Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz

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Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Ralf Meyer
1
Einführung
Der Landschaftsraum Harz besitzt, verglichen mit anderen Naturräumen in Sachsen-Anhalt,
einen hohen Anteil besonders wertvoller Lebensräume. Sie konzentrieren sich im Hochharz,
am Nordrand, im Bode- und Selketal sowie in der Karstlandschaft Südharz. In ihnen kommen
viele seltene und streng geschützte Pflanzen- und Tierarten vor.
Im Folgenden werden Lebensräume beschrieben, die einerseits landschaftsraumtypisch und
andererseits für den Naturschutz besonders wertvoll sind. Sie kommen entweder nur im Harz
in dieser Ausprägung vor oder sind überregional gefährdete Biotoptypen mit größeren
Flächenanteilen im Harz.
Alle Lebensräume werden mit folgender Gliederung beschrieben:
Kurzcharakteristik,
Gefährdung und Schutz,
Charakteristische Beispiele.
Die Kapitel 2.1 bis 2.14 sind stark gekürzte und leicht veränderte Fassungen der
entsprechenden Passagen von MEYER et al. (1997) im Kapitel 3.3.2 Spezieller Teil. 181.
Die Publikation ist vergriffen, eine komplette Fassung inklusive Quellenverzeichnissen finden
Sie auf beiliegenden Datenträgern.
Ergänzt wird die Darstellung der Lebensräume durch die Beschreibung zweier für den Harz
typischer Arten – der Rotbuche und der Europäischen Wildkatze.
2
Lebensräume
2.1
Quellen
Kurzcharakteristik
Die Quelle als Lebensraum stellt die Kontaktzone zwischen zwei Lebensräumen – Grundwasser und dem Quellbach – dar.
Temperatur, Sauerstoffgehalt, Konzentration verschiedener Ionen und Strömung schwanken
nur wenig im Tages- und Jahresverlauf.
Man kann nach der Art und Weise des Wasseraustrittes drei Quelltypen unterscheiden:
- Sickerquellen = „Quellmoore“,
- Tümpelquellen,
- Sturzquellen.
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Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Meist herrschen nährstoffarme Bedingungen vor, in Quelltöpfen können sich Grundrasen mit
Armleuchteralgen entwickeln. Charakteristisch für viele Quellen sind die BitterschaumkrautMilzkraut-Quellflur und die Winkelseggen-Quellflur.
Eine
hohe
Zahl
spezialisierter
Tierarten besiedeln Quellen z. B.
Quelljungfern.
Einerseits
sind
es
Arten, die hohe Sommertemperaturen nicht verkraften, andere sind
wärmeliebende Arten, für die Frostfreiheit entscheidend ist.
Quellbach der Rappbode, Foto: LISA-Archiv
Gefährdung und Schutz
Quellen sind direkt und indirekt beeinträchtigt. Direkte Beeinträchtigungen sind:
- Quellfassungen,
- Drainierung,
- Aufforstung offener Bereiche,
- Einbeziehung in Weideflächen,
- zertreten und vermüllen,
- Anlage von Fischteichen.
Indirekte Beeinträchtigungen sind:
- Eutrophierung und Biozidbelastung,
- Entwässerung und Übernutzung des Grundwassers.
Als geschützte Biotope nach Landesnaturschutzgesetz sind Schutzmaßnahmen zu intensivieren. Hierbei ist ein Schutz in verschiedenen Zonen sinnvoll:
- Quellaustritt und Pufferzone – direkt zu schützen,
- Weitere Schutzzone – 200 - 300 m – Extensivierung der Bewirtschaftung,
- Eintragsschutzzone – großflächig, umweltverträgliche Landnutzung.
Charakteristische Beispiele:
- Quellmoor in der Paulswiese im Ramberg-Massiv,
- Quelle am Südrand des Ampenberges südwestlich Straßbergs,
- Quellbäche in den Dammbachwiesen.1
1
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.1
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2.2
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Fließgewässer
Kurzcharakteristik
Quellen, Bäche und Flüsse bilden ein Kontinuum. Flüsse sind natürliche Fließgewässer mit
mehr als 5 m Breite, Bäche mit weniger als 5 m.
Im Harz sind vor allem zwei Untertypen zu finden:
- schnellfließende Mittelgebirgsbäche, hohe
Fließgeschwindigkeit, grobes Sediment, Algen und
Moose;
- sommerkalte Bäche des Berg- und Hügellandes,
mäßige Fließgeschwindigkeit, schotteriges bis
sandiges Sediment.
Die Bode bei Thale, Foto: Ralf Meyer
Ober- und Mittelläufe gehören meist der ForellenRegion, punktuell auch der Äschen-Region, an.
Zahlreiche Larven von Insektenarten (Köcherfliegen,
Steinfliegen,
besiedeln
Eintagsfliegen,
Strukturen
im
Libellen)
Wasser.
Als
charakteristische Pflanzenart ist Uferreitgras zu
nennen,
die
charakteristischen
Tierarten
sind
Feuersalamander, Wasseramsel und Prachtlibellen.
Wasseramsel an der Bode bei Thale,
Foto: Ralf Meyer
Gefährdung und Schutz
Fließgewässer
sind
zahlreichen
Beeinträchtigungen
durch
Trinkwassergewinnung,
Wasserkraftnutzung, Hochwasserschutz und Abwassereinleitungen ausgesetzt wie:
- Gewässerausbau,
- Gewässerunterhaltung,
- Stauteiche,
- Wasserentnahme,
- Abwasserbelastungen und Versauerung,
- Zerstörung der Uferstrukturen,
- Künstlicher Fischbesatz,
- Fichtenpflanzungen im Uferbereich.
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Als Schutzmaßnahmen sind nötig:
- Schutz naturnaher Gewässer und ihrer Auen,
- Renaturierung verbauter oder begradigter Bäche,
- Wiederherstellung der Passierbarkeit,
- Naturschonende Gewässerunterhaltung,
- Senkung der Abwasserbelastung,
- Verringerung der Wasserentnahme,
- Beseitigung der Fichten an Bachufern.
Charakteristische Beispiele:
- Selke,
- Bodelauf zwischen Treseburg und Thale.2
2.3
Hoch- und Übergangsmoore
Kurzcharakteristik
Es dominieren die niederschlagsgespeisten Hoch- und Übergangsmoore, welche im
gegebenen Klima gute Bedingungen vorfinden. Folgende Hochmoortypen findet man im
Harz:
- Hangmoore,
- Hanghochmoore,
- Regenmoore,
- Komplexmoore.
