WorkshopEthik

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Zum Antikorruptionsdiskurs in den evangelischen Missionswerken*
Theodor Ahrens
0. Kirchliche Geberorganisationen stellen sich der Korruptionsproblematik
Mittlerweile ist die Antikorruptionskampagne bei den kirchlichen Missions- und
Hilfsagenturen in Deutschland angekommen.1
Handlungsdruck kam von innen und von außen: Druck von außen entstand, seit das BMZ in
den 1990er Jahren „Good Governance“ zu einem Kriterium auch der Förderung von Projekten
kirchlicher Werke durch staatliche Gelder gemacht hatte. Damit gerieten kirchliche Agenturen
als Empfänger finanzieller Zuwendungen des Staates in Zugzwang. Außerdem dürfte ein
lange Zeit beschwiegener, interner Leidensdruck leitender Mitarbeiter der Werke dazu
beigetragen haben, dass Korruption zunächst in werksinternen Diskussionen aufgegriffen
wurde. Das zunehmende Interesse der Öffentlichkeit an der Korruptionsproblematik (Siemens
et al.) und die Berichterstattung säkularer Medien über Unregelmäßigkeiten bei der
Verwendung kirchlicher Entwicklungshilfegelder (Balasko 2008) dürften ebenfalls dazu
beigetragen haben, dass manche Missionswerke und Entwicklungsagenturen das Thema
neuerdings in ihrer Öffentlichkeitsarbeit aufgreifen (EineWelt, der überblick, weltbewegt).
Jedenfalls muten Hauszeitschriften und Seminarveranstaltungen der Werke zum
Schwerpunktthema Korruption ihrer Klientel mittlerweile zu, sich mit dem Umstand
auseinanderzusetzen, dass auch die Kirchen (vornehmlich des Südens?) keine
korruptionsfreien Enklaven sind. Die Hauszeitschrift des NMZ feiert dies als einen
„Tabubruch“ (Heine, weltbewegt Aug./Sept. 2008, 20).
Was ist der Fall? Das Thesenpapier von TI-D – AG für Missionswerke (Korruption in der
Entwicklungszusammenarbeit 2007), auf das ich mich hier beispielsweise beziehe, legt einen
weiten Korruptionsbegriff zugrunde. K. wird sachlich als „Missbrauch anvertrauter Macht zu
eigenem Vorteil“ (TI-D, 29) definiert. Etwas populistischer ist der Ton, der in den
Hauszeitschriften angeschlagen wird. Korruption wird gebrandmarkt als ‚kalkulierter
Diebstahl – auf Kosten der Armen’ (EineWelt, 2) – und als ein gesamtgesellschaftlich
verankertes, dem Entwicklungsprozess abträgliches Beziehungsgeflecht geschildert
(eineWelt, weltbewegt). Nicht nur allgemein in den Ländern, auch in den Kirchen des Südens
scheint Korruption ein Problem zu sein. Werden Konkretionen benannt, beziehen sich diese
meist
auf
Vorkommnisse
außerhalb
des
Gefüges
der
werkseigenen
Partnerschaftsbeziehungen. Cantus firmus: ‚Auch wir haben diesbezügliche Probleme, wir
gehen sie an oder haben sie (Stichwort Bulongwa) schon geregelt, kein Grund für Spender,
uns ihr Vertrauen zu entziehen’.
Kenntnisreich und erfahrungsgesättigt listet der TI-D Text ein breites Spektrum der
Erscheinungsformen des Umgangs mit Projektmitteln auf. Betont wird auch die Verwendung
von Projektmitteln „für pastorale statt für die vereinbarten entwicklungspolitischen Zwecke“
* Für eine differenzierte Diskussion und Dokumentation sowie genauere bibliographische Nachweise der hier
diskutierten Problematik vgl. meinen Text: Wenn Gaben fehlgehen. Korruption als Problem ökumenischer
Beziehungen, in: Th. Ahrens. Vom Charme der Gabe. Theologie Interkulturell, Frankfurt/M. 2008, 41-142.
1
Angestoßen wurde sie – um nur einige Instanzen zu nennen – zunächst vom IWF, der OECD, seit Mitte der
1990er Jahre von Transparency International aufgegriffen und mit zunehmender Öffentlichkeitswirkung
globalisiert. Im Sept. 2005 schließlich bringen die Vereinten Nationen eine Konvention gegen Korruption auf
den Weg ihrer gewiss langwierigen Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten. Vgl. Ivan Krastev, 2009.
2
(TI-D, 9) unter Korruption verbucht. Das ist einer der wenigen Hinweise auf Wertekonflikte
im ökumenischen Korruptionsdiskurs.2
Die Hauszeitschrift des NMZ gibt zwar einen Hinweis darauf, dass auch innerhalb der Werke
die Frage, wie die Werke reagieren sollten, noch diskutiert wird. Sind Kontrollmaßnahmen
von Seiten der Werke zu bevorzugen oder doch ein Vertrauen darauf, dass die überseeischen
Partner selbst das Thema aufgreifen und bearbeiten? (weltbewegt 14-15)
Der von einer Arbeitsgruppe von Transparency International Deutschland (TI-D) für die
Werke erarbeitete policy-Entwurf lässt allerdings keine Zweifel daran, was diese
Arbeitsgruppe für fällig, geboten und notwendig hält: Zunächst einmal Gegenmaßnahmen bei
den Geberorganisationen selbst, nicht zuletzt die Verbesserung der Prüfverfahren der Partner
im Norden; insbesondere werden „strikte Regeln für die Verwendung und Verwaltung der
Projektmittel“ empfohlen; sodann im Zusammenwirken mit Partnern im Süden Maßnahmen,
die eine Verbesserung der Transparenz in den Verfahrensabläufen und Kontrollmechanismen
der finanzierten Projekte bewirken. Insbesondere ist im Süden eine klare Trennung von
pastoraler und Entwicklungsarbeit umzusetzen (TI-D, 15). Grundsätzlich geht es um die
ordnungspolitische Durchstrukturierung gemeinsam verantworteter Projektarbeit und in
Verbindung damit um die Globalisierung normativer Standards für internationale
Ressourcentransfers. Die Konditionalitäten von Good Governance (Standards guter
Regierungsführung), die letztlich von der IMF, der OECD, dem BMW gefordert und
gefördert wurden, werden in das Feld der Partnerschaftsarbeit der Kirchen getragen. Das ist
ein ausschlaggebender, explizit meist nicht genannter Faktor, der die Diskussion in den
kirchlichen Werken steuert. Der Akzent wird von der Entwicklungshilfe auf die
Entwicklungspolitik verlagert.
Als Regelfall wird vorausgesetzt, dass beide Seiten dem gleichen Wertsystem verpflichtet
sind oder jedenfalls sein sollten. Gelegentlich wird dies biblizistisch untermauert (‚Schon das
Alte Testament verurteilt Korruption’). Der von TI-D in Anschlag gebrachte
Korruptionsbegriff – Missbrauch einer (anvertrauten) Machtposition zu privatem Vorteil –
setzt den globalen Geltungsanspruch und die – potentiell – globale Reichweite eines westlichrationalen Bürokratieverständnisses voraus.
Phasenverschobenheiten gesellschaftlicher Entwicklung sowie im Empfängermilieu
eingespielte lokale Verpflichtungsverhältnisse bleiben ebenso außer Betracht wie
Machtungleichgewichte zwischen den Akteuren, die in Vertretung der tatsächlichen Geber
und der gemeinten Empfänger Konditionen der Ressourcentransfers aushandeln. „Korruption
ist nicht kulturell bedingt“, urteilt G. Cremer (EPDT 2002, 2).3 Ist das so? R.E. Thiel, der
einen Wertekonsens zwar nicht schlichtweg als gegeben voraussetzt, aber doch einfordert,
räumt ein, dass Korruption „in der Regel“ da entsteht, wo zwei Wertsysteme mit
unterschiedlichem gesellschaftlichen Hintergrund sich überschneiden“ (vgl. Thiel in:
weltbewegt Juni/Juli 2008, 4).
Wenn also Korruption nicht auf individuelles Fehlverhalten reduziert werden kann, sondern
durch gesamtgesellschaftlich verankerte Rahmenbedingungen mitbestimmt ist, dann lässt sie
sich nicht bekämpfen, ohne die Kultur der Anderen verändern zu wollen und verändern zu
können. Dazu unten mehr.
