Universelle Funktionen mit L ¨ucken

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Universelle Funktionen
mit Lücken-Potenzreihen
DISSERTATION
zur Erlangung des akademischen Grades
eines Doktors der Naturwissenschaften
Dem Fachbereich IV der Universität Trier
vorgelegt von
Bettina Eisele
Trier 2004
Gutachter:
Prof. Dr. Wolfgang Luh
Prof. Dr. Wolfgang Gawronski
Tag der mündlichen Prüfung: 29. November 2004
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Historische Bemerkungen; Hauptergebnisse der Arbeit . . . . . . .
1.2 Bezeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
2
5
2 Hilfsmittel
6
2.1 Klassische Ergebnisse aus der Approximationstheorie . . . . . . . . 6
2.2 Ergebnisse aus der Überkonvergenztheorie . . . . . . . . . . . . . . 8
2.3 Lückenapproximation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
3 Ausschöpfung von Mengen
4 Universelle Funktionen mit Lückenpotenzreihen
4.1 Eingeschränkte Universalität . . . . . . . . . .
4.2 Folgerungen aus Satz 4.1 . . . . . . . . . . . .
4.3 Eine Verallgemeinerung des Satzes von Menšov
4.4 Diskussion der Lückenbedingung . . . . . . . .
16
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21
21
26
29
30
5 Mehrfache Universalitäten
33
5.1 Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
5.2 Mehrfach universelle Funktionen mit Lückenreihen . . . . . . . . . 36
6 Universell überkonvergente Potenzreihen mit Glattheitseigenschaften 47
6.1 Universelle Funktionen auf Jordangebieten . . . . . . . . . . . . . 47
6.2 Universelle Funktionen auf strikt sternförmigen Jordangebieten . . . 52
7 Universelle Approximation messbarer Funktionen
58
8 Universalität von Cesàro-Mitteln
61
Literaturverzeichnis
68
Kapitel 1
Einleitung
1.1 Historische Bemerkungen; Hauptergebnisse der
Arbeit
Die Probleme bezüglich der Existenz sogenannter universeller Funktionen und die
universelle Approximation von Funktionen sind von klassischer Natur und spielen
eine zentrale Rolle. Es existiert bereits eine extensive Literatur über Funktionen,
welche universell bezüglich verschiedener Gesichtspunkte sind. Das erste Beispiel
einer universellen Funktion lieferte Fekete (siehe Pál [27]) 1914:
Es existiert eine universelle reelle Potenzreihe
∞
P
aν xν mit der folgenden Eigen-
ν=0
schaft: Für jedes Intervall [a, b] mit 0 ∈
/½ [a, b] und¾jeder stetigen Funktion f auf
nk
P
[a, b] gibt es eine Folge {nk }, so dass
aν xν gleichmäßig auf [a, b] gegen
ν=0
f (z) konvergiert. Diese Potenzreihe hat offensichtlich Konvergenzradius 0.
Das wohl bekannteste Beispiel einer universellen Funktion stammt 1929 von G.D.
Birkhoff [2]:
Es existiert eine ganze Funktion ϕ mit der Eigenschaft, dass es für jede beliebige
ganze Funktion f eine Teilfolge {nk }k∈N der natürlichen Zahlen N gibt, so dass
{ϕ(z + nk )}k∈N kompakt gegen f (z) auf C konvergiert.
Somit ist die Folge der “additiven Translationen“ dicht im Raum der ganzen Funktionen versehen mit der Topologie der kompakten Konvergenz.
1970 konstruierten Luh [10] und unabhängig davon 1971 Chui und Parnes [5] in
der komplexen Ebene eine universelle Potenzreihe bezüglich Überkonvergenz, die
positiven Konvergenzradius hat:
3
Es gibt eine im Einheitskreis D holomorphe Funktion ϕ, deren Potenzreihe
ϕ(z) =
∞
X
aν z ν
mit lim |aν |1/ν = 1
ν→∞
ν=0
die folgende Eigenschaft besitzt:
Für jede kompakte Menge B ⊂ C \ D mit zusammenhängendem Komplement und
jeder auf B stetigen, im Innern von B holomorphen Funktion f existiert eine Folge
{nk } derart, dass die Teilfolge {snk (z)} der Partialsummen der Potenzreihe von ϕ
gleichmäßig gegen f (z) auf B konvergiert.
Dies war der Beginn zahlreicher Untersuchungen bezüglich universeller Funktionen, wobei in der klassischen Theorie die Approximationstheoreme von C. Runge
(siehe [32],[6]) und S.N. Mergelian (siehe [20],[6]) fundamental für die Konstruktion solcher Funktionen sind.
1986 bewies Luh [11] die Existenz einer holomorphen Funktion ϕ auf einer offenen Menge O mit einfach zusammenhängenden Komponenten, die verschiedene
universelle Approximationseigenschaften bezüglich Überkonvergenz besitzt:
Es sei O ⊂ C eine offene Menge mit einfach zusammenhängenden Komponenten.
(ζ)
Weiterhin sei ζ ∈ O; wir bezeichnen mit {sn (z)} die Folge der Partialsummen der
Potenzreihenentwicklung von ϕ um ζ .
Dann existiert eine Folge {pn } der natürlichen Zahlen, so dass für alle ζ ∈ O das
folgende gilt:
(ζ)
1. {spn (z)} konvergiert auf O kompakt gegen ϕ(z);
c
2. für jede kompakte Menge B ⊂ O mit zusammenhängendem Komplement
und jede Funktion f , stetig auf B und holomorph im Inneren B ◦ , existiert
(ζ)
eine Teilfolge {pnk } von {pn }, so dass {spnk (z)} auf B gleichmäßig gegen
f (z) konvergiert;
3. ähnliche Überkonvergenzeigenschaften gelten auf allen offenen Mengen mit
einfach zusammenhängenden Komponenten und auf allen messbaren Mengen
in C \ O.
Die Familie aller Funktionen ϕ mit solchen Approximationseigenschaften ist ein
dichter Unterraum im metrischen Raum aller holomorphen Funktionen auf O.
Es stellt sich nun die Frage, ob man ähnliche Ergebnisse erzielen kann, wenn wir
Approximation durch Lückenpolynome als wesentliches Mittel zur Konstruktion
solcher universellen Funktionen verwenden.
In Kapitel 4 werden wir auf diese Weise eine Funktion ϕ entwickeln, die in einem
Kreisring außerhalb des Einheitskreises universelle Approximationseigenschaften
4
bezüglich Überkonvergenz und im Einheitskreis eine Lücken- Potenzreihenentwicklung (mit Entwicklungsmittelpunkt 0) besitzt. Da außerhalb des betrachteten Kreises die Partialsummenfolgen in jedem Punkt gegen ∞ divergieren, sprechen wir in
diesem Fall von einer “eingeschränkt universellen“ Funktion. Dabei darf die Koeffizientenfolge der Potenzreihe keinesfalls so beschaffen sein, dass die Maximaldichte
kleiner 1 ist. Zum Schluss werden wir eine gewisse Verallgemeinerung des Satzes
von Menšov herleiten, der die Existenz einer universellen trigonometrischen Reihe
bewies. Wir behandeln hier ein Analogon zu diesem Ergebnis für trigonometrische
Lückenreihen.
In Kapitel 5 befassen wir uns mit mehrfach universellen Funktionen. Ausgehend
von einem Ergebnis von MacLane [17] beziehungsweise Blair und Rubel [3] werden wir eine holomorphe Funktion im Einheitskreis konstruieren, die dort eine
Lücken-Potenzreihenentwicklung besitzt, welche zugleich universell bezüglich
Überkonvergenz und Ableitungen ist.
Anschließend werden wir die Existenz universell überkonvergenter Potenzreihen
mit gewissen Glattheitseigenschaften untersuchen. Betrachten wir für ein Gebiet
G ⊂ C alle in G holomorphen Funktionen ϕ mit den Eigenschaften, dass jede Ableitung ϕ(l) , l = 0, 1, ... eine stetige Erweiterung auf G besitzt und der Rand ∂G
die natürliche Grenze für ϕ ist, so existieren im allgemeinen selbst für einfach zusammenhängende Gebiete G keine solchen Funktionen ϕ; nicht einmal dann, wenn
wir nur die Stetigkeit auf dem Rand ∂G fordern. Ist G jedoch ein Jordangebiet oder
gar ein strikt sternförmiges Jordangebiet, lassen sich Lückenpolynome derart konstruieren, dass wir mit deren Hilfe die Existenz einer universellen Funktion ϕ mit
obigen Eigenschaften beweisen können.
In Kapitel 7 untersuchen wir die universelle Approximation messbarer Funktionen:
Existiert eine Folge ganzer Funktionen {fn }, deren Teilfolge {fnk } auf einem beliebigen Kompaktum K mit zusammenhängendem Komplement außerhalb eines
Gebietes G ⊂ C jede auf K stetige und im Inneren von K holomorphe Funktion
ϕ gleichmäßig auf K approximiert, so lässt sich auch auf jeder messbaren Menge
S ⊂ Gc jede dort messbare Funktion f durch eine Folge {fmn } fast überall approximieren.
Im letzten Kapitel werden wir einen direkten Zusammenhang zwischen den Partialsummen einer Potenzreihenentwicklung einer holomorphen Funktion und den
Cesàro-Mitteln ganzzahliger Ordnung herleiten. Somit lassen sich alle Ergebnisse
für universelle Approximationseigenschaften der Partialsummenfolgen sofort auf
die jeweiligen Teilfolgen der betrachteten Cesàro-Mittel übertragen.
5
1.2 Bezeichnungen
Im folgenden werden wir einige Notationen und Abkürzungen verwenden:
Für ein Kompaktum K bezeichne A(K) die Menge aller Funktionen, die in K stetig und im Inneren K ◦ holomorph sind. Wir definieren wie üblich mit H(O) die
Familie aller Funktionen, die holomorph auf einer Menge O sind.
Mit M werde die Familie aller kompakten Mengen K ⊂ C bezeichnet, für die K c
zusammenhängend ist.
Für ein Gebiet G ⊂ C, G 6= C bezeichnen wir mit M(G) die Familie aller kompakten Mengen K ⊂ Gc mit zusammenhängendem Komplement.
Konvergiert eine Folge von Funktionen {fn } auf einer Menge S gleichmäßig gegen
eine Funktion f , schreiben wir
fn (z) ⇒ f (z) .
S
Falls S eine offene Menge ist und {fn } auf S kompakt gegen f konvergiert (das
heißt gleichmäßig auf allen kompakten Teilmengen von S konvergiert), schreiben
wir
fn (z) V f (z) .
S
Für die Anregung, Betreuung und vielfältige Unterstützung dieser Arbeit möchte
ich Herrn Prof. Dr. Wolfgang Luh sehr herzlich danken.
Ebenso gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Wolfgang Gawronski für die freundliche
Übernahme des Koreferates.
Kapitel 2
Hilfsmittel
2.1 Klassische Ergebnisse aus der Approximationstheorie
Im Reellen gilt bekanntlich der W EIERSTRASSSCHE A PPROXIMATIONSSATZ :
Die (reellwertige) Funktion f sei stetig im Intervall [a, b]. Dann gibt es zu ε > 0 ein
Polynom Pε mit max |Pε (x) − f (x)| < ε.
[a,b]
Es gilt auch noch die folgende Verschärfung:
Es sei O ⊂ R eine offene Menge, und f sei stetig auf O. Dann existiert eine Folge
von Polynomen Pn mit Pn (x) −→ f (x) (punktweise auf O) und Pn (x) ⇒ f (x) für
K
jede kompakte Menge K ⊂ O.
Die Approximation von Funktionen, die auf Teilmengen in C erklärt sind, ist von
ganz anderen Verhältnissen geprägt als im Reellen. So reicht es zum Beispiel nicht
aus, nur die Stetigkeit einer Funktion für ihre Approximierbarkeit durch Polynome
zu fordern.
Auch Holomorphie der Funktion reicht dann nicht aus, wenn etwa eine in einem
nicht einfach zusammenhängenden Gebiet holomorphe Funktion betrachtet wird.
Ein zentrales Ergebnis der Approximationstheorie im Komplexen stellt der folgende Rungesche Approximationssatz dar, mit dessen Hilfe auf jedem Kompaktum
K ⊂ C mit zusammenhängendem Komplement jede holomorphe Funktion f durch
Polynome beliebig genau approximiert werden kann:
7
Satz 2.1
(D ER RUNGESCHE A PPROXIMATIONSSATZ )
Es sei K ⊂ C ein Kompaktum, dessen Komplement K c = C\K zusammenhängend
ist. Ferner sei f holomorph auf K .
Dann gibt es zu jedem ε > 0 ein Polynom P mit:
max |f (z) − P (z)| < ε .
K
Der Satz wird falsch für jedes Kompaktum K, dessen Komplement K c nicht einfach zusammenhängend ist.
Das folgende Ergebnis ist ein sehr einfacher, aber wichtiger Sonderfall dieses allgemeinen Approximationssatzes:
Satz 2.2
Es sei O ⊂ C eine offene Menge mit einfach zusammenhängenden Komponenten.
Die Funktion f sei holomorph auf O.
Dann gibt es eine Folge {Pn } von Polynomen, welche auf O kompakt gegen f
konvergiert.
Mit dem Satz von Mergelian können die Voraussetzungen des Rungeschen Approximationssatzes noch entscheidend abgeschwächt werden. Das Ergebnis beendet
eine lange Kette von Untersuchungen zur polynomialen Approximation, die mit
den Sätzen von Weierstraß und Runge begonnen hat:
Satz 2.3
(D ER M ERGELIANSCHE A PPROXIMATIONSSATZ )
Es sei K ⊂ C eine kompakte Menge mit zusammenhängendem Komplement. Die
Funktion f sei stetig auf K und holomorph im Innern von K . Dann gilt:
Zu jedem ε > 0 existiert ein Polynom P mit
max |f (z) − P (z)| < ε .
K
Analog zu oben ist auch dieses Ergebnis falsch für jedes Kompaktum K, dessen
Komplement K c nicht zusammenhängend ist. Ist andererseits eine Funktion f auf
K durch Polynome beliebig gut approximierbar, so ist f notwendigerweise stetig
auf K und holomorph im Innern K ◦ . Der Satz von Mergelian ist also bei polynomialer Approximation bestmöglich.
8
2.2 Ergebnisse aus der Überkonvergenztheorie
Die Partialsummenfolge {sn (z)} einer Potenzreihe f (z) =
∞
P
ν=0
aν z ν mit Konver-
genzradius 1 konvergiert im Einheitskreis D kompakt gegen f (z) und divergiert in
c
D . Diese Divergenz schließt jedoch nicht aus, dass eine Teilfolge {snk } in einem
Gebiet kompakt konvergieren kann, welches den Einheitskreis echt enthält. Tritt
diese Situation ein, so spricht man von Überkonvergenz der betrachteten Potenzreihe:
Definition
∞
P
Besitzt die Potenzreihe f (z) =
aν z ν vom Konvergenzradius 1 eine Folge von
ν=0
Teilsummen {snk (z)}, die in einem Gebiet G kompakt konvergiert, welches den
Einheitskreis echt enthält, so heißt die Potenzreihe überkonvergent; {snk (z)} nennen wir eine überkonvergente Teilsummenfolge.
