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Gliederung
1. Kurzprofil des Patienten……………………………………...S.4
2. Relevante Krankheitsbilder……………………………..……S.4
2.1 Krankheitsbilder…………............................................…..S.4
2.1.1
2.1.2
2.1.3
2.1.4
2.2
Feinmotorikstörung
Entwicklungsverzögerung / -retardierung
Soziale Deprivation
Ergotherapeutische Maßnahmen
Ergotherapeutische Maßnahmen…………….……..……S.11
3. Falldarstellung……………………………………………….S.12
3.1 Angaben zur Person der Patientin……………………….S.12
3.1.1
3.1.2
3.1.3
3.1.4
3.1.5
3.1.6
3.2
Anamnese………………………………………………..S.14
3.2.1
3.2.2
3.2.3
3.2.4
3.2.5
3.3
Persönliche Daten
Daten zur Aufnahme
Therapierelevante Diagnosen
Medikation
Besonderheiten
Bisheriger Therapieverlauf
Medizinische Anamnese, Krankheitsverlauf
Sozialanamnese
Arbeitsanamnese
Suchtanamnese
juristische Anamnese
Befunderhebung…………………………………………S.16
3.3.1
3.3.2
3.3.3
3.3.4
3.3.5
3.3.6
3.3.7
3.3.8
Ersteindruck
Grobmotorik
Feinmotorik / Koordination / Seitendominanz
Tonus
Sensibilität
ADL / Selbstständigkeit
Kognitive Leistungen
Sozio-emotionaler Bereich
4. Behandlungsplanung………………………………………...S.21
4.1 Zielsetzung………………………………………………S.21
4.1.1
4.1.2
Zusammenfassung der Stärken und Defizite
Zielvorstellungen des Patienten
2
4.1.3
4.1.4
4.2
Therapieplanung……………………………………...….S.22
4.2.1
4.2.2
4.2.3
4.3
begründete Therapiemethode
begründete Therapiemittel
begründete Sozialform
Bisheriger Therapieverlauf………………………………S.24
4.3.1
4.3.2
4.3.3
4.3.4
4.4
Rehabilitationsziel
Ergotherapeutische Zielsetzung
Erste Behandlungseinheit
Zweite Behandlungseinheit
Dritte Behandlungseinheit
Vierte Behandlungseinheit
Planung der exemplarischen Therapieeinheit………..….S.30
4.4.1
4.4.2
4.4.3
4.4.4
4.4.5
4.4.6
4.4.7
Zielsetzung
begründete Therapiemethode
begründete Therapiemittel
begründete Sozialform
Behandlungsdurchführung
Alternative Planung / Variationen
Arbeitsplatzbeschreibung
5. Anhang………………………………………………………..S.33
5.1 Quellen
5.2 Literaturverzeichnis
3
1. Kurzprofil der Patientin
Name:
X
Alter:
8,0 Jahre
Ärztliche Diagnose:
Feinmotorikstörung
Ergotherapeutischer Befund: Sensorische Integrationsstörung im propriozeptiven Bereich
Nebendiagnose:
Soziale Deprivation
2. Relevante Krankheitsbilder
2.1 Krankheitsbilder
2.1.1 Feinmotorikstörung
Definition: Feinmotorik ist gezielte und koordinierte Bewegung, die sich in der
Handgeschicklichkeit zeigt.
Zu den kompliziertesten Bewegungen, derer ein Mensch fähig ist, gehören die der Hände.
Zusammen mit dem Tastsinn bildet die Bewegungsfähigkeit der Hände und Finger die
motorische Grundlage allen Handelns. Das Handeln ist wiederum eine wesentliche
Voraussetzung zur Entwicklung der Intelligenz.
Die Entwicklung der Handgeschicklichkeit bzw. der Feinmotorik verläuft parallel zur
Gesamtentwicklung des Kindes, wobei die Phasen jedoch individuell etwas abweichen
können. Arbeiten alle Sinnessysteme (Sehen, Fühlen, Gleichgewicht etc.) gut zusammen,
kann das Kind z. B. folgende Entwicklungsschritte durchlaufen:
2. Monat
4. Monat:
12. Monat:
15. Monat
Halten einer Rassel ohne willkürliches Loslassen
Spiel mit beiden Händen (Hand-Hand-Koordination)
Benützen des Zangengriffs
Essen mit dem Löffel
Bei einer gestörten Sinneswahrnehmung dagegen zeigt sich eine eingeschränkte
Handlungsfähigkeit, die zunächst im Alltag und später in der Schule sichtbar wird.
Die Handgeschicklichkeit setzt sich aus verschiedenen Teilaspekten zusammen, z. B. der
Hand- und Fingerkraft, der Hand- und Fingergeschicklichkeit, der Zielgenauigkeit und aus
den exakten Einzelbewegungen eines Körperteils. Die Motivation zum eigenen Handeln ist
dafür eine wichtige Voraussetzung. Das Kind muss daher Erfahrungen mit seinem Körper und
allen Sinnessystemen machen, um seine Umwelt durch "Anfassen" begreifen zu können.
Bevor feinmotorische Übungen in die Therapie eingebaut werden können, muss als
Grundlage eine umfangreiche Bewegungserfahrung vorhanden sein. Es muss daher vorher
ausgeschlossen werden, dass das Kind Probleme in der Grobmotorik hat, wie z. B. eine zu
niedrige Muskelspannung oder eine auffällige Körperempfindung. Kinder mit einer
auffälligen Grobmotorik sind ungeschickt, können ihre Bewegungen der beabsichtigten
Tätigkeit nicht anpassen.
Die Grobmotorik steht also in einem direkten Zusammenhang mit der Entwicklung der
Feinmotorik. Die Verbesserung von feinmotorischen Schwierigkeiten und der Abbau der
ablehnenden Haltung, z. B. dem Malen gegenüber, erfolgt durch grob- und feinmotorische
Förderung.
Auch wenn eine feinmotorische Störung diagnostiziert wird, beginnt die Therapie aus diesem
Grund sehr häufig in einem anderen Bereich. Die Eltern sind dadurch oft verunsichert und
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fragen sich, ob die Therapie den Bedürfnissen des Kindes angemessen ist. Von großer
Wichtigkeit ist eine gute Koordination der Augen und Hände.
(http://www.kinderzentrum.de/ergotherapie_entwicklungsdefizite.htm)
2.1.2 Entwicklungsverzögerung (EVZ) / -retardierung
Definition: Entwicklungsverzögerungen = Retardierung/Retardation
Die kindliche Entwicklung verläuft in verschiedenen Stufen, die aufeinander aufbauen.
Abweichungen in der Reihenfolge der Entwicklungsschritte und zeitliche Verschiebungen,
sind in einem gewissen Rahmen normal.
Wichtig ist dabei, dass alle Entwicklungsstufen durchlaufen werden und das Kind ausreichend
Erfahrungen sammeln kann.
Jedes Kind braucht unterschiedlich viel Zeit, um die einzelnen Entwicklungsstufen zu
durchlaufen (Pauli / Kisch; „Was ist los mit meinem Kind?“; S. 9, 26).
Bei einer Entwicklungsverzögerung handelt es sich um ein unverhältnismäßig langes
Verweilen auf solch einer Entwicklungsstufe.
"Im engeren Sinne ist es die Verzögerung der körperlichen (z.B. Fein- und Grobmotorik) bzw.
intellektuellen Entwicklung (sog. Retardation / Reifungsverzögerung) im Vergleich zum
jeweiligen Lebensalter" (Pschyrembel S.1441).
Entwicklungsverzögerungen können jedoch durch gezielte Therapien wieder aufgeholt
werden.
Definition: Störungen der sensorischen Integration
"Das Gehirn ist nicht in der Lage, den Zustrom sensorischer Impulse in einer Weise zu
verarbeiten und zu ordnen, die dem betreffenden Individuum eine gute und genaue
Information über sich selbst und seine Umwelt ermöglicht. Wenn das Gehirn Sinneseindrücke
nicht richtig verarbeiten kann, ist es auch nicht in der Lage, sinnvolle Verhaltensweisen zu
bestimmen."
Die Folge ist, dass sich das betreffende Individuum "unzufrieden mit sich selbst" fühlt und
nicht "gut genug mit alltäglichen Anforderungen oder Stresssituationen fertig wird" (Jean
Ayres, „Bausteine der kindlichen Entwicklung“; S. 71)
Reagiert eine Person besonders stark oder nur sehr schwach auf einen Reiz, oder erfolgt die
Reaktion stark schwankend, handelt es sich um eine Modulationsstörung.
Die Sinnessysteme
Bei den Sinnessystemen unterscheidet man zwischen:
Nahsinne
und
Fernsinne
Die Nahsinne
Durch sie erfährt der Mensch sich selbst, seine Stellung im Raum und sein Empfinden durch
den direkten Kontakt des Körpers mit der Reizquelle. Hierzu gehören das taktile, das
vestibuläre und das propriozeptive System.
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Das taktile System (Tastsinn)
Das taktile System ist das ausgedehnteste Sinnesorgan unseres Körpers. Es umfasst den
Körper mit seiner gesamten Hautoberfläche.
Tastsinnesorgane unterhalb des Halses senden Reizimpulse an das Rückenmark. Von dort aus
ziehen sie in afferenten Bahnen zum Hirnstamm. Tastsinnesrezeptoren in der Haut am Kopf
senden durch Kopfnerven ihre Impulse direkt zum Hirnstamm. Von dort aus wird die
Tastinformation über das gesamte Gehirn gestreut. Die Kerne im Hirnstamm verarbeiten
taktile Reize, informieren über Berührungen an der Haut und differenzieren die
Wahrnehmung in kalt, heiß, schmerzhaft, spitz, etc.
Das taktile System ist das erste sensorische Sinnessystem, dass sich im Mutterleib entwickelt
und schon dort voll funktionsfähig ist.
(Schulunterlagen - Neumeier; Pauli/Kisch, „Was ist los mit meinem Kind“; S. 70)
Das taktile System wird unterteilt in ein protopatisches System und ein epikritisches System.
- Das protopatische System:
Dieses übernimmt eine Schutzfunktion. Berührungen können nicht eindeutig lokalisiert
werden. Sie werden eher allgemein / global wahrgenommen und lösen Schutzreaktionen wie
Flucht, Abwehr, Vermeidung oder Angriff aus.
- Das epikritische System:
Dieses System beurteilt, unterscheidet und differenziert taktile Reize. Es steht eng in
Verbindung mit dem propriozeptiven System. Das epikritische System erlaubt eine genaue
Vorstellung und Lokalisierung von Berührungen, von der Beschaffenheit von Oberflächen,
Formen und dem eigenen Körper, dem so genannten Körperschema.
Das vestibuläre System (Gleichgewichtssinn)
Das vestibuläre System ist das älteste und zugleich alle Sinne verbindende System. Das
Gleichgewichtsorgan befindet sich im Innenohr. Es gibt Auskunft über die Schwerkraft und
das Gleichgewicht unseres aufrechten Körpers im Raum. Das Empfinden der Schwerkraft ist
wichtig zur Steuerung von Bewegungen. Es trägt zur Erzeugung einer passenden
Muskelspannung bei, die den Körper reaktionsfähig macht.