Dies spiegelt die Auffassung der „neuen Antikorruptionswissenschaft“ derzufolge „Korruption nichts mit
Kultur zu tun“ hat. Ivan Krastev, 154.
3
3
Meine These vorweg: Die Korruptionsdebatte in den evangelischen Missionswerken wird von
einer ordnungspolitischen Perspektive dominiert, die innerhalb der Werke strittige, erst noch
zu klärende Fragen überlagert, insbesondere den Stellenwert kontextueller Gegebenheiten
vernachlässigt und die Frage, was es mit dem Geben christlich gesehen auf sich hat, stilllegt –
und damit letztlich die eigenen Ziele in Frage stellt.
Das Folgende hat vier Schwerpunkte: Zunächst: Was wäre werksintern zu klären? Sodann:
Wie ist der Faktor Kultur/Kontext zu veranschlagen? Drittens: Wer sollte mit wem wo
sprechen? Schließlich einige Überlegungen zur Praxis einer Kirche, die sich als Anwältin
einer Kultur des Gebens versteht.
I. Was wäre werksintern zu klären?
Im Folgenden rekapituliere ich ausgewählte Ergebnisse einer Befragung von 41 leitenden
Mitarbeitenden der Missionswerke. Ausgangspunkt meiner weiteren Überlegungen sind also
Daten, die Auskunft zu der Frage geben, wie Entscheidungsträger der Werke selbst die
Korruptionsproblematik in ihren partnerschaftlichen Beziehungen einschätzen.
Bei der Erstellung des Fragebogens leiteten mich folgende Interessen: Wie wird Korruption
definiert und wie gewichtet? In welchen Zusammenhang wird Korruption gestellt? Wie
schätzen Entscheidungsträger der Werke Ursachen und Folgen von Korruption ein? Welchen
Stellenwert hat in ihrer Sicht der Faktor ‚Kontext’? Wie dringlich und wie aussichtsreich ist
es, Korruption ‚zu bekämpfen’? Bei wem liegen ggf. die Zuständigkeiten? Schließlich wurde
nach dem Gegebenen selbst gefragt. Wird der Rechtscharakter oder der Gabecharakter des
Gegebenen betont?
Wie wird Korruption definiert?
Die Befragten gehen grosso modo mit der von TI-D vorgeschlagenen Definition konform.
Korruption wird überwiegend (61 %) als persönliche Vorteilsnahme, Selbstbegünstigung oder
Begünstigung Dritter aus öffentlichen Mitteln verstanden. Ein etwas allgemeiner gefasster
Begriff von Korruption im Sinne einer Zweckentfremdung von Projektgeldern und Spenden
wird zunächst weniger stark betont (26,8 %), im Zusammenhang einer späteren Nachfrage
aber deutlich nach vorn geschoben. Korruption zeigt sich vor allem als Verwendung von
Projektmitteln außerhalb des verabredeten Rahmens (51,2 %).
4
Definitionen: "Korruption ist...
…persönliche
Vorteilsnahme/
Begünstigung
Dritter 61%
...Kauf von
Entscheidungen
von
Amtspersonen"
4,9%
…Geld
verschwindet"
2,4%
…Zweckentfremdung von
Projektgeldern
und Spenden"
26,8%
So oder so – Korruption ist bei den Partnern der Werke anscheinend endemisch. Auf die
Frage nach der Verbreitung von Korruption geben 95,1 % der Befragten die Auskunft, dass
Korruption in ihrem Verantwortungsbereich ein Problem ist.
Korruption ein Problem im Feld ökumenischmissionarischer Beziehungen?
"Ja"
95,1%
"Nein"
4,9%
Dessen Stellenwert wird allerdings unterschiedlich gewichtet. Während immerhin 41,5 % der
Befragten Korruption als ein gravierendes Problem bezeichnen, sieht eine knappe Mehrheit
aller Befragten (53,7 %) Korruption als eine zwar immer wiederkehrende Störung, insgesamt
aber als ein nachgeordnetes Problem innerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs.
5
Stellenwerteinschätzung: "Korruption ist...
…kein Problem in
meinem
Arbeitsbereich."
2,4%
…eine
wiederkehrende
Störung, aber ein
nachgeordnetes
Problem."
53,7%
…Sache der
ökumenischen
Partner."
2,4%
...ein gravierendes
Problem."
41,5%
Korruption in kirchlichen Milieus wird nicht isoliert betrachtet. Mehr als drei Viertel der
Befragten unterstützen die Sicht, Korruption sei bei den ökumenischen Partnern
gesamtgesellschaftlich verankert und (daher) auch im kirchlichen Milieu durchgängig präsent
(78,0 %).
Wie kommt das? Die Ursachen werden im Mangel an effektiven Kontrollen (78,0 %) gesehen.
Auch mangelndes Rechts- bzw. Unrechtsbewusstsein (29,3 %) und Habgier, also
Charakterschwächen werden als Ursachen in Anschlag gebracht (19,5 %).
Noch stärker allerdings als Defizite in den Kontrollmechanismen wird die Besonderheit der
Situation und deren kulturelle Prägung als verursachende Faktoren der Korruption gewichtet.
Zwei Gesichtspunkte werden besonders hervorgehoben: Fast 70 % der Befragten machen sich
die Option zu eigen, der zufolge die Durchsetzung von Rechtsnormen mit dem Führungsstil
kollidiert, den die Kultur vor Ort leitenden Verantwortlichen zubillige. (70,7 %) Sodann:
Soziale Regeln im Nahbereich sind nicht kongruent mit Vorgaben staatlicher Gesetzgebung
und Vereinbarungen im Feld der Partnerschaftsbeziehungen (58,5 %). Die beiden
Deutungsmöglichkeiten überlappen sich und verstärken sich gegenseitig. Der Faktor
Kontext/Kultur wird bei der Ursachenfrage also stark nach vorn geschoben. Hingegen wird
Armut im Empfängermilieu als ein zwar wichtiger, vergleichsweise aber nachgeordneter
Faktor eingestuft (48,8 %). Dass Machtungleichgewichte in den internationalen
Projektbeziehungen ein Faktor bei der Entstehung von Korruption sein könnten, wird
zunächst nur von einer Minderheit (19,5 %) bejaht, in anderem Fragezusammenhang, wie
gleich zu zeigen sein wird, aber stark gewichtet.
6
Welche Ursachen sehen
Sie für Korruption?
(Antworten in absoluten Zahlen)
Mangel an effektiven Kontrollen
Führungsstil in der Kultur
35
Soziale Regeln im Nahbereich
kollidieren mit Gesetzgebung
30
25
Armut im Empfängermilieau
20
Mangelndes Rechts- bzw.
Unrechtsbewußtsein
15
10
Schwacher Charakter, Habsucht,
Gier
5
Machtungleichgewichte in den
Projektbeziehungen
0
Korruption im Milieu der Partnerkirchen wird nämlich keineswegs als ein Problem nur der
anderen gesehen, sondern durchaus als ein Beziehungsproblem in den ökumenischen
Vernetzungen verstanden. Etwa zwei Drittel der Befragten (68,3 %) sehen die Partner auf
deutscher Seite als mitverantwortlich dafür an, dass Korruption in den Partnerbeziehungen zu
einem Problem geworden ist und zwar, weil die Entscheidungsträger auf beiden Seiten ein
Beziehungsproblem auf Kosten der eigentlich gemeinten Empfänger und der eigentlichen
Geber nicht transparent machen (43,9 %) bzw. die Partner auf deutscher Seite sich scheuen
das Problem anzusprechen und eine konsequente Politik zu entwickeln (24,4 %).
Nur 12,2 % aller Respondenten meinen, Korruption werde zu einem Beziehungsproblem, weil
die Partner in Übersee Gelder und Gaben gerne auflagenfrei verwenden. Das ist insofern
erstaunlich, als zuvor (Frage 6) eine knappe Mehrheit der Befragten (51,2 %) für die
Auffassung votiert hatte, Korruption zeige sich vor allem in der Verwendung von
Projektmitteln außerhalb des verabredeten Rahmens.
Korruption wird zu einem Problem, weil...
… Partner
Gaben gern
auflagenfrei
verwenden;
12,2%
…
Entscheidungsträger beider
Seiten ein
Beziehungsproblem nicht
transparent
machen; 43,9%
… deutsche
Stellen die
Partner
ungenügend
verstehen;
12,2%
… Partner in
Deutschland sich
scheuen, das
Problem
anzugehen;
24,40%
7
Haben also die Werke das Thema mit Partnern in Round-Table-Sitzungen angesprochen (Nr.
