Artikel 11

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Министерство образования и науки
Государственное образовательное учреждение
высшего профессионального образования
«Алтайская государственная академия образования
имени В.М. Шукшина»
Ю.Ю. Пивоварова
Н.Н. Гранкова
Е.А. Коржнева
НЕМЕЦКИЙ ЯЗЫК
Практикум
Бийск
АГАО им. В.М. Шукшина
2010
1
ББК 81.2. Нем.
П 32
Печатается по решению
редакционно-издательского совета
ГОУВПО «Алтайская государственная академия образования
имени В.М. Шукшина»
Рецензент:
кандидат педагогических наук,
доцент кафедры английского языка О.М. Липустина (г. Бийск)
П 32 Пивоварова, Ю.Ю.
Немецкий язык [Текст]: практикум / Ю.Ю. Пивоварова, Н.Н. Гранкова, Е.А. Коржнева;
Алтайская гос. академия образования им. В. М. Шукшина. – Бийск: ГОУВПО «АГАО», 2010.
- 66 с. – 50 экз.
Практикум предназначен для подготовки к государственному экзамену. В издании содержатся
оригинальные тексты немецких авторов и статьи для реферирования актуальной тематики.
Для студентов 5 курса немецкого отделения (очной и заочной форм обучения) и 5 курса
английского отделения, изучающих немецкий язык как второй иностранный язык.
 Пивоварова Ю.Ю., Гранкова Н.Н., Коржнева Е.А. 2010.
 ГОУВПО «АГАО», 2010.
2
Inhaltsverzeichnis
Предисловие……………………………………………………….…………………………..
Аufgaben zur Textinterpretation………………………………………...………………………
Text 1. Lange, lange Strasse lang (W. Borchert) …………………….……………..…………
Text 2. Abschied (H. Böll) …………………………..…………………………………………
Text 3. Barbara (B. Brecht) ……………………………………………………………………
Text 4. Der Besuch (unbekannt) ……………………………………………………………..
Text 5. Der Kuss
Drei Möglichkeiten (Franz Hohler)………………………………...………………………….
Text 6. Das Ideal (K. Tucholsky) ……………………………………….…………………….
Text 7. Kräftig essen (H. Novak) …………………………………….…………………………
Text 8. Die Dumme Frau (Bertolt Brecht) ………………………….………………..………
Text 9. Das heutige Weibliche (Daniela Dahn) …………………….…………………………
Text 10. Die Einzahl und die Mehrzahl (Peter Handke) …………….……………………….
Text 11. Wenn ich eine Frau wäre…………………………………..…………………….…
Text 12. Rinderwahn (Max Raabe) ………………………………….………………..………
Text 13. Kein Schwein ruft mich an (Max Raabe) ………………………………………….
Text 14. 99 Luftballons (Nena) ………………………………….……………………………
Text 15. Einsamkeit (Erich Kästner) …………………………………………………………
Text 16. Der Alte (Theodor Storm) ……………………………….……………………..……
Text 17. Die Kinder (Theodor Storm) ……………………………….…………………….…
Text 18. Im Walde (Theodor Storm) ……………………………….……………………..…
Text 19. Da stand das Kind am Wege (Theodor Storm) ……………………………………
Text 20. Daheim (Theodor Storm) ………………………………..…………………………
Text 21. Ein Brief (Theodor Storm) …………………….…………………………….………
Schema der Analyse…………………………………….………………………………………
Glossar zur Textanalyse…………………………………………………………………….…
Klischees für das Referieren des Artikels……………………………….………………………
Artikel 1. Чего мы ждем от школы? …………………………………..………….…………
Artikel 2. Восточногерманский колорит продолжает греть душу………………………
Artikel 3. Всемирная слава The Beatles начиналась в Гамбурге…………………………
Artikel 4. Изучение иностранного языка – деловой подход………….………….………
Artikel 5. "Осси" и "весси": две ментальности, одна страна…………..…………………
Artikel 6. Илона Шмиль: "Бетховен - поп-звезда прошлого и настоящего"……………
Artikel 7. Турецкая свадьба по-немецки…………………….……………….………………
Artikel 8. Где живет счастье? …………………………………………………….…………
Artikel 9. Как бакалавры из СНГ становятся немецкими магистрами? ……..…………
Artikel 10. Мост любви в Кельне: запри сердце на замочек…………….………………
Artikel 11. Октоберфест – праздник немецкой души……………………..……..…………
Artikel 12. Закон природы: меньше ешь - дольше живешь!………….……….…………
Artikel 13. Октоберфест: правила поведения для новичков………………..……………
Artikel 14. Инженеры Volkswagen научили машину самостоятельно парковаться..............
Artikel 15. Что помнят наши мускулы? ……………………………………………….……
Artikel 16. T-City: жизнь в городе будущего Фридрихсхафене……………………………
Artikel 17. Восточные немцы хранят русские традиции……………………………………
Artikel 18. Ромео и Джульетта в стране "штази": телесериал о любви в ГДР……….……
Artikel 19. Реплика: Какие мужские профессии не возбуждают немецких женщин……....
Artikel 20. Реплика: Какими видят русских женщин немецкие мужчины ………………
Literatur- und Quellenverzeichnis…………………………………………….…………………
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Предисловие
Предлагаемый практикум предназначен для студентов 5 курса немецкого отделения (очной
и заочной форм обучения) и 5 курса английского отделения, изучающих немецкий язык как
второй иностранный язык.
На 5 курсе осуществляется подготовка к государственному экзамену. Большое значение
уделяется аналитическому чтению художественных оригинальных текстов и реферированию
газетных статей.
Целью работы является практическое применение теоретического материала, изученного
студентами в курсах по лексикологии и стилистике иностранного языка. В практикуме
предложены оригинальные тексты немецкоязычных писателей, комплекс упражнений для
интерпретации текстов, схема для анализа текста, а также словарь терминов по стилистике, клише,
используемые при реферировании статьи.
Практикум состоит из 2 частей: тексты для анализа и статьи для реферирования.
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Аufgaben zur Textinterpretation
1. Lesen Sie den Titel des Textes. Welche Assoziationen fallen Ihnen ein? Entwickeln Sie dabei ein
Assoziogramm.
2. Haben Sie den Inhalt des Textes erfasst? Testen Sie sich. Stellen Sie W-Fragen zusammen:
 Wer?
 Warum?
 Was?
 Wozu?
 Wohin?
 Wie lange?
3. Lesen Sie den Text noch einmal und bestimmen Sie die Schlüsselwörter.
4. Die Hauptperson dieses Textes ist … / Die Hauptpersonen dieses Textes sind … . Der Text
enthält viele Informationen über ihn / sie.
 Notieren Sie alle Textstellen, in denen die Hauptperson /Hauptpersonen … direkt
charakterisiert wird / werden.
 Notieren Sie alle Textstellen, in denen die Hauptperson /Hauptpersonen … indirekt
charakterisiert wird / werden.
Die literarische Personencharakterisierung
Der Autor charakterisiert seine Personen durch bestimmte Darstellungsmittel.
Charakterisierung
 Das ist die schriftliche Beschreibung und Erklärung von Charaktereigenschaften einer
literarischen Figur. Man setzt sich dabei z.B. mit dem äußeren Erscheinungsbild und dem Verhalten, den
Worten und Gedanken der Person auseinander. Ziel ist es, ihre Wesenszüge zu erfassen. Charakterisieren
heißt die Eigenarten einer Person beim Namen nennen.
Die direkte Charakterisierung
 Die Verhaltensweisen und Wesenszüge einer Person werden direkt benannt. Z.B. "Sie war
begabt".
Die indirekte Charakterisierung
 Das ist eine andere Technik der Personenbeschreibung. Hier werden Eigenschaften und
Charakterzüge einer Person nicht direkt genannt. Der Autor macht sie vielmehr durch ihre
Verhaltensweisen, Worte und Gedanken sichtbar. Daraus muss sie sich der Leser erschließen.
 Z. B. Bastian sagt seiner Bekannten, die seit drei Wochen bei ihm wohnte: "Wenn du schon hier
bist, könntest du wenigstens mal abwaschen. Seit drei Wochen hast du nicht einmal!" "Du ja auch nicht",
sagte Micky.
 Durch diesen Dialog kann man darauf schließen, dass Bastian schlampig ist.
5. Welche Textstellen erscheinen Ihnen für die Charakterisierung von der Hauptperson / den
Hauptpersonen am wichtigsten.
6. Notieren Sie Textstellen, die sich auf Gefühle von der Hauptperson / den Hauptpersonen beziehen
und auf Gedanken und Handlungen, die aus ihrer / ihren Gefühlen entstanden sind.
7. Wie sieht der Autor die Hauptperson / die Hauptpersonen? In welche sprachlichen
Formulierungen drückt sich die Einstellung des Autors aus?
8. Bilden Sie inhaltsbezogene Fragen zum Text.
9. Suchen Sie im Text Textstellen heraus, die einen Hinweis geben, in welche Zeit die Handlung
fällt. Begründen Sie Ihre Meinung.
10. Gliedern Sie anschließend den Text in Sinnabschnitten. Fassen Sie jeweils die Handlung in einem
Satz zusammen.
11. Schreiben Sie eine Inhaltangabe der ersten Hälfte des Textes.
Die wichtigsten Informationen über die Inhaltsangabe
Eine Inhaltsangabe ist keine Erzählung, sondern informiert über das Wesentliche einer Geschichte.
Der Leser muss genau erfahren:
• die Reihenfolge der Ereignisse, die Gründe und Ursachen, die Folgen und Wirkungen, Ort und Zeit,
Zahl der Personen usw.
Wer eine Inhaltsangabe schreibt, ist nicht "mitten In der Geschichte", sondern hat Abstand, bleibt kühl,
referiert über den Inhalt. Dabei muss er auch analysieren und urteilen.
Der Aufbau einer Inhaltsangabe: Einleitung, Hauptteil, Schluss.
 Einleitung. Sie enthält den Namen des Verfassers, den Titel des Textes, die Textart sowie
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Handlungsort und -zeit. Das Handlungsgeschehen wird in möglichst einem Satz
zusammengefasst.
 Hauptteil. Der Inhalt wird in der chronologischen Abfolge des Textes wiedergegeben. Man
beschränkt sich auf das Wesentliche, überflüssige und nebensächliche Details werden
weggelassen.
 Schluss. Er gibt Aussagen zur Autorabsicht, zur sprachlichen und stilistischen Gestaltung des
Textes und enthält die eigene Bewertung.
Sprachliche Gestaltung der Inhaltsangabe
 Satzbau. Verwenden Sie knappe, einfache Satzreihen und Satzgefüge. Jede wörtliche Rede ist in
indirekte Rede umzuwandeln.
 Wortwahl. Verwenden Sie Verben, die Handlungsvorgänge zusammenfassen, und treffende
Substantive und Adjektive.
 Zeitstufe. Nur die Gegenwart (Präsens, Perfekt) ist zulässig, weil der Inhalt zeitlos gültig
wiedergegeben werden soll.
Die Arbeitsschritte zur Inhaltsangabe
 Schlüsselwörter finden. Einige Schlüsselwörter werden genau übernommen, andere dagegen
können mit eigenen Worten wiedergegeben werden Außerdem können Schlüsselwörter
zusammengefasst werden.
 Vom Schlüsselwort zum verbundenen Satz. Die Schlüsselwörter werden zu einfachen, aber noch
unterbundenen Sätzen verbunden.
 Das Verbinden der kurzen, einfachen Sätze da Formulierung. Wir achten dabei auf eigene, vor
Text unabhängige Formulierungen.
12. Wie ist der Text (die Handlung) gegliedert und aufgebaut? Kreuzen Sie das Zutreffende an:
 durch die Reihenfolge der Ereignisse;
 durch den Wechsel der Schauplätze;
 Personengruppierung, Gegensatz von Spieler und Gegenspieler: unterschiedliche
Verhaltensweisen, Interessenkonflikte;
 Erzählschritte und Erzähltechniken, z.B. Gliederung (Einleitung, Hauptteil, Schluss),
steigende, fallende Handlung, Hohe- und Wendepunkt. Erzähltechniken, z.B. die
Ausführlichkeit oder Kürze, in der etwas erzählt wird.
Welcher Sinnabschnitt hat Ihnen am besten gefallen? Warum?
13. Wie finden Sie das Ende des Textes? Was würden Sie daran ändern? Welche
Handlungsabsichten werden angedeutet aber nicht zu Ende verfolgt?
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Text 1. Lange, lange Strasse lang (W. Borchert)
Zwei drei vier links zwei drei vier links zwei weiter, Fischer! drei vier links zwei vorwärts,
Fischer! schneidig, Fischer! drei vier atme, Fischer! weiter, Fischer, immer weiter zickezacke zwei drei
vier schneidig ist die Infantrie zickezackejuppheidi schneidig ist die Infantrie die Infantrie die Infantrie....
Ich bin unterwegs. Zweimal hab ich schon gelegen. Ich will zur Straßenbahn. Ich muss mit.
Zweimal hab ich schon gelegen. Ich hab Hunger. Aber mit muss ich. Ich muss zur Straßenbahn. Zweimal
hab ich schon drei vier links zwei drei vier aber mit muss ich drei vier zickezacke zacke drei vier
juppheidi ist die Infantrie die Infantrie Infantrie fantrie fantrie ... 57 haben sie bei Woronesch begraben.
57, die hatten keine Ahnung, vorher nicht und nachher nicht. Vorher haben sie noch gesungen.
Zickezackejuppheidi. Und einer hat nach Haus geschrieben: ... dann kaufen wir uns ein Grammophon.
Aber dann haben viertausend Meter weiter ab die andern auf Befehl auf einen Knopf gedrückt. Da hat es
gerumpelt wie ein alter Lastwagen mit leeren Tonnen über Kopfsteinpflaster: Kanonenorgel. Dann
haben sie 57 bei Woronesch begraben. Vorher haben sie noch gesungen. Hinterher haben sie nichts mehr
gesagt. 9 Autoschlosser, 2 Gärtner, 5 Beamte, 6 Verkäufer, 1 Friseur, 17 Bauern, 2 Lehrer, 1 Pastor, 6
Arbeiter, 1 Musiker, 7 Schuljungen. 7 Schuljungen. Die haben sie bei Woronesch begraben. Sie hatten
keine Ahnung. 57.
Und mich haben sie vergessen. Ich war noch nicht ganz tot. Juppheidi. Ich war noch ein bisschen
lebendig. Aber die andern, die haben sie bei Woronesch begraben. 57, 57. Mach noch ne Null dran. 570.
Noch ne Null und noch ne Null. 57 000. Und noch und noch und noch, 57 000 000. Die haben sie bei
Woronesch begraben. Sie hatten keine Ahnung. Sie wollten nicht. Das hatten sie gar nicht gewollt. Und
vorher haben sie noch gesungen. Juppheidi. Nachher haben sie 304 nichts mehr gesagt. Und der eine hat
das Grammophon nicht gekauft. Sie haben ihn bei Woronesch und die andern 56 auch begraben. 57
Stück. Nur ich. Ich, ich war noch nicht ganz tot. Ich muss zur Straßenbahn. Die Straße ist grau. Aber die
Straßenbahn ist gelb. Ganz wunderhübsch gelb. Da muss ich mit. Nur dass die Straße so grau ist. So grau
und so grau. Zweimal hab ich schon zickezacke vorwärts, Fischer! drei vier links zwei gelegen drei vier
weiter, Fischer! Zickezacke juppheidi schneidig ist die Infantrie schneidig, Fischer! weiter, Fischer! links
zwei drei vier wenn nur der Hunger der elende Hunger immer der elende links zwei drei vier links zwei
links zwei links zwei....
Wenn bloß die Nächte nicht wärm. Wenn bloß die Nächte nicht wärm. Jedes Geräusch ist ein
Tier. Jeder Schatten ist ein schwarzer Mann. Nie wird man die Angst vor den schwarzen Männern los.
Auf dem Kopfkissen grummeln die ganze Nacht die Kanonen: Der Puls. Du hättest mich nie allein lassen
sollen, Mutter. Jetzt finden wir uns nicht wieder. Nie wieder. Nie hättest du das tun sollen. Du hast doch
die Nächte gekannt. Du hast doch gewusst von den Nächten. Aber du hast mich von dir geschrieen. Aus
dir heraus und in diese Welt mit den Nächten hinein geschrieen. Und seitdem ist jedes Geräusch ein Tier
in der Nacht. Und in den blaudunklen Ecken warten die schwarzen Männer. Mutter, Mutter! in allen
Ecken stehn die schwarzen Männer. Und jedes Geräusch ist ein Tier. Jedes Geräusch ist ein Tier. Und das
Kopfkissen ist so heiß. Die ganze Nacht grummeln die Kanonen da drauf. Und dann haben sie 57 bei
Woronesch begraben. Und die Uhr schlurft wie ein altes Weib auf Latschen davon davon davon. Sie
schlurft und schlurft und schlurft und keiner keiner hält sie auf. Und die Wände kommen immer näher.
Und die Decke kommt immer tiefer. Und der Boden der Boden der wankt von der Welle Welt, Mutter
Mutter! warum hast du mich allein gelassen, warum? Wankt von der Welle. Wankt von der Welt. 57.
Rums. Und ich will zur Straßenbahn. Die Kanonen haben gegrummelt, Der Boden wankt. Rums. 5Y. Und
ich bin noch ein bisschen lebendig. Und ich will zur Straßenbahn. Die ist gelb in der grauen Straße.
Wunderhübsch gelb in der grauen. Aber ich komm ja nicht hin. Zweimal hab ich schon gelegen. Denn ich
hab Hunger. Und davon wankt der Boden. Wankt so wunderhübsch gelb von der Welle Welt. Wankt von
der Hungerwelt. Wankt so welthungrig und straßenbahngelb.
Eben hat einer zu mir gesagt: Guten Tag, Herr Fischer. Bin ich Herr Fischer? Kann ich Herr
Fischer sein, einfach wieder Herr Fischer? Ich war doch Leutnant Fischer. Kann ich denn wieder Herr
Fischer sein? Bin ich Herr Fischer? Guten Tag, hat der gesagt. Aber der weiß nicht, dass ich Leutnant
Fischer war. Einen guten Tag hat er gewünscht — für Leutnant Fischer gibt es keine guten Tage mehr.
Das hat er nicht gewusst.
Und Herr Fischer geht die Straße entlang. Die lange Straße lang. Die ist grau. Er will zur
Straßenbahn. Die ist gelb. So wunderhübsch gelb. Links, zwei. Herr Fischer. Links zwei drei vier. Herr
Fischer hat Hunger. Er hält nicht mehr Schritt. Er will doch noch mit, denn die Straßenbahn ist so
wunderhübsch gelb in dem Grau. Zweimal hat Herr Fischer schon gelegen. Aber Leutnant Fischer
kommandiert: Links zwei drei vier vorwärts, Herr Fisch! Weiter Herr Fischer! Schneidig, Herr Fischer,
kommandiert Leutnant Fischer. Und Herr Fischer marschiert die graue Straße lang, die graue graue lange
7
Straße lang. Die Mülleimerallee. Das Aschkastenspalier. Das Rinnsteinglacis. Die Champs-Ruines. Den
Muttschuttschlaginduttbroadway. Die Trümmerparade. Und Leutnant Fischer kommandiert. Links zwei
links zwei. Und Herr Fischer Herr Fischer marschiert, links zwei links zwei links vorbei vorbei vorbei... .
Lesehilfe zum Text:
1. они жертвы и виновники одновременно
sie sind Opfer und Mitschuldige zu gleicher Zeit
es sind lauter Fetzen von Erinnerungen, von
2. это обрывки воспоминаний, диалогов и Gesprächen und Gedanken, die den Inhalt der
мыслей, которые образуют содержание рассказа Erzählung bilden.
3. чувство ответственности за …
das Gefühl der Verantwortung für ....
4. бессмысленная смерть
der sinnlose Tod
5. не иметь представления
keine Ahnung haben
6. в символических картинах и образах
in symbolischen Bildern und Gestalten
7. возникать перед глазами
vor den Augen erstehen
8. история заканчивается словами, полными die Geschichte endet mit den Worten vollendeter
бессилия (беспомощности) и мучительного Ratlosigkeit und qualvoller Verzweiflung.
сомнения
9. композиция рассказа фрагментарно – die Komposition der Erzählung ist die eines
стихотворение, фрагментарно – баллада
Gedichts, am ehesten — einer Ballade.
10. это образует рефрен произведения, который das alles bildet den Refrain des Stücks, der immer
постоянно повторяется в различных вариациях
wieder in verschiedenen Variationen aufkommt.
11. после повтора рефрена появляются новые nach der Wiederkehr des Refrains kommen neue
сведения, новые зрительные картины
Tatsachen, neue visionäre Bilder hinzu
12. все это объединяется с картинами из das vereinigt sich mit Bildern aus der
прошлого и фантастическими видениями, все в Vergangenheit und phantastischen Visionen, alles
алогичной
и
«скачкообразной» in alogischer, sprunghafter Reihenfolge.
последовательности
13.
«обрывочная»
композиция
целого die fetzenartige Komposition des Ganzen
повторяется в абзацах и предложениях
wiederholt sich in den Absätzen und einzelnen
Sätzen.
14.
грамматические
нормы
часто
не die grammatischen Normen werden häufig nicht
соблюдаются, многократно и вариативно formell beachtet, werden vielmehr variationsmäßig
изменяются
verschoben.
15. часто это не целые предложения, а oft sind es keine ganzen Sätze, sondern einzelne
отдельные лексические сигналы, которые lexikalische Signale, die die wesentlichsten
отражают важнейшие понятия и фрагменты Vorstellungen
und
ganze
Episoden
der
прошлого
Vergangenheit vergegenwärtigen.
16. многократно повторяемые отдельные слова
символизируют отзвук пустых форм, которые
звучат в ушах и отравляют жизнь человека
17. эти обрывочные лексические звукокомплексы
перемежаются
с
короткими
нормальными предложениями, что является
сигналом того, что человек пытается
сконцентрироваться и придать своим мыслям
логичность
die mehrmals wiederholten einzelnen Wörter
symbolisieren den Nachhall leeren Formeln, der in
den Ohren streckengeblieben ist und den Menschen
für sein Leben lang vergiftet:
diese abgerissenen lexikalischen Signalkomplexe
werden durch Reihen von kurzen Normalsätzen
untermischt — ein Zeichen, dass der Mensch sich
zusammenzunehmen und seine Gedanken logisch
zu ordnen bemüht ist.
Die Analyse des Textes (von Silmann)
Die Geschichte, „Die lange lange Straße lang", ist in der zweiten Manier Borcherts geschrieben.
In dieser Form berichtet er von dem schuldbeladenen Bewusstsein mancher Menschen, die von der
schwarzen Pest ihrer Zeit angegriffen waren. Sie sind Opfer und Mitschuldige zu gleicher Zeit, und als
Mitschuldige werden sie Opfer ihrer selbst.
Es sind lauter Fetzen von Erinnerungen, von Gesprächen und Gedanken, die den Inhalt der
Erzählung bilden. Nur das eine ist geblieben und hämmert in dem Hirn des Erzählers: das sind die
Kommandorufe, das Zählen der Schritte (auf dem Marsche) und die Zahl der während des Krieges bei
Woronesh gefallenen Soldaten. Das ist geblieben, und geblieben ist auch das Gefühl der Verantwortung
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für diesen sinnlosen Tod, denn sie hatten keine Ahnung: Sie hatten das gar nicht gewollt. Und er selbst
war kein einfacher Soldat, sondern war Leutnant Fischer, die 57 standen unter seinem Kommando, und
jetzt schreien sie hinter hat mich verraten und meine Mutter hat mich ausgestoßen aus sich. Eine Vision
kehrt wieder und wieder zurück, lässt ihn nicht los: Die 57 Gefallenen kommen jede Nacht nach
Deutschland und fragen den Leutnant, warum sie gefallen sind, aber der Leutnant bleibt stumm. Dann
geht jeder zu seinem Vater, aber auch der Vater bleibt stumm, dann zum Ortsvorsteher, zum Pfarrer, zum
Schulmeister, und jeder von ihnen bleibt 57 mal stumm. Dann gehen sie zum General und endlich zum
Minister, und der gibt ihnen eine „Antwort’:
Da hat der Minister sich sehr erschreckt. Er hatte sich so schön hinterm Sektkorb versteckt,
hinterm Sekt. Und da hebt er sein Glas und prostet nach Süden und Norden und Westen und Osten. Und
dann sagt er: Deutschland, Kameraden, Deutschland! Darum! Da sehen die 57 sich um. Stumm. So lange
und stumm. Und sie sehen nach Süden und Norden und Westen und Osten. Und dann fragen sie leise:
Deutschland? Darum? Dann drehen die 57 sich rum. Und sehen sich niemals mehr um. 57 legen sich bei
Woronesch wieder ins Grab. Sie haben alte arme Gesichter. Wie Frauen. Wie Mütter. Und sie sagen die
Ewigkeit durch: Darum? Darum? Darum? Darum?
Es kommen neue Mitschuldige hinzu: der Dichter, der nur von der romantischen blauen Blume zu
singen weiß, und die saubergewaschenen glatten Herren in reinen Hemden, die sich für zehn Mark die
„Matthäus Passion“ vorspielen lassen, und andere noch, die Skat spielen — alles Menschen, die von dem
Elend ihrer Zeit nichts wissen wollen:
Man kann bei der Passion ganz vorn sitzen, wo die Passion recht laut erlitten wird, oder etwas
weiter hinten, wo nur noch gedämpft gelitten wird. Aber das ist egal... Alle beherrschen sich gut bei der
Passion« Keine Frisur geht in Unordnung vor Not und vor Quäl. Nein, Not und Qual, die werden ja nur
da vorne gesungen und gegeigt, für zehn Mark vormusiziert. Und die Barrabas-Schreier, die tun ja nur
so, die werden ja schließlich fürs Schreien bezahlt.
Neue Mitschuldige kommen hinzu, und darunter der Leierkastenmann mit seinen
Hampelmännern, unter ihnen als eine der Hauptfiguren — der Brillenmann, der das vernichtende grüne
Pulver erfunden hat, und dieses grüne Pulver bringt die Menschen um. Und der Brillenmann erfindet und
erfindet und erfindet...
So, in symbolischen Bildern und Gestalten, ersteht vor unseren Augen der moderne
kapitalistische Staat. Was soll der einfache Mensch tun — der Mensch, der in einer einfachen Hütte (aus
Holz und aus Hoffnung) leben und Rüben und Rhabarber, Tomaten und Tabak anbauen will? Angedeutet
wird, in Formeln eines Puppentheaterstücks, dass man den Leierkastenmann mit allen seinen
Hampelmännern, vor allem aber den Brillenmann vernichten sollte. Es geschieht aber nur in der Vision,
der Brillenmann ist kaputt, aber ein neuer kommt an seine Stelle, und die spukhaften Gestalten leben
weiter, und alle zusammen fahren sie in einer Straßenbahn, aber wohin?...
Und keiner weiß: wohin? — das sind die letzten Worte der Geschichte, sie endet mit vollendeter
Ratlosigkeit und qualvoller Verzweiflung.
Von Zeit zu, Zeit tauchen Gestalten auf, die als Opfer dieses „Leierkastenpuppenspiels zu
verstehen sind: ein kleines Mädchen auf Fingerbeinen, das um einen Löffel Suppe fleht, viele Tausende
von Müttern, die ihre Söhne verloren haben, ein alter Mann, den man aus dem Wagen herausgeworfen
hat, und viele, viele andere. Vor allem aber die 57, für die der Leutnant Fischer Verantwortung trägt. Die
Komposition der Erzählung ist die eines Gedichts, am ehesten — einer Ballade.
Das links zwei drei vier, das schneidige Kommando der Infanterie, die bei Woronesh begrabenen
57, das alles bildet den Refrain des Stücks, der immer wieder in verschiedenen Variationen aufkommt.
Nach der Wiederkehr des Refrains kommen neue Tatsachen, neue visionäre Bilder hinzu. Der heutige
verzweifelte Zustand des Leutnants Fischer, des einzigen, der in seiner Abteilung am Leben geblieben ist
(ich war über), vereinigt sich mit Bildern aus der Vergangenheit und phantastischen Visionen, alles in
alogischer, sprunghafter Reihenfolge.
Am Ende werden alle diese Bilder ganz kurz summiert, und die Summe ergibt wieder nichts, kein
Resultat. Denn niemand weiß, wohin sie alle fahren. In der Straßenbahn sitzen wiederum alle: das kleine
Mädchen ohne Suppe, Männer beim Skat, und neben der Straßenbahn marschieren die 57. Das ganze
Leben, das vergangene und das gegenwärtige, hat sich hier vereinigt, und alle fahren mit, aber keiner
weiß, wohin. Mit diesem traurigen Endergebnis schließt die Erzählung.
Die fetzenartige Komposition des Ganzen wiederholt sich in den Absätzen und einzelnen Sätzen.
Die grammatischen Normen, wie es in der expressionistischen Literatur häufig der Fall war, werden auch
hier nicht formell beachtet, werden vielmehr variationsmäßig verschoben.
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Oft sind es keine ganzen Sätze, sondern einzelne lexikalische Signale, die die wesentlichsten
Vorstellungen und auch ganze Episoden der Vergangenheit vergegenwärtigen. So besteht der erste Absatz
aus lauter Kommandorufen und Bröckeln von militärisch klingenden Losungen und Sentenzen (schneidig
ist die Infantrie). Die mehrmals wiederholten einzelnen Wörter symbolisieren den Nachhall dieser leeren
Formeln, der in den Ohren streckengeblieben ist und den Menschen für sein Leben lang vergiftet:
... immer weiter zickezacke zwei drei vier schneidig ist die Infantrie zickezackejuppheidi
schneidig ist die Infantrie die Infantrie die Infantrie...
Diese abgerissenen lexikalischen Signalkomplexe werden durch Reihen von kurzen Normalsätzen
untermischt — ein Zeichen, dass der Mensch sich zusammenzunehmen und seine Gedanken logisch zu
ordnen bemüht ist. Aber das Wörtchen zwei, das er in seinem mehr oder weniger vernünftigen Bericht
gebraucht, verführt ihn wieder in den chaotischen Abgrund des alogischen Wiederkauens der
Vergangenheit:
Ich bin unterwegs. Zweimal hab ich schon gelegen. Ich will zur Straßenbahn. Ich muß mit.
Zweimal hab ich schon gelegen. Ich hab Hunger. Aber mit muss ich. Muss. Ich muss zur Straßenbahn.
Zweimal hab ich schon drei vier links zwei drei vier aber mit muss ich drei vier zickezacke zacke...
Die ganze Erzählung besteht aus solch einem inneren Monolog, in dem Vernunft mit Unvernunft,
Logik mit Gedankenchaos, Klangbild mit rationalem Bericht verschmelzen. Das Zickezacke zwei drei
vorwärts usw. unterbricht mit seinem unsinnigen marschmäßigen Geplänkel jeden Versuch, das
Geschehen als Ganzes darzustellen und vernunftmäßig zu überwinden — das Bewusstsein des Menschen
ist heillos krank und zerrissen. Manchmal wird ihm sein kranker Zustand auch klar, und er spricht davon:
Wenn bloß die Nächte nicht warn. Wenn bloß die Nächte nicht warn. Jedes Geräusch ist ein Tier.
Jeder Schatten ist ein schwarzer Mann.
Auch die Syntax der Erzählung ist ungleichmäßig. Sie schwankt von kindischer Einfachheit bis
zu komplizierten Strukturen. Elliptische Sätze, Nachholungen und Anschlussgruppen sind typische
Erscheinungen.
Das kranke Bewusstsein erschafft Hyperbeln, unerwartete, groteske Metaphern, die sich an das
metaphorische System des Expressionismus anlehnen. Aus endlosen Wiederholungen einzelner Episoden,
Formeln, Einzelwörtern entstehen neue Kombinationen, neue Komposita.
So entwickeln sich aus der Beschreibung .der gelben Straßenbahn, des Hungers und des von der
Kanonade wankenden Bodens neue lexikalische Komplexe und neue unerwartete
Begriffsverschmelzungen.
Auch
phonetische
Zusammenklänge
entstehen,
die
solche
Begriffsverschmelzungen ihrerseits zementieren helfen, sie vereinigen auch Vergangenheit und
Gegenwart, Wirklichkeit und Phantasie, Vernunft und Irrsinn:
Die Kanonen haben gegrummelt. Der Boden wankt... Und ich will zur Straßenbahn. Die ist gelb
in der grauen Straße. Wunderhübsch gelb in der grauen. Aber ich komm ja nicht hin. Zweimal hab ich
schon gelegen. Denn ich hab Hunger. Und davon wankt der Boden. Wankt so wunderhübsch gelb von so
welthungrig und straßenbahngelb.
Die vielen Wiederholungen eines Worts in einer gewissen Situation verleihen dem Wort eine
einmalige, eigenartige Färbung und ermöglichen es, dieses Wort nur in einem knapp abgegrenzten Sinn
zu gebrauchen. So ist das Wort Woronesch in der Erzählung unzertrennlich verwachsen mit der
Vorstellung der 57 gefallenen deutschen Soldaten:
Der alte Mann singt wie ein Sarg... So leise, so nach Grab, so wurmig, so erdig, so nach
Woronesch singt er...
