleichbaren Abiturientenschaft) STUDIENABSCHLUSS DES VATERS Abiturienten die an einer Hochschule immatrikuliert sind (a) Grundschulabschluß 31,1 Abschuß der Unterstufe der weiterführenden Schule 40,6 Abschuß der Oberstufe der weiterführenden Schule 61,1 Hochschulabschluß 84,9 INSGESAMT 48,4 (a) Ausgenommen diejenigen, die ständig einer Arbeit nachgehen berufstätig sind 42,1 36,5 24,8 8,5 31,8 5. Informationslücken und kurzfristige Entwicklungen Trotz der zahlreichen Innovationen im System der Bildungs- und Ausbildungserhebungen bestehen noch Lücken sowohl im Hinblick auf die Beziehung zwischen Ausbildung und Arbeit als auch die Analyse des Ausbildungssystems im eigentlichen Sinn. Was den erstgenannten Aspekt angeht, ist darauf hinzuweisen, daß das Istat eine Studie zur Durchführung einer landesweiten Erhebung bis spätestens Ende 2002 in Auftrag gegeben hat. Diese Studie ist dem Beschäftigungserfolg der auf regionaler Ebene angebotenen Lehrgänge für Jugendliche gewidmet. Genau wie die übrigen Studentenerhebungen wird auch diese Erhebung etwa drei Jahre nach Abschluß der Lehrgänge durchgeführt, um die Wirksamkeit der absolvierten Ausbildung in bezug auf die berufliche Eingliederung der Jugendlichen zu überprüfen und die Ergebnisse mit denen für die Absolventen der übrigen Lehrgänge, die Abiturienten sowie die Absolventen der Kurz- und Langstudien usw. zu vergleichen. In den letzten Jahren wurden in Italien auf regionaler Ebene Erhebungen über das Placement durchgeführt. Die bedeutendste ist die ISFOL-Erhebung, in der die Beschäftigungswirksamkeit bei einer Stichprobe von Jugendlichen (in 8 von 20 Regionen) analysiert wurde, die im Laufe des Jahres 1996 vom ESF mitfinanzierte Lehrgänge frequentiert haben, und die sich auf Langzeitarbeitslose, Jugendliche auf der Suche nach einer Erstanstellung und die Chancengleichheit erstreckte. Die auf der Grundlage der ein Jahr nach Abschluß der betreffenden Ausbildungsgänge durchgeführten Erhebungen zusammengetragenen Informationen wurden einem Vergleich mit einer repräsentativen Stichprobe von Personen unterzogen, die keine solche Ausbildung erhalten hatten. Die Ziehung erfolgte aus den Longitudinaldaten der Arbeitskräfteerhebung des Istat. Ein zweiter Aspekt der Beziehungen zwischen Ausbildung und Arbeitswelt, der in Italien noch nicht ausreichend untersucht wurde, ist die Fortbildung, u. a. da Italien in diesem Bereich große Rückstände aufweist. Das Vorherrschen von Mittel- und Kleinunternehmen in unserem Produktionssystem verschärft diesen Rückstand. Je größer die Unternehmen sind, desto mehr Wert wird auf die Fortbildung gelegt. In der Tat haben nur 15 % der Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten Lehrgänge für ihre Beschäftigten angeboten. Allerdings beträgt der Anteil bei den Unternehmen mit 10 bis 156 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 19 Beschäftigten nur 8,6 %, während er bei den Unternehmen mit 1 000 und mehr Beschäftigten auf 89,1 % steigt6. Ist dieses Problem an sich schon wichtig, so nimmt es sich vor dem Hintergrund einer immer stärker werdenden internationalen Konkurrenz noch größer aus. Wichtigste Quelle für Fortbildungsmaßnahmen der Unternehmen ist in Italien die Eurostat-Stichprobenerhebung „Continuing vocational and training survey (CVTS)“, die jedoch nur ab und an stattfindet. Italien hat 1993 daran teilgenommen und wird auch an der Auflage 1999 im Rahmen der zweiten Erhebung (auf CVTS) teilnehmen. Bezüglich des öffentlichen Bildungsangebotes bestehen Lücken zweierlei Art: Einerseits gibt es keine Übersicht über die Fortbildung in der öffentlichen Verwaltung, und andererseits sind nicht sämtliche Merkmale der Lehrgänge bekannt, die das Arbeitsministerium in Zusammenarbeit mit den Regionen veranstaltet (z. B. fehlen Informationen über die Berufstypen, auf die diese Lehrgänge hinarbeiten, sowie über die altersmäßige Zusammensetzung der Lehrgangsteilnehmer). Da die italienischen Statistiken derzeit noch zahlreiche Lücken aufweisen, ist das der Arbeitskräfteerhebung angegliederte Eurostat-Modul über Bildung und Berufsausbildung eine wertvolle Informationsquelle. Bekanntlich beziehen sich die Fragestellungen auf die in den vier Wochen vor dem Interview durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen. Mit der Erhebung werden die Merkmale der Lehrgänge, ihre Gesamtdauer sowie die Motivation des Lehrgangsbesuchs hinterfragt. Aufgrund dieser Erhebung lassen sich die einschlägigen Informationen mit den wichtigsten sozio-demographischen Merkmalen der Befragten sowie deren Bildungsniveau und Stellung im Beruf verknüpfen. Ab der Erhebung vom April des Jahres 2000 wird Italien die Fragestellungen des Ad-hoc-Moduls in die Struktur des Fragebogens einbauen, so daß die Informationen dann bei jeder Erhebung über die Arbeitskräfte eingeholt werden. Eine weitere Lücke bei der Berufsausbildung betrifft die private Ausbildung, für die zur Zeit keine systematischen Informationen eingeholt werden. Was die Erhebungen über die schulischen Werdegänge angeht, so wird das Istat im Jahre 2002 eine Erhebung über die Jugendlichen anstellen, die im Jahre 2001 den Abschluß der Unterstufe der weiterführenden Schule machen. Mit dieser Erhebung werden wiederum zwei Ziele verfolgt: die Überwachung der Auswirkungen der Reform, mit der die Schulpflicht bis zum 15. Lebensjahr verlängert wird, und die Untersuchungen über die „Verantwortung“, die der Arbeitsmarkt beim Schulabbruch trägt. Der Schul- bzw. Studienabbruch hängt in der Tat vom sozio-ökonomischen Umfeld der Familien ab und ist zum Teil das Ergebnis des Wettbewerbs, der sich bisweilen zwischen Schule und Arbeitsmarkt abspielt. Wie man sieht, widmet Italien einen Großteil seiner Statistiktätigkeit im Bereich der Bildung und Ausbildung den Problemen des Abbruchs der Ausbildung (auch im Rahmen der Abiturientenerhebung wird dem Abbruch der Hochschulstudien große Aufmerksamkeit gewidmet). Anstatt sich auf Stichprobenerhebungen zu stützen, wäre es jedoch wirksamer, die entsprechenden quantitativen Angaben durch Erstellung eines Studentenverzeichnisses zu ermitteln. Sowohl das Bildungsministerium als auch das Hochschulministerium haben bereits eine Studie über die Machbarkeit eines solchen Verzeichnisses lanciert. Auf der Grundlage dieses Verzeichnis könnten darüber hinaus die Stichprobenerhebungen über die Eingliederung in die Arbeitswelt mit einem sehr viel geringeren Arbeitsaufwand organisiert werden. 6 CVTS 1994. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 157 Eine weitere Neuerung, die in diesem Zusammenhang Erwähnung finden muß, um den Rahmen der laufenden Erneuerungen auf dem Bildungssektor zu schließen, betrifft die Erhebung über die Ausgaben der Haushalte für den Bildungs- und Ausbildungsbereich. Diese Daten sind notwendig, um das sowohl das Gesamtvolumen der Bildungsausgaben nach Maßgabe der internationalen Standards in den WEUModellen nachzuzeichnen (UNESCO, OECD, Eurostat), als auch den einheimischen Bedarf bezüglich des Anteils der Ausbildungsangaben an den Wirtschaftsrechnungen der privaten Haushalte zu ermitteln, um auf diese Weise die Durchschlagskraft der politischen Maßnahmen zur Verwirklichung des Rechts auf das Studium zu messen. Italien hat hierzu bereits ein sämtliche Bildungsebenen mit einbeziehendes Versuchsprojekt durchgeführt. Die endgültige Erhebung wird im Jahre 2001 gestartet. Zum Abschluß dieser Ausführungen ist noch hervorzuheben, daß die Statistiktätigkeit in den nächsten Jahren nicht nur das Ziel verfolgen wird, die vorbeschriebenen Projekte umzusetzen. Ein Großteil der Bemühungen soll auch der weiteren Überarbeitung der Erhebungen über Schule und Universitäten gewidmet sein. Diese Erhebungen müssen so gestaltet werden, daß sie im Einklang mit den zur Zeit anhängigen Reforminitiativen stehen. Obwohl das Istat nicht mehr direkt in die einschlägige statistische Verantwortung eingebunden ist, ist es doch am Prozeß der Umstrukturierung beteiligt, den die statistischen Ämter der zuständigen Ministerien in Angriff nehmen. 158 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung STATISTIK DER ERWACHSENENBILDUNG - KONZEPTUELLE PROBLEME Helge Næsheim Statistics Norway P. O. Box 8131 Dep. N - 0033 Oslo [email protected] Bei der Erstellung von qualitativ hochwertigen Statistiken spielt eine klare Definition des betreffenden Phänomens eine wesentliche Rolle. Wenn man Statistiken über bestimmte Zeiträume hinweg und länderübergreifend vergleichen möchte, ist es wichtig, daß diese Definition gemeinsam erarbeitet und allgemein verwendet wird. Man könnte jedoch noch einen Schritt weitergehen. Um vergleichbare Statistiken zu erreichen, muß die Definition auch "meßbar" sein, denn zum Erstellen von Statistiken gehört das Sammeln von Daten. D. h., die Definition muß in Form eines in Erhebungen zu verwendenden Fragenkatalogs oder in Form von Programmen zur Extraktion von Daten aus Verwaltungsregistern vorliegen. In diesem Beitrag werde ich ein spezifisches Problem betrachten, das sich im Zusammenhang mit der Statistik der Erwachsenenbildung stellt. Die OECD erarbeitet gegenwärtig einen thematischen Überblick über die Erwachsenenbildung u. a. in Norwegen. In einem Papier, in dem wir um Tabellen gebeten wurden, werden erwachsene Lernende, also Teilnehmer an der Erwachsenenbildung, wie folgt definiert: "A person who has left initial education but has taken up training again" (Person, die die Erstausbildung beendet, aber eine berufliche Aus-/Weiterbildung aufgenommen hat). In diesem Beitrag möchte ich zunächst einige Überlegungen zu zwei Elementen dieser Definition anstellen: "Education" gegenüber "training" "Has left initial education" Den Hauptteil meines Beitrags bildet jedoch eine Darstellung von empirischen Ergebnissen aus drei verschiedenen methodischen Varianten des Elements "has left initial education". "Education" gegenüber "training" Da hier zwei verschiedene Begriffe für das Lernen verwendet werden -- "education" im ersten Teil der Definition ("initial education" - Erstausbildung) und "training" im zweiten ("taken up training again" - eine berufliche Aus-/Weiterbildung aufgenommen hat), gehe ich davon aus, daß damit zwei verschiedene Konzepte zum Ausdruck kommen sollen. Nach meinem Verständnis ist "education" das, was in Einrichtungen des Bildungssystems von der Grundschule bis zur Hochschule vermittelt wird. Der Lernprozeß in diesem System endet normalerweise mit einem staatlich anerkannten Bildungsabschluß auf Grundlage erfolgreich abgelegter Prüfungen. "Training" stellt daher für mich das umfassendere Konzept dar. Ausbildung im Sinne von "training" schließt "education" ein, aber auch informellen Unterricht am Arbeitsplatz, der nicht mit einem Diplom auf Grundlage einer staatlichen Prüfung abgeschlossen wird, sondern für den vielleicht nur eine Teilnahmebestätigung ausgestellt wird. Aber im Gegensatz zum Lernen allein durch Ausübung einer bestimmten Tätigkeit ("Learning by doing") gehört zum "training" ein Minimum an Organisation. Es ist natürlich nicht einfach, diese Unterscheidung in einer Erhebung durchgängig anzuwenden. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 159 In einem OECD-Papier für die Arbeitsgruppe Statistiken zu Beschäftigung und Arbeitslosigkeit (Working Party on Employment and Unemployment Statistics) mit dem Titel "Guidelines on the Measurements of Training - a Draft Proposal" (DEELSA/ELSA/WP7(2000)6) werden die verschiedenen Konzepte von "education" und "training" erörtert. Ich nehme an, daß diese Diskussion zum Teil auch in das CEIES-Seminar einfließen wird. "Initial education" (Erstausbildung) In dem Handbuch zur Internationalen Standardklassifikation des Bildungswesens (International Classification of Education - ISCED) wird "initial education" erläutert als "education at the early stages of a person's life prior to entry into the world of work" (Erstausbildung in den frühen Lebensphasen vor dem Eintritt in das Berufsleben). Diese Formulierung ist recht vage und vielleicht auch nicht als strenge Definition gedacht. Wie bereits erwähnt, hat die OECD im Rahmen ihres thematischen Überblicks um statistisches Material über die Personen gebeten, die die Erstausbildung beendet haben ("having left initial education"). Dieses Merkmal könnte als die erste, länger als x Monate/Jahre anhaltende Unterbrechung des Bildungsweges einer Person implementiert werden. In Diskussionen mit der OECD wurden 1 oder 2 Jahre als mögliche Grenzwerte genannt. Durch einen längeren Zeitraum läßt sich die Wahrscheinlichkeit verringern, daß Unterbrechungen erfaßt werden, die man nicht aufnehmen möchte (Wehrdienst, Krankheit...). Dieses Problem könnte auch dadurch gelöst werden, daß man einen kurzen Zeitraum zugrunde legt und nach dem Grund der Unterbrechung fragt. Aber das bedeutet natürlich, daß mehr Ressourcen benötigt werden, die Antworten umfangreicher werden und Meßprobleme entstehen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union führen in diesem Jahr ein Ad-hoc-Modul zur Europäischen Arbeitskräfteerhebung zum Thema Übergang von der Schule zum Beruf durch. Im Rahmen dieser Erhebung stellt sich bei der Festlegung, was unter "when people leave education" (Beenden der Ausbildung) zu verstehen ist, ein ähnliches Problem wie in der Statistik der Erwachsenenbildung. In dem Ad-hoc-Modul zur Arbeitskräfteerhebung hat man sich auf 1 Jahr als Zeitlimit entschieden. In diesem Beitrag werden wir Zahlen vorlegen, die sich auf drei unterschiedliche methodische Varianten von 'Erstausbildung beendet' stützen. a. Personen, die die Erstausbildung seit mindestens einem Jahr beendet haben b. Personen, die die Erstausbildung seit mindestens zwei Jahren beendet haben c. Altersgruppe 30 und älter Die Alternativen a. und b. sind nur dann interessant, wenn die Definition des erwachsenen Lernenden auch junge Menschen einschließt. Bei älteren Personen dürften beide Varianten dieselben Ergebnisse liefern. Alternative c. ist aus zwei Gründen interessant: Unter konzeptuellen Gesichtspunkten ließe sich vertreten, daß eine bestimmte Übergangszeit zwischen Ausbildung und Erwerbsleben akzeptiert werden sollte und daß 30 Jahre als relevante Altersgrenze angesehen werden könnten, um die Erstausbildung einer Person zu definieren. Man kann auch die Meinung vertreten, daß ein Teil der Schulung, die eine Person an ihrem ersten Arbeitsplatz erhält, der Erstausbildung zuzurechnen ist, da das Schulsystem nicht alle erforderlichen Kenntnisse darüber vermittelt, wie man theoretisches Wissen in einer Arbeitsumgebung praktisch umsetzt. 160 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Für die Datensammlung ist Alter ein normalerweise leicht zu messender Wert und in den meisten Fällen lassen sich daraus vergleichbare Zahlen zu den verschiedenen Ländern entnehmen. Betrachten wir uns nun, wie sich diese verschiedenen Definitionen auf die Zahl der Teilnehmer der Erwachsenenbildung auswirken. Datenquellen Unsere Analyse stützt sich auf Daten aus zwei verschiedenen Quellen. Zur Ermittlung der Personen, die die Erstausbildung beendet haben, verwenden wir Registerdaten. Anschließend verknüpfen wir die Daten auf Mikroebene mit Daten aus der norwegischen Arbeitskräfteerhebung, um die Personen zu ermitteln, die sich in der Weiterbildung befinden. Der Bezugszeitraum für die Daten der Arbeitskräfteerhebung ist das zweite Quartal 1998. Die Stichprobe der Arbeitskräfteerhebung umfaßt 24.000 Personen im Alter von 16-74 Jahren. Die norwegische Arbeitskräfteerhebung enthält u. a. die Frage, ob die befragte Person in den letzten 4 Wochen an Aus-/Weiterbildung in irgendeiner Form teilgenommen hat. Z. Zt. enthält die erste Frage einen Hinweis, durch den Aus-/Weiterbildung ("training") auf die Vermittlung von Kenntnissen beschränkt wird, die für die jetzige oder eine künftige Tätigkeit der befragten Person relevant sind. In der nächsten revidierten Fassung der Arbeitskräfteerhebung wird diese Einschränkung in der ersten Frage entfallen. Abgesehen von diesem Hinweis hängt die Definition von Aus-/Weiterbildung vom Verständnis der befragten Person ab. Nachfolgende Fragen können jedoch dazu verwendet werden, die Definition einzuschränken (aber nicht, sie auszuweiten). Statistics Norway verfügt über ein Register, das alle Personen enthält, die am 1. Oktober eines jeden Jahres als Schüler oder Studierende eingeschrieben sind. Das Register deckt die gesamte formale Bildung ab, sofern sie mehr als 300 Stunden umfaßt. In der Arbeitskräfteerhebung und im Bildungsregister wird also nicht ganz derselbe Bezugspunkt verwendet. Künftig wird die norwegische Arbeitskräfteerhebung in jedem Quartal Fragen zur Aus-/Weiterbildung enthalten, so daß die Beobachtungszeiträume stärker überlappen. Auf Wunsch der OECD verwenden wir als Höchstalter 64 Jahre und als Mindestalter 25 Jahre. Ergebnisse und Erörterung Zunächst betrachten wir die Personen, die die Erstausbildung beendet haben, unter Zugrundelegung der drei oben genannten methodischen Varianten. Dabei ist hervorzuheben, daß dies nur die "potentiellen" Teilnehmer der Erwachsenenbildung sind. Um als erwachsene Lernende zu gelten, müssen sie sich tatsächlich in einer Aus-/Weiterbildung befinden. Variante a. (1 Jahr als Untergrenze für Ausbildungsunterbrechungen) liefert die höchste Zahl an potentiellen Teilnehmern der Erwachsenenbildung. Variante b. (mindestens 2jährige Unterbrechung) ergibt eine um 69.000 Personen oder 3 % geringere Zahl, und bei Variante c. (Mindestalter 30 Jahre) ist die Zahl um 235.000 Personen oder 11 % niedriger. Ein Vergleich der Varianten a. and b. zeigt, daß der Unterschied bei den 25jährigen am größten ist (13,5 %) und danach mit zunehmendem Alter abnimmt. Bei den Älteren ergeben sich erwartungsgemäß nur noch geringfügige Unterschiede zwischen den drei Varianten. Tatsächlich hätten wir damit gerechnet, daß alle drei Varianten für Personen über 35 oder 40 dieselben Zahlen liefern. Sich in diesem Alter ohne (mindestens ein- oder zweijährige) Unterbrechung in der Ausbildung zu befinden scheint unsinnig. Diese Ergebnisse lassen sich wahrscheinlich auf Mängel der Register oder Fehler unsererseits bei ihrer Verwendung zurückführen. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 161 Tabelle 1 Bevölkerung nach Altersgruppen und Definition von 'Erstausbildung beendet', 1998, in 1000 Alter Gesamt 25 Jahre 26 " 27 " 28 " 29 " 30 " 31 " 32 " 33 " 34 " 35-39 " 40-49 " 50-59 " 60-64 " 1jährige Unterbrechung 2jährige Unterbrechung 30jährige oder älter Gesamt Gesamt Gesamt In Prozent der Bevölkerung In Prozent der Bevölkerung 2 223 96,0 2 154 92,6 49 55 59 61 65 66 65 66 66 66 312 606 520 177 76,5 81,6 86,4 89,6 91,2 93,0 94,4 95,2 95,7 96,0 96,8 98,0 99,3 99,9 40 46 51 55 60 61 62 63 63 63 303 594 515 177 63,0 69,0 75,3 80,1 84,3 87,0 89,4 90,8 91,9 92,7 93,4 96,0 98,5 99,7 In Prozent der Bevölkerung 1 988 85,5 71 69 70 69 68 322 618 523 178 : : : : : 100 100 100 100 100 100 100 100 100 Anschließend verknüpfen wir die Registerdaten über die Personen, die die Erstausbildung beendet haben, mit der Stichprobe der Arbeitskräfteerhebung. Da die Personen in beiden Datenquellen anhand der nationalen persönlichen Identifikationsnummer identifiziert werden, stellt die Verknüpfung kein Problem dar. Wir beschränken unsere Untersuchung auf Arbeitnehmer. Außerdem haben wir Bildung in "allgemeinen Fächern" ausgeschlossen. Dazu gehören die Grundschulbildung und einige Unterrichtsfächer der Sekundarstufe. Für die Gruppe der Personen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, gehen wir von einer geringen Zahl an erwachsenen Lernenden in diesem Bildungsbereich aus. Der Arbeitskräfteerhebung zufolge ergeben sich für die drei Varianten keine großen Unterschiede in der Zahl der erwachsenen Lernenden. Ihr Prozentanteil an der Gesamtzahl der Arbeitnehmer ist bei den Varianten a. und b. gleich (9,4 %). Für die jüngste Altersgruppe ist der Prozentsatz bei Variante a. etwas höher als bei Variante b. (8,5 gegenüber 8,2 %). Ein im Vergleich zu den über 30jährigen geringerer Prozentsatz von Personen, die sich in einer Aus-/Weiterbildung befinden, in den jüngeren Altersgruppen läßt sich damit erklären, daß ihre schulische Ausbildung für die derzeitige Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt relevanter ist und ihr theoretisches Wissen in einem bestimmten Bildungsfeld auf einem aktuelleren Stand ist als das von älteren Personen. Andererseits braucht jeder zu Beginn einer neuen Tätigkeit eine gewisse Schulung. Da junge Leute bei den Anfängern überrepräsentiert sind, wäre eigentlich zu erwarten, daß ihr Anteil an den erwachsenen Lernenden höher ist. Dies ist wahrscheinlich der Grund dafür, warum bei den Personen, die die Erstausbildung seit 1 Jahr unterbrochen haben, die Quote der erwachsenen Lernenden höher ist als in der Gruppe mit einer zweijährigen Unterbrechung. Bei Verwendung von Variante c. ist die Gesamtzahl der erwachsenen Lernenden niedriger als bei den beiden anderen Varianten, da die unter 30jährigen hier ausgeschlossen sind. Aus demselben 162 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Grund ist die Quote der erwachsenen Lernenden in der Bevölkerungsgruppe der über 30jährigen höher. Tabelle 2 Beschäftigte, die in den letzten 4 Wochen Aus-/Weiterbildung erhalten haben, nach Alter und Definition von 'Erstausbildung beendet', 2. Quartal 1998, in 1000 Alter 1jährige Unterbrechung Gesamt 25-29 Jahre 30-39 " 40-59 60-64 " " 210 24 69 109 7 2jährige Unterbrechung 202 21 66 107 7 30jährige oder älter 189 : 71 110 7 Tabelle 3 Beschäftigte, die in den letzten 4 Wochen Aus-/Weiterbildung erhalten haben, in Prozent der Gesamtzahl potentieller Teilnehmer an der Erwachsenenbildung und nach Alter und Definition von 'Erstausbildung beendet', 2. Quartal 1998. Alter 1jährige Unterbrechung Gesamt (25-64) (30-64) 9,4 25-29 Jahre 30-39 " 40-59 " 60-64 " 8,5 10,8 9,6 4,0 2jährige Unterbrechung 30jährige oder älter 9,4 9,5 8,2 10,7 9,6 4,0 : 10,6 9,6 4,0 Schlußfolgerungen Es mangelt an internationalen Empfehlungen für die Statistik der Erwachsenenbildung. Die Einbeziehung von Personen unter 30 Jahren in die Definition der erwachsenen Lernenden könnte in Frage gestellt werden. Sie führt zu zusätzlichen Meßproblemen und Kosten; außerdem ist in dieser Gruppe der Aus-/Weiterbildungsbedarf bis zu einem gewissen Grad anders geartet. Die Daten zur Aus-/Weiterbildung dieser Gruppe sollten getrennt vorgelegt werden. Das schwierigste Meßproblem der Statistik der beruflichen Aus- und Weiterbildung ist die Grenzziehung zwischen "informeller" Aus-/Weiterbildung am Arbeitsplatz und "Learning by doing". Daher sollten Daten gesammelt werden, die zwischen diesen beiden Arten des Lernens unterscheiden. Für die Arbeitskräfteerhebung sollten robuste und maßgebliche Indikatoren zur Erwachsenenbildung entwickelt werden. Eine umfassendere Datensammlung sollte in getrennten Erhebungen durchgeführt werden. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 163 STATISTIK ÜBER FORT- UND WEITERBILDUNG IN NORWEGEN K. Jonny Einarsen Statistics Norway Post Box 1260 N - 2201 Kongsvinger [email protected] 1. EINLEITUNG Wenn ein Unternehmen Waren oder Dienstleistungen produzieren soll, spielen vor allem drei Faktoren für das Produktionsergebnis des Unternehmens eine Rolle. Dies sind die Technologie, die Arbeitsabläufe und Verfahren, die das Unternehmen anwendet, sowie die Befähigung der Mitarbeiter, sich der Technologie des Unternehmens zu bedienen und die Arbeitsabläufe weiterzuentwickeln. In einer Welt, die immer stärker von einer globalisierten Informationswirtschaft geprägt wird, werden Technologien, Arbeitsabläufe und Verfahren in den einzelnen Unternehmen einander immer ähnlicher. Die Fähigkeit eines Unternehmens, Waren und Dienstleistungen in immer größerem Umfang zu produzieren, hängt deshalb zunehmend von der Befähigung der Mitarbeiter ab. Damit ein Unternehmen die Produktion, die Wettbewerbsfähigkeit oder die Qualität der produzierten Dienstleistungen erhöhen kann, muß es deshalb die Befähigung der Mitarbeiter als strategisches Instrumentarium betrachten (Berg, Bremer Neppen und Arup Seip 1999). Die Erkenntnis, daß Fähigkeiten ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein können, hat die Arbeit der Behörden an der Entwicklung eines organisierten Fort- und Weiterbildungssystems beschleunigt. Reform des Systems zum Erwerb von Fähigkeiten Um zur Verwirklichung der Vision vom lebenslangen Lernen beizutragen, wurde in Norwegen in den neunziger Jahren mit Arbeiten zur Weiterentwicklung des Angebots an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen begonnen. Mehrere wichtige Aspekte der Fort- und Weiterbildungsreform (EVU) sind jedoch immer noch ungeklärt. Es scheint allerdings klar, daß die Fort- und Weiterbildungsreform auf dem gesetzlich verankerten individuellen Recht auf die Erlaubnis zur Ausbildung basieren muß, auf dem Recht auf weiterführende Bildung für alle Erwachsenen, auf der Entwicklung von Systemen für den Befähigungsnachweis,auf neuen, angepaßten Regeln für Beihilfen aus der staatlichen Darlehenskasse für Ausbildung und auf einer Dreiparteienfinanzierung durch den Staat, den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer (NOU 1997: Nr. 25)1. Außerdem muß die Fort- und Weiterbildungsreform bei den zentralen Lohntarifverhandlungen zwischen den Sozialpartnern berücksichtigt werden. Versuch einer Abgrenzung von Fort- und Weiterbildung Es ist schwierig, eine klare und eindeutige Definition für Fort- und Weiterbildung zu geben. Man könnte vielleicht Fort- und Weiterbildung definieren als „eine formelle Ausbildungsmaßnahme, mit der eine Person eine bestimmte Anzahl von Jahren nach Abschluß ihrer ursprünglichen Ausbildung beginnt.“ Dabei muß allerdings geklärt werden, was mit formeller Ausbildungsmaßnahme gemeint ist, wie lange die Ausbildungsmaßnahme dauern muß, wie viele Jahre nach der ursprünglichen Ausbildung vergangen sein müssen, damit die neue Maßnahme als Fort- und Weiterbildung gilt, usw. 1 Die staatliche Darlehenskasse für Ausbildung ist eine öffentliche Bank, die Schülern und Studenten Stipendien und Studiendarlehen zu günstigeren Bedingungen als private Banken anbieten. Studiendarlehen der staatlichen Darlehenskasse sind beispielsweise während der Zeit des Studiums zinslos und müssen in dieser Zeit nicht zurückgezahlt werden. 164 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Eine andere Möglichkeit, einer Definition von Fort- und Weiterbildung näherzukommen, kann die Abgrenzung nach dem Alter sein. Fort- und Weiterbildung im Rahmen der weiterführenden Bildung kann z. B. auf „Personen, die weiterführende Ausbildungsmaßnahmen absolvieren und 21 Jahre oder älter sind“, beschränkt werden, während eine entsprechende Abgrenzung innerhalb der höheren Bildung sein könnte: „Personen, die an höheren Bildungsmaßnahmen teilnehmen und 30 Jahre oder älter sind.“ Die folgende zweiteilige Definition gibt indessen eine genauere Abgrenzung zwischen Fort- und Weiterbildung. „Fortbildung bedeutet die Teilnahme an kürzeren Kursen, die nicht unbedingt zu einer formellen Befähigung führen, sondern auf eine Erneuerung und Aktualisierung der Erstausbildung abzielen. Weiterbildung bedeutet auf ein Examen ausgerichtete Studien, durch die eine formelle Befähigung erworben wird, oft mit dem Ziel der Spezialisierung oder des Aufbaus auf einer Grundausbildung (Statistisk sentralbyrå, Aktuell utdanningsstatistikk 6/1999).“ 2. BEISPIELE FÜR DIE FORT- UND WEITERBILDUNGSSTATISTIK IN NORWEGEN Es gibt in Norwegen Statistiken über folgende Hauptbereiche innerhalb der Fort- und Weiterbildung: 1. Bewerber mit Praxiserfahrung, die als externe Prüflinge eine Fachprüfung im Rahmen der weiterführenden Ausbildung machen. 2. Angebote der Arbeitsmarktbehörde im Rahmen der Ausbildung für den Arbeitsmarkt. 3. Spezifische Fort- und Weiterbildungskurse an Universitäten und Hochschulen. 4. Nach Alter gegliederte Individualstatistiken im Rahmen der weiterführenden und höheren Bildung. 5. Arbeitsmarktstatistiken über die Teilnahme der Arbeitnehmer an Kursen. 6. Sonstige Statistiken über die Grauzone zwischen Fort- und Weiterbildung und Erwachsenenbildung. Bewerber mit Praxiserfahrung in der weiterführenden Ausbildung Die Regelung für die sogenannten Bewerber mit Praxiserfahrung (auch externe Prüflinge genannt) gibt erwachsenen Arbeitnehmern die Möglichkeit, sich nach fast vollständiger Ausbildung in einem Betrieb zu einer Fach- oder Gesellenprüfung anzumelden. Voraussetzung für die Anmeldung zu einer Fach- oder Gesellenprüfung ist, daß man über 21 Jahre alt ist, einen kurzen Theoriekurs absolviert hat und nachweisen kann, daß man umfassende praktische Erfahrungen in einem Fachgebiet während eines Zeitraums erworben hat, der die gesamte Lehrzeit in einem Fachgebiet um 25 % übersteigt. 1998 wurden 20 300 Bewerber mit Praxiserfahrung registriert, die sich für eine Fachprüfung angemeldet hatten. Das waren etwa 60 % aller Bewerber für eine Fachprüfung. Eine klare Mehrheit derjenigen, die in Norwegen eine Fach- oder Gesellenprüfung ablegen, sind somit erwachsene Arbeitnehmer, die fast ihre gesamte Fachausbildung in einem Betrieb erhalten haben. Das SSB verfügt über Individalstatistiken über Bewerber mit Praxiserfahrung. Angebot der Arbeitsmarktbehörde im Rahmen der Arbeitsmarktausbildung Die Arbeitsmarktkurse (AMO-Kurse) der staatlichen Arbeitsmarktbehörde sind in Norwegen ein wichtiges Fort- und Weiterbildungsangebot. Das Angebot an Arbeitsmarktkursen richtet sich an alle als arbeitslos gemeldeten Personen. Ziel der Kurse ist es, die Arbeitsuchenden für normale Arbeiten zu qualifizieren, das Mißverhältnis zwischen den Anforderungen des Arbeitslebens und den Fähigkeiten der Arbeitsuchenden zu verringern und die Arbeitslosen dazu zu motivieren, ihr Bildungsniveau zu erhöhen. Die Zahl der Teilnehmer an den AMO-Kursen hängt von der Zahl der Arbeitslosen ab. Im Schuljahr 1997/1998 absolvierten fast 34 000 Teilnehmer einen AMO-Kurs, davon mindestens 53 % Frauen. Das SSB verfügt über Individualstatistiken über Personen in AMO-Kursen. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 165 Spezifische Fort- und Weiterbildungskurse an Universitäten und Hochschulen 1998 wurden mehr als 94 000 Teilnehmer an spezifischen Fort- und Weiterbildungskursen an Universitäten und Hochschulen erfaßt. Davon nahmen reichlich 65 000 an kürzeren Fortbildungskursen und 29 000 an weiterbildenden Studien teil. Die Quelle für diese Statistiken ist der Norwegische gesellschaftswissenschaftliche Datendienst (NSD), der über summarische Statistiken über Teilnehmer an spezifischen Fort- und Weiterbildungskursen an Universitäten und Hochschulen verfügt. Nach Alter untergliederte Individualstatistiken im Rahmen der weiterführenden und höheren Bildung Eine einfache Methode, um einen Hinweis auf den Umfang der Fort- und Weiterbildung zu geben, ist die Aufgliederung der Individualstatistiken nach dem Alter. Da das gesetzlich verankerte Recht der Schüler auf weiterführende Bildung innerhalb von vier bzw. fünf Jahren nach Abschluß der Grundschule für Schüler und Lehrlinge wahrgenommen werden muß, ist 21 Jahre oder älter eine geeignete Altersabgrenzung für Fort- und Weiterbildung im Rahmen der weiterführenden Bildung. 1998 waren fast 22 000 Schüler in weiterführenden Schulen und 11 000 Lehrlinge 21 Jahre oder älter. Das entsprach 13 % der Gesamtzahl der Schüler und 34 % aller Lehrlinge. Bei der höheren Bildung kann der Anteil der Studenten im Alter von 25 Jahren und darüber und im Alter von 30 Jahren und darüber einen Hinweis auf den Umfang der Fort- und Weiterbildung geben. 1998 wurden insgesamt 184 000 Studenten im höheren Bildungssystem gezählt. Davon waren 50 % 25 Jahre und älter und 26 % 30 Jahre und älter. Die Quelle für diese Statistiken sind die nach Alter untergliederten Individualstatistiken des SSB. Das Individualstatistiksystem des SSB für die Ausbildungsstatistik Der Kernbereich der Ausbildungsstatistik ist das Individualstatistiksystem. Dieses System beinhaltet ausgehend von der Personenkennziffer persönliche Daten über alle Personen im weiterführenden und höheren Bildungssystem. Dabei wird unterschieden zwischen noch „in der Ausbildung befindlichen“ Personen und Personen, die eine Ausbildung „abgeschlossen haben“. Außerdem enthalten die Individualstatistiken Angaben über das höchste abgeschlossene Ausbildungsniveau für alle Personen über 16 Jahre in Norwegen. Die Individualstatistik hat eindeutig einen höheren statistischen Wert als die Globalstatistik. Dies liegt daran, daß die Individualstatistik über Ausbildung durch die Verwendung der Personenkennziffer als Kopplungsschlüssel sehr viel mehr Analysemöglichkeiten bietet. Durch die Verwendung der Personenkennziffer als Kopplungsschlüssel können wir beispielsweise den Ausbildungsverlauf analysieren und die Ausbildung der einzelnen Personen mit Merkmalen wie Einkommen, Beruf, sozialer Hintergrund, Bildungsniveau der Eltern, Wohnort, Einwandererkategorie usw. usw. koppeln. Außerdem bietet die Individualstatistik über Ausbildung weit bessere Möglichkeiten für kostenwirksame Systeme zur Sicherung der Qualität der Statistiken. Die Qualität der Individualstatistik ist deshalb normalerweise eindeutig besser als die der Globalstatistik. 166 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Arbeitsmarktstatistik über die Teilnahme der Arbeitnehmer an Kursen In der Arbeitskräftestichprobenerhebung (AKU) des SSB wird jedes zweite Quartal die Frage nach der Teilnahme der Arbeitnehmer an Kursen gestellt. 1998 nahmen im zweiten Quartal insgesamt 226 000 Arbeitnehmer im Laufe eines Zeitraums von vier Wochen an einem Kurs teil. Unter den Arbeitnehmern, die an Kursen teilnahmen, waren Frauen mit höherer Bildung am stärksten vertreten. Ungefähr 20 % der Frauen mit Universitäts- und Hochschulbildung nahmen an Kursen teil. Die meisten Kurse dauerten weniger als eine Woche. Diese Statistik gibt einen Überblick über den Umfang der Fort- und Weiterbildung im Arbeitsleben. Sonstige Statistiken in der Grauzone zwischen Fort- und Weiterbildung und Erwachsenenbildung Die sonstigen Statistiken über Erwachsenenbildung können ebenfalls einen Überblick über den Umfang der Fort- und Weiterbildung in Norwegen geben. Im Rahmen der Pflichtschule gibt es Angebote für Pflichtschulbildung für Erwachsene. Da die Pflichtschule aber eben obligatorisch ist, hat dieses Bildungsangebot nur einen sehr begrenzten Umfang. 1998 wurden nur knapp 1 900 Schüler in der Pflichtschulbildung für Erwachsene registriert. Das SSB verfügt über eine globale Statistik über Pflichtschulbildung für Erwachsene. Eine wichtige Form der Fort- und Weiterbildung ist der Norwegischunterricht mit Staatsbürgerkunde für erwachsene Einwanderer, Asylbewerber und Flüchtlinge. 1998 waren reichlich 17 300 Personen als Teilnehmer an dieser Form der Erwachsenenbildung registriert. Quelle für diese globale Statistik ist das Kirchen-, Bildungs- und Forschungsministerium. Die Volkshochschulen sind ein weiterer wichtiger Zweig der Erwachsenenbildung. Die Volkshochschulen sind für jedermann frei zugängliche allgemeinbildende Schulen, die im Hinblick auf Pensum oder Prüfungen keinerlei Anforderungen durch Institutionen oder Organe von außen unterliegen. 1998 hatten die Volkshochschulen in Norwegen 13 500 Schüler. Fast 70 % davon waren Frauen. Das SSB verfügt über Individualstatistiken über Volkshochschulen. Die wohl flexibelste Form der Erwachsenenbildung und der Fort- und Weiterbildung wird von den Fernlehrinstituten angeboten. Der Unterricht erfolgt über Internet, Videokonferenzen, Fernsehen, Video, Telefon usw.. 1998 wurden fast 45 000 Personen erfaßt, die am Fernunterricht teilnahmen. Das SSB verfügt über globale Statistiken über Fernunterricht. Die sogenannten Studienverbände sind unabhängige Institutionen mit einem sehr umfassenden Angebot im Rahmen der Erwachsenenbildung und der Fort- und Weiterbildung. Die Studienverbände stützen sich ebenso wie die Volkshochschulen traditionell auf die „Volksbildungsideologie“, und die meisten Kurse sind kurze Wochenkurse. 1998 nahmen insgesamt 681 000 Personen an Kursen der Studienverbände teil. Das SSB hat globale Statistiken über die Tätigkeit dieser Verbände zur Verfügung. 3. SCHWÄCHEN DER STATISTIK ÜBER FORT- UND WEITERBILDUNG Die obigen Ausführungen zeigen, daß es eine verhältnismäßig umfassende Statistik über Fort- und Weiterbildung in Norwegen gibt. Allerdings enthält die Statistik über die Fort- und Weiterbildung mehrere deutliche Schwächen. 1. Noch viel Definitionsarbeit erforderlich Das Gebiet der Fort- und Weiterbildung ist noch so neu, verschiedenartig und vielfältig, daß im Bereich der Statistik noch eine ganze Menge Arbeit zur Begriffsklärung erforderlich ist. Zentrale Begriffe wie z. B. Fort- und Weiterbildung oder „Realkompetenz“ sind nicht genau genug definiert. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 167 Außerdem sind die Begriffe nur in begrenzten Umfang in das System der Individualstatistik des SSB einbezogen. 2. Fort- und Weiterbildung nur begrenzt in die Individualstatistik des SSB einbezogen Eine der wichtigsten Einschränkungen der Individualstatistik über Ausbildung des SSB ist, daß sie im wesentlichen nur Schüler und Studenten erfaßt, die mehr als 300 Stunden auf ihre Kurse oder Studien verwenden. Viele Angebote im Rahmen der Fort- und Weiterbildung erstrecken sich jedoch auf weniger als 300 Stunden. Sie werden deshalb oft in der Individualstatistik des SSB nicht erfaßt. Es gibt indessen Möglichkeiten, kürzere Kurse in der Ausbildungsstatistik des SSB teilweise getrennt auszuweisen, doch werden die kürzeren Kurse in der individuellen Ausbildungsstatistik des SSB weit weniger systematisch erfaßt als die längeren Kurse. Da die Individualstatistik der Teil der Ausbildungsstatistik ist, der die höchste Qualität hat und eindeutig am meisten genutzt wird, bedeutet dies, daß die Statistik über die Fort- und Weiterbildung in den wichtigsten Teil der norwegischen Ausbildungsstatistik nicht integriert ist. 3. Kaum Statistiken über betriebsinterne Fort- und Weiterbildung Ein beachtlicher Teil der Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen erfolgt betriebsintern durch Kurse, Seminare, Berufsausbildung usw. Mit Ausnahme einiger weniger Daten aus der Arbeitskräfteerhebung (AKU) findet man jedoch kaum Statistiken über betriebsinterne Fort- und Weiterbildung. 4. Kopplung zwischen Fort- und Weiterbildungsstatistik und Arbeitsmarktstatistik findet nur begrenzt statt Für die Fort- und Weiterbildung ist die Verbindung zwischen dem Ausbildungssystem und dem Bedarf des Arbeitsmarkts besonders wichtig. Eine solche Kopplung findet jedoch in der amtlichen Statistik Norwegens nur in sehr begrenztem Umfang statt. 5. Kein ganzheitlicher Ansatz für die Statistik Die Fort- und Weiterbildungsstatistik ist ein stark fragmentiertes Gebiet der Statistik, das aus vielen ungleichen Teilen aus verschiedenen Quellen besteht. Es gibt kaum einen ganzheitlichen Ansatz für die Fort- und Weiterbildungsstatistik. Daher ist es schwierig, diesen Statistikbereich insgesamt in den Griff zu bekommen. 4. WIE KANN DIE STATISTIK ÜBER DIE FORT- UND WEITERBILDUNG VERBESSERT WERDEN? Es gibt in Norwegen eine recht umfassende Statistik über Fort- und Weiterbildung. Wir sind dem Ziel auf kluge Weise Schritt für Schritt nähergekommen und haben bei der Entwicklung vieler Statistiken große Fortschritte gemacht. Dennoch weist die Statistik mehrere deutliche Schwächen auf, und zwar vor allem die, daß die Fort- und Weiterbildung kaum in die individuelle Ausbildungsstatistik des SSB integriert ist, daß kaum eine Kopplung mit der Arbeitsmarktstatistik besteht und daß es kaum Statistiken über betriebsinterne Fort- und Weiterbildung gibt. Gleichzeitig sind die Arbeiten der Behörden an der Fort- und Weiterbildungsreform inzwischen so weit gediehen, daß Bedarf an einem ganzheitlicheren Ansatz auf dem Gebiet der Statistik besteht, damit eine zukunftsorientierte Statistik von hoher Qualität entwickelt werden kann. Das SSB muß deshalb die Initiative für ein vom Kirchen-, Bildungs- und Forschungsministerium finanziertes Pilotprojekt ergreifen, um zu untersuchen, wie wir eine bessere und ganzheitlichere Fort- und Weiterbildungsstatistik erreichen können. Im Rahmen des Pilotprojekts sollte unter anderem folgendes untersucht werden: 168 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 1. Bewertung des derzeitigen Stands und der Mängel der heutigen Fort- und Weiterbildungsstatistik 2. Klärung der Frage, wie sich die Reform der Fort- und Weiterbildung auf den Bedarf der Gesellschaft an Statistiken auswirken wird 3. Erarbeitung von Definitionen für die wichtigsten Begriffe der Fort- und Weiterbildung und Abgrenzung dieses Bereichs der Statistik gegenüber der übrigen Statistik 4. Untersuchung der Frage, wie eine ganzheitlichere Fort- und Weiterbildungsstatistik entwickelt werden kann Dafür ist zu bewerten: Wie kann die Fort- und Weiterbildungsstatistik in die individuelle Ausbildungsstatistik des SSB integriert werden? Welche Möglichkeiten gibt es für eine bessere Statistik über betriebsinterne Fort- und Weiterbildung? Welche Möglichkeiten bestehen für eine bessere Kopplung zwischen der Statistik über Fort- und Weiterbildung und der Arbeitsmarktstatistik? Wie kann die Kopplung zwischen nationalen und internationalen Statistiken über Fort- und Weiterbildung verbessert werden? Welche Lösungen gibt es für Berichterstattung, Überarbeitung und Veröffentlichung? 