Typische Oberflächenformen der Moore sind Bulten und Schlenken sowie Kolke (Mooraugen) und Trichter. Kolke sind tiefere (mehr als 1 m) natürliche Wasseransammlungen, die
im Gegensatz zu den kleineren, flachen Schlenken bis zum mineralischen Untergrund
reichen. Häufig findet man Trichter, welche durch unter dem Moor hindurchfließende Bäche
entstehen. Trichter sind Deckeneinbrüche; ändert sich der Bachverlauf, fallen sie trocken.
Charakteristisch für Niedermoore sind Kleinseggen-Gesellschaften, während auf den Hochund Übergangsmooren Bulten-Gesellschaften mit Wollgräsern und Moosbeere dominieren.
Hinzu kommen Krähen- und Rauschbeere sowie Rosmarinheide.
Die Hochmoorvegetation ist sehr dynamisch, man unterscheidet Wachstums-, Stillstandsund Erosionskomplexe. Ungestörte Hochmoore zählen in Mitteleuropa zu den wenigen
natürlichen Lebensräumen, die Refugium für zahlreiche seltene und stark gefährdete alpine
und arktische Arten (Glazialrelikte) sind.
2
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.2
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Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Charakteristische Pflanzenarten sind Torfmoose und
Wollgräser.
Interessante
Tierarten sind die „Hochmoor“-Libellen
wie
die
Alpenmargallibelle oder die
Hochmoormosaikjungfer.
Hochmoor am Brockenmassiv, Foto: LISA-Archiv
Gefährdung und Schutz
Hochmoore sind sehr sensibel, Schädigungen sind oft unumkehrbar oder eine Regeneration
benötigt einen sehr langen Zeitraum. Störfaktoren sind insbesondere:
- Torfgewinnung,
- Entwässerung,
- Aufforstung mit Fichten,
- Luftschadstoffe,
- Tourismus.
Schutzmaßnahmen für diese deutschlandweit am stärksten bedrohten Biotoptypen sind
neben der mit der Nationalparkausweisung erfolgten Unterschutzstellung vor allem:
- Stabilisierung des Wasserhaushaltes mit Unterbindung jeglicher Entwässerungen,
- Herausnahme aus forstlicher Nutzung,
- Keine Düngung oder Kalkung der Moore und umliegender Waldflächen,
- Kanalisierung und Verlagerung der Touristenströme.
Charakteristisches Beispiel:
- Hangmoor am Königsberg3.
2.4
Niedermoore und Sümpfe
Kurzcharakteristik
3
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.4.
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Niedermoore sind im Gegensatz zu den Hochmooren durch Grund- und Sickerwasser
gespeiste feuchte bis nasse Standorte.
Häufig sind folgende Niedermoortypen zu finden:
- Quellmoore,
- Hangmoore,
- Versumpfungsmoore,
- Verlandungsmoore.
In Verlandungszonen der Gewässer dominieren Röhrichte, Großseggenrieder oder Bruchwälder. Am häufigsten findet man kalk- und nährstoffarme Niedermoore mit Braunseggensümpfen. Charakteristische Pflanzenarten sind u. a. Sibirische Schwertlilie, Wollgräser und
Knabenkräuter.
Gefährdung und Schutz
Gefährdungsfaktoren für diese nährstoffarmen Standorte sind:
- Entwässerung,
- Aufforstung mit Erlen oder Fichten,
- Nährstoffeintrag aus der Luft oder Düngung,
- Tourismus.
Ein wirksamer Schutz dieser geschützten Biotoptypen wird durch Unterbindung jeglicher
Entwässerungen und eine extensive Bewirtschaftung mit Mahd alle 2 - 5 Jahre erreicht.
Charakteristische Beispiele:
- Quellmoore auf der Benneckensteiner Hochfläche,
- („Rotes Bruch“, Saustall, Dammbachwiesen),
- Quellmoor im kalten Tal bei Stolberg.4
2.5
Bergwiesen und Borstgrasrasen
Kurzcharakteristik
Bunte, artenreiche Bergwiesen prägen das Bild des Harzes. Sie entstanden in der Zeit der
großen Rodungen und wurden vorwiegend zur Winterheugewinnung genutzt. Auf frischen
bis mäßig feuchten Standorten dominieren Goldhaferwiesen mit Waldstorchschnabel,
Perückenflockenblume, Wiesenknöterich, Kuckuckslichtnelke oder Trollblume. Auf extensiv
bewirtschafteten Flächen kommen Arnika, Blutwurz und Bärwurz hinzu.
4
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.5
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Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Im Gegensatz dazu sind Borstgrasrasen, wuchsschwache Gesellschaften, auf oft bodensauren nährstoffarmen Standorten. Sie wurden früher als Schafhutungen genutzt. Oft sind
fließende Übergänge zu den mageren Formen der Goldhaferwiesen zu beobachten. Über
1000 m ü NN findet sich am Brocken Alpen-Bärlapp-Borstgrasrasen mit der Brockenanemone und der Sudeten-Hainsimse, an feuchteren Standorten Torfbinsenrasen.
Als charakteristische Pflanzenarten treten Arnika, Trollblume, Bärwurz und Blutwurz auf.
Gefährdung und Schutz
Vor 1989 waren die folgenden Faktoren hauptverantwortlich für den Rückgang:
- Umwandlung in Intensivgrünland,
- Intensive Weidewirtschaft,
- Mehrschnittverfahren.
Nach 1989 sind diese Faktoren wirksam:
- Entwicklung artenarmer Gras- und Krautfluren durch Nutzungseinstellung,
- Verbuschung,
- Aufforstung mit Fichten.
Bergwiesen sind wegen ihrer Refugialfunktion für zahlreiche gefährdete Pflanzen- und
Tierarten besonders geschützte Biotope nach Landesnaturschutzgesetz, Borstgrasrasen
zusätzlich im Anhang I der FFH-Richtlinie aufgeführt, so dass für letztere Schutzgebiete
eingerichtet werden müssen. Erforderlich ist deshalb:
- Einstellung des Umbruchs,
- Einstellung jeglicher Aufforstung,
- Pflegemaßnahmen wie jährliche, zeitlich und räumlich gestaffelte Mahd (mosaikartige)
Nutzung und Beräumung des Mähgutes,
- Extensive Beweidung der Borstgrasrasen mit angepasster Beweidungsintensität,
- kein Einsatz von Bioziden.