Manchmal erhält die rhythmisierte, von Zusammenklängen durchwirkte Prosa von Borchert auch
Endreime, und dieses vervollkommnet ihre Ähnlichkeit mit einem Gedicht. Manchmal verwandelt sich
der Prosa-Bericht in ein Duett von einzelnen Stimmen:
Freut euch, singt der Leierkastenmann.
Ich bin 25, schrei ich.
Freut euch, singt der Leierkastenmann.
Ich hab Hunger, schrei ich.
Und dann weiter schlägt die Erzählung in eine Reihe von Repliken des Erzählers um, die so
angebracht sind, dass das Verbum dicens (hier schreien) zu einem sich wiederholenden Endreim wird:
Ich bin 25, schrei ich. Ich bin noch unterwegs, schrei ich. Ich hab Angst, schrei ich.
So bilden Borcherts Novellen, wie wir gesehen haben, ein interessantes Beispiel vielseitiger
Benutzung von poetischen Mitteln in einem prosaischen Werk, was die Entstehung einer originellen
Verschmelzung beider Arten zu einem Zwittergenre als Ergebnis hat.
10
Text 2. Abschied (H. Böll)
Wir waren in einer so grässlichen Stimmung, wenn man schon lange Abschied genommen hat,
aber noch nicht bereit ist, sich zu trennen, weil der Zug noch nicht abgefahren ist. Die Bahnhofshalle war
wie Bahnhofshallen, schmutzig und zugig, erfüllt vom Lärm, Lärm von Stimmen und Wagen.
Charlotte stand am Fenster des langen Flurs, und wir konnten uns doch diese letzten Minuten,
diese kostbaren, letzten, gemeinsamen Minuten unseres Lebens nicht durch Winkzeichen aus einem
überfüllten Arbeit heraus verständigen ...
«Nett», sagte sie schon zum dritten Mal, «wirklich nett, dass du bei mir vorbeigekommen bist.»
«Ich bitte dich, wo wir uns schon so lange kennen. Fünfzehn Jahre.»
«Ja, ja, wir sind jetzt dreißig, immerhin ... kein Grund ...»
«Hör auf, ich bitte dich. Ja, wir sind jetzt dreißig. So alt wie die russische Revolution ...»
«So alt wie der Dreck und der Hunger ...»
«Ein bisschen jünger...»
«Du hast Recht, wir sind furchtbar jung.» Sie lachte.
«Sagtest du etwas?» fragte sie nervös.
«Nein, es war mein Bein.»
«Du musst was dran tun».
«Ja, ich tu was dran, es redet wirklich zu viel...»
«Kannst du überhaupt noch stehen?»
«Ja ...», und ich wollte ihr eigentlich sagen, dass ich sie liebte, aber ich kam nicht dazu, schon seit
fünfzehn Jahren ...
«Was?»
«Nichts ... du fährst also ins Ausland, nach Schweden ...»
«Ja, ich schäme mich ein bisschen ... eigentlich gehört das doch zu unserem Leben, Dreck und
Lumpen und Trümmer, und ich schäme mich ein bisschen. Ich komme mir scheußlich vor ...» «Unsinn,
freu dich auf Schweden ...»
«Manchmal freu' ich mich auch, weißt du, das Essen, das muss herrlich sein, und nichts, gar
nichts kaputt. Er schreibt ganz begeistert ...»
Die Stimme, die immer sagt, wann die Züge abfahren, erklang jetzt einen Bahnsteig näher, und
ich erschrak, aber es war noch nicht unser Bahnsteig. Die Stimme kündigte nur einen internationalen Zug
von Rotterdam nach Basel an.
Einen Augenblick lang fühlte ich den Mut, diese kleine Person einfach aus dem Fenster zu ziehen
und hier zu behalten, sie gehörte mir doch, ich liebte sie, ja ...
«Was ist?»
«Nichts», sagte ich, «freu dich auf Schweden ... »
«Ja. Er hat eine tolle Energie, findest du nicht? Drei Jahre gefangen in Russland, abenteuerliche
Flucht, und jetzt liest er da schon über Rubens.»
«Toll, wirklich toll ...»
«Du musst auch was tun, versuch wenigstens zu promovieren...»
«Halt die Schnauze!»
«Was?» fragte sie leise. «Was?» sie war ganz bleich geworden.
«Verzeih», flüsterte ich, «ich meine nur das Bein, ich rede manchmal mit ihm ...»
Sie sah absolut nicht nach Rubens aus, sie sah eher nach Picasso aus, und ich fragte mich
dauernd, warum er sie bloß geheiratet hat, sie war nicht einmal hübsch, und ich liebte sie.
Auf dem Bahnsteig war es ruhiger geworden, nur noch ein paar Abschiedsleute standen herum.
Jeden Augenblick konnte die Stimme sagen, dass der Zug abfahren soll. Jeder Augenblick konnte der
letzte sein...“
«Du musst doch etwas tun, es geht so nicht.»
«Nein», sagte ich. ,
Sie war das Gegenteil von Rubens: schlank, hochbeinig, nervös, und sie war so alt wie die
russische Revolution, so alt wie der Hunger und der Dreck in Europa und der Krieg ...
«Ich kann's nicht glauben ... Schweden ... es ist wie ein Traum ...»
«Es ist alles ein Traum.»
«Meinst du?»
«Gewiss. Fünfzehn Jahre. Dreißig Jahre ... Noch dreißig Jahre. Warum promovieren, lohnt sich
nicht. Sei still, bitte!»
«Redest du mit dem Bein?»
11
«Ja.»
«Was sagt es den?»
«Horch».
Wir waren ganz still und blickten uns an und lächelten, und wir sagten es uns, ohne ein Wort zu
sprechen.
Sie lächelte mir zu: «Verstehst du jetzt, ist es gut?»
«Ja ...ja.»
«Wirklich?»
«Ja, ja.»
«Siehst du», fuhr sie leise fort, «das ist es ja gar nicht, dass man zusammen ist und alles. Das ist
es, nicht wahr?»
Die Stimme, die sagt, wann die Züge abfahren, war jetzt genau über mir, und ich zuckte
zusammen.
«Auf Wiedersehen!»
«Auf Wiedersehen!» - Ganz langsam fuhr der Zug ab und entfernte sich im Dunkel der großen
Halle.
I. Beantworten Sie die Fragen zum Text.
1. Wie viele Jahre kannten sich Charlotte und ihr Freund? 2. Wo befanden sich Charlotte und ihr
Freund während des Gesprächs? 3. Was wollte er ihr schon seit fünfzehn Jahren sagen, aber kam nicht
dazu? 4. Warum schämte sich Charlotte, dass sie sich nach Schweden fahren sollte? 5. War sie
verheiratet? 6. Was schrieb ihr der Ehemann aus Schweden? 7. Warum wollte der Freund Charlotte aus
dem Fenster ziehen? 8. Was erzählte Charlotte über ihren Ehemann? 9. Was fand sie für ihren Freund
beruflich nötig? 10. Wie sah Charlotte aus? 11. Wie sagten sich Charlotte und ihr Freund, dass sie sich
liebten?12. Was für ein Mensch war die Hauptfigur dieser Geschichte? 13. Warum war er so unglücklich?
14. Was wird er weiter tun?
II. Suchen Sie die passenden Äquivalente zu den folgenden Wortverbindungen.
Когда уже давно попрощались; потому что поезд еще не отошел; наполненные шумом
голосов и вагонов; эти драгоценные, последние минуты нашей жизни, действительно мило, что ты
зашел ко мне; мы страшно молоды; у меня руки не доходили; мне немного стыдно; я кажусь себе
ужасной; ерунда; радуйся тому, что едешь в Швейцарию; он пишет совершенно восторженно; я
испугался; голос объявил поезд из Роттердама в Базель; вытащить из окна и оставить здесь; три
года пленения в России; а теперь он читает лекции о Рубенсе; по крайней мере; получить ученую
степень; она побледнела; она скорее походила на Пикассо; так не пойдет; она была
противоположностью Рубенса; это как сон; не имеет смысла; мы сказали это друг другу; не
произнося ни слова; она продолжила медленно; не правда ли; я вздрогнула; поезд медленно
отошел.
III. Übersetzen Sie folgende Wörter und lernen Sie sie auswendig.
Попрощаться с кем-либо; отходить (о поезде); наполняться ч-либо; драгоценный; заходить
к кому-либо; у меня руки не доходят; стыдиться; казаться себе; ерунда; восторженно; испугаться;
объявить; вытащить из; пленение; читать лекции; по крайней мере; получить ученую степень;
побледнеть; походить на к-либо; так не пойдет; быть противоположностью к-либо; это как сон; не
имеет смысла; друг другу; не произнося ни слова; продолжать; не правда ли; вздрогнуть; отходить
(о поезде).
Text 3. Barbara (B. Brecht)
Ich dachte lange darüber nach, wie diese Geschichte heißt. Aber dann wusste ich, dass sie
«Barbara» heißt. Ich gebe zu, dass Barbara selbst nur ganz am Anfang vorkommt und die ganze
Geschichte hindurch in zu schlechtem Licht dasteht, aber die Geschichte kann gar nicht anders heißen als
«Barbara».
Edmund, genannt Eddi, 200 Pfund schwer, Melancholiker, tat sehr Unrecht, mich abends 9 Uhr,
nur weil wir ein paar Kurfürstendamm-Coctails zusammen getrunken hatten und sein Chrysler vor der
Bar stand, in die Lietzenburger Straße 53 zu Barbara mitzunehmen, obwohl er wissen musste, dass
Barbara «eine wichtige Unterredung mit einem Kabarettdirektor» hatte.
Wir klingelten, traten ein, hängten die Mäntel auf, sahen Barbara wütend auf uns zukommen und
hörten sie: «Du machst mich noch wahnsinnig mit deiner idiotischen Eifersucht» schreien. Im nächsten
Augenblick standen wir wieder unten vor Eddis Chrysler. Wir stiegen sofort hinein.
12
Eddi fuhr ein sehr rasches Tempo mit Vollgas über die Halenseer Brücke. Und während der
ganzen Zeit redete er in einem fort. Er sah genau so aus wie eine Fettkugel mit einem kleinen steifen
schwarzen Huf auf dem Kopf.
Und wie gesagt, dabei redete die Fettkugel: «Siehst du», sagte sie, «das war nur eine Kleinigkeit,
was gerade passiert ist. Aber ehrlich gesagt, habe ich vollkommen genug davon. Was heißt Eifersucht?
Wenn es jemanden gibt, der nicht eifersüchtig per dieses Gefühl überhaupt nicht kennt, nie gekannt hat,
so bin ich es. Natürlich ist es ihr Recht, den Kabarettdirektor bei sich zu empfangen, abends um 9 Uhr
und im Pyjama. Und wenn es jemanden gibt, der Recht respektiert, dann bin ich es. Aber es ist einfach
leichtsinnig von Barbara. Ich muss dir sagen, dass meine Geduld zu Ende ist. Endgültig!»
So sprach Eddi, als wir über die Halenseer Brücke fuhren. Im Grünewald war er schon viel
weiter. Es war eine trübe Nacht mit einem widerlichen Nebel und ich wäre lieber zu Hause gewesen.
Aber Eddi hatte p viel zu sagen. Er hätte deutlich die Absicht, mich mit seiner Weltauffassung bekannt zu
machen. Er sagte mir alles, was er über die Welt dachte. Er sagte es mir ganz offen und fuhr dabei ein
Tempo von Kilometer auf einem Weg, den es eigentlich gar nicht gab, außer in seiner Phantasie. Er war
ein schlechter Philosoph und ein ausgezeichneter Autofahrer, aber sein Fahren war viel gefährlicher als
seine Philosophie. Er sagte, dass die Menschen überhaupt falsch konstruiert sind: eine Fehlkonstruktion
unmenschlicher Art. Aber ich sah mir die Kiefern aus dem Fenster an und hatte das einzige Gefühl, dass
das Tempo viel zu rasch Eddi gab noch etwas Gas, um das Tempo höher zu kriegen, und sagte mir, was er
über die Frauen dachte. Die Frauen hielt Eddi nämlich für Schund. Er meinte, dass sogar Haustiere im
Vergleich zu Frauen viel teuer sind.
Ich konnte Eddis Argumente gegen die Frauen in der Eile (110 Kilometer in der Stunde) leider
nicht prüfen. Die Hauptsache war, dass Eddis Weltschmerz einen Fuß hatte, der auf den Gashebel
drückte. Da ich gegen den Fuß nichts machen konnte, sollte ich wenigstens versuchen, etwas gegen den
Weltschmerz zu tun. Also fing ich an, mitten in der Nacht, auf einer dunklen Chaussee, zwischen
Wannsee und Potsdam, Grünewald usw., einer Fettkugel die Vorteile des Planeten zu zeigen. Ich sagte
ihm, dass alles in der Welt relativ ist, obwohl unsere Geschwindigkeit absolut war. Wir bewegten uns
schnell auf unseren Tod zu. Als ich auf das Thema «Auf Regen folgt Sonnenschein» zu sprechen kam,
fuhren wir gerade einen waldigen Abhang hinunter. Dann sprach ich von «den guten Seiten, die Frauen
auch haben», und Eddi brachte den Wagen wieder auf das Tempo.
Dann sagte ich kurz und barsch: «Du fährst saumäßig!»
Dieser Ausspruch verletzte Eddi. Er war bekannt als ausgezeichneter Fahrer. Es war das einzige
was er konnte. Ein dumpfer Laut kam aus seinem unförmigen Körper. Das war der Laut des Mastodonts,
dem man gesagt hat, dass er zu schwach ist.
Dann fuhr Eddi 120 Kilometer. Es war wenig Licht in der Gegend und Eddi ging in jede Kurve
mit Vollgas. Es schien mir nicht mehr von dieser Welt war. Aber mitten in einem Walde hackte der
Motor. Dann gab Eddi Gas. Dann fuhr der Wagen langsamer. Dann drückte Eddi die Kupplung und gab
wieder Gas. Dann blieb der Wagen stehen. Es war kein Benzin mehr drin. Eddi stieg aus. Es war in einem
Wald ohne Anfang und Ende, einem Wald, der sicher auf nicht verzeichnet war.
Und damit ist meine Geschichte im Grunde aus. Ich sage nur noch, dass man gegen Morgen zwei
Menschen in einem Dorf sehen konnte, die einen Chrysler schoben, während der eine, schlanke, dem
anderen alles sagte, was er über ihn dachte und noch einiges mehr, und der andere, eine ramponierte
Fettkugel ohne jede Form, ab und zu lachte.
Aber es war ein kindliches und fröhliches Lachen.
I. Beantworten Sie die Fragen zum Text.
1. Worüber dachte der Autor der Erzählung lange nach? 2. Was hat Edmund Unrecht getan? 3.
Wo trafen sich erst Eddi und sein Freund? 4. Wo wohnte Barbara? 5. Was schrie Barbara, als Eddi und
sein Freund eintraten? 6. Was ist im nächsten Augenblick passiert? 7. Wie sah Eddi aus? 8. Wie nannte
ihn der Autor? 9. Was sagte er dem Freund im Auto? 10. Wovon hatte Eddi vollkommen genug? 11. Was
erzählte er von seinem Gefühl der Eifersucht? 12. Warum wollte er den Freund mit seiner Weltauffassung
bekannt machen? 13. Was dachte Eddi über die Frauen? 14. Was dachte Eddi über die Welt? 15. Was für
ein Autofahrer und was für ein Philosoph war Eddi? 16. Was wollte der Freund gegen Eddis Weltschmerz
tun? 17. Welche Vorteile der Frauen wollte er ihm zeigen? 18. Was verletzte Eddi? 19. Wie reagierte er
auf den Ausspruch seines Freundes? 20. Was schien dem Freund? 21. Was ist dann passiert? 22. Was
machen Eddi und sein Freund gegen Morgen in einem Dorf? 23. Warum lachte die Fettkugel? 24. Warum
heißt die Erzählung „Barbara“?
II. Suchen Sie die passenden Äquivalente zu den folgenden Wortverbindungen.
13
я признаю; предстает в плохом свете; не иначе как; поступил очень неправильно; перед
баром; ты сводишь меня с ума; в следующее мгновение; он говорил без умолку; в шляпе на
голове; честно говоря; мне это совершенно надоело; кто вообще не знает этого чувства; принимать
у себя; это легкомысленно со стороны Барбары; моему мнению пришел конец; лучше бы я был
дома; он давно имел намерение; познакомить меня со своим миропониманием; отличный
водитель; по сравнению с женщинами; в спешке; все в мире относительно; наша скорость
абсолютна; после дождя светит солнце; хорошие стороны; единственное, что он умел; мне
показалось; без начала и конца; в сущности; под утро; время от времени он хихикал.
III. Übersetzen Sie folgende Wörter und lernen Sie sie auswendig.
признавать; представать в плохом свете; не иначе как; поступать неправильно; сводить клибо с ума; в следующее мгновение; говорить без умолку; честно говоря; мне это совершенно
надоело; принимать у себя; легкомысленно; иметь намерение; познакомить с к-либо;
миропонимание; по сравнению с к-либо; в спешке; все в мире относительно; наша скорость
абсолютна; хорошие стороны; единственное, что он умел; мне показалось; без начала и конца; в
сущности; время от времени.
Text 4. Der Besuch (unbekannt)
„Warum stehst du?" fragte die Mutter. Sie saß in einem der bequemen Korbstühle vor dem
großen runden Tisch. Auf dem Tisch standen Nelken. Helga setzte sich. „Ich habe mir immer wieder
vorgestellt, wie du aussiehst", sagte die Mutter und schloss: „Du siehst gut aus." Helga nickte.
„Nun sitze ich hier und weiß nicht, was ich sagen soll", sagte die Mutter. „Ich weiß auch nicht,
was ich sagen soll", bekannte Helga. Sie empfand den Besuch der Mutter als störend, sie erinnerte sich zu
wenig an das Gesicht der Mutter, die vor vierzehn Jahren weggegangen war. „Ich konnte dich damals
nicht mitnehmen", sagte die Mutter, „ich musste mir doch eine neue Existenz aufbauen. Das war nicht
einfach. Ich hatte vor dich später zu mir zu holen, das ging aber nicht mehr." Das klang wie eine
Rechtfertigung. „Ich habe es auch nicht versucht", sagte die Mutter, „der Vater hätte dich doch nicht
hergegeben." „Nein", sagte Helga überzeugt.
Verstohlen betrachtete Helga die Mutter. Sie trug einen bunten Hosenanzug, verschiedene Ringe
und Ketten. Die Mutter wirkte jugendlich. Sie trank von dem Kaffee und zündete sich eine Zigarette an.
Es entstand eine lange Pause.
„Hast du auch ein Haus in Hamburg?" fragte Helga. „Nein", sagte die Mutter. „Arbeitest du in
einer Klinik?" fragte Helga weiter, entschlossen, ein paar Neuigkeiten zu erfahren. „In einer Privatklinik",
sagte die Mutter. Wieder entstand eine lange Pause.
Es hieß ja immer, zwischen Müttern und Kindern gäbe es verborgene Stränge. Davon spürte
Helga nichts, überhaupt nichts. Da saß eine ihr völlig fremde, zu der sich kein Kontakt herstellen ließ, wie
zu Karla, der Stiefmutter. Was hieß schon Stiefmutter?
Auf Karla war in den vielen Jahren immer Verlass gewesen. Schön war Karla nicht, auch nicht so
gepflegt wie die Mutter „Bist du verheiratet?" fragte Helga. „Ja,“ sagte die Mutter zurückhaltend. „Und?"
fragte Helga weiter. „Was und?" sagte die Mutter. „Ob du glücklich bist", sagte Helga einfach. „So was
fragt man nicht. Die richtige Wahl des Partners ist die halbe Karriere." Die Mutter lächelte ironisch. „Was
willst du mal werden?" fragte die Mutter warm. „Ich fang in der Molkerei an", sagte Helga. „Ich will
Nahrungsmitteltechnikerin werden." „Mit achtzehn weiß man noch nicht, was man will", sagte die Mutter
belehrend. „Mit achtzehn glaubte ich an die Zukunft, die sich nicht gerechtfertigt hat. Das Leben erwies
sich als eine Hetzjagd. Glücklich? Ich bin nicht unglücklich, und das ist schon viel." Um etwas zu tun
holte sich Helga eine Tasse und goss sich Kaffee ein. Der Kaffee war schon kalt. Die Mutter musterte die
Tochter. Helga trug kurze Hosen, einen billigen bequemen Pullover und leichte Turnschuhe. „Ich wollte
zum Segeln", sagte Helga.
„Und da habe ich dir den Tag verdorben", sagte die Mutter. „Nein", log Helga, denn diese
Begegnung war unnötig und überflüssig. Plötzlich sah Helga, dass die Mutter älter war, als sie aussah.
Unter der Cremeschicht zeichneten sich Falten ab. Warum bist du damals gegangen?" fragte Helga. „War
es Vaters Schuld?" „Die Verhältnisse waren schuld", sagte die Mutter. Helga schwieg.
Die Mutter stand auf, sie stand etwas hilflos vor der Tochter. Sie gingen nach draußen. Die
Mutter stieg in den Wagen und fuhr ab. Am Abend brachte Helga Blumen und Karla sagte gerührt: „Du
hast zu viel Taschengeld, mein Herz. Wir haben den ganzen Garten voll Blumen." Weiter wurde über den
Besuch nicht gesprochen.
I. Antworten Sie auf die folgenden Fragen.
1. Warum verließ die Mutter die Tochter?
14
2. Warum holte sie die Tochter nicht zu sich?
3. Wie ging es der Mutter in Hamburg?
4. Warum besuchte sie nach 14 Jahren die Tochter? Worauf hoffte sie? Rechtfertigten sich ihre
Hoffnungen?
5. Was war dieser Besuch für Helga?
II. Wie verstehen Sie die folgende Textstelle.
„Es hieß ja immer, zwischen Müttern und Kindern gäbe es verborgene Stränge. Davon spürte
Helga nichts, überhaupt nichts.'
III. Finden Sie auch weitere Beweise im Text, dass die Mutter Helga fremd war. Lesen Sie diese
Textstellen mit Kommentar vor. Sie können so anfangen:
Diese Frau war Helga völlig fremd. Davon zeugt die folgende Textstelle. Ich zitiere: ...
IV. Können Sie sagen, wie die Beziehungen zwischen Helga und der Stiefmutter waren.
Begründen Sie Ihre Meinung mit entsprechenden Textstellen.
Muster: Meiner Meinung nach ... (Ich meine, dass ...) Davon zeugt die folgende Textstelle. Ich
zitiere: ...
V. Finden Sie die Textstellen, wo der Autor Helgas Mutter beschreibt. Lesen Sie sie vor.
VI. Kommentieren Sie die folgenden Sätze.
Die Mutter wirkte jugendlich. Plötzlich sah Helga, dass die Mutter älter war, als sie aussah.
VII. Sagen Sie, wie charakterisieren Helgas Mutter ihre Worte: „Die richtige Wahl des Partners
ist die halbe Karriere." (ichbezogen, berechnend, )
VIII. Kommentieren Sie den letzten Absatz. Beginnen Sie mit dem Satz:
Dieser Absatz zeugt davon, dass ...
Text 5. Der Kuss
Drei Möglichkeiten (Franz Hohler)
1.
Ein verheirateter Mann gab einer Schauspielerin, mit der er an den Rheinfall gefahren war, als er
mit dem Auto wartete, bis er in die Hauptstrasse einbiegen sollte, einen Kuss. Dabei geriet sein Wagen
ins Rollen und kam direkt vor einem Lastwagen, der nicht mehr bremsen konnte. Der Mann und die
Schauspielerin waren sofort tot.
2.
Ein verheirateter Mann gab einer Schauspielerin, mit der er an den Rheinfall gefahren war, als er
mit dem Auto wartete, bis er in die Hauptstrasse einbiegen sollte, einen Kuss. Dabei geriet sein Wagen
ins Rollen, streifte den Anhänger eines vorbeifahrenden Lastwagens, wurde auf die gegnerische Fahrbahn
geworfen, wo ein korrekt entgegenkommender Lieferwagen die Kollision nicht mehr vermeiden konnte.
Der Mann kam mit einigen Rippenbrüchen und einer Gehirnerschütterung davon. Die
Schauspielerin jedoch wurde durch den Unfall querschnittgelahmt und musste fortan durch diesen Mann
unterhalten werden, da sowohl er als auch sie nur ungenügend versichert waren. Dies fiel dem Mann
umso schwerer, als er die Schauspielerin erst am Tage des Unfalls kennen gelernt hatte und von einer
Beziehung zwischen ihm und ihr keine Rede sein konnte, was aber wiederum auf seine Frau und die
Gesellschaft sehr unglaubwürdig wirkte.
Die Beziehung zur Schauspielerin entstand erst jetzt, nach und nach, und der Mann hatte keine
Freude an dieser Beziehung, denn die Schauspielerin war dumm und geschwätzig und hatte nur sehr viel
Zeit, und die Besuche belasteten sein Familienleben, und auch die Versuche, sie in die Familie zu
integrieren, endeten peinlich und mühsam, weder seine Freu noch seine Kinder mochten die
Schauspielerin und waren nur höflich zu ihr. Der Mann verfluchte den Tag, an dem er, einer Laune
folgend, mit dieser Schauspielerin an den Rheinfall gefahren war, aber es nützte ihm nichts.
3. Ein verheirateter Mann gab einer Schauspielerin, mit der er an den Rheinfall gefahren war, als
er mit dem Auto wartete, bis er in die Hauptstrasse einbiegen sollte, einen Kuss. Dabei geriet sein Wagen
ins Rollen, und er konnte gerade noch rechtzeitig bremsen, bevor der Lastwagen an ihm vorbeifuhr. Das
hätte schief gehen können, dachte er. Die Schauspielerin traf er später nie mehr.
Text 6. Das Ideal (K. Tucholsky)
Ja, das möchste:
Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
15
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn –
aber abends zum Kino hast du's nicht weit.
Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit:
Neun Zimmer, - nein, doch lieber zehn!
Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn,
Radio, Zentralheizung, Vakuum,
eine Dienerschaft, gut gezogen und stumm,
eine süße Frau voller Rasse und Verve (und eine fürs Wochenend, zur Reserve) -,
eine Bibliothek und drumherum
Einsamkeit und Hummelgesumm.
Im Stall: Zwei Ponys, vier Vollbluthengste,
acht Autos, Motorrad - alles lenkste
natürlich selber - das wär’ ja gelacht!
Und zwischendurch gehst du auf Hochwildjagd.
Ja, und das hab' ich ganz vergessen:
Prima Küche - bestes Essen alte Weine aus schönem Pokal und egalweg bleibst du dünn wie ein Aal.
Und Geld. Und an Schmuck eine richtige Portion.
Und noch 'ne Million und noch ’ne Million.
Und Reisen. Und fröhliche Lebensbuntheit.
Und famose Kinder. Und ewige Gesundheit.
Ja, das möchste!
Aber wie das so ist hienieden:
manchmal scheint's so, als sei es beschieden
nur pöapö, das irdische Glück,
immer fehlt dir irgendein Stück.
Hast du Geld, dann hast du nicht Käten;
Hast du die Frau, dann fehl'n dir Moneten –
Hast du die Geisha, dann stört dir der Fächer,
bald fehlt und der Wein, bald fehlt uns der Becher.
Etwas ist immer,
Tröste dich.
Jedes Glück hat einen kleinen Stich.
Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten.
Dass einer alles hat: das ist selten.
Kommentar:
Friedrichstraße: Straße im Zentrum Berlins
mondän: elegant, weltstädtisch
die Zugspitze: höchster Berg in den Bayerischen
Alpen
das Vakuum: hier: Staubsauger (veraltet)
die
Dienerschaft:
Hauspersonal,
z.B.
Putzfrau,Köchin
gut gezogen: gehorsam, treu
famos: gut, prima
hienieden: hier auf der Erde
beschieden: zugeteilt
die Moneten: Geld
die Verve (französisch): Begeisterung, Schwung
die Hummel: Insekt, fliegt im Sommer, summend
zu Blüten
der Hengst: männliches Pferd
das Vollblut: Pferd aus reiner Zucht
das Hochwild: Tiere des Waldes, z.B. Elch, Hirsch
der Pokal: kostbares Glas, Trinkgefäß
der Aal: langer, schlangenförmiger Fisch
egalweg: trotzdem
pöapö (französisch: peu a peu):in kleinen Schritten
Käten: Käthe (Frauenname)
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Text 7. Kräftig essen (H. Novak)
Ich bin selten in dieser Stadt. Ich bin zufällig hier.
Ich habe eine Bekannte. Sie steht mir sehr nahe. Wir führen einen ausgedehnten, einen intimen
Briefwechsel miteinander.
Ich bin zufällig hier. Ich möchte meine Bekannte nicht treffen. Ich halte mich nur einen Tag lang
auf. Ich habe keine Zeit. Wenn ich sie treffe, muss ich mich ihr widmen. Sie beschlagnahmt mich. Sie
sagt, was machst Du denn hier, oder, was Machst du denn hier, oder, was machst du denn Hier. Ich sage,
gar nichts. Sie zieht mich. Sie reißt mich mit. Sie sagt, und du rufst mich nicht an. Ich sage, ich wollte es
gerade. Sie sagt, dann ist es ja herrlich, dass wir uns treffen. Ich sage, ja. Ich frage, bist du nicht auf dem
Weg ins Geschäft. Sie sagt, ach wo, ich habe heute meinen Haushaltstag. Ich sage, dann hast du also
große Wäsche. Sie sagt, ich denke nicht daran, zu waschen, wenn du schon einmal hier bist. Ich sage, ist
hier in der Nähe ein Kino. Sie sagt, Kino. Zuerst ins Café.
Sie hakt mich ein. Sie sagt, wann bist du angekommen. Ich sage, gestern Abend. Sie sagt, das ist
nicht möglich. Und wo hast du geschlafen? Ich sage, in einem Hotel. Sie sagt, aber, aber. Wir holen sofort
dein Gepäck und bringen es zu mir. Ich sage, das lohnt sich nicht. Ich fahre am Nachmittag weiter. Sie
sagt, du fährst am Nachmittag weiter, das kannst du mir nicht antun. Ich sage, sei mir nicht böse, ich habe
kaum Zeit. Sie sagt, was hast du denn vor. Ich sage, nichts Besonderes. Sie sagt, was ist übrigens aus der
Geschichte geworden. Ich sage, aus welcher Geschichte. Sie sagt, die Geschichte in deinem vorletzten
Brief. Ich sage, in meinem vorletzten Brief. Sie sagt, er hieß Roland oder Ronald. Du weißt schon, was
ich meine. Ich sage, ach der. Sie sagt, wieso der. Du hast seitenlang von ihm geschrieben und dass du
nicht ein noch aus wüsstest. Ich sage, er ist weg. Sie sagt, einfach weg. Das ist fantastisch. Ich sage, ja. Ist
hier kein Kino?
Wir gehen die Kaiserallee hinauf. Wir setzen uns in eine Kaffeestube und rauchen. Sie sagt, was
du nur mit deinem Kino hast. Wir haben noch gar nicht richtig miteinander gesprochen. Ich sage, nein.
Sie sagt, hast du schon gefrühstückt? Ich sage, nein. Sie sagt, ich hole uns etwas zu essen. Ich sage, ich
habe keinen Hunger. Sie sagt, du musst aber kräftig essen, möchtest du belegte Brote oder Kuchen. Ich
sage, nichts.
Sie geht zum Buffet. Sie nimmt zwei Tablettes. Sie spricht mit der Bedienung. Ich verlasse die
Kaffeestube durch den Ausgang Königstrasse.
Text 8. Die Dumme Frau (Bertolt Brecht)
Ein Mann hatte eine Frau, die war wie das Meer. Das Meer verändert sich unter jedem
Windhauch, aber es wird nicht größer noch kleiner, auch ändert die Farbe sich nicht, noch der Geschmack
auch wird es nicht härter davon noch weicher, wenn aber der Wind vorbei ist, dann liegt es wieder still,
und es ist nicht anders geworden. Und der Mann musste über Land. Und da er fort ging, gab er der Frau
alles, was er hatte, sein Haus und seine Werkstatt und den Garten um sein Haus und das Geld, das er sich
verdient hatte. „Dies alles ist mein Eigen, und es gehört auch dir. Du musst darauf Acht haben“. Da hing
sie an seinem Hals und weinte und sagte zu ihm: „Wie soll ich das? Denn ich bin ein dummes Weib“.
Aber er sah sie an und sprach: „Wenn du mich lieb hast, dann kannst du es." Und dann nahm er von ihr
Abschied.
Da nun die Frau allein zurückgeblieben war, bekam sie sehr Angst um alles, was in ihren
schwachen Händen lag, und sie ängstigte sich sehr. Deshalb hing sie sich an ihren Bruder, welcher ein
schlechter Mensch war, und er betrog sie. Darum wurde ihr Gut immer geringer, und als sie es merkte,
war sie ganz verzweifelt und wollte nichts mehr essen, dass es nicht weniger wurde, und schlief nicht des
Nachts, und davon wurde sie krank.