Ostrowski zeigte in einer Reihe von Arbeiten (siehe [23], [24], [26]), dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Überkonvergenz und sogenannten
Hadamard-Ostrowski-Lücken besteht. Wir definieren Hadamard-Ostrowski-Lücken
beziehungsweise Ostrowski-Lücken wie folgt:
Definition
∞
P
aν z ν vom Konvergenzradius 1 besitzt eine Folge {pk , qk }
Die Potenzreihe f (z) =
ν=0
von Hadamard-Ostrowski-Lücken, wenn gilt:
(1) pk , qk sind natürliche Zahlen mit
p1 < q1 ≤ p2 < q2 ≤ p3 < q3 ≤ ... ,
(2) für ein λ > 1 und alle k ist
S
(3) mit I = (pk , qk ) gilt
qk
pk
>λ ,
k
1
lim |aν | ν < 1 .
ν→∞
ν∈I
Wir sprechen von reinen Hadamard-Ostrowski-Lücken, wenn aν = 0 für ν ∈ I ist.
Gilt
qk
→∞
pk
und
1
lim |aν | ν = 0 ,
ν→∞
ν∈I
so nennen wir {pk , qk } eine Folge von Ostrowski-Lücken.
9
Mit Hilfe des Hadamardschen Drei-Kreise-Satzes lässt sich nun zeigen, dass jede
analytisch fortsetzbare Potenzreihe mit Hadamard-Ostrowski-Lücken überkonvergent ist (siehe [26]). Genauer gilt:
Satz 2.4
(D ER O STROWSKISCHE Ü BERKONVERGENZSATZ )
∞
P
Die Potenzreihe f (z) =
aν z ν mit Konvergenzradius R = 1 besitze Ostrowskiν=0
Lücken {pk , qk }, und f sei über D hinaus analytisch fortsetzbar.
Dann konvergiert die Teilsummenfolge {spk (z)} kompakt in einem Gebiet, das jeden Punkt z0 ∈ ∂D enthält, in dem f holomorph ist.
Dieser Satz lässt sich umkehren, das heißt jede überkonvergente Potenzreihe muss
auch notwendigerweise Hadamard-Ostrowski-Lücken besitzen:
Satz 2.5
∞
P
Die Potenzreihe f (z) =
aν z ν mit Konvergenzradius R = 1 besitze eine überν=0
konvergente Teilsummenfolge {snk (z)}.
Dann besitzt sie Hadamard-Ostrowski-Lücken.
Die Größe des nach Satz 2.4 gesicherten Gebietes , in dem Überkonvergenz auftritt,
ist weitestgehend unbekannt. Es ist naheliegend zu vermuten, dass das Überkonvergenzgebiet “größer“ wird, wenn die Lückenlänge größer wird. In einem Spezialfall
ist eine Aussage möglich (vergleiche [11], [25]):
Satz 2.6
∞
P
Die Potenzreihe f (z) =
aν z ν vom Konvergenzradius R = 1 besitze Ostrowskiν=0
Lücken {pk , qk }. Dann gilt:
(1) Es existiert ein einfach zusammenhängendes Gebiet G mit D ⊂ G ⊂ C, in
das f analytisch fortsetzbar ist. Über G hinaus ist f nicht analytisch fortsetzbar.
(2) Die Teilsummenfolge {spk (z)} konvergiert in G kompakt gegen f (z).
Ist ein Gebiet G ⊂ C gegeben, so stellt sich die Frage, ob es eine Potenzreihe gibt,
die genau in G überkonvergent ist. Es ist klar, dass G notwendigerweise einfach
zusammenhängend sein muss. Das folgende Ergebnis von Ostrowski [26] lässt sich
durch eine Anwendung des Rungeschen Approximationssatzes beweisen, was zeigt,
wie weitgehend die Anwendungsmöglichkeiten dieses Satzes sind.
10
Satz 2.7
Es sei G ⊂ C ein einfach zusammenhängendes Gebiet mit D ⊂ G, D 6⊂ G.
Dann gibt es eine in G holomorphe Funktion f , die über G hinaus nicht analytisch
∞
P
fortsetzbar ist und deren Potenzreihe f (z) =
aν z ν mit Konvergenzradius 1 eine
ν=0
Folge {pk , qk } von Ostrowski-Lücken besitzt.
2.3 Lückenapproximation
Für eine Teilfolge Q = {qν }ν∈N0 von N0 wurden unterschiedliche Dichtebezeichnungen eingeführt.
Es sei νQ (n) die Anzahl von m ∈ Q mit m ≤ n. Dann bezeichnen wir mit d(Q) die
obere beziehungsweise mit d(Q) die untere Dichte der Teilfolge Q von N0 , gegeben
durch
νQ (n)
νQ (n)
d(Q) := lim
sowie
d(Q) := lim
.
n→∞
n→∞
n
n
Falls d(Q) = d(Q) gilt, sagen wir, dass Q die Dichte d(Q) = d(Q) hat.
Weiterhin bezeichnen wir mit
½
¾
νQ (n) − νQ (nθ)
dmin (Q) := lim lim
θ→1− n→∞
(1 − θ)n
die Minimaldichte beziehungsweise mit
½
¾
νQ (n) − νQ (nθ)
dmax (Q) := lim lim
θ→1− n→∞
(1 − θ)n
die Maximaldichte von Q im Sinne von Pólya [29]. Es gilt stets
dmin (Q) ≤ d(Q) ≤ d(Q) ≤ dmax (Q) .
Die nachkommenden Ergebnisse bezüglich Lückenapproximation werden wir in
den späteren Kapiteln häufig benutzen.
Das folgende Lemma benutzten Luh, Martirosian und Müller 1998 in ihrer Arbeit
[14], um die Existenz einer mehrfach universellen ganzen Funktion ϕ mit einer
Lückenpotenzreihenentwicklung zu zeigen:
11
Lemma 2.1
Es seien Q eine Teilfolge von N0 mit Dichte d(Q) = 1 und K eine gegebene Menge
in M mit K ◦ 6= ∅ und 0 ∈ K ◦ . Weiterhin sei die Funktion f holomorph auf K und
habe in einer Umgebung des Ursprungs eine Potenzreihenentwicklung der Form
f (z) =
∞
X
fν z ν ,
wobei fν = 0 für ν ∈
/Q.
ν=0
Dann gibt es für jedes ε > 0 ein “Lücken”-Polynom
P (z) =
N
X
pν z ν ,
wobei pν = 0 für ν ∈
/Q,
(2.1)
ν=0
so dass gilt
max |f (z) − P (z)| < ε .
K
B EWEIS:
Gemäß des Hahn-Banach Theorems genügt es zu zeigen, dass für jedes beschränkte
lineare Funktional F auf C(K) mit F (P ) = 0 für alle Polynome P der Form (2.1)
gilt F (f ) = 0. Mit dem Rieszschen Darstellungssatz ist jedes beschränkte lineare
Funktional auf C(K) durch ein Borel Maß µ auf K gegeben. Also genügt es zu
zeigen (vergleiche [31], Theorem 5.19 und Theorem 2.14), dass für jedes Borel
Maß µ auf K mit
Z
ζ n dµ(ζ) = 0 für n ∈ Q
(2.2)
K
gilt
Z
f (ζ) dµ(ζ) = 0 .
K
Es sei also µ ein Borel Maß auf K mit obiger Eigenschaft (2.2) gegeben. Weiterhin
sei
Z
dµ(ζ)
h(z) :=
für z ∈ Ĉ \ K
K ζ −z
die Cauchy-Transformierte von µ. Dann ist h holomorph in Ĉ \ K und für |z| >
max |ζ| gilt
ζ∈K
!
µ Z
¶
Z Ã X
∞
∞
X
ζn
1
n
h(z) =
−
dµ(ζ) =
−
ζ dµ(ζ)
z n+1
z n+1
K
K
n=0
n=0
X αn
= −
,
z n+1
n∈Q
/
(2.3)
12
R
wobei αn := K ζ n dµ(ζ) für n ∈
/ Q ist. Da d(Q) = 1 und somit d(N0 \ Q) = 0
ist, ergibt sich mit Hilfe des Fabryschen Lückensatzes [9], dass h eine holomorphe
Fortsetzung nach |z| > δ mit δ := dist(0, ∂K) besitzt. Also gilt die Entwicklung
(2.3) kompakt in |z| > δ.
Es sei Ω ⊂ C eine offene Menge, die K enthält und so beschaffen ist, dass f
holomorph in Ω ist. Dann existiert eine Kurve Γ in Ω \ K, so dass gilt
½
1,
α∈K
indΓ (α) =
0,
α∈
/Ω
(siehe zum Beispiel [31], Theorem 13.5). Mit der Cauchyschen Integralformel erhalten wir
Z
1
f (ω)
dω = fn = 0 für n ∈
/Q.
2πi K ω n+1
Da Γ ⊂ Ω \ K gilt, ist (2.3) gleichmäßig konvergent auf Γ, so dass wir mit Fubinis
Theorem schließen können
µZ
¶
Z
Z
1
f (ω)
f (ζ) dµ(ζ) =
dµ(ζ)
K
K 2πi
Γ ω−ζ
µZ
¶
Z
dµ(ζ)
1
f (ω)
dω
=
2πi Γ
K ω−ζ
Z
X
1
f (ω)
αn
=
dω
2πi Γ ω n+1
n∈Q
/
= 0.
2 q.e.d.
Betrachten wir Mengen Q ⊂ N0 mit oberer Dichte d(Q) = 1, so gilt das folgende
Lemma [16]:
Lemma 2.2
Es sei K ∈ M eine kompakte Menge mit 0 ∈ K ◦ , und es sei K0 , die Komponente
von K , die den Nullpunkt enthält, sternförmig bezüglich des Nullpunktes.
Weiterhin sei Q eine Teilmenge von N0 mit oberer Dichte d(Q) = 1.
Es sei f eine Funktion, die holomorph auf K ist und in einer Umgebung des Ursprungs eine Potenzreihenentwicklung der Form
f (z) =
∞
X
n=0
besitzt.
fn z n
mit fn = 0 für n ∈
/Q
13
Dann existiert für jedes ε > 0 ein Polynom P der Form
P (z) =
N
X
pn z n
mit pn = 0 für n ∈
/Q,
(2.4)
n=0
so dass gilt:
max |f (z) − P (z)| < ε .
K
B EWEIS:
Gemäß des Rieszschen Darstellungssatzes und des Hahn-Banach Theorems genügt
es zu zeigen (siehe [31]), dass für jedes Borel Maß µ auf K mit
Z
ζ n dµ(ζ) = 0 für n ∈ Q
(2.5)
K
gilt
Z
f (ζ) dµ(ζ) = 0 .
K
Es sei µ ein Borel Maß auf K mit der Eigenschaft (2.5) gegeben. Weiterhin sei
Z
dµ(ζ)
für z ∈ Ĉ \ K
h(z) :=
K ζ −z
die Cauchy-Transformierte von µ. Dann ist h holomorph in Ĉ \ K und für
|z| > max |ζ| gilt
ζ∈K
!
µ Z
¶
Z Ã X
∞
∞
X
1
ζn
n
h(z) =
dµ(ζ) =
−
ζ dµ(ζ)
−
z n+1
z n+1
K
K
n=0
n=0
(2.6)
X µn
= −
,
z n+1
n∈Q
/
R
wobei µn := K ζ n dµ(ζ) für n ∈
/ Q ist. Da d(Q) = 1 und somit d(N0 \ Q) = 0 ist,
können wir mit einem Ergebnis von Pólya ([30], Seite 737, Satz B) schließen, dass h
ein einfach zusammenhängendes Existenzgebiet besitzt. Damit hat h eine holomorphe Fortsetzung nach Ĉ \ K0 . Gemäß unseren Voraussetzungen ist K0 sternförmig
bezüglich der Null, so dass die Menge S := {s = z1 : z ∈ Ĉ\K0 } auch sternförmig
bezüglich der Null ist.
Betrachten wir die Mittag-Leffler-Transformierte ([8], Seite 75)
X
X −µn
n
βn (α)sn ,
Mα (s) =
n s =: −
Γ(1 + α )
n∈Q
/
n∈Q
/
14
so konvergiert diese kompakt gegen h̃(s) = h(1/s)
auf S für α → ∞.
s
Da Mα für alle α > 0 ganz ist, erhalten wir für die ganze Funktion Rα (z) :=
in 1/z
X βn (α)
Rα (z) = −
(|z| > 0) ,
z n+1
Mα (1/z)
z
n∈Q
/
und Rα (z) konvergiert kompakt gegen h(z) auf Ĉ \ K0 für α → ∞.
Es sei Ω ⊂ C eine offene Menge, die K enthält und so beschaffen ist, dass f
holomorph in Ω ist. Dann existiert eine Kurve Γ in Ω \ K, so dass gilt
½
1,
ζ∈K
indΓ (ζ) =
0,
ζ∈
/Ω
(vergleiche [31]). Mit der Cauchyschen Integralformel erhalten wir
Z
1
f (ω)
f (ζ) =
dω
2πi Γ ω − ζ
für alle ζ ∈ K und
1
2πi
Z
K
f (ω)
dω = fn = 0
ω n+1
für n ∈
/Q.
Es ist Γ ⊂ Ω \ K ⊂ Ω \ K0 , so dass {Rα } auf Γ gleichmäßig konvergiert und wir
nun mit Fubinis Theorem schließen können
µZ
¶
Z
Z
1
f (ω)
f (ζ) dµ(ζ) =
dµ(ζ)
K
K 2πi
Γ ω−ζ
µZ
¶
Z
1
dµ(ζ)
=
f (ω)
dω
2πi Γ
K ω−ζ
Z
1
f (ω)(−Rα (ω)) dω
= lim
α→∞ 2πi Γ
Z
X
1
f (ω)
= lim
βn (α)
dω
α→∞
2πi Γ ω n+1
n∈Q
/
= 0.
2 q.e.d.
15
Als letztes Hilfsmittel in diesem Kapitel beweisen wir ein Ergebnis von Luh, Martirosian und Müller [15], in dem bezüglich der Teilfolge Q der natürlichen Zahlen
lediglich Minimaldichte dmin (Q) > 0 gefordert wird. Hierbei setzen wir für E ⊂ C
und für α ∈ [0, π)
[ ©
ª
Eα :=
ω : ω = zeiϕ ; z ∈ E .
|ϕ|≤α
Dann gilt:
Lemma 2.3
Es sei K ∈ M eine kompakte Menge mit 0 ∈ K ◦ , und es sei Dr := {z : |z| < r}
der maximale Kreis, der in K ◦ enthalten ist.
Weiterhin sei Q eine Teilfolge von N0 mit Minimaldichte dmin (Q) = δ ∈ (0, 1],
und es existiere ein Jordanbogen γ , der ∞ mit ∂Dr verbindet und die Eigenschaft
γπ(1−δ) ⊂ K c besitzt.