Charakteristische Beispiele:
- Bergwiesen östlich von Stiege,
- Kalkhalbtrockenrasen und Bergwiesen im Kalkgebiet bei Rübeland, Elbingerode und
Königshütte5.
5
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.8
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2.6
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Halbtrockenrasen
Kurzcharakteristik
Halbtrockenrasen sind artenreiche, wärmeliebende und trockenheitsertragende Gesellschaften auf flachgründigen, oft nährstoffarmen Böden. Ihre ursprünglich inselartige
Verbreitung wurde durch die Rodungen des Menschen und Folgenutzung stark begünstigt.
Häufig treten sie in Verbindung mit Streuobstwiesen auf.
Unterschieden werden submediterrane und kontinentale
Formen. Erstere sind in ihrer Artenzusammensetzung stark
von der Nutzung abhängig, regelmäßige Mahd fördert z. B.
Orchideen, Beweidung dagegen Enziane. Somit findet man
vor allem im Südharzgebiet Trespen-Halbtrockenrasen und
Enzian-Schillergras-Halbtrockenrasen.
In
den
östlichen
Harzbereichen finden sich dagegen kontinental verbreitete
Arten wie Echtes Federgras, Dänischer Tragant oder
Frühlingsadonisröschen. Weitere charakteristische Pflanzenarten sind Enziane und Orchideen.
Fransen-Enzian auf einem Halbtrockenrasen, Foto: Ralf Meyer
Halbtrockenrasen gehören zu den artenreichsten Lebensgemeinschaften in Mitteleuropa,
insbesondere für Gliederfüßer auf Grund der zahlreichen Pflanzenarten für die Ernährung.
Zu nennen sind z. B. Bläulinge, Blutströpfchen, Heuschrecken sowie Reptilien. Hinzu
kommen Tierarten wie Glattnatter und Zauneidechse.
Gefährdung und Schutz
Diese artenreichen, nach Landesnaturschutzgesetz, besonders geschützten Lebensräume
sind gefährdet durch:
- Aufgabe der Nutzung und damit Vergrasung und Verbuschung,
- Flächenverluste durch Bergbau und Siedlungsbau,
- Aufforstung,
- Intensive Landwirtschaft und Eutrophierung.
Schutzmaßnahmen liegen in der Vermeidung dieser Gefahren:
- Unterschutzstellung,
- Einrichtung von Pufferzonen,
- Schonende Bewirtschaftung,
- Pflegebeweidung mit Ziegen und Schafen.
Charakteristische Beispiele:
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
- Kalkgebiet bei Rübeland (Mühlental, Galgenberg, Schwefeltal, Bockberg),
- Halbtrockenrasen nördlich des Haardtberges bei Wickerode,
- Galgenberg bei Mansfeld.6
2.7
Felsfluren
Kurzcharakteristik
Zu den Felsfluren gehören Vegetationseinheiten, welche auf nackten oder nur teilweise
bewaldeten Felsen, Blockhalden und Felsschutthalden siedeln. Silikatfelsfluren wachsen auf
Untergründen aus Sandstein, Granit oder Quarzit. Dazu gehören Klippen im Hochharz und
die Flusstäler an Bode und Selke. Hier dominieren Moose und Flechten, Blasenfarn und die
Rasensteinbrech-Gesellschaft. Die Blockhalden am Brocken sind mit Krähenbeere, Blauund Preiselbeere und Tannen-Teufelskralle besiedelt.
Kalkfelsfluren findet man auf Kalk-, Gips- und Dolomitfelsen. Auf trockenen Standorten
wachsen
Blaugras-Trockenrasen
und
Pioniergesellschaften wie die SteinkrautMauerpfeffer-Fluren.
Charakteristische
Pflanzenarten der Felsfluren sind Farne,
Gipskraut,
Alpenaster
und
Brocken-
anemone. Als charakteristische Tierarten
treten Wanderfalke und Gartenschläfer
auf.
Das Bodetal bei Thale, Foto: Ralf Meyer
Gefährdung und Schutz
Von folgenden Faktoren werden die Felsfluren bedroht:
- flächige Verbuschung,
- Flächenverlust durch Bergbau,
- Abtragung der dünnen Feinerdeschicht durch Wanderer und Klettersportler,
- Verbiss durch Schalenwild,
- Schadstoffimmissionen.
6
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.9
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Kalkfelsfluren sind nach Anhang I der FFH-Richtlinie geschützt, neben der Ausweisung von
Schutzgebieten mit Pufferzonen sind Besucherlenkungen und die Einschränkung des
Klettersports erforderlich.
Charakteristische Beispiele:
- Rosstrappe,
- Rappbodetal im Talsperrenbereich,
- Kalkfelsfluren bei Rübeland und Elbingerode,
- Gipshänge nördlich Wickerode.7
2.8
Streuobstwiesen
Kurzcharakteristik
Streuobstwiesen stellen typische Elemente der Kulturlandschaft dar, die gemeinsam mit
Obstalleen schutzwürdig sind.
Streuobstwiesen weisen gegenüber Obstplantagen u. a. folgende Merkmale auf:
- lockere Anordnung der Bäume durch große
Abstände,
- Hoch- und Mittelstämme,
- Vielfalt der Sorten und Arten.
Apfelblüte, Foto: Ralf Meyer
7
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.10
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
In der Krautschicht dominieren Halbtrocken- und Magerrasen oder extensiv genutzte Wiesen
mit einem reichhaltigen Blütenangebot. Letzteres ist für zahlreiche Tierarten von großer
Bedeutung. Altanlagen mit hohem Anteil von Baumhöhlen und Totholz sowie einer
artenreichen Krautschicht sind wichtige Lebensräume für gefährdete Vogelarten, neben
vielen Insektenarten sind Streuobstwiesen auch Habitate für Fledermäuse und Bilche.
Charakteristische Tierarten sind Siebenschläfer, Haselmaus,
Wendehals, Grünspecht, Neuntöter und Gartenrotschwanz.
Haselmaus, Foto: Ralf Meyer
Gefährdung und Schutz
Streuobstwiesen sind gefährdet durch:
- Vernichtung durch Bebauung an Siedlungsrändern,
- Abholzung im Zuge des Straßenbaus,
- Umwandlung in intensiv genutzte Agrarflächen,
- Nutzungsaufgabe, Überalterung und Zusammenbruch,
- Verbuschung.
