Name Giessen den Adresse Semester Krankenbericht über einen

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Name
Adresse
Semester
Giessen den ...
Krankenbericht
über einen Patienten der
Klinik für Wiederkäuer (Innere Medizin und Chirurgie)
Die Untersuchung des Tieres findet am ... zwischen 10.00 und 10.30 Uhr im Stallgebäude der
Klinik für Wiederkäuer statt.
Besitzer des Tieres ist ..., wohnhaft in ....
Das Tier wurde am ... in die Klinik aufgenommen und hat die Kliniksnummer ... erhalten.
Vorbericht:
Nach Angaben des Besitzers leidet das Tier seit seiner Geburt an einem Nabelbruch. Es zeigt keine
Allgemeinstörungen und ist nicht vorbehandelt.
Der Bestand besteht aus 34 Kühen mit einer Durchschnittsmilchleistung von 9800 kg und
momentan 11 Kälbern, die in Gruppen auf Stroh gehalten werden. Die Kälber bekommen pro Tag
4l Milchaustauscher mittels einem Tränkeautomat und es wird Heu, Silage und Kraftfutter
zugefüttert. Der Bestand ist IBR und BVD unverdächtig.
Signalement:
Bei dem Patienten handelt es sich um ein drei Monate altes, ca. 90 kg schweres weibliches
schwarzbuntes Kalb der Rasse Holstein Frisian. Das Kalb ist enthornt und es befindet sich in beiden
Ohren je eine gelbe Ohrmarke mit der Nummer: DE 0662768715.
Allgemeine Untersuchung:
Bei der Untersuchung ist das Kalb munter und aufmerksam. Der Ernährungszustand ist gut und der
Entwicklungszustand altersentsprechend. Die Herzfrequenz beträgt 80 Schläge pro Minute. Die
Atemfrequenz beträgt 56 pro Minute und das Kalb hat eine Körperinnentemperatur von 38,3°C. Die
Oberflächentemperatur nimmt zu den Akren hin ab.
Das Allgemeinbefinden des Tieres ist nicht gestört und der vermutliche Sitz der Erkrankung ist der
Nabel.
Spezielle Untersuchung:
Haare, Haut, Unterhaut, sichtbare Schleimhäute:
Das Haarkleid ist geschlossen, glänzend und dem Körper anliegend. Die Haare sind nicht vermehrt
ausziehbar oder brüchig. Der Hautgeruch ist tierartspezifisch. Das Tier zeigt keinen Juckreiz und es
sind keine Parasiten zu sehen. Der Hautturgor ist erhalten, eine an der Halsseite gezogene Hautfalte
verstreicht sofort und die Bulbi sind nicht eingesunken.
Die sichtbaren Schleimhäute (Maulschleimhaut, Konjunktiven, Vulvaschleimhaut) sind blass-rosa,
feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen.
Am Nabel lässt sich eine 2x4x5 cm große Umfangsvermehrung mit weichem, strangartigem, blind
endendem Inhalt fühlen. Sie ist weder vermehrt warm noch schmerzhaft. Der Inhalt lässt sich
komplett in die Bauchhöhle zurückverlagern und die Öffnung ist im Durchmesser etwa 4,5 cm
groß.
Lymphapparat:
Die untersuchten äußeren Lymphknoten sind ohne besonderen Befund, sie sind prallelastisch,
verschieblich, nicht vermehrt warm und nicht druckempfindlich.
Die Lnn. parotidei (Unterohrlymphknoten) sind physiologischerweise nur andeutungsweise zu
fühlen. Die Lnn. mandibulares (Kehlgangslymphknoten) und die Lnn. retropharyngei mediales
(innere Rachenlymphknoten) sind nicht palpierbar, und somit physiologisch und nicht vergrößert.
Die Lnn. cervicales superficiales (Buglymphknoten) sind beiderseits etwa 3 cm lang und haben
einen Durchmesser von ca. 1 cm.
Die inneren Lymphknoten sind grundsätzlich nur bei einer rektalen Untersuchung einer Palpation
zugänglich. Sie können bei diesem Patienten, da es sich um ein Kalb handelt, das nicht rektalisiert
werden kann, nicht beurteilt werden.
Kreislauf:
Der Herzstoß ist nicht zu sehen, aber beidseits leicht zu fühlen. Die Auskultation ergibt eine
Herzfrequenz von 80 Schlägen pro Minute, die beiden Herztöne sind deutlich voneinander
abgesetzt, das Herz schlägt regelmäßig und es sind keine Nebengeräusche hörbar.
Der Puls, gemessen an der A.facialis ist ebenfalls regelmäßig und kräftig.