Es sei f eine Funktion, die holomorph auf K ist und in einer Umgebung des Ursprungs eine Potenzreihenentwicklung der Form
f (z) =
∞
X
fn z n
mit fn = 0 für n ∈
/Q
n=0
besitzt.
Dann gibt es für jedes ε > 0 ein Polynom P der Form
P (z) =
N
X
pn z n
mit pn = 0 für n ∈
/Q,
(2.7)
n=0
so dass gilt
max |f (z) − P (z)| < ε .
K
B EWEIS:
Der Beweis verläuft in gewisser Weise analog zu den vorherigen. Man beachte, dass
auch hier die Cauchy-Transformierte h eine holomorphe Fortsetzung nach |z| > r
besitzt, da dmin (Q) = δ und somit dmax (N0 \ Q) = 1 − δ gilt und ein Jordanbogen
γ laut Voraussetzungen existiert, so dass der Lückensatz von Pólya [29] anwendbar
ist.
2 q.e.d.
Kapitel 3
Ausschöpfung von Mengen
In den folgenden Kapiteln benötigen wir einige topologische Hilfsmittel die
Ausschöpfung von Mengen betreffend. Das erste Lemma stellt eine Methode zur
Ausschöpfung von einfach zusammenhängenden Gebieten beziehungsweise von offenen Mengen mit einfach zusammenhängenden Komponenten dar:
Lemma 3.1
1. Es sei G ein einfach zusammenhängendes Gebiet.
Dann gibt es eine Folge von Jordangebieten Gn mit rektifizierbarem Rand
∂Gn und
Gn ⊂ Gn ⊂ Gn+1 ⊂ G für alle n ∈ N .
Gn
G
Zu jedem Kompaktum K ⊂ G gibt es ein n0 ∈ N mit K ⊂ Gn0 .
2. Es sei O eine offene Menge mit einfach zusammenhängenden Komponenten.
Dann gibt es eine Folge kompakter Mengen Ln mit Ln ∈ M und
Ln ⊂ L◦n+1 ⊂ Ln+1 ⊂ O
für alle n ∈ N .
Zu jedem Kompaktum L ⊂ O gibt es ein n1 ∈ N mit L ⊂ Ln1 .
17
B EWEIS :
1. Im Fall G = C folgt mit Gn := {z : |z| < n} sofort die Behauptung.
Es sei also G 6= C.
Weiterhin sei z0 ∈ G und F eine konforme Abbildung vom Einheitskreis D
auf G mit F (0) = z0 . Dann schöpfen die Jordangebiete
¶¾
½
µ
1
Gn := w : w = F |z| < 1 −
2n
G von innen heraus aus.
S
2. Es sei O = ν≥1 G(ν) , und ohne Einschränkung O 6= C. Dabei seien die G(ν)
einfach zusammenhängende, paarweise disjunkte Gebiete.
(ν)
Zu jedem G(ν) wählen wir eine Folge von Jordangebieten Gn wie in Lemma
3.1, (1). Dann leistet
Ln =
n
[
(ν)
Gn
ν=1
das Gewünschte.
2 q.e.d.
Melas und Nestoridis [18] zeigten, dass auch das Komplement eines Gebietes
ausschöpfbar ist; wir verweisen an dieser Stelle auf den folgenden einfachen Beweis [1], der unabhängig von [18] ist.
Lemma 3.2
Es sei G ⊂ C, G 6= C ein Gebiet. Dann gilt:
1. Es existiert eine Folge {Kn } von Mengen Kn ∈ M(G) mit der Eigenschaft:
Zu jedem K ∈ M(G) existiert ein n0 ∈ N mit K ⊂ Kn0 .
2. Es existiert eine Folge {Bn } von Mengen Bn ∈ M(G) mit der Eigenschaft:
∞
S
Bn .
Bn ⊂ Bn+1 ⊂ Gc für alle n ∈ N und Gc =
n=1
18
B EWEIS:
Es sei S := {z : |z − z0 | ≤ r} mit r > 0 eine in G enthaltene abgeschlossene
Kreisscheibe.
1. Es sei {Ln } eine Abzählung aller Jordangebiete in S c , die von Polygonen mit
Ecken an Punkten mit rationalem Real- und Imaginärteil berandet sind. Die
Mengen Ln sind kompakt und haben zusammenhängendes Komplement. Zu
jeder kompakten Menge E ⊂ S c mit zusammenhängendem Komplement gibt
es ein n0 ∈ N mit E ⊂ Ln0 .
Wir betrachten die Folge {Kn } mit
Kn := Ln ∩ Gc .
Ist eine Menge K ∈ M(G) gegeben, so gibt es offensichtlich ein m0 ∈ N
mit K ⊂ Km0 . Es reicht also zu zeigen, dass Kn ∈ M(G) gilt, d.h. dass zu
c
jedem ζ ∈ Knc = Ln ∪ G eine Jordankurve Γ ⊂ Knc existiert, die ζ mit ∞
verbindet.
c
Dies ist klar, falls ζ ∈ Ln gilt. Ist ζ ∈ G, so existiert eine Jordankurve
c
γ0 ⊂ G (und damit γ0 ⊂ Knc ), die ζ mit z0 verbindet. Wegen z0 ∈ Ln gibt es
c
eine Jordankurve γ1 ⊂ Ln , die z0 mit ∞ verbindet. Die Kurve Γ := γ0 ∪ γ1
hat dann die gewünschte Eigenschaft.
2. Für n ∈ N betrachten wir die Mengen
½
¾
1
1
iϕ
Sn := z = z0 + ρe : r + ≤ ρ ≤ r + n; 0 ≤ ϕ ≤ 2π −
.
n
n
Es gilt Sn ⊂ Sn+1 ⊂ S c und S c =
∞
S
Sn . Die Mengen Sn sind kompakt und
n=1
haben zusammenhängendes Komplement. Analog wie in (a) folgt, dass die
Mengen
Bn := Sn ∩ Gc
die gewünschte Eigenschaft (b) haben.
2 q.e.d.
Das Komplement von abgeschlossenen Jordangebieten lässt sich von außen durch
Jordangebiete wie folgt ausschöpfen:
19
Lemma 3.3
Es sei G ⊂ C ein Jordangebiet.
Dann gibt es eine Folge von Jordangebieten {Gn } mit:
• G ⊂ Gn+1 ⊂ Gn+1 ⊂ Gn für alle n ∈ N,
•
∞
T
Gn = G,
n=1
• der Rand ∂Gn ist rektifizierbar.
Gn
Gn+1
G
Der Beweis erfolgt ähnlich wie bei Lemma 3.1 durch Betrachtung einer konformen
Abbildung F von Ĉ \ G auf den Einheitskreis.
Für sternförmige beziehungsweise strikt sternförmige Gebiete lassen sich ähnliche
Ergebnisse formulieren. Dazu definieren wir zunächst:
Definition
Es sei G ⊂ C ein Gebiet. Wir nennen G sternförmig, falls für alle Punkte z ∈ G
gilt, dass die Strecke 0, z ganz in G liegt.
Falls zusätzlich jede Gerade durch 0 den Rand des Gebietes ∂G in höchstens einem
Punkt trifft, so nennen wir G strikt sternförmig.
Lemma 3.4
a) Es sei G ein sternförmiges Jordangebiet.
Dann gibt es eine Folge sternförmiger Jordangebiete {Hn } mit:
• G ⊂ Hn+1 ⊂ H n+1 ⊂ Hn für alle n ∈ N,
∞
T
Hn = G,
•
n=1
• der Rand ∂Hn ist rektifizierbar.
20
b) Es sei G∗ ein strikt sternförmiges Jordangebiet.
Dann gibt es eine Folge sternförmiger Jordangebiete {Hn∗ } mit:
∗
∗
∗
• G ⊂ Hn+1
⊂ H n+1 ⊂ Hn∗ für alle n ∈ N,
∞
T
∗
•
Hn∗ = G ,
n=1
• der Rand ∂Hn∗ ist rektifizierbar.
Der Beweis ergibt sich mit [4], Seite 208, aus einer direkten Anwendung des Lemmas 3.3.
Kapitel 4
Universelle Funktionen mit
Lückenpotenzreihen
In diesem Kapitel werden wir die Existenz holomorpher Funktionen untersuchen,
die eine Lückenreihenentwicklung und universelle Approximationseigenschaften
bezüglich Überkonvergenz besitzt.
4.1 Eingeschränkte Universalität
Es gibt eine im Einheitskreis holomorphe Funktion ϕ, die eingeschränkte Universalitätseigenschaften besitzt. Das heißt, es existiert eine Potenzreihenentwicklung
mit Konvergenzradius 1 der Funktion ϕ derart, dass außerhalb eines gewissen Kreises {z : |z| ≤ R} eine Folge der Partialsummen der Potenzreihe in jedem Punkt
z0 , |z0 | > R gegen ∞ divergiert. Weiterhin erfüllt eine Teilfolge der betrachteten Partialsummenfolge auf jedem Kompaktum K ⊂ {z : 1 ≤ |z| ≤ R} mit
K ∈ M universelle Approximationseigenschaften. Dabei darf die Koeffizientenfolge der Potenzreihe gewisse Lücken aufweisen; jedoch können diese keinesfalls
so beschaffen sein, dass die Maximaldichte kleiner 1 ist.
Satz 4.1
Es sei R > 1 und Q eine Teilfolge von N0 mit oberer Dichte d(Q) = 1.
Dann gibt es eine genau in D holomorphe Funktion ϕ mit
ϕ(z) =
∞
X
aν z ν
mit aν = 0 für ν ∈
/Q
ν=0
und eine Folge {pn } natürlicher Zahlen, so dass für die Teilsummen
sn (z) :=
n
X
ν=0
folgendes gilt:
aν z ν
22
1. In jedem Punkt z0 , |z0 | > R, gilt:
spn (z0 ) → ∞
für n → ∞ .
2. Zu jedem Kompaktum K ⊂ {z : 1 ≤ |z| ≤ R} mit K ∈ M und jeder Funktion f ∈ A(K) gibt es eine Teilfolge {nk } mit
spnk (z) ⇒ f (z) .
K
B EWEIS :
1. Vorüberlegungen.
Es sei {Kn∗∗ } eine Ausschöpfung von Dc gemäß Lemma 3.2(1). Wir definieren Kn∗ := Kn∗∗ ∩ {z : |z| ≤ R}. Für jedes n ∈ N ist Kn∗ eine kompakte
Menge in Dc mit zusammenhängendem Komplement, so dass es für jede nicht
leere kompakte Menge K ∈ M mit K ⊂ Dc eine ganze Zahl N = N (K)
gibt mit K ⊂ KN∗ .
Weiterhin sei {Q∗n } eine Abzählung der Polynome, deren Koeffizienten rationale Real- und Imaginärteile besitzen.
Es gilt, dass jedes n ∈ N folgende Darstellung besitzt:
µ ¶
m
+ j mit m ∈ N, 1 ≤ j ≤ m .
n=
2
Wir setzen
Kn = K(m)+j := Kj∗ ,
2
Qn = Q(m)+j := Q∗m−j+1
2
und betrachten {(Kn , Qn )}.
¢
¡
Man beachte, dass in (Kn , Qn ) jede Kombination Kν∗ , Q∗µ unendlich oft
vorkommt.
2. Konstruktion einer Polynomfolge {Pn (z)}.
Wir wählen ein p0 ∈ Q beliebig und setzen P0 (z) := z p0 . Weiterhin seien für
ein n ∈ N bereits
P0 (z), ..., Pn−1 (z)
bekannt, wobei jedes dieser Polynome nur Potenzen z ν mit ν ∈ Q enthält.
Wir bezeichnen mit pn−1 den Grad des Polynoms Pn−1 und wählen qn−1 ∈ Q
derart, dass gilt: qn−1 > n · pn−1 .
23
Desweiteren betrachten wir nun die folgenden Mengen:
1111111111
0000000000
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000000
1111111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000000
1111111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000000
1111111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000000
1111111111
0000000
1111111
0000000
1111111
Kn
Ln
1
1111111
0000000
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000
1111111
wobei
½
Ln :=
½
Hn :=
1
z : |z| ≤ 1 −
2n
z = ρe
iψ
R+ 1 /n
R+n
Öffnungswinkel 1/n
Hn
¾
,
1
1
: R + ≤ ρ ≤ R + n; 0 ≤ ψ ≤ 2π −
n
n
¾
und Kn wie oben bereits definiert gewählt werden.
Dann gilt: Ln ∪ Kn ∪ Hn ∈ M und Ln , Kn , Hn sind paarweise disjunkt.
Gemäß Lemma 2.2 existiert nun ein Polynom
X
Pn (z) :=
αν z ν
ν∈Q
ν≥qn−1
mit den folgenden Eigenschaften:
1
,
n2
(
max |Pn (z)| <
Ln
¯
)¯
n−1
¯ 1
¯
X
¯
¯
Pν (z) ¯ < ,
max ¯Pn (z) − Qn (z) −
Kn
¯ n
¯
ν=0
¯
(
)¯
n−1
¯
¯
X
¯
¯
Pν (z) ¯ < 1 .
max ¯Pn (z) − (n + 1) −
Hn
¯
¯
ν=0
(4.1)
(4.2)
(4.3)
24
Wir setzen
ϕ(z) :=
∞
X
Pν (z) .
ν=0
3. Eigenschaften von ϕ(z).
(a) Wegen (4.1) konvergiert die Reihe
∞
P
Pν (z) kompakt auf Ln . Somit ist
ν=0
ϕ eine mindestens im Einheitskreis holomorphe Funktion.
(b) Wir betrachten nochmals die Polynome Pν , die die folgende Struktur
besitzen:
Pn (z) : z qn−1 , ..., z pn ;
Pn+1 (z) : z qn , ..., z pn+1 .
Wegen qn > (n + 1)pn gibt es keine Überlappungen, so dass wir nach
dem Weierstraßschen Doppelreihensatz die Potenzreihe
ϕ(z) =
∞
X
aν z ν
ν=0
aus der Polynomreihe
∞
P
ν=0
Pν (z) durch formales Ordnen nach steigenden
z-Potenzen erhalten. Weiterhin enthält diese Potenzreihe nur Potenzen
z ν mit ν ∈ Q.
Speziell gilt für die Partialsummen
n
X
Pν (z) =
ν=0
pn
X
aν z ν = spn (z) .
ν=0
Ferner ist aν = 0 für pn < ν < qn , so dass ϕ(z) =
Lücken {pn , qn } mit
qn
pn
≥ n + 1 → ∞ enthält.
∞
P
ν=0
aν z ν Ostrowski-
4. Es seien K ein Kompaktum mit K ⊂ {1 ≤ |z| ≤ R} und K ∈ M sowie eine
Funktion f ∈ A(K) gegeben.
Dann existiert ein N ∈ N mit K ⊂ KN∗ und gemäß des Satzes von Mergelian
eine Folge {mk } mit mk ≥ k und
¯ 1
¯
max ¯f (z) − Q∗mk (z)¯ < .
K
k
Wir setzen
µ
nk :=
¶
mk + N − 1
+N .