Psychisch wirkt sich das Gleichgewichtssystem auf die Sicherheit und die Ausgeglichenheit
des Menschen aus. Um das Gleichgewicht halten zu können, müssen das visuelle, das
vestibuläre und das propriozeptive System zusammenarbeiten.
"Das vestibuläre System ist bereits im zweiten und dritten Schwangerschaftsmonat angelegt
und im sechsten Schwangerschaftsmonat ausgereift. Die meiste Zeit während der
Schwangerschaft stimuliert die Mutter durch Bewegungen das vestibuläre System des
Embryos. Die vestibulären Eindrücke werden überwiegend von den vestibulären Kernen und
im Kleinhirn verarbeitet. Durch mangelnde Stimulation im Mutterleib, aufgrund
ungenügender Bewegung der Mutter, kann es zu Entwicklungsstörungen beim Kind kommen"
(Pauli/Kisch; „Was ist los mit meinem Kind“; S. 71f).
Das propriozeptive/kinästhetische System (Tiefensensibilität)
Dieses System nimmt die Stellung und Bewegung des Körpers im Raum durch bestimmte
Rezeptoren in Muskeln, Sehnen und Gelenken wahr.
Die Informationen über Muskelspannung, Muskellänge und die Stellung bzw. die Bewegung
von Gelenken tragen zum so genannten Körperschema bei (=Summe aller auf den Körper
bezogenen Empfindungen und Erfahrungen).
Dieses System ermöglicht es dem Menschen sich geschickt zu bewegen.
Diese drei Sinnessysteme stehen in enger Verbindung miteinander und beeinflussen sich
gegenseitig. So hemmt das propriozeptive System die taktilen Empfindungen, das taktile
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System fördert die Propriozeption und durch das vestibuläre System können alle drei Bereiche
vereinigt werden.
Die Fernsinne
Zu den Fernsinnen gehören das auditive, das visuelle, das gustatorische und das olfaktorische
System. Diese Sinne vermitteln dem Menschen die Informationen aus der Umwelt, von einer
vom Körper entfernten Reizquelle, um sich in ihr orientieren zu können. Die Voraussetzung
für eine optimale Entwicklung der Fernsinne ist eine optimale Integration der Nahsinne.
Das auditive System (Hören)
Das Ohr ist das periphere Wahrnehmungsorgan. Akustische Schwingungen in der Luft reizen
die Hörzellen im Innenohr, welche Impulse zu den Hörzentren im Hirnstamm senden. So
können Tonhöhen sowie laute und leise Geräusche wahrgenommen werden. Geräusche genau
zu hören und zu unterscheiden ist Voraussetzung der Sprachentwicklung.
Das visuelle System (Sehen)
Die Netzhaut des Auges ist das Sinnesorgan für die Aufnahme von Informationen aus der
Umwelt. Das Auge ermöglicht es Helligkeit und Dunkelheit, Farben und Formen
wahrzunehmen.
Die visuelle Wahrnehmung kann in fünf Bereiche untergliedert werden.
- visumotorische Wahrnehmung
- Wahrnemungskonstanz
- Figur - Grundwahrnehmung
- Wahrnehmung der räumlichen Beziehungen
- Wahrnehmung der Raumlage
Das gustatorische System (Schmecken)
Die Sinneszellen für verschiedene Geschmackswahrnehmungen liegen in sogenannten
Geschmacksknospen im Bereich der Geschmackspapillen der Zunge. Die einzelnen
Geschmacksknospen sind über Nervenfasern versorgt und auch miteinander verbunden. Die
vier Geschmacksqualitäten süß, sauer, salzig und bitter werden in verschiedenen Regionen der
Zunge wahrgenommen.
Das olfaktorische System (Riechen)
Hier wird über die Riechschleimhaut der Geruch der Umwelt aufgenommen. Dieses
Sinnessystem vermittelt uns oft unbewusst noch vor allen anderen Sinnessystemen
Informationen über unsere Umwelt. Gerüche können aktivierend oder beruhigend wirken aber
auch die Konzentration beeinflussen. Der Geruchsinn löst die Speichel- und
Magensaftsekretion aus.
(Schulunterlagen - Neumeier; Pauli/Kisch, „Was ist los mit meinem Kind“)
Ätiologie und Pathogenese
Mögliche Ursachen für eine Störung der sensorischen Integration können sein:
 Sauerstoffmangel des Gehirns vor, während oder nach der Geburt, durch: .
Komplikationen während der Schwangerschaft, eine langeund komplizierte Geburt,
zum Beispiel eine Nabelschnurumschlingung des Halses, eine Zangengeburt oder
Krankheiten des Kindes wie Fieberkrämpfe oder Pseudokruppanfälle in den ersten
Lebensjahren.
 Frühgeburt
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










Das Gehirn des Kindes ist noch nicht vollständig ausgereift. Die Nachreifung
außerhalb des Mutterleibs ist durch unnatürliche und viel zu wenig Reizangebote
verändert. Somit ist die Entwicklung des Kindes verzögert.
Minimale Hirnblutungen, meist bei extrem zu früh geborenen Kindern, welche
Hirnfunktionsstörungen zur Folge haben.
Infektionskrankheiten der Mutter während der Schwangerschaft,
zum Beispiel kann durch eine Rötelinfektion unter anderem das Gehirn des Fötus
geschädigt werden.
Intoxikation durch Drogen-, Nikotin-, Medikamentenmissbrauch der Mutter während
der Schwangerschaft
Mangelnde Reizangebote während der Schwangerschaft und nach der Geburt
Umweltgifte in der Muttermilch, Lebensmitteln, Luft, Wasser und im häuslichen
Bereich, in Putzmitteln, Textilien, etc.
Hirnfunktionsschwäche
Mangelnde Eigenbewegung des Kindes
Psychische Belastung, Traumata oder seelische Belastung des Kindes
Gefühlsmäßige Ablehnung des Kindes während Schwangerschaft und nach der
Geburt.
Veranlagung für bestimmte Typen eines gering ausgebildeten Hirnschadens
Reizreduziertes Umfeld: Kinder, die wenig Kontakt mit anderen Menschen und
Dingen haben, die ein sehr reduziertes Leben führen, entwickeln keine
altersentsprechenden sensorischen, motorischen oder geistigen Funktionen. Diese
sensorische Mangelsituation bewirkt eine schlechte Entwicklung des Kindes.
(Pauli/Kisch; „Was ist los mit meinem Kind“; S.66f)
Vorkommen
"Genaue Angaben über die Häufigkeit von "Wahrnehmungsstörungen" bei Kindern zu
machen, ist nicht möglich. Vorübergehende Auffälligkeiten völlig unterschiedlicher Art sind
sehr häufig und nehmen an Häufigkeit in unserer Gesellschaft nach mehreren Studien zu.
Behandlungsbedürftige Störungen der Wahrnehmungsverarbeitung im weiteren Sinne, liegen
wahrscheinlich bei 15-20% aller Vorschulkinder vor"
(www.gsid.de; Gesellschaft für sensorische Integration - Jean Ayres, Deutschland und
International e.V)
Symptome
Allgemein ist eine Störung zu erkennen, indem der Betroffene mit einer Modulationsstörung
auf einen bestimmten Reiz reagiert, d.h. der Betroffene reagiert zu stark, zu schwach, oder ist
in seiner Reaktion schwankend auf den Reiz.
Auffälligkeiten bei Kindern mit Störungen der SI, zeigen sich meist in Form von
Überaktivität,
Ablenkbarkeit,
Verhaltensproblemen,
inadäquaten
Muskeltonus,
Koordinationsstörungen, Lernschwierigkeiten, Teenagerproblemen, Dyspraxie (Störung der
Handlungsplanung), Sprachentwicklungsverzögerungen und Über/Unterempfindlichkeit für
Bewegung, Berührung, Licht und Geräusche.
(J.Ayres; „Bausteine der kindlichen Entwicklung“; S.79)
Dies zeigt sich in den jeweiligen Sinnessystemen auf unterschiedliche Art und Weise, wobei
immer das
Prinzip von Überfunktion = Reizvermeidung und Unterfunktion = Reizsuche gilt.
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Beispiele einer SI - Störung in den verschiedenen Sinnesbereichen:
Vestibuläres System:
Überfunktion
 Kind wirkt ängstlich, faul, defensiv
 …wechselt ungern die Position
 …hält Abstand zu anderen Kindern
Taktiles System:
Überfunktion
 Kind lässt sich ungern anfassen
 …zieht sich ungern aus
 …mag kein Essen mit fester Struktur
Propriozeptives System:
Überfunktion
Unterfunktion
 Kind wirkt unruhig, wagemutig
 …wechselt ständig die Position
 …such nach schnellen Drehungen und
Beschleunigungen
Unterfunktion
 Kind such Kontakt zu allem
 …zieht sich gerne aus
 …mag kein Essen mit
Struktur
breiiger
Unterfunktion
 Kind zeigt mangelnde Kraftdosierung
 …ist hypoton
 …zeigt mangelndes
Schmerzempfinden
 …kann einen starken Bewegungsdrang
haben
 …ist Stellungsunsicher
Die Symptome sind die Endprodukte einer unzulänglichen und unregelmäßigen Verarbeitung
von Sinneseindrücken im Gehirn.
Verlauf und Prognose
Kinder sind unterschiedlich schnell in ihrer Entwicklung, aber sie machen ständig kleine
Fortschritte, indem sie sich ihre Sinnesnahrung selbst auswählen um sensomotorische
Lernerfahrungen machen zu können. Kinder denen diese Möglichkeit offen steht, denen
genügend Reizangebote für ihre Sinne zur Verfügung stehen um ihren Drang nach
Erfahrungen zu stillen, ist es möglich, dies selbständig zu bewältigen und somit eine gut
funktionierende sensorische Integration zu erreichen.
Kindern denen diese Sinnesnahrung nicht geboten wird, oder die aufgrund ihrer schlechten
sensorischen Integration nicht in der Lage sind, sich Sinnesnahrung zu verschaffen, muss
geholfen werden, damit eine gut funktionierende sensorische Integration wieder soweit wie
möglich hergestellt werden kann.
Bleibt dem Kind aber eine professionelle Therapie und das Verständnis der Eltern
vorenthalten, können "die Effekte der Störung im Laufe des Lebens des Kindes zunehmen,
auch wenn sich das Leiden nicht verschlimmert". Eine schlechte sensorische Integration kann
in. eine Aphasie, ferner in schwere Verhaltensstörungen und andere psychologische Probleme
einmünden.
"Es ist sehr gefährlich anzunehmen, dass ein Kind aus seinen Problemen herauswachsen wird.
Denn diese Einstellung verhindert, dass das Kind in dem Alter in dem es ihm nützen könnte,
fachliche Hilfe bekommt". (J.Ayres; „Bausteine der kindlichen Entwicklung“; S. 72ff.)