9)? Die Frage wird zunächst von nahezu drei Viertel aller Befragten (73 %) bejaht. Vor allem
auf Leitungsebene wäre dies der Fall gewesen, deutlich seltener hingegen (46 %) auf der
Ebene von Gemeinde- und Kirchenkreispartnerschaften. Hinter diesen Angaben verbirgt sich
eine Unstimmigkeit. Denn im Zusammenhang einer später offen gestellten Frage (Nr. 12),
welche konkreten Schritte von den Werken eingeleitet wurden, um der Korruption
entgegenzuwirken, erwähnen nur 14,6 % (!) der Respondenten, dass das Problem auf
internationalen Round-Tables zur Sprache gebracht wurde.4
Wie ist diese Inkonsistenz zu erklären? Ein erster Hinweis findet sich den in Antworten auf
die Fragen, wo vor allem sich Folgen der Korruption zeigen (Nr. 8) und welche Risiken zu
berücksichtigen sind, wenn die Werke sich engagieren, um Korruption zu bekämpfen (17).
Das Augenmerk liegt vorrangig auf möglichen Störungen ökumenischer Beziehungen. Eine
besonders schwerwiegende Folge der Korruption wird im gegenseitigen Vertrauensverlust
der ökumenischen Partner gesehen (61 %); diese Möglichkeit wird höher gewichtet als die
Benachteiligung bestimmter Empfängergruppen (56 %) bzw. die Schädigung der
vorgesehenen Projekte selbst (46,3 %).
Ein zweiter Hinweis: In den Antworten auf die Frage, welche Risiken (Nr. 17) zu
berücksichtigen sind, falls die deutschen und/oder ihre überseeischen Partner die
Korruptionsproblematik offensiv angehen, dominiert die Sorge über ein mögliches
Vermittlungsproblem, zunächst hinsichtlich der Beziehungen zwischen den Werken und deren
Partnern (schwere Beschädigung ökumenischer Beziehungen 54 %), sodann – mit noch
höherem Gewicht versehen – im Blick auf die umworbenen Spender (Befürchtung eines
Vertrauensverlustes bei den Spendern 78 %).
Risiken beim Bekämpfen/zurückdrängen von
Korruption?
Spender/innen
könnten Vertrauen
verlieren
78%
Ökumenische
Beziehungen
könnten gefährdet
werden
54%
Informanten
könnten gefährdet
werden; 27%
Eigentlich gibt es
kein Risiko
7,8%
Immerhin etwa drei Viertel aller Befragten (73,2 %) bejahen die Frage, ob in ihrem Hause
konkrete Schritte zur Eindämmung von Korruption eingeleitet wurden. Fast ein Viertel (24,4
%) der Befragten verneint dies – obgleich zuvor 95,1 % der Respondenten Korruption als ein
ubiquitäres Problem bei ihren Partnern bezeichnet hatten.
Auf die – offen gestellte – Nachfrage, um welche Schritte es sich dabei handelte, geben viele die sehr
allgemeine Auskunft, in den bilateralen Beziehungen wäre auf Transparenz hingewirkt worden (41,5 %). Etwas
konkreter ist der Hinweis, das Thema wäre auf internationalen ökumenischen Round-Tables (14,6 %) oder bei
Gelegenheit persönlicher Besuche der Vertreter der Werke bei den Partnern (12,2 %) zur Sprache gekommen (=
26,8 %). Das Thema Korruption ist in den Foren ökumenischer Zusammenarbeit ein nachrangiger
Tagesordnungspunkt.
4
8
Wird nach den von den Werken tatsächlich eingeleiteten Schritten gefragt, dann fallen
Maßnahmen, die auf eine Verrechtlichung der Beziehungen hinauslaufen, insgesamt 68,4 %,
deutlich stärker ins Gewicht als bilaterale Gespräche. Im Einzelnen berichten 36,6 % der
Respondenten, es wären Zielvereinbarungen getroffen oder Antikorruptionscodices erstellt worden. In die
Verrechtlichung der Beziehungen sind auch die Anstellung von Ombudspersonen (9,8 %) und Sanktionen bis hin
zur Androhung der Beendigung von Beziehungen (22,0 %) einzubeziehen.
Allerdings werden die von den Werken bislang tatsächlich eingeleiteten Maßnahmen von der
persönlichen Einstellung der Respondenten keineswegs durchgängig gedeckt. Persönlich
bevorzugen die Befragten Schritte, die auf einen Dialog der Partner setzen. Die größte
Zustimmung (65,9 %) fand der Vorschlag, die ökumenischen Partner sollten den
gemeinsamen Nutzen bestimmen und betonen, der zu gewinnen sein dürfte, wenn Korruption
zurückgedrängt wird. Im Dialog mit den ökumenischen Partnern gilt es, Konfliktbereitschaft
und Konfliktfähigkeit gegenüber Partnern voranzubringen (88 %). Es liegt im Gefälle dieser
Prioritätensetzung, dass die ökumenischen Round-Tables zu Foren strittiger Autorität werden.
Zusammenfassend lässt sich feststellen: Die Fragen nach Handlungsbedarfen fördern zwei
Tendenzen zutage. Persönlich favorisieren die Befragten, auf Möglichkeiten des Dialogs in
den ökumenischen Netzwerken zu setzen, damit konkurriert ein deutliches werkspolitisches
Interesse, Korruption durch Verrechtlichung der Partnerbeziehungen und der
Rahmenbedingungen für gemeinsame Projektarbeit entgegenzuwirken. Die Sorge um ein
mögliches Vermittlungsproblem in der kirchlichen und allgemeinen Öffentlichkeit läuft
immer mit.
Wer ist zuständig und was für Erwartungen werden an die ökumenischen Partner gerichtet
(Nr. 16, 22)?
Die Option, zuständig ist zunächst einmal jede Seite ausschließlich in ihrem Bereich, wurde
mit deutlicher Mehrheit befürwortet (65,9 %). Hier ergeben sich Gegenläufigkeiten:
Initiativen zur Eindämmung von Korruption gehen in erheblichem Unfang von den Werken in
Deutschland aus und werden in ihrer konkreten Gestaltung von ihnen mit bestimmt.
Zuständig für das Zurückdrängen von Korruption sind...
…jeweils die
Partner,
ausschließlich in
ihrem Bereich
65,9%
…vorrangig die
Partner in Übersee
20%
Keine Angabe
14,6%
Die Werke in Deutschland wissen sich insbesondere zuständig für Verwendungsnachweise im
Kontext ökumenischer Ressourcentransfers. Ausnahmslos alle Befragten (100 %)
favorisierten eine Sicht, der zufolge die Verwendung von zweckbestimmten Spenden ein
9
Rechtsgut ist, das gesetzlich geschützt ist und daher den Missionswerken eine
Mitverantwortung für Nachweise zweckentsprechender Verwendung der Mittel auferlegt.
Keine Unterstützung fand der Alternativvorschlag, der den Gesichtspunkt der Gabe einführte
und die Überlegung anheim stellte, dass eine Gabe Geber und Empfänger außerhalb der
Zusammenhänge von Tausch und gegenseitiger Verpflichtung stelle, weshalb der Nachweis
einer ordnungsgemäßen Verwendung von Spenden den Empfängern freigestellt sei.
Fazit: Faktisch wird eine Verrechtlichung der Zusammenarbeit favorisiert. Die Frage nach der
spirituellen Dimension des Gebens und Empfangens und der Autonomie der Partner wird
stillgelegt.
Dementsprechend geringe Erwartungen fördert die Frage zutage, was die überseeischen
Partner ihrerseits beitragen könnten oder sollten, um Korruption zu bekämpfen. Zwar wird
allgemein von den Partnern erwartet, dass sie Korruption als ein Problem erkennen,
anerkennen und sich an der ökumenischen Diskussion beteiligen (61 %). Doch schon deutlich
schwächer (22 %) ist die Erwartung ausgeprägt, die überseeischen Partner sollten
Projektmittel in ihren Haushalten ausweisen und öffentlich machen. Der Vorschlag
schließlich, die Partner selbst sollten für eine Verstärkung der Kontrollmechanismen sorgen,
wird gar nur von 12,2 % der Respondenten gestützt. Gänzlich nur 7,3 % der Befragten
erwarten, ein Beitrag der überseeischen Partner könnte sich zunächst darin konkretisieren,
dass sie Projektmittel zweckentsprechend verwenden – erstaunlich im Lichte des Umstands,
dass ca. 54 % der Respondenten in der Verwendung von Geldern außerhalb des verabredeten
Projektes den Tatbestand der Korruption erfüllt sehen!