Da lag sie in ihrer Kammer und konnte nicht mehr umsehen im Hause, und es verfiel, und der
Bruder verkaufte davon die Gärten und die Werkstatt und sagte es nicht zu der Frau. Die Frau lag in ihren
Kissen, sagte nichts und dachte: Wenn ich nichts sage, ist es nichts Dummes, und wenn ich nicht esse,
dann wird es nicht weniger.
So geschah es, dass eines Tages das Haus versteigert werden musste. Dazu kamen viele Leute
von überall her, denn es war ein schönes Haus. Und die Frau lag in ihrer Kammer und hörte die Leute und
wie der Hammer fiel und wie die Leute lachten und sagten: „Es regnet durch das Dach, und die Mauer
fällt ein." Und dann wurde sie schwach und schlief ein.
Als sie wieder aufwachte, lag sie in einer hölzernen Kammer in einem harten Bette. Auch gab es
nur ein ganz kleines Fenster in großer Höhe, und es ging ein kalter Wind durch alles. Und eine alte Frau
kam herein und fuhr sie bös an und sagte ihr, dass ihr Haus verkauft sei, aber die Schuld sei noch nicht
gedeckt, und sie nähre sich von Mitleid, und das Mitleid sei für ihren Mann. Denn der habe nun gar nichts
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mehr. Da ward die Frau, als sie das hörte, im Kopf wirr und ein wenig irre, und sie stand auf und fing an
zu arbeiten von dem Tag an, im Haus herum und auf den Feldern. Und sie lief in schlechten Kleidern und
aß fast nichts und verdiente doch auch nichts, weil sie nichts verlangte. Und da hörte sie einmal, ihr Mann
sei gekommen.
Da bekam sie aber eine große Angst. Und ging rasch hinein und zauste ihr Haar und suchte ein
frisches Hemd, und es war keins da. Und sie strich über die Brust, dass sie's verberge, und da war sie ganz
dürr. Und ging hinaus durch eine kleine Tür hinten und lief fort, irgendwohin.
Da sie nun eine Zeitlang gelaufen war, fiel es ihr ein, dass es ihr Mann sei, und sie waren
zusammengetan, und nun lief sie ihm fort. Da kehrte sie gleich um und lief zurück, dachte nicht mehr an
das Haus und die Werkstatt und das Hemde und sah ihn von weitem und lief auf ihn zu, und da hing sie
an seinem Hals.
Der Mann aber stand mitten in der Straße, und die Leute lachten über ihn unter den Türen. Und er
war sehr zornig. Er hatte aber die Frau am Halse, sie tat den Kopf nicht weg von seinem Hals und nicht
die Arme von seinem Nacken. Und er fühlte, wie sie zitterte, und meinte, es sei ihre Angst, da sie alles
vertan hatte. Aber sieh, da hob sie endlich ihr Gesicht und sah ihn an, und da sah er, dass es nicht ihre
Angst, sondern ihre Freude war, und weil sie sich so freute, zitterte sie. Da kam ihm etwas in den Sinn,
und er schwankte auch und legte den Arm um sie, fühlte gut, dass sie mager geworden war in den
Schultern und küsste sie mitten auf ihren Mund.
Text 9. Das heutige Weibliche (Daniela Dahn)
Nach der Lieblingstugend bei Frauen befragt, bekannte Karl Marx: Schwäche. Beim Mann:
Stärke.
Komischerweise habe ich noch von keinem Marx-Gegner gehört, der mit dieser Auffassung
polemisiert, sie als völlig überholt abgetan hätte.
Vielleicht liegt es daran, dass solche Kritiker immer Männer sind. Denn sosehr sie nach
Angriffspunkten suchen — wenn es um männliche Stärke geht, wird sogar Marx als Verbündeter
geduldet.
Aber warum haben sich nicht wenigstens ein paar emanzipierte Frauen beschwert?
Wohl weil es Karl Marx ist. Oder weil noch niemand Kompetentes gesagt hat, was heute die
Lieblingstugend sein soll. Dass Emanzipation nicht Mannwerdung, Gleichmacherei bedeutet, hat sich
inzwischen herumgesprochen. Nur das Sondern ist noch nicht ganz klar. Worin soll, neben dem feinen,
der eigentliche Unterschied bestehen? Was von dem ewig Weiblichen zieht heute noch und wird immer
ziehen?
Allein durch das Mütterliche ist man derzeit noch lange keine gemachte Frau. Von den drei K
„Kinder, Küche, Kirche" ist letzteres durch „Kulturobmann" ersetzt worden. Im Beruf werden gleiche
Ansprüche gestellt, Maßstab sind männliche Leistungsnormen. Da gibt es keine getrennten Staffeln, auch
wenn für die Frauen ein anderer Wind weht. Bis auf den Haushaltstag, großzügig von Männern erlassen,
denn er manifestiert: ihr Gebiet.
Als Ehefrau hat man heutzutage schön, klug und begehrenswert zu sein, bei allem sanft und nie
aggressiv. Zu kulturellen Höhepunkten erweist man sich als gesellschaftsfähig, belesen, geistreich und
stets über das neueste informiert. Als Gastgeberin bewirtet: man mit hausfraulichem Können, zeigt
pädagogisches Geschick beim Vorführen der Kinder und im Gespräch charmanten Unterhaltungswert. Im
Urlaub stellt sich heraus, dass man unternehmungslustig, sportlich und obendrein in bester Kondition ist.
Kuren sind eigentlich überflüssig, denn gesund möchte man zu alldem schon sein!
Kurz und schlecht, die Emanzipation hat das Gleichgewicht ziemlich einseitig verschoben, in
Richtung höhere Leistung, also Belastung, Stärke.
Ja, was wollt ihr denn, um Himmels willen? höre ich die Männer rufen. Wollt ihr wieder raus aus
dem Beruf, zurück an den Herd? Nein. (Auf keinen Fall, ausgeschlossen, wir wollen ja was leisten.) Soll
man euch den ganzen Haushalt führen? Nein. (Gott bewahre, das würde was geben!)
Wäre es euch lieber, wenn wir euer Äußeres gar nicht beachten würden? Nein (Wozu dann Frau
sein?). Sollen wir euch das Kinderkriegen auch noch abnehmen? Nein. (Unerfüllbare Angebote sind
schnell gemacht. Habt ihr'ne Ahnung! Es geht ja auch nicht um die neun Monate, eine kleine Geburt ist
das alle vier Wochen. Aber lasst mal, das schaffen wir schon.).
Also was wollt ihr?
Schwach sein dürfen. Mitunter. Und zwar, solange wir noch stark sind. Nicht erst, wenn es
sowieso nicht mehr anders geht, nicht vor Erschöpfung, sondern aus Einsicht und aus Lust. Schwach sein
dürfen heißt auch manchmal gereizt sein, solange wir noch Nerven haben, und gelegentlich hässlich,
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solange wir eigentlich noch schön sind. Und einfach schwach. Das müsste möglich sein, ohne dass dann
gleich alles zusammenbricht. Und nicht mit großzügiger Geste bewilligt wird, sondern verstanden,
mitgefühlt, vielleicht sogar gemacht. Von den Männern, unseren Starken!
Eins bleibt unklar! Ist diese Sehnsucht nach dem Schwachen im Starksein, nach Obhut,
Geborgenheit, Trost und Schutz, ja manchmal nach bedingungsloser Unterwerfung bei uneingeschränkter
Gleichberechtigung - ist dies alles nun das heutige Weibliche oder ist es einfach überhaupt menschlich?
Haben Männer auch solche Regungen?
Viele Anzeichen sprechen dafür. Aber über Jahrhunderte verschüttet, wird männliche Schwäche
wohl kaum noch vor sich selbst benannt. Dazu sind die meisten Männer zu eitel. Schon Marx ... (war ein
Mann).
Text 10. Die Einzahl und die Mehrzahl (Peter Handke)
Auf einer Bank im Park sitzt ein Türke mit dick verbundenem Finger: ich sitze auf einer Bank im
Park neben einem Türken mit dick verbundenem Finger: wir sitzen auf einer Bank im Park, ich und ein
Türke mit dick verbundenem Finger: Ein Türke mit dick verbundenem Finger sitz mit mir auf einer Bank
im Park. Wir sitzen auf einer Bank im Park und schauen hinaus auf den Teich etwas schwimmen, und der
Türke schaut hinaus auf den Teich:
Wir schauen hinaus auf den Teich, und ich sehe im Teich einen Gegenstand schwimmen, und der
Türke schaut hinaus auf den Teich:
Wir schauen hinaus auf den Teich, und ich sehe im Teich von den schwimmenden Enten bewegt,
ein Grasbüschel schwimmen und auf das Ufer zu schwimmen, und der Türke schaut hinaus auf den
Teich:
Wir schauen hinaus auf den Teich, und ich sehe ein Grasbüschel, das von schwimmenden Enten
bewegt, auf das Ufer zu schwimmt, von entgegen schwimmenden Enten bewegt, vom Ufer
wegschwimmen, und der Türke schaut hinaus auf den Teich:
Wir schauen hinaus auf den Teich, und ich sehe ein Grasbüschel, das von schwimmenden Enten
bewegt, daran war, ans Ufer geschwemmt zu werden, und dann, von entgegen schwimmenden Enten
bewegt, daran war, zurück in die Mitte des Teiches geschwemmt zu werden, jetzt, von anderen,
kreuzenden Enten bewegt, sich nur noch auf der Stelle bewegen, und der Türke schaut hinaus auf den
Teich:
Wir schauen hinaus auf den Teich, und ich sehe einen Gegenstand, den ich für ein Grasbüschel
gehalten habe, oder etwas, das ich für einen Gegenstand gehalten habe, von dem ich glaubte, dass er ein
Grasbüschel sei, nachdem er sich auf der Stelle bewegt hat, plötzlich untergehen, und auch ich höre auf,
den Kopf mit dem Gegenstand mit auf der Stelle zu bewegen: das heißt, ich schrecke auf: oder: ich
schrecke auf, das heißt, ich höre auf, den Kopf mit dem Gegenstand mit auf der Stelle zu bewegen, und
bewege mich nicht mehr, und der Türke schaut hinaus auf den Teich:
Wir schauen hinaus auf den Teich, und ich sehe eine Ente auftauchen, die ein Grasbüschel im
Schnabel hat, und ich bin müde vom Schauen und zufrieden, und der Türke schaut hinaus auf den Teich:
Wir schauen hinaus auf den Teich, und ich erinnere mich, ohne etwas zu sehen, an den
Sportreporter, der vom Tod redete, und der Türke schaut hinaus auf den Teich. Ein Türke und ich, wir
sitzen im Park auf einer Bank und schauen hinaus auf den Teich: ich sitze im Park auf einer Bank bei
einem Türken mit dick verbundenem Finger: ich sitze auf einer Bank im Park neben einem Türken mit
dick verbundenem Finger: im Park sitzt plötzlich neben mir auf der Bank ein Türke mit einem dick
verbundenen Finger, den er von den anderen wegstreckt: im Park auf einer Bank sitzt ein Türke mit neun
heilen Fingern, die er an sich drückt: auf einer Bank im Park sitzt ein Türke mit dick verbundenem Finger
und schaut hinaus auf den Teich.
Text 11. Wenn ich eine Frau wäre
Die Wochenzeitschrift „Freund des Mannes" organisierte ein Preisausschreiben. Thema: „Wenn
ich eine Frau wäre ..." Der erste Preis war ein elektrischer Rasierapparat. Solcher Rasierapparat war schon
lange ein großer Wunsch von mir, und ich beschloss, den Preis zu gewinnen.
Als ich abends nach Hause kam, legte ich mich sofort auf die Couch und schloss die Augen.
«Bist du krank?», fragte meine Frau.
«Stör mich nicht!", antwortete ich in einem Ton, dass sie kein Wort mehr sagte.
So lag ich bis in die späte Nacht, aber etwas Positives zu dem Thema wollte mir in den Kopf
nicht kommen. Schließlich weckte ich meine Frau und erzählte ihr alles. Die Frau gab mir einen Rat;
„Wir müssen die Rollen tauschen." Morgens stand ich als erster auf, bereitete das Frühstück zu, weckte
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die Kinder und zog sie an. Es ging ganz gut. Aber als alles fertig war, sah ich auf die Uhr: Ich musste
eigentlich schon seit einer Stunde in meinem Betrieb sein. Ich weckte meine Frau und lief auf die Straße.
Unrasiert und ohne Frühstück.
Nach der Arbeit nahm ich die Einkaufstasche und ging ins Geschäft. Aber dort standen viele
Menschen an. Ich verließ das Geschäft und ging nach Hause. Die ersten Sätze zu meinem Artikel hatte
ich nun. „Wenn ich eine Frau wäre", schrieb ich, „dann würde ich nur einmal im Monat einkaufen."
Leider störten mich die Kinder beim Weiterschreiben. Sie hatten Hunger. Ich gab ihnen ein Stück
Brot. Dabei hatte ich selbst Hunger. So schickte ich meinen Ältesten zum Fleischer. Er kehrte nach einer
Stunde zurück und brachte ein sehr kleines Stück Fleisch. Ich ging fort hin und protestierte laut. Der
Fleischer klärte alles schnell. Das Geld, das ich meinem Jungen mitgab, hatte gerade zu diesem Stück
gereicht.
Zum Glück hatte ich das Portemonnaie meiner Frau bei mir. In ihm war das Wirtschaftsgeld für
den ganzen Monat. Ich kaufte, was wir brauchten. Um meiner Familie Freude zu bereiten, wollte ich noch
etwas Kuchen besorgen. Dazu hat das Geld dann nicht mehr gereicht.
Als ich wieder zu Hause war, begann ich abzuwaschen und zu kochen.
Meine Frau kam später von einer Versammlung. Wir stritten uns lange. Weil doch eine
Versammlung nicht bis um 12 Uhr nachts dauern kann!
Ich weckte die Kinder, die inzwischen unter dem Tisch beim Spielen eingeschlafen waren, und
setzte ihnen das Mittagessen vor. Ich selbst hatte keinen Appetit, ich war zu müde. Meine Familie hatte
einen guten Appetit. Sie aß alles auf, was für drei Tage zubereitet war. Ich erinnerte mich an das leere
Portemonnaie, und es wurde mir schwer ums Herz.
Nach dem Essen begannen die Kinder zu spielen. Wahrscheinlich glaubten sie, dass es erst
Nachmittag war.
Meine Frau aber lag inzwischen in der Badewanne und sang irgendeine Melodie.
Da nahm ich meinen Federhalter zur Hand, warf das Papier mit den bisher geschriebenen Sätzen
in den Ofen und schrieb:
Wenn ich eine Frau wäre, dann hätte ich nur einen Wunsch: ein Mann zu sein!"
Seit einigen Tagen rasiere ich mich mit dem elektrischen Rasierapparat.
Text 12. Rinderwahn (Max Raabe)
Rinderwahn,
Wer weiß denn wo die Rinder war'n
Bevor sie unsern Mündern nah'n
Als Kotelett.
Sie sollten mal die Inder seh'n
Die lassen ihre Rinder steh'n
Als Heiligkeit flanieren gehn
Das ist nett.
Der Mensch isst gerne Tiere auf,
da kam die Kuh als erste drauf.
Drum nennt sie ihren Racheplan
Rinderwahn.
Bedenke, wenn das Rind sich rächt,
geht es dir empfindlich schlecht.
Erst liegt die Kuh im Fieber,
dann du, mein Lieber.
Der Mensch isst gerne Tiere auf,
da kam die Kuh als erste drauf.
Drum nennt sie ihren Racheplan
Rinderwahn.
Die Hühner fühl'n sich seltsam fad
Die Schweine sind schon längst malat
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So greift die ganze Seuche um
auf's Publikum.
Text 13. Kein Schwein ruft mich an (Max Raabe)
Kein Schwein ruft mich an,
keine Sau interessiert sich für mich,
so lange ich hier wohn,
ist es fast wie Hohn, schweigt das Telefon.
Kein Schwein ruft mich an,
keine Sau interessiert sich für mich,
und ich frage mich,
denkt gelegentlich jemand mal an mich.
Den Zustand find ich höchst fatal,
für heut'ge Zeiten nicht normal,
wo jeder nur darüber klagt,
das Telefon an Nerven nagt.
Ich trau mich kaum mehr aus der Tür,
denn stets hab ich vermutet,
das kaum, das ich das Haus verlass,
es klingelt oder tutet.
Doch:
kein Schwein ruft mich an, keine Sau interessiert sich für mich,
so lange ich hier wohn, ist es fast wie Hohn, schweigt das Telefon.
Kein Schwein ruft mich an,
keine Sau interessiert sich für mich,
und ich frage mich,
denkt gelegentlich jemand mal an mich.
Vielleicht, das manche mich im Land der Dänen wähnen,
oder fern von hier, wo die Hyänen gähnen.
Denn:
kein Schwein ruft mich an,
keine Sau interessiert sich für mich,
doch liegt es nicht an mir,
ich zahle monatlich
die Telefongebühr.
Das war für mich kein Zustand mehr,
es musste eine Lösung her,
das war für mich sofort
der Anruf- beantworter.
Und als ich dann nach Hause kam,
war ich vor Glück und Freude lahm,
es blinkte froh der Appаrat,
dass jemand angerufen hat.
Die süße Stimme einer Frau verrät mir und erzählt:
Verzeihen Sie, mein werter Herr,
ich habe mich verwählt.
Text 14. 99 Luftballon (Nena)
Hast du etwas Zeit für mich?
Dann singe ich ein Lied für dich
Von 99 Luftballons
Auf ihrem Weg zum Horizont.
Denkst du vielleicht grad' an mich?
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Dann singe ich ein Lied für dich
Von 99 Luftballons
Und dass so was von so was kommt.
99 Luftballons
Auf ihrem Weg zum Horizont
Hielt man für Ufo's aus dem All.
Darum schickte ein General
'ne Fliegerstaffel hinterher,
Alarm zu geben, wenn's so wär'.
Dabei war'n dort am Horizont
Nur 99 Luftballons.
99 Düsenflieger,
Jeder war ein großer Krieger,
Hielten sich für Captain Kirk.
Das gab ein großes Feuerwerk.
Die Nachbarn haben nichts gerafft
Und fühlten sich gleich angemacht.
Dabei schoss man am Horizont
Auf 99 Luftballons.
99 Kriegsminister,
Streichholz und Benzinkanister,
Hielten sich für schlaue Leute,
Witterten schon fette Beute.
Riefen Krieg und wollten Macht.
Man, wer hätte das gedacht,
Dass es einmal soweit kommt
Wegen 99 Luftballons,
Wegen 99 Luftballons,
99 Luftballons...
99 Jahre Krieg ließen keinen Platz für Sieger.
Kriegsminister gibt's nicht mehr
Und auch keine Düsenflieger.
Heute zieh' ich meine Runden,
Seh' die Welt in Trümmern liegen.
Hab' 'nen Luftballon gefunden,
Denk' an dich und lass' ihn fliegen.
Text 15. Einsamkeit (Erich Kästner)
Einsam bist du sehr alleine.
Aus der Wanduhr tropft die Zeit.
Stehst am Fenster. Starrst auf Steine.
Träumst von Liebe. Glaubst an keine.
Kennst das Leben. Weißt Bescheid.
Einsam bist du sehr alleine –
und am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit.
Wünsche gehen auf die Freite.
Glück ist ein verhexter Ort.
Kommt dir nahe. Weicht zur Seite.
Sucht vor Suchenden das Weite.
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Ist nie hier. Ist immer dort.
Stehst am Fenster. Starrst auf Steine.
Sehnsucht krallt sich in dein Kleid.
Einsam bist du sehr alleine –
und am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit.
Schenkst dich hin. Mit Haut und Haaren.
Magst nicht bleiben, wer du bist.
Liebe treibt die Welt zu Paaren.
Wirst getrieben. Musst erfahren,
dass es nicht die Liebe ist ...
Bist sogar im Kuss alleine.
Aus der Wanduhr tropft die Zeit.
Gehst ans Fenster. Starrst auf Steine.
Brauchtest Liebe. Findest keine.
Träumst vom Glück. Und lebst im Leid.
Einsam bist du sehr alleine –
und am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit.
Text 16. Der Alte (Theodor Storm)
An einem Spätherbstnachmittage ging ein alter wohlgekleideter Mann langsam die Straße hinab.
Er schien von einem Spaziergange nach Hause zurückzukehren; denn seine Schnallenschuhe, die einer
vorübergegangenen Mode angehörten, waren bestäubt. Den langen Rohrstock mit goldenem Knopf trug
er unter dem Arm; mit seinen dunklen Augen, in welche sich die ganze verlorene Jugend gerettet zu
haben schien, und welche eigentümlich von den schneeweißen Haaren abstachen, sah er ruhig umher oder
in die Stadt hinab, welche im Abendsonnendufte vor ihm lag.Er schien fast ein Fremder; denn von den Vorübergehenden grüßten ihn nur Wenige, obgleich
Mancher unwillkürlich in diese ernsten Augen zu sehen gezwungen wurde.
Endlich stand er vor einem hohen Giebelhause still, sah noch einmal in die Stadt hinaus und trat
dann in die Hausdiele. Bei dem Schall der Türglocke wurde drinnen in der Stube von einem Guckfenster,
welches nach der Diele hinausging, der grüne Vorhang weggeschoben und das Gesicht einer alten Frau
dahinter sichtbar. Der Mann winkte ihr mit seinem Rohrstock. "Noch kein Licht!" sagte er in einem etwas
südlichen Akzent; und die Haushälterin ließ den Vorhang wieder fallen. Der Alte ging nun über die weite
Hausdiele, dann durch einen Pesel (2), wo große Eichschränke mit Porzellanvasen (3) an den Wänden
standen; durch die gegenüberstehende Tür trat er in einen kleinen Flur, von wo aus eine enge Treppe zu
den oberen Zimmern des Hinterhauses führte. Er stieg sie langsam hinauf, schloss oben eine Tür auf, und
trat dann in ein mäßig großes Zimmer. Hier war es heimlich und still; die eine Wand war fast mit
Repositorien (4) und Bücherschränken bedeckt; an der andern hingen Bilder von Menschen und
Gegenden; vor einem Tische mit grüner Decke, auf dem einzelne aufgeschlagene Bücher umherlagen,
stand ein schwerfälliger Lehnstuhl mit rotem Sammetkissen. - Nachdem der Alte Hut und Stock in die
Ecke gestellt hatte, setzte er sich in den Lehnstuhl und schien mit gefalteten Händen von seinem
Spaziergange auszuruhen.- Wie er so saß, wurde es allmählich dunkler; endlich fiel ein Mondstrahl durch
die Fensterscheiben auf die Gemälde an der Wand, und wie der helle Streif langsam weiter rückte, folgten
die Augen des Mannes unwillkürlich. Nun trat er über ein kleines Bild in schlichtem schwarzen Rahmen.
"Elisabeth!" sagte der Alte leise; und wie er das Wort gesprochen, war die Zeit verwandelt; er war in
seiner Jugend.
Texterläuterungen
1.)
Immensee: Handschrift der ersten Fassung ist nicht bekannt. Über einige
Anregungen berichtet Storms erster Biograph Paul Schütze in seinem Buch Theodor Storm. Sein
Leben und seine Dichtung (Berlin 1887, S.102 f.): "Eines Tages - ich weiß das aus dem Munde
des Dichters selbst - befand er sich in einer Gesellschaft, wo man eine junge Dame erwartete, die
aber nicht erschien; es wurde dann erzählt, ein älterer reicher, als nüchtern geschäftsmäßig
charakterisierter Mann hab um sie angehalten, und sei diese Verlobung ein Werk der Mutter.
Unter der Anregung dieses Vorfalls entstand am nächsten Tage das Lied: "Meine Mutter hat's
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gewollt". Ob er erst von diesem Liede aus das Motiv zur Novelle gefunden, oder dieselbe schon
vorher begonnen, weiß der Dichter nicht mehr genau."
2.)
Pesel, der; -s, -: prächtig ausgestatteter Hauptraum bes. des nordfriesischen
Bauernhauses.
3.)
große Eichschränke mit Porzellanvasen: Zur alten Einrichtung repräsentativer
Räume in den Bürgerhäusern Norddeutschlands gehörten jeweils zwei (meist aus den
Niederlanden importierte) Vasen auf den Ecken der großen Leinen- und Geschirrschränke.
4.)
Repositorien: Offene Bücherregale oder Aktenablagen.
Text 17. Die Kinder (Theodor Storm)
Bald trat die anmutige Gestalt eines kleinen Mädchens zu ihm. Sie hieß Elisabeth und mochte
fünf Jahre zählen; er selbst war doppelt so alt. Um den Hals trug sie ein rotseidenes Tüchelchen; das ließ
ihr hübsch zu den braunen Augen.
"Reinhardt!" rief sie, "wir haben frei, frei! den ganzen Tag keine Schule, und morgen auch nicht."
Reinhardt stellte die Rechentafel, die er schon unterm Arm hatte, flink hinter die Haustür, und
dann liefen beide Kinder durch's Haus in den Garten, und durch die Gartenpforte hinaus auf die Wiese.
Die unverhofften Ferien kamen ihnen herrlich zu Statten. Reinhardt hatte hier mit Elisabeths Hülfe ein
Haus aus Rasenstücken aufgeführt; darin wollten sie die Sommerabende wohnen; aber es fehlte noch die
Bank. Nun ging er gleich an die Arbeit; Nägel, Hammer und die nötigen Bretter lagen schon bereit.
Während dessen ging Elisabeth an dem Wall entlang und sammelte den ringförmigen Samen der wilden
Malve in ihre Schürze; davon wollte sie sich Ketten und Halsbänder machen; und als Reinhardt endlich
trotz manches krumm geschlagenen Nagels seine Bank dennoch zu Stande gebracht hatte und nun wieder
in die Sonne hinaustrat, ging sie schon weit davon am andern Ende der Wiese. "Elisabeth!" rief er,
"Elisabeth!" und da kam sie, und ihre Locken flogen. "Komm", sagte er, "nun ist unser Haus fertig. Du
bist ja ganz heiß geworden; komm herein, wir wollen uns auf die neue Bank setzen. Ich erzähl' Dir
etwas."
Dann gingen sie beide hinein und setzten sich auf die neue Bank. Elisabeth nahm ihre Ringelchen
aus der Schürze und zog sie auf lange Bindfäden; Reinhardt fing an zu erzählen: "Es waren einmal drei
Spinnfrauen - - "
"Ach", sagte Elisabeth, "das weiß ich ja auswendig; Du müsst auch nicht immer dasselbe
erzählen."
Da musste Reinhardt die Geschichte von den drei Spinnfrauen stecken lassen, und stattdessen
erzählte er die Geschichte von dem armen Mann, der in die Löwengrube geworfen war. "Nun war es
Nacht", sagte er, "weißt Du? ganz finstere, und die Löwen schliefen. Mitunter aber gähnten sie im Schlaf
und reckten die roten Zungen aus; dann schauderte der Mann und meinte, dass der Morgen komme.
Da warf es um ihn her auf einmal einen hellen Schein, und als er aufsah, stand ein Engel vor ihm.
Der winkte ihm mit der Hand und ging dann gerade in die Felsen. Elisabeth hatte aufmerksam zugehört.
"Ein Engel?" sagte sie. "Hatte er denn Flügel?"
"Es ist nur so eine Geschichte;" antwortete Reinhardt; "es gibt ja gar keine Engel."
"0 pfui, Reinhardt!" sagte sie und sah ihm starr in's Gesicht. Als er sie aber finster anblickte,
fragte sie ihn zweifelnd: "Warum sagen sie es denn immer? Mutter und Tante und auch in der Schule?"
"Das weiß ich nicht", antwortete er.
"Aber Du", sagte Elisabeth, "gibt es denn auch keine Löwen?"
"Löwen? Ob es Löwen gibt! In Indien; da spannen die Götzenpriester sie vor den Wagen und
fahren mit ihnen durch die Wüste. Wenn ich groß bin, will ich einmal selber hin. Da ist es viel
tausendmal schöner als hier bei uns; da gibt es gar keinen Winter. Du musst auch mit mir. Willst Du?"
"Ja", sagte Elisabeth; "aber Mutter muss dann auch mit, und Deine Mutter auch."
"Nein", sagte Reinhardt, "die sind dann zu alt, die können nicht mit."
"Ich darf aber nicht allein."
"Du sollst schon dürfen; Du wirst dann wirklich meine Frau, und dann haben die Andern Dir
nichts zu befehlen."
"Aber meine Mutter wird weinen."
"Wir kommen ja wieder", sagte Reinhardt heftig; "sag es nur gerade heraus, willst Du mit mir
reisen? Sonst geh ich allein; und dann komme ich nimmer wieder."
Der Kleinen kam das Weinen nahe. "Mach nur nicht so böse Augen", sagte sie; "ich will ja mit
nach Indien."
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Reinhardt fasste sie mit ausgelassener Freude bei beiden Händen und zog sie hinaus auf die
Wiese. "Nach Indien, nach Indien!" sang er und schwenkte sich mit ihr im Kreise, dass ihr das rote
Tüchelchen vom Halse flog. Dann aber ließ er sie plötzlich los und sagte ernst: "Es wird doch nichts
daraus werden; Du hast keine Courage."
"Elisabeth! Reinhardt!" rief es jetzt von der Gartenpforte. "Hier! Hier!" antworteten die Kinder
und sprangen Hand in Hand nach Hause.
Text 18. Im Walde (Theodor Storm)
So lebten die Kinder zusammen; sie war ihm oft zu still, er war ihr oft zu heftig, aber sie ließen
deshalb nicht von einander; fast alle Freistunden teilten sie, Winters in den beschränkten Zimmern ihrer
Mütter; Sommers in Busch und Feld. - Als Elisabeth einmal in Reinhardts Gegenwart von dem
Schullehrer gescholten wurde, stieß er seine Tafel zornig auf den Tisch, um den Eifer des Mannes auf
sich zu lenken. Es wurde nicht bemerkt. Aber Reinhardt verlor alle Aufmerksamkeit an den
geographischen Vorträgen; statt dessen verfasste er ein langes Gedicht; darin verglich er sich selbst mit
einem jungen Adler, den Schulmeister mit einer grauen Krähe, Elisabeth war die weiße Taube; der Adler
gelobte an der grauen Krähe Rache zu nehmen, sobald ihm die Flügel gewachsen sein würden. Dem
jungen Dichter standen die Tränen in den Augen; er kam sich sehr erhaben vor. Als er nach Hause
gekommen war, wusste er sich einen kleinen Pergamentband mit vielen weißen Blättern zu verschaffen;
auf die ersten Seiten schrieb er mit sorgsamer Hand sein erstes Gedicht. - Bald darauf kam er in eine
andere Schule, hier schloss er manche neue Kameradschaft mit Knaben seines Alters; aber sein Verkehr
mit Elisabeth wurde dadurch nicht gestört. Von den Märchen, welche er ihr sonst erzählt und wieder
erzählt hatte, fing er jetzt an, die, welche ihr am besten gefallen hatten, aufzuschreiben; dabei wandelte
ihn oft die Lust an, etwas von seinen eigenen Gedanken hineinzudichten; aber, er wusste nicht weshalb, er
konnte immer nicht dazu gelangen. So schrieb er sie genau auf, wie er sie selber gehört hatte. Dann gab er
die Blätter an Elisabeth, die sie in einer Schubfach ihrer Schatulle sorgfältig aufbewahrte; und es
gewährte ihm eine anmutige Befriedigung, wenn er sie mitunter Abends diese Geschichten in seiner
Gegenwart aus den von ihr geschriebenen Heften ihrer Mutter vorlesen hörte.
Sieben Jahre waren vorüber. Reinhardt sollte zu seiner weiteren Ausbildung die Stadt verlassen.
Elisabeth könnte sich nicht in den Gedanken finden, dass es nun eine Zeit ganz ohne Reinhardt geben
werde. Es freute sie, als er ihr eines Tages sagte, er werde, wie sonst, Märchen für sie aufschreiben; er
wolle sie ihr mit den Briefen an seine Mutter schicken; sie müsse ihm dann wieder schreiben, wie sie ihr
gefallen hätten. Die Abreise rückte heran; vorher aber kam noch mancher Reim in den Pergamentband.
Das allein war für Elisabeth ein Geheimnis, obgleich sie die Veranlassung zu dem ganzen Buche und zu
den meisten Liedern war, welche nach und nach fast die Hälfte der weißen Blätter gefüllt hatten.