Zunächst muss die Vernichtung von Streuobstwiesenflächen gestoppt werden, um dann
gezielte Pflegemaßnahmen organisieren zu können. Neben dem Schnitt der Obstgehölze
und Nachpflanzungen alter Hochstamm-Obstsorten sind Strukturen wie stehendes und
liegendes Totholz, Reisig- und Steinhaufen erforderlich.
Charakteristische Beispiele:
- Streuobstwiesen zwischen Questenberg und Hainrode,
- Streuobstwiesen zwischen Mansfeld und Klostermansfeld.8
Begleitmaterial
Auf der beigefügten DVD befinden sich folgende Zusatzmaterialien:
AB:
Auf Nussjagd – der Haselmaus auf der Spur, Kl.5/6
M 14:
Biologie der Haselmaus, pdf
8
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.13 sowie unter: www.nussjagd-in-sachsenanhalt.de
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M 15:
Nussjagd – Haselmaus, pdf
M 16:
Bestimmungshilfe Fraßspuren, pdf.
2.9
Buchenwälder
Charakteristik
Die Rotbuche wird als Charakterbaumart der natürlichen Harzvegetation angesehen.
Buchenwälder waren von der kollinen bis zur montanen Stufe verbreitet, wurden jedoch an
vielen Stellen in Fichtenforste, Eichenwälder oder Landwirtschaftsflächen umgewandelt. Als
Nebenbaumarten in naturnahen Buchenwäldern treten Eichen, Eschen, Ulmen, Hainbuchen
und Fichten auf. Angepflanzte Buchenbestände haben häufig Hallenwaldcharakter, durch die
Lichtverhältnisse haben Sträucher wenige Chancen zur Entwicklung. Zwei verschiedene
Ausprägungen lassen sich unterscheiden:
a) Bodensaure Buchenwälder
Auf Braun- und Parabraunerden sowie flachgründigen Rohböden ist der HainsimsenRotbuchenwald der häufigste Waldtyp. Die Krautschicht ist spärlich ausgeprägt, es
dominieren azidophile Arten wie Sauerklee, Zweiblatt, Heidelbeere und Schlängelschmiele.
Eine Massenentwicklung letzterer beider Arten ist typisch für ausgehagerte, relativ saure
Böden. Im östlichen Harz kommen wärmeliebende Arten hinzu, so tritt die Traubeneiche
häufig auf, die Krautschicht ähnelt dann der in Eichen- und Eichen-Hainbuchenwäldern. In
höheren Lagen, insbesondere im Oberharz, treten montane und subatlantische Elemente
auf, man spricht vom Harzlabkraut-Buchenwald. Waldheimsimse, Fingerhut und an frischfeuchten Standorten auch der Gemeine Frauenfarn kommen vor. Nur noch vereinzelt zu
finden ist die hochmontane Form, der Rotbuchen-Fichtenwald. Die von Natur aus nur
beigemischte Fichte wurde massiv gefördert und zur Dominanz gebracht.
b) Mesophile Buchenwälder
Auf nährstoffreicheren Standorten sind im Gebiet Waldmeister-Buchenwälder verbreitet. Die
Rotbuche kann sich optimal entfalten, eine Strauchschicht ist kaum ausgeprägt, in der gut
ausgebildeten Krautschicht
treten anspruchsvolle
Arten wie Vielblütige Weißwurz,
Buschwindröschen und Waldmeister auf.
Auf basenreicheren Böden gedeihen Waldgersten-Rotbuchenwälder. Typische Arten dieser
Kalkbuchenwälder sind Waldgerste, Rote Heckenkirsche, Bingelkraut, Seidelbast, Aronstab,
Türkenbund, Leberblümchen oder Gelbe Anemone. Insbesondere die Buchenwälder im Südharz sind reich an Geophyten wie Bärlauch und Lerchensporn.
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Bärlauchbestand bei Thale, Foto: Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Buschwindröschen, Foto: LISA-Archiv
Gute Nährstoff- und Wasserversorgung, z. B. in Dolinen, sind hierfür Voraussetzung.
Submontane und montane Hainsimsen-Buchenwälder bildeten ursprünglich mit den
mesophilen Buchenwäldern die dominierende Vegetationsform im Harz. Heute sind es
weniger als 10 %. Als charakteristische Pflanzenart findet man die Rotbuche. Charakterstische Tierarten sind Schwarzspecht, Hohltaube und Schwarzstorch.
Gefährdung und Schutz
a) Waldschäden
Buchen und Fichten sind am stärksten vom Waldsterben betroffen. Auf sauren Standorten
fehlen Pufferkapazitäten, so dass Säureeinträge besonders zu Schäden führen. Kalkungen
sind keine Lösungen, werden doch Mykorrhiza-Partner der Buche geschädigt.
b) Forstwirtschaft
In der Vergangenheit wurde zur Holzertragsmaximierung die Fichte großflächig aufgeforstet,
eine saubere Waldwirtschaft führte zum Ausfall der besonders artenreichen Alters- und
Zerfallsphasen in Buchenwäldern. Die Lebenszeit der Buche wurde von 250 - 300 Jahren auf
140 - 160 Jahre begrenzt.
Deutschland hat aufgrund des Verbreitungsbildes für die Buchenwälder Europas eine
besondere Verantwortung. Diese wahrzunehmen, heißt zunächst einmal, eine genügend
große Anzahl von Totalreservaten auszuweisen, in denen jegliche Nutzung unterbleibt. Sie
sollten mindesten 50 ha, besser noch um 100 ha Fläche besitzen.
Außerhalb solcher Schutzgebiete sollte eine naturnahe Buchenwaldbewirtschaftung
durchgesetzt werden:
- Verzicht auf Kahlschläge und großflächige Aufforstungen,
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
- Sicherung der Naturverjüngung (Einzäunung, Wildmanagement),
- Zulassen von Pionierbaumarten wie Birke und Eberesche,
- Förderung von Edellaubhölzern (Ahorn, Esche, Linde, Ulme) und Eibe,
- Belassen von Fehlstellen,
- Erhöhung des Totholzanteils,
- Erhalt von Waldsäumen.