5. Erarbeitung von Vorschlägen, wie die wichtigsten Nutzergruppen in die Weiterentwicklung der Fort- und Weiterbildungsstatistik einbezogen werden können 6. Ausgehend von den Ergebnissen betreffend die obengenannten Punkte konkrete Projektbeschreibung für ein Projekt zur Entwicklung einer ganzheitlicheren Fort- und Weiterbildungsstatistik Literaturverzeichnis Berg, Lisbeth, Bremer Nebben, Eivor og Arup Seip, Åsmund (1999): Etter og videreutdanning i statent, Fafo-rapport 268. Oslo: Fafo. NOU (1997:25): Ny kompetanse. Grunnlaget for en helhetlig etter- og videreutdanningspolitikk, Kirke-, utdannings- og forskningsdepartementet, Oslo: Akademika. Statistisk sentralbyrå (1999):Voksenopplæring i Norge, Aktuell utdanningsstatistikk nr. 6/1999. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 169 VERÄNDERUNGEN DER ARBEITSMÄRKTE UND DEREN AUSWIRKUNG AUF DIE BILDUNGS- UND AUSBILDUNGSSTATISTIK Roger Fox FAS (Foras Áiseanna Saothair) Training and Employment Agency PO Box 456 27-33 Upper Baggot Street Dublin 4 Ireland [email protected] Einführung Ich möchte in diesem Beitrag einige Gedanken bezüglich der Zukunft der Bildungs- und Ausbildungsstatistik vorstellen. Diese Gedanken basieren auf einer Betrachtung des Funktionierens von Arbeitsmärkten und dessen, wie sich dieses Funktionieren verändert hat und in Zukunft noch verändern kann. In dem Beitrag geht es also um Veränderungen, die durch Veränderungen des Arbeitsmarktes verursacht werden – und nicht um andere Veränderungen, die beispielsweise durch Informations- und Kommunikationstechnologien vorangetrieben werden. Der Beitrag läßt auch die Umfrageverdrossenheit und die Datenschutzbeschränkungen unbeachtet, obwohl diese für künftige statistische Erhebungen und Analysen ebenfalls sehr wichtig sind. Der Ausblick basiert auf über zwanzig Jahren Erfahrung in der Forschungsabteilung von FAS – der staatlichen Behörde für Ausbildung und Beschäftigung in Irland. FAS ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und für eine Reihe von Ausbildungs- und Arbeitsvermittlungen sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitslose zuständig. Die Organisation kümmert sich um die erste Berufsausbildung, einschließlich Lehre und Ausbildung für vorzeitige Schulabgänger, und um Ausbildung für erwachsene Arbeitslose und Personen, die nach familiären Verpflichtungen ins Berufsleben zurückkehren möchten. FAS fördert und unterstützt auch die Ausbildung durch Unternehmen und für Arbeitnehmer. Die Forschungsabteilung trägt natürlich große Verantwortung auf dem Gebiet der Ausbildungsstatistik zur Unterstützung der Arbeit von FAS. Die Abteilung ist in der Tat Erzeuger und Nutzer von Ausbildungsstatistiken. Der Autor war auch an einer Reihe internationaler statistischer Datenerhebungen beteiligt, die die Vermittlung der in diesem Beitrag geäußerten Ansichten erleichtern. Warum erstellt man Statistiken über Bildung und Ausbildung? Einige Gründe dafür sind die Messung der Annäherung an ein Ziel, die Vergleichbarkeit mit anderen Ländern oder Bereichen, die Untersuchung von Fragen des Zugangs von Zielgruppen, die Beurteilung der Angemessenheit im Hinblick auf künftige Erfordernisse und die Messung von Kostenwirksamkeit und/oder Kosteneffizienz. Um nützlich zu sein, müssen Statistiken über Bildung und Ausbildung in der Regel entweder zeitlich oder mit anderen Statistiken vergleichbar sein. Bildungs- und Ausbildungsstatistiken werden hauptsächlich von Gestaltern der öffentlichen Politik und von Wissenschaftlern genutzt. Einzelpersonen, Arbeitslose und Arbeitgeber sind kaum daran interessiert. Die zunehmende Bedeutung von Humanressourcen für die wirtschaftliche Entwicklung Es gibt eine Reihe von Veränderungen auf den Arbeitsmärkten, die sich auf die künftig benötigten Arten der Bildungs- und Ausbildungsstatistik auswirken. Auf diese wird in den folgenden Abschnitten nacheinander eingegangen. Am wichtigsten ist die wesentlich erhöhte Bedeutung von Humanressourcen für die wirtschaftliche Entwicklung. Obwohl im Hinblick auf die Informationsgesellschaft eine gewisse Gefahr der Übertreibung besteht, gilt die allgemeine 170 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Prämisse. Wirtschaftlicher Erfolg ist immer weniger von materiellen Ressourcen (sowohl Land als auch Rohstoffen) abhängig, und Investitionsgüter können auf den Weltmärkten reichlich gekauft werden. Daher basiert der Wettbewerb im wesentlichen auf der jeweiligen Qualität und dem Preis der Humanressoucen. Die Folge davon ist, dass sich Regierungen zunehmend damit befassen, die Leistungsfähigkeit der Humanressourcen ihres Landes mit anderen Ländern zu vergleichen und sie immer dort verbessern, wo dies kosteneffektiv ist. Hierbei handelt es sich natürlich nicht um eine völlig neue Entwicklung, aber mir scheint, dass der Bedarf an solchen internationalen Vergleichen in den kommenden Jahren immer größer wird. Mit zunehmender Globalisierung müssen auch mehr Länder in solche Vergleiche einbezogen werden. Eine Konzentration auf Vergleiche mit OECDoder EU-Ländern wird nicht ausreichen. Das Hauptproblem der Statistik auf diesem Gebiet besteht in der Vergleichbarkeit. Auch in der Annahme, dass kein Land vorsätzlich versucht, Statistiken verzerrt darzustellen (und dabei handelt es sich um eine sehr starke Vermutung), scheint eine echte Vergleichbarkeit schwer erreichbar zu sein. Die (begrenzte) Erfahrung des Autors auf dem Gebiet der internationalen Statistik zeigt, dass die Vergleichbarkeit von Bildungs- und Ausbildungsstatistiken durch eine Vielzahl von Faktoren einschränkt wird. Ein offensichtliches Beispiel dafür ist die unterschiedliche Definition des Begriffes „Ausbildung“ (training) und dessen Abgrenzung vom Begriff „Bildung“ (education) zwischen EU-Ländern – und vielleicht Lauf der Zeit sogar innerhalb jedes Landes. Ich bringe hier keinen neuen Punkt zur Sprache, aber wenn die Gestalter der Politik dies für die Vergleichbarkeit fordern, dann werden durch ein Scheitern dieser Bemühungen alle veröffentlichten Statistiken unbrauchbar. Es kann sogar behauptet werden, dass sie mehr als unbrauchbar sind, weil sie irreführend sein können. Für dieses Problem scheint es keine einfache Lösung zu geben. Internationale Organisationen müssen im Umgang mit Ländern, die Statistiken für internationale Vergleiche liefern, eine strengere und stärker intervenierende Rolle spielen. Messen von Outputs statt Inputs Der zweite Aspekt der Veränderung bezieht sich darauf, was gemessen werden soll. Gestalter der öffentlichen Politik sind zunehmend an Fähigkeiten und Kenntnissen interessiert. Vergleiche zwischen den Ländern bezüglich der Fähigkeit zur Entwicklung der Humanressourcen sind von größtem Interesse. Bei einem Vergleich des Bildung- und Ausbildungsumfangs zwischen Ländern handelt es sich um einen Vergleich von Inputs – relevant als Maß der Effizienz –, aber von geringerem Interesse als ein Vergleich von Outputs. Somit kann beispielsweise der Ausbildungsumfang in einem Land größer sein als in einem anderen, dennoch kann das zweite Land eine besser qualifizierte Bevölkerung haben. Daraus läßt sich schlussfolgern, dass zunehmend Maßstäbe für den Output von Bildung und Ausbildung erforderlich sind.1 Dies ist ein weiterer Bereich, der über die Jahre zunehmend interessant geworden ist, besonders durch internationale Vergleiche Fähigkeiten von Studenten in verschiedenen Bereichen, wie Sprachen, Naturwissenschaft und Mathematik sowie der Lese- und Schreibfähigkeit von Erwachsenen. Auf dem Gebiet der beruflichen Ausbildung ist es jedoch wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der beruflichen Qualifikationen nicht möglich, einfach die in den einzelnen Ländern erworbenen Zertifikate zu zählen. Dennoch ist das kontrollierte Prüfen von Outputs wahrscheinlich ein Bereich erhöhter Aktivitäten und meiner Meinung nach einer, an dem sich offizielle Statistikinstitutionen beteiligen werden. 1 Es ist bekannt, dass die Fähigkeiten von Individuen von deren jeweiligem Umfeld abhängen. Somit ist selbst die Messung von Outputs eine Vereinfachung der Realität. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 171 Allgemeine Fertigkeiten Der nächste Bereich der Veränderung bezieht sich auf die Bedeutung von nichtformalen Qualifikationen und Fertigkeiten. Für solche Fertigkeiten gibt es eine Reihe von Bezeichnungen: „allgemeine Fertigkeiten“ (life skills) , „typische Fertigkeiten“ (generic skills) usw. Der Arbeitsmarkt legt sehr viel Wert auf solche Fertigkeiten, und besonders Arbeitgeber versuchen, Personen mit solchen Fertigkeiten einzustellen . Es gibt die Hypothese, dass flexiblere Arbeitsmärkte den Arbeitgebern das „Hire-and-Fire“-Prinzip erleichtern und ihnen somit eine Einstellung auf Probe ermöglichen. Wenn das wahr wäre, dann wären Arbeitgeber weniger an den Zertifikaten von potentiellen neuen Mitarbeitern interessiert. In der Praxis gibt es jedoch kaum Unterstützung für diese Hypothese. Die zunehmende Bedeutung der Komponente der Humanressourcen für die Wertschöpfung führt vielmehr in die entgegengesetzte Richtung. Da integrierte Produktionsprozesse auf die Kooperation angewiesen sind, ist es äußerst wichtig, dass Arbeitgeber keine schlechten Leistungserbringer einstellen. Im Servicebereich sind Fertigkeiten im Umgang mit Kunden gleichermaßen wichtig. Große Arbeitgeber befassen sich zunehmend mit einer Reihe von Verfahren zur Beurteilung von sozialen/zwischenmenschlichen Fähigkeiten bei neuen Mitarbeitern auf allen Ebenen (wohingegen diese in der Vergangenheit auf Führungskräfte beschränkt waren). Dies bedeutet für die Politik, dass Anbieter von Bildung und Ausbildung Mittel und Wege zur Messung und Zertifizierung dieser „soft skills” finden müssen. Wenn ihnen das gelingt, dann können Statistiker solche Zertifikate zählen und damit die Gestalter der Politik bei der Beurteilung unterstützen, ob die nationalen Ergebnisse auf diesen Gebieten ausreichen oder nicht. Nichtformale Wege des Lernens Der nächste Faktor der Veränderung bezieht sich auf die Wege, wie das Lernen erfolgt. Die Bedeutung nichtformaler Wege des Lernens wird zunehmend anerkannt. Zwei davon verdienen besondere Beachtung: arbeitsbegleitendes, auf Erfahrung basierendes Lernen und selbständiges, offenes Lernen. Ersteres ist natürlich nicht neu, doch die Gestalter von Bildungs- und Ausbildungspolitik sind sich der Bedeutung von Berufserfahrung (und zwar außerhalb der Arbeit) im Bereich der Entwicklung der Humanressourcen zunehmend bewusst. Der obengenannte Punkt bezüglich der Bedeutung von „sozialen Fertigkeiten“ (social skills) verstärkt diese Entwicklung, da viele Kommentatoren glauben, dass sich solche Fähigkeiten hauptsächlich außerhalb des Unterrichtsraumes entwickeln. Auch Arbeitgeber planen ihre Organisationen gewissenhafter, um den Arbeitnehmern mehr Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb ihres Arbeitsumfeldes zu geben. Dazu gehören Qualitätszirkel, Arbeitsplatzrotation (job rotation), Mentorentätigkeit und „work shadowing“. Das Problem der Bildungs- und Ausbildungsstatistik besteht darin, dass es nicht sehr sinnvoll ist, das Ausmaß dieser Tätigkeiten hinsichtlich der Zahl der beteiligten Personen oder ähnlicher auf der Tätigkeit basierender Größen zu messen. Vielmehr sind auf den Output basierende Messungen interessant, und das führt zu den oben angesprochenen Problemen bei der Messung von „soft skills“. Ähnliche Probleme ergeben sich beim offenen Lernen, bei dem Messungen der Inputs nicht sehr sinnvoll sind. Selbst wenn man Informationen über die Zahl der Personen, die das offene Lernen praktizieren, und die entsprechende Dauer gesammelt hat, wäre das Ausmaß des jeweiligen Lernfortschritts nur schwer zu bestimmen. Glücklicherweise handelt es sich beim offenen Lernen in den meisten Fällen um formale, die Bildung oder den Beruf betreffende Kenntnisse oder Fertigkeiten, die bei Erreichen bestätigt werden können. Somit ist es zum Beispiel ziemlich einfach, die Anzahl der ausgestellten europäischen Computerführerscheine zu zählen. 172 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Veränderung der Berufe und Mischfertigkeiten Eine weitere bedeutende Entwicklung auf den Arbeitsmärkten ist das „Verwischen” der Grenzen zwischen früher deutlich abgegrenzten Berufen. In den traditionellen Handwerksberufen geht der Trend zur Generalisierung, und es entstehen neue Mischberufe. Das stellt in erster Linie ein Problem für die Gestaltung von Ausbildungsprogrammen dar. Die Ausbilder erhöhen daraufhin mittels Modularisierung die Flexibilität und Vielfalt, während sich die Sozialpartner bei den Lohnverhandlungen mit geringerer Konformität der Berufe abfinden müssen. Das Problem für Statistiker besteht darin, wie mit den traditionellen Klassifikations-systemen für Berufe verfahren werden soll. Sollte eine Reihe von Mischformen von Berufen definiert und zur Klassifizierung von Personen benutzt werden, oder sollten die Personen nach dem dominierenden Beruf klassifiziert werden? Bei einem Blick auf den irischen Arbeitsmarkt findet man zum Beispiel im Hotelfach Ausbildungskurse (und Jobs) für Kellner, für Empfangspersonal sowie für Kellner/Empfangspersonal. Einige Kellner sind auch ausgebildete Barkeeper, andere sind das nicht, und es gibt natürlich auch Barkeeper, die keine Qualifikation als Kellner besitzen. Mir scheint eine bloße Nennung der dominanten Funktion irreführend zu sein. Systeme sollten möglichst alle Fertigkeitsgruppen, Qualifikationen und Arbeitsaufgaben, die sich auf Einzelpersonen beziehen, beinhalten. Glücklicherweise stellt das für gespeicherte Daten in einer Computerdatenbank kein wirkliches Problem dar, da in der Datenbank nach jedem gewünschten Kriterium gesucht werden kann. Eine solche Vorgehensweise ist jedoch für druckschriftliche Veröffentlichungen unbrauchbar. Sie ist ebenso unbrauchbar für Umfragen auf Arbeitgeberebene. Einzelpersonen können jedoch relativ leicht angeben, welche Fertigkeiten, Qualifikationen und Arbeitsaufgaben sie praktizieren. Internationale Mobilität von Arbeitskräften Wie alle Märkte werden auch Arbeitsmärkte internationaler. Das spiegelt sich in einer größeren Mobilität des Einzelnen wider. Innerhalb der EU ist diese Mobilität natürlich ein Grundrecht. In Zukunft wird es voraussichtlich beträchtliche Einwanderungs-ströme von weniger entwickelten Ländern in die EU geben. Zumindest bei einigen EU-Ländern wird sich darin zum Teil der erhöhte Eigenbedarf an Arbeitskräften zum Ausgleich des Geburtenrückganges der letzten Jahrzehnte widerspiegeln. Es wird auch den Wunsch von Personen aus ärmeren Ländern nach einer Verbesserung ihres Lebensstandards und ihre verbesserten Einreisemöglichkeiten in die EU und nach Nordamerika widerspiegeln. Im Zusammenhang mit der Bildungs- und Ausbildungsstatistik werden wahrscheinlich Probleme in der Messung der Ströme von Personen mit anerkannten Qualifikationen, in der Identifizierung und Prognose von Arbeitsmarktlücken, die mit qualifizierten Einwanderern gefüllt werden könnten, und in der Messung des Ausmaßes des „Brain-Drain“ zwischen den Ländern bestehen. Die Erfahrung Irlands kann in diesem Zusammenhang von Interesse sein. Die Veränderung des Arbeitsmarktes in Irland hat in den letzten Jahren zu einer Nettoeinwanderung geführt. Zukunftsprognosen signalisieren für den Rest dieses Jahrzehnts auf einen fortwährenden Arbeitskräftemangel, der zum Teil durch Einwanderer ausgeglichen werden muss. Neben dem allgemeinen Arbeitskräftemangel leidet das Land besonders unter Facharbeitermangel. Die Expertengruppe, die sich mit dem künftigen Bedarf am Fertigkeiten befaßt (Expert Group on Future Skill Needs), hat die Aufgabe übernommen, den prognostizierten Facharbeiterbedarf in bestimmten Berufen/Bereichen mit dem geplanten Bildungs- und Ausbildungsangebot zu vergleichen. Diese Art der Analyse wurde in bezug auf IT-Spezialisten, das Baugewerbe und die Biowissenschaften durchgeführt.2 Obwohl die Verwendung von Bildungs- und Ausbildungsstatistiken zur Vorhersage von Lücken nichts Neues ist, ist ihr Einsatz zur Beeinflussung der Einwanderungspolitik in Irland neu. Ein neuer ressortübergreifender Regierungsausschuss für Einwanderung verwendete solche 2 Zweiter Bericht der Expert Group on Future Skill Needs, FAS/Forfas, Dublin, 2000. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 173 Analysen sogar, um Empfehlungen für eine auf Fertigkeiten basierende Einwanderungspolitik auszusprechen. Der Ausschuss beantragte auch die Durchführung weiterer Analysen für andere Berufe/Bereiche seitens der Expert Group on Future Skill Needs. Für Statistiker wirft dies hauptsächlich Probleme bei dem Versuch auf, die unzähligen Ströme innerhalb des Arbeitsmarktes zu dokumentieren und hochzurechnen. Der Arbeitsplatzwechsel (Fluktuation) ist in der Regel der häufigste Grund für den Bedarf an neuen Mitarbeitern, jedoch sehr schwierig zu prognostizieren. In der Tat gibt es in Irland und in vielen Ländern wenig Daten über Abwanderungsströme. Darin spiegelt sich der Mangel an Längsschnittreihen zu Einzelpersonen wider, der auf die fehlende Verknüpfung von Daten aus Sondererhebungen oder Arbeitskräfteerhebungen über einen langen Zeitraum zurückzuführen ist. Dank der Leistungsfähigkeit moderner Computer sollte das allerdings nicht länger ein praktisches Problem darstellen, und wir sollten in der Lage sein, die Veränderungen hinsichtlich der Beschäftigung und der beruflichen Stellung von Einzelpersonen lebenslang zu verfolgen. Außerdem stehen weitere Statistiken auf Basis von Paneldaten zur Verfügung, aus denen Angaben über die Arbeitskräftefluktuation entnommen werden können. Bewertung von Arbeitsmarktprogrammen Diese Entwicklungen bieten auch viel bessere Möglichkeiten für die Bewertung von Bildungs- und Ausbildungsprogrammen. Obwohl solche Studien bereits seit vielen Jahren durchgeführt werden, besteht in vielen Ländern ein erhöhter Bedarf an Bewertungen und Kostenwirksamkeitsanalysen von staatlich getragenen Bildungs- und Ausbildungsprogrammen. Dies spiegelt den sich entwickelnden Ethos der Reformierung von öffentlichen Bereichen und der zielgesteuerten Unternehmensführung wider. Die meisten Beurteilungen von Bildung und Ausbildung beruhen entweder auf ausgedehnten, produktionsfunktionellen Methoden unter Anwendung von Bildungsniveaus oder auf kurzfristigen (bis zu 2 Jahre) Informationen über Beschäftigungsergebnis nach der Ausbildung. Längerfristige Daten aus statistischen oder Arbeitsmarkterhebungen könnten umfassendere, detailliertere und längerfristige Bewertungen mit entsprechenden Vorteilen für die Gestaltung der Politik ermöglichen. Schlussfolgerung In diesem Bericht habe ich sechs Entwicklungen auf den Arbeitsmärkten beschrieben, die sich auf die für Forschung und Politikgestaltung notwendigen Arten der Bildungs- und Ausbildungsstatistik auswirken. Die kurze Erörterung jeder dieser Entwicklungen zeigt die beträchtliche Lücke zwischen den vorhandenen und den idealerweise benötigten Statistiken. Einige dieser Lücken spiegeln die Natur des Untersuchungsgegenstandes wider und werden niemals vollständig geschlossen werden. In einigen Fällen muss der erste Schritt zur Schließung dieser Lücken in Form von besser geeigneten Beurteilungskriterien auch von den Bildungs- und Ausbildungssystemen ausgehen. Doch auch die Statistiker müssen eine umfassende Kooperation auf internationaler Ebene sichern. Sie müssen auch moderne Datenverarbeitungsverfahren einsetzen, um eine stärker mehrdimensionale Sammlungen und Meldung von Daten zu ermöglichen. Wie ich am Anfang dieses Berichtes bemerkte, sind nichtvergleichbare Statistiken wenig wert. Darin liegt in erster Linie die Herausforderung für Statistiker in den kommenden Jahren. 