2
(4.4)
25
Dann ist Knk = KN∗ und Qnk = Q∗mk ; also ist speziell K ⊂ Knk .
Aus (4.2) folgt
¯n
¯
k
¯X
¯
1
¯
¯
max ¯
Pν (z) − Qnk (z)¯ <
,
Knk ¯
¯
n
k
ν=0
also
¯
¯ pn
k
¯
¯X
1
¯
¯
ν
aν z − Qnk (z)¯ <
max ¯
.
Knk ¯
¯ nk
ν=0
Das heißt
¯
¯
¯
¯
1
.
max ¯spnk (z) − Q∗mk (z)¯ ≤ max ¯spnk (z) − Q∗mk (z)¯ <
Knk
K
nk
Es folgt
¯
¯
¯
¯
¯
¯
max ¯spnk (z) − f (z)¯ ≤ max ¯spnk (z) − Q∗mk (z)¯ + max ¯Q∗mk (z) − f (z)¯
K
K
K
¯
¯ 1
≤ max ¯spnk (z) − Q∗mk (z)¯ +
Knk
k
1
1
<
+ .
nk k
Also gilt
spnk (z) ⇒ f (z) .
K
5. Holomorphie von ϕ(z).
Die Funktion ϕ ist genau in D holomorph. Wäre ϕ analytisch fortsetzbar, so
würde aus dem Ostrowskischen Überkonvergenzsatz folgen, dass {spn (z)} in
einem größeren Gebiet als D gegen ϕ(z) kompakt konvergiert, was nach Teil
(4) nicht möglich ist.
6. Divergenz von {spn (z)} in |z| > R.
Aus (4.3) folgt
¯
¯
n
¯
¯X
¯
¯
Pν (z) − (n + 1)¯ < 1 ,
max ¯
Hn ¯
¯
ν=0
also
max |spn (z) − (n + 1)| < 1 .
Hn
26
Es sei z0 ein fester Punkt mit |z0 | > R. Dann existiert ein N0 mit z0 ∈ Hn für
alle n ≥ N0 . Für diese n folgt
|spn (z0 ) − (n + 1)| ≤ max |spn (z) − (n + 1)| < 1 ,
Hn
also
|spn (z0 )| = |spn (z0 ) − (n + 1) + (n + 1)|
≥ (n + 1) − |spn (z0 ) − (n + 1)|
> n
und damit gilt
|spn (z)| → ∞
für alle z, |z| > R .
2 q.e.d.
Bemerkung
Der Beweis zeigt überdies, dass gilt
spn (z) ⇒ ∞
K
für jedes Kompaktum K ⊂ {z : |z| > R} mit K ∩ R = ∅. Zu jedem solchen K
existiert nämlich ein n0 = n0 (K) mit K ⊂ Hn für alle n ≥ n0 .
4.2 Folgerungen aus Satz 4.1
Wie man leicht sieht, kann man in Satz 4.1 auch R = ∞ zulassen. Dann gilt:
Satz 4.2
∞
P
Es sei eine universelle Potenzreihe
aν z ν mit aν = 0 für ν ∈
/ Q gemäß Satz 4.1
ν=0
für den Fall R = ∞ gegeben.
Dann existiert zu jedem Kompaktum K ∈ M(D) und jeder Funktion f ∈ A(K)
eine Teilfolge {pk } der natürlichen Zahlen, so dass für die Teilsummen
X
sn (z) =
aν z ν
ν=0
ν∈Q
folgendes gilt:
1. spk (z) ⇒ f (z) ,
K
c
2. {spk (z)} divergiert in jedem Punkt z0 ∈ K c ∩ D .
27
B EWEIS :
Es seien K ein Kompaktum mit K ∈ M(D) und eine Funktion f ∈ A(K) gegeben.
c
Es sei Z = {z1 , z2 , ...} eine in U := K c ∩D dichte Menge paarweise verschiedener
Punkte zν ∈ U . Wir wählen zu jedem k ∈ N ein rk > 0 so, dass
Dk := {z : |z − zk | ≤ rk } ⊂ K c ∩ D
c
gilt. Da K ∪ Dk zusammenhängendes Komplement hat, können wir nach Satz 4.1
ein pk so wählen, dass gilt
max |spk (z) − f (z)| <
K
1
k
(4.5)
und
max |spk (z) − (n + 1)| < 1 .
Dk
(4.6)
Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sei {pk } streng monoton wachsend. Ist ein
z0 ∈ U gegeben, so gibt es eine Teilfolge {km } der natürlichen Zahlen mit
z0 ∈ Dkm . Aus (4.5) folgt
spk (z) ⇒ f (z) ,
K
und mit (4.6) erhalten wir
spkm (z0 ) → ∞ .
2 q.e.d.
Als Sonderfall dieses Satzes ergibt sich fast unmittelbar:
Satz 4.3
Es sei eine universelle Potenzreihe ϕ gemäß Satz 4.1 gegeben.
Dann existiert zu einem beliebigen Kompaktum K ∈ M(D) mit K ◦ = ∅ und zu
jeder Funktion f ∈ A(K) eine Teilfolge {pk } der natürlichen Zahlen, so dass für
die Teilsummen
∞
X
sn (z) :=
aν z ν
ν=0
ν∈Q
gilt
spk (z) ⇒ f (z) ,
K
c
und {spk (z)} divergiert in jedem Gebiet G ⊂ D .
28
Der Beweis ergibt sich sofort aus obigen Überlegungen, wenn man beachtet, dass
c
für jedes Gebiet G ⊂ D wegen K ◦ = ∅ folgt, dass G ∩ U 6= ∅ ist und damit
{spk (z)} in jedem Punkt z ∈ Z ∩ G divergiert.
2 q.e.d.
Betrachten wir nochmals die Situation aus Satz 4.1 für den Fall R = ∞, so können
wir statt einer im Einheitskreis D holomorphen Funktion auch eine Funktion ϕ betrachten, die in einem sternförmigen Gebiet G holomorph ist. Genauer gilt:
Satz 4.4
Es sei Q eine Teilmenge von N0 mit oberer Dichte d(Q) = 1. Desweiteren sei G
ein sternförmiges Gebiet mit D ⊂ G, D 6⊂ G.
Dann existiert eine genau in G holomorphe Funktion ϕ der Form
X
ϕ(z) =
aν z ν ,
ν∈Q
wobei die Potenzreihe Konvergenzradius 1 besitzt. Weiterhin existiert eine Folge
{pn } natürlicher Zahlen, so dass für die Teilsummen
sn (z) =
n
X
aν z ν
ν=0
gilt:
1. spn (z) V ϕ(z) ,
G
2. zu jedem K ∈ M(G) und jedem f ∈ A(K) existiert eine Teilfolge {pnk }
von {pn } mit
spnk (z) ⇒ f (z) .
K
Der Beweis erfolgt durch eine Modifikation des Beweises zu Satz 4.1. Die Mengen
Ln werden durch sternförmige Gebiete Gn ersetzt, die G gemäß Lemma 3.4 von
innen heraus ausschöpfen. Anstelle der Mengen Kn∗∗ ⊂ Dc mit Kn∗∗ ∈ M treten
entsprechende Kompakta in Gc mit zusammenhängendem Komplement.
2 q.e.d.
29
4.3 Eine Verallgemeinerung des Satzes von Menšov
Im Jahr 1945 bewies Menšov [19] die Existenz einer sogenannten universellen trigonometrischen Reihe
∞
X
{αν cos νt + βν sin νt}
ν=0
mit der Eigenschaft, dass es für jede (Lebesgue-) messbare Funktion ϕ auf [0, 2π]
eine Folge {nk } gibt, so dass die zugehörige Folge von Partialsummen
nk
X
snk (t) =
{αν cos νt + βν sin νt}
ν=0
fast überall auf [0, 2π] gegen ϕ(t) konvergiert.
Es stellt sich nun die Frage, ob eine gewisse “Lückenversion“ dieses Satzes existiert.
Betrachten
wir gemäß Satz 4.1 mit beliebigem R > 1 eine universelle Potenzreihe
P
ν
aν z und setzen z = eit , so ergibt sich formal eine trigonometrische Reihe mit
ν=0
ν∈Q
Lücken
X
ν=0
ν∈Q
it
aν e =
∞
X
{αν cos νt + βν sin νt}
ν=0
mit αν , βν ∈ R. Wir zeigen nun deren Universalität im Sinne von Menšov:
Satz 4.5
Es sei ϕ ∈ H(D), deren Potenzreihe universelle Approximationseigenschaften
gemäß Satz 4.1 besitzt.
Es seien u, v reellwertige, Lebesgue-messbare Funktionen auf dem Rand des Einheitskreises ∂D.
Dann existiert eine Teilfolge {nk } der natürlichen Zahlen, so dass
Re snk (z) → u(z)
fast überall auf ∂D
und
Im snk (z) → v(z) fast überall auf ∂D .
30
B EWEIS:
Es seien u, v reellwertige, Lebesgue-messbare Funktionen auf ∂D. Gemäß Lusins
Theorem (siehe zum Beispiel [31], Theorem 2.23) existieren für alle k ∈ N stetige,
reellwertige Funktionen uk , vk auf ∂D sowie eine kompakte Menge E ⊂ ∂D mit
µ(E) = µ(∂D) = 2π, so dass
¾
uk (z) → u(z)
für k → ∞ und alle z ∈ E .
vk (z) → v(z)
Wir definieren hk (z) := uk (z) + ivk (z) für z ∈ E. Dann ist hk eine stetige Funktion
auf E.
1
Weiterhin betrachten wir die Mengen Ek := E \ {z = eiω : |ω| < 4k
, k ∈ N}.
Für jedes k ∈ N ist die Menge Ek kompakt mit Ek ∈ M, so dass wir mit Satz 4.1
schließen können, dass ein nk ∈ N existiert mit
max |snk (z) − hk (z)| <
Ek
1
.
k
Es sei z0 ∈ E ein beliebiger Punkt mit z0 6= 1. Dann gibt es ein k0 derart, dass z0 in
einem Ek für alle k ≥ k0 enthalten ist, und wir erhalten
snk (z0 ) → u(z0 ) + iv(z0 )
für k → ∞ ,
woraus folgt
snk (z) → u(z) + iv(z) fast überall auf ∂D .
2 q.e.d.
4.4 Diskussion der Lückenbedingung
Es stellt sich nun die Frage, ob wir in Satz 4.1 noch größere Lücken zulassen und
weiterhin ein analoges Ergebnis erzielen können.
Dazu betrachten wir die Maximaldichte einer Teilfolge Q der natürlichen Zahlen
N0 und definieren diese (im Sinne von Pólya [29], vergleiche Kapitel 2) als
¶
µ
νQ (n) − νQ (nθ)
.
dmax (Q) := lim lim
θ→1− n→∞
(1 − θ)n
Dabei gilt d(Q) ≤ dmax (Q).
Das folgende Beispiel zeigt, dass es nicht reicht, dmax (Q) < 1 in Satz 4.1 zu fordern:
31
Es sei R > 1 und Q eine Teilfolge von N0 mit dmax (Q) < 1. Nehmen wir an, es
existiere eine Funktion ϕ ∈ H(D) mit universellen Approximationseigenschaften
analog zu Satz 4.1.
Es sei K ∗ ein abgeschlossener Kreisbogen auf |z| = r mit 1 < r < R und Länge
2πRdmax (Q). Ferner sei G ein einfach zusammenhängendes Gebiet in
{z : 1 < |z| < R}, welches K ∗ enthält. Desweiteren betrachten wir die kompakte Menge K mit zusammenhängendem Komplement in {z : 1 < |z| < R} mit
G ⊃ K ◦ ⊃ K ∗ und K 6= K ∗ . Gemäß Satz 4.1 existiert eine Teilfolge {pnk } von
{pn } derart, dass gilt
spnk (z) =⇒ 0 .
K
Dann können wir folgern (vergleiche [21], Seite 29)
spnk (z) V 0 für ein ε > 0 .
Dr+ε
Speziell folgt hieraus ϕ(z) ≡ 0 für alle z ∈ D. Widerspruch!
2 q.e.d.
Betrachten wir jedoch eine speziellere Situation in Satz 4.1, indem wir die Lage der
Kompakta K zusätzlich einschränken, dürfen wir größere Lücken zulassen; hier
reicht es sogar, lediglich Minimaldichte dmin (Q) > 0 zu fordern:
Satz 4.6
Es sei R > 1 und Q eine Teilfolge von N0 mit Minimaldichte dmin (Q) = δ ∈ (0, 1].
Weiterhin existiere ein Jordanbogen γ , der ∞ mit ∂D verbindet und die Eigenschaft
c
γπ(1−δ) ⊂ D besitzt.
Dann gibt es eine genau in D holomorphe Funktion ψ mit
ψ(z) =
∞
X
aν z ν
mit aν = 0 für ν ∈
/Q
ν=0
und eine Folge {pn } natürlicher Zahlen, so dass für die Teilsummen
sn (z) :=
n
X
ν=0
folgendes gilt:
aν z ν
32
1. In jedem Punkt z0 , |z0 | > R, gilt:
spn (z0 ) → ∞
für n → ∞ .
2. Zu jedem Kompaktum K ⊂ {z : 1 ≤ |z| ≤ R} mit K ∈ M und
γπ(1−δ) ⊂ K c und jeder Funktion f ∈ A(K) gibt es eine Teilfolge {nk }
mit
spnk (z) ⇒ f (z) .
K
B EWEIS :
Der Beweis verläuft völlig analog zum dem des Satzes 4.1; statt Lemma 2.2 ist hier
allerdings Lemma 2.3 anzuwenden.
2 q.e.d.
Bemerkung
Die Voraussetzungen des Satzes sind bestmöglich.
Kapitel 5
Mehrfache Universalitäten
5.1 Hilfsmittel
MacLane [17] und unabhängig davon Blair und Rubel [3] konstruierten eine ganze Funktion mit der Eigenschaft, dass ihre Folge der Ableitungen dicht im Raum
E = H(C) der ganzen Funktionen (versehen mit der Topologie der kompakten
Konvergenz) ist. Wir benötigen hier die folgende Verallgemeinerung des Ergebnisses von MacLane (vergleiche [12]):
Lemma 5.1
Es sei λ = {λn }n∈N eine Teilfolge der natürlichen Zahlen.
Dann gibt es eine ganze Funktion g = gλ mit der folgenden Eigenschaft:
Zu jedem Kompaktum K ∈ M und jeder Funktion f ∈ A(K) gibt es eine Teilfolge
{mk }k∈N natürlicher Zahlen mit
g (λmk ) (z) ⇒ f (z) für k → ∞ .
K
In dem Beweis werden wir den Begriff einer strikten Folge von Stammfunktionen
verwenden.
Es sei hierzu g eine ganze Funktion. Für j ∈ N0 bezeichnen wir wie üblich mit g (j)
die Ableitung der Ordnung j; dabei sei g (0) (z) := g(z). Für j ∈ N benutzen wir
die Abkürzung g (−j) für die normierte Stammfunktion der Ordnung j, das heißt wir
setzen
Z z
(−j)
g
(z) :=
g (−j+1) (t) dt (j ∈ N) .