9
Therapieverfahren
 Ergotherapie (siehe Punkt 3.2. )
 Physiotherapie - Behandlung grob motorischer Auffälligkeiten wie Fehlstellungen
oder Haltungsschwäche z.B. durch Bobath, Voijta, Psychomotorik
 Motopädie - ergänzend zu einer medizinisch orientierten Therapie erfolgt eine
Therapie zur Förderung der Wahrnehmung und der physiologischen Bewegung .
Logopädie - zuständig für Sprachheilerziehung-, Atem-, Sprech- und Stimmtherapie.
 Orthoptik - zuständig für die Verhütung, Diagnose und Behandlung von
Sehschwächen, Schielerkrankungen und Augenzittern
 Psychomotorik - basiert auf einem ganzheitlichen Ansatz. Der Körper wird dabei
über alle Sinnessysteme wahrgenommen. Bei dieser Form der Gruppentherapie
wird auch Sozialverhalten geschult.
 Kinderpsychologie - zuständig für den psycho-sozialen Bereich unter
Miteinbeziehung von Eltern / Bezugspersonen
(Pauli/ Kisch; „Was ist los mit meinem Kind“; S.96-101)
Diagnoseverfahren
Zurzeit bestehen keine Möglichkeiten, eine Störung im Gehirn nachzuweisen. Eine
Beeinträchtigung der Verarbeitung sinnlicher Wahrnehmungen ist nicht als Krankheit im
medizinischen Sinne aufzufassen. Chemisches Ungleichgewicht, virale Infektionen oder
Abweichungen der Zusammensetzung des Blutes, sowie Organerkrankungen kann man im
Labor nachweisen.
Das Problem der sensorischen Integration dagegen kann nicht leicht abgegrenzt werden. Wir
können das Kind nur beobachten, und zwar sowohl in seinen normalen Bewegungen als auch
während eines Tests zur Diagnostik der sensorischen Integration und danach versuchen eine
Gehirnfunktion zu beurteilen." (J.Ayres: „Bausteine der kindlichen Entwicklung“; S. 10)
Die mögliche Diagnostik ist die Grundlage um zielgerichtet ergotherapeutisch handeln zu
können. Hierbei steht der Patient, das Kind, als Individuum im Vordergrund, mit all seinen
Stärken und Schwächen in den verschiedenen Lebensbereichen.
Die Diagnostik findet meist interdisziplinär statt.
Die medizinische Diagnose (aus verschiedenen medizinischen Bereichen z.B.
Allgemeinmedizin, HNO, Augenarzt, ...) ermöglicht eine erste Einordnung des
Krankheitsgeschehens und bietet einen gewissen Orientierungsrahmen für den
Ergotherapeuten. Weiterhin sind verschiedene psychologische Tests möglich, bei denen je
nach Art des Tests, Kriterien wie z.B. Kontaktaufnahme, Arbeitshaltung, Sprache, Kognition
geprüft und beurteilt werden.
Durch die Zusammenarbeit, z.B. mit Logopäden und Krankengymnasten lassen sich weitere
Beobachtungskriterien finden und erweitern.
Weiterhin gibt es eine große Anzahl an ergotherapeutischen Testmaterial, wie z.B.
 Gezielte Beobachtungen
 Frostig - Entwicklungstest zur visuellen Wahrnehmung (FEW)
 Southern California Sensory Integration Tests (SCSIT)
 Developmental Test of Visual Perception, Second Edition (DTVP 2)
 Münchner Entwicklungsdiagnostik
mit denen der Ergotherapeut gezielt bestimmte Bereiche abtesten kann. Bei Kindern mit
stärkeren Defiziten oder z.B. anderer Muttersprache können auch nonverbale Tests
angewendet werden.
Bevor der Egotherapeut jedoch bestimmte Tests einsetzt, sollte er das Kind zuerst in einer für
das Kind angenehmen Spielsituation beobachten. Hier können folgende Kriterien eingeschätzt
und beurteilt werden:
10







aktives Spielverhalten
Sozialverhalten
Selbständigkeit
Grobmotorik (Tonus, Gelenkbeweglichkeit, Gleichgewichtsreaktionen, Reflexe)
Feinmotorik ( Greifen, Fingerbeweglichkeit, Stifthaltung, Kraftdosierung)
Sprache (Aktive Sprache, Sprachverständnis)
Perzeption / Sensorik (Taktile Wahrnehmung, Vestibuläre Wahrnehmung,
Propriozeptive Wahrnehmung, Auditive Wahrnehmung, Visuelle Wahrnehmung)
 Körperbewusstein, Körperschema
Es ist wichtig, dass der Ergotherapeut immer wieder diese Kriterien während der Behandlung
auf Veränderungen hin überprüft, dies zur Kenntnis nimmt und dementsprechend handelt, d.h.
seine Ziele und seine Therapie danach gestaltet.
2.1.3 Soziale Deprivation
Kinder und Jugendliche erhalten die Erziehung und Ausbildung nicht, die sie benötigen. Das
soziale Umfeld bietet zu wenig Anregungen zum Lernen (soziale Deprivation) und lässt die
Kinder und Jugendlichen sozial isoliert aufwachsen.
2.2 Ergotherapeutische Maßnahmen
"Ergotherapie basiert auf der Grundlage der normalen Kindesentwicklung und baut auf einem
ganzheitlichen Ansatz auf. Das heißt es geht nicht nur um eine mechanische
Wiederherstellung von körperlichen, geistigen und psychischen Funktionen, sondern das Kind
soll eine im Alltag für sich größtmögliche Selbstständigkeit und Unabhängigkeit erlangen".
(Pauli/Kisch; „Was ist los mit meinem Kind“; S. 96)
Sensorische Integrationstherapie
Hier soll das Kind durch das spielerische Angebot vestibulärer, propriozeptiver und taktiler
Reize lernen, die Reize adäquat aufzunehmen, zusammenzustellen und zu deuten. Es soll
lernen die aufgenommenen Informationen zu sinnvollen Wahrnehmungen zusammen
zufassen und somit sinnvoll zu handeln.
Hierbei stehen die Motivation, die Interessen und die Ressourcen des Kindes im Vordergrund.
Das Kind hat so die Möglichkeit sich nach seinen Interessen die Reize zu suchen, die es
braucht.
Der Therapeut hat hier die Aufgabe das Reizangebot individuell an das Kind anzupassen und
die Reize richtig zu dosieren.
Die Zusammenarbeit mit Eltern und anderen Berufssparten (interdisziplinäre
Zusammenarbeit) ist hier unabdingbar, um eine gute Behandlung leisten zu können, da auch
die Eltern die Möglichkeit haben fördernd auf ihr Kind einzuwirken und es zu unterstützen.
Zu den Therapiemitteln gehören zum Beispiel:
 Matten und Kissen
 Seilbahn
 Bohnenbäder
 Hängematte
 SI - Schaukel
 Sandsäckchen unterschiedlichen Gewichts
11

Trampolin
Ein Teil der ergotherapeutischen Behandlung findet nach den Prinzipien der sensorischen
Integrationstherapie von Jean Ayres statt. Jean Ayres geht davon aus, dass sich die bereits
oben genannten Basissinnessysteme gegenseitig beeinflussen und somit, ein Bereich, in dem
Schwächen vorhanden sind mit einem anderen Bereich behandelt werden kann. Da die
Defizite von S. aber nicht nur in diesem Bereich liegen, muss auch auf andere Art und Weise,
individuell auf die Bedürfnisse des Kindes eingegangen werden z.B. durch Correctiv
Feedback und emphatisches Verhalten.
Führen nach Affolter
Diese Therapieform wird beim Training von Bewegungsabläufen und von Alltagshandlungen
eingesetzt und hat sich im Bereich der Pädiatrie bei der Therapie von räumlich-konstruktiven
Störungen, Störungen der serialen Leistung und Dyspraxien bewährt.
Sie befasst sich mit der Entwicklung von Begreifen, Wissen, Denken und Handeln. Die
Umwelt wird wahrgenommen, interpretiert und dementsprechend auf sie eingewirkt. Bei
dieser Therapieform übernimmt der Therapeut die aktive Bewegung des Körpers bzw. der
Extremitäten für den Patienten. Die passive Bewegung des Patienten vermindert
pathologische Muster und erleichtert dem Patienten die Konzentration auf die Handlung.
3. Falldarstellung
3.1 Angaben zur Person der Patientin
3.1.1 Persönliche Daten
Name:
X
Alter:
8,0 Jahre
Geschlecht:
männlich
Staatsangehörigkeit: deutsch
Beruf:
Schüler der SVE-Vorschulklasse
3.1.2 Daten zur Aufnahme
Aufnahmezeitpunkt in der Einrichtung - Vorschulklasse: September 2004
Voraussichtliche Entlassung zum Schuljahresbeginn 2005/2006
3.1.3 Therapierelevante Diagnosen
Ärztliche Diagnose:
Feinmotorikstörung
Ergotherapeutischer Befund: Sensorische Integrationsstörung im propriozeptiven Bereich
Nebendiagnose:
soziale Deprivation
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3.1.4 Medikation
keine
3.1.5 Besonderheiten
keine
3.1.6 Bisheriger Therapieverlauf
Bevor X die SVE Vorschulklasse besuchte hatte er keinerlei Therapien.
Ergotherapeutische Behandlung seit September 2004 einmal wöchentlich 45 Min..
Im Rahmen der Ergotherapie findet ebenfalls einmal wöchentlich eine Werkgruppe statt, an
der sich X seit Anfang des Schuljahres beteiligt.
Zu Beginn der ergotherapeutischen Behandlung im September 2004 war X sehr fahrig und
hochgradig ablenkbar. Er blieb nur sehr kurz bei einer Tätigkeit und lenkte sich auch häufig
selbst ab, z.B. durch Drücken von Lichtschaltern etc.
Anfänglich beschränkten sich die von ihm gewählten Spiele auf Tätigkeiten mit niedrigem
motorischem Anteil, wie z.B. Kugelbahn und Pertrakasten. Deutlich wurde gerade am Anfang
auch seine taktile Unterempfindlichkeit, da er viel „matschen“ wollte und sich freiwillig anbot
nach dem Werkunterricht aufzuräumen, was immer in „matschen“ mit Klebstoff resultierte.
Erst ab November 2004 wagte sich X zunehmend mehr an motorische Tätigkeiten heran
obwohl diese für ihn keine unlösbaren Hürden darstellen.
X hatte schon immer ein hohes Bedürfnis nach direkter menschlicher Zuwendung, was
sicherlich auf die schwierigen familiären Verhältnisse zurück zu führen ist. Aus diesem Grund
stand in seiner bisherigen Behandlung auch klar die Bedürfnisbefriedigung mit im
Fordergrund.
Erst seit kurzer Zeit wagt sich X an schwere Grobmotorische Aufgaben, wie z.B. Matten
schleppen und Klettern heran wo er jedoch noch teilweise ungeschickt wirkt. Seine
Aufmerksamkeit und Ausdauer haben sich nur leicht verbessert.