Es war im Juni; Reinhardt sollte am andern Tag reisen. Nun wollte man noch einmal einen
festlichen Tag zusammen begehen. Dazu wurde eine Landpartie nach einer der nahe gelegenen
Holzungen in größerer Gesellschaft veranstaltet. Der stundenlange Weg bis an den Saum des Waldes
wurde zu Wagen zurückgelegt; dann nahm man die Proviantkörbe herunter und marschierte weiter. Ein
Tannengehölz musste zuerst durchwandert werden; es war kühl und dämmerig und der Boden überall mit
feinen Nadeln bestreut. Nach halbstündigem Wandern kam man aus dem Tannendunkel in eine frische
Buchenwaldung; hier war Alles licht und grün, mitunter brach ein Sonnenstrahl durch die blätterreichen
Zweige; ein Eichkätzchen sprang über ihren Köpfen von Ast zu Ast. - Auf einem Platze, über welchem
uralte Buchen mit ihren Kronen zu einem durchsichtigen Laubgewölbe zusammenwuchsen, machte die
Gesellschaft Halt. Elisabeths Mutter öffnete einen der Körbe; ein alter Herr warf sich zum
Proviantmeister auf. "Alle um mich herum, Ihr jungen Vögel!" rief er, "und merket genau, was ich Euch
zu sagen habe. Zum Frühstück erhält jetzt ein Jeder von Euch zwei trockene Wecken (1); die Butter ist zu
Hause geblieben, die Zukost (2) müsst ihr Euch selber suchen. Es stehen genug Erdbeeren im Walde, das
heißt, für den, der sie zu finden weiß. Wer ungeschickt ist, muss sein Brot trocken essen; so geht es
überall im Leben. Habt Ihr meine Rede begriffen?"
"Ja wohl!" riefen die Jungen.
"Ja seht", sagte der Alte, "sie ist aber noch nicht zu Ende. Wir Alten haben uns im Leben schon
genug umhergetrieben; darum bleiben wir jetzt zu Haus, das heißt, hier unter diesen breiten Bäumen, und
schälen die Kartoffeln, und machen Feuer und rüsten die Tafel, und wenn die Uhr zwölf ist, sollen auch
die Eier gekocht werden. Dafür seid Ihr uns von Euren Erdbeeren die Hälfte schuldig, damit wir auch
einen Nachtisch servieren können. Und nun geht nach Ost und West und seid ehrlich!"
Die Jungen machten allerlei schelmische Gesichter. "Halt!" rief der Herr noch einmal. "Das
brauche ich Euch wohl nicht zu sagen, wer keine findet, braucht auch keine abzuliefern; aber das schreibt
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Euch wohl hinter Eure feinen Ohren, von uns Alten bekommt er auch nichts. Und nun habt Ihr für diesen
Tag gute Lehren genug; wenn Ihr nun noch Erdbeeren dazu habt, so werdet Ihr für heute schon durch's
Leben kommen."
Die Jungen waren derselben Meinung und begannen sich paarweise auf die Fahrt zu machen.
"Komm, Elisabeth", sagte Reinhardt, "ich weiß einen Erdbeerenschlag (3); Du sollst kein
trockenes Brot essen."
Elisabeth knüpfte die grünen Bänder ihres Strohhutes zusammen und hing ihn über den Arm. "So
komm", sagte sie, "der Korb ist fertig."
Dann gingen sie in den Wald hinein, tiefer und tiefer; durch feuchte undurchdringliche
Baumschatten, wo Alles still war, nur unsichtbar über ihnen in den Lüften das Geschrei der Falken; dann
wieder durch dichtes Gestrüpp, so dicht, dass Reinhardt vorangehen musste, um einen Pfad zu machen,
hier einen Zweig zu knicken, dort eine Ranke bei Seite zu biegen. Bald aber hörte er hinter sich Elisabeth
seinen Namen rufen. Er wandte sich um. "Reinhardt!" rief sie, "warte doch, Reinhardt!" Er konnte sie
nicht gewahr werden; endlich sah er sie in einiger Entfernung mit den Sträuchern kämpfen; ihr feines
Köpfchen schwamm nur kaum über den Spitzen der Farrenkräuter. Nun ging er noch einmal zurück und
führte sie durch das Wirrnis der Kräuter und Stauden auf einen freien Platz hinaus, wo blaue Falter
zwischen den einsamen Waldblumen flatterten. Reinhardt strich ihr die feuchten Haare aus dem erhitzten
Gesichtchen; dann wollte er ihr den Strohhut aufsetzen und sie wollte es nicht leiden; dann aber bat er sie
und dann ließ sie es doch geschehen.
"Wo bleiben denn aber Deine Erdbeeren?" fragte sie endlich, indem sie stehen blieb und einen
tiefen Atemzug tat.
"Hier haben sie gestanden", sagte er; "aber die Kröten sind uns zuvorgekommen, oder die Marder,
oder vielleicht die Elfen."
"Ja", sagte Elisabeth, "die Blätter stehen noch da; aber sprich hier nicht von Elfen. Komm nur, ich
bin noch gar nicht müde; wir wollen weiter suchen."
Vor ihnen war ein kleiner Bach, jenseits wieder der Wald. Reinhardt hob Elisabeth auf seine
Arme und trug sie hinüber. Nach einer Weile traten sie aus dem schattigen Laube wieder in eine weite
Lichtung hinaus. "Hier müssen Erdbeeren sein", sagte das Mädchen, "es duftet so süß."
Sie gingen suchend durch den sonnigen Raum; aber sie fanden keine. "Nein", sagte Reinhardt, "es
ist nur der Duft des Heidekrautes."
Himbeerbüsche und Hülsendorn standen überall durcheinander; ein starker Geruch von
Heidekräutern, welche abwechselnd mit kurzem Grase die freien Stellen des Bodens bedeckten, erfüllte
die Luft. "Hier ist es einsam"; sagte Elisabeth; "wo mögen die Andern sein?"
An den Rückweg hatte Reinhardt nicht gedacht. "Warte nur; woher kommt der Wind?" sagte er,
und hob seine Hand in die Höhe. Aber es kam kein Wind.
"Still", sagte Elisabeth, "mich dünkt, ich hörte sie sprechen. Rufe einmal dahinunter."
Reinhardt rief durch die hohle Hand: "Kommt hieher!" - "Hieher!" rief es zurück.
"Sie antworten!" sagte Elisabeth und klatschte in die Hände.
"Nein, es war nichts, es war nur der Widerhall." Elisabeth fasste Reinhardts Hand. "Mir graut!"
sagte sie.
Nein", sagte Reinhardt, "das muss es nicht. Hier ist es prächtig. Setz Dich dort in den Schatten
zwischen die Kräuter. Lass uns eine Weile ausruhen; wir finden die Andern schon."
Elisabeth setzte sich unter eine überhängende Buche und lauschte aufmerksam nach allen Seiten;
Reinhardt saß einige Schritte davon auf einem Baumstumpf und sah schweigend nach ihr hinüber. Die
Sonne stand gerade über ihnen; es war glühende Mittagshitze; kleine goldglänzende, stahlblaue Fliegen
standen flügelschwingend in der Luft; rings um sie her ein feines Schwirren und Summen, und manchmal
hörte man tief im Walde das Hämmern der Spechte und das Kreischen der andern Waldvögel.
"Horch", sagte Elisabeth, "es läutet."
"Wo?" fragte Reinhardt.
"Hinter uns. Hörst Du? Es ist Mittag."
"Dann liegt hinter uns die Stadt; und wenn wir in dieser Richtung gerade durchgehen, so müssen
wir die Andern treffen."
So traten sie ihren Rückweg an; das Erdbeerensuchen hatten
sie aufgegeben, denn Elisabeth war müde geworden. Endlich klang zwischen den Bäumen
hindurch das Lachen der Gesellschaft; dann sahen sie auch ein weißes Tuch am Boden schimmern, das
war die Tafel, und darauf standen Erdbeeren in Hülle und Fülle. Der alte Herr hatte eine Serviette im
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Knopfloch und hielt den Jungen die Fortsetzung seiner moralischen Reden, während er eifrig an einem
Braten herumtranchierte.
"Da sind die Nachzügler", riefen die Jungen, als sie Reinhardt und Elisabeth durch die Bäume
kommen sahen.
"Hierher!" rief der alte Herr, "Tücher ausgeleert, Hüte umgekehrt! Nun zeigt her, was Ihr
gefunden habt." "Hunger und Durst!" sagte Reinhardt.
"Wenn das Alles ist", erwiderte der Alte, und hob ihnen die volle Schüssel entgegen, "so müsst
Ihr es auch behalten. Ihr kennt die Abrede; hier werden keine Müßiggänger gefüttert."
Endlich ließ er sich aber doch erbitten, und nun wurde Tafel gehalten; dazu schlug die Drossel
aus den Wacholderbüschen.
So ging der Tag hin. - Reinhardt hatte aber doch etwas gefunden; waren es keine Erdbeeren, so
war es doch auch im Walde gewachsen. Als er nach Hause gekommen war, schrieb er in seinen alten
Pergamentband:
Hier an der Bergeshalde
Verstummet ganz der Wind;
Die Zweige hängen nieder,
Darunter sitzt das Kind.
Die sitzt in Thymiane (4),
Sie sitzt in lauter Duft;
Die blauen Fliegen summen
Und blitzen durch die Luft.
Es steht der Wald so schweigend,
Sie schaut so klug darein;
Um ihre braunen Locken
Hinfließt der Sonnenschein.
Der Kuckuck lacht von ferne,
Es geht mir durch den Sinn:
Sie hat die goldnen Augen
Der Waldeskönigin.
So war sie nicht allein sein Schützling; sie war ihm auch der Ausdruck für alles Liebliche und
Wunderbare seines aufgehenden Lebens.
Texterläuterungen
1) Wecken, der; -s, -: /mhd. wecke = Keil, keilförmigesGebäck /: längliches Weizenbrötchen.
2) Zukost, die; -: Beikost: zusätzliche Nahrung; Beigabe zu den üblichen Mahlzeiten.
3) Erdbeerenschlag, der = "Schlag" ist niederdt. Geläufig als: Teil eines Ackers, hochdeutsch
auch als: frisch abgeholzter Teil eines Waldes. Storm schließt sich hier aber wohl an Johann Peter Hebels
Gedicht Der Knabe im Erdbeerschlag an. Darin findet der Knabe im Wald "Erdbeeri, Schlag an Schlag".
4) Thymian, der; -s, -e / mhd. tymian = Räucherwerk zu lat. Thymum /: in kleinen Sträuchern
wachsende Pflanze mit würzig duftenden, kleinen, dunkelgrünen, auf der Unterseite silbrigweißen
Blättern u. meist hellroten bis violetten Blüten, die als Gewürz zu Heilzwecken verwendet wird.
Text 19. Da stand das Kind am Wege (Theodor Storm)
Weihnachtabend kam heran. - Es war noch Nachmittags, als Reinhardt mit andern Studenten im
Ratskeller am alten Eichentisch zusammen saß. Die Lampen an den Wänden waren angezündet, denn hier
unten dämmerte es schon; aber die Gäste waren sparsam versammelt, die Kellner lehnten müßig an den
Mauerpfeilern. In einem Winkel des Gewölbes saßen ein Geigenspieler und ein Zithermädchen (1) mit
feinen zigeunerhaften Zügen (2); sie hatten ihre Instrumente auf dem Schoße liegen und schienen
teilnahmlos vor sich hin zu sehen.
Am Studententische knallte ein Champagnerpfropfen. "Trinke, mein böhmisch Liebchen (3)!" rief
ein junger Mann von junkerhaftem Äußern, indem er ein volles Glas zu dem Mädchen hinüberreichte.
Ich mag nicht", sagte sie, ohne ihre Stellung zu verändern.
So singe!" rief der Junker, und warf ihr eine Silbermünze in den Schoß. Das Mädchen strich sich
langsam mit den Fingern durch ihr schwarzes Haar, während der Geigenspieler ihr in's Ohr flüsterte; aber
sie warf den Kopf zurück und stützte das Kinn auf ihre Zither. "Für den spiel' ich nicht", sagte sie.
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Reinhardt sprang mit dem Glase in der Hand auf und stellte sich vor sie. "Was willst Du?" fragte
sie trotzig.
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"Deine Augen sehn."
"Was gehn Dich meine Augen an?"
Reinhardt sah funkelnd auf sie nieder. "Ich weiß wohl, sie sind falsch!" - Sie legte ihre Wange in
die flache Hand und sah ihn lauernd an. Reinhardt hob sein Glas an den Mund. "Auf Deine schönen,
sündhaften Augen!" sagte er, und trank.
Sie lachte und warf den Kopf herum. "Gib!" sagte sie, und, indem sie ihre schwarzen Augen in
die seinen heftete, trank sie langsam den Rest. Dann griff sie einen Dreiklang und sang mit tiefer,
leidenschaftlicher Stimme:
"Heute, nur heute
Bin ich so schön;
Morgen, ach morgen
Muss Alles vergehn!
Nur diese Stunde
Bist du noch mein;
Sterben, ach sterben
Soll ich allein."
Während der Geigenspieler in raschem Tempo das Nachspiel einsetzte, gesellte sich ein neuer
Ankömmling zu der Gruppe.
"Ich wollte Dich abholen, Reinhardt", sagte er. "Du warst schon fort; aber das Christkind war bei
Dir eingekehrt."
"Das Christkind?" sagte Reinhardt, "das kommt nicht mehr zu mir".
"Ei was! Dein ganzes Zimmer roch nach Tannenbaum und braunen Kuchen."
Reinhardt setzte das Glas aus der Hand und griff nach seiner Mütze.
"Was willst Du?" fragte das Mädchen.
"Ich komme schon wieder."
Sie runzelt die Stirn. "Bleib!" rief sie leise und sah ihn vertraulich an.
Reinhardt zögerte. "Ich kann nicht", sagte er.
Sie stieß ihn lachend mit der Fußspitze. "Geh!" sagte sie. "Du taugst nichts; Ihr taugt alle mit
einander nichts." Und während sie sich abwandte, stieg Reinhardt langsam die Kellertreppe hinauf.
Draußen auf der Straße war es tiefe Dämmerung; er fühlte die frische Winterluft an seiner heißen
Stirn. Hie und da fiel der helle Schein eines brennenden Tannenbaums aus den Fenstern, dann und wann
hörte man von drinnen das Geräusch von kleinen Pfeifen und Blechtrompeten und dazwischen jubelnde
Kinderstimmen. Scharen von Bettelkindern (4) gingen von Haus zu Haus, oder stiegen auf die
Treppengeländer und suchten durch die Fenster einen Blick in die versagte Herrlichkeit zu gewinnen.
Mitunter wurde auch eine Tür plötzlich aufgerissen und scheltende Stimmen trieben einen ganzen
Schwarm solcher kleinen Gäste aus dem hellen Hause auf die dunkle Gasse hinaus; anderswo wurde auf
dem Hausflur ein altes Weihnachtslied gesungen; es waren klare Mädchenstimmen darunter. Reinhardt
hörte sie nicht, er ging rasch an Allem vorüber, aus einer Straße in die andere. Als er an seine Wohnung
gekommen, war es fast völlig dunkel geworden; er stolperte die Treppe hinauf und trat in seine Stube. Ein
süßer Duft schlug ihm entgegen; das heimelte ihn an (5), das roch wie zu Haus der Mutter
Weihnachtsstube. Mit zitternder Hand zündete er sein Licht an; da lag ein mächtiges Paket auf dem Tisch,
und als er es öffnete, fielen die wohlbekannten braunen Festkuchen (6) heraus; auf einigen waren die Anfangsbuchstaben eines Namens in Zucker ausgestreut; das konnte Niemand anders als Elisabeth getan
haben. Dann kam ein Päckchen mit feiner gestickter Wäsche zum Vorschein, Tücher und Manschetten,
zuletzt Briefe von der Mutter und von Elisabeth. Reinhardt öffnete zuerst den letzteren; Elisabeth schrieb:
"Die schönen Zuckerbuchstaben können Dir wohl erzählen, wer bei den Kuchen mitgeholfen hat;
dieselbe Person hat die Manschetten für Dich gestickt. Bei uns wird es nun Weihnachtabend sehr still
werden; meine Mutter stellt immer schon um halb zehn ihr Spinnrad in die Ecke; es ist gar so einsam
diesen Winter, wo Du nicht hier bist. Nun ist auch vorigen Sonntag der Hänfling gestorben, den Du mir
geschenkt hattest; ich habe sehr geweint, aber ich hab' ihn doch immer gut gewartet. Der sang sonst
immer Nachmittags, wenn die Sonne auf sein Bauer schien; Du weißt, die Mutter hing oft ein Tuch über,
um ihn zu geschweigen (7), wenn er so recht aus Kräften sang. Da ist es nun noch stiller in der Kammer,
nur dass Dein alter Freund Erich uns jetzt mitunter besucht. Du sagtest einmal, er sähe seinem braunen
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Überrock ähnlich. Daran muss ich nun immer denken, wenn er zur Tür hereinkommt, und es ist gar nicht
zu komisch; sag es aber nicht zur Mutter; sie wird dann leicht verdrießlich.
- Rat, was ich Deiner Mutter zu Weihnachten schenke! Du rätst es nicht? Mich selber! Der Erich
zeichnet mich in schwarzer Kreide; ich habe ihm schon dreimal sitzen müssen, jedes Mal eine ganze
Stunde. Es war mir recht zuwider, dass der fremde Mensch mein Gesicht so auswendig lernte. Ich wollte
auch nicht, aber die Mutter redete mir zu; sie sagte: es würde der guten Frau Werner eine gar große
Freude machen.
Aber Du hältst nicht Wort, Reinhardt. Du hast keine Märchen geschickt. Ich habe Dich oft bei
Deiner Mutter verklagt; sie sagt dann immer, Du habest jetzt mehr zu tun, als solche Kindereien. Ich
glaub' es aber nicht; es ist wohl anders." Nun las Reinhardt auch den Brief seiner Mutter, und als er beide
Briefe gelesen und langsam wieder zusammengefaltet und weggelegt hatte, überfiel ihn unerbittliches
Heimweh. Er ging eine Zeit lang in seinem Zimmer auf und nieder; er sprach leise und dann
halbverständlich zu sich selbst:
Er wäre fast verirret
Und wusste nicht hinaus;
Da stand das Kind am Wege
Und winkte ihm nach Haus!
Dann trat er an sein Pult, nahm einiges Geld heraus und ging wieder auf die Straße hinab. - Hier
war es mittlerweile stiller geworden; die Weihnachtsbäume waren ausgebrannt, die Umzüge der Kinder
hatten aufgehört. Der Wind fegte durch die einsamen Straßen; Alte und Junge saßen in ihren Häusern
familienweise zusammen; der zweite Abschnitt des Weihnachtsabends hatte begonnen. Als Reinhardt in die Nähe des Ratskellers kam, hörte er aus der Tiefe herauf Geigenstrich und
den Gesang des Zithermädchens; nun klingelte unten die Kellertüre und eine dunkle Gestalt schwankte
die breite, matt erleuchtete Treppe herauf. Reinhardt trat in den Häuserschatten und ging dann rasch
vorüber. Nach einer Weile erreichte er den erleuchteten Laden eines Juweliers; und, nachdem er hier ein
kleines Kreuz von roten Korallen eingehandelt hatte, ging er auf demselben Wege, den er gekommen war,
wieder zurück.
Nicht weit von seiner Wohnung bemerkte er ein kleines, in klägliche Lumpen gehülltes Mädchen
an einer hohen Haustür stehen, in vergeblicher Bemühung sie zu öffnen. "Soll ich Dir helfen?" sagte er.
Das Kind erwiderte nichts, ließ aber die schwere Türklinke fahren. Reinhardt hatte schon die Tür
geöffnet. "Nein", sagte er, "sie könnten Dich hinausjagen; komm mit mir! Ich will Dir Weihnachtskuchen
geben." Dann machte er die Tür wieder zu und fasste das kleine Mädchen an der Hand, das
stillschweigend mit ihm in seine Wohnung ging.
Er hatte das Licht beim Weggehen brennen lassen. "Hier hast Du Kuchen", sagte er, und gab ihr
die Hälfte seines ganzen Schatzes in ihre Schürze, nur keine mit den Zuckerbuchstaben. "Nun geh nach
Hause und gib Deiner Mutter auch davon." Das Kind sah mit einem scheuen Blick zu ihm hinauf; es
schien solcher Freundlichkeit ungewohnt und nichts darauf erwidern zu können. Reinhardt machte die
Tür auf und leuchtete ihr und nun flog die Kleine wie ein Vogel mit ihren Kuchen die Treppe hinab und
zum Hause hinaus.
Reinhardt schürte das Feuer in seinem Ofen an und stellte das bestaubte Dintenfaß auf seinen
Tisch; dann setzte er sich hin und schrieb, und schrieb die ganze Nacht Briefe an seine Mutter, an
Elisabeth. Der Rest der Weihnachtskuchen lag unberührt neben ihm; aber die Manschetten von Elisabeth
hatte er angeknüpft, was sich gar wunderlich zu seinem weißen Flausrock (8) ausnahm. So saß er noch,
als die Wintersonne auf die gefrorenen Fensterscheiben fiel und ihm gegenüber im Spiegel ein blasses,
ernstes Antlitz zeigte.
Texterläuterungen
(1) Zithermädchen: Diese meist als Harfenmädchen bezeichneten wandernden Musikantinnen
waren um die Mitte des 19. Jh.s noch eine häufige Erscheinung. Ihr Instrument war eine kurze, auf den
Tisch oder die Oberschenkel gestellte Harfe, nicht die Zither im modernen Sinne.
(2) mit feinen zigeunerhaften Zügen: In einem undatierten Briefentwurf an Helen Clark, die erste
Übersetzerin der Novelle ins Englische, schreibt Storm: "ich habe kein Zigeunermädchen gemeint,
sondern nur ein Mädchen, deren Gesicht an die feinen Züge der Zigeunerinnen erinnert".
(3) böhmisch Liebchen: Hier wird als selbstverständlich vorausgesetzt, dass die wandernden
Musikanten Zigeuner sind. Als deren Heimat gilt in der romantischen Vorstellung Böhmen.
(4) Scharen von Bettelkindern: Noch im 19. Jahrhundert waren mit dem Weihnachtsfest
Heischebräuche (heischen = um etwas bitten) verbunden, in Schleswig-Holstein vor allem das JelpottLaufen: Die Kinder, vor allem aus armen, kleinbürgerlichen Familien, in denen es noch keine Bescherung
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gab, zogen vor die Häuser der gutsituierten (in guten wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden) Bürger,
sangen ihre Lieder und erhielten zur Belohnung Äpfel, Nüsse und Törtchen.
(5) anheimeln: jmdn behaglich, vertraut anmuten.
(6) die wohlbekannten braunen Festkuchen: Harte, mit Sirup gefärbte Plätzchen (kleiner, flacher
Kuchen, niederdt. brun Pletten) waren zu Storms Zeit in Norddeutschland das verbreitetste
Weihnachtsgebäck.
(7) geschweigen: in transitiver Verwendung - zum Schweigen bringen.
(8) Flausrock: Hausjacke aus flauschiger Wolle.
Text 20. Daheim (Theodor Storm)
Als es Ostern geworden war, reiste Reinhardt in die Heimat. Am Morgen nach seiner Ankunft
ging er zu Elisabeth. "Wie groß Du geworden bist", sagte er, als das schöne schmächtige Mädchen ihm
lächelnd entgegenkam. Sie errötete, aber sie erwiderte nichts; ihre Hand, die er beim Willkommen in die
seine genommen, suchte sie ihm sanft zu entziehen. Er sah sie zweifelnd an; das hatte sie früher nicht
getan; nun war es, als trete etwas Fremdes zwischen sie. - Das blieb auch, als er schon länger da gewesen,
und als er Tag für Tag immer wiedergekommen war. Wenn sie allein zusammen saßen, entstanden
Pausen, die ihm peinlich waren und denen er dann ängstlich zuvorzukommen suchte. Um während der
Ferienzeit eine bestimmte Unterhaltung zu haben, fing er an Elisabeth in der Botanik zu unterrichten,
womit er sich in den ersten Monaten seines Universitätslebens angelegentlich beschäftigt hatte. Elisabeth,
die ihm in Allem zu folgen gewohnt und überdies lehrhaft war, ging bereitwillig darauf ein. Nun wurden
mehrere Male in der Woche Exkursionen in's Feld oder in die Heiden gemacht; und hatten sie dann
mittags die grüne Botanisierkapsel (1) voll Kraut und Blumen nach Hause gebracht, so kam Reinhardt
einige Stunden später wieder, um mit Elisabeth den gemeinschaftlichen Fund zu ordnen und zu teilen.
In solcher Absicht trat er eines Nachmittags in's Zimmer, als Elisabeth am Fenster stand und ein
vergoldetes Vogelbauer, das er sonst nicht dort gesehen, mit frischem Hühnerschwarm (2) besteckte. Im
Bauer saß ein Kanarienvogel, der mit den Flügeln schlug und kreischend nach Elisabeths Finger pickte.
Sonst hatte Reinhardts Vogel an dieser Stelle gehangen. "Hat mein armer Hänfling sich nach seinem Tode
in einen Goldfinken verwandelt?" fragte er heiter.
„Das pflegen die Hänflinge nicht", sagte die Mutter, welche spinnend im Lehnstuhle saß. "Ihr
Freund Erich hat ihn heut' Mittag für Elisabeth von seinem Hofe hereingeschickt.
"Von welchem Hofe?"
„Das wissen Sie nicht?"
„Was denn?"
„Dass Erich seit einem Monat den zweiten Hof seines Vaters am Immensee angetreten hat?"
"Aber Sie haben mir kein Wort davon gesagt."
"Ei" sagte die Mutter, "Sie haben sich auch noch mit keinem Worte nach Ihrem Freunde
erkundigt. Er ist ein gar lieber, verständiger junger Mann."
Die Mutter ging hinaus, um den Kaffee zu besorgen; Elisabeth hatte Reinhardt den Rücken
zugewandt und war noch mit dem Bau ihrer kleinen Laube beschäftigt. "Bitte, nur ein kleines Weilchen",
sagte sie; "gleich bin ich fertig." - Da Reinhardt wider seine Gewohnheit nicht antwortete, so wandte sie
sich um. In seinen Augen lag ein plötzlicher Ausdruck von Kummer, den sie nie darin gewahrt hatte.
"Was fehlt Dir, Reinhardt?" fragte sie, indem sie nahe zu ihm trat.
"Mir?" sagte er gedankenlos und ließ seine Augen träumerisch in den ihren ruhen.
"Du siehst so traurig aus."
"Elisabeth", sagte er, "ich kann den gelben Vogel nicht leiden."
Sie sah ihn staunend an; sie verstand ihn nicht. "Du bist so sonderbar", sagte sie.
Er nahm ihre beiden Hände, die sie ruhig in den seinen ließ. Bald trat die Mutter wieder herein.
Nach dem Kaffee setzte diese sich an ihr Spinnrad; Reinhardt und Elisabeth gingen in's
Nebenzimmer, um ihre Pflanzen zu ordnen. Nun wurden Staubfäden gezählt, Blätter und Blüten
sorgfältig ausgebreitet und von jeder Art zwei Exemplare zum Trocknen zwischen die Blätter eines
großen Folianten gelegt. Es war sonnige Nachmittagsstille; nur nebenan schnurrte der Mutter Spinnrad
und von Zeit zu Zeit wurde Reinhardts gedämpfte Stimme gehört, wenn er die Ordnungen und Klassen
der Pflanzen nannte oder Elisabeths ungeschickte Aussprache der lateinischen Namen korrigierte.
"Mir fehlt noch von neulich die Maiblume", sagte sie jetzt, als der ganze Fund bestimmt und
geordnet war.
Reinhardt zog einen kleinen weißen Pergamentband aus der Tasche. "Hier ist ein
Maiblumenstengel für Dich", sagte er, indem er die halbgetrocknete Pflanze herausnahm.
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Als Elisabeth die beschriebenen Blätter sah, fragte sie "Hast Du wieder Märchen gedichtet!"
"Es sind keine Märchen", antwortete er und reichte ihr das Buch.
Es waren lauter Verse, die meisten füllten höchstens eine Seite. Elisabeth wandte ein Blatt nach
dem andern um; sie schien nur die Überschriften zu lesen. "Als sie vom Schulmeister gescholten war."
"Als sie sich im Walde verirrt hatten." "Mit dem Ostermärchen." "Als sie mir zum ersten Mal geschrieben
hatte"; in der Weise lauteten fast alle. Reinhardt blickte forschend zu ihr hin, und indem sie immer weiter
blätterte, sah er, wie zuletzt auf ihrem klaren Antlitz ein zartes Rot hervorbrach und es allmählich ganz
überzog. Er wollte ihre Augen sehen; aber Elisabeth sah nicht auf, und legte das Buch am Ende
schweigend vor ihm hin.
"Gib es mir nicht so zurück!" sagte er.
Sie nahm ein braunes Reis aus der Blechkapsel. "Ich will Dein Lieblingskraut hineinlegen", sagte
sie, und gab ihm das Buch in seine Hände. - Endlich kam der letzte Tag der Ferienzeit und der Morgen der Abreise. Auf ihre Bitte erhielt
Elisabeth von der Mutter die Erlaubnis, ihren Freund an den Postwagen zu begleiten, der einige Straßen
von ihrer Wohnung seine Station hatte. Als sie vor die Haustür traten, gab Reinhardt ihr den Arm; so ging
er schweigend neben dem schlanken Mädchen her. Je näher sie ihrem Ziele kamen, desto mehr war es
ihm, er habe ihr, ehe er auf so lange Abschied nehme, etwas Notwendiges mitzuteilen, etwas, wovon aller
Wert und alle Lieblichkeit seines künftigen Lebens abhänge, und doch konnte er sich des erlösenden
Wortes nicht bewusst werden. Das ängstigte ihn; er ging immer langsamer.
"Du kommst zu spät", sagte sie, "es hat schon zehn geschlagen auf St. Marien."
Er ging aber darum nicht schneller. Endlich sagte er stammelnd: "Elisabeth, Du wirst mich nun in
zwei Jahren gar nicht sehen - wirst Du mich wohl noch ebenso lieb haben wie jetzt, wenn ich wieder da
bin?"
Sie nickte und sah ihm freundlich in's Gesicht. - "Ich habe Dich auch verteidigt", sagte sie nach
einer Pause.
"Mich? Gegen wen hattest Du das nötig!"
"Gegen meine Mutter. Wir sprachen gestern Abend, als Du weggegangen warst, noch lange über
Dich. Sie meinte, Du seist nicht mehr so gut, wie Du gewesen."
Reinhardt schwieg einen Augenblick; dann aber nahm er ihre Hand in die seine, und, indem er
ernst in ihre Kinderaugen blickte, sagte er: "Ich bin noch ebenso gut, wie ich gewesen bin; glaube Du das
nur fest! Glaubst Du es, Elisabeth?"
"Ja", sagte sie. Er ließ ihre Hand los und ging rasch mit ihr durch die letzte Straße. Je näher ihm
der Abschied kam, desto freudiger ward sein Gesicht; er ging ihr fast zu schnell.
"Was hast Du, Reinhardt?" fragte sie.
"Ich habe ein Geheimnis, ein schönes!" sagte er, und sah sie mit leuchtenden Augen an. "Wenn
ich nach zwei Jahren wieder da bin, dann sollst Du es erfahren."
Mittlerweile hatten sie den Postwagen erreicht; es war noch eben Zeit genug. Noch einmal nahm
Reinhardt ihre Hand. "Leb" wohl!" sagte er, "leb1 wohl, Elisabeth. Vergiss es nicht."
Sie schüttelte mit dem Kopf. "Leb' wohl!" sagte sie. Reinhardt stieg hinein und die Pferde zogen
an.
Als der Wagen um die Straßenecke rollte, sah er noch einmal ihre liebe Gestalt, wie sie langsam
den Weg zurückging.
Texterläuterungen
(1) Botanisierkapsel, die; (Botanisiertrommel): an einem Gurt tragbarer röhrenförmiger
Blechkasten zum Sammeln von Pflanzen oder anderen Naturdingen auf Wanderungen, in Familien des
Bildungsbürgertums ein typischer Ausrüstungsgegenstand für Jungen.
(2) Hühnerschwarm (Vogelmiere): kleine, kriechende Pflanze mit eiförmigen Blättern u. kleinen,
weißen Blüten.
Text 21. Ein Brief (Theodor Storm)
Fast zwei Jahre nachher saß Reinhardt vor seiner Lampe zwischen Büchern und Papieren in
Erwartung eines Freundes, mit welchem er gemeinschaftliche Studien übte. Man kam die Treppe herauf.
"Herein!" - Es war die Wirtin. "Ein Brief für Sie, Herr Werner!" Dann entfernte sie sich wieder. Reinhardt
hatte seit seinem Besuch in der Heimat nicht an Elisabeth geschrieben und von ihr keinen Brief mehr
erhalten. Auch dieser war nicht von ihr; es war die Hand seiner Mutter. Reinhardt brach und las, und bald
las er Folgendes:
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"In Deinem Alter, mein liebes Kind, hat noch fast jedes Jahr sein eigenes Gesicht; denn die
Jugend lässt sich nicht ärmer machen. Hier ist auch Manches anders geworden, was Dir wohl erstan weh
tun wird, wenn ich Dich sonst recht verstanden habe. Erich hat sich gestern endlich das Jawort von
Elisabeth geholt, nachdem er in dem letzten Vierteljahr zweimal vergebens angefragt hatte. Sie hat sich
immer nicht dazu entschließen können; nun hat sie es endlich doch getan; sie ist auch noch gar so jung.