Wenn 65,9 % der Respondenten als ihre persönliche Präferenz den Vorschlag favorisieren, es
solle mit den Partnern der gemeinsame Nutzen bestimmt werden, der zu gewinnen sein dürfte,
wenn Korruption zurückgedrängt wird, dann zeichnet sich ein Beziehungsproblem ab: Über
Korruption sollten die Partner miteinander reden können; tatsächlich reden die Partner über
Korruption viel weniger miteinander als behauptet. Das hat seinen Grund offenbar darin, dass
die Erwartungen an die Partner, ihrerseits wirksam zur Eindämmung von Korruption
beizutragen, tatsächlich gering sind. Dazu kommt, dass eine Thematisierung administrativen
Fehlverhaltens bei den Partnern spezielle kommunikative Herausforderungen nach sich zieht.
Dementsprechend kontrovers wird die Aussicht, Korruption bei den Partnern eindämmen zu
wollen oder eindämmen zu können, beurteilt. Gut die Hälfte der Befragten (53,7 %) hält die
Bekämpfung/das Zurückdrängen von Korruption für vordringlich und aussichtsreich, etwas
weniger als die Hälfte (43,9 %) für vordringlich, aber wenig aussichtsreich, eine
Minoritätenposition (2,4 %) für nicht vordringlich.
10
Wie aussichtsreich ist es, Korruption eindämmen zu
wollen?
Vordringlich, aber
wenig
aussichtsreich;
43,9%
Nicht
vordringlich;
2,4%
Vordringlich und
aussichtsreich;
53,7%
Die skeptische Einschätzung wurde mit der Vermutung gestützt, dass die Bekämpfung von
Korruption wenig aussichtsreich sein dürfte, weil in unterschiedlichen Situationen
unterschiedliche Gewohnheiten und Wertvorstellungen zur Praxis des Gebens und Nehmens
(51,2 %) vorherrschen.
Noch einmal schiebt sich der Gesichtspunkt in den Vordergrund, dass die Besonderheit der
Situation im Antikorruptionsdiskurs als ein Thema von eigenem Gewicht zu beachten ist.5 Es
gilt also, genauer hinzusehen in das Teilgeschehen der Situation.
Sodann, und das ist eine zweite, näher zu beleuchtende Frage, wie wäre zu verfahren, um den
gemeinsamen Nutzen zu bestimmen, der zu gewinnen wäre, wenn Korruption eingedämmt
werden soll. Fast die Hälfte der Befragten (48,8 %) begründet die Vermutung, dass die
Bekämpfung von Korruption wenig aussichtsreich ist, mit der Vermutung, dass die die
ökumenischen Partner keine gemeinsamen Verfahren finden, um Ergebnisse getroffener
Vereinbarungen miteinander zu bewerten und umzusetzen.
II. Kultur/Kontext/Situationelle Gegebenheiten – Stimmt es, dass der Faktor
„Kultur/Kontext“ zu vernachlässigen ist?
In der Antikorruptionsdebatte läuft die Vorstellung mit, dass das offizielle Normensystem des
westlich-rationalen Bürokratieverständnisses definiert, was als korruptes Handeln zu gelten
hat, und dass diese normativen Bestimmungen von allen Beteiligten grundsätzlich sollten
bejaht werden können. Definitionsfragen und damit Bewertungen scheinen – ungeachtet des
breiten Spektrums der Phänomene, die unter der Rubrik ‚Korruption’ verbucht werden –
unstrittig zu sein. Georg Cremers Urteil, Korruption wäre nicht kulturell bedingt, wurde schon
zitiert.
Tatsächlich kann interkulturell durchaus strittig sein, welche Handlungen als korrupt zu beund verurteilen sind. Was in Deutschland als korrupt gilt, mag in China, Indien oder Ozeanien
5
Zuvor schon hatte über die Hälfte der Befragten (58,5 %) die Auffassung gestützt, dass soziale Regeln im
Nahbereich nicht leicht vereinbar mit den rechtlichen Rahmungen einer gegebenen Situation sind, und gar 70,7
% der Befragten hatten die Sicht vertreten, dass Versuche, Rechtsnormen durchzusetzen, mit dem vor Ort
gebilligten kulturellen Führungsstil kollidieren.
11
nicht als verwerflich gelten (vgl. z.B. Kanekane, 23-26). Nicht der Gesichtspunkt einer
Normverletzung oder Normüberschreitung ist ausschlaggebend, sondern die Verletzung der
Routine bestimmter Tätigkeiten innerhalb eines Milieus.
Das Wort Korruption deckt ein breites Spektrum von Phänomenen ab. Dies reicht von kleinen
Gefälligkeiten der Amtträger über die Käuflichkeit administrativer Entscheidungen etwa bei
der Vergabe von Zeugnissen oder Positionen, den Missbrauch öffentlicher Gelder für private
Zwecke oder gar den Missbrauch der Möglichkeiten eines öffentlichen Amtes für kriminelle
Aktivitäten bis zur Bestechlichkeit der Wähler bzw. der realen Geber und der gemeinten
Empfänger selbst – also der eigentlichen Herren des Verfahrens. Diese spielen mit, weil und
solange sie sich einen Nutzen versprechen. In der Breite der einbezogenen Phänomene liegt
ein nicht unwesentlicher Risikofaktor globaler Antikorruptionspolitik. Vielleicht lässt sich
ganz allgemein festhalten, dass Korruption „der illegitime Nexus von Geld und Politik“ ist.
Allerdings verändert sich das, was als illegitim empfunden wird, im Lauf der Geschichte und
kann sich „von einem politischen System zum anderen erheblich unterscheiden“ (Moroff,
472).
Was den Antikorruptionsdiskurs in den kirchlichen Werken angeht wäre zu ergänzen: Die
Verwendung von Geldern außerhalb eines verabredeten Rahmens wird von vielen leitenden
Mitarbeitenden unter Korruption verbucht (51,2 % der Befragten – siehe oben). TD-I nennt in
diesem Zusammenhang betont die Verwendung von Mitteln für pastorale statt für
entwicklungspolitische Zwecke (TI-D, 9). Diese Rubrizierung wäre m.E. zu problematisieren.
Wenn es um eine phänomenologisch breite Erfassung von Handlungen geht, die als korrupt
beurteilt werden, sollte ausdrücklich die Gefährdung ökumenischer Round-TableVerhandlungen selbst ins Bewusstsein gehoben werden. Zwischen den Treuhändern beider
Seiten eingespielte Sprachspiele und Vertrauensverhältnisse können leicht ein Gefälle
erzeugen, das in anstehende Entscheidungen über Mittelvergaben einfließt.
So begreiflich und berechtigt das Leitinteresse der Werke an beidseitig getragenen Wert- und
Ordnungsvorstellungen ist, so leicht verführt es zu einer Blickverengung. Zugleich mit der
Frage nach Wert- und Ordnungsvorstellungen, die auf der Ebene globaler Vernetzungen
einleuchten, ist das Beziehungsgeflecht zu berücksichtigen, in das Menschen in ihrem
Lebensprozess verwoben sind. Ich werbe für eine Erweiterung der Wahrnehmung und der
Einstellungen, die die Eingebundenheit der Handelnden vor Ort in Netze wechselseitiger
Verpflichtungen ebenso anerkennen wie den Stellenwert soziokultureller Milieus für das
Zustandekommen von handlungsleitenden Werten.
In der sozialen Praxis verbinden sich individuelle Aktivitäten und überindividuelle Strukturen
(Zintl, 184). Soziales Handeln vollzieht sich „in erster Linie vor dem Hintergrund von Kultur“
(Kumoll 14, vgl. 19ff.; vgl. Geertz, 202ff.) Kultur liefert so etwas wie einen „Vorrat an
Bedeutungszuschreibungsmöglichkeiten“, und zwar „für alle gleich“ (Kumoll, 31).