Logopädische Behandlung seit September 2004 einmal wöchentlich 45 Min.
Im Gespräch berichtete mir die Logopädin von X, das er ein sehr lernwilliger und netter Junge
ist. Ihrer Meinung nach liegt bei X eine verzögerte Entwicklung der Sprache sowie eine
Dyslalie vor, hauptsächlich bezogen auf die Laute „dr“ und „s“.
Sie arbeitet mit ihm durch Kommunikationstherapie und ganzheitliche Rahmentherapie.
Beim Laut „dr“ (z.B. in Andrea) konnte Sie bereits gute Fortschritte erzielen, wohingegen Sie
nicht glaubt, bis Schuljahresende den Laut „s“ vollständig zu Verbessern.
X nimmt seit September 2004 an der Psychomotorikgruppe, einmal wöchentlich 45 Min teil.
In der Psychomotorikgruppe soll den Kindern die Körpererfahrung , die Materialerfahrung,
die Raumerfahrung, Zeitorientierung und vor allem Sozialerfahrung mit anderen
Gruppenmitgliedern ermöglicht werden. Die Gruppendynamik und die soziale Komponente
stehen hierbei im Vordergrund.
Die Physiotherapeutin berichtete mir im Gespräch das sich X zwar in die Gruppe einfügen,
sich jedoch ständig profilieren muss. Konkret bedeutet das, dass man immer auf ihn warten
muss und er sich dadurch immer in die Mittelpunkt stellt. Er sucht den Kontakt zum
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Therapeuten, sowohl durch diese negativen aber auch durch positive Ereignisse. Regeln kann
er akzeptieren, durchschaut diese aber und nutzt dies für sich aus um sich wiederum zu
profilieren.
3.2 Anamnese
Die folgenden Anamnesedaten stammen aus der Hausakte von X (u.a. psychologische u.
ärztliche Gutachten) und aus Gesprächen mit der Erzieherin, der Ergotherapeutin, der
Pysiotherapeutin und mit X selbst.
Ein Gespräch mit der Mutter oder dem Vater war leider nicht möglich. (War auch
Therapeuten und Erziehern nach mehrmaligen schriftlichen Einladungen nicht möglich)
3.2.1 Medizinische Anamnese, Krankheitsverlauf
Laut Akte verliefen Schwangerschaft und Geburt normal. X kam verfrüht in der 36
Schwangerschaftswoche zur Welt. Er war 48cm groß und wog 2850g, der APGAR Wert
betrug 6/8 Punkte.
Als Säugling wurde X nicht gestillt, sondern mit der Flasche ernährt. Er war ein „Schreikind“,
das im Säuglingsalter viel erbrochen hat.
Das Sitzen und Krabbeln erfolgte erst spät. Zu Laufen begann X erst mit 24 Monaten, bewegt
sich aber seit dem sehr gerne und relativ sicher. Kontinent wurde X im Alter von 3,6 Jahren.
Wann X seine ersten Zähne bekam ist der Akte nicht zu entnehmen, wohl aber, dass er Mitte
2004 seine ersten Milchzähne verlor. Er spricht Buchstaben nicht immer richtig aus, ist aber
schon immer sehr kommunikativ.
1998 im Alter von 1 Jahr befand sich X wegen einem Sturz aus dem Kinderwagen für eine
Woche in stationärer Behandlung. Der Verdacht auf ein Schädelhirntrauma konnte sich nicht
erhärten.
Ende Dezember 2004 befand sich X für eine Woche in stationärer Behandlung, nachdem er
von einem anderen Kind stark in die Hoden gezwickt wurde. Genauere Umstände zur
Behandlung sind nicht bekannt.
X ist gegen alle „gängigen“ Krankheiten und gegen Tollwut geimpft. Er hatte bereits die
Masern und Windpocken. Allergien sind nicht bekannt.
Die Vorsorgeuntersuchungen sind nur lückenhaft erfolgt. Es fehlen U7 und U8.
Bei den Vorsorgeuntersuchungen wurden folgende Auffälligkeiten festgestellt:
 U1 – APGAR 6/8 ; 36 SSW ; 2850g ; 48cm
 U5 – Umdrehen Bauchlage/Rückenlage nicht möglich
 U6 – Koordiniertes Krabbeln nicht möglich ; Hochziehen zum Stehen nicht möglich
 U9 – Arztwechsel ; Minderwuchs ; mot. Ungeschicktheit
Laut Gesundheitsbogen hat er keine weiteren schweren Erkrankungen.
Augen- und Ohrenärztliche Untersuchungen im Rahmen der Schuluntersuchung verliefen
ohne Befund.
14
3.2.2 Soziale Anamnese
X wurde unehelich in einer süddeutschen Großstadt geboren, in der er bis heute lebt. Er lebt
derzeit mit seiner Mutter, dem Stiefvater und seinen 5 Geschwistern in einer 4
Zimmerwohnung. Dort bewohnt er ein Zimmer zusammen mit seinem älteren Bruder. Vom
leiblichen Vater Xs trennte sich die Mutter bereits während der Schwangerschaft und ist seit
1999 mit ihrem jetzigen Mann verheiratet. Zum leiblichen Vater soll X keinen Kontakt haben,
da die Gefahr besteht von ihm entführt zu werden.
Die Mutter hat zwar das alleinige Sorgerecht, die Erziehung wird jedoch von Mutter und
Stiefvater gemeinsam ausgeübt. Dabei versuchen sie laut Familienbogen der Akte den
Mittelweg zwischen streng und locker zu gehen.
Die Mutter ist ohne Beruf und arbeitslos, hat in der Vergangenheit eine Lehre als Friseuse
begonnen, diese jedoch vorzeitig abgebrochen. Der Stiefvater arbeitete als Gärtner und
mittlerweile auch arbeitslos. Ihren Lebensunterhalt bestreitet die Familie mit Arbeitslosen-,
Erziehungs- und Kindergeld. Weitere soziale Unterstürzungssysteme nimmt die Familie nicht
in Anspruch.
X ist das 2te der insgesamt 5 Kinder der Mutter. Er hat einen älteren Bruder und drei jüngere
Schwestern von denen die mittlere am Downsyndrom leidet. Mit seinen Schwestern kommt er
meist gut klar, gab dies aber nicht von selbst zu. Von der Ergotherapeutin erfuhr ich, das X
sehr liebevoll mit seiner Schwester die ebenfalls in der Einrichtung eine SVE-Gruppe besucht
umgeht. Mit dem Bruder gibt es des öfteren Reibereien, nach denen sie sich jedoch immer
wieder vertragen. Mit dem Stiefvater versteht sich X laut eigenen Angaben sehr gut.
Die Familie hat zwei Haustiere (Kaninchen & Meerschweinchen).
Laut Akte knüpft X leicht neue Kontakte, jedoch fällt es ihm schwer sich von diesen wieder
zu lösen. Gelegentlich unternimmt die Familie Freizeitaktivitäten mit Freunden und
Bekannten.
Bedingt durch die familiäre Situation (Anzahl der Kinder u. Downsyndrom der Schwester)
haben die Eltern nicht immer genügend Zeit für X, weshalb er einen grossteil seiner Freizeit
vor dem Fernseher oder allein auf dem Spielplatz verbringt. Dort trifft er sich häufig mit
seinem besten Freund zum gemeinsamen Spiel.
Generell ist noch hinzuzufügen, das gerade die Angaben von X persönlich teilweise variieren
und vermutlich nicht immer der vollen Wahrheit entsprechen (z.B. Haustiernamen)
3.2.3 Arbeitsanamnese
Von 2001 bis 2003 besuchte X einen städtischen Kindergarten. Diesen besuchte er erst
halbtags und später ganztags.
Seit September 2004 besucht er mit 7 weiteren Kindern die Vorschulgruppe der SVE.
Auggrund eines psychologischen Gutachtens wurde er um 1 Jahr vom Schuleintritt
zurückgestellt.
3.2.4 Suchtanamnese
entfällt
15
3.2.5 Juristische Anamnese
Die Mutter hat das alleinige Sorgerecht.
3.3 Befunderhebung
Die Daten der Befunderhebung ergeben sich weitestgehend aus Beobachtungen während der
beschriebenen Therapieeinheiten, aus gezielten Beobachtungen von Frau Beck,
Beobachtungen während der Psychomotorikgruppe und aus Beobachtungen des normalen
Gruppenalltags der Vorschulklasse (z.B. Schwimmen und Morgenstuhlkreis).
3.3.1 Ersteindruck
X ist ein sehr freundliches, kontakt- und redefreudiges Kind. Räumlich, örtlich, situativ und
zur Person ist er voll orientiert. Er nahm sofort Kontakt zu mir auf, hat schnell Vertrauen
gefasst und wirkte keinesfalls schüchtern. Er stellt gerne Körperkontakt her, indem er sich auf
den Schoß setzt oder bei Ausflügen die Hand hält. Er hat einen freundlichen Gesichtsausdruck
und kann mit seinem Gegenüber solange es seine kurze Aufmerksamkeitsspanne zulässt
direkten Augenkontakt halten. X trägt seinem Alter und der Jahreszeit / Temperatur
entsprechende Kleidung. Seine mittelbraunen Haare trägt er zu einem sommerlichen
Kurzhaarschnitt. Er ist ca. 1,10 groß und wiegt ca. 20 kg. Somit ist er für sein Alter sehr zart
und klein und wirkt körperlich allenfalls wie ein 6 jähriger.
Seine allgemeine Körperhaltung ist schlaff. Im Stehen überstreckt er oft die Kniegelenke um
die Haltung zu bewahren, die Arme hängen schlaff herunter und schlenkern beim normalen
Gehen kraftlos neben dem Körper.
3.3.2 Grobmotorik
Allgemein macht X trotz seines niedrigen Grundtonus mittlerweile einen sehr
bewegungsfreudigen Eindruck. Er scheut keine sportlichen bzw. körperlichen Betätigungen
obwohl diese für ihn teilweise sehr anstrengend sind, er schnell außer Atem kommt und
Pausen benötigt. Dementsprechend hoch ist sein Interesse an Sport und auch an der
Psychomotorikgruppe.
Nach Beobachtung sind alle Gelenke von X frei beweglich. Hand- Ellenbogen- und
Kniegelenke sind situationsbedingt deutlich überstreckbar.
Wie bereits erwähnt überstreckt X im Stand seine Kniegelenke um Haltung zu bewahren und
um Tonus aufzubauen. Beim ruhigen Sitzen sackt er schnell in sich zusammen, macht einen
Rundrücken und überstreckt die Halswirbelsäule um möglichst wenig Kraft aufwenden zu
müssen. Er kompensiert dies durch auffallende motorische Unruhe (hin- und herrutschen,
wieder aufstehen).
Sein Gangbild ist geprägt vom Pes abductus / Knickfuß. Dabei sind seine Fußspitzen beim
Gehen eindeutig nach außen gerichtet. Wie bereits beschrieben schlenkern beim normalen /
langsamen Gehen seine Arme kraftlos neben dem Körper her.