Charakteristische Beispiele:
- Buchenwälder im NSG Albrechtshaus,
- Buchenwald im NSG Tännichen,
- Buchenwald im NSG Radeweg,
- Buchenwälder im Elendstal,
- Buchenwald an der Heimkehle.9
Begleitmaterial
Auf der beigefügten DVD befinden sich folgende Zusatzmaterialien:
AB:
Waldarten in Sachsen-Anhalt, pdf und doc
AB:
Die Wälder des Harzes, pdf und doc
AB:
In den Wäldern des Harzes auf Exkursion, pdf und doc
M 4:
Organismen in Ihrer Umwelt, ppt
M 5:
Waldarten in Sachsen-Anhalt, pdf und doc
M 6:
Bäume in unserem Wald, pdf
M 17:
Blätter häufiger Baumarten, doc und pdf
M 18:
Blätter häufiger Straucharten, doc und pdf
2.10 Eichenmischwälder
Kurzcharakteristik
Natürliche Eichenmischwälder finden wir an Standorten, die aufgrund von Faktoren wie
zeitweise Austrocknung, Spätfrösten oder Grundwassernähe ungünstig sind.
Stiel- und Traubeneiche beherrschen die Baumschicht, wobei erstere eine größere
Standortamplitude gegenüber Temperatur und Grundwasser aufweist.
Durch ehemalige Mittel- und Niederwaldbewirtschaftung wurden Eichenmischwälder auch
auf potenziellen Buchenstandorten gefördert. Nebenbaumarten können je nach Standort und
Nutzung Hainbuche, Linde, Birke, Eberesche, Buche oder auch Fichte sein.
Pflanzensoziologisch werden Eichenmischwälder auf sauren Böden mit Schlängelschmiele
und Heidelbeere, auf trockenwarmen Silikatstandorten mit Färberginster, Pechnelken und
9
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.15
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Heidekraut, mesophilen Standorten mit Hainbuche, Linde, Hasel, Sternmiere oder
Waldlabkraut unterschieden. Charakteristische Pflanzenarten sind die Stiel- und Traubeneiche. Der Mittelspecht tritt als charakteristische Tierart auf.
Gefährdung und Schutz
Gefährdungen sind:
- nivellierende Eingriffe der Forstwirtschaft und Kahlschlagwirtschaft,
- Verbiss durch hohe Schalenwildbestände,
- Nutzungsänderung/-aufgabe: Eiche wird zunehmend durch Buche verdrängt.
Eichen-Trockenwälder sind geschützte Biotope. Die Bestandssicherung sollte durch eine
naturnahe Bewirtschaftung sowie Pflegeprogramme für die nicht mehr wirtschaftlich
nutzbaren besonders artenreichen Mittel- und Niederwälder erfolgen.
Charakteristische Beispiele:
- Eichenwälder im Bodetal,
- Eichenwälder im Selketal,
- Niederwald im Großen Suderholz nördlich Straßberg,
- Mittelwald am Hirschbüchenkopf nordwestlich Straßberg.10
Begleitmaterial
Auf der beigefügten DVD befinden sich folgende Zusatzmaterialien:
AB 6:
Waldarten in Sachsen-Anhalt, pdf und doc
AB 9:
Anleitung zur Durchführung der Feldarbeiten, doc und pdf
AB 10: Exkursionsprotokoll Wald–Organismen, doc und pdf
M 4:
Organismen in Ihrer Umwelt, Präsentation als ppt
M 5:
Waldarten in Sachsen-Anhalt, pdf und doc
M 6:
Bäume in unserem Wald, pdf
M 11:
Arten- und Biotopschutzprogramm Harz, pdf
M 13:
Wald in Lehrplan und Rahmenrichtlinie Biologie, doc und pdf
2.11 Schlucht- und Blockhaldenwälder
Kurzcharakteristik
Laubmischwälder mit Linden- und Ahornarten, Ulmen und Eschen findet man auf felsigen, oft
nordexponierten Steilhängen oder in Schluchten und Dolinen. Der rutschende Gesteinsschutt verhindert das Aufkommen von Rotbuchen, da diese empfindlich auf Stammverletzungen reagieren. Unterschieden werden:
10
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), KAP. 3.3.2.17.
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
- Eschen-Ahorn-Schluchtwälder mit Ulmen und Linden,
- Spitzahorn-Linden-Blockhaldenwälder mit Stickstoff- und ggf. Frischezeigern, wie Hirschholunder oder Lungenkraut.
Eine charakteristische Pflanzenart ist der Bergahorn. Die charakteristische Tierart ist der
Feuersalamander.
Gefährdung und Schutz
Gefährdungen ergeben sich aus forstwirtschaftlichen Maßnahmen wie Umbau der Bestände
oder großflächigem Holzeinschlag. Durch Auflichtungen sinkt die Luftfeuchtigkeit, damit
verschwinden an feuchte und schattige Lagen angepasste Arten.
Schutzmaßnahmen sind die Herausnahme aus der Nutzung oder, wenn dies nicht möglich
ist, eine möglichst naturnahe, schonende Bewirtschaftung mit dem Ziel der Beibehaltung des
Mikroklimas und der Schutzwaldfunktion.
Charakteristische Beispiele:
- NSG Bodetal,
- NSG Mooskammer,
- NSG Elendstal.11
Begleitmaterial
Auf der beigefügten DVD befinden sich folgende Zusatzmaterialien:
AB 6:
Waldarten in Sachsen-Anhalt, pdf und doc
AB 9:
Anleitung zur Durchführung der Feldarbeiten, doc und pdf
AB 10: Exkursionsprotokoll Wald – Organismen, doc und pdf
M 4:
Organismen in ihrer Umwelt, Präsentation als ppt
M 5:
Waldarten in Sachsen-Anhalt, pdf und doc
M 6:
Bäume in unserem Wald, pdf
M 11:
Arten- und Biotopschutzprogramm Harz, pdf
M 13:
Wald in Lehrplan und Rahmenrichtlinie Biologie, doc und pdf
M 17:
Blätter häufiger Baumarten, doc und pdf
M 18:
Blätter häufiger Straucharten, doc und pdf
2.12 Erlen-Eschen-Wälder
Kurzcharakteristik
11
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.18.
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Diese Wälder stocken auf grundwassernahen Standorten wie Bachauen, Hangfüßen oder
Quellen. Es lassen sich Untertypen unterscheiden:
- kolline bis submontane Bach- und Flußauen,
- Quellwälder des Berglandes,
- Quellwälder in staunassen Mulden und an Hangfüßen.
Am häufigsten finden sich Bachauen als Hainmieren-Schwarzerlenwald, seltener sind
Winkelseggen-Eschenwälder. Kleinflächig ausgeprägt sind Traubenkirschen-Eschenwälder
Charakteristische Pflanzenarten sind Schwarzerle und Esche.