Entscheidend ist der Gesichtspunkt, dass Bedeutungsstrukturen der sozialen Praxis
„vorgelagert“ sind und jedenfalls teilweise eine Erklärung dafür liefern, was Menschen tun
(Kumoll, 27). So gesehen treten die Akteure als Träger kultureller Dispositionen auf, die das
Handeln der Einzelnen und die Erwartungen, die an sie gerichtet werden, zwar nicht
festlegen, aber doch beeinflussen. Entsprechend werden die Trennungslinien zwischen
amtskonformem und amtswidrigem Verhalten unscharf. Die an einen Amtsträger bzw.
Treuhänder herangetragenen Erwartungen beanspruchen diesen nicht nur in einem Ausschnitt
seiner Lebensführung, nicht nur in einer bestimmten Rolle/Funktion (wie das theoretisch
jedenfalls in unserer Gesellschaft der Fall ist), sondern als Akteur in einer geteilten Situation,
in der alle Mitspieler, als ob dies selbstverständlich wäre, auf gemeinsam vorgegebene
12
Sinnreservoirs sollten zurückgreifen können. Patronage und Nepotismus könnten – so
betrachtet – als alternative Verfahren des Tausches gesehen werden (Johnston, 65). David
Kombako spricht in diesem Zusammenhang von „another form of social exchange and
reciprocity“ (Kombako, 29). Der Blick in unterschiedliche Kontexte nötigt zur Vorsicht, was
die moralische Beurteilung von Korruption angeht. Bei der Bestimmung dessen, was als
Korruption zu gelten hat, haben wir es mit vielschichtigen Vorgängen zu tun, in die
individuelle
Charakterdispositionen,
milieuspezifische
Prägungen
und
gesamtgesellschaftliche Rahmenvorgaben hineinspielen.
In einem von außen kaum überschaubaren Feld klanischer, familiärer und persönlicher
Verpflichtungsverhältnisse und Rivalitäten werden im Fluss der Transaktionen Loyalitäten
ständig neu aushandelt, um bisherige Aktionsräume zu behaupten oder neue zu erschließen.
Die Geldwirtschaft eröffnet jenseits der traditionellen Tauschwirtschaft neue Räume
(Konsum/Politik/Religion) sozialer und politischer Aktion. In den sozialen und kulturellen
Umbrüchen einer immer komplexer werdenden Gesellschaft versuchen die Akteure, ihre
Position mit traditionellen Mitteln sozialen Handelns zu sichern (Urbien, 41). Die
übergreifenden institutionellen Zusammenhänge werden von der Basis her und ihrer
Alltagsmoralität re-kolonisiert. Korruption ist nicht zuerst als ein Produkt gesellschaftlichen
Verfalls, sondern als Ergebnis gesellschaftlicher Differenzierung zu verstehen (Morlok 137;
Ayius 2). In der Routine sozialen Handelns äußert sich eine Abständigkeit zu den rechtlichen
Vorgaben des Staates und den Regeln, die dessen Institutionen steuern – sollten! (Kombako,
33ff.) Die Bedeutung partikularer Loyalitäten ist oft wichtiger als das Interesse am
gesamtgesellschaftlichen Wohl. Selbstverständlich ist Korruption ein Teil der Kultur – jeder
Kultur (vgl. pars pro toto: May, 68; Siacor, 33; Urbien, 39).
Gleichzeitig sind gegenläufige Bewegungen im Gange. Neue Kommunikationsmöglichkeiten
verknüpfen die Rivalitäten lokaler Gruppen mit großen Räumen und global handelnden
Institutionen. In das Teilgeschehen der Situation wirken Kräfte von außen hinein – die
einschlägige staatliche Gesetzgebung, Aktivitäten internationaler Konzerne und globale
Finanzbewegungen. Zu den verknüpfenden Faktoren gehören auch die globalen Akteure der
Kirchen, die kirchlichen Werke mit ihren Regeln, Normen und Vorstellungen properen
Umgangs mit Geld. Die Zuwendung von Geld, Entwicklungshilfe, wird abhängig gemacht
von der Einhaltung politischer Vorgaben, die sich an rechtsstaatlichen Grundsätzen
orientieren.
Korruption bleibt einerseits bezogen auf die in einem Milieu de facto anerkannten Regeln
sozialen Verhaltens, andererseits auf das normative Rechtssystem des Staates. Wenn für ein
angemessenes Verständnis von Korruption die Annahme eines begrenzten gesellschaftlichen
Handlungsfeldes und dessen staatliche Rahmenbedingungen sind, dann sollte das
Korruptionsthema nicht schlichtweg auf die Ebene persönlichen Fehlverhaltens und
Versagens verlagert werden (Morlok, 147). Der Begriff der Korruption ist normativ doppelt
besetzt. Konkurrierende Sinnhorizonte beanspruchen das soziale Handeln. Es gibt ein
Sozialkapital, das korruptes Handeln fördert und fordert. Aus der Sicht des staatlich
geordneten Rechts hingegen kann Korruption nicht als positiv gelten. Einerseits bleibt das
Handeln der Verantwortlichen bei den Partnern bezogen auf milieuspezifische Vorstellungen
von Ordnung und Unordnung, Loyalität und Fehlverhalten. Andererseits schieben die globale
Dynamik und eine verdichtete Vernetzung der Kirchen mittlerweile rechtlich gefasste
Vorstellungen von Gemeinwohl in die Situation.
Die von den Werken für richtig gehaltenen Veränderungen auch der Wertmaßstäbe werden
sich nur in dem Maße einstellen, in dem das betroffene Land sich ändert (vgl. Geertz, 48ff.).
13
Nationalstaaten kommen und vergehen. Länder bleiben, Milieus verändern sich nur langsam,
lokal etablierte Politikstile sind einigermaßen resistent gegen von außen kommende
Veränderungsversuche, milieuspezifische Mentalitäten ziemlich stabil.
Nehmen wir an, die Partner hätten verabredet, der Korruption wirksam entgegenzutreten,
dann bleiben – möglicherweise – unterschiedliche Politikstile zu berücksichtigen. François
Jullien hat z.B. für China gezeigt, dass (politisches) Handeln nicht zuerst an zu
verwirklichenden Zielen gemessen wird, sondern an dem Potential, das in einer Situation liegt
und an den Gelegenheiten, die Verschiebungen in der Situation eröffnen könnten, um diesen
Zielen näher zu kommen (Jullien, 17ff.). Das Handeln richtet sich nicht an einem zuvor
verabredeten und rechtlich gesicherten Plan aus, sondern ist der flexible Respons auf
Tendenzen, die sich im Geschiebe einer Situation abzeichnen. Es wird also geachtet auf die
Kräfte, die eine Situation bestimmen und die Kräfteverschiebungen, die geeignet sind, eigene,
erklärte – und unerklärte – Absichten zu stützen. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren lässt
sich die Situation nach und nach in die gewünschte Richtung entwickeln. Julliens
Beobachtungen lassen sich m.E. für das Verständnis anderer Kontexte fruchtbar machen.
Daher mein Plädoyer für eine flexibel zu handhabende Ordnungspolitik. Es gilt, die den
eigenen Zielen günstigen Faktoren geduldig zu nutzen. Auch Normen unterliegen der
Veränderung. „Da eine Norm ständig im Kontext der sozialen Verhältnisse und der
gesellschaftlich-politischen Anschauungen steht, auf die sie wirken soll, kann und muss sich
ihr Inhalt unter Umständen mit diesen wandeln“ (Hirsch, Rechtsstaat-Richterstaat, 8).
Wenn Korruption in erheblichem Umfang durch kulturelle Faktoren und lokalspezifische
Politikstile beeinflusst ist, dann lässt sie sich nicht ‚bekämpfen’, ohne die andere Kultur und
Gesellschaft verändern zu wollen und zu können. Individuen und einzelne institutionelle
Akteure werden dazu nicht imstande sein (Kyora, 375ff.). Es bedarf einer
gesamtgesellschaftlich zum Tragen kommenden Innovation. Darauf zielt, wenn ich recht
verstehe, auch die Arbeit von Transparency International. Neue Konsense müssen erarbeitet
werden und sich allmählich einspielen.
Zivilgesellschaftliche Formationen, die dazu beitragen könnten, sind in vielen Ländern des
Südens erst im Aufbau, dazu instabil und überdies häufig aus dem Ausland finanziert. Im
Übrigen werden die kirchlichen Werke in Deutschland im Blick behalten wollen, dass
werksintern nahezu die Hälfte der leitenden Mitarbeiter die Bekämpfung von Korruption zwar
für vordringlich, aber gleichzeitig für wenig aussichtsreich hält (43,9 %, s.o.), und zwar
ausschlaggebend, weil in unterschiedlichen Situationen unterschiedliche Gewohnheiten und
Wertvorstellungen zur Praxis des Gebens und Nehmens bestehen.