Beim schnelleren Gang bzw. beim Rennen spannt er seine Arme an, adduziert im Ellenbogen
und ballt die Faust um sich damit Tonus zu geben. Hierbei fällt sein Pes abductus deutlicher
16
auf als beim langsamen Gang. Seine Geschwindigkeit beim Rennen ähnelt eher einem flotten
Gang.
Es ist ihm möglich auf der SI-Schaukel bzw. einem großen Gymnastikball seinen Kopf zu
halten und ihn adäquat im Raum einzustellen. Im Liegen bereitet es ihm Probleme den Kopf
gegen die Schwerkraft anzuheben, wenn kein ausreichender Grundtonus vorherrscht. Ist
dieser aufgebaut ist es im durchaus möglich den Kopf kurzzeitig zu halten.
Die motorische Planung ist eingeschränkt. Zwar klettert er zügig die Sprossenwand nach
oben, jedoch bereitet es ihm Schwierigkeiten selbige rückwärts wieder zu verlassen. Klettern
an der Kletterwand verweigert er gänzlich.
Beim Rollerfahren fällt auf, dass X sehr wenige rollertypische Gleitphasen ausübt sondern
sich durch kontinuierliches Anschieben mit dem rechten Fuß am Boden nicht nur anschiebt
sondern auch Abstützt. Hat er während der Therapie starke propriozeptive Reize erfahren ist
ihm das Gleiten besser möglich. Sein Anschieben ist dabei wenig kraftvoll.
Die folgenden Beobachtungsergebnisse übernehme ich aus den bereits durchgeführten
gezielten Beobachtungen von Frau Beck (01.02.05) die immer noch Gültigkeit haben und
ergänze sie teilweise mit zusätzlichen eigenen Beobachtungen:













Einbeinstand:
rechts: 2 Sek. frei gehalten, dann Bein hinter das Standbein eingeklemmt
links: 4 Sek. frei gestanden
Kokontraktion der Arme:
Beim ersten Versuch hat sich der Körper mitbewegt. Beim zweiten Versuch Körper
und Arme gut fest gemacht.
Bestätigt sich während der Therapie auch beim Rollbrettfahren
Kokontraktion des Kopfes:
X konnte seinen Kopf gut festmachen.
Langsame Bewegung der Arme zu den Schultern:
Ergab keine runde Bewegung, die Bewegung wirkte sehr eckig
Finger-Nase-Versuch:
Konnte mit beiden Zeigefingern die Nasenspitze nicht berühren.
Keine assoziativen Mitbewegungen.
Schilder Armstrecktest:
X konnte die Arme über längere Zeit gut halten.
Rotation im Stand:
Hat anfangs die Anweisungen nicht verstanden. Nach vorzeigender Hilfestellung war
es ihm möglich die Übung korrekt auszuführen.
Sprungbereitschaft:
Gute Abstützreaktion nach Stoß.
Gleichgewichtsreaktion:
Die Abstützreaktion ist schnell vorhanden. Überkreuzung der Mittellinie ist möglich.
Kopf stellt sich adäquat in der Raumlage ein.
Beugestellung in Rückenlage:
X hat die verbale Anweisung verstanden und gut umgesetzt.
Aufstehen aus Rückenlage:
X hatte beim ersten Versuch keinen motorischen Plan, beim zweiten konnte er den
Körper wegen des schwachen Tonus nicht aufrichten.
Steckstellung in der Bauchlage:
Er schafft es Kopf und Arme anzuheben, Hüfte bleibt aber am Boden.
Daumen-Finger-Opposition:
17
Dies ist ihm unter Anstrengung vorwärts sowie rückwärts beidhändig gut möglich.
 Diadochokinese:
Erfolgte rechts gut, links bewegte er den Ellenbogen mit. Bei der beidhändigen
Ausführung hat er sich gut stabilisiert.
 Stereognosie
Er hat links wie rechts alle Gegenstände richtig erkannt.
 Vierfüßlerstand
Den Vierfüßlerstand konnte er gut einnehmen und beibehalten. ATNR und STNR sind
integriert.
3.3.3 Feinmotorik / Koordination / Seitendominanz
Den Akten nach war die Feinmotorik für X anfänglich ein großes Problem. Durch das breite
Angebot an feinmotorischen Übungsmöglichkeiten, vor allem in der Gruppe hat sich X hier
grundlegend verbessert.
Die Stifthaltung breitet X in jüngster Zeit weniger Probleme. Er hält den Stift im
Dreipunktgriff nicht mehr in dem Maße verkrampft wie noch vor einigen Wochen. Deutlich
wird seine sich verbessernde Graphomotorik durch das zunehmende freiwillige Ausfüllen von
Arbeitsblättern im Rahmen des Vorschulunterrichts, dennoch fällt es ihm schwer beim malen
Begrenzungen immer einzuhalten, was wohl auf seine fehlende Aufmerksamkeit
zurückzuführen ist. Er verfügt über eine gute Hand-Hand sowie Hand-Auge Koordination.
Ihm zugeworfene Säckchen fängt er frei aus der Luft, d.h. ohne Hilfe des Oberkörpers.
Ausschneiden mit der Schere bereitet ihm keine Probleme. Kleine Gegenstände hebt er sicher
mittels Pinzettengriff auf.
Gut und selbstständig geht X mittlerweile beim Essen vor. Er verwenden Messer und Gabel
im kindlichen Rahmen, die Gabel umfasst er nur noch selten im Faustgriff.
Das An- und Auskleiden, auch von Schuhen bereitet ihm keine Probleme.
Die Lateralität liegt rechts.
3.3.4 Tonus
X’s Körpertonus ist schwach, d.h. hypoton in aktiver sowie passiver Bewegung.
Dennoch ist X sehr bewegungsfreudig und scheut keine körperlichen Tätigkeiten, auch wenn
er bei diesen schnell ermüdet.
Bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten, fällt auf das X sich anfänglich sehr langsam,
vorsichtig und unsicher bewegt, aber sich mit zunehmender propriozeptiver Reizung
wesentlich verbessert. Mit andauernder körperlicher Arbeit werden seine Bewegungen
aufgrund schwindender Kraft zunehmend ungenauer und schlaffer. So kann er sich
Beispielsweise nach längerem Spiel an der Seilbahn nicht mehr bis zum Ende halten und lässt
sich frühzeitig fallen.
Meist sucht sich X bei der freien Wahl der Tätigkeit selbst eine tonussteigernde Tätigkeit aus.
Bei aktiver Bewegung ist es ihm jedoch situationsbedingt und abhängig von der Motivation
möglich seinen Tonus zu regulieren. So gelingt ihm sogar vor der Therapieeinheit und der
damit verbundenen propriozeptiven Reizung sich mit dem Roller überhaupt fort zu bewegen
ohne zu stürzen.
Im sitzen fällt auf das X, wie bereits erwähnt schnell in sich zusammen sackt und dies mittels
aufstützen und motorischer Unruhe kompensiert.
Die posturale Kontrolle ist vorhanden.
18
3.3.5 Sensibilität
Im vestibulären Bereich zeigt X. keine besonderen Auffälligkeiten.
Zwar schaukelt er gerne und vollführt auch gelegentlich schnelle Drehungen, jedoch nicht in
auffälliger Häufigkeit und Intensität. Er kann gut seine Grenzen spüren, bremst sich dann
selbst bzw. bittet darum bevor ihm schwindelig wird.
Im propriozeptiven Bereich hat X eine Unterempfindlichkeit.
In den Therapieeinheiten such er sich gerne Aktivitäten aus die ihm starke propriozeptive
Reize verschaffen. Die überstreckbaren Gelenke, das niedrige Schmerzempfinden, sowie die
Stellungsunsicherheit sind deutliche Zeichen für diese Unterempfindlichkeit. Gebessert hat
sich wie bereits erwähnt die Kraftdosierung beim führen eines Stifts.
Beim belegen mit Sandsäcken zeigte X jedoch ein gutes Körperschema, er konnte die
belegten Körperteile ohne Sichtkontrolle benennen.
Im taktilen Bereich ist X. nicht auffällig, tendiert aber leicht in Richtung
Unterempfindlichkeit. Er sucht häufig den direkten Körperkontakt, ist damit nicht abweisend
gegenüber Berührungen. Im vorigen Therapieverlauf und in der Gruppe suchte er sich häufig
taktil stimulierende Tätigkeiten wie Kirschkernbad, Sand oder Rasierschaum aus, ist jedoch
mittlerweile nicht mehr darauf fixiert. Seine Schmerzschwelle ist eher hoch. Im Gegenzug
dazu ist es ihm aber gut möglich einen Berührungsort und auch eine Berührungsoberfläche
(z.B. warm/kalt; rau/glatt) zu differenzieren.
Im olfaktorischen Bereich sind keine Auffälligkeiten bekannt.
Im visuellen Bereich liegt aus medizinischer Sicht kein Befund vor. X kann Farben und
Formen benennen, auch die Präpositionen stellen für ihn kein Problem dar. (vor, hinter, über,
unter) Wahrnehmungskonstanz, Wahrnehmung der Raumlage,
Wahrnehmung von
räumlichen Beziehungen, Visuomotorik und Figur-Grundwahrnehmung wurden zwar nicht
gezielt getestet (DTVP2) jedoch stellten sich im Spiel keine gravierenden Probleme in den
genannten Bereichen heraus.
Im auditiven Bereich weist X keine Probleme auf. Er kann Geräusche erkennen und diese
ihren Quellen zuordnen. Er kann sowohl laut als auch leise erkennen und einfache Rhythmen
wiedergeben. Sein Wortschatz und damit verbunden seine Umgangsformen werden in der
logopädischen Behandlung trainiert.
3.3.6 ADL / Selbstständigkeit
Bedingt durch seine schwierige familiäre Situation ist X sehr selbstständig. Die Erzieherin
nannte ihn bezogen auf diesen Bereich, vorbildlich. Er zieht sich selbstständig alleine An- und
Aus. Er isst selbstständig, geht eigenständig auf die Toilette und putzt seine Zähne.
Innerhalb der Einrichtung kennt sich X gut aus und kann kleiner Aufgaben und Botengänge
erledigen. Beim Tisch aufdecken hat er den Überblick und weiß genau was noch fehlt.
Hin und wieder klaut X kleiner Dinge, dies aber nicht aus bösem Willen sondern rein aus dem
Affekt heraus und ohne Schuldbewusstsein.
In der Therapie ist es ihm möglich eigene Ideen zu verwirklichen, seine gute
Handlungsplanung ist ihm bewusst.
19
Seine hohe Selbstständigkeit gerät aber von Zeit zu Zeit in einen Konflikt mit seiner
mangelnden Aufmerksamkeit.
