- Rixecker

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Repetitorium im Öffentlichen Recht Große Fälle
Prof. Dr. Roland Rixecker
„Eine streitige parlamentarische Untersuchung“
Verfassungsrecht, Verfassungsprozessrecht (GF 005)
Sachverhalt
Aus Anlass von Brennstab-Transporten nach Gorleben kommt es im Oktober/November
2013 zu massiven polizeilichen Aktionen auf den Gleisen der Deutschen Bahn gegen
Demonstranten. Den Kräften der Bundespolizei gelingt es im Verein mit Einheiten der
Landespolizeien, darunter auch einer Hundertschaft der Bereitschaftspolizei des
Saarlandes unter Leitung des Polizeidirektors P, die Schienenwege zu räumen.
Alsbald berichten allerdings die Medien, im Zuge der Aktionen sei es zu
unverhältnismäßigen Übergriffen von Polizeibeamten gegen Demonstranten gekommen.
Einige Demonstranten seien ohne Anlass geschlagen oder anderweitig misshandelt
worden. Der Einsatz von Wasserwerfern sei ohne jede Rücksicht auf die körperliche
Integrität von Demonstranten erfolgt. Ferner habe es mehrere der Öffentlichkeit bislang
verschwiegene schwere Verletzungen von Demonstranten gegeben, zwei von ihnen lägen
noch im Koma.
Sowohl die Führung der Bundespolizei als auch die Innenbehörden der beteiligten
Bundesländer widersprechen dem sofort. Die Verwaltungsermittlungen hätten keinerlei
Hinweise auf pflichtwidriges Verhalten von Amtsträgern ergeben. Die Medien beharren
indessen auf der Richtigkeit ihrer Berichte und stellen heraus, dass vor allem P für einen
Befehl verantwortlich sei, der zu erheblichen Verletzungen von Demonstranten geführt
habe.
Daraufhin beschließt der aus 631 Abgeordneten bestehende 18. Deutsche Bundestag auf
Antrag aller 127 Abgeordneten der oppositionellen Fraktionen L und G die Einsetzung
eines aus 20 Mitgliedern bestehenden Untersuchungsausschusses zum polizeilichen
Handeln aus Anlass der Brennstab-Transporte nach Gorleben. Fünf Mitglieder gehören
der L und G-Fraktion an. Der Einsetzungsbeschluss enthält folgende Fragen:
1.
Welche Maßnahmen hat die Bundespolizei und haben die Polizeien der Länder
gegen Demonstranten ergriffen? Ist es dabei zu Übergriffen, Misshandlungen und
anderen Pflichtverletzungen gekommen?
2.
Welche Verantwortung daran trägt die Bundespolizei?
1
3.
Trifft es zu, dass der Polizeiführer P verantwortlich ist für schwere Verletzungen
einzelner Demonstranten?
4.
Welche Informationen lagen der Bundesregierung zu welchem Zeitpunkt vor und
wie hat sie darauf reagiert?
In seiner ersten Sitzung beschließt der Untersuchungsausschuss mit Mehrheit, von der
Bundesregierung die Herausgabe aller Unterlagen und Akten zu verlangen, die in einem
Zusammenhang mit dem Gorleben-Einsatz stehen. Dazu sollen nach einem weiteren, von
den 5 Abgeordneten der L und G-Fraktion gestellten Antrag, auch ausdrücklich die
Disziplinarakten der Regierung des Saarlandes betreffend den Polizeidirektor P zählen,
die
sich
die
Bundesregierung
beschaffen
soll.
Auch
beschließt
der
Untersuchungsausschuss, die noch in der Beratung befindliche Vorlage des
Bundesministeriums des Innern für eine bevorstehende Sitzung des Bundeskabinetts
anzufordern, die als Konsequenz auf die Vorkommnisse Vorschläge zur Änderung der
Polizeiorganisation bei Massendemonstrationen enthalten soll.
Die Bundesregierung verweigert die Herausgabe und Beschaffung der Akten aus
unterschiedlichen Gründen. Der Beweisbeschluss des Untersuchungsausschusses
betreffe Angelegenheiten, für die der Bund nicht zuständig sei. Er verletze
Persönlichkeitsrechte des P. Im Übrigen sei es unzulässig, die Aushändigung von
Kabinettvorlagen zu verlangen. Daraufhin erheben
(A) sowohl die L und die G-Fraktion, ihre 127 Mitglieder, als auch die diesen Fraktionen
angehörenden 5 Abgeordneten, die Mitglieder des Untersuchungsausschusses sind,
erheben Klage zum Bundesverfassungsgericht mit dem Antrag, die Bundesregierung zu
verurteilen, die im Einzelnen bezeichneten Akten herauszugeben. Darüber hinaus erhebt
(B) P, als er von dem Beschluss des Untersuchungsausschuss Kenntnis erhält, sofort
Verfassungsbeschwerde, weil er sich durch die verlangte Herausgabe von
Disziplinarakten seine Person betreffend in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt sieht.
Wie ist die Rechtslage?
Sollten die Anträge zu A. sich nicht als zulässig erweisen, ist ein Hilfsgutachten über ihre
Begründetheit zu erstellen.
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