Die Venae jugulares sind beiderseits anstaubar, und das angestaute Blut fließt spontan wieder ab.
Die Episkleralgefäße sind fein gezeichnet und nicht vermehrt gefüllt oder verwaschen. Die kapilläre
Rückfüllzeit liegt unter 2 Sekunden.
Atmungsapparat:
Die Atemfrequenz liegt bei 56 Zügen die Minute. Adspektorisch ist ein costo-abdominaler Atemtyp
mit abdominaler Betonung zu erkennen.
Äußerlich sind keine Atemgeräusche hörbar. Die Atemluft ist geruchlos und entströmt während der
Exspiration beiden Nasenlöchern. Das Flotzmaul und die Naseneingänge sind feucht, glänzend und
kalt. Am linken Nasenloch ist geringgradiger Nasenausfluss erkennbar. Kehlkopf, Trachea und
Schilddrüse sidn adspektorisch und palpatorisch unauffällig. Bei der Auskultation der Lunge ist
tracheo-bronchulär und broncho-bronchulär ein gerringgradig verschärftes inspiratorisches
Atemgeräusch hörbar. Die Lungenperkussion ergibt ein physiologisches Lungenfeld.
Verdauungsapparat:
Das Kalb hat einen guten Appetit und der Saugreflex ist vorhanden. Es nimmt ohne Zögern die ihm
angebotenen 2l des Milchaustauschers auf. Bei der Auskultation des Pansens ist ein Gluckern zu
hören. Sowohl die Perkussions- als auch die Schwingauskultation geben keinen Hinweis auf eine
Labmagenverlagerung.
Bei der Darmauskultation ist ein schwaches, mehr oder weniger regelmäßiges Gluckern zu hören.
Die Bauchdecke ist geringgradig gespannt aber nicht schmerzhaft.
Der Kotabsatz erfolgt physiologisch ohne Schmerzen und der Kot ist mittel- bis dickbreiig, olivgrün
und hat keinen abnormen Geruch
Harnapparat:
Das Tier setzt während der Untersuchung nicht spontan, aber direkt nach Stimulierung Harn ab.
Makroskopisch ist der Harn hellgelb, klar und ohne Beimengungen. Das spezifische Gewicht liegt
bei 1005. Der pH-Wert liegt im für ein Kalb physiologischen Bereich und es sind weder Glukose,
Eiweiß, Ketonkörper noch Hämoglobin nachweisbar.
Bewegungsapparat:
Das Tier belastet alle 4 Gliedmaßen gleichmäßig und die Bewegung ist unauffällig. An den
Gelenken sind keine Umfangsvermehrungen, Verletzungen oder Substanzverluste zu erkennen. Die
Gelenke und Sehnenscheiden sind nicht vermehrt gefüllt, warm oder schmerzhaft.
ZNS:
Das Kalb nimmt aufmerksam an seiner Umgebung teil. Die geprüften Reflexe (Lidschluss-,
Pupillar-, Ohrabwehrreflexe) sind erhalten. Auch der Saugreflex ist auslösbar.
Sinnesorgane:
Die Untersuchung der Sinnesorgane Auge und Ohr ist unauffällig. Das Sehvermögen ist erhalten,
da das Tier auf Drohbewegungen mit einem Schließen des zu prüfenden Auges reagiert. Es ist
anzunehmen, dass das Hörvermögen vorhanden ist, da das Kalb auf unerwartetes Händeklatschen
mit vermehrtem Ohrenspiel und neugierigem Schauen in die Richtung, aus der das betreffende
Geräusch kommt, reagiert.
Geschlechtsapparat/Euter:
Der Geschlachtsapparat ist entwicklungsgemäß normal ausgebildet. Da es sich bei dem
vorliegenden Patienten um ein Jungtier handelt, entfällt die Beurteilung des Euters.
Diagnose:
Nabelbruch (Hernia umbilicalis)
Differentialdiagnosen:
Nabelentündung (Omphalitis)
Nabelhämatom
Nabelabszess
Epikrise:
Bei einem Nabelbruch (Hernia umbilicalis) gleiten Eingeweide (Teile von Netz, Darm oder
Labmagen) durch einen unphysiologisch weiten Nabelring in den aus parietalem Bauchfell und
äußerer Haut gebildeten kuppelförmigen Bruchsack. Hier handelt es sich aufgrund der derben
Konsistenz und des anscheindend blind endenden strangartigen Charakters des Bruchinhalts mit
großer Wahrscheinlichkeit um vorgefallene Anteile des Netzes. Bei einem Vorfall des Dünndarms
wäre eine U-Form und auch eine peristaltische Bewegungen zu erkennen und es wäre
wahrscheinlich auch schmerzhaft. Auch für einen Vorfall des Labmagens wäre die Form des
vorliegenden Bruchinhaltes eher uncharakteristisch und es wäre möglicherweise ebenfalls eine
Schmerzhaftigkeit zu erkennen.