3.3.7 Kognitive Leistungen
Das Aufgabenverständnis von X ist gut. An ihn verbal gerichtete Anweisungen versteht er
und handelt daraufhin adäquat. Er verfügt über ein rasches Auffassungsvermögen. Der
Umgang mit Mengen im pränumerischen Bereich und logisches Denken gelingen ihm
mühelos. Zählen bis 20 und einfache Rechenaufgaben bereiten ihm Freude. Seinen Namen
kann der Junge abschreiben, aber nicht selbst schreiben.
Er beginnt sich Farb- und Zahlenbegriffe merken. Seine Merkfähigkeit ist jedoch stark von
seinem Interessen und auch seiner Aufmerksamkeit abhängig. Die Aufmerksamkeit ist jedoch
sehr gering und er läst sich sehr leicht von seiner aktuellen Tätigkeit ablenken. Nach
Verbesserung seiner Aufmerksamkeit und Ausdauer macht es ihm Spaß sich mit
entsprechenden Lernspielen auseinander zusetzten. Seine Aufmerksamkeit wirkt im
generellen gesteigert wenn er zuvor stark propriozeptiv stimuliert wurde.
Es ist ihm möglich Phoneme differenziert aufzunehmen und deren Stellung im Wort zu
bestimmen. War es ihm anfangs des Schuljahres nicht möglich angefangene Aufgaben zu
beenden ist ihm dies mittlerweile gut möglich.
Seine Handlungsplanung ist gut, so kam er beispielsweise sofort auf die Idee eine Leiter
anstatt einem Stuhl zu holen um die Hängematte an der Decke aufzuhängen. Größere
Tätigkeiten sind ihm nur mit leichter Hilfestellung möglich. (z.B. ganzer Parcours)
Sind ihm Tätigkeiten unmöglich oder erscheinen ihm zu schwer fragt er nach Hilfe und
geniest dieser Zuwendung sichtlich.
Die Abstraktionsfähigkeit ist gut.
3.3.8 Sozio – emotionaler Bereich
X ist sehr aufgeschlossen und kontaktfreudig. In der Gruppe nahm er schnell Kontakt mit mir
auf und zeigte keine Schüchternheit. Er ist gut in das Gruppengeschehen integriert und äußert
dort eigene Wünsche adäquat. X steht gerne im Mittelpunkt, da ihm so die Aufmerksamkeit
zugute kommt die er sich wünscht. Folglich braucht X ein hohes Maß persönlicher
Zuneigung.
Er ist sehr hilfsbereit, was sich vor allem im Verhalten gegenüber seiner kleinen Schwester
wiederspiegelt, die eine andere SVE Gruppe besucht. Seit ca. 4 Wochen ist es ihm möglich
aktiv an Rollenspielen innerhalb der Gruppe teilzunehmen. Er kann sich aber auch allein
beschäftigen, z.B. mit Bilderbüchern die er sich aus eigenem Antrieb holt.
Mir gegenüber war er von Anfang an sofort sehr kontaktfreudig und offen, fast distanzlos. Er
ist leicht für eine Aufgage zu begeistern, hat aber häufig nicht die benötigte
Aufmerksamkeitsspanne / Ausdauer. Er bringt eigene Ideen ein und ist meistens zu
Kompromissen bereit. Das Einhalten von Regeln ist ihm möglich, jedoch steht es teils im
Konflikt mit seiner Persönlichkeit und er vergisst Regeln und Absprachen einfach wieder.
Frustartionstolleranz ist gegeben. Verliert X in einem Spiel beschwert er sich zwar oft
lautstark jedoch nur für einen kurzen Moment. Gelingt ihm etwas nicht sofort probiert er es
noch einige male, bevor er sich abwendet.
20
4. Behandlungsplanung
4.1 Zielsetzung
4.1.1 Zusammenfassung der Stärken und Defizite
Stärken:
 freundlich & kontaktfreudig
 hohe Selbstständigkeit
 gutes Aufgabenverständnis, schnelle









Auffassungsgabe
hilfsbereit
neugierig
offen für neue Ideen
gibt sich selbst benötigte Reize
geniest propriozeptive Stimulierung
kompensiert hypotone Haltung
wesentliche Verbesserung von
Aufmerksamkeit nach prop.
Stimulierung
gute Handlungsplanung
äußert eigene Bedürfnisse
Defizite:








hypoton
propriozeptive Unterempfindlichkeit
kurze Aufmerksamkeitsspanne
hohe Ablenkbarkeit
vergisst Regeln
benötigt visuelle Kontrolle
sehr zuwendungsbedürftig
kleiner, zierlicher Körperbau
4.1.2 Zielvorstellung der Patientin
X möchte nach eigenen Angaben „einfach nur Spaß haben“.
4.1.3 Rehabilitationsziel
X soll durch die intensive Förderung zum Übertritt in eine Diagnose Förderklasse befähigt
werden. Dort soll er sich in seinem neuen sozialen Umfeld zurechtfinden, sich nach seinen
Möglichkeiten integrieren und ein glückliches, zufriedenes Kind sein.
4.1.4 Ergotherapeutische Zielsetzung
Grobziele:
a.) Regulation des propriozeptiven System
 um seinen Körper besser wahrzunehmen
 um seine Feinmotorik weiter zu verbessern
 um seinen Tonus zu steigern und eine bessere Haltungskontrolle auszubilden
damit er in der Schule Aufmerksam sein kann und im
Sportunterricht gut mit den anderen mithalten kann
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b.) Verlängerung der Aufmerksamkeitsspanne / Verminderung der Ablenkbarkeit
 um sich nicht so leicht von unwesentlichen Ereignissen ablenken zu lassen
 um eine angefangene Tätigkeit beenden zu können
damit er in der Schule dem Unterrichtsstoff folgen kann
c.) Verbesserung des Selbstwertgefühls
 um sicher in seiner Umwelt agieren zu können
 damit er sich wahrgenommen fühlt und sich seiner Stärken bewusst wird
damit er sich in der Schule neuen Anforderungen stellt und ihnen
gewachsen ist
d.) Stärkung der Körpermuskulatur
 um seine körperliche Ausdauer zu erhöhen
 um sein Selbstwertgefühl zu steigern
damit er seine Fähigkeiten kennen lernt und sie einzusetzen vermag
Feinziele:
Zu a.) -X soll einen adäquaten Tonus aufbauen um Bewegungen sicherer ausführen zu
können / um Haltungskontrolle zu verbessern
-X soll durch Druck und Zug an den Gelenken seinen Körper besser wahrnehmen
Zu b.) -X soll sich nicht von Unwesentlichem Ablenken lassen
-X soll 15 Minuten bei einer Tätigkeit bleiben
-X soll aufmerksam eine Tätigkeit ausführen
Zu c.) -X soll sich wertgeschätzt fühlen
-X soll seine Stärken einsetzten und dadurch positive Bestätigung erfahren
Zu d.) -X soll seine Kraft einsetzten, z.B. beim Aufbauen
-X soll auf der SI-Schaukel/in der Hängematte seine Nackenmuskulatur stärken
4.2 Therapieplanung
4.2.1 begründete Therapiemethode
Die Behandlung wird von den Vorstellungen der Sensorischen Integrationstherapie nach J.
Ayres geleitet.
Diese unterscheidet drei Basissinnessysteme: -taktiles System
-propriozeptives System
-verstibuläres System
Diese Basissinnessysteme stehen in enger Verbindung miteinander und beeinflussen sich
gegenseitig. Bei der Therapie werden zwei Systeme miteinander verbunden. (z.B.
Hängematte: vestibulär und propriozeptiv) Somit wird nicht nur im problematischen Bereich
therapiert und das Kind erfährt nicht stetig seine eigenen Schwächen. Es erhält so die
Möglichkeit durch spielerische, meist selbst gewählte Tätigkeiten seine Problematik zu
„üben“. Bei einer gewünschten Tätigkeit ist sein Gehirn auch meist in der Lage, die Gefühle,
die mit dieser Tätigkeit verbunden sind, sinnvoll aufzunehmen und einzubauen / zu
integrieren. Der Therapeut kann natürlich Vorschläge anbieten und das Geschehen behutsam
indirekt lenken. Die Therapie soll ihm helfen, beim „Erlernen jeder Geschicklichkeit oder
22
Verstandesleistung oder jedes situationsgerechten Benehmens, welches es in seinem Leben
braucht, fähiger zu werden“.
(J. Ayres; „Bausteine der Kindlichen Entwicklung“; S.196)
4.2.2 begründete Therapiemittel
Die folgenden Therapiemittel sprechen die eben erwähnten drei Basissinnessysteme an. Dabei
variieren sie in ihrer Intensität und überschneiden sich teilweise in der Wirkungsweise.
„Am intensivsten kommt eine Integration von Sinneseindrücken zustande, wenn das Kind von
sich aus einen bestimmten Reiz wünscht…(in Form eines bestimmten
Therapiematerials)…und eine Tätigkeit einleitet, durch die es die gewünschte Empfindung
erhalten kann“
(J. Ayres; „Bausteine der Kindlichen Entwicklung“; S.196)
Einige Beispiele von Therapiematerial in der SI mit Wirkungsweisen:
Therapiemittel
SI-Schaukel
/
Brettschaukel
/
Hängematte
Matten & Matratzen
Wirkungsweise
vestibuläre Stimulation – variierbar durch Intensität
propriozeptive Stimulation - durch Zug an den Gelenken
Schale (Physioball)
vestibuläre Stimulation – aktiv u. passiv
propriozeptive Stimulation – Bewegen der Schale und Abstützen
propriozeptive Stimulation – Druck und Zug auf Gelenken beim
Transport
taktile Reize – verschiedenen Bezugsmaterialien / Oberflächen
Säckchen aus versch. taktile Stimulation – verschiedene Oberflächenmaterialien, erfühlen
Materialen
mit des Inhaltes
versch. Füllungen
propriozeptive Stimulation – unterschiedliches Gewicht beim tragen
und auflegen auf den Körper
Gymnastikbälle
Kletterwand
Sprossenwand
vestibuläre Stimulation – Abrollen
propriozeptive Stimulation – Abrollen, Druck auf Gelenke beim
Hüpfen auf dem Ball
/ Propriozeptive Stimulation – Zug bzw. Druck an Gelenken und
Muskeln
Vestibuläre Stimulation – Überwinden der Höhe
Neben diesen üblichen SI Materialien werden auch andere Materialien mit in die Therapie
einbezogen und ins Spielgeschehen integriert.
23
4.2.3 begründete Sozialform
Die Sensorische Integrationstherapie geht sehr individuell auf das Kind ein. Um
professionelles Handeln zu ermöglichen ist die Einzeltherapiesituation angemessen. Nur so
kann der Therapeut seine komplette Aufmerksamkeit dem einen Kind zukommen lassen.