174 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung SCHNITTSTELLEN ZWISCHEN BILDUNG UND BESCHÄFTIGUNG. KOMPETENZEN1 UND IHRE STATISTISCHE ERFASSUNG Jordi Planas & Guillem Sala2 ICE-GRET Edifici Rectorat Universitat Autonoma de Barcelona E - 08193 BELLATERRA (Barcelona) [email protected] Der Beitrag basiert auf zwei Forschungsprojekten, an denen die Verfasser mitgearbeitet haben. Dabei handelt es sich um ein Projekt mit der Bezeichnung Education Expansion and Labour Market (EDEX)3 im Rahmen der Sozioökonomischen Schwerpunktforschung (TSER); und um einen Bericht Marché de la compétence et dynamiques d'ajustement im Rahmen des 2. CEDEFOP-Berichts über die Europäische Forschung auf dem Gebiet der Berufsbildung4. Die Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen, die Ergebnisse also nicht als endgültig zu betrachten. In dem Beitrag geht es um die verschiedenen Methoden, wie Kompetenzen erworben und anerkannt werden. Erwerb und Anerkennung von Kompetenzen bilden eine mehr oder weniger formalisierte Schnittstelle zwischen den Produkten des Bildungssystems und den Unternehmen. Unter diesem Aspekt befaßt sich unser Beitrag weder mit der genauen Definition der Inhalte der auf unseren Arbeitsmärkten geforderten Kompetenzen noch - logischerweise - mit ihrer Erfassung, ausgedrückt als produktive Leistung, was in anderen Arbeiten versucht wurde (OECD, 1996). Unsere Überlegungen betreffen die Institutionalisierungsprozesse bestimmter Phänomene, die dazu geführt haben, daß nicht nur Zeugnisse als Nachweis der Fähigkeiten von Arbeitskräfte anerkannt werden. Dabei gehen wir von der Hypothese aus, daß sich auf unseren Arbeitsmärkten mehr oder weniger allgemeine Strukturen entwickeln, die Bildungs- und Produktionssysteme verbinden. Die Untersuchung dieser Strukturen wird durch statistische Informationssysteme beeinträchtigt, die wiederum von den großen politischen Tätigkeitsbereichen (Bildung, Beschäftigung usw.) bestimmt und begrenzt werden. Andererseits ergibt sich bei der Untersuchung der Prozesse, wie Kompetenzen erworben und anerkannt werden, durch die Anwendung wissenschaftlicher Kriterien ein multidimensionaler Ansatz. Analysiert man die sozialen Veränderungen, wird deutlich, daß auch das verfügbare Datenmaterial einer Weiterentwicklung bedarf. 1. Vom Markt der Qualifikationen zum Markt der Kompetenzen 1 Kompetenzen: Im französischen Original wird der Begriff Compétences verwendet. Dieser Begriff läßt sich mit Kompetenz oder (Sach-)Kenntnis übersetzen. Diese Dichotomie führt zu einigen ungelösten konzeptionellen Problemen, die in diesem Beitrag nicht behandelt werden. Sie sollten allerdings vor einer statistischen Analyse des „Marktes der Kompetenzen“ geklärt werden 2 Research workers at GRET (Grup de Recerca sobre Educació i Treball - Institut de Ciències de l'Educació, de la Universitat Autònoma de Barcelona) and members of the EDEX network (Education Expansion and Labour Market). 3 http://edex.univ-tlse1.fr/edex/ 4 Bisher liegt dieser Bericht nur auf Fanzösisch vor (Marché de la compétence: dynamique et régulation - siehe Bibliographie); CEDEFOP wird in diesem Jahr (2000) eine englische Fassung veröffentlichen. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 175 In den europäischen Ländern sind tiefgreifende Veränderungen in den Beziehungen zwischen den Kompetenzen des einzelnen Menschen, ihren Merkmalen und ihrem Platz in den Beschäftigungssystemen festzustellen. Was die Hervorbringung von Fähigkeiten betrifft, so ist zunächst einmal eine starke Tendenz zu mehr Bildung und Ausbildung festzustellen, einerseits aufgrund der Generalisierung, wenn nicht sogar Universalisierung der Bildung, andererseits aufgrund der verlängerten Schulzeit und der damit verbundenen höheren Bildungsabschlüsse. Wie wirkt sich das höhere Bildungsniveau auf die Fähigkeiten des Einzelnen aus? Das immer allgemeiner werdende Schulabschlußzeugnis ist so etwas wie ein universelles Klassifizierungssystem: es verteilt die Schulabgänger aufeinanderfolgender Jahre in ein hierarchisches Raster. Das Zeugnis wird damit in zunehmenden Maße zu einem Filter, anders ausgedrückt, es erweist sich immer häufiger, daß ein akademischer Abschluß für den Zugang zum Arbeitsmarkt und den beruflichen Aufstieg nicht ausreicht. Andererseits ist es aber so, daß mit zunehmender Filterwirkung der Zeugnisse ihre Merkmale auf dem Arbeitsmarkt gleichzeitig an Bedeutung verlieren. Schulabschlußzeugnisse stehen nicht mehr für einen so rigorosen Auswahlprozeß wie früher, weil ein sehr viel größerer und heterogenerer Personenkreis ein Zeugnis erwerben kann. Akademische Abschlüsse sind immer weniger ein Garant dafür, daß ihre Inhaber - relativ gesehen - über ausgezeichnete Fähigkeiten verfügen. Da Angehörige aller Gesellschaftsschichten Zugang zu akademischen Bildungsabschlüssen haben, werden die Merkmale aufgrund des unterschiedlichen kulturellen und sozialen Hintergrunds immer heterogener, wodurch die Bedeutung dieser Bildungsabschlüsse für den Arbeitsmarkt nicht mehr eindeutig ist. Zu der Vielzahl der Ausgangssituationen kommt eine zunehmende Diversifizierung der Ausbildungsgänge. Die Zeugnisse bescheinigen den Abschluß von Ausbildungsgängen, die immer heterogener werden, d. h. es gibt eine Vielzahl von Ausbildungswegen, eine interne Diversifizierung. Es gibt immer mehr Wege, einen bestimmten Bildungsabschluß zu erreichen, wobei es jedoch auf die jeweilige Bildungseinrichtung ankommt. Als Beispiel sei der Ruf der Universität beim Erwerb eines Abschlusses (graduate) in den Vereinigten Staaten und - immer häufiger - auch im Vereinigten Königreich genannt (Buechtemann; Verdier, 1998; Kivinen; Ahola, 1999). Ohne zusätzliche Informationen (in unserem Beispiel graduate ohne Nennung der Universität, an der der Abschluß erworben wurde) spiegelt das Diplom an sich die entsprechende akademische Leistung und folglich die traditionnel mit dem schulischen Erfolg verbundenen Merkmale nicht so genau wider wie früher. Auf der anderen Seite erfordern die Veränderungen in den Beschäftigungsstrukturen, die neuen Formen der Arbeitsorganisation und des Arbeitsmarktes sowie das Outsourcing produktiver Tätigkeiten ihrerseits einen neuen Ansatz für die Ermittlung und Anerkennung der Kompetenzen der einzelnen Menschen. Aufgrund der zunehmenden Komplexität der von der Wirtschaft geforderten Kompetenzen ist es erforderlich, detailliertere Mechanismen zur Ermittlung und Bewertung dieser Kompetenzen einzuführen. Die traditionnelle Methode zur Beschreibung der Leistungsfähigkeit, die sich unter dem gemeinsamen und standardisierten Begriff der Qualifikation zusammenfassen läßt, ist in Frage gestellt worden (Marsden, 1994; Lichtenberger, 1999). An ihre Stelle tritt bei der Klassifizierung 176 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung der Beziehungen auf dem Arbeitsmarkt ein personenbezogener und auf tatsächliche Arbeitssituationen zugeschnittener Begriff - die Kompetenz . Der Begriff „Kompetenz“ wird jedoch auf unseren Arbeitsmärkten schon seit langem verwendet. Im Zusammenhang mit der Institutionaliserung der Qualifikationen ist man sich dieses Begriffs immer bewußt gewesen. In den letzten Jahren hat die auf persönlichen Beziehungen basierende Anerkennung von Kompetenzen aber aufgrund des fortschreitenden Verfalls der internen Arbeitsmärkte an Bedeutung verloren. Traditionell waren persönliche und langjährige Beziehungen zu den Arbeitnehmern in gewisser Weise ausschlaggebend für berufliche Karrieren und eine effektive Arbeitsplatzverteilung. Der Verfall der internen Märkte hat dazu geführt, daß weniger Informationen über das Arbeitsangebot vorhanden sind. Daraus ergibt sich wiederum der Wunsch, die Methoden zur Anerkennung beruflicher Kompetenzen zu institutionalisieren. Auf die Schnittstellen zwischen Bildungssystem und Unternehmen wirken also Anerkennungsmechnismen ein, die mehr oder weniger formell bzw. institutionalisert sind, die aber darauf abzielen, die Fähigkeiten des Einzelnen zu beschreiben. 2. Schnittstellen: Zwischen Institutionalisierung und informellem Charakter Wenn wir davon ausgehen, daß die Kompetenz immer häufiger die Grundlage für den Austausch auf dem Arbeitsmarkt bildet, so müssen neue Systeme mit standardisierten Merkmalen entwickelt werden, die die auf Zeugnissen basierenden Systeme ersetzen. Diese Systeme stehen in engem Zusammenhang mit den Regeln, die unsere Arbeitsmärkte regulieren, die ihrerseits ebenfalls im Umbruch sind. Wie sehen diese Regeln aus? Welche Rolle spielen die gesellschaftlichen Akteure und der Staat bei ihrer Entwicklung? Wer zieht Nutzen daraus? In der Geschichte der europäischen Arbeitsmärkte haben sich verschiedene Segmente herausgebildet, die mit ungleichen Arbeitsbedingungen und von der Gesellschaft geschaffenen industriellen Normen zusammenhängen Diese Prozesse haben in den einzelnen Ländern bei der Verknüpfung der Produkte der Bildungssysteme (Personen mit einem Abschlußzeugnis) und den Kategorien der Beschäftigungsstruktur (Arbeitsplätze) in sozialer und institutionneller Hinsicht zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt. Die Entwicklung von neuen Merkmalsssystemen hängt unweigerlich mit sozialen Konventionen zusammen. Die Standardisierung der Merkmale muß sich in den einzelnen Ländern in spezifische soziale Kontexte einfügen, in denen der Begriff der Kompetenz selbst sehr unterschiedlich definiert ist (Merle, 1997). Will man ein operationnelles System standardisierter Merkmale auf europäischer Ebene festlegen, so sind umfassende konzertierte Verhandlungen erforderlich, die auf einer Harmonisierung der Regeln in den Mitgliedstaaten basieren, was kurzfristig nicht vorstellbar ist. Die Untersuchung der Schnittstellen zwischen Bildungssystem und Unternehmen führt zu zwei grundsätzlichen Fragen: Wo werden Kenntnisse und Kompetenzen erworben, für die kein Zeugnis ausgestellt wird? Über welche Methoden verfügen die Arbeitgeber, um diese Kompetenzen zu ermitteln oder anzuerkennen? Im Rahmen der Diskussionen um das Projekt EDEX (Teil der Sozioökonomischen Schwerpunktforschung) unterscheidet J.F. Germe zwei Modelle, die die Beziehungen zwischen Bildungs- und Produktivsystem wiedergeben. Wir nennen sie hier Modell A und Modell B. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 177 In Modell A gibt es eine direkte Beziehung zwischen dem Output (Schulabgänger) des Bildungssystems, geordnet nach Niveau und Ausrichtung der Abschlußzeugnisse, und den von den Unternehmen angebotenen Arbeitsplätzen. In einem solchen Modell führt die Anhebung des Bildungsniveaus zu einer - zumindest temporären - Diskrepanz zwischen dem schnelleren Erwerb von Qualifikationen, insbesondere auf mittlerem und höherem Niveau, und der viel langsameren Schaffung von Arbeitsplätzen, die - gemäß der Tradition unserer Arbeitsmärkte - diese Ausbildungsniveaus erfordern. Modell A ist in den Ländern zu finden, in denen die Erstausbildung im wesentlichen auf einem Schulsystem basiert, das berufsbildende Zweige einbezieht oder ganz integriert, wie z. B. in Frankreich, Spanien und Italien. Im Gegensatz dazu stellt Modell B eine explizite Schnittstelle zwischen den Produkten des Bildungssystems und dem Zugang zum Arbeitsmarkt bereit. Diese nicht akademische Schnittstelle erfüllt drei Funktionen: Genaue Beschreibung der vorhandenen Kompetenzen der Bewerber im Vergleich zu den Merkmalen, die vom Bildungssystem hervorgebracht werden, indem diese durch geeignetere oder zumindest für die Arbeitgeber besser lesbare Begriffe erklärt und ergänzt werden; Dämpfen und/oder Differenzieren der Erwartungen derjenigen, die eine berufliche Eingliederung anstreben im Vergleich zu Schulabgängern, die das gleiche Bildungsniveau aufweisen; Abraten von einer Fortsetzung des Studiums. In Deutschland und in Großbritannien ist die Studentenquote deutlich niedriger als in den romanischen Ländern. Modell B ist typisch für Deutschland und Großbritannien. In Großbritannien besteht diese Schnittstelle aus einer Vielzahl von Bildungsmöglichkeiten und -einrichtungen, in Deutschland im wesentlichen aus dem dualen System mit seiner zunehmenden internen Differenzierung. Wir sind der Ansicht, daß sich in allen Ländern Schnittstellen wie Modell B entwickeln werden, wobei es sehr unterschiedliche Modalitäten und Stufen der Institutionalisierung geben wird, so wie es auch in den Ländern, in denen Modell B bereits angewandt wird, der Fall ist. Anders gesagt: alle europäischen Länder nähern sich schrittweise dem Modell B, als logische Folge der Notwendigkeit, Mechanismen zu entwickeln, die die drei genannten Funktionen erfüllen. Diese Schnittstellen werden gebildet aus a) den „neuen“ ( ?) Methoden zum Erwerb von Kompetenzen außerhalb des Schulsystems; b) den „neuen“ ( ? ) Methoden zur Ermittlung und Anerkennung von Kompetenzen. Will man die verschiedenen Schnittstellen näher bestimmen, müssen die Felder der Tabelle ausgefüllt werden, in denen die Bestandteile der Schnittstellen (Methoden zum Erwerb und der Erfassung von Kompetenzen) ihren formellen oder informellen Eigenschaften gegenübergestellt werden. Der formelle oder informelle Charakter der Ausbildungsmodalitäten hängt davon ab, ob die Absicht besteht, explizit und in organisierter Form auszubilden. Hinsichtlich der Methoden zur Anerkennung der Kompetenzen besteht die Formalisierung darin, daß die Kompetenzen in irgendeiner, auch für Außenstehende nachvollziehbaren Form bescheinigt werden müssen. Es handelt sich zweifellos um ein vereinfachendes Schema; es geht hier aber primär darum, das Gesamtschema (die grundlegenden Merkmale der Schnittstellen) zu definieren, wobei die große Vielfalt, aus denen es sich zusammensetzt, vorläufig außer acht gelassen werden sollte. Tabelle 1. Bestandteile der Schnittstellen zwischen Bildungssystem und Unternehmen Formell Informell 178 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Methoden zum Erwerb von Kompetenzen Methoden zur Ermittlung der Kompetenzen A B C D A) Formelle (nicht schulische) Methoden zum Erwerb von Kompetenzen : Unter diese Rubrik fallen : Die große Differenzierung bei Schülern. die einer gleichen Klassengruppe in der expliziten Erstausbildung angehören; Schülern und Eltern werden immer häufiger parallele, explizite Bildungsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Bildungszielen oder Stundentafeln angeboten. Diese expliziten außerschulischen Bildungsmöglichkeiten, die zwar häufig von den Schulzentren als Dienstleistung angeboten werden, können dazu führen, daß - bei zusätzlichen Unterrichtsstunden im Anschluß an den normalen Stundenplan, durch Ferienkurse usw. bestimmte Schüler im Vergleich zu ihren Klassenkameraden 50 % mehr Unterrichtsstunden haben. Die außergewöhnliche Entwicklung der expliziten Weiterbildung, die sich in allen Ländern wenn auch in unterschiedlicher Form - vollzogen hat. Die institutionnelle Grundlage für die Entwicklung dieser „Kurse“ ist äußerst vielfältig (Staat, Regionen, Unternehmen, Bildungseinrichtungen); das bedeutet, daß auch Erfassung und Bescheinigung (Zertifikate) variieren. Die vom Europäischen Sozialfonds finanzierten Politiken fallen unter diese Entwicklung. Die Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung von Jugendlichen, bei denen in den letzten Jahrzehnten ebenfalls große Fortschritte zu beobachten waren. Standardkurse mit internationaler Gültigkeit, die von anerkannten öffentlichen Institutionen gefördert werden, z. B. die Englischkurse des British Institute. Über das Internet verbreitete Kurse, für die Zertifikate ausgestellt werden, wie beispielsweise Microsoft-Kurse; Sonstige institutionalisierte Bildungsprojekte. B) Informelle Methoden zum Erwerb von Kompetenzen : Die Erfahrungen, die Jugendliche in der schulischen Erstausbildung „freiwillig“ in der Arbeitswelt sammeln; dieser Ansatz ist in einigen Ländern stark entwickelt und kann ein Vorteil bei der Differenzierung von Jugendlichen sein, die die gleichen Bildungsabschlüsse erworben haben; Berufserfahrung und deren qualitative Aspekte, wobei die Dauer der Betriebszugehörigkeit sowohl von Vorteil als auch von Nachteil sein kann (wenn man die früher erworbenen Kenntnisse vergißt und keine neuen Kenntnisse erwirbt); Die Errungenschaften im sozialen Bereich, wie Erfahrungen im gesellschaftlichen oder familiären Umfeld, die den Hintergrund für die Mobilisierung und den Erwerb von anderen eher kognitiven oder praktischen Kompetenzen bilden; Der "Kulturkonsum", d. h. das Interesse für das, was in verschiedenen kognitiven und sozialen (Teil-)Bereichen passiert. Dabei kann es sich um die ständige freiwillige Weiterbildung oder um geistiges Training handeln, das die Gehirnzellen „in Form hält“, damit neues Wissen aufgenommen werden kann. C) Formelle Methoden zur Ermittlung von Kompetenzen : "Quasi-Zeugnisse"5, die in Zusammenhang mit expliziten Weiterbildungsmaßnahmen verliehen werden; 5 Explizites und formelles Zertifikat, das nach Abschluß einer expliziten und formellen Weiterbildungsmaßnahme im außerschulischen Bereich verliehen wird und das nicht zu den Zeugnissen des Bildungssystems zählt. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 179 Zertifikate, die von "staatlichen Stellen" nach Abschluß informeller Lehrausbildungen ausgestellt werden; Die Ausstellung von "Quasi-Zeugnissen"5 seitens multinationaler Unternehmen, die den Erwerb von "universell" anerkannten Kompetenzen bestätigen. Hierzu zählen die Zertifikate des British Council bis hin zu denen von Microsoft sowie eine Vielzahl von sektorspezifischen Zertifikaten, die manchmal entscheidende Bedeutung haben; Die "formelle" Rolle, die von bestimmten Unternehmen ausgestellte Zeugnisse bei der Anerkennung von Kompetenzen spielen. Diese Zertifikate beziehen sich auf Praktika oder die Beherrschung bestimmter Techniken, "Maschinen" oder "Notsituationen"; Die auch von Außenstehenden "anerkannte" formelle Rolle von Erfahrungen in Unternehmen, die in einem bestimmten Sektor führend oder besonders leistungsstark sind; Englische Sprachprüfungen vor Ort, die von der Universität Cambridge anerkannt sind (1st Certificate, Proficiency). D) Informelle Methoden zur Ermittlung von Kompetenzen : Lebensläufe (Curriculum Vitae), wobei auch hier Entwicklungen zu beobachten sind. Lebensläufe enthalten immer häufiger Angaben zu Hobbies und sozialen Kompetenzen, enthalten also immer mehr Hintergrundinformationen; Personalberatungsunternehmen, die eine Vielzahl von Bewertungsmechanismen entwickelt haben; Persönliche Gespräche, in denen versucht wird, die für einen Arbeitsplatz wichtigen persönlichen Kompetenzen oder Unterschiede zwischen den Bewerbern zu ermitteln; Probeverträge, in deren Rahmen die beruflichen Fähigkeiten des Bewerbers über den persönlichen und direkten Kontakt informell ermittelt werden. 