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Datum:
28. Februar 2008
Thema:
Rehabilitation bei Diabetes, Rheuma und in der Geriatrie
Referenten:
Prim. Univ.-Doz. Dr. Peter Fasching
Vorstand der 5. Medizinischen Abteilung, Wilhelminenspital Wien
OÄ Dr. Nadja Shnawa-Amann und OA Dr. Josef Feyertag
5. Medizinische Abteilung, Wilhelminenspital Wien
Rehabilitation in der Diabetologie
Derzeit leiden weltweit rund 246 Millionen Menschen an einem Diabetes mellitus, wobei 66% der
Erkrankten sich im Alter zwischen 40 und 59 Jahren befinden. Nach Angaben der IDF (International
Diabetes Federation) wird die Gesamtzahl der Diabeteserkrankungen in den nächsten 20 Jahren auf
380 Millionen ansteigen und somit eine „Diabetes-Epidemie“ zu befürchten sein, falls rechtzeitig
einsetzende präventive, wie auch rehabilitative Maßnahmen nach Diagnosestellung, ausbleiben.
In Österreich gibt es ca. 500.000 Diabetiker, wobei 90% an einem Diabetes mellitus Typ 2 leiden.
Bereits zum Diagnosezeitpunkt liegen bei 28% der Patienten Spätschäden vor, sodass der eigentliche
Handlungsbedarf schon wesentlich früher hinsichtlich Diagnostik und Therapieeinleitung erfolgen
sollte. Die Wahrscheinlichkeit, an einer Herz-/ Kreislauferkrankung zu versterben, ist im Vergleich zu
Nicht-Diabetikern um das 2- 4fache erhöht, sodass die Makroangiopathien mit einem 4-10fach
erhöhten Schlaganfallsrisiko und einem bis 6-fach erhöhten PAVK-Risiko einerseits, aber auch die
diabetes-assoziierten Spätkomplikationen im Sinne einer diabetischen Retino- und Nephropathie
andererseits, die wichtigsten Folgen eines schlecht eingestellten Diabetes mellitus darstellen. Aus
diesem Grund wird die Bedeutung und Notwendigkeit der rechtzeitig einsetzenden
Betreuungsmodelle
und
Rehabilitationsmöglichkeiten
im
Rahmen
effizienter
Patientenschulungen offensichtlich, da durch eine erfolgreiche Lebensstilmodifikation und
Therapieoptimierung eine Risikominimierung hinsichtlich der Folgeschäden bis zu 60% erzielt
werden kann.
Derzeit gibt es in österreichischen Krankenanstalten 145 Diabetes-Spitalsambulanzen, sowie weitere 7
Diabetes-Ambulanzen ohne Bettenstationen.
Die Ziele einer effizienten Diabetikerschulung sollte in Zusammenarbeit mit Diätologen, DiabetesBeratern, Physiotherapeuten und Sozialarbeitern, die Aufklärung des Patienten hinsichtlich seiner
Erkrankung mit Einbindung in den Behandlungsprozess, Förderung der Eigenverantwortlichkeit durch
Erlernen von Blutzuckerselbstmessungen, sowie Verhaltensmaßnahmen bei Hypoglykämien, Krankheit
und auf Reisen und vor allem konsequente Motivation des Patienten zur Förderung der Compliance mit
dem Endziel der Reduktion mikro- und makrovaskulärer Folgeerkrankungen umfassen. Ein
wesentlicher Bestandteil ist hierbei auch die Einbeziehung und Schulung von Angehörigen, um das
Selbstmanagement für die häusliche Versorgung zu gewährleisten und zu verbessern.
Diabetikerschulungen
werden
in
verschiedensten
Institutionen
(Arztpraxen,
Kliniken,
Rehabilitationskliniken und Diätberatungsstellen) im Rahmen von Einzel- oder Gruppenschulungen,
sowie auch im Rahmen individueller Schulungen in der Muttersprache angeboten.
Ein spezielles Konzept zur Verbesserung der Versorgung und Betreuung der Diabetiker stellt nun das
Disease-Management Programm Diabetes „Therapie Aktiv-Diabetes im Griff“ der sozialen
Krankenversicherung im ambulanten Bereich dar. Dieses primär von der steiermärkischen
Gebietskrankenkasse entwickelte Betreuungsmodell wird seit Anfang 2008 flächendeckend in ganz
Österreich angeboten und stellt eine gute Möglichkeit zur effizienten Langzeitbetreuung von
Diabetes-Patienten dar. Im Mittelpunkt steht der Patient, der aktiv und eigenverantwortlich seine
chronische Krankheit in Angriff nehmen und mit dem Arzt gemeinsam sinnvolle und erreichbare Ziele
festlegen sollte.