4.3 Bisheriger Therapieverlauf
Erste Therapieeinheit (08.07.05 11:15 – 12:00)
Ziele: -Kontaktaufnahme, Kommunikation, kennen lernen,
-Befundung
Therapiematerial: Hütchen, Basketball & -korb, versch. große Schaumstoffrollen, Hüpfball,
Sprossenwand, Schale des großen Physioballs (Durchmesser ca. 130 cm), Kissen, Bürste
Ablauf:
X ließ sich bereitwillig in der Gruppe abholen. Er kannte „seine Zeit“ und erwatete mich
schon im Vorschulgruppenzimmer. Er nahm gleich freudigen Kontakt mit mir auf und war
weder schüchtern noch zurückhaltend. Das vor der Tür abgestellte Kindertrike nahm er
freudig als Fahrzeug zum Therapieraum an. Bei der Fahrt hielt er meine vorige Anweisung
genau ein, nicht zu schnell und somit leise zu fahren, da alle anderen Kinder gerade ihren
Mittagsschlaf hielten.
Im Therapieraum angekommen bat ich X seine Sandalen auszuziehen und sich zu mir auf die
Matte zu setzten. Meine ursprüngliche Planung beinhaltete ein eher ruhiges Spiel mit der
Kugelbahn des Pertrakastens, jedoch stieß diese Idee bei X nicht auf Zustimmung. Da X
eigene Entscheidungen treffen soll und sich dadurch auch als akzeptiert und wahrgenommen
fühlen soll, fragte ich ihn was er gerne spielen möchte.
Seine Wahl viel auf den Basketball. Auf meine Frage hin was er denn damit spielen wolle
konnte er mir keine Antwort geben. Es entwickelte sich ein lockeres Zuwerfen und Passen,
das sich immer mehr in Richtung Basketballkorb bewegte und schließlich in abwechselnden
Korbwürfen endete. Ich war erstaunt wie gut er – bezogen auf seinen zarten Körperbau und
seinen schlaffen Tonus – den Ball auf Korbhöhe und häufig sogar in den Korb werfen konnte.
Durch seine enorm kurze Aufmerksamkeitsspanne driftete er sehr schnell von diesem Spiel
ab, rannte zum Schreibtisch, ans Fenster und war allgemein nicht mehr beim Spiel. Sein
Verhalten und die Bewegungen waren sehr hektisch.
Ich machte den Vorschlag, einen Trainigsparcours wie die Profis ihn haben zu bauen, worauf
er sich auch sofort bereitwillig einließ. Selbstständig kam er auf die erste Idee mit Hütchen
einen Slalom in Richtung des Korbes zu bauen. Beim folgenden Slalom tribbeln konnte er mit
2 Händen sehr schnell, mit einer Hand nur langsam durch den Slalom laufen. Die Auge-Hand
und Hand-Hand Koordination sowie die Kraftdosierung war gut. Nachdem er den Parcours 2
mal durchlaufen hatte musste ich eine weitere Idee einwerfen um sein Interessen am Spiel
aufrecht zu halten. Gemeinsam trugen wir die Schaumstoffrollen an das Ende des Slaloms um
sie dort als eine Art „Gegenspieler“ aufzustellen durch die man sich durchboxen musste.
Nachdem er den neuen Kurs erneut 2 mal durchlaufen hatte, machte er von sich aus den
Vorschlag, den Trainingsparcours noch zu erweitern. Nach einigen Hilfestellungen baute er
die dritte Station auf. Man sollte die Sprossenwand hinaufklettern und in die mit Kissen
gefüllte Schale springen und sich dort ausruhen.
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Im folgenden durchlief er den Parcours einige male ohne sich ablenken zu lassen und brachte
auch noch die Idee ein, eine Stecke von einer Station zur nächsten mit dem Hüpfball zu
überbrücken. Beim Klettern an der Sprossenwand war seine motorische Planung beim
Klettern nach oben gut, jedoch bereitete ihm das rückwärts Klettern einige Probleme. Er
wirkte dabei sehr unsicher, da ihm die visuelle Kontrolle im Gegensatz zum vorwärts Klettern
fehlte.
Als sein Interesse wiederum schwand, forderte ich ihn auf, gemeinsam mit mir den Parcours
zu durchlaufen und anschließend eine Pause in der Schale zu machen. In der Schale
angekommen fragte ich ihn ob er eine Massage zur Entspannung möchte. Nachdem er
einwilligte bürstete ich unter verbaler Benennung alle seine Körperregionen kreisend und mit
Druck ab. Währenddessen unterhielten wir uns soweit es ging etwas über seine Familie und
Freunde. Während der Massage war er kitzelig am Bauch, den Armen und Beinen, gab jedoch
diese Berührungen nicht als unangenehm an oder wehrte sich. Im Anschluss daran bürste er
mich genauso ab wie ich ihn. In der Schale war er durch die vorigen und dann noch
gegebenen propriozeptiven Reize deutlich ruhiger und weniger leicht ablenkbar.
Kurz vor Ablauf der Zeit teilte ich ihm mit das wir nur noch Zeit für einen letzten Durchlauf
hätten, worauf er etwas enttäuscht reagierte.
Nach Ende der Therapieeinheit brachte ich X in den Garten zu seiner Gruppe.
Zusammenfassung der Beobachtungen:
-freundlicher und offene Junge
-sehr zuwendungsbedürftig
-Hypotonus (Haltung), weiß dies jedoch teilweise zu kompensieren
-kleiner / zierlicher Körperbau
-überstreckbare Knie- und Ellenbogengelenke
-kann seine Wünsche äußern
-hat gute Spielideen, wenn er den ersten Anstoß bekommt
-extrem kurze Aufmerksamkeitsspanne
-motorische Planung schlecht bei mangelnder visueller Kontrolle
-nach propriozeptiven Reizen wurde er ruhiger und auch aufmerksamer
-keine Hinweise auf taktile Über- oder Unterempfindlichkeit
-erzählt wenig von seiner Familie
Zweite Therapieeinheit (12.07.05 13:00 – 13:45)
Ziele: -X soll sich ein Spiel aussuchen, daran Spaß haben und in ihm Bestätigung finden
-X soll Tonus aufbauen
-X soll durch schaukeln & drehen propriozeptive und vestibuläre Reize erfahren
-Befundung
-kräftigung der Muskulatur
-X soll ausdauernd bei einer Tätigkeit bleiben
Therapiematerial: Ayres Tuch (Hängematte), Matten, Leiter, Magnetangel und –fische,
Plastikwanne
Ablauf:
Als ich X am Nachmittag mit dem Roller abholte, erwartete er mich bereits. Bei der
Rollerfahrt war es X möglich seinen Tonus zu regulieren und somit nicht zu stürzen.
Dennoch kam er beim Fahren selten in die typisch gleitende Rollerfahrbewegung sondern
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stützte sich durch kontinuierliches Anschieben auf dem rechten Bein ab. Bei der Fahrt wirkte
er sehr konzentriert.
Im Therapieraum angekommen zogen wir gemeinsam unsere Schuhe aus und ich fragte X
was er heute spielen möchte. Als er zu keiner Entscheidung kam machte ich ihm einige
Angebote von denen er sich schließlich für die Hängematte entschied. Er begann sofort mit
der Suche nach der Hängematte im Schrank, konnte sie aber aufgrund seiner Körpergröße
nicht finden. Daraufhin gab ich sie ihm. Er ging mit der Hängematte in die Mitte des Raumes
und wählte einen Deckenhaken aus, stellte aber gleich fest, dass er zu klein sei. Ich fragte ihn
wie er die Hängematte trotzdem aufhängen könne. Er meinte mit einem Stuhl, kam aber noch
im Losgehen zum Stuhl auf die Idee, lieber die Leiter zu verwenden.
Auf den zweiten Versuch hin stellte er die Leiter direkt unter den Haken und kletterte
anfänglich schnell, die letzten beiden Stufen übermäßig vorsichtig nach oben. Ich gab ihm die
Hängematte und versicherte ihm, die Leiter fest zu halten. Er streckte sich enorm und schaffte
es, die Hängematte aufzuhängen. Rückwärts die Leiter zu verlassen bereitete ihm
erwartungsgemäß Probleme, genau wie bei der Sprossenwand.
Er wollte im Anschluss sofort einsteigen und lies sich nur widerwillig dazu überreden noch
einige Matten unter der Hängematte auszulegen, meisterte dies aber schließlich auch schnell
und zuverlässig. Während der Aufbauarbeiten drifteten seine Gedanken durch viel schleppen
und strecken (propriozeptive Reize) wesentlich weniger von der ausgeführten Tätigkeit ab als
in der letzten Therapieeinheit.
Beim Einstieg in die Schaukel gab er sich sehr geschickt und konnte die verbalen
Anweisungen zur richtigen Lage auf dem Bauch adäquat umsetzten.
Beim Schaukeln bemerkte ich das er seinen Kopf nur wenn es notwenig war, gegen die
Schwerkraft anhob und dann auch nicht komplett. Er stützte sich außerdem häufig mit den
Händen am Boden ab.
Ich setzte mich an den Rand der Matten und motivierte ihn sich bis zu meinen Händen
hochzuschaukeln und diese dann festzuhalten. Dies gelang ihm einige male erstaunlich gut.
Immer wenn ich seine Hände hatte verstärkte ich durch ruckeln und seitliches Schwenken den
Zug auf seine Gelenke. Das starke Schaukeln und auch das Drehen war im nicht unangenehm.
Im zweiten Teil der Stunde verteilte ich im See unter ihm(Matten) Magnetfische und gab ihm
eine Magnetangel. Am Rand des Sees stellte ich ein Aquarium(Plastikwanne) bereit. Ich
erklärte ihm das Spiel und zog mich aus dem aktiven Spielgeschehen etwas zurück, war
dennoch ständig präsent um seine Motivation aufrecht zu erhalten. Beim Angeln konnte ich
wieder seine gute Hand-Auge und Hand-Hand Koordination sehen und stellte auch fest das
durch die vorigen Reize seine Aufmerksamkeit und der allgemeine Tonus deutlich höher
waren. Er stütze sich nur noch selten mit der Hand am Boden ab und hielt den Kopf zum
suchen nach Fischen öfter und länger oben. Das Werfen der Fische ins Aquarium verlief bis
auf wenige Ausnahmen problemlos. Während dem Angeln war er aufmerksam und ließ sich
nur wenig ablenken.
Kurz vor Ende der Stunde bat ich X sein Bot zu verlassen und noch mal die Fische im
Aquarium zu zählen, was er auch problemlos ausführte (17 Fische). Ich bestätigte ihm das er
ein super Fischer sei, was ihn sehr freudig stimmte. Als ich ihn auf das nahe Ende der Einheit
hinwies reagierte er wieder enttäuscht, willigte jedoch ein, zog seine Schuhe an und ging
zurück in seine Gruppe.