0
34
Zusätzlich benötigen wir das folgende Lemma (siehe [12]):
Lemma 5.2
Es sei g eine ganze Funktion. Dann gilt:
g (−j) (z) V 0
für
C
j→∞.
B EWEIS:
∞
P
Wir betrachten die Taylorreihe g(z) =
gν z ν und definieren für ein beliebiges
ν=0
R>0
M (R) :=
∞
X
|gν |Rν .
ν=0
Es gilt
g (−j) (z) =
∞
X
ν=0
damit folgt
gν
1
z ν+j ;
(ν + 1)(ν + 2) · ... · (ν + j)
¯
¯ Rj
max ¯g (−j) (z)¯ ≤
· M (R) ,
|z|≤R
j!
so dass nun gilt
g (−j) (z) =⇒ 0
|z|≤R
für j → ∞ .
2 q.e.d.
Mit den nun bereitgestellten Mitteln folgt:
B EWEIS ZU L EMMA 5.1:
Es sei {Qν }ν∈N eine Abzählung aller Polynome Qν (z) 6≡ 0, deren Koeffizienten rationale Real- und Imaginärteile besitzen. Wir bezeichnen mit qν den Grad von Qν .
Mit Lemma 5.2 existiert zu jedem ν ∈ N ein rν ∈ N, so dass gilt:
¯
¯
1
max ¯Q(−j)
(z)¯ < 2
ν
|z|≤ν
ν
für alle j ≥ rν .
Wir konstruieren nun eine Teilfolge {λnk } von {λn } folgendermaßen:
Die Zahlen λn1 := λ1 , λ2 , ..., λnk−1 seien bereits für ein k ≥ 2 festgelegt. Dann
wählen wir nk > nk−1 so groß, dass gilt
λnk > max {qν , rν } + λnk−1
1≤ν≤k
35
und erhalten somit induktiv die Folge {λnk }.
Die Funktion g definieren wir wie folgt:
g(z) :=
∞
X
nν )
Q(−λ
(z) .
ν
ν=1
Weiterhin folgt mit
λ nν > r ν
und
¯
¯
1
nν )
max ¯Q(−λ
(z)¯ < 2
ν
|z|≤ν
ν
für ν ≥ 2 ,
dass g eine ganze Funktion ist.
Es gilt, dass λnk − λnν > qν für 1 ≤ ν < k ist. Daraus folgt
g
(λnk )
(z) = Qk (z) +
∞
X
(−λnν +λnk )
Qν
(z) .
ν=k+1
Für ν ≥ k + 1 erhalten wir λnν − λnk ≥ rν und insgesamt
¯
¯
max ¯g (λnk ) (z) − Qk (z)¯ ≤
|z|≤k
≤
∞
X
ν=k+1
∞
X
¯
¯
¯ (−λn +λn ) ¯
max ¯Qν ν k (z)¯
|z|≤ν
1
1
<
.
2
ν
k
ν=k+1
(5.1)
Es sei nun f ∈ A(K) beliebig gegeben. Dann konvergiert die Partialsummenfolge
der zugehörigen Taylorreihe gleichmäßig gegen f auf jedem Kompaktum K. Jede dieser Teilsummen ist ein gewisses Polynom und kann auf kompakten Mengen
gleichmäßig durch ein Polynom mit rationalem Real- und Imaginärteil approximiert
werden. Dann folgt mit (5.1) die Behauptung.
2 q.e.d.
36
5.2 Mehrfach universelle Funktionen mit Lückenreihen
Wir untersuchen nun die Frage, ob eine genau in G holomorphe Funktion φ existiert,
die mehrfach universelle Eigenschaften besitzt und beweisen folgendes Ergebnis:
Satz 5.1
Es sei G ⊂ C ein einfach zusammenhängendes Gebiet mit D ⊂ G, D 6⊂ G. Ferner
seien O1 und O2 offene Mengen mit einfach zusammenhängenden Komponenten,
c
und es seien G, O1 , O2 paarweise disjunkt. (Hierbei ist auch O1 = G , O2 = ∅
zulässig.)
Es sei Q eine Teilmenge von N0 mit Dichte d(Q) = 1.
Dann gibt es eine genau in G holomorphe Funktion φ der Form
φ(z) := ψ(z) + g(z) =
∞
X
aν z ν ,
ν=0
wobei ψ durch die Potenzreihe
ψ(z) :=
∞
X
bν z ν
ν=0
ν∈Q
mit dem Konvergenzradius 1 gegeben ist und g eine ganze Funktion ist. Weiterhin
gilt:
1. Für die Partialsummen
n
X
∗
sn (z) =
bν z ν
beziehungsweise
sn (z) =
ν=0
ν∈Q
n
X
aν z ν
ν=0
gilt:
Es existiert eine Teilfolge {pn } von N mit:
(a)
s∗pn (z) V ψ(z)
(b)
s∗pn (z) V ∞
G
und
sowie
O2
spn (z) V φ(z) ,
G
spn (z) V ∞ .
O2
(c) Zu jedem K ⊂ O1 mit K ∈ M und jedem f ∈ A(K) existiert eine
Teilfolge {pnk } von {pn } mit
pnk
X
ν=0
ν∈Q
ν
bν z ⇒ f (z) − g(z)
K
pnk
X
und
ν=0
aν z ν ⇒ f (z) .
K
37
2. Für die Ableitungen von φ gilt:
Es existiert eine Folge {mn } der natürlichen Zahlen mit der folgenden Eigenschaft:
Zu jedem K ⊂ G mit K ∈ M und jedem f ∈ A(K) existiert eine Teilfolge
{mns } von {mn } mit
φ(mns ) (z) ⇒ f (z) .
K
1111111
0000000
0000000
1111111
0000000
1111111
00000000
11111111
0000000
1111111
00000000
11111111
0000000
1111111
00000000
11111111
0000000
1111111
00000000
11111111
0000000
1111111
00000000
11111111
00000000
11111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000
1111111
O1
G
D
1111111
0000000
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000
1111111
0000000 O
1111111
0000000
1111111
2
0000000
1111111
0000000000
1111111111
0000000
1111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
0000000000
1111111111
B EWEIS :
1. Vorüberlegungen.
(a) Es sei {Gn } eine Folge von Jordangebieten mit rektifizierbarem Rand
∂Gn und
Gn ⊂ Gn ⊂ Gn+1 ⊂ G für alle n ∈ N .
Diese Folge existiert gemäß Lemma 3.1(1), und es gibt zu jedem Kompaktum K ⊂ G ein n0 ∈ N mit K ⊂ Gn0 .
(b) Wir betrachten die offene und ohne Einschränkung nichtleere Menge
O1 , deren Komponenten einfach zusammenhängend sind.
Dann existiert eine endliche oder abzählbare Menge J = {1, 2, ...}, so
S
(1)
(1)
dass O1 = ν∈J Oν , wobei die Oν die Zusammenhangskomponenten von O1 sind.
Es sei {Hk∗ } eine Ausschöpfung von O1 gemäß Lemma 3.1(2). Jede
dieser offenen Mengen Hk∗ besteht aus einer endlichen Anzahl von paarweise disjunkten Jordangebieten.
Weiterhin sei {Q∗n } eine Abzählung aller Polynome mit Koeffizienten,
deren Real- und Imaginärteile rational sind.
Jedes n ∈ N besitzt eine eindeutige Darstellung des Typs
µ ¶
m
n=
+ j mit m ∈ N, 1 ≤ j ≤ m .
2
38
Wir definieren nun
Hn = H(m)+j := Hj∗ ,
(5.2)
Qn = Q(m)+j := Q∗m−j+1
(5.3)
2
2
und betrachten die Folge der Paare {(Hn , Qn )}.
In der Folge {(Hn , Qn )} kommt jede Kombination (Hn∗ , Q∗m ) unendlich
oft vor.
Weiterhin existiert gemäß Lemma 3.1(2) zu jedem Kompaktum K ⊂ O1
∗
ein n1 mit K ⊂ H n1 .
(c) Es sei {Ln } eine Folge von kompakten Mengen mit Ln ∈ M wie in
Lemma 3.1(2) für die offene Menge O2 .
(d) Wir betrachten die offene und ohne Einschränkung nichtleere Menge
U := C \ G \ O1 \ O2 .
Es sei {un } eine Abzählung aller Punkte aus U mit rationalem Real- und
Imaginärteil.
Wir setzen δn := dist(un , G ∪ O1 ∪ O2 ). Dann ist δn > 0.
Es sei Dn := {z : |z − un | ≤ 12 δn }; dann gilt
Dn ∩ G = ∅ ,
Dn ∩ O 1 = ∅ ,
Dn ∩ O 2 = ∅ ,
und zu jedem Punkt z0 ∈ U existiert eine (von z0 abhängige) Folge {nk }
mit z0 ∈ Dnk .
(e) Es sei g die ganze Funktion aus Lemma 5.1; ihre Potenzreihe sei
g(z) =
∞
X
gν z ν ;
ν=0
dabei gilt also
1
lim |gν | ν = 0 .
ν→∞
2. Wir konstruieren induktiv eine Folge von Polynomen Pn und eine Folge natürlicher Zahlen {mn }.
Es seien p0 ∈ Q beliebig, P0 (z) := z p0 und m0 := 1 gesetzt. Für ein n ∈ N
seien bekannt
die Polynome
die natürlichen Zahlen
P0 , ..., Pn−1 ;
m0 , ..., mn−1 ,
wobei alle Polynome Pµ nur Potenzen mit Exponenten in Q enthalten.
Es sei pn−1 der Grad von Pn−1 , und es werde qn−1 ∈ N so gewählt, dass
qn−1 > n · pn−1 .
(5.4)
39
Nun bestimmen wir zunächst mn ∈ N mit mn > mn−1 und mn > pn−1 so
groß, dass gilt
¯
¯ 1
max ¯g (mn ) (z) − Qn (z)¯ <
n
Gn
(5.5)
(was nach Lemma 5.1 möglich ist). Dann wählen wir gemäß Lemma 2.1 ein
Polynom Pn der Form
pn
X
Pn (z) =
αν z ν .
ν=qn−1
ν∈Q
Hierbei gelte gleichzeitig
max |Pn (z)| < εn ,
(5.6)
¯
(
)¯
n−1
¯
¯ 1
X
¯
¯
max ¯Pn (z) − Qn (z) −
Pµ (z) ¯ <
¯
¯ n
Hn
µ=0
(5.7)
Gn+1
sowie
und
¯
(
)¯
n−1
¯
¯
X
¯
¯
max ¯Pn (z) − n + 1 −
Pµ (z) ¯ < 1 .
Ln ∪Dn ¯
¯
(5.8)
µ=0
Die in (5.6) auftretende Folge {εn } sei so gewählt, dass 0 < εn < n12 ist und
überdies gilt
"
#
1
1
εn · mn ! · Länge(∂Gn+1 ) · max ©
<
. (5.9)
ª
m
+1
ν
ν≤n
n2
dist(Gν , ∂Gn+1 )
Induktiv entstehen {Pn (z)} und {mn }.
Wir setzen
φ(z) :=
∞
X
Pµ (z) + g(z) .
µ=0
3. Eigenschaften von φ(z).
P
(a) Wegen εn < n12 konvergiert die Reihe ∞
µ=0 Pµ (z) kompakt in G. Weiterhin ist g eine ganze Funktion, so dass φ in G holomorph ist.
Die Potenzreihenentwicklung um den Nullpunkt sei
φ(z) =
∞
X
ν=0
aν z ν .
40
(b) Wir betrachten nochmals die Polynome
pn
X
Pn (z) =
αν z ν .
ν=qn−1
ν∈Q
Die höchste Potenz in dem Polynom Pn ist vom Grad pn , und die kleinste Potenz von Pn+1 hat mindestens den Grad qn . Genauer besitzen diese
Polynome die folgende Struktur:
Pn (z) : z qn−1 , ..., z pn ;
Pn+1 (z) : z qn , ..., z pn+1 .
Nun folgt mit (5.4), dass es keine Überlappung gibt, da
qn > (n + 1)pn ist; das heißt eine Potenz z ν kommt in höchstens einem
Polynom
P∞ vor. Folglich erhalten wir die Potenzreihe aus der Polynomreihe µ=0 Pµ (z), indem wir die Potenzen aller Polynome Pµ (z) gemäß
des Weierstraßschen Doppelreihensatzes formal nach steigenden Exponenten ordnen.
Betrachten wir diese Potenzreihenentwicklung
ψ(z) :=
∞
X
bν z ν ,
ν=0
so gilt also
pn
X
ν
bν z =
ν=0
Ferner ist
∞
X
n
X
Pµ (z) .
(5.10)
µ=0
ν
aν z =
ν=0
∞
X
ν
bν z +
ν=0
∞
X
gν z ν .
ν=0
(c) Wir setzen
s∗n (z)
:=
n
X
ν
bν z ,
sn (z) :=
ν=0
n
X
ν=0
Nach (a) und (b) gilt dann
s∗pn (z) V ψ(z)
G
und (da g eine ganze Funktion ist)
spn (z) V φ(z) .
G
aν z ν .
41
(d) Weiter gilt wegen der Form der Polynome
Pn , dass bν = 0 ist für
P∞
pn < ν < qn , so daß die Potenzreihe ν=0 bν z ν Ostrowskische Lücken
{pn , qn } enthält, die wegen (5.4)
qn
→∞
pn
erfüllen.
Ferner ist bν = 0 für alle ν ∈
/ Q (weil die Polynome Pµ nur Potenzen
mit Exponenten in Q enthalten).
4. Verhalten der Partialsummenfolgen auf O2 .
Es sei L ⊂ O2 ein beliebiges Kompaktum. Dann gibt es ein n2 mit
L ⊂ Ln2 ⊂ Ln
für alle n ≥ n2 .
Aus (5.8) folgt
¯
¯
n
¯X
¯
¯
¯
max ¯
Pµ (z) − (n + 1)¯ < 1 für alle n > n2 ;
L ¯
¯
µ=0
also ist
¯
¯
n
¯X
¯
¯ ∗
¯
¯
¯
¯sp (z)¯ = ¯
P
(z)
−
(n
+
1)
+
(n
+
1)
¯
µ
n
¯
¯
µ=0
¯
¯
n
¯X
¯
¯
¯
≥ (n + 1) − ¯
Pµ (z) − (n + 1)¯
¯ µ=0
¯
> n
für alle z ∈ L und alle n > n2 .
Es folgt
s∗pn (z) ⇒ ∞ ,
L
und wegen
pn
X
ν=0
gν z ν ⇒ g(z)
L
ergibt sich auch
spn (z) ⇒ ∞ .
L
5. Verhalten der Partialsummenfolgen auf U.
Es sei z0 ∈ U ein fester Punkt. Dann gibt es eine Teilfolge {nk } der natürlichen Zahlen mit z0 ∈ Dnk für alle k.