Die Hochzeit soll bald sein, und die Mutter wird dann mit ihnen fortgehen."
32
Schema der Analyse
I. Allgemeines
1. Der Text, den ich gelesen habe, heißt …
2. Das ist ein Auszug aus dem Roman (eine Erzählung, ein Märchen, ein Gedicht). (Der
angegebene Auszug ist dem Roman ... entnommen).
3. Diesen Roman (diese Erzählung, dieses Gedicht, dieses Märchen, die Geschichte) hat ein
bekannter (unbekannter) deutscher (russischer) Schriftsteller (Dichter) geschrieben
4. Ich habe zum ersten Mal das Werk von... gelesen. Früher habe ich einige Werke von ... gelesen
und ... Ich habe schon mehrere seiner/ihrer Bücher gelesen
5. Die Überschrift “…” passt (nicht) zum Textinhalt, sie widerspiegelt (nicht) den Inhalt des
Textes.
6. Mir fällt zu dieser Überschrift ein, dass … / Dieses Wort (Überschrift) ruft bei mir folgende
Assoziationen hervor…
II. Thema
a) 1. Der vorliegende Auszug ist dem Thema ... gewidmet und berichtet von ... . (Hier offenbart
sich...)
2. Der Autor versetzt uns mitten in die Handlung (ins Geschehen).
3. Die Handlung der Szene spielt in ...
4. Die Ereignisse spielen sich mit größer Spannung ab.
5. Die Schilderung ist ruhig, episch, statisch, dynamisch.
10 Zielen – die Wiedergabe des Textes
b)
1. Das Werk ist in der Ich-Form (Er-Form) geschrieben.
2. Die Schilderung ist in Gesprächen gehalten/in monologischer Form gehalten.
3. Kennzeichnend für den Text ist die Autorenrede (Figurensprache, die erlebte Rede, der innere
Monolog).
III. Sprache
Der Text erfüllt seine ästhetische Funktion mit Hilfe der Ebenen, auf denen er sprachlich,
kompositorisch und inhaltlich existiert. In erster Linie gehören dazu lexikalische, syntaktische und
lautliche Ebenen.
1. Für die Bildlichkeit und Bildhaftigkeit der Schilderung verwendet der Autor verschiedene
lexikalische Mittel (der Text ist reich an Mitteln des bildlichen Ausdrucks). Dazu gehören, in erster Linie,
emotional gefärbte Epitheta und verschiedene Arten der Attribute. Bei der Beschreibung des Haupthelden
benutzt der Autor folgende Wörter: ... . Diese Attribute betonen die wichtigsten Charakterzüge des
Haupthelden…
2. a) Der Schriftsteller
...erreicht eine hohe Ausdruckskraft durch ...
...nutzt aus, benutzt....
...erzielt die detaillierte Schilderung mit Hilfe ...
...findet treffende Worte
...stellt mittels mannigfaltiger Sprachmittel dar ...
…die Stellungsname des Verfassers (zum Helden, zu den darstellten Ereignissen) geht aus ... hervor;
b) Einen tiefen Sinn hat der Gebrauch ...
c) All diese Mittel wirken stärker im Kontrast zu ...
d) Diesem Ziel sind alle Mittel des Autors unterordnet;
e) Dazu dienen:
- Realien aller Art,
- Stilistisch differenzierte Lexik (Poetismen, Archaismen, Neologismen, Berufslexik, Dialektismen)
- Synonyme, Antonyme, Homonyme, mehrdeutige Wörter
- thematisch gebundene Lexik.
- die Topikketten, Wiederholungen, Kernwörter
3. Bei der Analyse der Sprache und der Wortwahl können Sie folgende Ausdrücke gebrauchen:
- Die Sprache des Auszuges ist lyrisch (weich, lakonisch, gefühlsmäßig, gefühlsbetont);
- Die Sprache weist viele typische Merkmale und Besonderheiten eines Dialogs auf;
- Die Sprache ist ein Beispiel schöner und klarer deutscher Prosa;
- Das Thema des Fragments bestimmt die Wortwahl; Goethes bildhafte Sprache dient dem Ziel … .
- Der Text enthält mehrere Stilschichten. Die Hauptschicht ist der normalsprachliche Wortschatz;
33
- Die Lexik ist stark expressiv (ist überwiegend normalsprachlich)
4. Außerdem erreicht der Autor hohe Ausdruckskraft durch die Anwendung solcher lexikalischen
Mittel wie: Metapher, Metonymie, Vergleich, Periphrase. Es gibt viele Beispiele dazu.... .
5. Die zahlreichen Vergleiche und Entgegensetzungen zeigen uns, dass ...
6. Man muss betonen, dass die Metapher das führende stilistische Mittel in diesem Text ist.
Mit Hilfe dieser Mittel unterstreicht der Autor, dass ....
IV. Komposition
1. Dem Text liegt ein übersichtlicher Aufbau zugrunde. .... Der Auszug bildet ein Ganzes. Der
Ausschnitt ist einheitlich...
2. Der Text besteht aus ... Absätzen, die miteinander mit Hilfe der Verknüpfungsmittel aufs
engste verbunden sind.
3. Zu den syntaktischen Verknüpfungsmittel gehören verschiedene Arten der Wiederholungen
(Anapher, Epipher, Anadiplose, Kiklos), Aufzählung, Parallelismus. Wir haben im Text verschiedene
Beispiele dazu. Man muss betonen, dass der Gebrauch der Wiederholungen den Gang der Gedanken
verstärkt und den Darlegungen zu größerer Überlegungskraft verhilft. Außerdem verleihen die
Wiederholungen und andere stilistische Mittel dem Text die Geschlossenheit. Damit bildet der Text ein
Ganzes. Was der Verwendung der Aufzählungen betrifft, verleihen sie dem Satz (dem Absatz)
inhaltliches Gewicht und Ausführlichkeit der Darstellung.
4. Zu den syntaktischen Ausdrucksmitteln gehören auch Wortfolge im Satz, Satzarten,
Satzverbindung......
5. Alle stilistischen Mittel dienen zum Ausdruck des Hauptgedanken des Textes, der, meiner
Meinung nach, darin besteht, dass...
34
Glossar zur Textanalyse
ADJEKTIVÍERUNG, die, (lat. adjectivum - Adjektiv) - der Übergang des Substantivs,
Partizips, Adverbs in die Wortart Adjektiv. Z.B.: ernst, schuld, laut, bedeutend, reizend usw.
ADVERBIALISÍERUNG, die, (lat. adverbium - Adverb) - der Übergang von Wörtern aus
anderen Wortklassen in die Wortart des Adverbs, beschränkt sich auf eine Reihe der Wörter: abends,
morgens, niemals, zu Hause, daheim usw.
ALLEGORIE, die, eine Form indirekter Aussage, bei der eine Sache (Ding, Person, Vorgang)
aufgrund von Ähnlichkeits- und/oder Verwandtschaftsbeziehungen als Zeichen einer anderen Sache
(Ding, Person, Vorgang, abstrakter Begriff) eingesetzt wird. In der Rhetorik wird die Allegorie als
Stilfigur unter den Tropen (Formen uneigentlichen Sprechens) eingeordnet und gilt dort als fortgesetzte,
d.h. über ein Einzelwort hinausgehende Metapher.
ANADIPLOSE, die, die Wiederholung des letzten Wortes bzw. der letzten Wortgruppe eines
Satzes (oder Verses) am Anfang des folgenden Verses oder Satzes. Sie kann also durch folgendes Schema
veranschaulicht werden.
Somit handelt es sich bei der Anadiplose um eine rhetorische Figur aus der Gruppe der
Wortwiederholungen, die wie andere rhetorische Figuren auch die Aufmerksamkeit des Zuhörers steigern
und die Bedeutung des Gesagten betonen soll.
 Ha! wie will ich dann dich höhnen! / Höhnen? Gott bewahre mich! (Schiller)
 Mit dem Schiffe spielen Wind und Wellen, / Wind und Wellen spielen nicht mit seinem Herzen.
(Goethe)
ANAPHER, die, bezeichnet die einmalige oder mehrfache Wiederholung eines Wortes oder
einer Wortgruppe am Anfang aufeinander folgender Verse, Strophen, Sätze oder Satzteile. So dient sie
der Strukturierung und Rhythmisierung von Texten. Die wiederholten Einheiten werden als besonders
bedeutsam hervorgehoben. Sie kann durch folgendes Schema veranschaulicht werden.
"Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,
Aufgestanden unten aus Gewölben tief." [...] ("Der Krieg", Georg Heym)
"Wer soll nun die Kinder lehren und die Wissenschaft vermehren?
Wer soll nun für Lämpel leiten seines Amtes Tätigkeiten?" ("Max und Moritz", Wilhelm Busch)
"Lies keine Oden, mein Sohn, lies die Fahrpläne." (Hans Magnus Enzensberger)
Die Anapher zählt zu den einfachsten, ältesten und häufigsten rhetorischen und poetischen
Stilmitteln, sie begegnet besonders häufig in religiöser Sprache, etwa in der Bibel. Spiegelbildliches
Gegenstück zur Anapher ist die Epipher; nahe verwandt mit beiden sind Anadiplose und Kyklos.
ANTONỲME, Pl., (griech. anti – gegen und onyma - name), - Wörter (Sememe) mit
gegensätzlicher Bedeutung. Anders gesagt Gegenwörter, Gegensatzwörter oder Wörter des Gegensinns.
Z.B.: gesund - krank, verheiratet - ledig. dankbar - undankbar, fehlerhaft - fehlerlos.
ARCHAÍSMEN, Pl., (griech. archaios – alt, veraltet) - aus irgendeinem Grund veraltete Wörter,
die aber noch im Bewusstsein der Sprachträger leben und in gegenwartssprachlichen Texten verwendet
werden. Z.B.: die Minne – die Liebe, der Oheim – der Onkel.
IDIÓME, Pl., (griech. idioma – die Besonderheit) - Synonyme zu den Phraseologismen.
Phraseologismen sind feste Wortkomplexe verschiedener syntaktischer Strukturtypen mit singulärer
Verknüpfung der Konstituenten, deren Bedeutung durch eine vollständige oder teilweise semantische
Transformation des Konstituentenbestandes entsteht.
EPITHETON, das (Plural: Epitheta), das Hinzufügen eines im Satzzusammenhang nicht
unbedingt erforderlichen Attributs. Allgemeiner werden auch Attribute so benannt. Ein Epitheton ist also
ein „Zusatz“ oder „Beiwort“.
Ein besonderes Epitheton ist das epitheton ornans, der (entbehrliche, aber) schmückende (lat.
ornare: „schmücken“) Zusatz. Ein Beispiel hierfür ist die grüne Wiese.
EPIPHORA, die, auch Epipher, bezeichnet als rhetorische (Wort-)Figur die einmalige oder
mehrfache Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe am Ende aufeinander folgender Sätze oder
Verse. Sie kann also durch folgendes Schema veranschaulicht werden:
Die Epiphora zählt zu den einfachsten, ältesten und häufigsten rhetorischen und poetischen
Stilmitteln, sie begegnet besonders häufig in religiöser Sprache, etwa in der Bibel. Heute wird der Begriff
auch verallgemeinert in der Sprachwissenschaft gebraucht.
Spiegelbildliches Gegenstück zur Epiphora ist die Anapher; nahe verwandt mit beiden sind
Anadiplose und Kyklos.

Mir geht es gut. Meinem Vater geht es gut. Dem Rest meiner Familie geht es gut. Allen geht es
gut..
35



Vielleicht haltet ihr uns nicht für Idioten, jedenfalls macht ihr uns zu Idioten.
Ich lieb' es nicht das fremde Land; ich hass' es fast, das fremde Land.
Doch alle Lust will Ewigkeit! will tiefe, tiefe Ewigkeit!
EUPHEMISMEN, Art der Tropus, die Umschreibung, welche der Funktionen ausübt:
mildernde, beschönigende, verschleiernde. Z.B.: entschlafen (sterben), mitnehmen (stehlen), die Frau hat
einen dicken Bauch, kriegt ein Kind (ist schwanger).
HISTORÍSMEN, Pl., - veraltete Wörter, mit denen man historische Sachverhalte, Realien,
Objekte bezeichnet, die der Kommunikation über Vergangenes dienen. Z.B.: Knecht, Minnesänger.
HOMONỲME, Pl., (griech. homos – „gleich“, onyma – „Name“) - Wörter mit gleicher lautlicher
Form und völlig verschiedenen (als semantisch unabhängig anzusehenden) Bedeutungen (Inhalten). Z.B.:
„die Feder“ (nepо) — „die Feder“ (пружина).
HYPERBEL, die. In der Literatur bezeichnet man mit einer Hyperbel einen Tropus. Bei einer
Hyperbel wird über das Glaubwürdige hinaus übertrieben (Übertreibung).

„Dort sitzt ein Hund, der hat ein Paar Augen, so groß wie Mühlräder.“ (Hans Christian Andersen:
„Das Feuerzeug“)

Todmüde

ein Meer von Tränen

blitzschnell

unendlich lang

Schneckentempo

wie Sand am Meer
KYKLOS, der, ist eine rhetorische Figur aus der Gruppe der Wiederholungsfiguren. Als Kyklos
bezeichnet man die Umrahmung eines Satzes, Verses oder einer anderen syntaktischen Einheit durch
Wiederholung desselben Wortes oder Satzgliedes. Dies lässt sich durch folgendes Schema
veranschaulichen:
Nahe verwandt mit dem Kyklos sind die Figuren Anapher, Epipher und Anadiplose; vgl. auch
Chiasmus.
 Entbehren sollst du, sollst entbehren! (Goethe)
 Cras amet, qui numquam amavit, quique amavit, cras amet. (Pervigilium Veneris,
deutsch ungefähr: Morgen liebe, wer niemals geliebt hat, wer schon geliebt hat, liebe
morgen.)
KONNOTATIÓN, die, (vgl. lat. connotatio vom con – zusammen und noto - bezeichnen) - die
wertende semantische Komponente der Bedeutung der Spracheinheit. In den Wertungen drücken sich die
Beziehungen des Menschen zu den von ihm widergespiegelten Gegenständen und Erscheinungen der
objektiven Realität aus. Z. B.: Flasche - “unfähiger Mensch, Versager”, bes. auf sportlichem Gebiet.
KONVERSIÓN, die, (lat. conversio - Abwandlung) - einer der Wortbildungsarten, der Übergang
in eine neue Wortart oder Veränderung der Wortart. Bei der Konversion handelt es sich um die vier
häufig vorkommenden Prozesse und Resultate: 1) die Substantivierung (die produktivste Art der
Konversion im heutigen Deutsch: der Gang, der Lauf, das Lesen usw.); 2) die Verbalisierung (ziemlich
produktiv im Deutsch: filmen, landen, salzen, monden usw.); 3) die Adjektivisierung (nicht produktiv:
ernst, schuld, laut, bedeutend, reizend usw.); 4) die Adverbialisierung (beschränkt sich auf eine Reihe der
Wörter: abends, morgens, niemals, zu Hause, daheim usw.).
LITOTES, die, eine Periphrase auf Grund der Verneinung, d.h. verneinende Umschreibung eines
Sachverhaltes, meist in Form des verneinten Gegenteils: das Madchen ist nicht ohne Talente (eine
positive Bewertung), nicht schlecht – besonders gut, nicht selten – ziemlich oft.
METÁPHER, die, (griech.: meta – über, phero - trage) - die Übertragung der
Namenbezeichnung auf Grund einer äußeren und inneren Ähnlichkeit (z. B.: “Kopf eines Nagels”,
“Strom von Erinnerungen”, “Flamme der Liebe”).
METONYMÍE, die, (griech. meta – über, onoma – Name, wörtich - Umbenennung) - die
Übertragung der Namenbezeichnung auf Grund mannigfaltiger logischer Beziehungen (“das ganze
Haus” – alle Bewohner des Hauses).
MÉHRDEUTIGKEIT, die, - die Fähigkeit eines Wortes (einer Wortform), mehrere miteinander
zusammenhängende Bedeutungen zu haben (z. B.: Pferd: 1) „Tier“, 2) „Turngerät“, 3) „Schachfigur“).
NEOLOGÍSMEN, Pl., (griech. neo – neu, logos - Wort) - 1) Neubildungen, nach produktiven
Wortbildungsmodellen gebildete Wörter, die ganz neue Gegenstände und Erscheinungen bezeichnen.
36
Z.B.: “Modeschöpfer”, “Ossi”, “bundeseigen”; 2) Wortschöpfungen, erstmalige Verbindungen von
Formativen und Bedeutungen. Z.B.: Maus – “am Computer”, Optik – “der äussere Eindruck”.
OXYMORON, das, eine rhetorische Figur, bei der eine Formulierung aus zwei gegensätzlichen,
einander (scheinbar) widersprechenden oder sich gegenseitig ausschließenden Begriffen gebildet wird.
Häufig werden Oxymora in Form von Zwillingsformeln geprägt. Auch einzelne Wörter oder Begriffe
oder auch ein ganzer Satz können ein Oxymoron bilden.
 Eile mit Weile
 Hassliebe
 Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke (George Orwell, 1984)
 unsichtbar sichtbar (Faust I V. 3450)
 Variation der Konstanten (Gewöhnliche Differentialgleichung)
 schwarze Sonne
 stummer Schreischwarze Milch (aus dem Gedicht „Todesfuge“ von Paul Celan)
 Individueller Standard
 Virtuelle Realität
 Nachträgliche Vorauszahlung (Geschätzte Forderung des Finanzamtes)
 Vegetarisches Schnitzel
 absichtliches Versehen („Zuuuufällig“)
 offenes Geheimnis („Offenbar Geheimnis“, Goethe, West-östlicher Diwan)Holzeisenbahn
PARALLELISMUS, der, ist im engeren Sinn eine Stilfigur, die durch Wortwiederholung als
ganzer Satz oder als Phrase gekennzeichnet ist. Er kann tautologisch oder antithetisch gestaltet sein. Er
findet sich als Gestaltungsprinzip sowohl in der antiken Poesie als auch in der modernen Dichtung.
 Denn Reden bringt Ehre, aber Reden bringt auch Schande (Antithese)
 Sie hören weit, sie sehen fern.
 Die Nacht ist dunkel, der Tag ist hell.
 Ich bin schön, du bist hässlich.
 Ich bin reich, du bist arm.
PARONOMASÍE, die, (griech. para - bei, neben, onoma - Name) - eine rhetorische Figur. Als
Spielart des Wortspiels verbindet die Paronomasie Wörter miteinander, welche semantisch und
etymologisch nicht zusammengehören, sich jedoch im Klang ähneln. Oft haben die sich ähnelnden Worte
gegensätzliche – zumindest unterschiedliche – Bedeutung. Z.B.: „Verlegenheit“ als „Verlogenheit“. Die
Figura Etymologica ist eine Sonderform der Paronomasie, bei der beide Bezugswörter denselben
Wortstamm haben: „Gar schöne Spiele spiel ich mit dir“; „alles geht seinen Gang“; „moderater
Moderator“.
PERSONIFIKATION, die, eine rhetorische Figur, die Tieren, Pflanzen, Gegenständen, toten
Personen oder abstrakten Wesenheiten eine Stimme gibt oder menschliche Züge verleiht. Im
allgemeineren Sinne spricht man auch von Anthropomorphismus. Eine erweiterte Personifikation nennt
man auch Allegorie. Personifikation ist zu unterscheiden von der Personifizierung als einem Prinzip der
Geschichtsdidaktik.
 „Jetzt lacht das Glück uns an / bald donnern die Beschwerden.“ (Andreas Gryphius)
 ,,Der Garten trauert´´
 „Natur schläft – ihr Odem steht.
 Ihre grünen Locken hangen schwer,
 Nur auf und nieder ihr Herzschlag geht
Ausdrücke wie „Vater Staat“, „Mutter Natur“ oder „Väterchen Frost“ gehören zu den
abgesunkenen Personifikationen. Also sind Personifikationen abstrakte Gestalten: Tiere oder auch
Pflanzen, die die Gaben eines Menschen übernehmen. z. B. der Garten pinkelt!, die Sonne lacht,...usw.
PERIPHRASE, die, eine Umschreibung eines Begriffs oder Sachverhalts.
 Götter in Weiß für Ärzte
 der Vater des Wirtschaftswunders (Ludwig Erhard)
 gepresste Milch (Käse)
 jenes höhere Wesen, das wir verehren (Gott)
 der Allmächtige (Gott)
 das Auge des Gesetzes
 das Land, wo Milch und Honig fließt
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Periphrasen werden oft verwendet, um die Wiederholung eines Begriffs zu vermeiden. Sie
werden auch gebraucht, um Sachverhalte euphemistisch auszudrücken, z. B. ableben statt sterben.
Als Gegenteil einer Periphrase kann eine Denotation angesehen werden, so ist zum Beispiel Arzt
die Denotation der Periphrase Halbgott in Weiß.
PROFESSIONALÍSMEN, Pl., - die Wörter, die der praktisch-fachlichen Kommunikation
dienen, nicht standardisierte und nicht definierte Fachwörter. Z.B.: die Berufssprachen der Handwerker,
Bauern, Kaufleute.
SATZART (auch Satztyp, Satzmodus) ist spezifisch ein sprachwissenschaftlicher Terminus, mit
der Satzformen nach ihrer typischen kommunikativen Funktion (ihrem Handlungszweck, ihrer
(oberflächlichen) illokutiven Funktion) unterschieden werden.
Mit einem Satz kann insbesondere eine Aussage getroffen, eine Aufforderung (ein Befehl, eine
Bitte) geäußert oder eine Frage gestellt werden. Unterschieden wird [2] daher zwischen
 dem Aussagesatz (Deklarativsatz),
 dem Fragesatz (Interrogativsatz) und
 dem Aufforderungssatz (Imperativsatz).
Manche Grammatiker erweitern die Palette der Satzmodi noch um
 den Ausrufesatz (Exklamativsatz)
oder auch um
 den Wunschsatz (Desiderativsatz).
Zu unterscheiden ist dabei die (oberflächliche) grammatische Satzform und die jeweils aktuelle illokutive
Funktion eines Satzes. So kann etwa ein Fragesatz dazu dienen, einen Befehl zu erteilen.
SUBSTANTIVÍERUNG, die, (lat. substantivum – Name, Wesen) - der Übergang des Adjektivs,
Partizips, Adverbs in die Wortart Substantiv, die produktivste Art der Konversion im heutigen Deutsch.
Z.B.: der Gang, der Lauf, das Lesen usw.
SYNASTHESIE, die, die Verbindung von zwei verschiedenen Sinnesempfindungen, wobei die
eine ubertragene Bedeutung annimmt (helle und dunkle Tone, kalte, grelle, giftige, satte Farben)
SYNÉKDOCHE, die, (griech. synekdoche - mit Verstehen) - eine Sonderart der Metonymie, die
Namensübertragung auf Grund der Beziehung zwischen dem Ganzen und dessen Teil. Z.B.: Er ist ein
kluger Kopf (ein kluger Mensch); er verdient sich sein Brot (seinen Lebensunterhalt).
SYNONÝME, Pl., (griech. synō´nymos - gleichnamig) - Wörter mit identischer oder ähnlicher
Bedeutung bei unterschiedlicher Lautgestalt, dazu gehören auch Wortformen und syntaktische Strukturen,
die austauschbar sind. Je nach Ebene der Sprache unterscheidet man: a) lexikalische Synonyme - Wörter
mit gleicher oder ähnlicher begrifflicher Bedeutung, die in bestimmten Kontexten austauschbar sind (z.B.:
sehen – schauen – bemerken); b) morphologische Synonyme (auch morphologische Varianten genannt) austauschbare Wortformen (z.B.: des Bauern / Bauers; des Brots / Brotes); c) syntaktische Synonyme als
austauschbare syntaktische Strukturen (z.B.: Müllers Sohn / der Sohn Müllers / der Sohn von Müller / der
Sohn des Müller; Futur - Präsens: er wird morgen kommen / er kommt morgen). Man unterscheidet der
traditionellen Klassifikation von V.V. Vinogradov nach vollständige (totale, absolute, reine, echte: Beifall
- Applaus, Medikament - Arzneimittel) und unvollständige Synonyme (partielle, ideografische: anfertigen
(durch Handarbeit: Kleider a.) - verfertigen (mechanisch: Messer, Waren).
TÉRMINUS, der, (lat. terminus – Grenze) oder Fachwort, das, - fachbezogenes Wort, das in
fachgebundener Kommunikation realisiert wird.
PHRASEOLOGÍSMUS, der, (stehende Wortverbindung, fester Wortkomplex, Idiom,
idiomatische Wendung, festes Syntagma, Redensart, Redewendung, phraseologische Einheit) - 1) feste ,
unzerlegbare Wortgruppe, die in der Sprache als solche existiert und im Prozess des Sprechens in der
Funktion vom einzelnen Wort auftritt; 2) sekundäres sprachliches Zeichen vom stabilen reproduzierten
Charakter. Es wird aus primären Zeichen – Lexemen – gebildet, hat die Struktur der Wortgruppen oder
Sätzen und verfügt über eine besondere Semantik und Konnotation.
WÓRTBILDUNG, die, - 1) einer der Wege der Wortschatzentwicklung (als Prozess und als
Resultat); die Entstehung neuer Wörter aus den in der Sprache vorhandenen Wortstämmen auf Grund
bestimmter Regeln nach den in der Sprache festgelegten Mustern oder Modellen; 2) die Lehre von der
Wortstruktur oder der Analyse der fertigen Wortschatzstrukturen. Diese Lehre befasst sich mit
Wortbildungsmitteln, -regeln, -arten und Methoden der Erforschung der neuen Wörter und ihrer
Bedeutungen. Zu den Wortbildungsmitteln gehören Affixe (Präfixe und Suffixe), historischer
Lautwechsel (Ablaut, Umlaut, Brechung), seltener Konsonantenwechsel; 3) als Derivation - Wortbildung
durch Kombination von Grundmorphemen und Affixen.
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VERGLEICH, der, nimmt die Stellung zwischen den Mitteln der Bildhaftigkeit und Bildlichkeit
ein, verbindet zwei Wörter aus verschiedenen Begriffsbereichen und ruft durch die bloße
Gegeneinanderstellung sprachökonomisch eine Fülle von bildhaften, manchmal bildlichen Assoziationen
hervor. Der Vergleich wird sprachlich angekündigt, häufig durch die Vergleichspartikel wie, sowie, als.
Z.B.: Das Madchen ist schlank wie eine Tanne.
WÓRTGRUPPE, die, - relative Einheit, die aus zwei oder mehreren aufeinander syntaktisch und
semantisch bezogenen Konstituenten (Bestandteilen) besteht. Je nach der Art der strukturellen bzw.
syntaktischen Beziehung zwischen den Konstituenten einer Wortgruppe wird zwischen Unterordnung
(Kongruenz, Rektion, Anschließung) und Beiordnung unterschieden.
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Klischees für das Referieren des Artikels
Allgemeines
1. Die Zeitung (die Zeitschrift), die ich gelesen habe, heißt...
2. „ ... „ ist eine Tageszeitung für ...
3. Die Zeitung wird täglich (einmal im Monat, in der Woche) veröffentlicht.
4. In der Kurzmeldung werden die Punkte: wer? warum? was? wann? wo? behandelt.
5. In der Nachricht werden mehrere Informationen gebracht (verknüpft).
6. Der Bericht wird mit Schlagzeile und Untertitel verknüpft (versehen).
7. Im Bericht werden Hintergründe aufgedeckt.
8. Der Kommentar wird meist auf der Titelseite ganz rechts oder auf den ersten Innenseiten gelesen.
9. Im Kommentar wird meist die Meinung eines namentlich genannten Kommentators geäußert
(behandelt).
10. Der Wetterbericht wird auf der letzten Seite gebracht (gelesen).
11. Die erste Seite enthält einige Artikel und Berichte über ... .
12. Die erste Seite berichtet über (Akk.) ... .
13. Vor zweiten bis ... Seite werden die Artikel über ... veröffentlicht.
14. Die Seite 7 macht die Leser mit ... bekannt.
15. Unter der Rubrik „ ... „finden die Leser verschiedene ... .
16. Auf der letzten Seite werden ... veröffentlicht.
17. Am Interessantesten finde ich Seite ... , die über der Rubrik Sport veröffentlicht, weil ... .
18. Lesenswert ist auch der Artikel über (Akk.) ... .
19. Von großem Interesse sind (ist) für mich ... .
20. Die Zeitung enthält einige Ziffer und Daten.
21. Die Zeitung enthält: die Leitartikel, verschiedene kurze offizielle Meldungen und lebendige
Reportagen.
Mittel der Analyse
Zustimmen
1. Das sehe ich auch so... .
2. Das halte ich für richtig... .
3. Ich bin da ganz derselben Meinung ... .
4. Das finde ich richtig/gut ... .
5. In diesem Punkt stimme ich ... zu.
6. Ich habe dieselbe Erfahrung gemacht.
7. Das entspricht auch meiner Erfahrung.
Widersprechen
1. Das sehe ich ganz anders.
2. Das sehe ich für falsch.
3. Ich bin nicht der Meinung, dass ...
4. Ich teile diese Auffassung nicht.
5. Das stimmt so nicht
6. Das trifft meiner Meinung nach nicht zu.
7. Das scheint mir fraglich.
8. Ich vertrete da einen anderen Standpunkt.
9. Ich kann man das doch nicht sagen.
10. Ich bestehe auf meiner Meinung.
Eine Einschränkung machen
1. Das kommt darauf, an, wer/ob ...
2. Ich sehe das ähnlich, aber...
3. Ich würde es anders ausdrücken.
4. Ich stimme zu, möchte aber folgende Einschränkung machen.
5. Im Prinzip sehe ich das ähnlich/genauso, aber/nur ...
6. Man muss auch berücksichtigen, dass ...
7. Ich finde ...
8. Sind wir überstimmend der Ansicht, dass ...
9. Sind wir uns einig, dass... .
10. Wie Ihr (Sie) schon wisst (wissen) ... .
11. Wie Ihr (Sie) schon bemerkt habt (haben)… .
40
12. Bemerkenswert ist auch ... .
13. Jetzt komme ich zu einem weiteren Aspekt/ zum nächsten Aspekt... .
14. Es ist auch wichtig zu erwähnen/zu sagen.
15. Zusammenpassend kann man auch sagen ... .
16. Als Schwerpunkt haben (Themen) behandeln.
17. j-d meint, dass … .
18. j-d vermutet, dass ... .
19. j-d bekräftigt, dass ... .
20. j-d ist schließlich der Meinung, dass… .
Das Misstrauen
1. Ich zweifle (daran).
2. Das ist kaum zu glauben.
3. Schwer zu sagen.
4. Gewissheit!
5. Ohne Frage!
6. Ich bin davon überzeugt.
7. Ohne Zweifel/ zweifellos.
8. Meines Erachtens=nach meinem Erachten= meinem Erachten nach.
9. Ich behaupte meinen Standpunkt.
10. Ich möchte folgendes betonen (hervorheben).
11. Wir können so resümieren ... .
Artikel 1
Чего мы ждем от школы?
Какая школа предпочтительней – государственная или частная? Компания Begin Group
провела опрос среди родителей, посетивших выставку «Лучшие частные школы для вашего
ребенка» в апреле этого года. Вот что показали беспристрастные цифры.
Родители младшеклассников предпочитают частную школу государственной главным
образом из-за разницы в отношении и внимании к ребенку. Так ответило 63 % респондентов
данной категории. В частной школе классы невелики и каждый ученик получает больше внимания
от учителей, что не может не привлекать родителей. Родители учащихся средних классов уже
задумываются о дальнейшем образовании ребенка. Их в частной школе привлекает углубленное
изучение иностранного языка (63%), а также возможность лучше подготовиться к поступлению в
вуз (62%). Для родителей старшеклассников эти факторы имеют уже более определяющее
значение (74 и 75% соответственно).
Выбор формы обучения также вполне объясним. Для родителей младшеклассников
наилучший вариант – полупансион, где ребенок может находиться, пока родители на работе. 75%
респондентов данной категории предпочли бы эту форму. С ними солидарно большинство
родителей школьников средних классов – 62%. Многие отметили, что полупансион удобен тем,
что там работают кружки и секции и родителям не надо возить ребенка по всему городу.
Старшеклассникам нет необходимости оставаться в школе после уроков, поэтому половина
родителей данной категории (50%) предпочитает обычное дневное обучение. Любопытно, что
38% родителей старшеклассников подумывает, не отдать ли ребенка в пансион.
Среди интересующих родителей специализаций лидируют иностранные языки. Языковая
специализация школы привлекательна для 56% родителей учеников младших классов, 50%
родителей школьников среднего возраста и 35% родителей старшеклассников. Также высок
интерес к математическим дисциплинам – их отметило 43% родителей учеников средних классов
и 29% родителей старшеклассников.
79% родителей младшеклассников считают, что школа должна предлагать спортивные
секции. 69% интересуются танцевальными кружками, еще 60% желают, чтобы дети посещали
художественный кружок.