Hinter der Strategie von TI-D steht der Bürger, der sich sozial und politisch engagiert und in
Verteilungsfragen souverän handelt. Auf der anderen Seite der Mensch, der rational auf den
eigenen Nutzen sieht, Verteilungsfragen im Gefüge kontextueller Verpflichtungsverhältnisse
und vor dem Hintergrund kultureller Sinnvorgaben so bearbeitet, dass bisherige Räume
politischen Handelns verteidigt und, wenn möglich, neue erschlossen werden. M.a.W., auf
beiden Seiten bestehen unterschiedliche Vorstellungen von Ganzheitlichkeit (vgl. Walzer
1996, 55). Vor diesem Hintergrund ist der Wunsch der Partner zu würdigen, mit finanziellen
Zuwendungen auflagenfrei umgehen und die Unterscheidung von pastoralem und
entwicklungspolitischem Handeln eigenen Vorstellungen von Ganzheitlichkeit entsprechend
treffen zu können. Geldzuwendungen sollten – aus dieser Perspektive betrachtet – Freiräume
für selbstbestimmtes Handeln eröffnen.
14
Kirchen in diesen Ländern äußern sich eher selten zur Korruptionsproblematik. Wie anders
können und sollen Kirchen sein als ihr Umfeld? Welches Maß an Kontextdistanzierung bei
gleichzeitiger Kontextverschmelzung kann erwartet werden. Kirchen können m.E. nie ganz
anders, sondern in der Regel nur etwas anders als das Milieu sein, in dem sie verwurzelt sind.
Es wäre nützlich zu klären, welche Möglichkeiten es für ein ordnungspolitisches Engagement
von international tätigen kirchlichen Agenturen in anderen Kulturen gibt und an welcher
Stelle, auf welcher Ebene diese Möglichkeiten ins Spiel gebracht werden könnten.
III. Spielregeln verabreden und einüben
Die Korruptionsthematik sollte zunächst auf der Ebene besprochen werden, auf der sie
besonders deutlich als Belastung ökumenischer Beziehungen empfunden wird – den
ökumenischen Round-Tables, auf denen die Repräsentanten der tatsächlichen Geber und der
gemeinten Empfänger die Modalitäten des Gebens, Nehmens und antwortenden Verhaltens
aushandeln.6
Den westlichen Geberorganisationen geht es im Interesse einer möglichst effektiven und
konfliktfreien Umsetzung der Projekte vorrangig darum, mit ihren Partnern Regelwerke zu
vereinbaren, die bestimmten (westlichen) Standards der Haushalts- und Projektabwicklung
genügen. Den Vertretern der Partnerorganisationen geht es vorrangig darum, ihnen
zugesprochene Ressourcen möglichst auflagenfrei zu verwenden.
Im Blick auf die Ebene der ökumenischen Round-Tables einige Vorbemerkungen: Zunächst
ist anzumerken, dass es häufig um viel größere Summen als auf der Ebene der
Direktpartnerschaften geht. Wer große Ressourcen zu bewilligen oder zu versagen hat,
verfügt über einen Machtvorteil. Wenn viel Geld zu vergeben ist, verändert dieser Umstand in
jedem Fall die Beziehung zu den anderen – und zu sich selbst. Präferenzen, die aus
gewachsenen Beziehungen der Kirchen, nicht zuletzt auch aus eingespielten Loyalitäten der
Funktionsträger beider Seiten erwachsen, fallen ins Gewicht. Das Korruptionspotential in
diesen Foren selbst kommt ins Spiel. Die Akteure beider Seiten handeln die Konditionen der
Mittelvergabe weitgehend unter sich aus im ‚besten Interesse’ der eigentlichen Herren des
Verfahrens, der wirklichen Geber und der gedachten Empfänger.
Sodann: Für die Vertreter der gedachten Empfänger gilt es, die aktuelle Projektsprache der
Agenturen, die die realen Geber vertreten, zu beherrschen. Selbstverständlich werden Bedarfe
festgestellt. Es geht um ‚Gerechtigkeit für die Armen’. Allerdings sollten die
Förderungsmassnahmen in den Zielkorridor passen, der sich aus dem Selbstverständnis der
Werke ergibt und last not least dem Prioritätenkalender entsprechen, der der
entwicklungspolitischen Bewusstseinslage entspricht. Wer die aktuell in Geltung stehende
Projektsprache nicht beherrscht, bleibt draußen vor der Tür.
6
Zwei weitere Felder bzw. Ebenen, auf denen die Korruptionsproblematik ebenfalls virulent ist, lasse ich hier
außer Betracht. Zunächst die Ebene der sog. Direktpartnerschaften zwischen Gemeinden oder Kirchenkreisen,
sodann das Gefüge der Gesamtkirche mit ihren Synoden und zuständigen Fachausschüssen. Während auf der
Ebene lokaler Beziehungen die Spontaneität des Helfens im Vordergrund steht und persönliche Beziehungen
wichtig sind, rücken auf gesamtkirchlicher Ebene Gesichtspunkte wie Verteilgerechtigkeit, Gemeinwohl und
Solidarität mit Benachteiligten stärker in den Mittelpunkt des Interesses. Nicht die lokale Situation, sondern
größere gesellschaftliche Zusammenhänge liegen im Blick. Es sollen gesellschaftliche Konstellationen – wenn
möglich nachhaltig – verändert werden. Der Gesichtspunkt der Effizienz kommt stärker zum Tragen. Das
ordnungspolitische Interesse empfängt von dieser Ebene her einen deutlichen Schub.
15
Drittens: Werden auf der Ebene ökumenischer Round-Tables Rahmenvereinbarungen
getroffen, dann bleibt die Frage offen, wie diese bei den Partnern auf die nächst untere Ebene
des Lokalen vermittelt werden können. Die Reichweite derartiger Verabredungen ist
beschränkt. Es muss m.E. den Verantwortlichen vor Ort überlassen bleiben, derartige
Verabredungen in ihre eigenen Synoden, Fachausschüsse, schließlich Gemeinden und
Mitarbeiterschaft zu vermitteln.
Weiter ist im Blick zu behalten, dass an den Nahtstellen ökumenischer und
entwicklungspolitischer Zusammenarbeit auf der einen Seite große, reiche und politisch
abgesicherte Organisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit stehen, auf der anderen Seite
Partner, die sich nicht zuerst als Rechtsgemeinschaft verstehen und deren Interaktionen in
weiten Tätigkeitsfeldern von anderen als rechtlichen Normen geleitet sind. Die Vertreter
beider Seiten agieren aus den Netzwerken ihrer Verpflichtungen und Loyalitäten heraus.
Kurz, die Treuhänder beider Seiten vertreten milieuspezifische Usancen des Umgangs mit
Ressourcen und innerkirchlichen Verpflichtungsverhältnissen. Darauf können sie sich
allerdings gegenseitig ansprechen und ihre Wahrnehmungen mitteilen. Eine erfolgreiche
Antikorruptionspolitik bleibt angewiesen auf eine gemeinsam getragene Definitionspolitik.
Sobald die Arbeit daran aufgenommen wird, mutieren die Foren, in denen ökumenische
Transferleistungen verhandelt werden, zu Feldern strittiger Autorität.
Um die Korruptionsdebatte sinnvoll voranzutreiben, käme es darauf an, die Felder
ökumenischer Vernetztheit als Foren moralischer Auseinandersetzung zu nutzen.7 Es wäre
darüber zu reden, wie die dichte, alltagsweltliche Moral mit ihrem engeren Sinnhorizont, wie
das Handeln in lokalen Verpflichtungsverhältnissen – aus lokaler Perspektive oft als die
‚älteren Rechte’ empfunden – und die dünnere Moral des Gemeinwohls mit ihrem weiteren
Sinnhorizont ins Verhältnis gesetzt werden könnten. Es käme darauf an, die dichte Moral mit
ihren milieuspezifischen Selbstverständlichkeiten ernst zu nehmen und herauszufinden, wie
wir mit Menschen anderer Länder über die kulturellen Unterschiede hinweg über das
gemeinsame ‚dünnere’ Leben reden können (Walzer 1909, 45; 1996, 12), und zwar ohne dass
die Partner sich dabei gegenseitig moralisch überfordern oder unterfordern. Es sind also zwei
Ebenen zu unterscheiden: Die alltagsweltlich geprägte Moralität, die auf einen
lokalspezifischen Vorrat an Sinnzuschreibungsmöglichkeiten zurückgreift, und die
„Gültigkeitsebene, die derjenige ausdrücklich betritt, der unabhängig vom faktischen Gelten
bestimmter Wertvorstellungen, sei es im kulturspezifischen Ethos, sei es in Form gesetzlicher
Institutionen, nach einem Grund der Verbindlichkeit fragt“ (Rähme, 203).