Ein Aufenthalt in einem Rehabilitationszentrum ist dann von Vorteil, wenn die Therapieziele im
ambulanten Bereich nicht erreicht werden konnten, sodass die Patienten in einem speziellen
Schulungs- und Behandlungszentrum aufgenommen werden sollten. Die während eines
Rehabilitationsaufenthaltes erbrachte medizinische Leistung beinhaltet eine Schulungs- und
Bewegungstherapie, eine Optimierung der Diabetestherapie, Anleitung zur selbstständigen
Ernährungsgestaltung mit Training in einer Lehrküche, eine Angehörigenschulung, sowie teilweise der
Einsatz von Ausdauer- und Krafttraining und speziellen Schulungsprogrammen für Typ 1 und Typ 2
Diabetes.
Zu den in Österreich bekannten Institutionen der Pensionsversicherungsanstalt mit dem Schwerpunkt
von Stoffwechselerkrankungen und Diabetes mellitus zählen die Sonderkrankenanstalt (SKA) –
Rehabilitationszentrum (RZ) Alland, Aflenz, Bad Tatzmannsdorf und Bad Aussee, wobei in diesen
Zentren auch Raucherentwöhnungsprogramme und Stressmanagement angeboten werden.
Üblicherweise werden innerhalb von 5 Jahren 2 Kuraufenthalte vom Sozialversicherungsträger bewilligt
und die Kosten übernommen. Das Gesundheits- und Rehabilitationszentrum Moorheilbad Harbach ist
das größte Gesundheitszentrum Niederösterreichs und umfasst ebenfalls die Optimierung der
Stoffwechseleinstellung und Lebensstilmodifikationen.
Kürzlich durchgeführte klinische Studien belegen den Benefit hinsichtlich Lebensqualität,
Stoffwechseleinstellung (Hba1c), KHK-Risiko und Reduktion diabetesassoziierter Spätschäden durch
konsequent durchgeführte Schulungsprogramme. In Anbetracht dieser Datenlage sollte im Rahmen
einer multidisziplinären Betreuung und Schulung unserer Patienten durch kontinuierliche und qualitativ
hochwertige Versorgung, die steigende Diabetes-Prävalenz einerseits, aber vor allem die
Krankheits-assoziierten Komplikationen andererseits, in größtmöglichem Maß verhindert werden.
Rehabilitation bei Rheuma
Aus sozioökonomischer Sicht bedeutet eine rheumatische Erkrankung bei fast allen Betroffenen nach
mehr oder weniger langer Zeit eine Berufsunfähigkeit. Ziel der Rehabilitation ist die bestmögliche
Wiedereingliederung des chronisch Kranken oder Behinderten in das gewohnte soziales Umfeld.
Die Rehabilitation rheumatischer Erkrankungen erfordert neben einer genauen Indikationsstellung und
individuellen Konzepten die Zusammenarbeit vieler Gesundheitsberufe.
Rehabilitation ist der koordinierte Einsatz medizinischer, sozialer, psychologischer, beruflicher,
technischer und pädagogischer Maßnahmen zur Funktionsverbesserung, Schulung und Umschulung,
sowie zur Anpassung des Betroffenen und seines Umfeldes im Hinblick auf die Wiedererlangung der
bestmöglichen Funktionstüchtigkeit und eines angemessenen Platzes in der Gesellschaft
Die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) dient als Basis einer
Patientenevaluation und beschreibt biopsychosozialen Folgen einer Erkrankung im Zusammenhang mit
beeinflussenden Faktoren.
Aus ärztlicher Sicht ist die Unterscheidung in ein akutes bzw. chronisches Krankheitsgeschehen
wichtig. Eine eventuelle Schmerzsymptomatik kann entsprechend Therapiert werden.
Ergotherapeutische Maßnahmen: Aufgrund der Grunderkrankung können Handfunktion und
Handlungsfähigkeit der Betroffenen eingeschränkt und alltägliche Verrichtungen wie z.B. das An- und
Auskleiden oder das Greifen von Gegenständen schwieriger oder sogar unmöglich werden. Die Ziele
werden auf die Krankheitsaktivität (akute/chronische Phasen) abgestimmt. Vorrangig ist die Erhaltung
der Funktionsfähigkeit für Aktivitäten im täglichen Leben, eine Schmerz-Reduktion,
Deformationsprophylaxe sowie Erhalten bzw. Wiederherstellen einer differenzierten Greiffunktion der
Hände
Physiotherapeutische Maßnahmen: Hauptziel ist die Bestmögliche Erhaltung beziehungsweise
Verbesserung der Selbständigkeit und der Lebensqualität sowie Schmerz-Reduktion, Verhinderung von
Deformitäten, Erhaltung der Bewegungsfähigkeit, ausgleich muskulärer Dysbalancen sowie
Verbesserung der Kraft/Ausdauer
Neben diesen Angeboten stehen aber auch Sozialberatung/Dienste zur Verfügung. Diese
Übernehmen die Beratung und Organisation der häuslichen Versorgung sowie die Einleitung von
Anschluss-Heilbehandlungen
Geschulte Psychologen/Innen übernehmen die Patientenschulung, vermitteln unterschiedliche
Entspannungs-/Schmerzbewältigungsverfahren und fördern eine positive Krankheitsverarbeitung,
frühzeitige medikamentöse und physikalische Therapie. Beide Therapien haben einen gleich hohen
Stellenwert
Zusammenfassend dient die Rehabilitation der bestmöglichen Wiedereingliederung von
Betroffenen in das gewohnte soziale Umfeld.