Среди родителей учащихся средних классов популярнее всего также спортивные секции
(97%), кроме того, художественные (89%) и танцевальные (75%) кружки.
Родители старшекласников предпочли бы отдать своих детей в танцевальный кружок
(87%), а также в научный кружок (75%) или спортивную секцию (74%).
Основной критерий выбора школы – преподавательский состав. Таково мнение 67%
родителей младшеклассников, 74% родителей учащихся средних классов и 50% родителей
41
старшеклассников. Стоит отметить, что для 51 % родителей старшеклассников также важно
наличие у школы связи с вузами, а для 63% родителей учащихся средних классов – стоимость
обучения.
Большинство родителей готово платить за обучение ребенка в частной школе от 300 до 500
евро в месяц. Эта цена устраивает 26% родителей младшеклассников, 49% родителей учеников
средних классов и 37% родителей старшеклассников. 26% родителей младшекласников
рассчитывают на сумму 500-700 евро в месяц, а 38% родителей старшеклассников могут платить
более 1000 евро. Скорее всего, это те, кто планирует отправить ребенка в зарубежный пансион.
В целом, о зарубежном образовании думают 13% родителей. Из них 38% отправили бы за
рубеж ребенка 10-13 лет, 38% - по достижении возраста 14-17 лет, и 24% - в возрасте 7-9 лет.
63% родителей, планирующих для родителей обучение за рубежом, считает, что там более
качественное образование. 62% нацелено на поступление в зарубежный вуз. 26% привлекают
возможность овладеть иностранными языками. Еще 25% считают, что зарубежное образование
более престижно.
64% родителей желает, чтобы частная школа целенаправленно готовила своих учеников в
ведущие российские или зарубежные вузы.
Artikel 2
Восточногерманский колорит продолжает греть душу
14.03.2009
Культура и стиль жизни
НЕМЕЦКАЯ ВОЛНА
Авторы: Рафаэль Хейлинг / Наталия Лисицкая
Берлинская стена рухнула, а ГДР осталась. Точнее: вернулась. С того самого момента, как
вышел в прокат фильм "Гуд бай, Ленин!" (Good Bye, Lenin!), типичные восточно-немецкие
многоэтажки, парки отдыха и Клуб-кола вызывают ностальгию по Востоку. Не удивляет этот
феномен исследователей движения общественной моды.
Конечно же, никто всерьез не мечтает о возрождении рабоче-крестьянского государства с
Берлинской стеной. Но ГДР-овские шоколадки "Schlagersüßtafel" и спортивные куртки
превратились в предметы культа, во многом - благодаря фильму "Гуд бай, Ленин!", в котором
воссоздана атмосфера жизни в типичной квартире времен Германской Демократической
Республики.
Биргит Гебхард (Birgit Gebhardt) из гамбургского бюро изучения трендов (Hamburger
Trendbüro) видит в феномене остальгия (Ostalgie) не только великолепный коммерческий ход, но
прежде всего предмет "подлинного общественного интереса". "Географически ГДР была всегда
рядом, но между странами лежала пропасть", - пояснила исследовательница в интервью
"Немецкой волне": "Большинство не имеет ни малейшего представления о том, чем жили люди
на Востоке".
25 квадратных метров прошлого
Эльвира и Ханс-Петер Фреммрих (Elvira und Hans-Peter Frömmrich) спустя годы после
падения Берлинской стены заметили проявления "остальгии" у своих клиентов. Сегодня
супружеской паре принадлежит магазин "Klein-Erzgebirge" в Штутгарте, где на 25 квадратных
метрах можно найти близкие душе любого осси , - как принято называть жителей восточной
Германии, - реликты, например, горчицу "Bautzner", кофе "Rondo"и футболки с изображением
Трабанта, ставшего культовым гэдээровского автомобиля. Ханс-Петер Фреммрих доволен: "В
последние дни наплыв покупателей возрос невероятно."
Объединение Германии позволило семье Фреммрихов перебраться из восточной Гемании
в Швабию. Однако это было совсем не просто. По мнению Фреммриха: "В торговле стена,
разделявшая Германию, еще не преодолена", - хотя его клиентуру это не останавливает. Из ста
клиентов Фреммриха шестьдесят - осси. Фреммрих объясняет это тем, что многие даже вдалеке
от дома, с удовольствием покупают родные продукты. Несмотря на крушение социализма, это
по-прежнему возможно.
Привязанность к продукции, а не к политике
Многие "восточные" продукты все еще выпускаются, несмотря на то, что в западной
Германии их почти никто не знает. "Поэтому нельзя сказать, что это абсолютно нормальный
ретро-тренд",- поясняет Биргит Гебхард. По ее мнению, "это оригинальный продукт, а вовсе
не подогретый сиюминутным коммерческим успехом интерес". В любом случае, подобное
42
"Возрождение Востока" сглаживает все негативные и политические аспекты, считает эксперт,
проводя параллель: "Под возвратом семидесятых годов мы тоже, имеем ввиду брюки-клеш и
яркие платьица в крупных цветах, а вовсе не Вьетнамскую войну".
Кроме того, - говорит Гебхард, - многие люди с менталитетом времен ГДР хотели бы
сохранить часть своей прошлой повседневной жизни, в противовес современному
"американизму". Для этого сейчас не слишком большой выбор средств. Исследовательница
считает важным подчеркнуть, что немцы из восточной Германии сохраняют все же критическое
отношение к продуктам, сделанным не территории бывшей ГДР: маринованные огурцы из
Шпреевальда покупают не из пристрастия к социалистической культуре, а потому, что это
действительно вкусные огурцы. Ханс-Петер Фреммрих подтверждает это стандартной фразой:
"В ГДР плохим было отнюдь не все".
Урок для весси: Как устроить вечеринку, потратив меньше денег
Необходимо учитывать также, какие последствия повлекла встреча осси с весси, культуры
заносчивого Запада с менталитетом восточной Германии, подчеркивает Гебхард. Некоторые
продукты Востока нравятся западным немцам, потому, что их образ уже прежде был для многих
весси привлекательным. Подобных "обломков" Востока хватает для "остальгии", во всяком
случае, до тех пор, пока такое настроение держится, заключает исследовательница. Остальгия
длится на удивление долго, - считает Гебхард. Даже типичные для Востока развлечения
приобретают популярность в объединенной Германии, особенно в Берлине. С "остальгией"
хорошо сочетается и ставшая модной в столице русская дискотека, основанная писателем
Владимиром Каминером (Wladimir Kaminer), выходцем из бывшего СССР, или с такими
встречами, что проходят в "Польском клубе неудачников" ("Club der polnischen Versager"), где
желающие идти против течения западные немцы имеют возможность научиться двум вещам:
самоиронии и тому, "как получить максимум удовольствия от вечеринки, в которую вложен
минимум средств".
Artikel 3
Всемирная слава The Beatles начиналась в Гамбурге
20.04.2010
История Германии
Авторы: Михаэль Марек/Анатолий Иванов
Далеко не всем известно, что истоки всемирной славы рок-группы The Beatles - не в
Англии, а в Германии. Первый большой успех пришел к The Beatles в 1960 году после гастролей в
Гамбурге.
17 августа 1960 года. Пятеро тогда еще почти не известных в мире музыкантов из
Ливерпуля – Пит Бест (Pete Best), Джордж Харрисон (George Harrison), Джон Леннон (John
Lennon), Пол Маккартни (Paul McCartney) и Стюарт Сатклифф (Stuart Sutcliffe) – выступают с
концертом в Гамбурге. Так была открыта новая глава в истории рок- и поп-музыки. Именно здесь
ливерпульские музыканты добились первого большого успеха. Поэтому Гамбург можно считать
родиной легендарного саунда "Битлз". Как вспоминал Пит Бест, ударник, позднее уступивший в
группе место Ринго Старру (Ringo Starr), "в то время Гамбург был городом с весьма бурной
ночной жизнью". Он подчеркивает: "Именно в Гамбурге мы смогли проявить свои таланты,
именно там мы добились большого успеха".
"I don't care too much for money"
В родном Ливерпуле у молодых музыкантов практически не было ангажемента.
Зато гамбургский "полусвет" оказал им восторженный прием. Их уверенность в себе росла.
Гамбургский квартал "красных фонарей" был знаменит своими ночными клубами. "Индра",
"Кайзеркеллер", "Топ-тен-клаб", "Стар-клаб", - в этих клубах будущим звездам каждую ночь
приходилось играть по 6-8 часов. За каждое выступление они получали по 30 марок. А питались
они, в основном, котлетами, пивом и стимулирующими таблетками.
В Германии ливерпульских гастролеров поселили не в гостинице, как они наделялись. Как
рассказывал Пол Маккартни, в Гамбурге они жили в кинотеатре "Бэмби", "рядом с
туалетами". В подсобном помещении рядом с общественным туалетом были установлены
двухъярусные лежанки, на которых и расположились музыканты.
В то же время самоуверенность рок-группы граничила с нахальством. Порой "Битлз"
норовили уйти из кабака, не расплатившись, а однажды их даже задержала полиция - за
"нарушение общественного порядка". Во время выступлений они низвергали потоки
43
ругательств на слушателей. Они могли нахамить публике, выйти на сцену в трусах или с
унитазным сиденьем на шее. Их шуточки нередко были скабрезными. А свой патриотизм
"Битлз" демонстрировали, оставляя маленькие британские флажки на кучах мусора и объедков в
гардеробных, где они порою пили ночи напролет.
"A shot of rythm and blues"
То, что "Битлз" предлагали в качестве музыки, людям старшего поколения казалось
просто шумом и какофонией. А молодежь воспринимала новый саунд как своего рода протест,
как похоронный марш по сладким шлягерам и сусальной псевдонародной музыке. Бухающий
ритм и резкие гитарные аккорды "Битлз" вызывали у публики особый восторг. По словам Джона
Леннона, ребята играли "все, что приходило в голову". И делали они это так хорошо, что на них
обратил внимание гамбургский бизнесмен Хорст Фашер (Horst Fascher). Недолго думая, он
предложил ливерпульским музыкантам контракт на выступление в принадлежавшем ему
ночном клубе "Стар-клаб", где "Битлз", по словам Фашера, "могли бы совершенствовать свое
профессиональное мастерство".
В Германии была записана и первая пластинка The Beatles. Это была народная песня "My
Bonnie", аранжированная в стиле рок-н-ролла и занявшая пятое место в немецком хит-параде.
Перед рок-группой замаячила большая карьера в шоу-бизнесе. И эта карьера, как отмечал Ринго
Старр, началась в Германии, в клубе "Стар-клаб".
В 2008 году в Гамбурге был открыт памятник: четыре стальных контура - фигуры
Харрисона, Леннона, Маккартни и Старра. Чуть поодаль от "великолепной четверки" - фигура
Сатклиффа, пятого музыканта группы, умершего в Гамбурге в 1962 году от кровоизлияния в
мозг. Вокруг - вмонтированные в грунт стальные ленты, на которых выгравированы названия
почти 70 бессмертных композиций группы. Таким образом, через полвека после своего первого
выступления The Beatles вернулись в Гамбург, где, собственно, и началась их великая слава.
Artikel 4
Изучение иностранного языка – деловой подход
24.11.09
StudyLab
Количество курсов, предлагаемых на сегодняшний день зарубежными школами языка,
интенсивно растет. С количественным ростом активно развивается и содержательная сторона
образовательных программ. Индивидуальные курсы и интенсивные программы, «полное
погружение» и сочетание занятий с отдыхом, спортом и творчеством, курсы профессиональной
лексики и курсы, целенаправленно приближающие ваш язык к языку носителя, – выбор понастоящему велик.
Не менее разнообразна география учебных заведений, предоставляющих такого рода
образовательные услуги. Английский язык можно изучать в Великобритании, США, Канаде
и совмещать его с изучением других языков в международных центрах Бельгии, Германии,
Испании. Для того чтобы выделить из длинного списка наиболее подходящую школу следует
сделать две вещи.
Во-первых, четко поставить перед собой цели и задачи, ответить на вопрос: «Для чего на
данный момент мне нужен иностранный язык?». Во-вторых, узнать, какими принципами
руководствуется та или иная школа, какие методы используют преподаватели. Знание этих
априорных посылок позволяет не ошибиться при выборе образовательной программы и получить
максимальное
удовлетворение
от
потраченного
на
учебу
времени.
Как правило, выделяют несколько наиболее популярных подходов к преподаванию иностранного
языка.
Лингвосоциокультурный подход
Данный подход присущ практически всем зарубежным языковым школам. Основной
принцип подхода: «Изучая иностранный язык, вы узнаете культуру страны, в которой на нем
говорят». И наоборот: «Познавая культурные феномены, вы усваиваете язык культуры». На
занятиях большое внимание уделяется традициям и обычаям страны, культурным кодам,
этническим
особенностям.
Коммуникативный подход
Коммуникативным подходом руководствуются британские и американские языковые школы
Bell International, OISE, St. Giles International, Rennert Bilingual, NESE. Основная задача – научить
студента сначала говорить и легко воспринимать устную речь, а уже затем писать. Подход
44
ориентирован в первую очередь на тех, кто желает за небольшой срок адаптироваться в языковой
среде.
Интенсивный метод
Метод предназначен для деловых людей, предполагающих за короткий срок овладеть
конкретными языковыми навыками. Преподаватели школ OISE и Centre Linguista Canada
формируют у слушателей «выразительное речевое поведение». За небольшой период времени
слушатели запоминают определенный круг устойчивых клишированных выражений, а затем
учатся их употреблять, при этом слегка импровизируя и добавляя более эмоциональные
разговорные фразы. Зачастую интенсивного курса достаточно для использования языка
в профессиональной области: в деловой переписке, при проведении презентаций и телефонных
переговоров,
составлении
коммерческих
предложений.
«Прямой» (direct) метод
Данный метод широко известен как метод Берлица. Основной принцип состоит в полном
исключении родного языка студента из процесса обучения. Цель – научить студента думать на
иностранном языке. В связи с этим, даже студентам, имеющим нулевой уровень владения языком,
приходится воспринимать иностранную речь. Перевод слов и выражений на родной язык
полностью отсутствует. Исключение перевода позволяет преодолеть иллюзию, что каждое слово
и выражение родного языка имеют точный эквивалент в новом языке. Отсутствие перевода
позволяет обеспечить «прямой» доступ к языковым конструкциям. Метод активно используется
языковыми школами Международной корпорации Берлица (The Berlitz School of Languages).
Деловой (или деятельностный) подход
Мы бы хотели выделить особый подход, редко встречающийся в общепринятых
классификациях. Деловой (деятельностный) подход предполагает изучение иностранного языка
в сочетании с практикой общения в профессиональной области. Такую возможность
предоставляют языковые школы Нью-Йорка, Лондона, Сан-Франциско, Торонто и других
мировых бизнес-центров. Как правило, программа (она получила название «Стажировка –
Internship») состоит из двух частей: первая – повышение языкового уровня на занятиях в школе,
вторая
–
стажировка
в иностранной
компании
по
специальности.
Деловой метод по своей природе очень интенсивен. Происходит наиболее активное овладение
иностранным языком путем быстрого решения деловых вопросов, реализации задач и проектов.
Участник программы мобилизует все возможные ресурсы, и даже если уровень его языка не
достигает отметки «advanced», он быстро подключается к работе. Как отмечают профессионалы,
преподаватели школы Rennert Bilingual, деловой подход можно иначе обозначить как
непосредственное использование языка в действии. Это как раз тот случай, когда практика имеет
очевидный приоритет перед теорией. Деятельностный метод изучения иностранного языка может
оказаться очень эффективным. Его рекомендуют людям, нацеленным на стремительную карьеру,
профессиональное и творческое развитие, тесное знакомство с западной бизнес-практикой
и принципами организации труда за рубежом. В то же время сам подход к выбору релевантного
метода должен быть деловым. Взвешивая собственные цели, соотнося задачи и возможности их
реализации, человек выбирает те методики и принципы преподавания иностранного языка,
позволяющие ему наиболее успешно пройти обучение.
Artikel 5
"Осси" и "весси": две ментальности, одна страна
30.11.2009
По Германии
http://www.dw-world.de
Автор: Катарина Зикман
Многие из тех, кто собирается переселиться в Германию, например, в качестве поздних
переселенцев или еврейских иммигрантов, не хотели бы попасть в восточные земли Германии, то
есть на территорию бывшей ГДР. Говорят, там к иностранцам отношение хуже, чем на западе
страны, да и уровень жизни несколько ниже. А знают ли потенциальные переселенцы и
иммигранты о том, что до сих пор между многими восточными и западными немцами существует
невидимая стена отчуждения? Их различает не только уровень и образ жизни, но и менталитет.
Так что переселенец из Восточной Европы может как раз на западе почувствовать себя не в своей
тарелке, оказаться изолированным и одиноким.
Все вместе друг против друга
45
Олаф Георг Кляйн (Olaf Georg Klein), автор книги "Вы нас не понимаете: Почему восточные
и западные немцы не могут договориться" ("Ihr könnt uns einfach nicht verstehen"), пытается
анализировать эти феномены.
Например, существуют различные ритуалы знакомства. На западе принято сначала
указать собеседнику на свой статус, поскольку это важнейший критерий, на основании которого
вообще принимается решение, стоит ли продолжать разговор. На востоке знакомство
начинается на личном уровне. Исходная информация о себе не содержит данных о социальном
статусе. Сначала идет выяснение личной совместимости, после чего собеседники переходят к
вопросам статуса. Это означает, что и восточная, и западная культура коммуникации придают
большое значение обоим аспектам, но в разной последовательности. Сближение, дистанция,
конфликт присутствуют в обоих случаях, но по-разному.
Различия культурных наследий
В свое время Олаф Кляйн провел 6 месяцев в США, где ему бросились в глаза необычные
отношения между американцами и англичанами. Различия культурных наследий являются
источником недоразумений и взаимной неприязни, несмотря на то, что обе нации говорят на
одном языке. Подобный феномен наблюдается сегодня между востоком и западом ФРГ.
"Как восточный немец я замечаю в общении с западными немцами постоянное
присутствие конкурентной борьбы под девизом: "Все вместе друг против друга!" Люди
постоянно начеку, постоянно ждут какого-то подвоха", отмечает он.
Переговоры, флирт, дискуссия или частный разговор... Когда "осси" вступают в контакт с
"весси", у обоих нередко остается неприятный осадок от этого общения. Ощущение, будто чтото не так. Распространено убеждение, что общий язык подразумевает единые правила
коммуникации. Но так ли это?
Преимущества и недостатки
Но торопиться с выводами здесь не стоит, подчеркивает Олаф Георг Кляйн:
"Преимущества и недостатки есть в каждой из этих культур. Поэтому совершенно
бессмысленно было бы утверждать, что одна из них лучше, а другая хуже. К примеру,
восточноевропейская культура коммуникации высоко ценит компромисс, в то время как
западная культура склонна принимать решения, выгодные большинству. Поэтому в случае
разногласий на востоке долгое время пытаются найти устраивающий всех компромисс, в то
время как на западе дискуссия прекращается, как только становится ясно, что найдено решение,
устраивающее большинство".
По мнению писателя, восточная культура общения избегает открытых конфликтов. То
есть дискуссия долгое время ограничивается спектром вопросов, по которым у сторон нет
серьезных разногласий. Затем осуществляется переход к конфликту, формулируется его суть,
после чего дискуссия снова возвращается к достигнутому ранее консенсусу.
Такое обсуждение, при котором постоянно подчеркиваются общие взгляды на проблему,
не приводит к эскалации конфликта. Западная культура коммуникации склонна провоцировать
конфликт как путь к выяснению различных точек зрения. Подобное различие взглядов часто
приводит обе стороны к взаимному раздражению и упрекам в непрофессионализме.
Понимание всех этих различий необходимо для успешного диалога между востоком и
западом. Необходимо чутко прислушивается к реакции собеседника, контролировать не только
слова, но мимику и жесты.
"Ты - другой, и это превосходно!", - пишет Олаф Георг Кляйн в своей книге и считает, что
нужно стремиться не изменять друг друга, а учитывать различия в культурах общения.
Artikel 6
Илона Шмиль: "Бетховен - поп-звезда прошлого и настоящего"
03.09.2009
МУЗЫКА
http://www.dw-world.de
Автор: Анастасия Рахманова
4 сентября в Бонне открывается фестиваль музыки Бетховена. О том, что ожидает его
гостей в этом году, мы поговорили с художественным руководителем Бетховенфеста Илоной
Шмиль.
Deutsche Welle: Девиз фестиваля 2009 года - "В свете". Какой свет имеется в виду? Свет
прожекторов, "огни рампы"?
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Илона Шмиль: "В свете" – это сокращение, чтобы понять, о чем идет речь, нужна и
вторая часть нашего девиза "В свете - культ артиста в эпоху романтизма". Бетховен был, так
сказать, главной "звездой" своего времени. Собственно, с него и начинается культ "звезд" в
европейской культуре. Мы же решили посмотреть, что произошло с культом "звезды" после
Бетховена, к чему привело "разделение функций" между композитором и исполнителем, между
солистом и ансамблем, как появился культ "умерших звезд". Ведь именно "посмертному
статусу" Бетховена мы обязаны возникновением в 1845 году Бетховенского фестиваля.
- Фестиваль представляет целый ряд солистов и ансамблей, ярких личностей и "звезд":
пианист Маурицио Поллини (Maurizio Pollini), дирижеры Густаво Дудамель (Gustavo Dudamel),
Паво Ярви (Pavo Järvi), Валерий Гергиев и их ансамбли. Представлен на фестивале и
"популярный край" классики – как, например, скрипач Дэвид Гэррэт (David Garrett) или ударник
Мартин Грубингер (Martin Grubinger). Но даже такие обаятельные и привлекательные (и к
тому же очень молодые) звезды классики как Гэррэт, Дудамель и Грубингер не могут и
отдаленно сравниться в популярности со звездами попа и рока. Почему?
- Я объясняю это тем, что наше время стало уж слишком скоротечным. Настоящую звезду
должна окружать тайна. Если все доступно всем – через интернет, форумы, "твиттеры" и так
далее, - это лишает звезду звездности. Поп-звезды вездесущи, но их культ все равно не сравним
с культом Бетховена или великих артистов прошлого. Музыка воспринимается не как чудо, как
это было при Бетховене, а как повсеместная, назойливая и часто обременительная кулиса. Я в
тайне надеюсь на возрождение культа духа "живого концерта" и того момента "магической
тишины", который предшествует музыке.
- В этом году дирижеру Паво Ярви и оркестру Камерная филармония Бремена
предоставлена честь реализовать главный проект фестиваля – исполнить цикл из девяти
симфоний Бетховена. Вы хотите превратить Бонн в своего рода "Байройт для Бетховена"?
- Для меня важнее то удивительное в своей концентрации впечатление, которое оставляют
девять симфоний Бетховена, прослушанные за четыре вечера. Перед мысленным взором
слушателя проходят не только пятьдесят лет истории музыки, но и духовный путь гения. Но мы
не собираемся делать культ из нашего цикла, в следующем году его не будет в программе, уже
по той причине, что сегодня существует не так много оркестров, в прочтении которых Бетховен
звучит по-новому.
- Почему ваш выбор пал именно на Паво Ярви и его оркестр? Что "нового" в их
интерпретации?
- На этот вопрос я могу дать короткий ответ: это органическое, естественное обхождение с
материалом. Ярви очищает музыку Бетховена от романтического балласта. В результате
возникает звучание, которое слушателю, "испорченному" записями Караяна, может показаться
суховатым, жестким. Его прочтение – результат долгих лет работы. Ярви и его оркестр
"осваивали" Бетховена симфонию за симфонией, и сегодня мы имеем возможность за четыре
вечера повторить пройденный ими путь.
- В этом году Бетховенский фестиваль пробует силы и на новом поприще: в его рамках
проходит симпозиум под названием "Концерт будущего – будущее концерта". Соберется
пестрый круг ключевых персон классической сцены: менеджеры крупнейших оркестров,
импресарио, директора филармоний. Чем мы обязаны такому интересу с их стороны? Что
принципиально нового может появиться в отношениях между артистом и слушателями?
- Во-первых, наш бетховенский цикл стал отправной точкой для того, чтобы поговорить о
позиции оркестра как коллектива музыкантов и о "позиционировании оркестра" как
экономической структуры. Как вы знаете, Камерная филармония Бремена – это маленький
коллектив единомышленников, они являются одновременно и акционерами своего оркестра,
который живет в режиме самоокупаемости. В этом смысле Камерная филармония представляет
собой полную противоположность большим симфоническим оркестрам, ведущим беззаботное
существование за бюджетный счет.
- Классическая музыка – как и музыкальная индустрия вообще – находится в кризисе. Не
кажется ли вам странным, что именно в это время начинается сооружение дорогостоящих
"храмов культуры"?
- Нет, не кажется. Я по природе оптимистка. Что касается звукозаписывающей индустрии,
которая в основном и распространяет слухи о "скоропостижной смерти классики", то они сами
виноваты в том, что люди перестали покупать компакт-диски. Непродуманная стратегия
звукозаписывающих концернов, их погоня за сиюминутной прибылью привели к
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перенасыщению рынка и к тому, что приличные люди уже буквально стесняются ходить в
магазин звукозаписей. Следует понимать, что музыкальная запись – это не мобильный телефон,
который раз в два-три года приходится менять. Фонотека не обновляется раз в три года.
- В прошлом году концерты Бетховенского фестиваля были распроданы на 92
процентов - показатель, которому позавидовал бы любой директор концертного зала. В этом
параметре Бонн даже опередил Зальцбург. Удастся ли Вам повторить успех прошлого года?
Как отразился на вас кризис?
- В настоящий момент – в канун открытия фестиваля – мы распроданы на более чем 80
процентов. Это уже очень неплохо. Кризис, который мы переживаем – это кризис общества,
кризис экономики, но не кризис культуры. Одна из наших основных целей – сохранять ценовой
уровень на демократическом уровне, чтобы наши концерты были доступны нормальным людям,
которые не в состоянии платить за билет по 360 евро, как в Зальцбурге.
- Раз уж мы заговорили о демократии: самый демократический и, к слову сказать, бесплатный
способ побывать на фестивале – это стать гостем прямой трансляции. В интернете будет
транслироваться весь "бетховенский цикл". Не слишком ли много демократии?
- Нет. Я считаю, что чем больше людей могут в той или иной форме получить доступ к
музыке, тем лучше.
Artikel 7
Турецкая свадьба по-немецки
16.09.2010
Культура и стиль жизни
http://www.dw-world.de
Авторы: Зола Хюльзевиг/Анастасия Рахманова
Турецкие свадьбы славятся своей пышностью, обилием гостей и угощений. В Германии к ним
готовятся очень серьезно. Дело облегчает то, что за нарядами и прочим не надо ездить в Стамбул
или Анкару. Всё есть в Дуйсбурге.
"Скорее талиб отправит свою дочь на курсы стриптиза, чем турецкая семья согласиться
отпраздновать свадьбу на немецкий манер", - таким резким утверждением начинает свое эссе о
феномене турецкой свадьбы немецкая журналистка турецкого происхождения Дениз Башпинар
(Deniz Baspinar). В СМИ Германии пышные турецкие свадьбы нередко служат поводом для
сдержанно-иронических комментариев. Многолюдность такого рода мероприятий (свадьба
средней руки собирает до 500 и более гостей), обычай (пусть и символически) "похищать" или
"выкупать" невесту, продолжительные речи о каждом из молодоженов с демонстрацией
фотографий и видеофильмов, манера прикалывать на платье или фату невесты денежные купюры,
- многое в традиционной турецкой свадьбе непривычно для коренных жителей Германии.
В этом смысле шансом на сближение наций можно считать превращение Марксло,
небогатого и не очень престижного района немецкого города Дуйсбурга, в гигантский салон для
турецких новобрачных. Если прежде турецкие женихи и невесты, их родители и приглашенные
гости, живущие в Германии, отправлялись на "предсвадебные" закупки в Стамбул или Анкару,
то теперь они съезжаются со всей страны в Марксло.
Один раз надеть...
Вот типичная сцена в одном из магазинов. Подруги помогают Дилан мерять
платья. "Тот, другой цвет был лучше, правда? - говорит Дилан. - Бежевый". Рядом - женщина
постарше, из родственников: "Если хочешь что-то более строгое, примерь вот это! Ты же
сказала, что не хочешь блесток..." Нельзя сказать, что платье, которое меряет Дилан,
невыразительно: ярко-розовая ткань облегает фигуру, юбка расклешена от колена, как
русалочий хвост. Тем не менее, девушка недовольна.
Три часа она придирчиво выбирает наряд: на следующей неделе Дилан предстоит
большой выход. Нет, восемнадцатилетняя школьница пока не выходит замуж – женится ее
кузен. Но у немецких турков принято, чтобы на каждой свадьбе близкого родственника у
девушки было новое платье.
И каждый раз Дилан, ее родственники и подруги совершают паломничество в Марксло.
Нигде в Германии нет такого выбора свадебных и вечерних платьев для турецкой свадьбы.
Конечно, здесь можно приобрести и все остальные атрибуты: ювелирные украшения и
бижутерию, сумочки и так далее. Парикмахерские специализируются на замысловатых
свадебных прическах, фотоателье и видеосалоны предлагают съемку незабываемого события,
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турагентства пестрят объявлениями о свадебных путешествиях и дешевой доставке родни из
Турции в Германию...
Кстати, свадьбой дело не ограничивается: гости собираются и на помолвку, и на
девичник. Дважды приходить в одном наряде - да вы что! А, между прочим, каждое платье
стоит от 200 до 500 евро. Плюс лаковые туфли, аксессуары, сумочки. Это дорогое удовольствие
– турецкая свадьба. И источник благоденствия для бывшей промышленной окраины Дуйсбурга:
за последние несколько лет квартал буквально расцвел.
Из лучших домов Лондона и Парижа
Платья и аксессуары предлагаются во всех ценовых категориях, на самый разный, в том
числе весьма притязательный, вкус. Свадебные и вечерние наряды доставляются сюда со всего
мира, в том числе, из "лучших домов" Лондона, Парижа и Нью-Йорка. И, кстати, клиентура
Марксло давно не ограничивается только переселенцами из Турции и их наследниками: в
столице турецкой свадьбы одеваются уже и немецкие женихи и невесты. Лейла Чобаноглу
(Leyla Cobanoglu), продавщица и дочь хозяина одного из магазинов (того самого, где выбирает
платье Дилан), рассказывает о некоторых особенностях покупателей.
"Немцы никогда не принимают решение сразу, - говорит она. - Им надо сначала все
посмотреть, все примерить, потом они уходят, обещая "подумать", перезванивают,
просят: "отложить"... Турки же приходят в магазин всей семьей, проводят здесь несколько часов
и никогда не уходят с пустыми руками.
Между прочим, и Дилан уже выбрала платье: розовое, до пят. И – все в блестках...
Artikel 8
Где живет счастье?
ЧЕЛОВЕК И КУЛЬТУРА
Автор: Бернд Швер
Где живут самые счастливые люди в мире? Действительно ли жители Исландии исландцы
спокойны и невозмутимы, как и индусы? Почему тайцы кажутся такими довольными?
Американский автор Эрик Вайнер изучил рецепты благополучия разных стран и народов.
Эрик Вайнер появился на свет почти одновременно со значокм «улыбки», состоящим из
двоеточия, тире и правой скобки – в 1963 году. После десяти лет работы корреспондентом
Национального общественного радио (США) в более чем 30 странах, и освещал основном
кризисы и стихийные бедствия. После этого он решил попробовать себя в прямо
противоположной тематике: разобраться человеческого счастья. Так родилась его книга
«География счастья. В поисках самых счастливых людей в мире». Одним выстрелом Вайнер
убил сразу двух зайцев: прославился в Америке как эксперт по счастью и одновременно стал
автором бестселлера.
GEO: Связано ли как-то состояние счастье с путешествиями? Почему бы просто не
остаться дома и быть счастливыми в четырех стенах?
Эрик Вайнер: Я много лет провел в постоянных разъездах, и пришел к выводуй: можно
действительно повлиять на свое самочувствие и поднять себе настроение, постоянно меняя
место пребывания. Об этом прекрасно сказал американский писатель Генри Миллер: «Цель
путешествия –не поездка в определенное место, а способ по-новому взглянуть на сущность
окружающих вещей и явлений».
Чем Вы объясняете тот факт, что определенные регионы мира делают людей
счастливыми, а другие нет?
Места обитания людей отличаются друг от друга не только климатом и географическим
положением, но и тем, что я бы назвал «уровнем счастья». Почему? Именно на этот вопрос я
попытался ответить в своей книге.
И как Вы выбирали самые счастливые страны?
Строго в соответствии с научными критериями. Я поехал в Нидерланды, во «Всемирный
банк данных счастья». Там профессор Руут Веенховен и его коллеги годами собирали
материалы различных исследований, опросов, касающихся отдельных стран, и т.д. Проще
говоря, - все, что походило на научные изыскания по теме «счастье». Таким образом, я
принимал решение заняться, например, Исландией. Или Швейцарией. Жители этих стран
постоянно твердят, что они несравненно счастливее других.
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Исландия - одна из самых счастливых стран мира? Очень интересно, там ведь шесть
месяцев в году темно и холодно. Почему исландцы причисляют себя к счастливчикам?