Gefährdung und Schutz
Gefährdungsfaktoren sind wasserbauliche Maßnahmen wie Eindeichung, Verrohrung oder
Kanalisierung und dann folgender Umwandlung in Grünland sowie die Aufforstung mit
Fichten.
Charakteristische Beispiele:
- Friedenstal nordwestlich Alexisbad,
- Unteres Wormketal bei Mandelholz.12
Begleitmaterial
Auf der beigefügten DVD befinden sich folgende Zusatzmaterialien:
AB 6:
Waldarten in Sachsen-Anhalt, pdf und doc
AB 9:
Anleitung zur Durchführung der Feldarbeiten, doc und pdf
AB 10: Exkursionsprotokoll Wald – Organismen, doc und pdf
M 4:
Organismen in ihrer Umwelt, Präsentation als ppt
M 5:
Waldarten in Sachsen-Anhalt, pdf und doc
M 6:
Bäume in unserem Wald, pdf
M 11:
Arten- und Biotopschutzprogramm Harz, pdf
M 13:
Wald in Lehrplan und Rahmenrichtlinie Biologie, doc und pdf
M 17:
Blätter häufiger Baumarten, doc und pdf
M 18:
Blätter häufiger Straucharten, doc und pdf
12
Weiterführende Informationen MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.19.
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Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
2.13 Bergfichtenwälder
Kurzcharakteristik
Naturnahe Bergfichtenwälder findet man im Harz oberhalb
von 700 m. Als Tierarten treten Tannenhäher und Fichtenkreuzschnabel auf.
Charakteristisch ist ein Mosaik unterschiedlich alter Bäume
und Fichtenwaldtypen. So finden sich verschiedene
Entwicklungsphasen
des
Regenerationszyklus.
Dieser
resultiert aus der ökologischen Lebensdauer der Fichte.
Man unterscheidet 5 Stadien, die der Bergfichtenwald in
300 - 350 Jahren durchläuft. Die Phasen 1 bis 3 weisen
Ähnlichkeiten mit Fichtenforsten auf, sind aber jeweils viel
länger.
Bergfichtenwald, Foto: LISA-Archiv
1.
Aufwuchsphase,
2.
Wachstumsphase,
3.
Optimalphase,
4.
Altersphase,
5.
Zerfallsphase.
In der Phase 5 steigt der Anteil umgestürzter toter Bäume an, kleinflächig entstehen so
Verjüngungsflächen. Beteiligt sind hierbei auch Birke und Eberesche. Soziologisch
unterscheidet man:
a) Rotbuchen-Fichtenwälder
Baumschicht: Fichte, Rotbuche, Bergahorn,
Strauchschicht: Hirschholunder, Eberesche,
Krautschicht: Heidelbeere, Harzlabkraut, Wald-Hainsimse, Frauenfarn.
b) Moorfichtenwälder
Baumschicht: Fichte,
Krautschicht: Siebenstern, Scheidiges Wollgras,
Torfmoose.
c) Blockfichtenwälder
Baumschicht: Fichte, Rotbuche, Bergahorn,
Strauchschicht: Karpatenbirke, Eberesche,
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Krautschicht: Heidelbeere, Preiselbeere, Sprossender Bärlapp,
zahlreiche Moosarten und Flechten.
d) Reitgrasfichtenwälder
Baumschicht: Fichte, Rotbuche, Bergahorn,
Strauchschicht: Hirschholunder, Eberesche,
Krautschicht: Wolliges Reitgras, Wald-Hainsimse,
Torfmoose.
Bergfichtenwald, “Kampfzone“, Foto: LISA-Archiv
Gefährdung und Schutz
Gefährdungen sind u. a.:
- Kahlschläge, „saubere Waldwirtschaft“, Fichtenmonokulturen,
- Wildverbiss,
- Waldsterben durch Luftschadstoffe (NOx/Ozon),
- Schädigung von Epiphyten durch SO2,
- Sport und Tourismus.
Daraus
resultierende
Schutzmaßnahmen
müssen
auf
die
Sicherung
ungestörter
ökologischer Prozesse in den Kernzonen des Nationalparks Harz zielen. In autochthonen
Naturwaldzellen sollten jegliche Eingriffe unterbleiben, in der Entwicklungszone sollten die
forstlichen Eingriffe die Entwicklung eines naturnahen Waldbestandes zum Ziel haben. Dazu
gehören Maßnahmen zur Anpassung der Wildbestände ebenso wie Pflanzungen
autochthoner Fichten in Lücken und auf Freiflächen. In tieferen Lagen ist eine
Durchmischung mit Buchen anzustreben.
Charakteristische Beispiele:
- Ost- und Nordhang des Brockens,
- Renneckenberg,
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
- Hohne.13
Begleitmaterial
Auf der beigefügten DVD befinden sich folgende Zusatzmaterialien:
AB 6:
Waldarten in Sachsen-Anhalt, pdf und doc
AB 9:
Anleitung zur Durchführung der Feldarbeiten, doc und pdf
AB 10: Exkursionsprotokoll Wald – Organismen, doc und pdf
M 4:
Organismen in Ihrer Umwelt, Präsentation als ppt
M 5:
Waldarten in Sachsen-Anhalt, pdf und doc
M 6:
Bäume in unserem Wald, pdf
M 11:
Arten- und Biotopschutzprogramm Harz, pdf
M 13:
Wald in Lehrplan und Rahmenrichtlinie Biologie, doc und pdf
M 17:
Blätter häufiger Baumarten, doc und pdf
M 18:
Blätter häufiger Straucharten, doc und pdf
2.14 Karstformen14
Kurzcharakteristik
Während Kalkkarstgebiete meist artenarm und karg sind, ist der Karst im Südharz ein
„grüner Karst“. (bedeckter Karst)
Folgende Lebensgemeinschaften sind repräsentativ:
- Kalkbuchenwälder,
- Schluchtwälder,
- Kalkmagerasen und -felsfluren,
- Streuobstwiesen,
- Karstgewässer.
13
14
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.21
vgl. Beitrag B. Kersten „Die Karstlandschaft des Südharzes“.
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Auf letztere sei an dieser Stelle kurz eingegangen,
die anderen Vegetationseinheiten sind an anderer
Stelle beschrieben. Die oft nur zeitweise Wasser
führenden
Karstgewässer
mit
stark
schwankenden Wasserständen sind Laichhabitate
zahlreicher Lurchen, u. a. aller vier im Gebiet
vorkommenden Molcharten.