Wie bei diesem Kalb vorliegende angeborene, d.h. in den ersten Wochen post natum auftretende
Nabelhernien, kommen wahrscheinlich bei Kälbern aller Rassen vor, am häufigsten jedoch, wie
auch hier, bei Holstein Frisians. Weibliche Kälber scheinen eher betroffen zu sein als männliche,
und eine familiäre Häufung in der Nachkommenschaft bestimmter Vatertiere lässt auf eine erbliche
Komponente schließen. Als Auslöser von erworbenen Nabelbrüchen kommen in Frage: Fehler bei
der Abnabelung, Schwächung oder Einschmelzung des Nabelringes im Gefolge der
verschiedenartigen Nabelentzündungen, Überdehnung der Bauchwand durch intraabdominale
Drucksteigerung, grobe äußere Insulte, auswandernde Vormagen- oder Labmagenfremdkörper,
Labmagengeschwüre und weitere. Möglich wäre bei dem zu untersuchenden Kalb neben der
erblichen Komponente auch eine der 2 erstgenannten Ursachen, da sie sich durch den Vorbericht
nicht eindeutig ausschließen lassen.
Normalerweise setzt, nachdem sich die Nabelgefäße post natum in die Bauchhöhle zurückgezogen
haben, die kontinuierlich fortschreitende Verengung des Nabelrings ein, der dann mit dem
proliferierenden Bindegewebe eine feste Narbe bildet. Der Verschluss kann schon innerhalb der
ersten 14 Tage beendet sein, erst nach mehreren Wochen eintreten (Spontanheilung von Hernien)
oder ausbleiben. Die vermutlich hereditär bedingten Nabelhernien werden als
Hemmungsmissbildung, d.h. als Verschlussstörung der Bauchhöhle gedeutet.
Im Bereich des Nabels zeigt sich dann eine kuppelförmige, meist wie hier schmerzlose weiche
Umfangsvermehrung, aus der sich die vorgetretenen Eingeweideteile, zumindest in der Anfangszeit,
manuell in die Bauchhöhle zurückdrängen lassen. In Höhe der Bauchwand ist dann die runde bis
längsovale Bruchpforte mit ein bis mehreren Fingern passierbar und nach der Einstülpung auch zu
sehen. Sind die prolabierten Eingeweide abgeschnürt, so erweist sich der Bruchsack als gespannt,
derb-ödematös und schmerzempfindlich und ist nur mit Mühe reponierbar (Hernia umbilicalis
incarcerata). In solchen Fällen entwickelt sich eine, dem Grad und der Dauer der Abschnürung
entsprechende Allgemeinstörung. Degegen wird das Wohlbefinden des Tieres durch einen freien
Nabelbruch, wie bei dem genannten Kalb deutlich sichtbar, nicht nennenswert beeinträchtigt.
Je nach dem örtlichen Befund (Größe von Bruchpforte und Bruchsack, Inhalt, Komplikationen)
kommen verschiedene Behandlungsverfahren in Betracht
►Konservative und teilchirurgische Verfahren:
-Bei Kälbern mit kleiner Hernie tritt manchmal nach Anlegen eines Bruchbandes (z.B. breites
Klebeband um den Rumpf) binnen 3-4 Wochen eine Rückbildung ein
-Wenn der Bruchinhalt restlos reponiert werden kann und auch keine Gewebestränge oder
entzündliche Veränderungen mehr fühlbar sind, kann der Bruchsack an seiner Basis abgenäht oder
abgeschnürt werden.
-Abbinden des inneren Bruchsackes durch eine versenkte Ligatur mit einem Kunststoffband; dazu
wird von einem seitlich an der Bruchbasis gesetzten kleinen Hautschnitt aus eine modifizierte
Gerlach-Nadel subkutan bis zu einer Gegenöffnung auf der anderen Seite geführt, dort das mit
einem keimhemmenden Mittel getränkte Band eingefädelt und zurückgezogen. Nachdem das freie
Bandende auch um die andere Bruchsackhälfte gezogen worden ist, werden die Enden nach
Reposition des Bruchinhaltes stramm verknotet und die Hautwunden vernäht.
►Chirurgische Behandlung:
Der Patient wird nach 24stündigem Hungern in Rückenlage fixiert und durch Rasieren des
Operationsbereiches, Entfetten mit Alkohol und Desinfektion auf die Operation vorbereitet.