Rehabilitation in der Geriatrie
Die durchschnittliche Lebenserwartung beim Mann liegt derzeit in Österreich bei über 76 Jahren, bei
der Frau über 82 Jahren. Derzeit sind über 20 % der Österreicher über 60 Jahre alt, 2030 werden es
mehr als ein Drittel sein. Die am schnellsten wachsende Personengruppe in unserer Bevölkerung
sind die über 85-jährigen, welche sich in ihrer Anzahl bis 2030 vervielfachen werden.
In Österreich werden etwa 20 % aller über 80-jährigen Menschen in Institutionen, wie Pflege- und
Altenheimen betreut. Der überwiegende Anteil jedoch lebt zu Hause. Teils selbständig, teils betreut
durch Angehörige und Betreuungspersonen. Hinsichtlich der Lebensqualität und der persönlichen
Unabhängigkeit ist es relevant die „Giganten der Geriatrie“ möglichst lange fern zu halten: Diese
großen Probleme werden mit den vier großen „I´s“ umschrieben:
Intellektuelle Beeinträchtigung (Demenz), Inkontinenz, Instabilität (Stürze) und Immobilität
(Unfähigkeit zur eigenständigen Lageveränderung und Fortbewegung).
Auch, oder gerade beim älteren Menschen geht es in erster Linie um Vorbeugung: Vorbeugung vor
Stürzen durch entsprechende Sicherheitsmaßnahmen, wie richtiges Schuhwerk, richtige Gehhilfen;
Vermeiden von Stolperfallen und körperliches Training; Vorbeugung von Knochenbrüchen durch
ausreichende Zufuhr von Vitamin D und Kalzium im Sinne der Osteoporoseprävention, durch adäquate
Behandlung einer vorhandenen Osteoporose und durch Hüftprotektoren bei hohem Sturzrisiko;
Vorbeugung vor Inkontinenz durch regelmäßige fachärztliche Kontrolle und entsprechende
medikamentöse oder ggf. chirurgische Therapie; Vorbeugung vor Demenz durch gesunde
Lebensweise, gute Blutdruck- und Diabeteseinstellung, Hirntraining und ggf. frühzeitig einsetzende
fachärztliche Therapie nach adäquater Diagnosestellung (z.B. an Memory-Kliniken).
Nach einer schweren Erkrankung, nach einem Unfall oder nach einer schweren Operation (z.B.
operative Versorgung eines Schenkelhalsbruches od. Hüftprothesenoperation) soll gerade beim älteren
Menschen die Remobilisierung und Rehabilitation so früh als möglich beginnen. Denn „wer rastet
der rostet“. Gerade beim älteren Menschen kommt es bei mangelnder Bewegung zum raschen
Abbau der Muskelmasse und somit zu einem deutlichen Nachlassen der Kraft, was wiederum das
Rehabilitationsergebnis deutlich verschlechtern kann. In der Regel beginnt beim komplikationslosen
Verlauf die Rehabilitation am ersten postoperativen Tag. Dies erfolgt in Akutkrankenanstalten, wie
Unfallchirurgien und Orthopädien, im Akutkrankenhaus durch geschultes Personal, wie
PhysiotherapeutInnen und ErgotherapeutInnen. Auch nach Durchblutungsstörungen des Gehirns
(„Schlaganfällen“) sollten rehabilitative Maßnahmen so bald als möglich beginnen. Dies umfasst beim
Schlaganfall auch bei Bedarf eine logopädische Betreuung.
Kann im Akutkrankenhaus keine ausreichende Rehabilitation erzielt werden, so ist eine weitere
Betreuung in einem spezialisierten Rehabilitationszentrum – je nach zugrunde liegender Erkrankung
oder Schädigung – anzustreben. Dies ist im Rahmen eines „Anschlussheilverfahrens“ meist direkt vom
Akutspital zu beantragen. In vielen Fällen kann der Patient direkt ins entsprechende
Rehabilitationszentrum überstellt werden. Die Kosten dafür trägt nach entsprechender Genehmigung
die zuständige Pensionsversicherung oder die Krankenkasse. In manchen Fällen wird je nach
Verfügbarkeit der Rehabilitationsplätze und je nach klinischer Dringlichkeit ist ein
Rehabilitationsaufenthalt auch erst Wochen nach Entlassung aus dem Akutspital geplant. Die Zeit
zwischen Akutspital und Rehabilitationszentrum sollte durch „extramurale“ rehabilitative Maßnahmen
erfolgen. Dazu zählt physiotherapeutische und ergotherapeutische Betreuung zu Hause oder in
entsprechenden Instituten - je nach ärztlicher Vorschreibung - und durch die zuständige
Krankenkasse.