Karsthöhlen sind
Lebensraum speziell angepasster Wirbelloser und
besitzen
herausragende
Bedeutung
als
Winterquartiere für Fledermäuse.
Seit 1982 im Harz ausgestorben – Kleine Hufeisennase,
im Südharz künftig wieder zu erwarten, Foto: Ralf Meyer
Charakteristische Pflanzenarten sind Ebensträußiges Gipskraut und Hirschzunge. Molche
und der Laubfrosch sind weitere charakterstische Tierarten.
Gefährdung und Schutz
Die Karstlandschaft ist bedroht durch:
- Ausweitung des Gipsabbaus in Steinbrüchen,
- Grund- und Oberflächenbelastung,
- Ungelenkter Tourismus.
Die Erhaltung der Karstlebensräume lässt sich wirkungsvoll nur durch großflächigen Schutz
erreichen, die Ausweisung als Biosphärenreservat nach Landesrecht im Frühjahr 2009 war
ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Charakteristische Beispiele:
- Auslaugungstal bei Breitungen,
- Periodischer See (Bauerngraben),
- Dinsterbachschwinde.15
2.15 Weitere Lebensräume
Stillgewässer: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.3
Uferhochstaudenfluren: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.6
Feuchtgrünländer: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.7
Schwermetallrasen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.11
15
Weiterführende Informationen: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.23.
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Zwergstrauchheiden: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.12
Trockengebüsche: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.14,
Erlenbruchwälder: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.20,
Felsheide-Kiefernwäldern: MEYER et al. (1997), Kap. 3.3.2.22
3
Die Rotbuche – Charakterbaum des Harzes
Verbreitung
Die Buche ist in ganz Mitteleuropa verbreitet. Unter natürlichen Bedingungen wäre der
größte Teil Deutschlands, so auch der Harz, mit Buchen- oder Buchen-Mischwäldern
bedeckt (vgl. SCHMIDT). Global hat die Rotbuche nur ein sehr kleines Verbreitungsgebiet im
Zentrum Europas.
Ihr Anteil in Deutschland beträgt rund 14 % der Gesamtwaldfläche. Ausgedehnte
Buchenwälder findet man in Deutschland noch in Schleswig-Holstein, Mecklenburg, im
Eichsfeld sowie in den Mittelgebirgen und in den Hanglagen der bayerischen Alpen.
Kennzeichen
Die Buche erreicht eine Höhe von 30 bis 40 Meter. Sie besitzt eine dünne, glatte und
zunächst
silbergraue,
unverborkte
Rinde.
Vereinzelt
vorkommende
Buchen
mit
Borkenbildung nennt man „Steinbuchen“. Die Blätter der Buche sind eiförmig, ganzrandig
und kurz gestielt. Die dreikantigen, braunglänzenden Bucheckern sitzen zu zweit in einem
vierlappigen Fruchtbecher. Alle 5 bis 8 Jahre gibt es besonders viele Bucheckern.
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Standortansprüche
Die Buche bevorzugt luftfeuchte Lagen und gleich bleibende
frische und gut durchwurzelbare, basenreiche Böden auf z. B. Kalk
oder Basalt. Staunässe oder regelmäßig überflutete Standorte
meidet sie ebenso wie sehr trockene Standorte, daher fehlt sie
z. B. in Auwäldern. Sie ist sehr schatten-verträglich.
Holzmerkmale
Frisches Buchenholz hat eine rötlich-weiße Farbe, im gedämpften
Zustand wird es dann rötlich-braun, daher auch der Name
Rotbuche.
Buchenwald, Foto: Ralf Meyer
Buchenholz ist von gleichmäßiger Struktur und mittelschwerem Gewicht, mit feinen Poren
und deutlich sichtbaren Jahresringen. Das Holz ist sehr hart und zäh, aber wenig elastisch
und besitzt eine hohe Abriebfestigkeit. Es ist jedoch sehr anfällig für Pilzbefall.
Holznutzung
Die Buche ist in den letzten Jahren zu der am vielseitigsten gebrauchten heimischen Holzart
geworden. Zu nennen wären die Möbel- und die Parkettherstellung. Schwächeres
Buchenholz wird zu Span- und Faserplatten verarbeitet oder von der Zellstoff- und
Papierindustrie genutzt. Nicht zuletzt ist es begehrtes Brennholz.
Gefahren
Die Gefahr der Massenvermehrung von Schadinsekten tritt bei der Buche kaum auf.
Dagegen sind Spätfroste in der Jugend und bei zu rascher Freistellung starke
Sonneneinstrahlung schädlich.
Steckbrief (aus SCHMIDT):16
(Rot-) Buche
Baumhöhe
Baumalter
Zahl der Blätter
Fläche der Blätter
Schirmfläche einer Altbuche
Verdunstung von Wasser
Entstehung von Sauerstoff
Verbrauch von Kohlendioxid
Lufterneuerung
1000 Bucheckern wiegen
Nach der Eiszeit wieder eingewandert vor
Anteil am deutschen Wald
16
Weitere Informationen www.sdw.de
Fagus sylvatica
30 - 45 m
ca. 250 Jahre
ca. 200 000
1200 m²
100 m²
Bis 400 l pro Tag in der Vegetationszeit
5 kg pro Tag
6 kg pro Tag
20 m³ pro Tag
200 g
4500 Jahren
14 %
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
4
Ein scheuer Harzbewohner – Die Europäische Wildkatze17
4.1
Verbreitung, Schutzstatus, Ökologie
Leise und fast unbemerkt schleichen sie noch durch unsere Wälder: Kleine “Tiger“, wie die
Wildkatzen oft genannt werden. Jedoch sind ihre Schleichwege begrenzt und eine
Wiederbesiedlung von früheren Wildkatzenwäldern ist nahezu unmöglich geworden.
Wildkatze, Foto: Thomas Stephan (BUND-Rettungsnetz Wildkatze)
Die Verkleinerung von Wald-Lebensräumen, die Zerschneidung von Natur und Landschaft
und voranschreitende urbane Entwicklung führen zu beträchtlichen Habitatverlusten für
typische Waldarten.
Dies wird besonders problematisch für großräumig lebende Säugetierarten, wie die
Europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris), die bis vor etwa 250 Jahren in Deutschland
noch weit verbreitet war. Die Trennung von Populationen, die Verminderung der
Populationsgrößen auf kritische Bestandsstärken und mangelnder genetischer Austausch
führen zu einem nachweisbaren lokalen, regionalen und überregionalen Verschwinden von
Arten.