Strategien der Korruptionsbekämpfung beruhen nicht zuletzt auf ethischen
Vorentscheidungen. Ich nenne drei Ansätze, eine Machtperspektive8, eine gesinnungsethisch
fundierte Werteperspektive9 und die von den Werken favorisierte Ordnungsperspektive. Auf
diese Option gehe ich im Folgenden ein:
7
Es kann allerdings sein, dass die Akzeptanzschwelle, die sich einer von beiden Seiten getragenen Arbeit an der
Korruptionsproblematik entgegenstellt, erst nach echten Krisenerfahrungen so weit abgesenkt wird, dass eine
gemeinsame Arbeit in den ökumenischen Foren möglich wird.
8
Eine Machtperspektive rückt die Maximierung des institutionellen Eigeninteresses in den Mittelpunkt. Auch
wenn eine Machtperspektive als steuernde Kraft einer kirchlichen Handlungsstrategie prinzipiell nicht infrage
kommt, bleibt, wie wir sahen, der Machtfaktor, solange es um Bewilligung von – manchmal erheblichen –
Summen, um kompetente Handhabung der Projektsprache und last not least um eingespielte Loyalitäten der
Akteure geht, immer im Spiel.
9
Eine gesinnungsethische Wertperspektive würde von einem Normenprimat ausgehen, in dem es um
Regelsetzung nach universalen Gerechtigkeitsprinzipien geht. Einmal als richtig und gut erkannte Prinzipien
sollten von allen eingehalten werden, die im Lichte dieser Prinzipien getroffene Bewertungen nachvollziehen
16
Eine Ordnungsperspektive achtet vor allem auf die Konsequenzen sozialen Handelns für die
politische und wirtschaftliche Stabilität eines Systems, beachtet also vorrangig die
entwicklungshemmenden Faktoren von Korruption und zielt darauf, durch förmliche
Vorschriften klar zu definieren, was für bestimmte Handlungszusammenhänge erlaubt oder
verboten ist. Die ordnungspolitische Perspektive hat ihr Recht. Das faktische Gelten
rechtlicher Rahmenvorgaben verbürgt, wie gesagt, noch nicht deren kontextuelle Gültigkeit
(Rähme, 194).
Eine scharf gefahrene ordnungspolitische Linie dürfte die Handlungsmöglichkeiten der
Werke überschätzen und auf eine moralische Unterforderung der Partner hinauslaufen.
Vereinbarungen von Rahmenrichtlinien, wenn diese ausschlaggebend auf die Initiativen
deutscher Partner zurückgehen, dürften auf der Ebene des oberflächlich Angeeigneten, weil
letztlich machtpolitisch Erzwungenen, bleiben. Prozesse, in denen Neues und Fremdes
aufgegriffen wird, dürften sich durch Verträge, die zwischen Partnern ausgehandelt werden,
kaum beschleunigen lassen. Kontrollmaßnahmen, die auf Druck einer Seite zustanden
kommen, werden immer wieder hart auf den Umstand stoßen, dass der bei den Partnern
übliche Politikstil einigermaßen stabil ist.
Ordnungspolitisches Denken kann nicht mehr darauf bestehen wollen, andere Länder den
Kulturen des Westens angleichen zu wollen. Wo das der Fall ist, erweist sich der
Antikorruptionsdiskurs als Epiphänomen des Modernisierungsprojektes. Es ist anzuerkennen,
dass westlicher Markt und westliches rationales Bürokratieverständnis nicht ohne weiteres zur
traditionalen Kultur einiger Länder passen. Statt a priori westliche Rationalitätsstandards in
Anspruch zu nehmen, sollten die Geberorganisationen das in der fremden Kultur vorgegebene
Repertoire moralischer Normen und ihre eigenen so interpretieren, dass auch die gemeinten
Empfänger dem zustimmen können. „Denn eine moralische Norm lässt sich erst dann
sinnvollerweise zum Gegenstand einer Geltungsprüfung machen, wenn die
Orientierungsfunktion, die sie in ihrem jeweiligen soziokulturellen Kontext erfüllen soll,
richtig verstanden worden ist“ (Rähme, 209). Es könnte also eine Aufgabe „gerade moralisch
motivierter Unternehmen sein, an der Entwicklung einer Spielart von Markt mitzuarbeiten,
die besser zu den traditionalen Gegebenheiten anderer Kulturen passt“ (Kyora, 377). In der
kulturellen Tradition der Partner angelegte Verfahren des In-Ordnung-Bringens können dafür
einen Anknüpfungspunkt bieten. Die Partner wären mit der Frage anzusprechen, ob die
Zuständigkeitsbereiche dieser Verfahren sich auf das relativ neue ‚Problemfeld Korruption’
hin ausdehnen lassen.
Da es in den unterschiedlichen politischen Kulturen keine fixen Maßstäbe für das
Gemeinwohl gibt, kommt es, statt unrealistisch hohe normative Vorgaben zu machen oder
aber das ethische Problem zu unterschätzen, darauf an, „das angemessene Niveau der
Verwirklichung des Ideals der politischen Chancengleichheit festzulegen“ (Morlok, 148).
Weiter ist zu klären, wie die Repräsentanten beider Seiten sich mit ihrem jeweiligen
Verständnis der mit einem kirchlichen Mandat verbundenen Pflichten und der Bandbreite der
legitimen Beziehungen zwischen den beteiligten Akteuren näher kommen können. Nur wenn
können. Eine Strategie, die auf Wertekonsense setzt, braucht Zeit! Innere Einstellungen ändern sich langsam und
schlagen erst allmählich durch auf das Handeln in institutionellen Zusammenhängen. Gesinnungsethische
Appelle, die auf schnell zu erzielende Resultate hoffen, liefen auf eine Überforderung der Partner hinaus.
Vielleicht wäre die Berücksichtung des Faches Sozialethik in den Aus- und Fortbildungsprogrammen kirchlicher
Ausbildungsstätten ein geeigneter Schritt, der dem Recht der gesinnungsethischen Perspektive entgegenkommt.
17
sich diesbezüglich Schnittmengen abzeichnen, kann es zu einer gemeinsam vertretenen
Bewertung dessen kommen, was als korruptes Verhalten zur Diskussion steht.
Die – zögerlichen – Versuche, dem anderen die Hand zu reichen, werden begleitet sein von
abrupten,
angsterfüllten
Rückzügen,
Vereinbarungen,
Regelverletzungen,
Vergeltungsmassnahmen etc. „Je weniger man über das Ausmaß der Unterschiede weiß, desto
besser. Wichtig ist es, die Ähnlichkeiten auszuloten, ja sie zu übertreiben“ (Walzer 1999, 45).
Wenn zwei miteinander verhandelnde Akteure auch nicht die Macht haben, die jeweils
kulturspezifischen Begriffe von Korruption zeitnah so zu verändern, dass eine
gesamtgesellschaftlich verankerte Praxis annulliert wird, so können sie doch zur Änderung
gesellschaftlich eingespielter Routinen beitragen. Ihr Beitrag könnte so aussehen, „dass sie
ihre Erfahrungen bei der Konkretisierung des Ziels einer solchen kulturellen Veränderung
einbrächten“. Das wäre eine Form, in der Institutionen ihrer ordnungspolitischen
Mitverantwortung in anderen Kulturen in einer Weise „gerecht werden können“, die Raum für
alternative Wege der Modernisierung lässt (Kyora, 379; vgl. Draude 2007).
Fazit: Wenn Korruption erfolgreich eingedämmt werden soll, dann wird dies nur als Ergebnis
lang anhaltender und notwendigerweise komplexer Kommunikationsprozesse gelingen
(Moroff, 462), in denen die Freiheit der anderen und ihr Eingebundensein in eine andere
Situation gewürdigt werden.