Исследование – это анализ ответов людей на вопрос: насколько счастливым вы себя
ощущаете? Ответы оцениваются по десятибалльной системе. Единица означает «очень
несчастлив», десятка – «совершенно счастлив».
И на каком уровне находится Исландия?
Где-то между восьмым и девятым. Ведь Исландия - один из мировых лидеров по уровню
жизни. Однако если в беседе с исландцами упомянуть о том, что они живут в одной из самых
счастливых стран (со мной такое случалось), то они немало этому удивятся.
Из чего состоит качество жизни в Исландии?
Об этом можно говорить часами. Природа, гордость за свой язык, или тот факт, что они
много пьют. Но не потому они счастливы, хотя и в самом деле обожают свою водку и пиво. Я
думаю, речь здесь идет о чувстве коллективизма. Люди там действительно живут одной
большой семьей. Ученые могут наглядно доказать, что вcе жители Исландии - родственники Это
прослеживается до седьмого или восьмого поколения: у всех один и тот же набор генов. Это
постоянное, необычайно сильное чувство общности и сопричастности просто витает в воздухе.
Исландия к тому же страна креативная. Это связано с тем, что люди с годами выработали
очень здравое, расслабленное отношение ко всякого рода неудачам. Неудача – это составная
часть жизни. Если ты успешен, никто тебе не завидует. Но если терпишь неудачу, люди тебя
подбадривают. Это очень эффективно восстанавливает душевное равновесие.
Но все это было еще до финансового кризиса, пока Исландия не обанкротилась?
Конечно. Исландцы сегодня переживают не лучшие времена. Но это отнюдь не
равносильно бедствию. Можно погрязнуть в заботах – и при этом оставаться быть счастливым.
Климат, холод, темнота – все это не столь важно, когда речь заходит о счастье. Исландцам не
нужны ни пальмы, ни пляжи для того, чтобы чувствовать себя счастливыми. Наоборот, южная
экзотика могла бы оказаться контрпродуктивной.
Как это понимать? Пальмы и пляжи приносят несчастье?
Ученые называют это теорией «привыкни или умри». Выжить в теплых широтах легко.
Спелые плоды падают с дерева прямо в рот. Не нужно прилагать каких то усилий для того,
чтобы обеспечить свое существование. В регионах с более суровым климатом люди должны
помогать друг другу при любых обстоятельствах, быть вместе в горе и в радости. Это прививает
чувство общности. Поэтому счастье – явление социальное.
А что Вы искали в Швейцарии? Посвященная ей глава называется «К счастью через
скуку».
Еще философ Бертран Рассел описал этот феномен: тот, кто не выносит скуки, крайне
нетерпелив, и поэтому становится несчастным. Но того, кто может спокойно переносить
окружающую его скуку, и при этом не скучать наедине с собой, мы можем считать счастливым
человеком. Швейцарцы в этом деле изрядно преуспели. Самое большое удовлетворение им
приносит то обстоятельство, что жизнь в их стране необычайно стабильна. Швейцарцам не
скучно. Просто они навевают скуку на несчастных иностранцев.
Вы обстоятельно занимаетесь и азиатскими культурами. Вы были в Бутане, Таиланде,
Индии. Обладают ли азиаты с их индуистскими и буддийскими традициями особенным
талантом обретения счастья?
Одна из главных буддистских и индуистских истин, которая может помочь нам стать
счастливыми, гласит: будь умерен в своих ожиданиях. Вроде бы звучит банально, но это правдо.
Если копнуть глубже, то можно рассмотреть здесь основополагающую идею восточных
религий: все мы находимся в колесе судьбы. Наша карма – наследие нашей прежней жизни.
Если мы терпим крах, или просто что-то не получается, она помогает нам не сетовать и не
роптать. И помнить о том, что все когда-нибудь проходит. Досадовать на прошлое глупо.
Давайте лучше обратимся к настоящему.
Вы много путешествовали на протяжении года, скрупулезно разрабатывая тему
счастья. Что Вы из всего этого вынесли лично для себя?
Я чувствую себе менее несчастным, чем раньше. Я человек с невротическим складом
характера, чтобы Вы знали. Тем не менее, несколько уроков я усвоил. К примеру, тайскую
мудрость: не думать слишком много! Наш мозг склонен методично, раз за разом пережёвывать
одни и те же мысли, в том числе и те, что делают нас счастливыми. Тайцы предупреждали меня:
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слишком много думать вредно! Mai pen lai – так звучит одна из их самых распространенных
поговорок: «Все уже в порядке, забудь об этом!»
Что могут почерпнуть путешественники из Вашего опыта?
Контролируйте свои ожидания. Большинство путешественников очень много читают о
цели своих поездок. Однако может случиться так, что полезнее было бы поменьше знать. Тот,
кто слишком много читает, воспринимает, в том числе и субъективные представления других
людей о том или ином предмете. Я не хочу сказать: отправляйтесь в путь, не имея ни малейшего
представления о цели поездки. Но я бы не советовал и слишком много читать перед поездкой.
Я также твердо убежден: от путешествия будет больше пользы, если избегать шикарных
отелей. Конечно, я люблю комфорт. Но дорогие гостиницы водружают барьер между тобой и
тем местом, ради которого ты, собственно, здесь и находишься. Они изолируют тебя. Они комфортабельные тюрьмы. Я стараюсь, по возможности, устраиваться у друзей или снимаю
квартиру у местных жителей.
И последнее: Не разъезжай беспрестанно по стране. Ограничивай свое пребывание
местом, являющимся истинной целью твоего путешествия. Оставайся там до тех пор, пока сам
не поверишь, будто живешь там постоянно. Если каждый день ездить по разным городам – так
ты действительно ничего толком не узнаешь. Основательно пожить в одном месте гораздо
лучше, чем только взглянуть на десять разных мест.
Artikel 9
Как бакалавры из СНГ становятся немецкими магистрами?
12.05.2009
УЧЕБА
http://www.dw-world.de
Автор: Ольга Капустина
Болонская реформа в Германии подвергается резкой критике. Однако студентам из СНГ она
дает уникальную возможность получить немецкий диплом всего два года. Причем, сразу высшей
ступени – диплом магистра.
Новая система образования "бакалавр-магистр" приобрела в Германии не только приверженцев, но
и резких критиков. Студенты из России и стран СНГ, в свою очередь, видят в Болонской реформе,
в основном, преимущества: она предоставляет возможность получить немецкий диплом магистра
всего за два года.
По данным исследования Германской службы академических обменов "Wissenschaft
weltoffen 2008", в первую десятку по количеству иностранных студентов в вузах Германии входят
Россия (на третьем месте) и Украина (на шестом месте). Так, в 2007 году каждый двадцатый
иностранный студент в немецких вузах был гражданином Российской Федерации. Последнее
время все больше студентов из СНГ приезжают в Германию на обучение в магистратуру.
Бакалавры из Белоруссии, Казахстана, России и Украины поделились с Deutsche Welle своим
опытом поступления и обучения в немецкой магистратуре.
Татьяна Казаченкова, 24 года
Бакалавр: Инновационный евразийский университет (Павлодар). Специальность:
Лингвистика.
Магистратура:
Университет
Дуйсбурга-Эссена
(Universität
Duisburg-Essen).
Специальность: Германистика.
- После того как я получила в Казахстане диплом бакалавра, мне не удалось сразу
устроиться на работу по специальности. Учителя у нас не очень востребованы. Поэтому я
решила поступить в магистратуру в Германии, хорошо выучить немецкий язык, и потом уже,
вернувшись назад, работать в какой-нибудь фирме. Я подала документы в немецкий вуз – и уже
через пару недель мне пришел ответ. Мой диплом бакалавра был полностью
признан. Единственное, в немецком университете мне надо было посетить пять лекций по
литературе из программы бакалавриата по германистике.
В своем решении поступить в магистратуру в Германии я не разочаровалась. Но учеба
здесь оказалась не такой легкой, как я себе это представляла. Обучение германистике в
Казахстане и Германии в корне отличается. В немецком университете предполагаются очень
хорошие знания немецкого, практически на уровне родного языка. Я замечаю, что я стала
намного лучше говорить по-немецки. Я думаю, что, когда при возвращении домой я буду искать
работу, выпускники наших вузов будут мне не конкуренты. Единственное, чего мне не будет
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хватать, это опыта. Но и это поправимо – на время ближайших каникул я организовала себе
практику в Торгово-промышленной палате в Дюссельдорфе.
Алексей Царев, 23 года
Бакалавр: Белорусский государственный университет. Специальность: Мировая
экономика.
Магистратура: Высшее специальное учебное заведение Майнца (Fachhochschule Mainz).
Специальность: Международный бизнес.
- Я планировал поступление в магистратуру в Германии заранее. Подготовка, перевод,
заверение документов заняли много времени. Так как я хотел учиться по англоязычной
программе, то мне, помимо немецкого языкового теста DSH, необходимо было сдать также тест
на владение английским языком IELTS. Я подал документы в три вуза – в Дортмунд, Майнц и
Оснабрюк. Все три прислали мне положительный ответ. Я решил учиться в Майнце, так как
оттуда ответ пришел раньше. А еще образование в Майнце, в отличие от земли Северный РейнВестфалия, до сих пор бюджетное. Я плачу только взнос 198 евро в семестр. В целом, обучением
здесь я доволен. Но в этом семестре наш факультет переехал в новое здание. Из-за переезда
произошли сбои в планировании наших занятий, пришлось в экстренном порядке
восстанавливать расписание.
Вообще, я не ожидал, что учиться будет так просто. У нас в группе 25 человек, лишь 20
процентов из них - немцы. Остальные студенты родом из разных стран. И это здорово. Занятия у
нас на английском, в свободное время мы говорим на немецком, а на вечеринках мы иногда
переходим на испанский язык. Второй год программы предусматривает обязательное обучение
за рубежом – я еду в Швецию. Есть возможность получить двойной диплом – немецкий и
шведский. Плюс у меня еще есть белорусский. С таким количеством дипломов, думаю, мне
будет легко устроить на хорошую работу.
Мила Кононова, 23 года
Бакалавр: Санкт-Петербургский государственный университет. Специальность:
Журналистика.
Магистратура: Университет Лейпцига (Universität Leipzig). Специальность:
Коммуникационный менеджмент.
- Я поступила в магистратуру в Германии по двум причинам. Я хотела получить, вопервых, европейский диплом, во-вторых, практические навыки по определенной специальности.
В отличие от российской магистратуры, немецкая, как мне казалось, более узко
специализирована. Во время учебы здесь это предположение подтвердилось. У нас много
практических семинаров, тренингов. На втором курсе запланирован исследовательский проект
при сотрудничестве университета с фирмами или политическими организациями. Это очень
ценный опыт. Поступление было нелегким, оно состояло из двух этапов.
Первый – письменный – включал в себя подачу документов, в числе которых были
сертификаты о знании двух иностранных языков. Второй – собеседование. Всего, насколько я
знаю, подали документы около трехсот человек. Взяли лишь каждого пятнадцатого. Я очень
рада, что у меня получилось поступить. Я думаю, после окончания магистратуры мои шансы
найти работу будут очень хорошие. В идеальном случае я бы хотела работать в PR-агентстве,
занимающемся продвижением российских фирм на немецкий рынок.
Тимофей Таценко, 23 года
Бакалавр: Киевский национальный лингвистический университет. Специальность:
Немецкий и английский языки.
Магистратура:
Университет
Дуйсбурга-Эссена
(Universität
Duisburg-Essen).
Специальность: Литература и практика СМИ.
- Немецкое образование престижное. Я приехал сюда после трех курсов обучения в
университете дома. Я учился здесь два года и закончил параллельно бакалавриат на Украине.
После чего я поступил в магистратуру. Если сравнивать образование на Украине и в Германии,
то количество обязательных для посещения предметов в немецком вузе намного меньше. Сейчас
у меня в среднем восемь пар в неделю. Однако здесь большое внимание уделяется
самообразованию. На Украине заставляют делать очень много и в жесткие сроки. Здесь больше
свободы как в выборе предметов, так и со временем сдачи работ. Я думаю, что мое
четырехлетнее пребывание в Европе станет козырем при трудоустройстве дома. Ведь здесь ты
учишь не только язык, но и культуру и обычаи этой страны, менталитет ее жителей. Если позже
работать с немецкими коллегами, это очень пригодится.
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Анна Шмакова, 23 года
Бакалавр: Санкт-Петербургский госуниверситет сервиса и экономики. Специальность:
Маркетинг.
Магистратура: Высшая школа техники и экономики Берлина (Hochschule für Technik und
Wirtschaft). Специальность: Международный бизнес.
-Я поступила в магистрату в Германии, потому что хотела расширить знания по своей
специальности и получить больше практических навыков. Я давно интересуюсь немецкой
культурой и изучаю немецкий язык. В Германии образование совсем другое. Мне приходится ко
многому привыкать. Группа у нас очень интересная, интернациональная. Что касается учебы,
очень много практики, разных групповых проектов. В Санкт-Петербурге такого не было. Очень
хорошие преподаватели, которые увлечены своим предметом. Мы изучаем международную
экономику, международные финансовые рынки, международный бизнес. Еще у нас
организуются разные вечеринки, походы, экскурсии. Я пока точно не знаю, где я хочу работать
после учебы. Если у меня по окончании будет возможность поработать в какой-нибудь
международной компании в Германии, то я с удовольствием это сделаю. Но потом я бы хотела
вернуться в свою страну и продолжить построение карьеры там.
Artikel 10
Мост любви в Кельне: запри сердце на замочек
22.02.2010
Культура и стиль жизни
http://www.dw-world.de
Автор: Инга Ваннер
Символов любви на свете великое множество. Старые и новые традиции, невзирая на
перипетии истории, прекрасно уживаются здесь друг с другом. И возрождаются порою самым
неожиданным образом. В немецком городе Кельне, славящемся всякого рода сюрпризами,
буквально утыкана - или, правильней сказать, увешана - необычными символами любви
обрешетка железнодорожного моста Гогенцоллернбрюке (Hohenzollernbrücke) через Рейн. Это навесные замки: маленькие, побольше и даже чуть ли не "амбарных" размеров. На некоторых инициалы, на других - полные имена и даже посвящения: "Любовь - навеки", "Вместе и
навсегда…", "Да здравствует дружба!". Эти замочки вешают влюбленные, бросая затем ключи от
них в Рейн.
На своем веку (ему без малого сто лет) самый знаменитый железнодорожный мост
Германии повидал много всякого: по нему прошли за эти годы многие тысячи поездов,
перевозивших пассажиров и грузы во все концы Европы, не меньшее количество грузовых и
пассажирских судов, проплыли под ним по Рейну. Альпинисты облюбовали мост в качестве
своеобразной тренировочной площадки. Здесь проходят даже соревнования скалолазов. Городские
власти разрешили им пользоваться мостом лишь при одном условии: во время тренировок
альпинисты попутно выщипывают сорняки, растущие в стыках и швах металлической
конструкции моста.
Мост соединяет берега, города, страны - почему бы и не сердца? Знатоки символов и
традиций пока что уверены в одном: наши предки таких "замков любви" не знали. В старину
существовала некая традиция класть замок под порог дома новобрачных, а после того, как
молодую жену вводили (или вносили на руках) в дом, замок закрывать, и ключ выбрасывать
подальше.
Как бы там ни было, но в конце 20-го века традиция возродилась в новом виде. Замочки стали
вешать на старинных мостах сначала во Флоренции, а затем в Риме. Говорят, правда, что они
поначалу вовсе не были символами любви. Их стали оставлять "на вечную память" городу
солдаты в знак окончания воинской службы. Есть, однако, и другая версия. Согласно ей, эта
романтичная традиция зародилась в начале девяностых годов в связи с выходом в свет романа
Федерико Моччиa "Три метра над небом", а потом и фильма по нему. Там герои, поклявшись в
вечной любви друг к другу, укрепили навесной замок на фонарном столбе моста, а ключик
выбросили в воды Тибра.
Между прочим, в Риге существует похожая традиция. Здесь новобрачные, стоя на мосту,
дают обет любви друг другу, закрывают замочек, целуются и выбрасывают ключик в реку.
Затем мужчина переносит свою избранницу через весь мост на руках на противоположный
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берег. Наверное, поэтому, как говорят, молодожены в Риге предпочитают маленькие мостики.
Глядя на 400-метровый мост Гогенцоллернбрюке, ведущий к главному кельнскому вокзалу и
стоящему рядом знаменитому готическому собору, сомневаешься в целесообразности такого
ритуала в Кельне.
Тем не менее, на решетке, отделяющей железнодорожные пути от пешеходной дорожки,
красуются замки на любой вкус. Судя по надписям и "таинственным" знакам, здесь клянутся не
только в любви, но и в дружбе. Надпись "Дружба - все равно, что родина!" говорит сама за себя.
Некие "Хайнц и Роланд", "Аксель и Сэм" указали лишь дату памятного для них события. А вот
Пауль, похоже, загадал желание, которое обязательно сбудется!
Среди огромного количества больших и маленьких, круглых и квадратных замочков
отыскался и один с русскими инициалами "Г + Х". На другом - немецкие имена Лили и Франца,
которые, судя по всему, любят друг друга уже долго – с 1962 года. Они не единственные,
следующий замочек рассказывает нам историю любви (или дружбы?), "возраст" которой без
малого полвека: с 1959 года по 2009. Есть и "амбарные замки" внушительного размера.
Обладатели сего хранителя счастья, возможно, считали, что эффективность "талисмана"
напрямую зависит от его размеров...
Каждый замок - история любви, загаданных желаний, клятв, обещаний... Каких именно?
Вот это навсегда останется тайной, которую надежно хранит стремительный, могучий Рейн.
Artikel 11
Октоберфест – праздник немецкой души
17.09.2010
Культура и стиль жизни
http://www.dw-world.de
Авторы: Анастасия Сорвачева/Ефим Шуман
Независимо от возраста, происхождения и образования многие немцы находят и деньги, и
время, и повод, чтобы отправиться осенью на самый знаменитый в мире праздник пива мюнхенский Октоберфест.
200 лет справляет в 2010 году традиционный Октоберфест - знаменитый праздник пива в
Мюнхене. Это, конечно, не только море пива, но и жареные цыплята, колбаски, свиные рульки,
веселье, карусели, песни, танцы... Октоберфест - пожалуй, самое массовое народное гуляние в
мире.
День дружбы народов
Это поистине интернациональный праздник. Здесь можно встретить гостей из самых
разных стран. И очень многие надевают традиционный баварский наряд. Это женский дирндль кружевные юбки, передники, корсеты на шнуровке, блузки с рукавчиками-фонариками и
желательно с глубоким декольте - и мужские кожаные шорты на помочах с гетрами и тяжелыми
башмаками.
В огромных шатровых павильонах пиво подают в литровых кружках, которые
называются "масс" - "Maß". Пиво, которое специально варят к Октоберфесту, между прочим,
крепче обычного - около 7 градусов, так что пить его рекомендуется медленно. Пивную
кружку держат так: ручку зажимают между большим и указательным пальцами, а остальными
пальцами поддерживают кружку. Прямо скажем, это не особенно удобно, с непривычки может и
рука заболеть. Но если вы хотите выглядеть "профессионалом", придется потерпеть.
В этом году "масс" стоит в зависимости от павильона от 8 до почти 9 евро. Это очень
дорого, но, тем не менее, народу на празднике обычно бывает так много, что порой приходится
стоять в очереди, чтобы попасть в павильон: все места за длинными столами заняты. По
традиции, во многих павильонах Октоберфеста - своя, особая тусовка. Скажем, молодежь
предпочитает Schottenhamel, всевозможные знаменитости (от кинозвезд до министров) Käfer/Hippodrom. Это, конечно, не значит, что вход простым смертным в них закрыт, просто
придется чуть дольше подождать.
Ненавязчивая безопасность
Внутри под потолком развеваются баварские флаги и бело-голубые вымпелы, а нарядно
одетые официантки - крепкие немецкие фрау - разносят пиво. Крепкие - потому что других сюда
не берут: приходится разносить по шесть, а то и по двенадцать кружек пива сразу. Попробуйте
их удержать!
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Бросается в глаза то, что девушки чувствуют себя на празднике в Баварии свободно и
защищенно. Они танцуют с парнями, флиртуют, шутят. Однако грубые приставания на
празднике Октоберфест довольно редки. Любые инциденты мгновенно пресекаются
многочисленными охранниками. Причем присутствие последних замечаешь только в том
случае, если ситуация накаляется. А так... Обычно секьюрити, вместо того, чтобы пугать
людей свирепыми и унылыми физиономиями, улыбаются и даже кокетничают с девушками, не
забывая, впрочем, следить за тем, что творится вокруг.
Между прочим, штрафы за нарушение порядка на Октоберфест - весьма суровые. Так,
например, тем, кто, не дойдя до туалета, решит справить малую нужду за углом, придется
заплатить 35 евро.
Традиции - 200 лет
Октоберфест – это традиционный праздник. Началось все 12 октября 1810 года, когда
кронпринц Людвиг, будущий король Баварии, сочетался браком с принцессой Терезой
Саксонской. Торжества и скачки, на которые были приглашены все желающие, проходили у
ворот города на большом лугу, который с тех пор называется Терезиным лугом. Тогда на нем
веселились 50 тысяч гостей, сейчас за три недели Октоберфеста их бывает больше 6 миллионов!
Ну, а "луг Терезы" (Theresienwiese) находится сейчас чуть ли не в центре Мюнхена.
Каждый год в сентябре на нем вырастают огромные дворцы-пивные, а вокруг - всевозможные
ярмарочные аттракционы.
Особой популярностью пользуется "чертово колесо" (не путать с колесом обозрения).
Это большая вращающаяся платформа, слегка поднимающаяся к центру. Тем, кто окажется на
нем, очень трудно держать равновесие и не упасть.
Человек должен запрыгнуть на край платформы и попытаться, двигаясь в
противоположном движению колеса направлению, удержаться на вращающемся круге. Так как
колесо вращается все быстрее, человек тоже вынужден увеличивать скорость. Большинство
рано или поздно оказываются выброшенными с платформы. Удержаться удается, только если
проберешься к центру круга. Чтобы добиться этого, нельзя останавливаться ни на мгновение,
нужно постоянно бежать. Стоит ли говорить о том, что посещать подобные аттракционы лучше
до потребления пива.
Добро пожаловать на Октоберфест!
Artikel 12
Закон природы: меньше ешь - дольше живешь!
26.03.2010
Наука и техника
http://www.dw-world.de
Автор: Владимир Фрадкин
Продолжительность жизни любого организма, включая, естественно, и человека, в
значительной мере предопределена генетически. Однако насколько каждый из нас сможет
реализовать заложенный в нем потенциал, зависит, прежде всего, от того, какой образ жизни он
ведет. Известно, в частности, что те, кто мало ест, живут дольше, чем чревоугодники.
Треть пирамиды
Понятно, что на людях никто подобных экспериментов проводить не собирается, однако
уже очевидно, что эта закономерность имеет универсальный характер, - говорит Михаэль Хох
(Michael Hoch), профессор молекулярной биологии Боннского университета: "Потреблять
меньше калорий - не значит голодать. Конечно, питание должно быть сбалансированным и
разнообразным, но количественно есть нужно все же поменьше. И этим вы продлите себе
жизнь".
Правда, с генетическими аспектами этого эффекта исследователи пока разобрались не до
конца, - признает ученый: "Если генетический каскад, определяющий продолжительность
жизни, рассматривать в виде пирамиды, то мы смогли пока идентифицировать лишь ее верхнюю
треть. Эта треть составляет примерно 30 генов или что-то около того". Наибольший интерес для
профессора Хоха и его коллег представляет вопрос о механизмах, связывающих калорийность
питания с продолжительностью жизни. В поиске ответа на него бесценную помощь ученым
оказала дрозофила-мутант.
Ген Штеппке
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Фруктовая муха с дефектом так называемого гена Штеппке (Steppke) характеризуется
гораздо меньшими размерами, нежели насекомое с нормальным геном, но живет примерно на
треть дольше. Дело в том, что ген Штеппке кодирует белок цитогезин, играющий ключевую
роль в регуляции инсулинового обмена.
Судя по всему, этот ген настолько важен, что почти не претерпел изменений в процессе
эволюции и почти в идентичном виде имеется в геноме не только мух, но и млекопитающих,
включая человека. "У мух-дрозофил с мутацией в гене Штеппке имеет место изменение
углеводного обмена: он сильно замедлен", - говорит профессор Хох.
Собственно, ничего неожиданного в этом нет. Равно как и в карликовости мух-мутантов,
поскольку сигнальные последовательности, связанные с регуляцией инсулинового обмена,
определяют в период роста организма и количество его клеток.
"Обычно личинка дрозофилы за первые три дня жизни прибавляет в весе в 200 раз, поясняет профессор Хох, - но если у нее мутация в гене Штеппке, она растет значительно
медленнее и не достигает обычного размера". То есть этот эффект был предсказуем. А вот что
действительно удивило исследователей, так это обнаруженная ими зависимость между
углеводным обменом и иммунной системой.
Экономичные дефензины
"Если энергоснабжение организма снижается - а это неминуемо при снижении рациона
питания, - то происходит активизация иммунной системы в барьерных тканях, то есть в кожных
покровах, в легких, в желудочно-кишечном тракте, - говорит профессор Хох. - Это позволяет
организму более эффективно противостоять проникновению патогенных микробов".
В целом механизм выглядит так: скудный рацион питания вызывает снижение запасов
энергии в организме, что приводит к активизации гена FOXO - одного из важнейших
регуляторов генной активности, - и в результате организм начинает усиленное вырабатывать так
называемые дефензины - своего рода природные антибиотики.
Дело в том, что классический иммунный ответ на инфекцию, включающий весь арсенал Тклеток, В-клеток и антител, требует много энергии. Видимо, в трудные времена, испытывая
дефицит энергии, организм вынужденно меняет стратегию и делает ставку не на подавление
инфекции, а на недопущение ее. Так, может быть, люди и животные, питающиеся
малокалорийно, живут дольше именно потому, что у них реже бывают инфекции? И наоборот,
может быть, люди со значительным избыточным весом, не говоря уже про диабетиков, чаще
страдают инфекциями?
"Похоже, что это именно так, - говорит профессор Хох, - во всяком случае, так
утверждают мои коллеги-медики". Впрочем, пока это гипотезы. "Мы исследователи, это значит,
мы хотим все знать досконально, до мельчайших деталей. Так далеко мы еще не продвинулись,
но то, что нам уже удалось выяснить, позволяет более подробно изучить эти взаимосвязи. В том
числе и у человека".
Но это касается исследования причин эффекта. А сам эффект уже сегодня не вызывает ни
малейших сомнений: хочешь продлить себе жизнь - питайся менее калорийно и вообще ешь
поменьше!
Artikel 13
Октоберфест: правила поведения для новичков
05.10.2010
Культура и стиль жизни
http://www.dw-world.de
Автор: Наталия Королева
Нарядные шатры, музыка, песни, танцы, аттракционы и, конечно, море пива. Праздник
"Октоберфест" в Мюнхене каждый год собирает до 7 миллионов человек. Но далеко не все знают
о его этикете.
Осенний праздник Октоберфест (Oktoberfest) в Мюнхене, который продолжается более
двух недель, недаром называют самым большим народным гулянием в мире. Каждый год он
собирает до 7 миллионов человек, которые выпивают невероятное количество пива. Миллионы
гостей съедутся в баварскую столицу и на этот раз, несмотря на кризис и повышение цен.
По словам Тони Ройдерера (Toni Roiderer), хозяина одного из пивных шатров на "Лугу"
(Wiesn), как называют место, где проходит Октоберфест, хозяева пивных немало инвестировали
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в него, сделав все для того, чтобы и хорошая музыка звучала, и праздник в целом удался. И даже
то, что за все теперь надо больше платить (как, например, за пиво, которое подорожало и теперь
стоит до 8 евро 60 центов за литровую кружку), желающих посетить Октоберфест не остановит,
- уверен Тони.
На Октоберфест люди съезжаются не только из разных концов Германии, но и со всего
мира. При этом далеко не все знают о тонкостях этикета этого легендарного пивного праздника.
В любом случае, тот, кто думает, что для участия в нем достаточно глушить пиво, горланить
песни и плясать в стиле "два прихлопа, три притопа", глубоко ошибается. Октоберфест - дело
тонкое, у него свои правила хорошего тона.
Форма одежды
Женщине, отправляющейся на Октоберфест, непременно следует облачиться в
настоящее баварское национальное платье "дирндлкляйд" (Dirndlkleid) - но только
классического стиля, безо всяких там современных "прибамбасов". Наряд не обязательно
должен быть новым, это же не свадебное платье. "Дирндлкляйд" из комиссионки вполне сойдет.
Тем более что баварский наряд такого рода обычно стоит недешево - во всяком случае, не
меньше 40 евро.
Поверх юбки надевается передник. Бант на нем повязывается спереди. Но и тут есть свои
тонкости. Если бант красуется справа, это значит, что вы замужем или у вас есть постоянный
друг. Ну, что-то вроде: не трать время зря. Если же бант повязан с левой стороны, то это
равносильно сигналу: мол, я женщина свободная и против новых знакомств ничего не имею.
По-настоящему раскошеливаться на костюмы для Октоберфеста приходится, однако,
мужчинам. Дело в том, что их "дресс код" обязательно включает кожаные штаны, которые
должны не только сидеть, как влитые, но еще и скрипеть. В комиссионке такие найти трудно,
так что приходится покупать новые. Брюки должны быть на помочах и с кожаной поперечной
шлейкой. В хорошую погоду народ предпочитает короткие кожаные штаны и гетры, нынешней
дождливой осенью, наверняка, больше будет длинных. Важная составляющая - металлическая
цепочка, украшенная различными фигурками в виде охотничьих трофеев. На голове традиционная фетровая шляпа с кисточкой.
В какой шатер податься?
Пивных павильонов, похожих на гигантские брезентовые шатры, на празднике
Октоберфест около полутора десятков. "Ипподром" ("Hippodrom"), "Шотландский баран"
("Schottenhamel"), "Павильон стрелка" ("Schützen-Festzelt"), - какие только вывески не красуются
над входом! Многолетние гости Октоберфеста ориентируются в этом многообразии без труда и
хорошо знают, кому куда лучше податься..
Скажем, поклонники футбола обычно стремятся попасть в павильон под названием
"Käfer's Wiesn-Schänke" (что-то вроде "Луговой распивочной"): там собираются болельщики
знаменитого мюнхенского клуба "Бавария". Кроме того, здесь - как и в "Винной палатке"
("Weinzelt") - праздник заканчивается только в час ночи. Остальные ресторанчики закрываются
не позднее половины двенадцатого ночи.
Больше всего мужчин собирают павильоны "Bräurosl" и "Prosecco-Wiesn". Правда,
женщинам там будет скучновато: в этих шатрах проходят традиционные вечеринки для геев.
И еще: с посещением Октоберфеста лучше не задерживаться. Дело в том, что уже к
обеду все палатки переполнены, и вас могут туда просто не впустить.
Пиво пей, но головы не теряй
На празднике Октоберфест пиво подается исключительно в литровых кружках, чтобы
никто не вздумал ограничиться одним глотком. Пить тоже нужно по правилам. Пивную кружку
- или, как ее здесь называют, "масс" (Maß) - держат так: ручку зажимают между большим и
указательным пальцами, а остальными пальцами поддерживают кружку. Прямо скажем, это не
особенно удобно, с непривычки может и рука заболеть. Но если вы хотите выглядеть
профессионалом Октоберфеста, придется потерпеть.
Пиво, которое варят специально к Октоберфесту, - особого сорта. Оно темнее, но,
главное, - по меньшей мере, на один градус крепче обычного. Так что им лучше не увлекаться. К
тому же за обстановкой в павильонах бдительно следят стражи порядка. И того, кто потерял над
собой контроль и начинает буянить, тут же безжалостно выпроваживают за дверь.
"Чертово колесо" и прочие удовольствия
Праздник Октоберфест сопровождает огромное количество аттракционов - от самых
обычных до экстремальных. Особой популярностью пользуется "чертово колесо" (не путать с
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"колесом обозрения"). Это большая вращающаяся платформа, слегка поднимающаяся к центру.
Тем, кто окажется на нем, очень трудно держать равновесие и не упасть.
Человек должен запрыгнуть на край платформы и попытаться, двигаясь в
противоположном движению колеса направлению, удержаться на вращающемся круге. Так как
колесо вращается все быстрее, человек тоже вынужден увеличивать скорость. Большинство
рано или поздно оказываются выброшенными с платформы. Удержаться удается, только если
проберешься к центру круга. Чтобы добиться этого, нельзя останавливаться ни на мгновение,
нужно постоянно бежать. Стоит ли говорить о том, что посещать подобные аттракционы лучше
до потребления пива.
Новичок не должен забывать и вот о чем: какую бы песню ни пели за столом, где он
оказался, следует активно подпевать - или хотя бы сделать вид, что подпеваешь, открывая рот.
Иначе соседи решат, что вы их игнорируете.