Aus (5.8) folgt
¯
¯
n
¯
¯X
¯
¯
Pµ (z) − (n + 1)¯ < 1 für alle z ∈ Dn ,
¯
¯
¯ µ=0
42
also ist
¯
¯
n
¯X
¯
¯ ∗
¯
¯
¯sp (z)¯ = ¯¯
P
(z)
−
(n
+
1)
+
(n
+
1)
¯
µ
n
¯ µ=0
¯
¯
¯ n
¯
¯X
¯
¯
Pµ (z) − (n + 1)¯
≥ (n + 1) − ¯
¯
¯
µ=0
> n
für alle z ∈ Dn
¯
¯
¯
¯ ∗
¯spn (z0 )¯ > nk .
und damit
k
Wegen
spnk (z0 ) =
und
pnk
X
s∗pn (z0 )
k
+
pnk
X
gν z0ν
ν=0
gν z0ν → g(z0 )
ν=0
divergiert {spn (z0 )}. Da z0 ∈ U beliebig war, divergiert {spn (z)} für alle
z ∈ U.
6. Untersuchung auf O1 .
Es seien ein Kompaktum K ∈ M, K ⊂ O1 und eine Funktion f ∈ A(K)
gegeben.
(a) Nach dem Satz von Mergelian gibt es eine Folge {rk } mit rk → ∞ und
Q∗rk (z) ⇒ f (z) − g(z) .
(5.11)
K
∗
Weiter existiert ein n1 ∈ N mit K ⊂ H n1 . Nach Konstruktion von
{(Hn , Qn )} kommt in dieser Folge die Kombination (Hn∗1 , Q∗rk ) unendlich oft vor. Definieren wir also
µ
¶
rk + n1 − 1
nk :=
+ n1 ,
2
so erhalten wir mit (5.2), (5.3):
∗
H nk = H n1 ,
Qnk (z) = Q∗rk (z)
für alle k .
(b) Aus (5.7) folgt
¯
¯
n
¯ 1
¯X
¯
¯
Pµ (z) − Qn (z)¯ < .
max ¯
¯ n
Hn ¯
µ=0
43
Wegen (5.10) liefert das
¯
¯ 1
max ¯s∗pn (z) − Qn (z)¯ < ,
n
Hn
beziehungsweise
¯
¯
¯
¯ ∗
max ¯spn (z) − {f (z) − g(z)}¯
K
k
¯
¯
¯ ∗
¯
≤ max ¯spn (z) − Qnk (z)¯ + max |Qnk (z) − {f (z) − g(z)}|
<
K
k
H nk
¯
¯
1
+ max ¯Q∗rk (z) − {f (z) − g(z)}¯ ,
K
nk
so dass wegen (a) nun {s∗pn (z)} auf K gleichmäßig gegen f (z) − g(z)
k
konvergiert.
Wegen
spnk (z) =
s∗pn (z)
k
+
pnk
X
gν z
ν
pnk
X
und
ν=0
gν z ν ⇒ g(z)
K
ν=0
konvergiert dann auch {spnk (z)} auf K gleichmäßig gegen f (z).
7. Untersuchung der Ableitungen von φ.
(a) Mit
ψ(z) =
∞
X
Pµ (z)
µ=0
folgt für alle z ∈ G
ψ
(mn )
(z) =
∞
X
µ=0
Pµ(mn ) (z)
=
∞
X
Pµ(mn ) (z)
(5.12)
µ=n
(mn )
(da mn > pn−1 = Grad Pn−1 gewählt war, ist Pµ
µ = 0, ..., n − 1).
(z) ≡ 0 für
44
(b) Es sei z ∈ Gn und µ ≥ n; dann ist Gn ⊂ Gµ+1 . Nach der Cauchyschen
Formel für Ableitungen gilt nach (5.6) und (5.9)
¯
¯
¯m ! Z
¯
¯ (m ) ¯
P
(ζ)
¯
¯
µ
¯Pµ n (z)¯ = ¯ n
dζ
¯
m
+1
n
¯ 2πi ∂Gµ+1 (ζ − z)
¯
1
≤ εµ · mn ! · Länge (∂Gµ+1 ) · ©
ªmn +1
dist (Gn , ∂Gµ+1 )
"
(5.13)
#
1
≤ εµ · mµ ! · Länge (∂Gµ+1 ) · max ©
ªmν +1
ν≤µ
dist (Gν , ∂Gµ+1 )
<
1
.
µ2
(c) Es seien ein Kompaktum K ∈ M, K ⊂ G und eine Funktion
f ∈ A(K) gegeben.
Nach dem Satz von Mergelian gibt es eine Folge {ns } mit ns > s und
max |Qns (z) − f (z)| <
K
1
.
s
Für alle genügend großen s gilt: K ⊂ Gns ; für diese s folgt gemäß der
Konstruktion der Folge {mn } mit (5.5):
¯
¯
¯
¯
max ¯Qns (z) − g (mns ) (z)¯ ≤ max ¯Qns (z) − g (mns ) (z)¯
K
Gns
<
1
ns
<
1
s
für alle ns > s .
¯
¯ 2
max ¯g (mns ) (z) − f (z)¯ <
K
s
für alle ns > s .
Also ist
45
Es folgt weiterhin mit (5.12) und (5.13)
¯
¯
max ¯φ(mns ) (z) − f (z)¯
K
¯
¯
¯
¯
≤ max ¯φ(mns ) (z) − g (mns ) (z)¯ + max ¯g (mns ) (z) − f (z)¯
K
Gns
¯
¯ 2
< max ¯ψ (mns ) (z)¯ +
s
Gns
¯
¯
∞
¯ 2
¯X
¯
¯
Pµ(mns ) (z)¯ +
≤ max ¯
¯ s
Gns ¯
µ=n
s
≤
∞
X
µ=ns
<
¯
¯ 2
max ¯Pµ(mns ) (z)¯ +
s
Gns
∞
X
1
2
+
2
µ
s
µ=n
s
≤
2
1
+
ns − 1 s
<
3
s
Es gilt also φ
für alle ns > s .
(mns )
(5.14)
(z) ⇒ f (z).
K
8. Holomorphie von φ.
Es ist klar, dass φ in G holomorph ist. Wir nehmen an, dass φ über G hinaus
analytisch fortsetzbar wäre in einem Gebiet G0 ⊃ G, G0 6= G. Dann ist auch
ψ(z) = φ(z) − g(z)
P∞
ν
holomorph in G0 . Die Potenzreihe ψ(z) =
ν=0 bν z besitzt OstrowskiLücken {pn , qn } mit pqnn → ∞. Nach dem Ostrowskischen Überkonvergenzsatz konvergiert dann
pn
X
∗
spn (z) =
bν z ν
ν=0
46
in G0 kompakt gegen ψ(z). Da g eine ganze Funktion ist, konvergiert auch
spn (z) =
s∗pn (z)
+
pn
X
gν z ν
ν=0
in G0 kompakt gegen φ(z). Das Gebiet G0 enthält aber sicher einen Punkt z0
mit z0 ∈ O1 oder z0 ∈ O2 oder z0 ∈ U , in welchem {spn (z0 )} nach (4), (5),
(6) divergiert.
Widerspruch!
Also ist φ genau in G holomorph.
2 q.e.d.
Kapitel 6
Universell überkonvergente
Potenzreihen mit
Glattheitseigenschaften
6.1 Universelle Funktionen auf Jordangebieten
Es sei G ⊂ C ein Gebiet. Wir bezeichnen mit E ∞ (G) alle in G holomorphen Funktionen ϕ mit den folgenden Eigenschaften:
• jede Ableitung ϕ(l) (l = 0, 1, ...) besitzt eine stetige Erweiterung auf G,
• ∂G ist die natürliche Grenze für ϕ.
Im allgemeinen ist E ∞ (G) = ∅. Dies gilt selbst für einfach zusammenhängende
Gebiete G. Betrachten wir zum Beispiel G = D \ [0, 1], so gibt es keine in G holomorphe Funktion, die ∂G als natürliche Grenze besitzt und in G stetig ist.
Falls G jedoch ein Jordangebiet ist, so läßt sich folgendes aussagen:
Satz 6.1
Es sei G ein Jordangebiet mit D ⊂ G, D 6⊂ G. Weiterhin sei Q ⊂ N0 eine Teilmenge
der natürlichen Zahlen mit Dichte d(Q) = 1.
Dann existiert eine Funktion ϕ ∈ E ∞ (G) mit den folgenden Eigenschaften:
Die Funktion ϕ hat eine Potenzreihenentwicklung der Form
ϕ(z) =
∞
X
aν z ν
mit aν = 0 für alle ν ∈
/Q,
ν=0
deren Partialsummen sn (z) :=
n
P
ν=0
aν z ν folgendes erfüllen:
48
1. Es existiert eine Folge {pk } ⊂ N mit
(l)
s(l)
pk (z) ⇒ ϕ (z) für jedes l ∈ N0 .
G
c
2. Zu jedem K ⊂ G mit K ∈ M und jedem f ∈ A(K) existiert eine Teilfolge
{ks } der natürlichen Zahlen mit
spks (z) ⇒ f (z) .
K
B EWEIS:
c
1. Es sei {Kν∗ } eine Ausschöpfung von G gemäß Lemma 3.2. Weiterhin sei
{Π∗ν } eine Abzählung aller Polynome, deren Koeffizienten rationalen Realund Imaginärteil besitzen.
Wir setzen
Kn = K(m)+j := Kj∗
2
Πn = Π(m)+j := Π∗m−j+1
2
{(Kn , Πn )}. Dabei kommt in (Kn , Πn ) jede Kombination
¡und∗ betrachten
¢
∗
Kν , Πµ unendlich oft vor.
Es sei {Gn } eine Folge von Jordangebieten mit den Eigenschaften aus Lemma 3.3. Wir bezeichnen für alle n ∈ N mit dn := dist(G, ∂Gn ) den Abstand
von G zu ∂Gn ; dabei sei ohne Einschränkung 0 < dn < 1. Weiterhin sei
Ln die Länge von ∂Gn . Dann muss Ln ≥ 2π gelten, da nach Voraussetzung
D ⊂ Gn ist.
2. Wir konstruieren induktiv eine Folge von Polynomen {Pj }.
Wir setzen
µ ¶
n
(n − 1)n
(ν)
+ν =
+ν
(n ∈ N, ν ∈ N0 ) .
mn :=
2
2
Dann ist jedes j ∈ N eindeutig darstellbar in der Form
j = m(ν)
n
mit n ∈ N, 1 ≤ ν ≤ n .
(a) Es sei n = 1, ν = 1; also j = 1. Nach Lemma 2.1 existiert ein Polynom
P1 der Form
P1 (z) =
p1
X
µ=0
aµ z µ
mit aµ = 0 für µ ∈
/Q
49
so dass gilt
|P1 (z)| < 1 ,
max
G1
max
K1 ∩Gc1
|P1 (z) − Π1 (z)| < 1 .
Dabei besitzt K1 ∩Gc1 zusammenhängendes Komplement, und die Mengen G1 und K1 ∩ Gc1 sind punktfremd nach Konstruktion.
, ..., Pm(n)
konstruiert.
(b) Im n-ten Schritt werden die Polynome Pm(1)
n
n
(ν−1)
Es sei 2 ≤ n ∈ N und für 1 ≤ ν ≤ n bereits alle Pj mit j ≤ mn
bekannt. Der Grad von Pm(ν−1)
sei pm(ν−1)
.
n
n
(ν−1)
Nach Lemma 2.1 (angewendet auf µ ∈ Q mit µ ≥ mn
stiert nun ein Polynom Pm(ν)
der Form
n
p
(ν)
mn
X
Pmn(ν) (z) =
pm(ν−1)
) exin
aµ z µ
mit aµ = 0 für µ ∈
/Q,
(6.1)
(ν−1)
µ=mn
p (ν−1)
mn
welches erfüllt
max
G
(ν)
mn
max
Kν ∩Gcn
(ν)
mn +1
¯
¯
(dm(ν)
)
¯
¯
n
,
(6.2)
(z)¯ <
¯Pm(ν)
(ν)
n
(mn )2 · Lm(ν)
n
¯

¯
(ν−1)
¯
mX
n

¯¯
¯
1
¯P (ν) (z) − Πν (z) −
Pj (z) ¯¯ < (ν) . (6.3)
¯ mn

¯ mn
¯
j=1
Auch hier besitzt Kν ∩ Gcn zusammenhängendes Komplement und ist
.
punktfremd mit Gm(ν)
n
Induktiv entsteht nun die Polynomfolge {Pj }.
3. Wir setzen ϕ(z) :=
∞
P
Pj (z).
j=1
(a) Nach (6.2) gilt für jedes j ∈ N
max |Pj (z)| ≤ max |Pj (z)| <
G
Also ist
∞
P
Gj
(dj )j+1
1
≤ 2 .
2
j · Lj
j
Pj (z) gleichmäßig konvergent in G und damit ϕ stetig in G
j=1
und holomorph in G.
50
(b) Es sei l ∈ N fest. Dann folgt mit der allgemeinen Cauchyschen Integralformel und (6.2)
¯
¯
¯
¯
¯
¯
¯ l! Z
¯
Pj (ζ)
¯ (l) ¯
¯
¯
max ¯Pj (z)¯ = max ¯
dζ ¯
l+1
¯
(ζ − z)
z∈G
z∈G ¯ 2πi
¯
¯
ζ∈∂Gj
≤ l! · Lj ·
1
· max |Pj (ζ)|
(dj )l+1 ζ∈∂Gj
≤ l! · Lj ·
1
· max |Pj (ζ)|
(dj )j+1 ζ∈Gj
≤ l! · Lj ·
1
(dj )j+1
·
(dj )j+1 j 2 · Lj
l!
.
j2
=
Damit ist die Reihe
∞
P
j=1
(l)
Pj (z) gleichmäßig konvergent in G und somit
die Ableitungsfunktion ϕ(l) für jedes l ∈ N stetig erweiterbar auf G.
4. Wir betrachten die Potenzreihenentwicklung von ϕ (mit Entwicklungsmittelpunkt z0 = 0.
Wegen der speziellen Form (6.1) von Pj (z) treten keine überlappenden Potenzen auf. Daher gilt
ϕ(z) =
∞
X
aµ z µ
mit aµ = 0 für µ ∈
/Q,
(6.4)
µ=0
und die Reihe konvergiert mindestens in D.
Ferner hat die Reihe (6.4) wegen (6.1) reine Ostrowski-Lücken {pk , qk }, für
die pqkk → ∞ gilt.
Weiterhin ist
pk
k
X
X
aµ z µ =
Pj (z) ,
spk (z) =
µ=0
j=1
so dass nun gilt
spk (z) ⇒ ϕ(z)
G
und für jedes l ∈ N
(l)
s(l)
pk (z) ⇒ ϕ (z) .
G
51
c
5. Es seien ein beliebiges Kompaktum K ⊂ G mit zusammenhängendem Komplement und eine Funktion f ∈ A(K) gegeben.
Nach dem Satz von Mergelian existiert eine Folge {ms } mit ms → ∞ und
Π∗ms (z) ⇒ f (z) .