Für multimorbide hoch betagte Patienten gibt es auch nach individueller Beurteilung des
Krankheitsverlaufes die Möglichkeit, von einer Akutspitalsabteilung in die „Akutgeriatrie“-Abteilung des
Spitals übernommen zu werden. Die Akutgeriatrie im Krankenhaus widmet sich besonders hoch
betagten multimorbiden Patienten mit hohem Risiko ihre Selbständigkeit und Unabhängigkeit zu
verlieren. Der stationäre Aufenthalt an der Akutgeriatrie ist mit 4 Wochen beschränkt. Nach dieser
Zeit ist zu entscheiden, ob der Patient nach Hause entlassen werden kann, ob er in ein
Rehabilitationszentrum überstellt wird, ob er zumindest temporär einen Heimplatz zur Pflege in
Anspruch nehmen wird. Akutgeriatrische Betten werden entweder im Fachbereich der Inneren Medizin
oder der Neurologie geführt. In Wien sind derzeit von den geplanten 450 akut geriatrischen Betten etwa
die Hälfte realisiert. Eine Umsetzung auf die geplante Anzahl ist aber in den nächsten ein- bis zwei
Jahren geplant. Da die Akutgeriatrie eine Leistung des Akutspitals ist, werden diese Kosten von der
Sozialversicherung bzw. von der Krankenhausfinanzierung übernommen. Den Pat. fallen - mit der
Ausnahme der Tagsatzzahlungen - keine Kosten an.
Bei Aufnahme in ein Pflegeheim ist zu klären, ob die auflaufenden Kosten vom Pflegepatienten zur
Gänze selbst getragen werden müssen, oder ob eine Unterstützung oder Vollkostenübernahme durch
den Sozialhilfeträger erfolgt. Der Sozialhilfeträger ist das jeweilige Bundesland, in welchem der Patient
gemeldet ist. Prinzipiell werden zumindest in Wien in allen Pflegeeinrichtungen remobilisierende
Maßnahmen und rehabilitative Dienste angeboten. Der Umfang dieser Leistungen und die Übernahme
der Kosten ist aber unterschiedlich.
In speziellen Langzeitpflegeeinrichtungen werden auch besonders gewidmete „Rehabilitationsbetten“
oder „Kurzzeitpflegebetten“ angeboten. Auf diesen Einheiten werden gezielt Patienten mit
Rehabilitationspotential bis zu einer Dauer von 3 Monaten übernommen. Ziel ist die Entlassung in das
häusliche Umfeld oder in eine Betreuungsumgebung mit weniger Pflegebedarf (z.B. betreutes Wohnen
oder Appartementwohnungen). Die Entlassungsrate aus den Kurzzeitpflegeinrichtungen der Gemeinde
Wien liegt zwischen 60 und 70 %. Vor Aufnahme in eine Abteilung für eine Akutgeriatrie oder in
eine Einheit für „Kurzzeitpflege“ soll ein geriatrisches Assessment erfolgen (umfassende Beurteilung
und Funktionsprüfung der Bedürfnisse und Fähigkeiten des Patienten), um einerseits das
Rehabilitationspotential und andererseits das Betreuungsziel gemeinsam mit den Betroffenen und
seinen Angehörigen festzulegen. In den meisten Fällen kommt es neben einer Testung der geistigen
Fähigkeiten und der körperlichen Funktionen auch zu einer Einschätzung des dem Patienten
zustehenden Bundespflegegeldes, da damit auch ein Maß für den allgemeinen Pflegebedarf und das
Ausmaß der Finanzierung von Pflegeleistungen eingeschätzt wird.
Weitere Informationen:
Wilhelminenspital der Stadt Wien
5. Medizinische Abteilung mit Rheumatologie, StoffwechselErkrankungen und Rehabilitation
Montleartstraße 37, 1160 Wien
Prim.Univ.Doz.Dr.Peter Fasching
Tel: 01 49150/2508
E-Mail: [email protected]
OÄ Dr. Nadja Shnawa-Amann
Tel.: 01 491 50 - 2501
E-Mail: [email protected]
OA Dr. Josef Feyertag
Tel.: 01 491 50 - 2501
E-Mail: [email protected]
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