Zunächst wird dann die Hautnarbe des Nabels auf der Kuppe des Bruchsackes ellipsenförmig
umschnitten und die Hautinzision median nach kranial und kaudal -3-5 cm über den Rand der
Bruchpforte hinaus- verlängert. Anschließend wird der innere Bruchsack freipräpariert. Nachdem
der innere Bruchsack einschließlich eines 3 cm breiten Streifens rings um die Bruchpfort und, falls
möglich, bis in den Ring hinein freigelegt ist, wird die vernarbte Haut vom Bruchsackpol
abgetrennt. Der innere Bruchsack wird nun eingestülpt und die Bruchpforte mit stabilem, nicht
resorbierbarem Nahtmaterial in 2 Etagen vernäht: Innen mit fortlaufender Matratzennaht oder mit
U-Knopfheften, außen als Kürschernaht oder als rückläufige Matratzennaht, so dass sich ein Kamm
bildet. Bei Vorliegen von Verwachsungen, Strangbildung oder länger bestehender Inkarzeration
muss der innere Bruchsack geöffnet werden, um die Situation zu klären. Es kann dann angezeigt
sein, ihn in Höhe des Bruchrings abzusetzen. Die Hautwunde wird nach antibiotischer Versorgung
unter Kammbildung vernäht und ihre Ränder werden mittel Kürschernaht dicht verschlossen. Nach
Repostition eines größeren Bruches empfiehlt es sich, Entspannungshefte anzubringen.
Eine gute Wundabdeckung, ein trockenes Lager und tägliche Kontrolle sind essentiell.
Als wichtige Diferentialdiagnosen sind hier Nabelhämatome, Nabelabszesse und
Nabelentzündungen, anzuführen. Im Gegensatz zum Nabelbruch handelt es sich bei einem
Nabelhämatom jedoch um eine umschriebene Umfangsvermehrung die weich, dünnwandig,
fluktuierend und vor allem nicht reponierbar ist. Ein Nabelabszess ist dagegen eher derb,
dickwandig, mit teils umschriebenem weichen bis fluktuierendem Bezirk. Außerdem sind diese
Abszesse meist schmerzhaft, haben ein zirkuläres Ödem an der Basis und sind ebenfalls nicht
reponierbar. Es muss jedoch erwähnt werden, dass Nabelhernien nicht selten mit Nabelabszessen
vergesellschaftet sind.
Bei einer Nabelentzündung erscheint im Gegensatz zum Nabelbruch der akut entzündete Nabel
vermehrt warm, schmerzhaft und entweder diffus teigig bis derb, fluktuierend, oder auch mit einem
derben druckempfindlichen Strang durchzogen. Außerdem stehen hier meist Störungen des
Allgemeinbefindens mit Symptomen wie Fieber, unphysiologischer Körperhaltung, vermindertem
Appetit, mangelhafter Entwicklung usw. im Vordergrund.
Im Zweifel ist die Klärung durch eine vorsichtige Punktion mit steriler dünner Nadel
herbeizuführen.
Therapie:
Am Tag der Untersuchung befindet sich das Kalb bereits seit 3 Tagen unter Beobachtung in der
Klinik. Es wurde seit Einlieferung nur mit Milchaustauscher gefüttert um zu sehen, ob der Bruch,
dessen Inhalt bei Einlieferung als Dünndarm identifiziert worden war, in seiner Größe gleich bleibt
oder eventuell kleiner wird. Da sich am Tag der Untersuchung kein Dünndarm, sondern nur noch
Netzanteile im Bruchsack befinden, wird beschlossen vorerst auf eine Operation zu verzichten und
das Kalb wieder anzufüttern. Entsprechend der weiteren Entwicklung sollen dann weitere
Entscheidungen getroffen werden.
Es werden keinerlei Medikamente angewendet.
Prognose:
Die Prognose für das Kalb ist günstig, da in der Bruchpforte keine Darmteile oder Teile des
Labmagens eingeklemmt sind und aufgrund des jungen Alters des Kalbes noch die Hoffung auf
eine Spontanheilung besteht.
Weiterer Verlauf:
In den folgenden Tagen vergrößerte sich der Bruchsack wieder etwas, an dem Inhalt änderte sich
jedoch nichts. Am 03.07.2006 wurde endgültig beschlossen auf eine Operation zu verzichten und
das Kalb bald zu entlassen. Der Besitzer sollte darüber aufgeklärt werden, dass der Bruch zwar von
selbst zuwachsen und unverändert bleiben kann, aber dass sich auch wieder Darmteile einklemmen
könnten, und er deshalb regelmäßig kontrolliert werden sollte. Bei einer Vergrößerung und erneuten
Einklemmung von Darmteilen wird wahrscheinlich eine Operation unumgänglich sein.
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