K
Weiterhin gibt es ein ts ∈ N mit K ⊂ Kt∗s . Nach Konstruktion von {(Kn , Πn )}
kommt in dieser Folge die Kombination (Kt∗s , Π∗ms ) unendlich oft vor. Definieren wir also
µ
¶
ms + ts − 1
qs :=
+ ts
2
so erhalten wir
Πqs = Π∗ms und Kqs = Kt∗s ,
also gilt K ⊂ Kqs und Πqs (z) ⇒ f (z).
K
Zu jedem solchen qs existiert nun ein Index ns mit ns ≥ qs und
Kqs ⊂ Gcns ,
also
Kqs ∩ Gcns = Kqs .
Aus (6.3) folgt nun
¯ (qs )
¯
¯mns
¯
¯X
¯
max ¯¯
Pj (z) − Πqs (z)¯¯ ≤
K ¯
¯
j=1
<
¯ (qs )
¯
¯mns
¯
¯X
¯
maxc ¯¯
Pj (z) − Πqs (z)¯¯
Kqs ∩Gns ¯
¯
j=1
1
(q )
mnss
.
(q )
Setzen wir ks := mnss , so folgt also
spks (z) =
ks
X
j=1
Pj (z) ⇒ f (z) .
K
6. Holomorphie von ϕ.
Nach 5. kann {spk (z)} in keinem größeren Gebiet als G kompakt konvergieren. Daher ist ϕ nach dem Ostrowskischen Überkonvergenzsatz genau in G
holomorph. Alle Ableitungen von ϕ sind allerdings auch noch in G stetig.
2 q.e.d.
Bemerkung
Ist G ein sternförmiges Jordangebiet, so kann die Bedingung d(Q) = 1 ersetzt
werden durch d(Q) = 1. Anstelle des Lemmas 2.1 ist dann das Lemma 2.2 zu
verwenden. Der Beweis bleibt ansonsten unverändert.
52
6.2 Universelle Funktionen auf strikt sternförmigen
Jordangebieten
Betrachten wir nun strikt sternförmige Gebiete G, so können wir im Vergleich zu
Satz 6.1 auch Aussagen über das Verhalten der Partialsummenfolgen zumindest auf
gewissen Teilen des Randes des Gebietes treffen:
Satz 6.2
Es sei G ein strikt sternförmiges Jordangebiet mit D ⊂ G, D 6⊂ G. Weiterhin sei
E ⊂ ∂G ein abgeschlossener Bogen mit E 6= ∂G.
Es sei Q ⊂ N0 eine Teilmenge der natürlichen Zahlen mit oberer Dichte d(Q) = 1.
Dann existiert eine genau in G holomorphe Funktion ϕ mit folgenden Eigenschaften:
a) Alle Ableitungen ϕ(l) (l = 0, 1, ...) sind stetig erweiterbar auf G \ E .
b) Die Funktion ϕ hat eine Potenzreihenentwicklung der Form
ϕ(z) =
∞
X
aν z ν
mit aν = 0 für alle ν ∈
/Q.
ν=0
c) Es gibt eine Folge {pk } ⊂ N, so dass für die n-ten Partialsummen
n
P
sn (z) =
aν z ν folgendes gilt:
ν=0
Für jedes l ∈ N0 und jedes Kompaktum B ⊂ G\E mit zusammenhängendem
Komplement gilt
(l)
s(l)
pk (z) ⇒ ϕ (z) .
B
c
d) Zu jedem Kompaktum K ∈ M mit K ⊂ G ∪ E und jeder Funktion
f ∈ A(K) existiert eine Teilfolge {ks } der natürlichen Zahlen mit
spks (z) ⇒ f (z) .
K
B EWEIS:
1.
(a) Für n ∈ N sei {Hn } eine Folge sternförmiger Jordangebiete wie in
Korollar 3.4 gegeben, das heißt es gelte
• G ⊂ Hn+1 ⊂ H n+1 ⊂ Hn für alle n ∈ N,
∞
T
Hn = G,
•
n=1
• der Rand ∂Hn ist rektifizierbar.
53
Weiterhin betrachten wir abgeschlossene Bögen En auf dem Rand ∂G,
definiert durch
¾
½
1
.
En := z ∈ ∂G : dist(z, E) ≤
n
Dann ist En 6= ∂G für genügend große n. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit nehmen wir an, dass dies bereits für alle n ∈ N gelte.
(b) Für n ∈ N sei Sn ein abgeschlossener Sektor, gegeben durch
½
·
¶¾
1
Sn := z ∈ C : z = r · ζ, ζ ∈ En , r ∈ 1 − , ∞
.
n
Hn
G
Sn
En
D
1/n
Dann sind Gn := Hn ∩ Snc sternförmige Jordangebiete, die folgendes
erfüllen:
• Gn+1 ⊂ Gn+1 ⊂ Gn für alle n ∈ N.
• Der Rand ∂Gn ist rektifizierbar; dessen Länge bezeichnen wir mit
Ln . Dabei sei Ln ≥ L > 0 für alle n ∈ N mit einer Konstanten L.
• Zu jedem Kompaktum B mit B ⊂ G \ E existiert ein n0 mit
B ⊂ Gn0 ⊂ Gn für alle n ≥ n0 .
(c) Wir setzen dn := dist(∂Gn , ∂Gn+1 ) für alle n ∈ N. Ohne Einschränkung
sei hierbei 0 < dn < 1.
c
Ferner sei {Kν∗ } eine Ausschöpfung von G gemäß Lemma 3.2. Weiterhin sei {Π∗ν } eine Abzählung aller Polynome, deren Koeffizienten rationalen Real- und Imaginärteil besitzen.
Wir setzen
Kn = K(m)+j := Kj∗ ,
2
Πn = Π(m)+j := Π∗m−j+1
2
und¡ betrachten
¢ {(Kn , Πn )}. Dabei kommt in (Kn , Πn ) jede Kombinati∗
∗
on Kν , Πµ unendlich oft vor.
2. Wir konstruieren induktiv eine Folge von Polynomen {Pj }.
Wir setzen
µ ¶
n
(n − 1)n
(ν)
+ν
(n ∈ N, ν ∈ N0 ) .
mn :=
+ν =
2
2
54
Dann ist jedes j ∈ N eindeutig darstellbar in der Form
j = m(ν)
n
mit n ∈ N, 1 ≤ ν ≤ n .
(a) Es sei n = 1, ν = 1; also j = 1. Nach Lemma 2.2 existiert ein Polynom
P1 der Form
p1
X
P1 (z) =
aµ z µ
mit aµ = 0 für µ ∈
/Q,
µ=0
so dass gilt
max
G1
max
K1 ∩Gc1
|P1 (z)| < 1 ,
|P1 (z) − Π1 (z)| < 1 .
Dabei besitzt K1 ∩ Gc1 zusammenhängendes Komplement, und G1 und
K1 ∩ Gc1 sind punktfremd nach Konstruktion.
, ..., Pm(n)
konstruiert.
(b) Im n-ten Schritt werden die Polynome Pm(1)
n
n
(ν−1)
Es sei 2 ≤ n ∈ N und für 1 ≤ ν ≤ n bereits alle Pj mit j ≤ mn
bekannt. Der Grad von Pm(ν−1)
sei pm(ν−1)
.
n
n
(ν−1)
Nach Lemma 2.2 (angewendet auf µ ∈ Q mit µ ≥ mn
stiert nun ein Polynom Pm(ν)
der Form
n
p
(ν)
mn
X
Pmn(ν) (z) =
pm(ν−1)
) exin
aµ z µ
mit aµ = 0 für µ ∈
/Q,
(6.5)
(ν−1)
µ=mn
p (ν−1)
mn
welches erfüllt:
max
G
(ν)
mn
max
Kν ∩Gcn
(ν)
mn +1
¯
¯
(dm(ν)
)
¯
¯
n
,
(6.6)
(z)¯ <
¯Pm(ν)
(ν) 2
n
(mn ) · Lm(ν)
n
¯

¯
(ν−1)
¯
mX
n
¯¯

¯
¯ < 1 . (6.7)
¯P (ν) (z) − Πν (z) −
P
(z)
j
¯ mn
¯¯ m(ν)

¯
n
j=1
Auch hier besitzt Kν ∩ Gcn zusammenhängendes Komplement und ist
punktfremd mit Gm(ν)
.
n
Induktiv entsteht nun die Polynomfolge {Pj }.
3. Wir setzen ϕ(z) :=
∞
P
Pj (z). Weiterhin sei B ∈ M ein beliebiges Kompak-
j=1
tum mit B ⊂ G \ E. Dann gibt es ein j0 ∈ N, so dass gilt
B ⊂ Gj+1 ⊂ Gj+1 ⊂ Gj
für alle j ≥ j0 .
55
(a) Nach (6.6) gilt für jedes j ∈ N
max |Pj (z)| ≤ max |Pj (z)| ≤
B
so dass
∞
P
Gj
(dj )j+1
1
,
≤ 2
2
j · Lj
j ·L
Pj (z) auf B gleichmäßig konvergiert. Da B beliebig ist, ist
j=1
ϕ stetig auf G \ E und holomorph in G.
(b) Es sei l ∈ N fest. Dann folgt mit der Cauchyschen Integralformel und
mit (6.6)
¯
¯
¯ (l) ¯
(l)
max ¯Pj (z)¯ ≤ max |Pj (z)|
z∈B
z∈Gj+1
¯
¯
¯
¯
Z
¯
¯ l!
P
(ζ)
¯
¯
j
= max ¯
dζ
¯
l+1
¯
¯
2πi
(ζ
−
z)
z∈Gj+1
¯
¯
ζ∈∂Gj
≤ l! · Lj ·
1
· max |Pj (ζ)|
(dj )l+1 ζ∈Gj
≤ l! · Lj ·
1
· max |Pj (ζ)|
(dj )j+1 ζ∈Gj
≤ l! · Lj ·
1
(dj )j+1
·
(dj )j+1 j 2 · Lj
=
∞
P
Damit ist jede Reihe
j=1
l!
.
j2
(l)
Pj (z) für l = 1, 2, ... gleichmäßig konvergent
auf B. Da B beliebig ist, kann ϕ(l) für jedes l ∈ N stetig auf G \ E
erweitert werden.
4. Wir betrachten die Potenzreihenentwicklung von ϕ (mit Entwicklungsmittelpunkt z0 = 0.
Wegen der speziellen Form (6.5) von Pj (z) treten keine überlappenden Potenzen auf. Daher gilt
ϕ(z) =
∞
X
aµ z µ
mit aµ = 0 für µ ∈
/Q,
(6.8)
µ=0
und die Reihe konvergiert mindestens in D.
Ferner hat die Reihe (6.8) wegen (6.5) reine Ostrowski-Lücken {pk , qk }, für
56
die pqkk → ∞ gilt.
Weiterhin ist
spk (z) =
pk
X
µ
aµ z =
µ=0
k
X
Pj (z) ,
j=1
so dass nun gilt
spk (z) ⇒ ϕ(z)
B
und für jedes l ∈ N
(l)
s(l)
pk (z) ⇒ ϕ (z) .
B
c
5. Es seien ein beliebiges Kompaktum K ⊂ G ∪ E mit zusammenhängendem
Komplement und eine Funktion f ∈ A(K) gegeben.
Nach dem Satz von Mergelian existiert eine Folge {ms } mit ms → ∞ und
Π∗ms (z) ⇒ f (z) .
K
Weiterhin gibt es ein ts ∈ N mit K ⊂ Kt∗s . Nach Konstruktion von {(Kn , Πn )}
kommt in dieser Folge die Kombination (Kt∗s , Π∗ms ) unendlich oft vor. Definieren wir also
µ
¶
ms + ts − 1
qs :=
+ ts
2
so erhalten wir
Πqs = Π∗ms und Kqs = Kt∗s ,
also gilt K ⊂ Kqs und Πqs (z) ⇒ f (z).
K
Zu jedem solchen qs existiert nun ein Index ns mit ns ≥ qs und
Kqs ⊂ Gcns ,
also
Kqs ∩ Gcns = Kqs .
Aus (6.7) folgt nun
¯
¯ (qs )
¯
¯mX
¯
¯ ns
Pj (z) − Πqs (z)¯¯ ≤
max ¯¯
K ¯
¯
j=1
<
¯
¯ (qs )
¯
¯mX
¯
¯ ns
Pj (z) − Πqs (z)¯¯
maxc ¯¯
Kqs ∩Gns ¯
¯
j=1
1
(q )
mnss
.
(q )
Setzen wir ks := mnss , so folgt also
spks (z) =
ks
X
j=1
Pj (z) ⇒ f (z) .
K
57
6. Holomorphie von ϕ.
Nach 5. kann {spk (z)} in keinem größeren Gebiet als G kompakt konvergieren. Daher ist ϕ nach dem Ostrowskischen Überkonvergenzsatz genau in G
holomorph. Alle Ableitungen von ϕ sind allerdings auch noch in G \ E stetig.
2 q.e.d.
Kapitel 7
Universelle Approximation
messbarer Funktionen
Mit dem folgenden Satz lässt sich jedes unserer Ergebnisse über Approximation
durch Teilsummen einer universellen Potenzreihe auf kompakten Mengen
K ∈ M(G) automatisch ausweiten auf fast-überall Approximation messbarer Funktionen auf messbaren Mengen:
Satz 7.1
Es sei G ⊂ C ein Gebiet und {fn } eine Folge ganzer Funktionen mit folgender
Eigenschaft:
Zu jedem Kompaktum K ∈ M(G) und jeder Funktion ϕ ∈ A(K) existiert eine
Folge {nk } mit
fnk (z) ⇒ ϕ(z) .
K
Dann hat {fn } auch die folgende Eigenschaft:
Zu jeder (Lebesgue-) messbaren Menge S ⊂ Gc und jeder (Lebesgue-) messbaren
Funktion f auf S existiert eine Folge {mn } mit
fmn (z) → f (z)
fast überall auf S .
B EWEIS:
1. Es seien eine messbare Menge S ⊂ Gc und eine messbare Funktion f auf S
gegeben. Die Funktion
½
f (z)
z∈S
g(z) =
0
z∈
/S
ist messbar auf C, und es reicht, g auf Gc fast überall zu approximieren.
Es sei {Bn } eine Folge von Mengen Bn ∈ M(G) wie in Lemma 3.2 mit
59
Bn ⊂ Bn+1 ⊂ Gc für alle n ∈ N und Gc =
∞
S
Bn . Wir wählen Rn ∈ N so,
n=1
dass Bn ⊂ {z : |z| ≤ Rn } und Rn < Rn+1 für alle n ∈ N.
Die Funktionen
½
g(z)
falls g(z) ∈ C
gn (z) :=
0
falls g(z) = ∞
sind messbar auf Bn und nach dem Satz von Lusin (siehe [31], Seite 57)
1
existiert eine messbare Menge L∗n ⊂ Bn mit µ(Bn \ L∗n ) ≤ 2n+1
und eine auf
∗
∗
Ln stetige Funktion ϕn mit ϕn (z) = gn (z) für alle z ∈ Ln .
Die Menge
Ln := {z : z ∈ L∗n , Re(z) ∈
/ Q, Im(z) ∈
/ Q}
hat keine inneren Punkte und erfüllt µ(Ln ) = µ(L∗n ). Da Ln messbar ist, gibt
es eine kompakte Menge Mn ⊂ Ln mit
µ(Ln \ Mn ) ≤
1
2n+2
.