So wurden die Wildkatzen in Deutschland auf ca. 5 % ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes zurückgedrängt und die Vorkommen beschränken sich nahezu ausschließlich auf
die waldreichen Mittelgebirgslagen wie dem Harz.
Wildkatzen sind sehr scheue, dämmerungsaktive Tiere mit einem hohen nationalen und
internationalen Schutzstatus. In der Berner Konvention werden sie im Anhang II als „streng
geschützte Tierart“ geführt und die FFH-Richtlinie der Europäischen Union hat die Wildkatze
17
Die folgenden Ausführungen sind eng angelehnt an GÖTZ in BUND SACHSEN-ANHALT (2008). Eine digitale
Fassung der Broschüre ist auf dem beiliegenden Datenträger enthalten.
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
als streng zu schützende Art von gemeinschaftlichem Interesse in den Anhang IV
aufgenommen. Die Rote Liste der Bundesrepublik Deutschland stuft die Art als stark
gefährdet ein.
Bevorzugter Lebensraum der Wildkatze sind großflächige, strukturreiche und zumindest in
Teilen mit offenen Bereichen (Windwürfe, Lichtungen, Wiesen) durchsetzte Waldgebiete, die
zudem störungsarm und von hohen Totholzanteilen geprägt sind.
Geht die Wildkatze auf die Jagd nach ihrer Hauptnahrungsquelle, den Mäusen, bevorzugt sie
Waldränder, versteckte Wiesen und Lichtungen. Ein hoher Strukturreichtum innerhalb des
Lebensraumes ist zudem für die Aufzucht der Jungen und als Tagesversteck wichtig.
Aufgeräumte, forstwirtschaftlich intensiv genutzte Wälder bieten diese spezifischen
Habitatansprüche nicht. Sie werden von der Wildkatze gemieden. Untersuchungen haben
gezeigt, dass freie Landstreifen von nur wenigen hundert Metern Breite die Wildkatze bereits
daran hindert, in andere Gebiete zu wechseln. So bleiben potentiell geeignete und auch
ursprüngliche Lebensräume wie der Thüringer Wald unbesiedelt, weil es an Verbundachsen
für die Ausbreitung mangelt.
Wildkatzen mit typischer Zeichnung, Fotos: Thomas Stephan (BUND-Rettungsnetz Wildkatze)
Ralf Meyer
4.2
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
Wildkatzen-Steckbrief
Aussehen
Der Körperbau ähnelt dem der Hauskatze. Das ist Fell jedoch immer grau-gelb mit stark verwaschener Fellzeichnung, ähnlich beim Hasen. Nur der Kopf hat deutliche schwarze Zeichnungen, die bei jüngeren Individuen als schwarze „Tigerung“ zu erkennen sind.
Besondere Merkmale
Auffallend ist der buschige Schwanz mit 2 - 3 schwarzen Ringen und einem ebenfalls
schwarzen und stumpfen Ende.
Größe und Gewicht
Sie sind nur wenig größer und schwerer als Hauskatzen. Die Katzen sind dabei mit 3 - 4 kg
deutlich leichter als Kater, die ein Gewicht von bis zu 8 kg erreichen. Besonders im langen
Winterfell wirken Wildkatzen kräftiger als Hauskatzen.
Nahrung
Überwiegend fressen sie Kleinsäuger wie Wald- und Wühlmäuse, selten größere Säugetiere,
wie Hasen. Gelegentlich werden auch Vögel, große Insekten und Eidechsen gejagt.
Nachwuchs
Die Hauptpaarungszeit („Ranz“) liegt zwischen Januar und Februar. Nach 63 - 69 Tagen
Tragzeit werden meist im April 2 - 6 Junge geboren. Geht im Frühjahr ein gesamter Wurf
Jungtiere z. B. durch andere Beutegreifer verloren, erfolgt eine erneute Verpaarung. Spätere
Geburten erfolgen im gesamten Sommerhalbjahr bis in den September. Die Geburt erfolgt in
sicheren Verstecken, wie Reisighaufen und Felshöhlen.18
Begleitmaterial
Auf der beigefügten DVD befinden sich folgende Zusatzmaterialien:
AB 1:
Spurensuche, pdf
AB 2:
Lückentext „Die Wildkatze“, pdf
AB 3:
Sinnesorgane der Katze, pdf
AB 4:
Quiz „Aus dem Leben einer Wildkatze“
AB 5:
Telemetrie, pdf
AB 7:
Quiz zur Wildkatze und zum Naturschutz, pdf
M 2:
Die Wildkatze in Sachsen-Anhalt, Broschüre als pdf
M 3:
Die Wildkatze, Präsentation als ppt
M 9:
Zeitungsartikel Wildkatze zur Recherche, pdf
M 10:
Rettungsnetz für die Wildkatze, Präsentation als ppt
M 12:
BUND-Wildkatzenwegeplan mit Begleittext, doc und pdf
M 19:
Anleitungen für ausgewählte umweltpädagogische Spiele zur Wildkatze, doc und pdf
Audiodateien:
18
Weitere Informationen www.wildkatze-in-sachsen-anhalt.de
Ralf Meyer
Bedeutsame Lebensräume im Landschaftsraum Harz
- Biosphärenreservat_kurz: Jochen Müller, MDR, 18.01.2009, 32 sek.
- Biosphärenreservat_lang: Jochen Müller, MDR, 18.01.2009, 1:44 min.
- Biosphärenreservat_ganzlang: Frank Düsekow, MDR, 18.01.2009, 4:11 min.
- Wernicke: Jochen Müller, MDR, 18.01.2009, 30 sek.
5
Literaturverzeichnis
Götz, M. In: BUND Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Die Wildkatze in Sachsen-Anhalt, Wernigerode 2008.
MEYER,F., Peterson, J., Süßmuth,T. und Uhlemann,S. (1997): Lebensräume und Nutzungen. - In:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Arten- und Biotopschutzprogramm SachsenAnhalt – Landschaftsraum Harz, Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Halle,
Sonderheft 4/1997.
Schmidt, O. In: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald – Bundesverband e.V. (Hrsg.): Die Buche.
Wittmann, F. In: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald – LV Bayern e.V. (Hrsg.): Bäume in unserem
Wald. Buche – Eiche – Fichte – Tanne – Kiefer, 2007.
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