3. Die Institutionalisierung der Schnittstellen Läßt sich in einem Kontext verlängerter Ausbildungszeiten und großer Mobilität der Arbeitskräfte eine progressive Institutionaliserung dieser Schnittstellen (wie in Großbritannien) vorhersagen und gleichzeitig behaupten, daß diese Institutionaliserung über die berufliche Eingliederung von Jugendlichen hinausgehen und eine "lebenslange" Dimension annehmen wird? Es ist wahrscheinlich kein Zufall, daß gerade in Großbritannien das Bedürfnis nach Entwicklung und Institutionaliserung (zentrale und standardisierte Anerkennung) dieser Schnittstelle „am dringlichsten“ war. Diese Pionierrolle ergibt sich aus der Schwäche der Zeugnisse gegenüber der „universellen“ Klassifikation der Erwerbstätigen und potentiellen Erwerbstätigen und der polymorphen Zersplitterung der zwischen Bildungs- und Beschäftigungssystem geschalteten Weiterbildungsmöglichkeiten, die sich nicht anhand eines Standardkodes erfassen lassen. Hier sind laut Bjørnåvold (1998) Ähnlichkeiten mit dem monetären System und dem Erfordernis von Legitimierung und Transparenz erkennbar: wie lassen sich einfache, genormte und gültige Informationen über den Wert dessen, was ausgetauscht wird, bereitstellen, wenn neue Kompetenzen erforderlich sind? Das Problem stellt sich in den Ländern, in denen das auf Zeugnissen basierende System (Frankreich, Spanien) vorherrscht, nicht so dringlich und nicht auf die gleiche Art und Weise. In diesen Ländern haben Zeugnisse auch weiterhin große Bedeutung bei der Verteilung von Stellen, 180 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Verantwortlichkeiten und Arbeitsentgelten (F. Dauty, 2000). In stark strukturierten Bildungssystemen spielt das Qualifikationsniveau eine zentrale Rolle in der Hierarchie der Arbeitsstellen und ihrer Bezahlung: dort geht man von einem leistungsorientierten Ansatz aus. In den Ländern, in denen es bereits eine institutionalisierte Schnittstelle zwischen Bildungssystem und Unternehmen gibt, ist das Problem ebenfalls von geringerer Bedeutung. Das Problem wird aber in den Ländern weiter bestehen - und sich in Zukunft wahrscheinlich noch verschärfen -, in denen das frühere, auf Zeugnissen aufbauende System an Bedeutung verliert. Es muß also ein neues System entwickelt werden. Muß man aber so wie in Großbritannien vorgehen (d. h. Mechanismen für eine zentrale Anerkennung und Ermittlung von Kompetenzen entwickeln, unabhängig davon, wie diese erworben wurden), um diesem Bedarf vorzugreifen? Anders gesagt, das spanische und das französische System profitieren von einer Art "Trägheit der Zeugnisse", die ein gültiges und solides Merkmal darstellen und anhand derer man grundlegende Arbeitsmarktentscheidungen treffen kann. Auf der anderen Seite verfügt Deutschland über ein duales System, das diese Funktion mehr oder weniger erfolgreich ausfüllt. Der Fall Großbritanniens erfordert hingegen immer dringlicher die Entwicklung von Institutionen, die diese Rolle übernehmen, ausgehend von den Qualifikationen (QCA/NVQ).6 Die „romanischen“ Systeme haben nicht die gleiche Dringlichkeit, stellen aber de facto die Frage nach Anerkennung der Kompetenzen immer häufiger unter einem institutionnellen Aspekt. Welche Zukunft haben die einzelnen Systeme? Könnte das englische Modell in gewisser Weise der Bezugspunkt für eine potentielle Entwicklung in anderen Ländern werden? Im strikten Sinne des „exportierten“ Modells lautet die Antwort wahrscheinlich nein. Es stellt aber zweifellos einen wichtigen Bezugspunkt für die künftigen Entwicklungen in Ländern dar, die gleiche wirtschaftliche und soziale Merkmale aufweisen. Ein anderer Diskussionspunkt betrifft die Anerkennung von Kompetenzen (bzw. der Nachweise dieser Kompetenzen), die außerhalb der Schulsysteme erworben wurden. Es ist eine Tendenz festzustellen, daß außerhalb des Schulsystems erworbene Kenntnisse anerkannt werden und zwar in Form von Zeugnissen oder „quasi-akademischen“ Nachweisen (durch Bescheinigung der Kompetenzen und/oder Methoden der Anerkennung und/oder Bescheinigung). Gibt es andere universelle Anerkennungsverfahren als jene, die durch das Schulsystem legitimiert sind und als Referenz dienen? Lassen sich neue, von (Fach-)Kenntnissen ausgehende und von den schulischen Nachweisverfahren unabhängige Methoden entwickeln? Gibt es Alternativen zu den schulischen Nachweisen in Form anderer Bewertungsmethoden und Anerkennungsverfahren? Diese grundsätzlichen Fragen sind zu stellen, will man die möglichen Institutionalisierungsprozesse der Schnittstellen zwischen Bildungssystemen und Unternehmen verstehen. 4. Wie lassen sich die Schnittstellen statistisch erfassen? Bei einer näheren Untersuchung der Schnittstellen muß man sich mit den zwei zentralen Fragen auseinandersetzen, die wir bereits angesprochen haben: wie werden Kompetenzen erworben, die nicht durch ein Zeugnis abgedeckt werden? Anhand welcher Verfahren können Arbeitgeber diese Kompetenzen ermitteln oder anerkennen? 6 Die neuesten Vorschläge zu den „graduates“ sind ein Hinweis darauf. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 181 Eine für diese Untersuchung geeignete Methodik darf also die wichtigsten Merkmale der Kompetenzen nicht außer acht lassen. a) Merkmale der Kompetenz als Gegenstand der Untersuchung Kompetenzen sind vektoriell. Die Kompetenz eines Menschen setzt sich aus einer Reihe von grundlegenden Kompetenzen zusammen. Diese einzelnen Bestandteile werden auf unterschiedliche Art und Weise erworben. Einige werden in expliziten, andere in impliziten Bildungssystemen (training on the job, learning by doing...) erworben, andere wiederum durch soziale Kontakte außerhalb der Berufswelt oder sind angeboren (bzw. sehr früh in der primären Sozialisation erworben). Bestimmte Kompetenzen lassen sich schließlich auch durch eine Kombination der genannten Möglichkeiten erwerben. Bei der Untersuchung der Art und Weise, wie Kompetenzen erworben werden, ist also eine Vielzahl von Ausbildungsorten und Bildungsgängen zu untersuchen, d. h. es sind Informationen der unterschiedlichsten Art zu sammeln. Kompetenzen lassen sich ex ante nur sehr schwer messen. Bewertungen hängen von jedem einzelnen Unternehmen und im Extremfall sogar von jedem einzelnen Arbeitsplatz ab. Allgemein läßt sich sagen, daß ein Arbeitnehmer nicht sämtliche Kompetenzen, über die er verfügt, in einen Arbeitsplatz einbringt. Je nach Arbeitssituation wird er einen Teil seiner Fachkenntnisse mobilisieren. Es gibt keine immanenten (absoluten) Fähigkeiten: die verwendbaren Kompetenzen hängen von den Bedingungen der Berufsausübung ab. Deshalb ist der „Inhalt“ der Kompetenzen a priori von der „Beschreibung“ zu trennen, die nur ungefähre Angaben machen kann. b) Grenzen der verfügbaren Daten Vinokur (1995: 153) stellt fest, daß die Theorie des Humankapitals die Funktion des Nachweises insofern verschleiert, als sie unverfälschte und perfekte Informationen über die Personen hinsichtlich Arbeitsangebot und -nachfrage voraussetzt, wobei die Qualität der Arbeit unmittelbare Funktion der Ausbildungskosten und damit - für eine bestimmte Ausbildungstechnik - der Ausbildungsdauer ist. Unter diesem Aspekt ist der wichtigste Indikator für die Leistungsfähigkeit eines Menschen immer der Bildungsabschluß gewesen. Es hat natürlich Versuche gegeben, andere Indikatoren zu entwickeln (z. B. im Rahmen eines von CEDEFOP finanzierten Forschungsvorhabens, Mallet et alli., 19977). Die Kompetenzen ließen sich aber nur anhand von einfachen Proxies erfassen, die sich angesichts der komplexen Situationen, die sie beschreiben sollten, als sehr schwach herausstellten: Qualifikationsniveau d für die explizite Ausbildung, Alter a für Berufserfahrung. Die Grenzen dieser Indikatoren sind angesichts der hier angestellten Überlegungen deutlich erkennbar. Im weiteren Verlauf dieses Forschungsvorhabens stellte sich heraus, welche Mängel die Informationssysteme über die Kompetenzen derzeit aufweisen. Der Erwerb von Kompetenzen - und dies entspricht der vektoriellen Beschaffenheit der Kompetenzen - erfordert die Integration von Verfahren, die in einem quantitativen Ansatz außen vor bleiben. Es ist erforderlich, einfache Variablen zu kombinieren, um so zu multidimensionellen Variablen zu gelangen. Bei der quantitativen Analyse der Schnittstellen zwischen Bildungssystem und Unternehmen entstehen die Schwierigkeiten sowohl aufgrund fehlender Informationen als auch aufgrund des 7 Diese Untersuchung gilt als der direkte Vorläufer des EDEX-Projektes (TSER-Programm ). 182 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung fehlenden Zusammenhangs zwischen den bereits verfügbaren Informationen. Bei der Darstellung von Informationen folgen die verschiedenen Methoden einzig und allein ihren eigenen „internen“ Regeln. So basieren die Beschäftigungsstatistiken beispielsweise auf der Beschäftigungspolitik, die Bildungsstatistiken auf der Bildungspolitik usw. Wenn man nicht bedenkt, daß Daten für unterschiedliche Zwecke verwendet werden, ist es schwierig, diese Daten komplementär zu verwenden. Schlußfolgerung: Tautologischer Effekt der statistischen Informationssysteme Nur beobachtete Phänomene lassen sich transparent darstellen. Und nur Dinge, die sich untersuchen lassen, werden auch untersucht: die Untersuchungsgegenstände hängen davon ab, ob Daten zur Verfügung stehen. Die statistischen Informationssysteme begrenzen somit den Bereich der beobachtbaren Phänomene. Die Kriterien der Datenerfassung stimmen aber nicht immer mit den Kriterien der wissenschaftlichen Analyse überein. Im Gegenteil, in den meisten Fällen orientieren sich die statistischen Informationssysteme an den großen politischen Tätigkeitsbereichen (Bildung, Beschäftigung usw.) und sind voneinander unabhängig. Dies führt zu einer gewissen Tautologie bei der Analyse der Politiken, indem nur Informationen über das, was „erwartet“ wird, gesammelt werden, was dann möglicherweise zu einer Bestätigung dessen, “was man vorausgesehen hat“, führt. Deshalb besteht die Gefahr, nicht richtig über die tatsächlichen Auswirkungen der Politiken im Rahmen ihrer konkreten Umsetzung informiert zu werden. Der Bedarf, in Forschungsleistungen zu investieren, ist in zweifacher Hinsicht deutlich erkennbar: zum einen sollten Synergien zwischen den vorhandenen Informationen gefördert werden, da dann Indikatoren entwickelt werden könnten, die für die komplexe Aufgabe der Ermittlung und Erfassung von Kompetenzen besser geeignet wären; zum anderen sollten neue Systeme und Werkzeuge für die Datensammlung entwickelt werden. Soziale Veränderungen müssen quantitativ bewertet werden. Die Untersuchung dieser Veränderungen erfordert folglich eine Weiterentwicklung der statistischen Informationssysteme. Es wird immer schwieriger, die angesprochenen Veränderungen zu beobachten und zu verfolgen, wenn es statistische Lücken gibt. Phänomene wie die Entwicklung von Schnittstellen zwischen Bildung und Beschäftigung könnten deshalb zu einer „black box“ werden, bei der man vor lauter Informationen die wirklich wichtigen nicht erkennt. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 183 Bibliographie Bjørnåvold, J. (1998): "¿Una cuestión de fe? Las metodologías y los sistemas para evaluar aprendizajes no formales requieren una base de legitimidad", Formación Profesional revista europea, Nr.12, S. 76-83. Buechtemann, C.; Verdier, E. (1998): "Education and Training Regimes Macro-Institutional Evidence", Révue d'économie politique, Nr. 108, S. 292-320. Dauty, F. (2000): "Diplômes et marché du travail : des liens qui évoluent", mimeo. Kivinen, O.; Ahola, S. (1999): "Higher education as a human risk capital", Higher Education, Nr.38, S.191-208. Lichtenberger, Y. (1999): “Compétence, organisation du travail et confrontation sociale”, Formation emploi, Nr. 67, S. 93-107. Mallet L. et alli. (1997): "Diplômes, compétence et marchés du travail en Europe", Revue Européenne de Formation Professionnelle, Nr. 12. Marsden, D. (1994): "Mutation industrielle, compétence et marchés du travail", Formation Professionnelle Revue Européenne, Nr. 1/1994, S.15-23. Merle, V. (1997): “La evolución de los sistemas de validación y certificación. ¿Qué modelos son posibles y que desafíos afronta el país francés?”, Formación Profesional Revista Europea, Nr. 12, S. 39-52. OCDE (1996): Mesurer le capital humain. Vers une comptabilité du savoir acquis, Paris. Planas, J.; Giret, J.F.; Sala, G.; Vincens, J. (2000): Marché de la compétence et dynamiques d'ajustement, Cahier du Lirhe, wird in Kürze erscheinen. Eine englische Fassung wird im Laufe des Jahres 2000 von CEDEFOP veröffentlicht. Vinokur, A. (1995): "Réflexions sur l'économie du diplôme", Formation et emploi, Nr. 52, S. 151183. 184 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung DER SICHT DER NUTZER Domenico Paparella CESOS Via Po, 102 00136 Roma [email protected] 1. Vorwort Ziel dieser Mitteilung ist die Rekonstruktion eines Experiments zur Nutzung der statistischen Informationen, um für die Sozialpartner wertvolle Informationen bereitzustellen. Worüber ich berichten möchte, ist ein Experiment, das die Realisierung und Erprobung eines Mechanismus zur Erhebung des Ausbildungsbedarfs in der italienischen Industrie betrifft. Der Verfasser dieser Mitteilung nahm als Co-Direktor an dem noch nicht völlig abgeschlossenen Experiment teil. Die Durchführung des Vorhabens oblag der vom Industriearbeitgeberverband Confindustria und den Gewerkschaften Cgil, Cisl und Uil auf bilateraler Grundlage eingerichteten und vom Arbeitsministerium finanzierten nationalen Ausbildungsbehörde. In dieser Mitteilung möchte ich folgende Aspekte aufgreifen: a. Darlegung des Sinngehalts sowie der Bedeutung des Experiments mit den bilateralen Einrichtungen in Italien; b. Erläuterung des Vorhabens angesichts des kulturellen Hintergrunds, der Wahl der Methodik sowie der Ergebnisausbeute; c. Nennung der bei der Abwicklung des Vorhabens aufgetretenen statistischen Probleme; d. Lehren, die im Zusammenhang mit der Verbesserung der Qualität der den Sozialpartnern zur Verfügung gestellten Daten aus dem Vorhaben zu ziehen sind; e. Überlegungen dazu, in welchen Bereichen auf nationaler und europäischer Ebene eine Zusammenarbeit zwischen den Sozialpartnern und den statistischen Ämtern möglich ist. 2. Die Erfahrungen mit der bilateralen Zusammenarbeit in Italien Die Einrichtung bilateraler Organismen im Ausbildungsbereich ist das Ergebnis einer Periode tiefgreifender Erneuerungen in den Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Dies verlieh dem sozialen Dialog eine gemeinschaftliche Komponente, die den Sozialpartnern eine groß angelegte politische Aktion ermöglichte, um die berufliche Bildung wieder zu thematisieren.1 Die Ergebnisse dieser Aktion haben sich im Gesetz "Treu" (196/97) niedergeschlagen, in dem die Gliederung des italienischen Weiterbildungssystems festgelegt ist. 1 Vgl.: Pier Antonio Varesi: „La formazione professionale negli accordi di concertazione“, Lavoro Informazione Nr. 8, April 1999. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 185 Zu den wichtigen Ergebnissen dieser Periode gehört auch die Gründung der bilateralen Organismen zur Verwaltung der Ausbildung2. Sie legen Zeugnis davon ab, daß die Sozialpartner bestimmte Aspekte des Arbeitslebens mit gemeinsamen Zielsetzungen, Richtungsvorgaben und Instrumentarien angehen. In diesem spezifischen Fall hat sich bezüglich nachstehender kultureller und politischer Optionen eine Konvergenz bei den Sozialpartnern herauskristallisiert: die Ausbildung stellt für das Produzierende Gewerbe sowie den Dienstleistungssektor einen fundamentalen Innovationsansatz dar; die Ausbildung ist im Hinblick auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen unverzichtbar; die Steigerung der beruflichen Qualifikation ist für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer sowie deren Behauptung auf dem inner- und außerbetrieblichen Arbeitsmarkt von größter Bedeutung. Die von den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden eingerichteten bilateralen Organismen haben mehrere Aufgaben. Den bilateralen Organismen für die berufliche Bildung haben die Sozialpartner insbesondere die Förderung folgender Maßnahmen übertragen: die Verbesserung der Ausbildung, der beruflichen Orientierung und der Umschulung; die Anpassung des Ausbildungssystems an den Bedarf der Unternehmer und Arbeitnehmer, u. a. über die Förderung von Studien, Vorschlägen und innovativen Vorhaben. In diesem Zusammenhang ist auch das Vorhaben einer Erhebung über den Ausbildungsbedarf im italienischen Gewerbe zu erwähnen, die das Arbeitsministerium den bilateralen Organen für die Ausbildung übertrug. 3. Das Vorhaben einer Erhebung über den Ausbildungsbedarf 3.1. Zielsetzungen Die auf bilateraler Grundlage (Arbeitgeberverband Confindustria und Gewerkschaften CGIL-CISUIL) eingerichtete nationale Ausbildungsbehörde hat sich mit diesem vom Ministerium für Arbeit und Soziales finanzierten Vorhaben das Ziel gesetzt, einen ständig auf dem neuesten Stand zu haltenden und laufend zu verbessernden Prozeß der Erfassung des Bedarfs an Professionalität zu definieren und in Versuchen zu realisieren, um dem Ausbildungssystem zur Anpassung des Ausbildungsangebots und der Ausbildungsinhalte an den Bedarf (Funktionieren und Weiterentwicklung) des Produktionsapparats und des Arbeitsmarkts "wertvolle Informationen" zur Verfügung zu stellen, wobei das Ausbildungssystem den Bedarf stets vorwegnehmen soll. 2 Damit hat sich Domenico Paparella in La risorsa formazione nella gestione bilaterale delle parti sociali, Rom, Chirone 2000, 1998, beschäftigt. 186 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Tabelle 1 Ziel zweckdienliche Informationen Ausbildungsmaßnahmen Ausbildungsinhalte Ausbildungsangebot Vorwegnahme des Bedarfs Wie man sieht, liegen dem gesamten Erhebungsmechanismus zwei Optionen über den Informationscharakter zugrunde: - der Nutzwert für den Empfänger (Ausbildungssystem), - die Ergreifung von Maßnahmen im Ausbildungsbereich (Vorwegnahme). Die erste Feldauswahl (Nutzwert) bezieht sich auf eine Auswahl an Informationen, die dem Ausbildungssystem entsprechend ihrer tatsächlichen Umsetzbarkeit zugeleitet werden sollen. In diesem Sinne haben sich die Sozialpartner dazu verpflichtet, in bezug auf die Ausbildungsinhalte (Zusammenfassung der Berufsprofile, Beschreibungen, lexikalische Sammlung)3 sowie den zeitlichen Bezugsrahmen (strukturelle Daten und Tendenzen) eine passende Form für die Konkretisierung der Nachfrage auszuarbeiten4 . Die zweite Feldauslese (Vorwegnahme des Bedarfs) beinhaltet, wie bereits gesagt, als Schlußstein einen Sozialvertrag, der zugleich auch der kritischste Baustein des gesamten Erhebungsprozesses ist. Dabei geht es darum, zu entscheiden, wie die Nachfrage aufzuarbeiten ist, mit anderen Worten, welche Kriterien bei der Aufstellung der Spielregeln zum Tragen kommen sollen. 3 Vor allem ging es darum, die drei klassischen Kommunikationsfehler zu vermeiden: zu generische Angaben (z. B. ausgebildete Fachkraft), zu spezielle Angaben (z. B. Fachkraft für die Wartung von Milchaufbereitungsanlagen), unzulängliche, da auf das Einstellungsniveau abgestellte Angaben (z. B. Schichtassistent). 4 Die für das Ausbildungssystem erarbeiteten Hinweise haben nichts mit konjunkturbedingten Einstellungsvorausschätzungen, sondern mit Strukturgrößen zu tun, die die Funktionsweise und die Entwicklung der örtlichen Produktionssysteme zu beeinflussen vermögen. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 187 Im vorliegenden Fall5 wurde beschlossen, mit der Erarbeitung des Bedarfs zwei von den Sozialpartnern als konvergierend erachtete Ziele zu verfolgen: die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Produktionssystems; die Steigerung des potentiellen Einsatzes menschlicher Ressourcen, d. h. die Verbesserung der Stellung auf dem Arbeitsmarkt (innerhalb und außerhalb der Unternehmen). Bei der Erarbeitung des Bedarfs stehen also nicht die unübersichtlichen beruflichen Zielvorstellungen Modell, sondern die in bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und die Aussichten der Arbeitnehmer, eine Arbeitsstelle zu bekommen, als am ehesten anzustrebenden Ziele. Hierzu benötigt man ein von den x möglichen Szenarios abgekoppeltes ideales Szenario oder, wenn man so will, eine Art „Benchmarking“ für die Entwicklungstendenzen der Berufssysteme. Diesbezüglich bereiten die verschiedenen Innovationspotentiale im Produktionspanorama die größten Schwierigkeiten. Das Problem liegt nicht so sehr in der technologischen, sondern in der organisatorischen Variablen begründet. Bei der Bedarfsbestimmung ist es nicht immer leicht, die Logik der funktionalen Arbeitsteilung zu überwinden und ein ausgewogenes Gleichgewicht, das richtige Mittelmaß zwischen Realität und der gewünschten Entwicklung zu erzielen.6. Die Feldauswahl (Nutzwert und Vorwegnahme des Bedarfs) bestimmt die Grenzen der Erhebungsziele, die Aktualisierungsinformationen, die die Produktion für die Ausbildung bereitstellen soll: - das Ausbildungsangebot (Lehrgangsplanung); - die Ausbildungsinhalte (Lehrgangskonzeption). 