Das Komplement von Mn hat die Darstellung
[
Mnc =
G(j)
n
j∈Jn
mit einer höchstens abzählbaren Menge Jn und paarweise disjunkten Gebie(j)
(j)
ten Gn (den Komponenten von Mnc ). Wir wählen in jedem Gn einen Punkt
(j)
zn(j) = rn(j) eiΘn ∈ G(j)
n
mit
rn(j) > 0, Θ(j)
n ∈ R
und betrachten den Sektor
½
(j)
Hn := z = zn(j) + ρeiΘ : 0 < ρ < 2Rn , |Θ − Θ(j)
n | <
Für die Menge
(
Kn := Bn ∩
[ ¡
¢
(j)
¾
1
Rn2 2n+j+4
.
)c
G(j)
n ∪ Hn
j∈Jn
gilt Kn ∈ M(G) und Kn ⊂ Mn ⊂ Ln , so dass Kn keine inneren Punkte
besitzt. Wir erhalten
Ã
!
∞
X
[
1
1
2
(j)
= n+2 .
µ(Mn \ Kn ) ≤ µ
Hn
≤ n+4 ·
j
2
2
2
j=0
j∈J
n
Daher gilt
µ(Bn \ Kn ) ≤ µ(Bn \ L∗n ) + µ(Ln \ Mn ) + µ(Mn \ Kn ) ≤
1
.
2n
60
Wir betrachten die messbare Menge
E :=
∞ \
∞
[
Kν .
n=1 ν=n
Hierfür gilt
Ã
µ(Bn \ E) ≤ µ
∞
[
!
(Bν \ Kν )
ν=n
≤
∞
X
1
1
= n−1 ,
ν
2
2
ν=n
und es folgt
µ(Gc \ E) = lim µ(Bn \ E) = 0 .
n→∞
2. Aufgrund der Eigenschaften von {fn } gibt es zu jedem n ∈ N einen Index
mn ∈ N, so dass
1
max |fmn (z) − ϕn (z)| < .
Kn
n
Es sei ein fester Punkt z ∈ E gegeben; dann existiert ein N0 mit z ∈ Kn für
alle n ≥ N0 .
Ist g(z) 6= ∞, so erhalten wir für alle n ≥ N0
|fmn (z) − g(z)| ≤ max |fmn (z) − ϕn (z)| <
Kn
1
.
n
Im Falle g(z) = ∞ erhalten wir
|fmn (z)| ≥ n − max |fmn (z) − ϕn (z)| ≥ n −
Kn
1
,
n
also fmn (z) → ∞.
Damit gilt fmn (z) → g(z) für alle z ∈ E.
2 q.e.d.
Kapitel 8
Universalität von Cesàro-Mitteln
Wir untersuchen nun die Frage, ob auch die Cesàro-Mittel einer Potenzreihe universelle Approximationseigenschaften besitzen.
(r)
Dazu betrachten wir für ein festes r > 0 die Matrix Cr = (αnν ) = (αnν ) mit
¡n−ν+r−1¢
(r)
αnν = αnν
:=
¡n−ν
¢
n+r
(0 ≤ ν ≤ n)
und
(r)
αnν
=0
(ν > n) .
n
Diese sogenannten Cesàro-Mittel definieren ein permanentes Limitierungsverfahren; es gilt nämlich
n
n
X
X
αnν =
|αnν | = 1
ν=0
ν=0
und
αnν → 0 (n → ∞) für jedes ν = 0, 1, ... .
Für r = 0 erhalten wir (falls 0 ≤ ν ≤ n ist)
¡n−ν−1¢ ½
1
(0)
¡n¢ =
αnν
= n−ν
0
n
falls ν = n
.
sonst
Also ist C0 = E (wobei mit E die Einheitsmatrix bezeichnet wird), und das Limitierungsverfahren C0 liefert die gewöhnliche Konvergenz.
Für r = 1 erhalten wir (falls 0 ≤ ν ≤ n ist)
¡n−ν ¢
1
(1)
¢
.
αnν
= ¡n−ν
n+1 =
n
+
1
n
Hier ergibt sich also das Verfahren der arithmetischen Mittel. In der Klasse aller Cr Verfahren sind daher als Spezialfälle die Limitierungsverfahren der gewöhnlichen
Konvergenz und der arithmetischen Mittel enthalten, so dass die Cr -Verfahren als
eine natürliche Weiterentwicklung dieser einfachsten Verfahren angesehen werden
können.
62
Wir werden sehen, dass zumindest ganzzahlige Cesàro-Mittel einer Potenzreihe universelle Approximationseigenschaften besitzen.
Es sei im folgenden ein (festes) r ∈ N gegeben.
∞
P
Wir betrachten zunächst die Potenzreihenentwicklung
ν=0
aν z ν einer holomorphen
Funktion ϕ im Einheitskreis D mit den zugehörigen Partialsummen sn (z) =
(n−ν+r−1
)
n−ν
Dann sind mit αnν =
(n+r
)
n
{sn } gegeben durch
σn (z) =
σn(r) (z)
=
n
P
ν=0
aν z ν .
(0 ≤ ν ≤ n) die Cr -Transformierten der Folge
n
X
αnµ sµ (z) =
µ=0
( n
n
X
X
ν=0
)
αnµ
aν z ν ,
µ=ν
Betrachten wir nun zum Beispiel nochmals die arithmetischen Mittel (das heisst es
gelte r = 1), so erhalten wir den folgenden Zusammenhang:
Die arithmetischen Mittel sind gegeben durch
n
1 X
σn (z) =
sν (z) .
n + 1 ν=0
Damit ist
n
σn (z) =
1 X
(n + 1 − ν)aν z ν
n + 1 ν=0
n
X
n
1 X
νaν z ν
=
aν z −
n
+
1
ν=0
ν=1
ν
= sn (z) −
1
zs0n (z) .
n+1
Unser Ziel ist es nun, einen direkten Zusammenhang zwischen allgemeinen (ganzzahligen) Cesàro-Mitteln und den Partialsummenfolgen einer Potenzreihe darzustellen. Dazu reicht es sogar aus, allgemeinen Konvergenzradius R ≥ 0 und allgemeinen Entwicklungsmittelpunkt z0 zu betrachten.
Genauer gilt für alle n ∈ N:
63
Satz 8.1 P
∞
Es sei
aν (z − z0 )ν eine Potenzreihe mit beliebigem Konvergenzradius
ν=0
n
P
R ≥ 0 und den Teilsummen sn (z) =
aν (z − z0 )ν .
ν=0
Für die Cesàro-Mittel
1
¶
n µ
X
n−ν+r−1
n
ν=0
σn (z) = ¡n+r¢
n−ν
gilt dann
σn (z) = sn (z) +
r
X
sν (z)
(r ∈ N)
cnk (z − z0 )k s(k)
n (z) ,
k=1
wobei
lim cnk = 0
n→∞
für jedes k = 1, 2, ..., r .
B EWEIS:
Wir können ohne Beschränkung der Allgemeinheit z0 = 0 annehmen (andernfalls
substituiere man w = z − z0 ).
1. Für r ∈ N ist
σn (z) − sn (z) =
( n
n
X
X
ν=1
)
αnµ − 1 aν z ν .
µ=ν
Nun gilt
n
X
µ=ν
1
¶
n µ
X
n−µ+r−1
r
µ=ν
αnµ = ¡n+r¢
r−1
¡n−ν+r¢
r ¢
= ¡n+r
r
r µ
Y
=
1−
l=1
ν
n+l
¶
.
Dies ist ein Polynom in ν mit Grad r. Damit ist
¶
n
r µ
X
Y
ν
αnµ − 1 =
1−
−1
n+l
µ=ν
l=1
= cn0 + cn1 ν + cn2 ν(ν − 1) + cn3 ν(ν − 1)(ν − 2) +
... + cnr ν(ν − 1) · ... · (ν − r + 1) ,
was der Newton-Form eines Polynoms entspricht.
64
2. Wir zeigen nun, dass cnk → 0 (n → ∞) gilt:
Für ν = 0 ist
n
X
cn0 =
αnµ − 1 = 0 ,
µ=0
also
cn1 ν + cn2 ν(ν − 1) + ... + cnr ν(ν − 1) · ... · (ν − r + 1) =
n
X
αnµ − 1 .
µ=ν
Weiterhin liefert ν = 1
n
X
cn1 =
(
αnµ − 1 =
n
X
µ=1
)
αnµ − 1
− αn1
µ=0
= αn1 → 0 (n → ∞) .
Wir nehmen an, es gelte cn1 → 0, cn2 → 0, ..., cn,t−1 → 0 für ein t mit
1 ≤ t < r. Dann liefert ν = t
cn1 t + cn2 t(t − 1) + ... + cn,t−1 t(t − 1) · ... · 2 + cnt t!
( n
) t−1
n
X
X
X
=
αnµ − 1 =
αnµ − 1 −
αnµ
µ=t
=
t−1
X
µ=0
αnµ → 0
µ=0
(n → ∞) .
µ=0
Damit folgt induktiv die Behauptung.
3. Nun ist
µ ¶
1 ν
αnµ − 1 =
cnk ·
k! k
µ=ν
k=1
n
X
r
X
und somit
σn (z) − sn (z) =
( n
n
X
X
ν=1
αnµ − 1 aν z ν
µ=ν
µ ¶)
1 ν
aν z ν
=
cnk ·
k! k
ν=1
k=1
r
n
X
X µν ¶
=
cnk · k!
aν z ν
k
ν=1
k=1
n
X
=
r
X
(
)
r
X
cnk z k · s(k)
n (z) .
k=1
2 q.e.d.
65
Es folgt nun sofort für alle ganzzahligen Cesàro-Mittel:
Satz 8.2 P
∞
Es sei
aν (z − z0 )ν eine beliebige Potenzreihe mit den Teilsummen
ν=0
sn (z) =
n
P
aν (z − z0 )ν .
ν=0
Gilt auf einer offenen Menge O ⊂ C
snm (z) V f (z) ,
O
so gilt für die Cesàro-Transformierten der Ordnung r ∈ N ebenfalls
σnm (z) V f (z) .
O
B EWEIS:
Die Funktion f ist holomorph auf O, und es gilt für jedes k ∈ N0
(k)
s(k)
(z)
nm (z) V f
(m → ∞) .
O
Nach Satz 8.1 gilt
σnm (z) = snm (z) +
r
X
cnk (z − z0 )k s(k)
nm (z) .
k=1
Wegen lim cnk = 0 für k = 1, ..., r folgt nun
n→∞
σnm (z) V f (z) .
O
2 q.e.d.
Falls also die Partialsummenfolgen einer Potenzreihe universelle Approximationseigenschaften auf einer offenen Menge besitzen, besitzen die zugehörigen CesàroMittel ganzzahliger Ordnung auf der gleichen Menge die gleichen Eigenschaften.
66
Der folgende Satz ermöglicht es uns zusammen mit Satz 8.2, alle bisher bewiec
senen Ergebnisse über universelle Approximation in D durch Teilsummen einer
∞
P
Potenzreihe ϕ(z) =
aν z ν mit dem Konvergenzradius R = 1 auch auf die Cr −
ν=0
Transformierten (mit r ∈ N) der Teilsummen zu übertragen:
Satz 8.3
Es sei G ⊂ C ein Gebiet mit G 6= C und {fn } eine Folge ganzer Funktionen. Dann
sind die folgenden Eigenschaften äquivalent:
c
1. Zu jedem Kompaktum K ⊂ G mit K ∈ M und jeder Funktion ϕ ∈ A(K)
existiert eine Teilfolge {nk } der natürlichen Zahlen mit
fnk (z) ⇒ ϕ(z) .
K
c
2. Zu jedem einfach zusammenhängenden Gebiet D ⊂ G und jeder Funktion
ψ ∈ H(D) existiert eine Teilfolge {mk } der natürlichen Zahlen mit
fmk (z) V ψ(z) .
D
B EWEIS:
c
a) Es gelte 1., und es seien ein einfach zusammenhängendes Gebiet D ⊂ G
und eine Funktion ψ ∈ H(D) gegeben. Wir wählen eine Folge {Dk } von
Jordangebieten mit Dk ⊂ D, die die Eigenschaften aus Lemma 3.1 erfüllen.
Zu jedem k ∈ N gibt es dann ein nk mit
max |fnk (z) − ψ(z)| <
Dk
1
.
k
Hierbei kann {nk } streng monoton wachsend gewählt werden. Da {Dk } das
Gebiet D von innen heraus ausschöpft, gilt
fnk (z) V ψ(z) .
D
c
b) Es gelte 2., und es seien ein Kompaktum K ⊂ G mit K ∈ M und eine
Funktion ϕ ∈ A(K) gegeben. Nach dem Satz von Mergelian gibt es dann zu
jedem j ∈ N ein Polynom Pj mit
max |ϕ(z) − Pj (z)| <
K
1
.
j
c
Wir können ein einfach zusammenhängendes Gebiet D ⊂ G mit K ⊂ D
wählen (siehe etwa [11] oder [7]).
(j)
Zu jedem j ∈ N finden wir dann eine Folge {mn }∞
n=1 mit
fm(j)
(z) V Pj (z) .
n
D
67
Eine geeignete Diagonalfolge {nk } erfüllt dann
fnk (z) ⇒ ϕ(z) .
K
2 q.e.d.
Bemerkung
Alle in dieser Arbeit konstruierten Potenzreihen ϕ(z) =
∞
P
ν=0
aν z ν mit universel-
len Überkonvergenzeigenschaften wurden konstruiert als Reihen mit OstrowskiLücken {pk , qk }, und die Folgen mit universellen Approximationseigenschaften
pk
P
wurden als Teilfolgen von spk (z) =
aν z ν gewonnen.
ν=0
Ist nun z0 ein beliebiger Punkt im Holomorphiegebiet von ϕ, und ist
∞
P
bν (z − z0 )ν die Entwicklung von ϕ um z0 , so gilt (vergleiche [13],
ϕ(z) =
ν=0
Lemma 2)
pk
X
ν=0
ν
aν z −
pk
X
ν=0
bν (z − z0 )ν V 0 .
C
Zusammen mit den Sätzen 8.1 und 8.3 folgt daher, dass alle Ergebnisse bezüglich
universeller Überkonvergenzeigenschaften von Teilsummen oder ihren CesàroTransformierten (ganzzahliger Ordnung) auch für beliebige Entwicklungsmittelpunkte z0 gelten.
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Tabellarische Zusammenfassung des Bildungsweges
Name
Geburtstag
Geburtsort
Bettina Eisele (geb. Schillings)
07.10.1974
Alf
09/1981 – 08/1985
Grundschule Bullay
09/1985 – 06/1994
Cusanusgymnasium Wittlich
10/1994 – 04/2000
Studium der Wirtschaftsmathematik
Universität Trier mit Abschluß Diplom
seit 04/2000
an
der
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl
Angewandte Analysis im Fachbereich IV der
Universität Trier
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