IV. Gabe als Dependenzunterbrechung
Reziprozitätsverhältnisse wahrnehmen
–
Den
anderen
jenseits
der
Ungeachtet der Aufgabe der Kirchen und kirchlichen Werke in ihrem Miteinander und
Gegeneinander Ordnungsräume zu schützen, wird eine Verrechtlichung der Prozesse des
Gebens und Nehmens in den Netzwerken der Ökumene immer mit dem Dilemma konfrontiert
bleiben, wesentliche Dinge nicht erfassen zu können.10 Die Logik der Ordnungspolitik erfasst
einen Teilbereich einer breiteren sozialen Logik, die nicht von utilitaristischen
Gesichtspunkten gesteuert wird.
Der Antikorruptionsdiskurs in den Werken ist das Epiphänomen einer tiefer liegenden
Beziehungskrise zwischen den Kirchen. In der Routine kirchlicher Weltsozialpolitik haben
sich die Sachen, die gegeben werden, von den Sinngebungssystemen gelöst. Infolgedessen
hängen alte Leitvorstellungen wie ‚Teilen in ökumenischer Gemeinschaft’, ‚Gegenseitigkeit’,
‚Selbstverantwortung’, ‚Partnerschaft’ in der Luft. Der Stellenwert des Geldes in der
ökumenischen Beziehungsarbeit bringt eine Bewusstseinsform hervor, die die kirchlichen
Prozesse des Gebens von dem politischen Interesse an Good Governance einfangen lässt. Das
Geld folgt den Vorgaben der Politik: Transparency ist herzustellen. 11 Das den Partnern
wichtige Interesse, Empfangenes auflagenfrei zu verwenden, also selbstbestimmte Politik
machen zu können, wird zurückgedrängt. Es gilt Kompromisse auszuhandeln.
„Stets erlauben die normativen Qualifizierungen, wichtige Befunde auszuklammern“ (Schlink, 162). Es ist
gewiss kein Schaden, dass: „die Sensibilität für Recht und Gerechtigkeit gewachsen ist … Der Schaden liegt in
der Absolutheit, mit der das normative Paradigma die Verwirklichung von Recht und Gerechtigkeit der
Verwirklichung anderer Ziele verordnet. Manchmal können Unrecht und Ungerechtigkeit politisch,
wirtschaftlich oder pädagogisch sinnvoll und sittlich vertretbar sein, und in der Liebe geht es ohnehin nicht fair
zu. Immer ist die Wirklichkeit so wie sie ist“ (Schlink, 165).
11
Vgl. dazu das Urteil von Ivan Krastev: „Die Antikorruptionsrhetorik entpuppte sich als beste Rechtfertigung
für neoliberale Politik im Feld von Wirtschaft und Good Goverance.“ (Krastev 157)
10
18
Kulturelle Kompromisse stellen sich ein, wenn die Beteiligten ihre Interessen in einem
gemeinsamen Bedeutungszusammenhang unterbringen können. Der gemeinsame
Symbolhaushalt des Christentums bietet den Beteiligten einen von beiden Seiten anerkannten
Vorrat an Bedeutungszuschreibungsmöglichkeiten – nämlich ein christlich inspiriertes
Verständnis der Prozesse, in denen gegeben, genommen und geantwortet wird.
Ich plädiere dafür, das Motiv der Gabe in der kirchlichen Wohlfahrtspolitik in den
Antikorruptionsdiskurs einzubeziehen, Ressourcentransfers wieder stärker als Prozesse des
Gebens zu verstehen und die weitergegebenen Ressourcen als zuvor Empfangenes zu
betrachten. Eine ökumenisch engagierte Kirche stellt die Logik der Gabe in das Zentrum ihrer
internationalen Wohlfahrtspolitik. Die Logik der Gabe bleibt für eine Kirche, die sich als
Anwältin einer Kultur des Gebens versteht, die ‚Unruhe’, die ihr ordnungspolitisches Denken
geschmeidig hält und der Verrechtlichung kirchlicher Beziehungen Grenzen setzt. Im Konzert
der global agierenden humanitären Multis profiliert eine ökumenisch engagierte Kirche als
Anwältin einer Kultur des Gebens, indem sie das Gabemotiv im Geschäft ökumenischer
Transferleistungen lebendig hält.
Mir ist wohl bewusst, dass Gabe und Vertrag phänomenologisch betrachtet, kaum zu
unterscheiden sind. Es ist eine alltagsweltlich leicht zugängliche Erfahrung, dass auch die
freieste Gabe oft Erwartungen der Verpflichtung nach sich zieht und zwar sowohl bei denen,
die annehmen als auch bei denen, die geben. Dennoch bleibt die analytische Unterscheidung
von etwas Gegebenem, dessen Annahme mit einer Verpflichtung einhergeht und also auf
einem formellen oder informellen Vertrag besteht, und einer ohne Zweckbindung gegebenen
Gabe nicht nur wichtig, sondern im Blick auf das Miteinander unter Menschen – und Kirchen
auch unverzichtbar. Die Gabe verbirgt sich im Tausch. Im Tausch setzt sie sich vom Tauch
bzw. Vertrag ab (Waldenfels, 596). Gabe und Vertrag können daher auch nicht gegeneinander
ausgespielt werden.
Auch wo eine beiläufig, ohne Aufhebens, eben gern gegebene Gabe allzu leicht Erwartungen
bzw. Befürchtungen, eine Verpflichtung eingegangen zu sein, nach sich zieht – und zwar bei
Gebern wie bei Empfängern - bleibt das Moment des Umsonst. Wenn es dies Moment des
Umsonst in menschlichen Beziehungen nicht gäbe, dann müssten wir allerdings folgern, dass
es Gaben nicht wirklich gibt – und doch kommt in gegenseitigen Verpflichtungsverhältnissen
die Spontaneität des Gebens immer wieder als Überschuss zum Tragen.12 Der Überschuss des
Umsonst, der nicht stillzulegende Geist der gegebenen Sache rüttelt am Vertrag.
Der Gedanke, dass sich die Gabe im Tausch vom Tausch absetzt, verbindet sich mit der
These, dass das Christentum die Unterscheidung der Dinge, die gegeben, und jener anderen
Dinge, die auf jeden Fall behalten werden sollten (z.B. das reservierte Recht des Gebers auf
die Verwendung der Gabe) auf den Kopf stellt – eine religionsgeschichtlich gesehen wichtige
Weichenstellung (Joas, 19). Diese Umkehrung ist mit dem Inkarnationsmotiv gegeben. Gott
macht das Menschliche – und dessen Begrenzungen – zu seinem Ort, verschenkt sich selbst in
einem unter den Bedingungen des Bösen zugunsten aller Menschen gelebten Leben an seine
Geschöpfe. Diese Selbstverschwendung Gottes an die Welt bleibt verborgen - unter Brot und
Wein – aber eben auch im ‚verwurmten Apfel’! Der Glaube bleibt der Perspektive
verpflichtet, dass der Kreislauf des Gebens, Nehmens und Erwiderns immer wieder infrage
gestellt, ja unterbrochen wird durch den Geist, der umsonst gegeben, die fünf Sinne des
Leibes, mithin menschliche Kommunikationsmöglichkeiten erneuert.
12
Zur Interdependenz von Gabelogik und wirtschaftspolitischer Logik vgl. Alain Caillé, 50ff., 70ff.
19
So schafft das Christentum eine Perspektive für echte Freigiebigkeit, die „die Anderen
außerhalb des Zusammenhangs von Tausch und Verpflichtung wahrnimmt“ (Freytag, 69). Die
Arenen umkämpfter Autorität, die Marktplätze des Kampfes um Kapital – monetär oder
symbolisch – sollen vom Geist dieser Freistellung her erneuert werden – als
Dependenzunterbrechung. Eine Chance der Kirche und der kirchlichen Werke könnte darin
liegen, sich von den eigenen Absichten zu verabschieden und ihr Geld immer wieder auch
Gabe sein zu lassen.
Mit der These, dass sich die Gabe im Vertrag vom Vertrag absetzt wird kein sachfremdes
Moment in den Antikorruptionsdiskurs getragen. Vielmehr ist von dieser Unterscheidung her
das ordnungspolitische Interesse kirchlicher Wohlfahrtspolitik immer wieder zu relativieren.
Das Erinnern dieses Jenseits der Reziprozität ist das sine qua non für eine Kirche, die sich als
Anwältin einer Kultur des Gebens versteht.
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