5 Vgl. Vereinbarung vom 20. Januar 1993 zwischen den Gewerkschaften Cgil, Cisl, Uil und der Confindustria (Arbeitgeberverband) 6 Hier ein Beispiel zur besseren Erhellung dieses Aspekts: Zuschneider, Näher und Strecker stehen in der industriellen Arbeitswelt in der Regel für drei verschiedene Arbeitsabläufe. Unter dem Gesichtspunkt der Ausbildung sollte man jedoch von einem einzigen Ausgangsablauf ausgehen (Fachkraft für Zuschneiden, Nähen und Strecken), wobei den alternierenden Ausbildungsmechanismen im Arbeitsgeschehen die Ausbildung für spezifischere technische Abläufe zu übertragen ist. Dies käme der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen (Flexibilität) sowie der Arbeitnehmer zugute, wobei letzere vielseitiger einsetzbar wären. Wieweit darf man aber bezüglich eines einheitlichen Ausbildungsgangs in einem Bereich wie der Konfektion gehen, in dem die Abteilungen Zuschneiden, Nähen und Strecken (gerade in den größeren Unternehmen) klar voneinander getrennt sind? 188 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Tabelle 2 Ausbildungsangebot MÁSSNAHMEN INHALTE welche Anforderungsprofile sind zu erstellen Bestimmung der Anforderungsprofile Tendenzen wie sind sie zu erstellen Beschreibung Anforderungsprofile Bei der Aktualisierung des Bildungsangebots sollte die „virtuose Dynamik“ der Berufssysteme in den verschiedenen Produktionsbereichen jeweils exakt bestimmt werden: Welche Anforderungsprofile sollen um der Produktionsentwicklung willen erstellt werden? Der Erhebungsprozeß ist zwei auseinanderstrebenden Kräften unterworfen: Da ist einerseits die Notwendigkeit, die Nachfrage anhand einer angemessenen Zahl von überall im Lande anerkannten Anforderungsprofilen zu erfassen, mit denen sich das gesamte Bedarfsspektrum abdecken läßt7, wobei für jeden Sektor ein Verzeichnis der Anforderungsprofile zu erstellen ist8, 7 8 Diese Notwendigkeit ergibt sich sowohl für die Entwicklung des Produktionsapparats in unserem Land als auch die Entwicklung des Ausbildungssystems. Die den Unternehmen bezüglich des effektiven Operationsfeldes (Netz von Verbindungen) gesetzten Grenzen erweitern sich immer mehr. Die Globalisierung stellt ein Phänomen dar, das auch Unternehmen von geringerem Umfang mitreißt. Man denke dabei nur an die Unternehmen mit mehreren Standorten, die Dezentralisierung der Produktion, bis hin zur Notwendigkeit, eine größere Mobilität der menschlichen Ressourcen für das gesamte Land zu fördern. Die abnorm ausufernden Lehrgangsbezeichnungen sind nicht Ausdruck eines Reichtums an Bildungsangeboten, sondern eher Ausfluß einer sprachlichen Verwirrung, die das Bildungsangebot immer weniger transparent und die Übertragung der besten Praktiken unmöglich macht und zudem die Orientierung der jungen Menschen erschwert, wenn man an die Notwendigkeit denkt, Ausbildungsstandards zu definieren, oder sich mit dem Problem der Anerkennung und Zertifizierung im Ausbildungsbereich beschäftigt. Vgl. Anforderungsprofile in der italienischen Industrie, OBNF-Rom, November 1988. Der Begriff <Anforderungsprofil> stellt eine Abstraktion dar, ein Idealbild, das von den Sozialpartnern erstellt und mittelfristig den Funktions- und Entwicklungsbedingungen auf dem betreffenden Sektor entsprechen muß. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 189 und andererseits die Notwendigkeit, die lokale Entwicklung ihrer tatsächlichen logischen Tragweite und Berufung nach zu deuten und - mit Hilfe regionaler Erhebungen - die einschlägigen Nachfragetrends zu ermitteln (ob, wo und in welchem Maße die Anforderungsprofile greifen und wie sie sich in das jeweilige regionale Umfeld einfügen). Das Vorgehen zielte darauf ab, die Ausarbeitung der Anforderungsprofile zu konzentrieren, d. h. sie den landesweiten Berufskategorien anzuvertrauen (die auf jedem Sektor jeweils einen Referenten für die Arbeitgeber- und die Gewerkschaftsseite ernannt haben), und die Bedarfserhebung zu dezentralisieren, d. h. sie den auf bilateraler Grundlage eingerichteten regionalen Körperschaften zu übertragen (die in jeder Region Koordinatoren ernannt haben). Bei der Aktualisierung der Bildungsangebote ging es darum, die Anforderungsprofile zu beschreiben und sie nochmals einem idealen Produktionsprozeß zuzuordnen. Der Aktionsradius muß dabei mindestens die nationale Ebene sein9. Im vorliegenden Fall bestand das Problem darin, einen einheitlichen und von allen Sektoren getragenen Prozeß samt einheitlicher Beschreibungsmodalitäten festzulegen und in der Praxis zu erproben. Zu diesem Zweck griff man auf die Gründung eines bilateralen, paritätisch besetzten Expertenlabors zurück (wobei die Experten von den Sozialpartnern benannt werden)10, um den Prozeß und die Beschreibungsinstrumentarien unter Einbeziehung der Sektorenreferenten zu bestimmen, die bei der Umsetzung und Erprobung des Prozesses sowie der von diesem Labor bereitgestellten Instrumentarien mitwirken. Um den Austausch und die Verbreitung der Information zwischen den bilateralen Organismen und darüber hinaus zu ermöglichen und eine einheitliche Aufbereitung der Daten auf nationaler und lokaler Ebene sicherzustellen, wurde ein festgeschaltetes Informationsnetz konzipiert und eingerichtet. Das Erhebungssystem wurde demnach so gestaltet, daß den Sozialpartnern die Verwaltung des gesamten Prozesses obliegt, wobei die jeweiligen Zuständigkeiten zum Tragen kommen. In der Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern aus dem Jahre 1993 werden die Abstraktionsmodalitäten auf zwei Ebenen festgelegt: Die Notwendigkeiten der Arbeitswelt: “realistische" Bezugnahme auf das umfassendste Berufsszenario unter dem Blickwinkel der technologischen und organisatorischen Entwicklung. Der Bedarf an Dialog mit dem Ausbildungssystem: Dabei sind für das Ausbildungssystem nicht verwertbare, zu generische oder zu spezifische bzw. unzulängliche Informationen zu vermeiden. Das Anforderungsprofil ist somit das Ergebnis eines Sozialvertrages. Daraus läßt sich eine Vielfalt an Berufsprofilen ableiten. 9 Im Laufe dieser Untersuchungsphase ist mehrfach auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, die nationalen Grenzen zu überwinden und einen Vergleich zwischen den Sozialpartnern auf europäischer Ebene in Angriff zu nehmen. 10 Von den Sozialpartnern für die einzelnen Warensektoren ernannte Experten. 190 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Tabelle 3 BILATERALE LANDESWEITE AUSBILDUNGSBEHÖRDE Landesweite Erhebung über den Ausbildungsbedarf NATIONALE BERUFSKATEGORIEN (Sektorenreferenten) Verzeichnis der Anforderungsprofile BILATERALES LABOR (Experten der Sozialpartner) Beschreibung der Anforderungsprofile BILATERALE REGIONALE KÖRPERSCHAFTEN (Koordinatoren) Bedarfstrends I n f o r m a t i o n s n e t z Auf landesweiter Ebene definieren die Berufskategorien über die Sektorenreferenten sowie das bilaterale Labor die Instrumentierung (Verzeichnis und Beschreibung der Bezugsmodelle) und erproben diese. Auf örtlicher Ebene verwenden die bilateralen Organe eine - für das gesamte Land einheitliche Instrumentierung bei der Erhebung der Bedarfstrends (regionale Erhebungen), interpretieren die Ergebnisse und setzen sie um. Die signifikantesten Ergebnisse des Vorhabens über: die Erstellung der Anforderungsprofile die örtlichen Erhebungen über die Bedarfstrends die Beschreibung der Anforderungsprofile werden auf zwei Ebenen dargestellt: - Definition und Ausarbeitung einer von den Sozialpartnern getragenen Methodik; - Ergebnisse der Feldversuche11. 3.2. Der Prozeß der Erstellung der Anforderungsprofile 11 Dabei ist anzumerken, daß die Feldversuche bei der Abfassung dieses Berichts noch nicht völlig abgeschlossen waren. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 191 Erkennung der Produktionsprozesse 16 sektorale Untersuchungen Erkennung der idealen Prozesse Hypothese der Anforderungsprofile Anhörung von Unternehmen des Sektors Verzeichnis der Anforderungsprofile Gestaltung der Fragebogen 16 sektorale Seminare 16 sektorale Seminare 16 sektorale Seminare 16 sektorale Seminare Vergleich/Umsetzung der Ergebnisse Ausarbeitung der Fragebogen Kurzbeschreibung der Profile 2 sektorenübergreifende Seminare 1 sektorenübergreifendes Seminar Bewertung der Ergebnisse örtliche Erhebungen 16 Sektorale Seminare 3.3. Die Anforderungsprofile Die Prüfung des Verzeichnisses der Anforderungsprofile der 16 Sektoren ergibt folgendes Bild: Profile insgesamt Beherbergungsgewerbe Baugewerbe Molkereien Nudeln und Produkte aus dem Ofen Grundlagenchemie Chemische Fein- und Spezialprodukte Arzneimittel Graphische Kunst und Druckgewerbe Möbelherstellung Mechanik Elektronik Maschinen und Anlagen Transportgewerbe 18 30 29 30 Sektorenübergreifende Profile 2 5 27 28 spezifische Profile 16 25 1 1 33 31 29 31 1 0 32 27 29 22 3 4 27 38 31 37 33 23 38 31 37 31 4 0 0 0 1 Textilgewerbe 27 25 1 Textilveredelung 27 26 1 Konfektion 32 28 4 Schließt man das Beherbergungs- und das Baugewerbe aus, stellt man fest, daß es in den vierzehn untersuchten Industriesektoren nicht sehr viele spezifische Profile im eigentlichen Sinn gibt. In 192 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß der „sektorenübergreifende“ Charakter der Profile davon herrührt, daß bestimmte Sektoren eng aneinander grenzen (z. B. Grundlagenchemie und Feinchemie, Mechanik und Maschinen- und Anlagenbau). Vor allem darf man sich jedoch vom scheinbar transversalen und spezifischen Charakter der Profile nicht blenden lassen. Hinter einer identischen Bezeichnung können sich nämlich differenzierte Berufsbilder verbergen, insbesondere, wenn man auf die technische Komponente abhebt. Zu den Anforderungsprofilen fast aller Industriesektoren gehört z.B. der Produkt- und Dienstleistungstechniker/Kundenbetreuer, aber im Textilgewerbe werden z.B. ganz andere Qualifikationen als im Maschinen- und Anlagenbau gefordert, wobei die Kontaktfreudigkeit aber jeweils unbestrittenermaßen von großer Bedeutung ist. Umgekehrt können scheinbar unterschiedliche Profile in hohen Maßen transversal ausgerichtet sein. Denken wir dabei z. B. nur an Wärter nachgeordneter Drucksysteme (graphisches Kunst- und Druckgewerbe) oder an die Wärter mechanischer Systeme/Bearbeitungen (Möbelherstellung), der weitgehend dem Wärter automatischer Systeme in den Bereichen Mechanik, Maschinen- und Anlagenbau, Elektronik und Transportgewerbe entspricht. 3.4. Die Bedarfserhebung Auf der Grundlage der Ergebnisse der sektoralen Erkundung sowie der technologischen und organisatorischen Analysen der 16 untersuchten Produktionsprozesse, an die sich der Aufbau eines bilateral abgesegneten Verzeichnisses der Anforderungsprofile anschließt, um unter dem Blickwinkel der örtlichen Ausrichtung der Produktionsstätten und der Unternehmensgröße den Bedarfstrend bezüglich der Anforderungsprofile des Berufsverzeichnisses (wo und in welchem Maße diese jeweils greifen) zu ermitteln, haben die 18 bilateralen regionalen Körperschaften die Erhebung für die unter ihren Zuständigkeitsbereich fallenden örtlichen Bereiche koordiniert und unmittelbar verwaltet. Die Erhebung wurde mit Hilfe logisch gegliederter Fragebogen durchgeführt, die einer Stichprobe von Unternehmen im ganzen Land zugeleitet wurde12. Die Befragten erhielten den Fragebogen per Post. Ein Interviewer kontaktierte sie telefonisch und half ihnen beim Ausfüllen. Die bilateralen regionalen Körperschaften übernahmen: - die Kontrolle der lokalen statistischen Quellen, wobei die Abweichungen zwischen den für die Stichprobe ausgewählten Unternehmen herausgearbeitet und die fehlenden Unternehmen identifiziert werden - die Erarbeitung der regionalen Stichproben, der Unternehmensverzeichnisse sowie der im Hinblick auf die Erstellung der einschlägigen Mailinglisten zu befragenden Personen. 3.5. Die Stichprobe In der Erhebung war die Einholung von Daten mit Hilfe eines Fragebogens vorgesehen, der an eine Stichprobe von Unternehmen verteilt wurde. Zur Durchführung des Stichprobenplans wurde: die Gesamtheit der Subjekte (Grundgesamtheit) definiert, aus der die Stichprobe gezogen werden soll; die (beobachtbare) Menge der zu erhebenden Daten definiert; die Verteilung theoretischer Wahrscheinlichkeiten der beobachtbaren Größen bestimmt; 12 Mit Ausnahme der Region Trient-Oberetsch. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 193 die für die Erhebung erforderliche Genauigkeit festgelegt ; der jeweilige Stichprobenumfang geschätzt, um die gewünschte Genauigkeit zu gewährleisten. Darüber hinaus war darauf zu achten, daß jedem Sektor eine spezifische Erhebung zugeordnet wurde; jeder Region eine spezifische Erhebung zugeordnet wurde. Aus diesen Gründen sowie aufgrund des institutionellen Gefüges - nach der italienische Verfassung sind die Regionen für die Ausbildung zuständig - wurde der Erhebungsbereich in TeilGrundgesamtheiten gegliedert, bei denen folgendes kombiniert wird: a) die Region b) und der Wirtschaftszweig. Die regionale Ebene mußte wegen der Notwendigkeit einer Beschränkung der Erhebung sowie der vorgenannten institutionellen Faktoren gewählt werden. Aus Gründen, die mit der Ziehung der Stichprobenlisten zusammenhängen, wurden die Sektoren auf der Grundlage des geltenden Klassifikationsstandards definiert (Ateco91 bzw. Nace Rev. 1). Der Stichprobenumfang wurde durch die Zahl der Beschäftigten definiert, die zu einem erhebungsnahen Zeitpunkt erfaßt wurde. Diese Größe mußte also bei Erstellung der Stichprobenlisten bekannt sein. Im Hinblick auf die Definition der Erhebungslogik erfolgte eine Unterscheidung nach drei Beschäftigtenklassen: a) 20-49 Beschäftigte, b) 50-249 Beschäftigte, c) 250+ Beschäftigte. Prioritäres Ziel war die Erfassung von drei Merkmalen pro Anforderungsprofil: x) Präsenz im Unternehmen; y) Bedarfsentwicklung; z) Angebot auf dem lokalen Arbeitsmarkt. Der Stichprobenplan wurde auf die Präzisionsanforderungen bei der Bewertung dieser Aspekte abgestimmt. Er wurde so festgelegt, daß bei der Schätzung der spezifischen Profile eine bestimmte Präzision gewährleistet war und bei den transversalen/sektorenübergreifenden Profilen zumindest dasselbe Maß an Präzision gewahrt blieb. Bei der Stichprobenziehung griff man auf umfassende Unternehmensverzeichnisse zurück, die die Teilgrundgesamtheiten bildeten, in die die Erhebung gegliedert ist.13. 13 Bekanntlich gehören zu den „allgemeinen“ Verzeichnissen, die, was den tatsächlichen Zugriff angeht, im Zusammenhang mit den neuen Geheimhaltungsbestimmungen mit zahlreichen Unwägbarkeiten behaftet sind: i das von Istat in Übereinstimmung mit der EU-Richtlinie aufgebaute ASIA-Archiv, ii das Unternehmensverzeichnis (Handelskammern), iii das Steuerregister (Finanzministerium), iv die Archive der Unternehmen mit abhängig Beschäftigten (Inps), v das Inail-Betriebsarchiv. 194 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Das ASIA-Verzeichnis erfüllte die Anforderungen an die Ziehung der Stichprobe für die Erhebung der auf bilateraler Grundlage eingerichteten landesweiten Behörde. 1. Abschnitt Merkmale des Unternehmens: - Standort - Umfang der Belegschaft - Zusammensetzung der Belegschaft - Markttypologie - Funktion der befragten Person 2. Abschnitt Betrifft die Informationen über14: - die Produkt-/Dienstleistungsfamilien - die charakteristischen Tätigkeiten 3. Abschnitt Besteht aus einer den Anforderungsprofilen für den Sektor entsprechenden Zahl von Bogen15. Jeder Bogen/jedes Profil enthält: - die Bezeichnung des Profils (und evtl. eine Kurzbeschreibung); - ein erstes Feld zur Ermittlung von Stetigkeit, Dichte und Einzugsgebiet der Personalsuche sowie gegebenenfalls Rückgriff auf betriebsfremde Unterstützung; - ein zweites Feld zur Ermittlung des mittel- bis langfristigen Bedarfstrends des Unternehmens; - ein drittes Feld zur Ermittlung der bei der Personalsuche auf dem örtlichen Arbeitsmarkt auftretenden Probleme; - ein viertes Feld zur Ermittlung des idealen Ausbildungsniveaus, das die Firma dem betreffenden Profil zuordnet; 4. Die Problembewältigung Bei dem gesamten, in seinen Grundlinien bereits dargelegten Vorhaben mußte man mit zweierlei statistischen Problemen kämpfen: der Verfügbarkeit statistischer Informationen und ihrer Zweckdienlichkeit im Hinblick auf den Wissensstand der Sozialpartner; der Verbindung des Verzeichnisses der Anforderungsprofile und der Berufsklassifikation (ISTAT ). In fast sämtlichen Testphasen des Erhebungsfragebogens über den Ausbildungsbedarf mußte auf öffentliche Statistiken zurückgegriffen werden. In der ersten Phase beschäftigte man sich mit der Zusammensetzung der zu beobachtenden Warensektoren. Bekanntlich sind die Warensektoren anhand des bei der Zählung 1991 verwendeten Codes Ateco 91 klassiert. 14 Die Definition der Produkt-/Dienstleistungsfamilien sowie der charakteristischen Tätigkeiten des Prozesses der Erzeugung/Realisierung des Produkts/der Dienstleistung (diese Größe ermöglicht es, den Grad der vertikalen Strukturierung der Unternehmen zu schätzen) ist - wie wir gesehen haben - auf den sektoralen Seminaren speziell vertieft worden. 15 Dem Abschnitt vorangestellt ist ein Bogen, in dem Hilfestellung beim Ausfüllen gegeben wird; darin sind die Erhebungsziele sowie die Gründe für die Wahl des Konzepts Anforderungsprofil in äußerst knapper Form dargelegt. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 195 Ihre Gliederung folgt den Kriterien der Vergleichbarkeit mit der Gliederung der Produktionsstruktur in den übrigen europäischen Ländern. Die Definition des Beobachtungsgegenstands bzw. die Zusammensetzung der zu analysierenden Produktionssektoren bzw. - zyklen war das Ergebnis umfangreicher Nachforschungen im Rahmen des Produktionszyklus, um die einschlägigen Tätigkeiten in Erfahrung zu bringen. Die Systematik der Wirtschaftszweige, wie sie aus den statistischen Quellen hervorgehen, entspricht nicht den tatsächlichen Aggregationen, die die Sozialpartner zur Grundlage der Beobachtung des Berufssystems erhoben haben. Abgesehen von dieser unterschiedlichen Klassifikation in der Datenbank ging es darum, die statistischen Aggregate präzise zu ermitteln, mit denen man zur Zusammensetzung der als Beobachtungsgegenstand dienenden Produktionszyklen vordringen konnte. Daher nahm man im Hinblick auf die Wahl der Datenbank der Unternehmen, aus denen sich die zu erhebenden Sektoren zusammensetzen, eine Ad-hoc-Aggregation der zu untersuchenden Produktionszyklen vor. Die nationalen Berufskategorien wurden aufgerufen, 16 sektorale Aggregate nach Maßgabe ihres Gewichts (Zahl der Beschäftigten) und/oder ihrer Bedeutung für die Industrie zu bilden. Die Bildung dieser Aggregate (Abgrenzung zwischen den Sektoren) erfolgte anhand von zwei funktionalen Kriterien: - Übereinstimmung mit dem Erhebungsziel (Bedarfserhebung) unter gebührender Berücksichtigung der besonderen Merkmale der Produktionsprozesse16; - Kompatibilität mit den in der Literatur verfügbaren statistischen Daten (Codes ATECO ’91). Folgende sechzehn Sektoren wurden ausgewählt: - Beherbergungsgewerbe - Grundlagenchemie - chemische Fein- und Spezialprodukte - Konfektion - Baugewerbe - Elektronik - Arzneimittel - graphische Kunst und Druckgewerbe - Molkereien - Maschinen und Anlagen - Mechanik - Möbelherstellung - Textilveredelung - Nudeln und Produkte aus dem Ofen - Textilgewerbe - Kfz-Bau Der Tätigkeitszyklus, auf den sich die Anforderungsprofile der einzelnen Produktionszyklen in der Erhebung stützen, erreichte sein entscheidendes Moment anläßlich der Erkundung der Produktionsprozesse. 16 Bei dieser Erhebung macht es z. B. wenig Sinn, den Sektor „Maschinenbau“, wo von der Stahlindustrie über den Kfz-Bau bis hin zur Elektronik stark diversifizierte Produktionsprozesse zusammenlaufen, zu untersuchen. 