А еще Октоберфест - это гигантская служба знакомств. Флиртовать можно сколько
угодно, это даже поощряется. Но только флиртовать. Грубые приставания к девушкам
исключаются. В противном случае от бравых баварских ребят пощады не жди.
Artikel 14
Инженеры Volkswagen научили машину самостоятельно парковаться
19.09.2010
Автомобиль
http://www.dw-world.de
Автор: Глеб Гаврик
Инженеры автоконцерна Volkswagen разработали систему электронного "валет-паркинга".
Машина сама ищет свободное место на стоянке и паркуется. По первому зову автомобиль
возвращается к владельцу.
В США так называемый Valet-Parking - весьма распространенный сервис. "Валет-паркинг"
- это когда при въезде на платную стоянку, на парковку отеля или ресторана водитель отдает
ключи кому-нибудь из обслуживающего персонала и таким образом экономит массу времени на
поиске свободного места для своей машины. Затем по первому требованию автомобиль подают к
выходу с парковки. Понятно, что такой сервис стоит дополнительных денег.
Исследовательский центр концерна Volkswagen под названием Electronik Research Lab,
расположенный в калифорнийской Силиконовой долине, совместно со специалистами
Стэнфордского университета разработал полностью автоматизированную систему, способную
самостоятельно - без участия человека - быстро найти свободное место для стоянки и запарковать
машину.
В настоящий момент проходят испытания нового устройства. Пока вся необходимая
электроника едва помещается в багажнике универсала Volkswagen Passat Variant, но когда все
дозреет до запуска в серию, аппаратура значительно уменьшится и подешевеет.
Экономия времени, денег и горючего
"Идея относительно проста: при въезде на стоянку обычно приходится тратить много
времени на поиск свободной парковки, - рассказывает руководитель Electroniс Research Lab
Буркхард Хунке (Burkhardt Hunke). - Наша система сделает это за вас и сэкономит ваше время.
Когда автомобиль потребуется снова, достаточно просто нажать на кнопку смартфона, и машина
сама возвращается на то место, где вы ее оставили".
Помимо времени новая система экономит и горючее, выбирая оптимальный путь к свободному
месту для парковки.
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Artikel 15
Что помнят наши мускулы?
16.09.2010
Наука и техника
http://www.dw-world.de
Автор: Владимир Фрадкин
То, что бывшие атлеты, возобновив тренировки даже после очень долгого перерыва,
быстрее обретают форму, чем люди, никогда спортом не занимавшиеся, известно давно. Теперь
ученые выяснили причину.
Этот эффект хорошо знаком всем медикам: бывшие спортсмены, даже если они забросили
тренировки много лет назад, гораздо быстрее обретает хорошую физическую форму после
возобновления занятий, нежели те, кто никогда раньше свою мускулатуру не тренировал, пусть
даже теперь он тренируется ровно столько же, сколько и бывший спортсмен. Но почему это так,
до сих пор было непонятно. Теперь норвежским исследователям удалось разгадать эту загадку.
Тренировки увеличивают количество ядер в клетках мышц
Структура мышечной ткани обладает рядом удивительных особенностей. Клетки мышц самые крупные в организме человека: они могут достигать нескольких сантиметров в длину.
Каждое мышечное волокно представляет собой большую многоядерную клетку. В процессе
тренировки образуются все новые ядра, их количество в клетке возрастает.
"Раньше считалось, что мышечная масса и эти дополнительно образованные клеточные
ядро снова деградируют, если атлет перестает тренироваться, - поясняет физиолог Кристиан
Гундерсен (Kristian Gundersen), профессор университета Осло. - Однако наши наблюдения на
живых клетках показали, что клеточные ядра сохраняются, даже если человек многие годы не
занимается спортом. Этим и объясняется тот факт, что бывшему атлету гораздо проще снова
нарастить мышечную массу даже после очень долгого перерыва в тренировках".
Мыши-атлеты и мыши-лежебоки
Свои эксперименты норвежские исследователи проводили на мышах. Ученые
разработали для лабораторных животных специальную программу тренировок на основе
электростимуляции мышц, и внимательно следили за изменениями в клеточной структуре
мышечной ткани. На шестой день тренировок количество ядер в клетках начало увеличиваться и
достигло максимума на одиннадцатый день, дальнейшие тренировки уже не вызывали
образования новых ядер. В клетках мышц тренированных мышей содержалось в среднем в
полтора раза больше ядер, чем в клетках мышц их сородичей-лежебок из контрольной группы.
Соответственно выросла и мышечная масса мышей-атлетов.
Прекращение тренировок повлекло за собой снижение мышечной массы подопытных
животных, но количество ядер в клетках мышц не уменьшилось - по крайней мере, в течение тех
трех месяцев, что велись наблюдения. "Мы исходим из того, что дополнительные ядра
выполняют функции своего рода памяти, - говорит профессор Гундерсен. - Они сохраняются в
клетках мышц и после прекращения тренировок, а при возобновлении занятий как бы
вспоминают о былых успехах и способствуют быстрейшему наращиванию мышечной массы".
Тренировать мускулатуру надо смолоду
Каковы биомолекулярные механизмы этой необычной памяти и как долго она
сохраняется, ученые пока не знают, но твердо намерены это выяснить. Пока же данные
исследований дают основания полагать, что единожды образовавшиеся ядра остаются в
организме пожизненно. "Это важно, прежде всего, для пожилых людей, поскольку с возрастом
способность образовывать новые ядра в клетках ослабевает, - говорит профессор Гундерсен. - А
отсюда следует, что тренировать мускулатуру нужно в молодости, это позволит если не
предотвратить, то хотя бы существенно замедлить возрастную дистрофию мышц. Как все мы
знаем, население неуклонно стареет, а значит, необходимо заранее уделять должное внимание
укреплению мускулатуры, чтобы избежать, например, переломов костей, которым особенно
часто подвержены пациенты, страдающие остеопорозом".
Кстати, открытие может повлечь за собой чрезвычайно неприятные последствия для
спортсменов, злоупотребляющих допингом. "Допинг на основе анаболических стероидов
способствует образованию новых ядер в клетках мышечной ткани, - поясняет профессор
Гундерсен. - Поскольку этот эффект, судя по всему, необратим (или, по крайней мере, держится
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долгие годы), то дисквалификация атлетов, уличенных в применении запрещенных препаратов,
должна быть, очевидно, пожизненной, а не ограничиваться годом-двумя".
Artikel 16
T-City: жизнь в городе будущего Фридрихсхафене
17.09.2010
Германия
http://www.dw-world.de
Авторы: Томас Вагнер / Оксана Евдокимова
В немецком городе Фридрихсахфене полным ходом идет проект T-City. Ее организатор
концерн Deutsche Telekom отрабатывает сценарии развития телекоммуникационного мира
будущего.
Немецкий Фридрихсхафен, расположенный на берегу живописного Боденского озера, на
целый год превратился в город будущего. Там проходят 44 пилотных проекта, объединенных под
общим названием T-City. Масштабный технологический эксперимент осуществляет
телекоммуникационный гигант Deutsche Telekom. При поддержке городских властей концерн
отрабатывает сценарии развития телекоммуникационного мира будущего. Один из проектов автоматизированные обследования пациентов на дому. Сотрудница проекта T-City Мелани Шмит
(Melanie Schmitt) рассказывает, как это происходит. "Виртуальный" обход больных с сердечной
недостаточностью начинается с того, что пациент становится на весы. Тут же измеряется и
давление. А после этого вся информация мгновенно поступает в базу данных компьютерной
системы
клиники
Фридрихсхафена",
говорит
Шмит.
"Интеллектуальное измерение" энергозатрат
Еще один пример - проект "Smart Metering", или "интеллектуальное измерение". Эта
программа "считывает" данные о количестве потребляемой жильцами электроэнергии, воды и газа
и направляет их городским коммунальным службам и владельцам домов.
"Я проанализировал объем потребляемой электроэнергии в нашем доме и понял, что
огромное количество энергии "съедает" сушилка для белья. Так что летом мы теперь сушим белье
на улице", - рассказывает один из участников "Smart Metering" Томас Айзенпрайс (Thomas
Aisenpreis).
Айзенпрайс, его жена и двое детей - "люди будущего", наряду с другими жителями
Фридрихсхафена участвующие в проекте "T-City". Их дома оснащены самой современной
техникой. Все компьютеры в доме соединены в сеть, к которой подключен и телевизор. В
комплект "базового оснащения" входит также сотовый телефон iРhone. Участникам проекта
предстоит узнать, как выглядит и как функционирует мир новейших технологий. Как можно
расширить функции iPhone? Как можно усовершенствовать домашний кинотеатр? На все эти
вопросы должны ответить жители "города будущего", говорит уполномоченный города
Фридрихсхафен в проекте T-City Штефан Зёхтиг (Stefan Söchtig).
Вместо квитанций - D-Mail
Среди участников проекта T-City - и жители Фридрихсхафена, и городское управление, и
частные компании. Уведомления о зарплате, к примеру, приходят сотрудникам по электронной
почте - в виде так называемых D-Mail. Этот способ пересылки куда быстрее и надежнее, чем
традиционный - по почте.
Образованный в рамках проекта T-City интернет-портал предоставляет молодым
родителям информацию о количестве свободных мест в детских садах города и принципах
комплектации групп. А пожилые люди и пенсионеры с помощью интернет-портала Smart Home
могут заказать на дом необходимые продукты и товары. Инициаторы проекта T-City намерены
также выяснить, какие коммуникационные технологии не имеют будущего. К примеру, было
решено свернуть проект по продаже электронных билетов на прогулочные теплоходы - один из
способов безналичных расчетов при помощи специальных мобильных телефонов. По словам
руководителя проекта T-City Фердинанда Темпеля (Ferdinand Tempel), в каждом мобильном
телефоне уже есть программа, позволяющая совершать покупки либо платить по счетам.
Smart grid - виртуальная электростанция будущего
Большие надежды разработчики T-City связывают с технологией Smart grid. Эта
"интеллектуальная сеть" позволяет оптимизировать энергозатраты. Например, в момент пика
потребления электроэнергии эта технология может автоматически подключать к системе
энергоснабжения дополнительные солнечные коллекторы.
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Планируется также свести в эту единую сеть аккумуляторы электромобилей, чтобы в
режиме ожидания, например во время стоянки транспорта на станциях подзаправки, лишняя
энергия не тратилась впустую, а накапливалась в этих аккумуляторах и ее можно было бы
"отозвать" в случае необходимости. Если такая задумка сработает, это станет настоящим
прорывом не только для Deutsche Telekom, уверен уполномоченный города Фридрихсхафен в
проекте T-City. "Этот проект мы называем виртуальной электростанцией. Он пока находится в
стадии разработки, но именно за этим - будущее Германии", - убежден Штефан Зёхтиг. По его
словам, Deutsche Telekom - не единственная компания, которая сейчас занимается
усовершенствованием технологии Smart grid, но именно ей удалось добиться в этой сфере
наибольшего успеха.
Artikel 17
Восточные немцы хранят русские традиции
17.09.2010
Германия
http://www.dw-world.de
Автор: Никита Жолквер
Нерушимая дружба с Советским Союзом была одной из догм официальной
государственной идеологии в ГДР. Многие восточные немцы, однако, дружили без всякого
принуждения и сохранили симпатии к России до сих пор.
До начала горбачевской перестройки ГДР была, пожалуй, самым верным вассалом
Советского Союза. "Курица не птица, ГДР - не заграница", - шутили тогда. Дружба с "большим
братом" была возведена в Восточной Германии в ранг официальной государственной идеологии. В
школах в обязательном порядке учили русский язык, историю КПСС и СССР, едва ли не у
каждого немецкого города был советский побратим, отмечались в ГДР и советские праздники.
Дружба не по принуждению
Тесными были экономические связи двух стран. Около трети внешнеторгового оборота
ГДР приходилось на Советский Союз. По словам председателя правления Российско-германской
внешнеторговой палаты Михаэля Хармса (Michael Harms), почти у каждого завода были
производственные или научные связи с советскими организациями и предприятиями, что
предполагало и личные контакты.
Кроме того, на территории Восточной Германии была дислоцирована мощная группа
сначала советских, а позднее российских войск, и жители ГДР имели порой весьма плотные
контакты с военнослужащими, прежде всего с офицерским составом.
Сплошь и рядом заключались смешанные браки. Как подчеркивает Михаэль Хармс, чаще
всего - между восточными немцами и россиянками. Сам он, кстати, тоже один из тех восточных
немцев, кто "пал жертвой" российского женского обаяния, а накопленные им еще в гэдээровские
времена знания русского языка и опыт межкультурного общения послужили хорошей площадкой
для карьерного старта уже в объединенной Германии. Да и в Москве сейчас он чувствует себя, как
рыба в воде.
"Восточные немцы, особенно те, которые получили среднее образование в ГДР, как
правило, знают русский язык, - объясняет собеседник Deutsche Welle. - Они лучше знают историю
Советского Союза и России и в целом с большей симпатией относятся к России".
Такую точку зрения разделяет и бывший гэдээровский дипломат Вольфганг Грабовски
(Wolfgang Grabowski). "Люди на востоке Германии сохранили доброе отношение к русским и попрежнему называют их друзьями, - рассказывает Грабовски. - Именно так было принято
именовать жителей СССР в Обществе германо-советской дружбы".
Надо отметить, что для граждан ГДР членство в этой организации было "добровольнопринудительным". Но разве можно дружить по указанию сверху? "Безусловно, не все 6,5
миллиона членов общества были искренними друзьями Советского Союза, - признает Грабовски. Вступать в эту организацию было принято, вступали коллективно, всей бригадой. Но не только".
Бывший дипломат рассказал об итогах опроса, который он много лет назад провел среди
13 тысяч молодых членов этого общества, причем опроса анонимного. 81 процент респондентов
заявили, что дружеские чувства по отношению к Советскому Союзу они испытывают совершенно
искренние, что это - их глубокое внутреннее убеждение.
По ту сторону политики
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Впрочем, и в Западной Германии всегда было немало людей, искренне симпатизирующих
России, прежде всего благодаря знакомству с русской культурой. "В первую очередь людей
привлекала и привлекает богатейшая российская культура - Достоевский, Толстой, великие
русские художники, в частности Кандинский, которого здесь считают непревзойденным", рассказал в интервью Deutsche Welle управляющий делами Германо-российского форума, выходец
из западной Германии Мартин Хоффман (Martin Hoffmann).
На востоке Германии большой популярностью пользовался ансамбль песни и пляски
имени Александрова. К тому же кое-какие обычаи и традиции, переданные "большими братьями"
"младшим", сохранились там по сей день. Например - ходить за грибами, вспоминает Вольфганг
Грабовски. А еще - гостеприимство.
"На востоке Германии, - говорит Грабовски, - прижилась и пришлась по душе такая форма
гостеприимства, с которой восточные немцы познакомились во время поездок в СССР или в
общении с советскими военнослужащими". Примечательно, добавил он, что такую традицию
хранят не только лично познавшие российское хлебосолье, но и их дети.
В конфликте с системой
Другое дело - те восточные немцы, которые были критично настроены к социализму,
находились в оппозиции к системе, существовавшей в ГДР. "Они, разумеется, понимали, что эта
система была привнесена в Германию Советским Союзом, - объясняет глава Российскогерманской внешнеторговой палаты Михаэль Хармс. - Поэтому они не любили Советский Союз, и
эта нелюбовь влияет и на отношение к сегодняшней России".
Возможно, именно этим объясняется более прохладное отношение к России сегодняшнего
канцлера ФРГ Ангелы Меркель (Angela Merkel), чем было у ее предшественника Герхарда
Шрёдера (Gerhard Schröder). Она - восточная немка, но из числа тех, кто был критически настроен
к режиму в ГДР.
Утеря контактов
После воссоединения Германии налаженные за многие десятилетия связи теперь уже
бывшей ГДР с агонирующим СССР стали быстро разрушаться, если не считать короткого
всплеска в тот переходный период, когда еще действовали переводные советские рубли. Потом в
восточногерманских землях началась повальная приватизация, и большинство предприятий,
имевших кооперационные связи с советскими заводами и фабриками, просто прекратили свое
существование из-за неконкурентоспособности.
Не у дел остались и многие восточные немцы, которые раньше занимались двусторонними
связями. "Даже высококлассных специалистов с блестящими знаниями русского языка не брали на
работу в крупные западногерманские фирмы, - вспоминает Вольфганг Грабовски. - Концерны
предпочитали брать на российское направление своих людей, знавших только английский".
Объяснить этот феномен собеседник Deutsche Welle не берется. "Возможно, сказывалось
пренебрежительное отношение к восточным немцам вообще, - предполагает он. - Есть, конечно,
люди, сделавшие карьеру, но они, скорее, исключение".
Смена поколений
Однако постепенно разрушенные связи восстановились, а люди, знающие русский язык и
российские реалии, снова оказались востребованы. В первую очередь это коснулось
восточногерманских специалистов, занимающихся научно-исследовательскими и опытноконструкторскими разработками, вспоминает управляющий делами Германо-российского
экономического альянса Виталий Шмельков.
По наблюдениям Шмелькова, выходцы из бывшего ГДР более подвижны, более
настойчивы, активно используют личные контакты, наработанные связи, а знание языка,
ментальности и общепринятых норм поведения в России позволяют им легче ориентироваться в
стране. Сегодня эти люди работают в московских представительствах многих немецких фирм.
Если, однако, посмотреть на молодое поколение, то здесь особых различий между
западными и восточными немцами собеседники Deutsche Welle не видят. "В западных
федеральных землях тоже есть очень много молодых менеджеров, студентов, которые
интересуются Россией, проводят здесь много времени, работают практикантами в немецких
фирмах", - говорит Хармс.
"По-моему, теперь и восточные, и западные немцы с равным удовольствием и в баню с
русскими сходят, и водки с ними выпьют", - добавляет Шмельков.
Эйфория прошла
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Но это на бытовом уровне. А вот общественно-политические настроения на востоке и на
западе Германии все-таки разные, отмечает глава Германо-российского форума Мартин Хоффман.
По его словам, на востоке страны люди в большей степени готовы принимать Россию такой, какая
она есть. А вот западные немцы весьма скептически относится к нынешней форме правления в
России, в особенности к стилю Владимира Путина. Хоффман объясняет такой настрой критичным
освещением событий в России местными СМИ.
"Эйфория, вызванная Горбачевым и его перестройкой, прошла, - констатирует Хоффман. Теперь на западе Германии преобладает сдержанное отношение к России".
Artikel 18
Ромео и Джульетта в стране "штази": телесериал о любви в ГДР
16.09.2010
Кино
http://www.dw-world.de
Автор: Анастасия Рахманова
"Вайсензее", – первый в истории немецкого телевидения сериал, детально показывающий
жизнь в ГДР. Но это не столько социальная драма или политический детектив, сколько история
любви. Фильм пользуется колоссальным успехом.
Он - полицейский. Она - "диссидентская дочь". Ее семья и его начальство мешают
влюбленным по всем канонам жанра "лав стори". Но ход событий, время и место очень необычны,
и в результате получился весьма впечатляющее, даже захватывающее киноповествование о жизни
в ГДР. Больше пяти миллионов телезрителей включают первый канал ARD, когда идет фильм
"Вайсензее" ("Weissensee").
Из жизни восточногерманской элиты
Певица Дуня Хаусман - звезда гэдээровского андерграунда, она балансирует на грани
запрета и дозволенности. Публика приветствует свою любимицу. В зале, впрочем, есть и агенты
"штази" – министерства госбезопасности. Первая сцена фильма. "Обращаюсь к функционерам: не
уверена, что вам понравится следующая песня!" – иронически объявляет певица со сцены. Нет,
она уверена. Уверена, что песня не понравится "музыковедам в штатском".
И вообще: если бы не Ханс Купфер, генерал-майор "штази" и тайный покровитель певицы,
в которую был влюблен в юности, то у главной героини фильма были бы куда более серьезные
проблемы. Тем более, что ее дочь Юлия собирается бежать на Запад.
"Юлечка! Но это же твоя родина! Если тебе что-то здесь не нравится – постарайся это
изменить! Нельзя же просто так свалить отсюда!" - увещевает Дуня дочь. Ничего не помогает. Но
незадолго до уже запланированного побега из "страны развитого социализма" Юлия знакомится с
парнем, в которого по-настоящему влюбляется. Ее "Ромео" зовут Мартин Купфер. Он полицейский, не член партии и даже не член FDJ – гэдээровского комсомола. Семья Мартина отец и брат - категорически против его романа: "Еще не хватало нам диссидентской дочки в
семье!"
"Античная трагедия на восточногерманском материале"
Так охарактеризовала свой сценарий Аннетте Хесс (Annette Hess). Некоторые
комментаторы употребляют менее уважительные определения типа "восточная мыльная опера",
отдавая, впрочем, должное динамичности фильма и тому, с какой точностью проработаны аспекты
тесных связей, существовавших между творческой элитой ГДР, властью и госбезопасностью.
Картина - вовсе не черно-белая. Это внимательный и исторически точный анализ по-своему
уникальной социальной конструкции.
Высоко оценивает работу сценариста и актриса Катрин Засс (Katrin Saß), исполнительница
роли Дуни Хаусман. "Меня просто потряс этот сценарий! – говорит актриса. - У меня было
ощущение, что я снова оказалась в том времени!"
Катрин Засс была в ГДР звездой сцены и экрана. Своевольной, далекой от конформизма,
но не диссиденткой. Власти относились к ней с недоверием. Когда пала Берлинская стена, Катрин
Засс оказалась невостребованной. Фильм "Гуд бай, Ленин", очень высоко отмеченный и немецкой,
и международной критики, впервые вернул из "небытия" эту великолепную актрису. Тема фильма
"Вайсензее" особенно близка ей. Ведь и ей пришлось держать в руках свое досье из архива
"штази". Досье, в котором были собраны доносы на нее, в том числе доносы близких ей людей.
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Среди стукачей госбезопасности оказалась даже ее самая близкая подруга. Катрин Засс
это по-настоящему потрясло. Журналистам одной из газет удалось разыскать эту подругу,
работавшую под кличкой "Казимир". Она живет в крошечной квартирке, получает социальное
пособие и мечтает встретиться с Катрин Засс, чтобы "объясниться" (так она выражается) и
попросить у Катрин прощения. "Без надобности", - говорит на это актриса.
Artikel 19
Реплика: Какие мужские профессии не возбуждают немецких женщин
17.09.2010
Культура и стиль жизни
http://www.dw-world.de
Автор: Дарья Брянцева
Статистическое ведомство предупреждает: стереотипные представления о "мужских"
и "женских" профессиях в Германии сохраняются. Маникюрша – обязательно женщина,
кровельщик – мужчина. Но ведь это так несовременно!
Женской толерантности в том, что касается мужских профессий и увлечений, казалось бы,
нет предела. Однако, как выясняется, есть несколько видов профессиональной деятельности, с
которыми немецкие женщины мириться не готовы. Сами профессии им не мешают, но жить с
мужчиной, который работает, например, флористом, моделью или парикмахером, немецкие
женщины не хотели бы.
Что же это получается? Несправедливость страшенная! Женщинам, значит, можно в
автомеханики и офицеры бундесвера, а мужчинам, выходит, в парикмахеры - ни-ни?!
Выходит, где-то глубоко в женском подсознании живет мысль о некоем "мужском мужчине",
которому следует заниматься неким "мужским трудом"? А дефилировать по подиуму или
танцевать бальные танцы – не занятие для настоящего мужика?! Но ведь это же стереотипно и
плоско! Разве может прогрессивно настроенная женщина всерьез так думать?
Федеральное статистическое ведомство утверждает, что стереотипные представления
относительно того, какие профессии считаются "мужскими", а какие "женскими", в Германии
сохраняются. Так, косметолог, маникюрша или парикмахерша до сих пор декларируются
профессиями "женскими", а электротехник, автомеханик и, например, кровельщик –
"мужскими". Если вы увидите в Германии женщину-кровельщицу, пожалуйста, сообщите!
Не те профессии
Как утверждает журнал Myself, в список "неприемлемых для совместной жизни"
мужских профессий входят следующие: парикмахер, профессиональный исполнитель бальных
танцев, тренер по фитнесу, инструктор по йоге, флорист, модель ("брюки превращаются,
превращаются брюки…"), специалист по уходу за ногами и ногтями (пардон, чужими), а также
диетолог (он же – пищевед).
Если верить тем женщинам, которых опрашивал журнал, профессиональный танцор
раздражает немецких женщин блестками на одежде, гладко выбритой грудью, не исчезающей с
лица улыбкой, обувью на каблуках (пусть и невысоких), а также загаром, полученным в
солярии. Все это может завлечь немецких дам разве что с экрана, а не в реальной жизни.
Специалист по уходу за ногами и ногтями, выясняется, хорош только тем, что от него,
скорее всего, будет вкусно пахнуть кремами. Но тот факт, что он по жизни кому-то что-то
отстригает и полирует чьи-то незнакомые пятки, явно не вписывается в представления немецкой
женщины об идеальном партнере/супруге.
А чем не угодил немкам тренер по фитнесу? Вроде бы все хорошо: подтянут, мышцами
играет, будто жонглирует, как правило, не пьет, не курит... Но женщина должна быть готова к
тому, что рано или поздно он потащит ее бегать трусцой, причем в воскресенье и в 7 часов утра,
и что за каждую калорию только что съеденной шоколадки ей придется детально отчитываться.
Вывод: лучше уж мужчина, что называется, с брюшком, зато жизнь спокойнее!
Йоги, цветочники и проч.
Инструктор по йоге тоже не в чести. Почему? Ведь это как раз тот человек, который,
если надо, научит находить внутренний баланс, успокоит и покажет свет в конце туннеля! И
потом, какой еще мужчина может так тянуть носочки в позе "летящий в облаках тигр"? Но
немецкой женщине, видимо, этого многовато. Рядом с таким мужчиной вечно будешь ощущать
себя несколько ущербной.
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А как насчет мужчины-флориста? Ведь это ж мечта каждой нормальной женщины:
цветы утром, днем и вечером, а его пальцы пахнут лепестками чего-то яркого и красивого… Но
нет! Немецким женщинам мужчина-цветочник не по вкусу: кому захочется изо дня в день
выслушивать рационализаторские предложения по поводу создания икебаны из диковинного
сорта хризантем?
Мужчина-модель тоже немецких женщин не устраивает: он же бесконечно катается по
свету в окружении длинноногих коллег-женщин! А что остается ей, рядовой и несчастной?
Правильно: смотреть на его фотопортрет, причем опять-таки – в окружении все тех же
длинноногих красоток. С диетологом – та же проблема, что и с тренером по фитнесу. Чипсы?
Нельзя! Мороженое? Боже упаси! Утренний кофе, стоя за гладильной доской? Ни в коем случае!
В общем, полная дискриминация и явные антимужские настроения! Почему ОН может
быть хорошим поваром или гинекологом, но не должен облагораживать чужие ступни или
отстригать чьи-то кудри? Почему ОН должен уметь вбить гвоздь, но не может быть
специалистом по румбе и фокстроту? Вот шведской принцессе ничто не помешало выйти замуж
за своего тренера по фитнесу! И если верить свадебным фото, она счастлива. И был бы он
флористом шведского двора, думается, она бы сделала тот же выбор, при этом по-королевски
заявив, что не в профессии счастье…
Artikel 20
Реплика: Какими видят русских женщин немецкие мужчины
20.01.2010
Культура и стиль жизни
http://www.dw-world.de
Автор: Ефим Шуман
Разрушить стереотипные представления немцев о русских женщинах обещает читателям
автор вышедшей в Германии книги "Русские женщины. Взгляд изнутри и снаружи". Удалось ли ей
это?
Если посмотреть немецкие публикации, то создается впечатление, что в России есть только
три типа женщин, пишет в своей книге Дарья Болль-Палиевская (Daria Boll-Palievskaya):
длинноногие красавицы, мечтающие выйти замуж за иностранца, бабушки в уродливых платках и
сорящие деньгами направо и налево жены новых богачей.
Дарья Болль-Палиевская, родившаяся и выросшая в Москве и живущая в Германии, не
жалея фактов, цитат и пера, решила объяснить болванам, верящим в эту чушь, что есть на самом
деле русская женщина. В ход идут результаты социологических опросов, исторические
примеры, цитаты из Пушкина, Достоевского, Удо Линденберга и русских народных сказок, а
также криминальная хроника.
В открытую дверь
Небольшая эта книжка содержит массу информационного материала, написана
увлекательно и местами очень остроумно. Только не слишком понятно, для чего. Потому что
автор явно стучится в открытую дверь. Представления о русских женщинах - в немецких ли
СМИ или "в народе" - давно уже не столь примитивны, как они сформулированы в предисловии
к книжке. Так что разоблачать вроде бы нечего. И поэтому странно выглядит, когда БолльПалиевская - так сказать, "в пику" - подробно рассказывает о том, как влиятельны женщины в
России, забывая, похоже, что ее страстный монолог обращен к жителям страны, в которой у
кормила власти стоит женщина - Ангела Меркель.
Иллюстрируя свой тезис об особой роли женщин именно в русской культуре, автор
обращается к русским сказкам: там женщина (Василиса Премудрая, Царевна-лягушка и так
далее) ведет за собой мужчину и спасает его, а не наоборот. А как же с датчанкой Гердой из
"Снежной королевы", немкой Гретель из сказки братьев Гримм и дочерью критского царя
Ариадной? Разве они - другие?
Конечно же, автор вспоминает затрепанное "Коня на скаку остановит, в горящую избу
войдет…" и декабристок, поехавших вслед за мужьями в сибирскую ссылку. Хотя я и сам
вполне разделяю законную гордость Некрасова и тех, кто его цитирует, но все же хвастаться
тут, согласитесь, нечем. В горящую избу должны входить не женщины, а пожарная команда,
вовремя подоспевшая на место происшествия.
Мужчина Слиска
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В пылу дискуссии автору "Русских женщин" (я имею ввиду не Некрасова, а Дарью БолльПалиевскую) порой явно изменяет чувство меры. Так, упомянув среди самых влиятельных
женщин России вице-спикера Государственной думы Любовь Слиску, она не упустила
возможности еще раз "пройтись" по немецким журналистам. Дескать, они настолько дремучестереотипны, что просто не могли себе представить, как это вице-спикером российского
парламента может быть избрана женщина, и поэтому "во всех сообщениях немецкой прессы"
Слиска "проходила" как мужчина.
Ну, насчет "всех" сообщений Дарья Болль-Палиевская, мягко говоря, преувеличивает. Я
заглянул в немецкий интернет и нашел там Слиску почти исключительно женского рода. И даже
если два корреспондента информационных агентств (а источников этой глупой ошибки было
действительно всего два) и не определили поначалу пол Слиски правильно, то виной тому,
конечно, не женоненавистнические или русофобские стереотипы, а языковой барьер. По
фамилии определить пол незнакомого этим немецким корреспондентам человека было в данном
случае невозможно, а все должности и посты Слиски - мужского рода. Вот и решили в спешке
журналисты, что депутат, вице-спикер Госдумы и заместитель председателя фракции "Единой
России" Слиска - мужчина.
На вкус, на цвет
Я остановился на этом столь подробно, чтобы проиллюстрировать, к каким сомнительным
логическим конструкциям приводит порой даже серьезного и интеллигентного автора (к
каковым Дарья Болль-Палиевская, несомненно, относится) идеологическая "зашоренность".
Желание "дать отпор", доказать, что "наши" лучше, посрамить презренных иноземцев, которые
в русском языке и в русской душе ни бум-бум, сослужило автору дурную службу. Дело даже не
в аргументах, а в том, что тут вообще пришлось что-то доказывать. О чем тут спорить? Русские
женщины - хорошие хозяйки? И так, и не так. Есть хорошие, есть плохие. Есть аккуратистки,
есть неряхи. Есть красавицы, а есть, говоря словами классика, "прелесть какие дурочки". Всякие
встречаются - как, впрочем, и среди немецких, английских, японских или конголезских женщин.
"Русские наступают!" - торжественно провозглашает автор книги, аргументируя этот
тезис, среди прочего, тем, что в 2008 году конкурс на звание "Мисс мира", а в 2002-м - "Мисс
Вселенная" выиграли русские девушки. Странный аргумент. А претендентки из Венесуэлы
завоевывают звание "Мисс Вселенная" два года подряд. Так что же? Надо поэтому
провозгласить первыми красавицами планеты венесуэлок?
"Красота русских женщин уже вошла в поговорку", - пишет Болль-Палиевская,
подсчитывая количество русских топ-моделей. Да кто же спорит! Как и красота французских,
итальянских, шведских, украинских, узбекских или эфиопских женщин... Кому какие больше
нравятся. Причем, не вообще, а конкретно. Мне лично больше всего нравится моя собственная
жена. Русская, между прочим.
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Literatur- und Quellenverzeichnis
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Tangram. Kursbuch. Deutsch als Fremdsprache . [Текст] / Tangram – Hueber, 2002. – 180 S.
67
Учебно-практическое издание
Юлия Юрьевна Пивоварова
Наталья Николаевна Гранкова
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Сдано в набор 15.08.2010. Подписано в печать 20.10.2010..
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