196 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Ausgehend von einem zuvor von sämtlichen Sektoren gebilligten Konzept beschrieben die Referenten zum Teil unter Mitwirkung von ihnen benannter Sachverständiger in einem ersten Anlauf: - die Szenarios (Marktsituationen und -tendenzen, bereits angestoßene bzw. sich abzeichnende technologische/organisatorische Innovationen); - die Produktion (Produkt-/Dienstleistungsfamilien und/oder Tätigkeitstypologien) - der Produktionszyklus (Planung, Erzeugung, Wartung, Qualität). Es ist daher möglich, die Unterschiede - bei den zu analysierenden Sektoren - zwischen der Klassifikation der von der Statistik zugrunde gelegten Wirtschaftszweige und den aus der Analyse der Produktionszyklen resultierenden zu bewerten. Abgesehen von den Problemen im Zusammenhang mit der Klassifikation der Wirtschaftszweige förderte die Umsetzung des Vorhabens Schwierigkeiten bezüglich der Verfügbarkeit von Daten zur Identifikation der Unternehmen zutage; dabei ging es darum, die Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einem bestimmten Stichprobenelement exakt festzustellen. Die in unserem Lande verfügbaren „allgemeinen“ Verzeichnisse sind sowohl hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit als auch der Zugriffsmöglichkeiten als kritisch einzustufen. Bezüglich der Geheimhaltungsbestimmungen besteht bei ihnen allen Unklarheit. Dies führte zu einer ständigen Überprüfung der Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einem bestimmten „Stichprobenelement“, und zwar sowohl betreffend die sektorale Einstufung als auch die tatsächliche Zugehörigkeit zu der Größenklasse, in der die Einstufung erfolgte. Ferner wurde die Frage aufgeworfen, inwieweit es möglich ist, die Stichprobe auf subregionaler Ebene zu gliedern. Das Vorhaben bezieht sich nicht auf die lokale, sondern auf die regionale Analyse. Dabei geht es um seine Abgrenzung. Die Informationen, die das Produktionssystem und das Ausbildungssystem miteinander austauschen sollen, orientieren sich am Bedarf an Professionalität auf lokaler Ebene. Hier ist es möglich, die Lücke zwischen dem Bedarf an Professionalität und dem Bildungsangebot zu verkleinern. Auf europäischer Ebene müßte vereinbart werden, wie der Begriff „lokal“ in bezug auf die Produktionsstruktur und den Arbeitsmarkt zu definieren ist. Auf der Grundlage dieser Annahme müßten die nationalen Statistiksysteme regional gegliederte Daten liefern. Alternativ müßten diese Daten auf kommunaler Grundlage bereitgestellt werden, um die regionale Gliederung der Erhebungsbereiche, die von Mal zu Mal erhoben werden sollen, rekonstruieren zu können. Die andere Problemgruppe betrifft die Berufsklassifikation. Bekanntlich besteht der „amtliche“ Problemansatz darin, die Klassifikation sämtlicher bestehender Berufe auf theoretischer Grundlage zu erstellen und dabei Kriterien anzuwenden, mit deren Hilfe jeder einzelne Beruf klassenmäßig zuzuordnen ist. Traditionell folgte man dabei vor allem dem Kriterium der Aufgliederung der Berufe nach dem Bildungsabschluß. Dabei wurden die manuellen Tätigkeiten von den geistigen Berufen abgegrenzt. Weitere, häufig als komplementär erachtete Kriterien sind die Qualifikation, die Fähigkeit zur 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 197 selbständigen Arbeit, usw. Auf der Grundlage dieser Kriterien wurden Klassifikationen erstellt, die die Wirklichkeit so vollständig wie möglich erfassen. Es handelt sich dabei um hierarchisch aufgebaute, sämtliche Verästelungen nachzeichnende und - ausgehend von den großen Berufsgruppen bis hinunter zu den Fachberufen - vertikal gegliederte Systeme. Sie wurden fast ausschließlich für statistische Zwecke erarbeitet und finden nicht immer eine Entsprechung in der Wirklichkeit, da es sich um starre Systeme handelt, die den ständigen Veränderungen in der Arbeitswelt nicht Rechnung tragen können. Die Klassifikation Istat-91 dagegen stellt die wichtigsten Unterschiede im Vergleich zu den vorhergehenden heraus. Aufgrund der tiefgreifenden wirtschaftlichen Umwälzungen in den 80er Jahren sowie im Vorgriff auf die technologischen Veränderungen der 90er Jahre sah das Istat die Notwendigkeit ein, seine Berufsklassifikation radikal zu überarbeiten und der Klassifikation Isco-88 dabei größte Aufmerksamkeit zu schenken. Wichtigstes Klassifikationskriterium ist hier nicht nur der Produktionssektor, sondern das Qualifizierungsniveau und/oder der Bildungsabschluß. Die Berufe werden in 9 Großgruppen, 35 Gruppen, 599 Grundberufe und 6 319 Einzelpositionen unterteilt. Dabei kommen vierstellige Codes zur Anwendung. Ganz allgemeinen kann man anmerken, daß die vom Istat vorgeschlagenen Klassifikationen die Notwenigkeit einer Systematisierung der Berufsdaten zu einem reinen Nomenklaturproblem herabstufen. Andererseits muß man jedoch berücksichtigen, daß diese Klassifikationen vor allem zu statistischen Zwecken erarbeitet wurden. Der Arbeitsminister seinerseits hat die Berufsklassifikation hauptsächlich unter Berücksichtigung der Berufe erarbeitet, die im Hinblick auf die Anwendung des Gesetzes, das die Arbeitsvermittlung regelt und sich somit an die abhängig Beschäftigten richtet, von Belang sind, und das lediglich einen Teil der bestehenden Berufe abdeckt. Bürokratische Hürden im Zusammenhang mit der Aktualisierung haben es verhindert, daß die neuen Berufe (insbesondere die Informatikberufe) berücksichtigt wurden, wohingegen noch zahlreiche bereits veraltete Berufe aufgeführt sind. Auch die Terminologie ist veraltet. Daher bestehen Probleme bei der Vergleichbarkeit mit anderen Systemen, aber auch terminologische Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Qualifikation, die im Laufe der Ausbildung erworben wird. Das Fehlen eines dauerhaften Berufserfassungssystems in Italien, das der Entwicklung Rechnung tragen und anhand einer konstanten Typologie systematische Informationen liefern könnte, ist der wichtigste Grund dafür, daß sich das Isfol (Istituto per lo Sviluppo della Formazione professionale dei Lavoratori - Institut für die Entwicklung der beruflichen Bildung von Arbeitnehmern) zur Gründung einer Berufsbeobachtungsstelle entschloß. Die Definition eines umfassenden Systems zur Klassifikation und Beschreibung der bestehenden Berufe fällt jedoch nicht unter die Zuständigkeiten des Isfol. Mit dieser Beobachtungsstelle sollte hauptsächlich ein Erfassungsinstrumentarium zur Unterstützung der einzelnen im Ausbildungsbereich aktiven Kategorien bereitgestellt und allgemein ein Stützpfeiler der Arbeitspolitik errichtet werden. Die vom Isfol vorgeschlagene Klassifikation ist im sogenannten Berufsverzeichnis enthalten, dessen neueste Ausgabe aus dem Jahre 1991 stammt. Dieses Berufsverzeichnis ist ein nützliches Instrumentarium. Die Isfol-Bogen stellen häufig eine der wichtigsten Dokumentationsquellen dar, aus denen die Orientierungsdienste Basisinformationen über die Berufsprofile schöpfen. In rechtlicher Hinsicht ist die Isfol-Klassifikation jedoch nicht offiziell anerkannt, so daß sie keine „amtliche“ Klassifikation im eigentlichen Sinn darstellt. Die im Berufsverzeichnis enthaltenen Bogen sind eher als Integrationsinstrument denn als vollständiger Katalog gedacht. Diese Berufsklassifikation vereinigt fast sämtliche Berufe, zu der man mit Hilfe von berufsbildenden 198 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Lehrgängen Zugang hat. Die im Vorhaben zur Erhebung des Ausbildungsbedarfs erarbeiteten Anforderungsprofile stellen einen ersten Versuch dar, die Sprache des Produktionssystems und diejenige des Ausbildungssystems zu vereinheitlichen. Die nachfolgende Beschreibung der Profile im Sinne der Kompetenz, die es ermöglichen müßte, die Probleme im Zusammenhang mit der „Kompetenzzertifizierung“ anzugehen, könnte auch im institutionellen Rahmen erfolgen. In diesem Falle käme es zu einer von den Sozialpartnern abgesegneten Einheitsklassifikation, die dem Bedarf des Ausbildungs- und Bildungssystems, der Orientierungsdienste, der Arbeitsämter sowie der Statistik bei der Berufserhebung und klassifikation gerecht würde. 5. Was zeigen uns die Erfahrungen im Rahmen des Vorhabens? Die Möglichkeit, für das Bildungs- und Ausbildungssystem zweckdienliche Informationen über den aus der organisatorischen, technologischen und arbeitsmarktpolitischen Entwicklung erwachsenden Bedarf an Professionalität mit Hilfe eines strukturierten sozialen Dialogs zu erzeugen, hängt von der Verfügbarkeit zuverlässiger Daten und Informationen aufgrund einer anerkannten Klassifikation ab. Die Durchführung des Vorhabens hat folgenden Bedarf zutage gefördert: die Kriterien der Klassifikation der Wirtschaftsbereiche sind anhand von Tätigkeitsclustern zu definieren, die für die einzelnen Prozesse und Produkte gebildet werden; aufgrund der anerkannten Gebietsaggregationen müssen die eine Zuordnung zum Wirtschaftszweig sowie zur Größenklasse ermöglichenden Informationen über die einzelnen Unternehmen bereitgestellt werden; die Modalitäten für eine Identifikation/Beschreibung der auch in begrifflicher Hinsicht entweder vor dem Hintergrund der Entwicklung der Arbeitsorganisation oder in bezug auf das Bildungs-/Ausbildungsangebot nicht mehr zeitgemäßen „Grundberufe“ sind zu vereinheitlichen. 6. Überlegungen zu den Feldern, auf denen eine Zusammenarbeit zwischen den Sozialpartnern und der nationalen und europäischen Statistikebene möglich ist. Die Durchführung des Vorhabens förderte die Notwendigkeit der Einrichtung von Gremien zutage, in denen über die extensive Anwendung des Prinzips des sozialen Dialogs ein „Leistungsaustausch“ zwischen der nationalen Statistik und den im sozialen Bereich wirksamen Kräften möglich ist. In diesen Gremien soll ein ständiger Abgleich erfolgen und die Definition des Informationsbedarfs der einzelnen Systeme ermöglicht werden. Bei der Erhebung des Ausbildungsbedarfs wirken im Prozeß der Bereitstellung von Informationen neben den sozial relevanten Kräften auch die lokalen Kräfte sowie die Einrichtungen des Bildungsund Ausbildungssektors mit. Die Statistikeinrichtungen können vor Ort einen wichtigen Beitrag zur Entscheidungsfindung leisten, die allen Bedürfnissen der im Ausbildungsbereich tätigen Akteure gerecht wird. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 199 Im übrigen ist es wünschenswert, daß die Statistik über die Bereitstellung von Grunddaten für die Bedarfserhebung hinaus auch an der Durchführung der Erhebungen bei den Unternehmen beteiligt wird. Die Statistik verfügt mit Sicherheit über eine solidere Methodik und größere Erfahrung mit den Unternehmenserhebungen. Gremien für den Abgleich zwischen den Akteuren, zumindest, was das Thema der Bedarfserhebung im Berufs- und Ausbildungsbereich angeht, wären auf europäischer Ebene erforderlich. Aus diesen Erhebungsprozessen schälen sich in der Tat die Berufsmerkmale heraus, denen das Ausbildungsangebot entsprechen muß. Von diesen Prozessen, in denen die Inhalte der einzelnen Profile (Professional Profiles) beschrieben werden, hängen die Zertifizierungsverfahren für die Kompetenzen ab. Mit anderen Worten: Die Transparenz der Qualifikationen und ihre Vergleichbarkeit auf europäischer Ebene fußen auf der Vergleichbarkeit der Berufsdefinitionen und der inhaltlichen Übereinstimmung, die bei jedem Anforderungsprofil zum Ausdruck kommen muß, damit für die Arbeitnehmer das Recht auf Mobilität gewährleistet ist. Das alte europäische Projekt eines einheitlichen Berufsverzeichnisses ist niemals verwirklicht worden. Der Umstand, daß - wenn auch in unterschiedlichem Maße - in vielen Ländern bei den Definitionsprozessen derartige sozialpartnerschaftliche Probleme auftreten, macht das Ziel vielleicht etwas realistischer. Gemeinsam wäre es Ceies und Cedefop möglich, sämtliche mit diesen Problemen befaßten europäischen Stellen in einem thematischen Netzwerk zusammenführen. Auf diese Weise könnten die wissenschaftlichen, methodischen und technischen Wege ganz konkret unter die Lupe genommen werden, die den einzelnen nationalen Systemen für eine von der Technologie, der Arbeitsorganisation und der Öffnung der Märkte her faktisch unumgänglich gewordene Entwicklung in Richtung Konvergenz offenstehen. 200 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 2. Tag: TEIL 3: SCHLUßFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 201 202 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung IST EINE BRAUCHBARE STATISTIK DER ALLGEMEINEN UND BERUFLICHEN BILDUNG MÖGLICH? Ebbe K. Graversen Danish Institute for Studies in Research and Research Policy Finlandsgade 4 DK- 8200 Aarhus N [email protected] Das Funktionieren des Arbeitsmarkts ist an sich schon von Interesse, aus politischer Sicht jedoch umso mehr. Wenn sich der Wandel der Volkswirtschaft von der Industriegesellschaft zur "neuen" Wissensgesellschaft vollzieht, ist es wichtig zu wissen, wieviel Wissen im Land vorhanden ist und wie es sich auf die einzelnen Personen verteilt. Das Aufspüren der Wissensströme innerhalb der Wirtschaft ist der Grundstein für ein umfassendes Verständnis des in der Wirtschaft vorhandenen Innovationspotentials. Aus der Überzeugung, daß Wissen in zunehmendem Maße Wachstum erzeugt - wie es die OECD 1996 ausdrückte -, folgt daher, daß die Mittel und Wege, Wissen mit Hilfe von verschiedenen Indikatoren zu vergleichen und zu messen, immer mehr an Bedeutung gewinnen. Aus der Sicht der Forschung ist der gegenwärtige Zustand, was empirische Daten betrifft, nicht überwältigend. In der Theorie definiert der Forscher ein Problem, stellt ein Modell auf, sammelt empirische Daten und testet die Theorie. In der Realität jedoch versucht der Forscher, ein Modell mit Hilfe der verfügbaren Informationen zu lösen. Dabei bereitet es vor allem Schwierigkeiten, Daten zu finden, die das betreffende Problem genau beschreiben. Das Ergebnis ist häufig ein Kompromiß, die zweitbeste Lösung. Das kann dazu führen, daß sich die Forscher lieber auf Projekte konzentrieren, zu denen Daten verfügbar sind, und nicht unbedingt auf Themen, an denen Gesellschaft und Politik das größte Interesse haben. Aus politischer Sicht ist das nicht der beste Weg. Ein Mittel von vielen, dem Auseinanderklaffen von "freier" Forschung und "gewünschter" Forschung entgegenzuwirken, waren gezielte Forschungsprogramme. Leider widmet sich die Wissenschaft lieber der "freien" Forschung, während die Politik die "gewünschte" Forschung bevorzugt. Eine Lösung wäre offensichtlich, den Schwerpunkt auf langfristige Anreize bei der Wahl der Forschungsthemen zu legen. An dieser Stelle kommt die Arbeit des CEIES zum Tragen. Es gibt bestimmte Bedürfnisse, die zumindest teilweise auf internationaler Ebene erfüllt werden müssen. Dazu gehören u. a. Vergleichbarkeit von Statistiken aus verschiedenen Ländern und Regionen, um Messungen und eine vergleichende Beurteilung ("Benchmarking") der Messungen zu ermöglichen. Wenn die Daten stärker genutzt werden sollen, müssen sie leicht zugänglich und ohne großen Kostenaufwand nutzbar sein. Die Statistiken können auf Erhebungen oder Registern basieren, aber sie müssen in jedem Fall repräsentativ sein. Die Vergleichbarkeit muß ein für alle Mal von den nationalen statistischen Ämtern sichergestellt werden und nicht von den einzelnen Forschern für jedes Projekt aufs Neue. Entwicklung von gemeinsamen Indikatoren, die für die Analyse des Funktionierens der Arbeitsmärkte verwendbar sind. Die Entwicklung muß auf der Ebene der Mikrodaten und ausgerichtet auf Analysezwecke erfolgen. Die "alte" Zweckorientierung auf der Ebene der Makrodaten ist für die Definition von Indikatoren zur Analyse der "neuen", wissensbasierten Ökonomie ungeeignet. Die Vorschläge müssen aus der Forschung kommen, aber die Daten müssen von Institutionen wie Eurostat gesammelt werden, um die Vergleichbarkeit sicherzustellen. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 203 Aussagekräftige neue Indikatoren müssen sowohl formelle als auch informelle Informationen über die allgemeine und berufliche Bildung, Wissen und Arbeitsmärkte einbeziehen. Früher oder später muß stillschweigendes Wissen in die Indikatoren einfließen. Eine formale Bildung ist ein Hinweis auf Fähigkeiten, aber ein solcher Meßwert ist nicht mehr als ein Mindestmaßstab. Die Zukunft liegt in vollständig individualisierten, spezifischen und vergleichbaren Datensätzen. Dann sind auch Kausalität, Selektivität und der Umfang der praktischen Ausbildung am Arbeitsplatz sowie die Nettokosten der allgemeinen und beruflichen Bildung leichter zu bestimmen. Individuelle Daten müssen einigermaßen aktuell sein. Auch wenn Strukturmodelle vorgelegt werden können, benötigen die eher deskriptiven Analysen aktuelle Daten, wenn sie für politische Zwecke von Wert sein sollen. Am besten wäre der Aufbau von aktualisierten Längsschnittdaten oder - als zweitbeste Lösung - Paneldaten. Diese Lösung ist jedoch aufgrund des Aspekts der Vergleichbarkeit und der Erkenntnis, daß diese möglicherweise für manche Länder nicht erreichbar ist, weniger wahrscheinlich. Statt dessen mag die Zukunft in einer erweiterten CLFS- oder CIS-Datenbank liegen. Mit Verzögerung vorliegende Statistiken führen kurz- und langfristig dazu, daß auch erst mit Verzögerung auf Symptome reagiert wird. Dies ist insbesondere auf internationaler Ebene der Fall, wo Vergleiche als Benchmarks verwendet werden können. Aus politischen Gründen muß die Datenerfassung künftig beschleunigt werden. Für die Forschung mag die Datenqualität wichtiger sein. Auch hier kann ein Kompromiß gefunden werden, wenn der Wille dazu vorhanden ist. Hier stehen sich deskriptive, durchschnittlich "korrekte" Statistiken auf aggregierter Ebene und testbare Modelle, die detaillierte "korrekte" Daten auf individueller Ebene benötigen, einander gegenüber. Es wird interessant sein, zu erfahren, ob das CEIES-Seminar die Kluft zwischen dem Wunsch der Forscher nach Daten, die die theoretischen Modelle bestätigen, und dem Wunsch der Politik nach Daten, die den Bedarf für politische Empfehlungen bestätigen, überbrücken kann. In meinen Augen wird dies eine Brücke zwischen mittel- und langfristiger Forschung und kurzfristigem Bedarf sein. Es ist eine der Aufgaben des Danish Institute for Studies in Research and Research Policy, eine solche Brücke zwischen den Möglichkeiten der Forschung und den Bedürfnissen der Gesellschaft herzustellen. Wir benötigen eine länderübergreifende Zusammenarbeit, um die gemeinsamen Bausteine der Brücke zu entwerfen. 204 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung ZUSAMMENFASSUNG Max van Herpen Statistics Netherlands Prinses Beatrixlaan 428 Postbox 4000 2270 JM Voorburg [email protected] Das Seminar wurde vom CEIES-Unterausschuß “Sozialstatistik“ veranstaltet und findet in den Räumen der Cedefop statt. Der stellvertretende Vorsitzende des CEIES, Herr Joachim Lamel, begrüßt die cirka 70 Teilnehmer, und der Direktor des Cedefop, Herr Van Rens, hält die Eröffnungsansprache. Cedefop informiert die Anwesenden aus den verschiedenen Ländern über die im Bildungssektor verwendeten Systeme und Methoden. Eines der Instrumente sei das elektronische Berufsbildungsdorf The electronic training village. Auf dieser Internetseite würden zahlreiche Informationen angeboten, wie z.B. Datenbanken zur betrieblichen Aus- und Weiterbildung, ein monatlicher Newsletter und zahlreiche Diskussionsforen mit mehr als 10.000 Teilnehmern. Herr van Rens betont, wie wichtig das Thema des Seminars sei, mit dem sich Cedefop bereits seit einiger Zeit befasse. Im November werde die Europäische Kommission ein Memorandum mit einem Vorschlag zur Einrichtung eines Berichtsystems über das lebenslange Lernen in Europa veröffentlichen. Bei früheren Erhebungen sei Cedefop bereits zu dem Schluß gekommen, dass die Kohärenz der verfügbaren Informationen in den einzelnen Ländern nicht ausreiche. Das Seminar ist ein drei Teile untergliedert: - - Teil 1: Aktuelles zu den Daten in der Aus- und Weiterbildung; Teil 2: Künftige Entwicklungen; zu beiden Teilen gibt es eine Stellungnahme der Herausgeber sowie der Anwender der Daten; und Teil 3: Schlußfolgerung und Empfehlungen, die in drei Teile aufgegliedert sind - Reaktion von EUROSTAT, von Herrn Skaliotis; - Runder Tisch unter Vorsitz von Prof. Psacharopoulos; - Zusammenfassung durch den Vorsitzenden des Organisationskomitees, Prof. Frey. Teil 1: Aktuelles zu den Daten in der Aus- und Weiterbildung Zunächst gibt Herr Freysson einen Überblick über die vorhandenen Datenquellen, die sich mit Fragen der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie Beschäftigungsthemen befassen. Die wichtigste davon sei die Erhebung über Arbeitskräfte (Labour Force Survey). Weitere Datensammlungen seien das Europäische Haushaltspanel (Community Household Panel), die Erhebung über die Struktur der Verdienste (Structure of Earnings Survey), die Erhebung über die Arbeitskosten (Labour Cost Survey), die Erhebung zur beruflichen Weiterbildung (Continuing Vocational Training Survey), die Datensammlung zur beruflichen Bildung (Vocational Education and Training data collection) und die Datensammlung zur Arbeitsmarktpolitik (Labour Market Policies data collection). Die vorhandenen Datenquellen umfaßten sehr viele Themenbereiche, bei denen alle Arten von Beziehungen zwischen den Merkmalen des Humankapitals, dem Übergang von der Schule zum Erwerbsleben und den Ergebnissen zur allgemeinen und beruflichen Bildung untersucht werden könnten. Die Datenqualität und die Harmonisierung der einzelstaatlichen Erhebungen seien notwendige Voraussetzungen, damit diese Datenquellen sinnvoll genutzt werden könnten. Deshalb würden große Anstrengungen darauf verwendet. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 205 Pekka Myrskylä berichtet über die Bildungsabschlüsse und den Übergang von der Schule zum Erwerbsleben auf der Grundlage des registergestützten Statistiksystems in Finnland. Die Personenstandsregister stünden in Verbindung mit den Verwaltungsregistern über Einkommen, Arbeitsplätze, Arbeitslosigkeit, Ruhestandsgeld, Unternehmen, Bildung und Ort des Bildungsabschlusses. Von den Kindern werde auf die Eltern verwiesen und umgekehrt, so dass Familienmitglieder, die nicht im selben Haushalt wohnen, abgeglichen werden könnten. Die registergestützten Statistiken bedeuteten geringere Kosten, eine geringere Verantwortung, die jährliche Verfügbarkeit der Daten der gesamten Bevölkerung und auch kleinerer Gebiete und Untergruppen, zudem sei die Datenqualität im allgemeinen besser. Vertikale Daten stünden zur Verfügung, so dass der Übergang von der Schule zum Erwerbsleben und Arbeitsplatzwechsel leicht festzustellen seien. Dadurch habe man in Finnland ständig auf aktuelle Informationen über alle möglichen Arten von Veränderungen in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt Zugriff, zudem könnte die Entwicklung der Schulabgänger je nach Bildungsabschluß, Ausbildungssektor, Alter, Geschlecht usw. verfolgt werden. Ronnie Andersson von Statistics Sweden gibt einen Überblick über die vorhandenen Daten zum Übergang von der Schule zum Erwerbsleben in Schweden. Er betont, dass die Verwaltungsdaten nicht billig seien, da sie in aussagefähiges statistisches Datenmaterial umgearbeitet werden müßten. Die Verwaltungsdaten könnten auch die Erhebungsdaten nicht ersetzen. Diese beiden Quellen sollten einander ergänzen, denn jede habe ihre eigenen Schwächen und Stärken. George Lemaître, OECD, stellt einen Bericht über die berufliche Bildung von erwachsenen Arbeitern in OECD-Ländern, ihre Erfassung und Analyse vor. Hochqualifizierte Arbeitskräfte gewönnen in einer modernen Wirtschaft zunehmend an Bedeutung, in der das Wissen ein Schlüsselfaktor sei. Das Lernen gehe auch während des Berufslebens weiter, und die staatlichen Berufsbildungssysteme sollte danach beurteilt werden, wie effektiv sie das Ziel des lebenslangen Lernens unterstützten. Bis vor kurzem habe es nur wenig systematische Informationen gegeben, die einen internationalen Vergleich ermöglicht hätten. Vier „harmonisierte“ Erhebungen zur beruflichen Bildung ergäben zusammen einen Bestand von „stilisierten“ Fakten über die internationalen Unterschiede im Niveau und der Verbreitung der beruflichen Bildung in den 24 OECD-Staaten. Die Erhebungen unterschieden sich in dem Maße, wie die länderübergreifende Harmonisierung gelungen sei. Erhebliche Unterschiede bestünden im Inhalt der Fragebögen und der Protokolle für die Datensammlung, wodurch die Daten nicht verglichen werden könnten. Es gebe auch Unterschiede, wie berufliche Bildung in den Erhebungen definiert und bewertet werde. Die Bezugszeiträume unterschieden sich (Weiterbildung in den letzten 4 Wochen oder 12 Monaten); die Ansprechpartner (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer); die Unterscheidung zwischen beruflicher Ausbildung und beruflicher Weiterbildung; der Umfang, in dem weniger strukturierte Formen der beruflichen Bildung wie das Anlernen am Arbeitsplatz einbezogen seien; die Bevölkerungsgruppe (lediglich Erwerbstätige, kleine Unternehmen und bestimmte Sektoren seien ausgeschlossen). Daraus ergäben sich Daten, die weitgehend nicht vergleichbar seien. Auch die Inanspruchnahme innerhalb eines Landes sei unterschiedlich groß. Das gelte ebenso für den Umfang und die Kosten der beruflichen Bildung. Korrelationen zwischen diesen Variablen und Hintergrundvariablen wie z.B. Alter und wirtschaftliches Ergebnis seien weniger anfällig. Die Analyse der Bestimmungsfaktoren und Ergebnisse der beruflichen Bildung sei noch nicht ausreichend entwickelt, um den politischen Entscheidungsträgern zuverlässige Schätzungen über den wirtschaftlichen Nutzen zu liefern, aus denen sich spezifische politische Ansätze entwickeln ließen. Weitere Fortschritte bei der Harmonisierung der Statistiken zur beruflichen Weiterbildung könnten ein nützlicher Beitrag sein, um diese Lücke zu schließen. Im Anwender-Forum stellte Bernard Fourcade von der Universität Toulouse ein Papier zur Bildungsexpansion und dem Erwerb von Fertigkeiten vor, und zwar den Generationen gestützten 206 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Ansatz. In dem Papier wird ein laufendes Projekt beschrieben, bei dem die Auswirkungen des zunehmenden Bildungsgrades auf die Dynamiken des Arbeitsmarktes auf der Grundlage des Generationenansatzes für fünf EU-Staaten analysiert werden. Das Problem wird von zwei Seiten angegangen, einmal geht es um die Auswirkungen hinsichtlich der Ergebnisse des Bildungssystems (die Qualifikationsstruktur der Generationen) und dann hinsichtlich der Veränderungen innerhalb des Bildungssystems (strukturelle Änderungen der Bildungswege). Das Projekt zielt auf die sehr langfristigen Aspekte der Veränderung des Bildungssystems ab, wobei Zeit, Alter und Umfang der Generationen wichtige Variablen sind. Herr Marques aus Portugal stellt einen Bericht vor, in dem die Situation des allgemeinen und beruflichen Bildungssystems, des Arbeitsmarktes und des statistischen Systems in Portugal beschrieben wird. Herr Marques zeigt eine Reihe von Problemen auf. Häufig gingen Daten verloren, seien nicht zugänglich oder unvollständig; es würden keine Entsprechungen zwischen dem Angebot an beruflicher Weiterbildung und dem Bedarf auf Unternehmensseite deutlich; private berufliche Weiterbildung in Eigeninitiative, die nicht bezuschußt ist, werde oftmals mit der Arbeitssituation vermischt und sei deshalb nicht einfach zu bewerten; es gebe keine Informationen über die Auswirkungen der beruflichen Bildung auf die Unternehmen und die Arbeitssituation der Teilnehmer. Arthur Schneeberger, aus Österreich spricht über die Probleme, auf die er beim Vergleich des österreichischen Bildungssystems mit anderen Ländern stieß. Er wünscht sich eine größere Diversifizierung im mittleren und höheren Segment der internationalen Standardklassifizierung für Bildung (International Standard Classification of Education - ISCED), die 1997 überarbeitet wurde und derzeit umgesetzt werde. 70 % der österreichischen Bevölkerung könnten ISCED 3 zugerechnet werden, und im höheren Bildungssektor würden ähnliche Bezeichnungen für sehr unterschiedliche Gegebenheiten in den einzelnen Ländern verwendet. Zwischen den staatlichen Bildungssystemen und ISCED seien aus politischer Sicht noch nicht alle Fragen geklärt. Er plädiert für eine feinere und genauere Untergliederung, an der Arbeitgeber und politische Entscheidungsträger beteiligt sein sollten. Chris Littler beschreibt die Methoden und Daten, die bei der Analyse der Arbeitsmarktergebnisse der allgemeinen und beruflichen Bildung in England verwendet werden. Er befaßt sich insbesondere mit der Auswertung der Datensammlungen über den Bildungssektor und den Arbeitsmarkt, um die Orientierung junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt einzuordnen, nachdem sie die allgemeine Pflichtausbildung absolviert haben; der Analyse langfristiger wirtschaftlicher Vorteile und der Profitabilität von allgemeiner und beruflicher Bildung durch angenäherte Werte des Lebenseinkommens; und der Verwendung von Daten über die Fluktuation bei der Arbeitslosigkeit als Mittel zur Bewertung der Auswirkungen von Arbeitsmarktpolitiken und -programmen. Teil 2 Künftige Entwicklungen Aurea Micali vom Nationalen Statistischen Institut Italiens stellt das neue System vor, das ISTAT für die allgemeine und berufliche Bildung entwickelt hat. Im italienischen Bildungssystem hätten bedeutende Neuerungen Einzug gehalten, und demzufolge würden die administrativen Erhebungen nicht länger von ISTAT, sondern von den Ministerien selbst durchgeführt, obwohl ISTAT weiterhin statistische Unterstützung leiste. ISTAT habe sein Programm überarbeitet, so daß man dem internationalen Bedarf an Daten besser gerecht werden könne und genauere Informationen über die Auswahlverfahren der Universitäten erhielte. Es gibt jedoch immer noch einige Informationslücken, zu denen die Beschäftigung nach dem Schulabgang, das lebenslange Lernen und die private berufliche Weiterbildung gehörten. 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 207 Jonny Einarsen und Helge Næsheim vom Statistischen Amt Norwegens informieren über das statistische System, das sie zur Erwachsenenbildung einrichten. Sie kamen zu dem Schluß, dass es nicht genügend internationale Empfehlungen zu Statistiken über die Erwachsenenbildung gebe. Ob Personen, die jünger als 30 Jahre seien, als erwachsene Lernende zu definieren seien, könne in Frage gestellt werden. Das würde die Probleme und Kosten der Auswertung erhöhen und entspricht nicht unbedingt dem Bedarf an beruflicher Weiterbildung. Die Daten zur beruflichen Weiterbildung für diese Gruppe sollten getrennt aufgeführt werden. Zuverlässige und wichtige Indikatoren zur Erwachsenenbildung sollten für die Erhebung über Arbeitskräfte (Labour Cost Survey - LFS) entwickelt werden. Eine umfassendere Datensammlung sollte durch getrennte Erhebungen erstellt werden. Roger Fox aus Irland stellte einige Entwicklungen vor, die sich auf die Art der erforderlichen Statistiken zur allgemeinen und beruflichen Bildung auswirken. Die wichtigste sei die deutlich gestiegene Bedeutung der Humanressourcen in der wirtschaftlichen Entwicklung. Jedoch sei hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Statistiken zur allgemeinen und beruflichen Bildung noch viel zu tun. Die internationalen Organisationen sollten mehr Einfluß auf die Länder ausüben, die diese Statistiken zur Verfügung stellen. Die Outputs (die Fertigkeiten der Bevölkerung) seien wichtiger als die Inputs (der Umfang der in Anspruch genommenen Weiterbildung). Die Bildungsstatistiken seien sehr input-orientiert. Informelle oder Alltagsfertigkeiten gewönnen in einer flexiblen Wirtschaft zunehmend an Bedeutung. Informelle Wege des Lernens (quality circle, Arbeitsplatzrotation) nähmen zu und seien für Outputfaktoren wie Alltagsfertigkeiten entscheidend. Diese könnten in den Bildungsstatistiken nur schwer erfaßt werden, dennoch sollten sie nicht unberücksichtigt bleiben. Die Berufsbilder veränderten sich, neue Fertigkeiten seien gefragt und neue Hybrid-Berufsbilder bildeten sich heraus. Die Arbeitsmärkte würden internationaler, und dadurch würde es zunehmend erforderlich, die Flüsse des Humankapitals für die Statistiken der allgemeinen und beruflichen Bildung und die Abwanderung der gut Ausgebildeten in andere Länder zu erfassen. Regierungen neigten eher dazu, Arbeitsmarktprogramme zu evaluieren, deshalb seien langfristige vertikale Daten notwendig. Lex Herweijer aus den Niederlanden stellt eine Untersuchung über die Korrelation zwischen dem Bildungssystem und dem Arbeitsmarkt im niederländischen öffentlichen Sektor vor. Aus dieser Studie ergibt sich ein Bild der Überqualifikation und der Ausbildungsmängel von Schulabgängern, die für den öffentlichen Sektor ausgebildet werden; die Korrelation zwischen der Berufsausbildung und der Laufbahn dieser Schulabgänger wird hergestellt; es werden Faktoren identifiziert, die die Entscheidung für eine Ausbildung für eine Laufbahn im öffentlichen Sektor beeinflussen, und Einblicke in die Wahrnehmung der Arbeit und die Attraktivität einer Laufbahn im öffentlichen Sektor gewährt. Herr Herweijer erwähnt die Schwierigkeiten, Zugang zu detaillierten Daten für Wissenschaftler zu erhalten. Es seien wenige oder keine Informationen über subjektive Faktoren wie die Motivation der Auswahl, die Wahrnehmung, die Bewertung von Lehrgängen und Berufsbildern von Seiten der Studenten und die Zufriedenheit mit der Arbeit auf Seiten der Arbeitnehmer erhältlich; lebenslanges Lernen sei ein noch unbekannter Bereich. Jordi Planas aus Spanien berichtet über die Schnittstelle zwischen beruflicher Bildung und Beschäftigung, wie diese in den einzelnen Ländern unterschiedlich gestaltet seien und sich veränderten, dass es unterschiedliche Methoden des Erwerbs und der Anerkennung von formalen und informellen Fertigkeiten und Fähigkeiten gebe und dass sie in den Statistiken kaum zu finden seien. Die Beschäftigungsstatistiken stützten sich auf die Beschäftigungspolitiken und die Bildungsstatistiken auf die Bildungspolitiken. Es gebe keine Verbindung zwischen diesen beiden Bereichen und somit auch nur wenige Daten. Die Forschung müsse die bereits vorhandenen Datenquellen miteinander kombinieren und auch neue Systeme und Werkzeuge zur Sammlung von Informationen entwickeln. 208 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Herr Paparella aus Italien spricht über das Projekt zum Bedarf an beruflicher Weiterbildung, das noch nicht abgeschlossen sei und darauf abziele, einen Prozeß zur Überwachung der Nachfrage nach beruflichen Fertigkeiten zu formulieren und zu testen, der kontinuierlich aktualisiert und verbessert werden könne, um das Weiterbildungssystem mit einer „nützlichen Intelligenz“ auszustatten, so dass der Umfang und der Inhalt des Weiterbildungsangebots auf den operationellen und Entwicklungsbedarf des Produktionssystems und des Arbeitsmarktes ausgerichtet sei und der Weg für die Früherkennung von Bedürfnissen im Weiterbildungssystem geebnet werde. Die Erhebung sei ein ständiger Dialog zwischen den Sozialakteuren, lokalen Gremien und den Einrichtungen zur allgemeinen und beruflichen Bildung und stelle den Informationsbedarf der einzelnen Systeme fest. Die Klassifizierung der Produktionsaktivitäten und Berufe und die Informationen über einzelne Firmen müssten jedoch aktualisiert werden. Teil 3 Schlußfolgerung und Empfehlungen Herr Skaliotis von EUROSTAT kommt zu dem Schluß, dass EUROSTAT sich auf dem richtigen Weg befinde, wenn es eine Task Force zur Auswertung des lebenslangen Lernens einrichte. Ein konzeptioneller Rahmen umfasse alle - auch die nicht meßbaren - wichtigen Aspekte des lebenslangen Lernens. Die Erhebung über Arbeitskräfte (Labour Cost Survey - LSF) und das Europäische Haushaltspanel (Community Household Panel - ECHP) lassen Verbesserungen zu. Er denke dabei an die Einrichtung eines Ad-hoc-Moduls zum lebenslangen Lernen in der Erhebung über Arbeitskräfte. Die Harmonisierung der Daten sei von ebenso großer Priorität wie ihre Zeitlosigkeit. Prof. Psacharopoulos führt den Vorsitz des Runden Tisches und versucht, die Zuhörerschaft zu provozieren. Statistiken sollten viel eher verfügbar sein, sie sollten in erster Linie von politischer Relevanz sein, und es sollte eher weniger Statistiken geben und nicht mehr. Er glaubt nicht an die Möglichkeit von vergleichbaren Daten der einzelnen Länder, die Schlüssigkeit innerhalb eines Landes sei wichtig, so dass Entwicklungen erkennbar seien. Er fordert, dass eine rigorose Evaluierung der Daten ermöglicht werden sollte. Frau Descy vom Cedefop bezweifelt die Möglichkeit, Lernkompetenzen messen zu können. Herr Lassnigg, Österreich, hält die Daten über den Übergang von der Schule zum Erwerbsleben für zu oberflächlich, es sollten weitere Untersuchungen angestellt werden; für die Integration der administrativen und Erhebungsdaten sollten Akzeptanzsysteme eingerichtet werden und man solle aus den neuen Theorien im Wissensmanagement lernen. Herr van Uitert aus den Niederlanden plädiert für mehr Kontakte zwischen den Anwendern und Herausgebern von Statistiken, wovon beide Seiten profitieren würden. Herr Graversen aus Dänemark unterscheidet zwischen den schnellen Daten, die nicht sehr genau seien, und den genauen Daten, die von der Wissenschaft benötigt würden, wobei die Zeitlosigkeit nicht sehr wichtig sei. Herr Drymoussis von der Europäischen Kommission weist darauf hin, dass die Kommission einen jährlichen Indikatorbericht vorbereite, der eine Übersicht über die Aspekte der beruflichen Weiterbildung in der Beschäftigung gebe. Das lebenslange Lernen sei ein Thema, mit dem man sich auf dem letzten Gipfel in Lissabon ausführlich befaßt habe. Eine gründliche Beurteilung und Evaluierung werde nach 2,5 und 5 Jahre erfolgen. Prof. Frey, Vorsitzender des Unterausschusses, faßt die Ergebnisse des Seminars zusammen. Seines Erachtens sei der systematische Ansatz in den Statistiken zur beruflichen Bildung wichtig, müsse jedoch aufgewertet werden. Die Erhebung über Arbeitskräfte sei ein zentraler Pfeiler dieses Systems. Für die Erhebung über Arbeitskräfte werde ein durchgängiges Programm von Modulen empfohlen. Das ISCED sollte in Beziehung zur ISCO umgesetzt werden. Ein System von MetaDaten sei erforderlich, in denen die Methoden, Definitionen und Klassifizierungen klar beschrieben 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 209 werden. Die Bemessung des lebenslangen Lernens entlang der drei von EUROSTAT vorgeschlagenen Dimensionen, und zwar dem Lernraster, dem Wissensraster und dem Raster des sozialen und wirtschaftlichen Hintergrunds, werde unterstützt. Regionale Besonderheiten und spezifische Gruppen (z.B. ältere Menschen und ethnische Minderheiten) sollten besonders berücksichtigt werden. Schließlich müsse der Zugang zu den Daten für die Anwender und Kundenorientierung der Daten vereinfacht werden. Herr Lamel, stellvertretender Vorsitzender von CEIES, dankt den Teilnehmern und den Rednern für ihre Beiträge und Cedefop, das dem Ausschuß die Tagungsfazilitäten zur Verfügung gestellt hat, und beendet das Treffen. 210 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Teilnehmerliste 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 211 212 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung TEILNEHMERLISTE Eurostat Laurent Freysson Nicole Lauwerijs Joseé Nollen Michail Skaliotis Cedefop P. Descy Marie Jeanne Maurage J. van Rens S. Stavrou CEIES Margit Epler, Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte – Statistische Abteilung Luigi Frey, CERES Ellen Horneland, Norwegian Confederation of Trade Unions Joachim Lamel, Bundessektion Industrie, Wirtschaftskammer Österreich Fernando Marques , Gabinete de Estudos da CGTP-IN. Henrik Bach Mortensen, Danish Employers' Confederation Ineke Stoop, Social and Cultural Planning Office Europäische Kommission Ioannis Drymoussis, DG Employment and Social Affairs Ettore Marchetti, DG Education and Culture Autriche Lorenz Lassnigg , Institute for Advanced Studies Arthur Schneeberger, Institute for Research on Qualification and Training of the Austrian Economy Belgien Kris Degroote, Conseil Central de l’Economie Sigrid Dieu, FOREM Dänemark Ebbe K. Graversen, The Danish Institute for Studies in Research and Research Policy Lars Borchsenius, Statistics Denmark Estland Katrin Jõgi, Estonian Ministry of Education Finnland Pekka Myrskyla, Statistics Finland Kaija Ruotsalainen, Statistics Finland Frankreich Bernard Fourcade, Université des Sciences Sociales, LIHRE G. Lemaitre, OECD 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 213 Griechenland Georges Psacharopoulos, University of Athens Dimitrios Kavakas, American College of Thessaloniki Christos Tzimos, National Statistical Service of Greece Prof Evangelia A. Varella, Aristotle Unviersity of Thessaloniki Mrs Paraskevi Zigra , Ministry of National Education and Religious Affairs Michael Litsardakis, Univeristy of Macedonia Eleni Kechri, Ministry of National Education and Religious Affairs Anna Konstantinidou, Ministry of National Education and Religious Affairs John Georgiades, Marketing Intelligence Specialist Roger Fox, Foras Áiseanna Saothair (Training and Employment Authority) Italien Aurea Micali, ISTAT Domenico Paparella, CESOS Cristina Berliri, ISOFOL Barbara Buldo, Committee for the Guarantee of Statistical Information - Council of Ministers Claudio Franzosi, ISOFOL Paola Stocco, ISOFOL Natalija Zimina, uropean Training Foundation (National Observatory in Lithuania) Cesare Imbriani, stituto di Economia e Financza Roma “La Sapienza” Madeira João José Silva Martins, Direcção Regional de Estatística Die Niederlande L. Herweijer, Social and Cultural Planning Office C.J. (Kees) van Uitert , Deputy director of ABU Max van Herpen, Statistics Netherlands Norwegen Jonny Einarsen, Statistics Norway Helge Næsheim, Statistics Norway Slowenien Suzana Gerzina, Centre for Vocational Education and Training, National Vet Observatory Dušanka Lužar, Human Resource Development Fund Sonja Pirher, Employment Service of Slovenia Jadranka Tuš, Statistical Office of the Republic of Slovenia Spainien Jordi Planas, ICE-GRET Teresa Guardia , S.G. Estadísticas Sociales y Laborales Rosario Martin Herranz, Ministerio de Trabajo y Asuntos Sociales 214 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung Schweden Ronnie Andersson, Statistics Sweden Anna-Karin Olsson, Statistics Sweden Sven Sundin , National Agency for Education Schweiz Anna Borkowsky , Swiss Federal Statistical Office Tschechische Republik Jan Koucky, Ministry of Education Miroslav Prochazka, Institute for Information on Education Vereinigtes Königreich Chris Littler, DfEE, Analytical Services 10th CEIES Seminar – Die Statistik der allgemeinen und beruflichen Bildung 215