Zusammenfassung der Beobachtungen:
-Stellungssicherheit beim Rollerfahren unsicher
-gute Handlungsplanung (Leiter)
-X ist unsicher auf den oberen Stufen einer Leiter, braucht Sicherheit
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-gibt sich viel Mühe Aufgaben alleine zu bewältigen (Hängematte aufhängen)
-kann verbale Anweisungen umsetzten
-anfänglich mangelnde Kopfkontrolle und schwacher Tonus, kompensiert dies durch
aufstützen
-propriozeptive Reize stärken seinen Tonus und seine Aufmerksamkeit
-gute Hand-Auge Koordination beim Angeln
-zählt sicher bis 17
-X ist vestibulär nicht unterempfindlich
Dritte Therapieeinheit (13.07.05 13:45 – 14:30)
Ziele: -X soll Tonus aufbauen
-X soll sich eine Tätigkeit aussuchen und Spaß daran haben
-X soll ausdauernd bei einer Tätigkeit bleiben
-X soll propriozeptive Reize erfahren
-X soll seine Stellungssicherheit trainieren
Therapiematerial: SI-Schaukel, Matten, Säckchen aus versch. Materialen mit versch.
Füllungen
Ablauf:
Wie am Tag davor holte ich X am Nachmittag mit dem Roller ab. Bei der Rollerfahrt
bemerkte ich keinen Unterschied zum vorigen Tag (siehe zweite Therapieeinheit).
Im Therapieraum angekommen zog er sofort seine Schuhe aus und fragte mich was wir
spielen würden. Ich regte ihn an, sich im Zimmer umzusehen und sich selbst etwas
auszusuchen.
Nach einigen Überlegungen, zu denen ich ihn 2 mal zurückholen musste da seine
Aufmerksamkeit auf das Geschehen außerhalb des Zimmers gelenkt wurde, fiel seine Wahl
auf die SI-Schaukel.
Er schleppte die schwere Schaukel in die Zimmermitte unter einen Deckenhacken, erinnerte
sich sofort an den vorigen Tag und suchte die Leiter. Da die Leiter nicht im Zimmer war,
holte er einen Stuhl und bat mich, im Wissen das er zu klein ist, die Schaukel aufzuhängen.
Dabei half er auch aktiv mit indem er das schwere Brett anhob.
Die Sicherheitsvorkehrungen vergaß er erneut und wollte sofort loslegen, ließ sich jedoch
leichter als vorher überzeugen, noch Matten unter die Schaukel zu legen.
Danach begann er in verschiedenen Stellungen (Knie, Bauch, Po) zu schaukeln. Ich musste
ihn jedoch mehrfach anregen sich selbst Schwung zu verschaffen, was ihn sichtlich
demotivierte, da er nicht auf den Schwung und somit die Geschwindigkeit kam die er sich
wünschte. Nach einiger Zeit kam ich diesem Wunsch nach. X lachte sehr viel und war
sichtlich vergnügt. Am kürzesten aller Stellungen nahm er die Bauchlage ein.
Urplötzlich verlor er sein Interesse am Schaukeln, stieg ab und lief durch das Zimmer. Als er
an den Tonnen mit Säckchen vorbei kam, bat ich ihn diese in Richtung Schaukel zu schieben,
da ich „noch eine super Idee“ für die Schaukel hatte. Dies weckte seine Neugier und er schob
bzw. zog die schweren Tonnen unter Anstrengung in die Mitte.
Ich suchte einige leichtere und mittelschwere Säckchen aus den Tonnen und warf sie X, der
mittlerweile wieder auf der Schaukel saß zu. Dabei konnte ich mich nochmals von seiner
guten Hand-Auge und Hand-Hand Koordination überzeugen, stellte aber auch erneut sein
leichtes Defizit bei der Stellungsicherheit fest. Die gefangen Säckchen legte er sich auf die
Beine und in den Schoß.
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Ich bat ihn sich diagonal auf die Schaukel zu legen, was er auch gleich tat. Mein Vorschlag
ihn am ganzen Körper mit schweren Säcken zu beladen stieß bei ihm auf Begeisterung. Im
folgenden belegte ich X mit einen großen Anzahl schwerer Säckchen und fragte ihn jedes mal
wo er es spüre, was er immer richtig beantworteten konnte. Zwar stöhnte er bei besonders
schweren Säckchen etwas, gab aber zu keinem Zeitpunkt an es als unangenehm zu empfinden.
An kleidungsfreien Stellen strich ich erst leicht mit den Säckchen über die Haut und er
beantwortete mir die Fragen korrekt ob es sich weich oder hart anfühlt. Bis auf eine kleine
Ausnahme hielt er beim Belegen völlig inne und wirkte sehr zufrieden.
Das anschließende Schaukeln beladen mit Säckchen genoss er nach eigenen Angaben mehr
als ohne Säckchen.
Als sich die Stunde dem Ende neigte grub sich X aus und zog seine Schuhe an.
Ich bat ihn gemeinsam mit mir noch ein zweites mal Roller zu fahren, worauf er sich nach
etwas Überreden auch einließ.
Bei der folgenden Rollerfahrt wurden meine Vermutungen bestätigt. X wirkte auf dem Roller
sicherer als noch vor der Stunde und kam häufig sogar in die Gleitbewegung in der kein Bein
zum abstützen ständig den Boden berührt.
Nach 5 Minuten Fahrt brachte ich X zurück in seine Gruppe und verabschiedete mich.
Zusammenfassung der Beobachtungen:
-am Anfang der Stunde wieder leicht ablenkbar
-wollte wieder sofort anfangen – ohne Sicherheitsvorkehrungen
-kann sich – wenn auch nur wenig – Schwung auf der Schaukel geben
-genießt das Schaukeln
-vermeidet Bauchlage (Tonus – Kopf oben halten)
-ist neugierig
-leichtes Defizit bei Stellungssicherheit
-gibt sich selbst durch Säckchen propriozeptive Reize
-geniest starke propriozeptive Reize beim Belegen
-kann seine Körperteile benennen
-spürt Unterschiede bei der Oberflächenbeschaffenheit
-besseres Rollerfahren nach propriozeptiver Stimulierung
Vierte Therapieeinheit (15.07.05 8:45 – 9:30)
Ziele: -X soll Tonus aufbauen
-X soll sich eine Tätigkeit aussuchen und Spaß daran haben
-X soll ausdauernd bei einer Tätigkeit bleiben
-X soll propriozeptive Reize erfahren
-X soll seine Stellungssicherheit trainieren
-Stärkung der Muskulatur
-X soll seine körperliche Ausdauer trainieren
Therapiematerial: Schiefe Ebene, Matten, Seilbahn, Schaumstoffrollen, Purzelzwerge
Ablauf:
Ich holte X wie die vergangen Tage auch, mit dem Roller in der Gruppe ab. Gleich an der Tür
empfing er mich freudig. Die Fahrt ins Therapiezimmer verlief diesmal etwas besser. X war
direkt bevor ich ihn abholte mit seiner Gruppe auf dem Spielplatz, wo er sich wohl
propriozeptiv stimuliert hatte. (Klettern, Springen etc.)
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Im Therapieraum angekommen bemerkte X sofort den Trubel im Garten, wo an diesem Tag
das Sportfest der Schule stattfand. Um X nicht zu überfordern schauten wir gemeinsam 5
Minuten das rege Treiben im Garten an.
Im Anschluss daran bat ich X seine Schuhe auszuziehen, was er, noch vom Sportfest
beeindruckt, etwas widerwillig tat. Ich fragte ihn ob er für diesen Tag eine Idee habe, doch es
war ihm durch den hohen Ablenkungsgrad des Sportfestes nicht möglich eine eigene Idee zu
finden. Darauf hin lenkte ich seine Aufmerksamkeit in Richtung der Seilbahn und konnte ihn
auch für diese Idee gewinnen. Auf meine Frage, was wir noch zum Seilbahnfahren bräuchten
lief X sofort los und schob bzw. zog die beiden großen Weichbodenmatten unter die Bahn.
Als die Matten in Position lagen kamen ihm keine weiteren Ideen, da er wieder vom Sportfest
abgelenkt war. Es gelang mir jedoch mit ihm gemeinsam den Rest der benötigten Materialien
zu erarbeiten und die Seilbahn fertig aufzubauen. (schiefe Ebene an der Sprossenwand,
weitere Matten)
Beim folgenden ersten Fahrtversuch lief X die schiefe Ebene nur sehr langsam und unsicher
nach oben zum „Start“. Eine Beschleunigung zum Fahren kam kaum zustande, zum einen
weil es X nicht möglich war adäquat anzulaufen, zum anderen rollte die vorhandene Seilbahn
nicht sehr gut.
X machte im Folgenden einige Fahrversuche, bei denen ich feststellte, dass er sich sehr
anstrengte seine Füße hoch zu heben, ihm dies aber nicht immer gelang. Oft blieb er am
Anfang der dicken Weichbodenmatten hängen. Seine Arme kontrahierte er während der Fahrt
kaum, sondern ließ sie nur schlaff hängen.
Er ließ sich vom Geschehen im Garten nur noch wenig Ablenken und hatte großen Spaß sich
am Ende der Bahn auf die Matten fallen zu lassen.
Nach einiger Zeit regte ich X an auf der Zielmatte eine große Schaumstoffrolle aufzustellen
und mit den Füßen zu treffen. Begeistern von der Idee gelang es X im Folgenden seine Füße
oben zu halten und er wiederholte das Spiel einige male, wobei er auf der Zielmatte immer
mehr Rollen und Polster aufstellte.
Im Verlauf stellte ich fest, dass er zunehmend sicherer und schneller die schiefe Ebene
bewältigte und auch beim Anschieben sicherer wurde, was jedoch leider nichts daran änderte,
das ich mit schieben musste.
Was erschwerend hinzukam, war die große Hitze im Zimmer. Trotz der hohen Temperatur
strengte sich X sehr an, ermüdete jedoch sichtlich zum Ende der Stunde hin. Ich schlug vor,
die letzten Minuten noch die ihm bekannten Zwerge, die schiefe Ebene hinunter purzeln zu
lassen.
Er war bei diesem ruhigen Spiel trotz der einsetzenden Musik auf dem Sportfest aufmerksam.
Nach Abschluss des Spiels brachte ich X diesmal ohne Roller zurück in die Gruppe. Er
meinte er sei zu müde zum Fahren.
Zusammenfassung der Beobachtungen:
-erschwerte Bedingungen, Sportfest
-bei hoher Ablenkung findet er keine eigenen Ideen
-läuft auf schiefer Ebene am Anfang unsicher, später sicherer
-hängt schlaff an der Seilbahn
-lässt sich gerne in die Matten/Schaumstoffrollen fallen (propriozeptive Reize)
-Füße heben gelingt ihm bei entsprechender Motivation (Rollen umtreten)
-nach propriozeptiver Reizung lässt er sich auf ein ruhiges Spiel ein
-äußert eigene Bedürfnisse
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4.4 Planung der exemplarischen Therapieeinheit
4.4.1 Zielsetzung





X soll Körpertonus aufbauen und regulieren um seine Stellungssicherheit zu
verbessern; z.B. beim Trampolinspringen, Schaukeln
X soll propriozeptive Reize erfahren um seinen Körper dadurch besser zu spüren
und um Aufmerksamkeit zu verbessern
X soll Spaß an der Therapiestunde haben
X soll durch den Spaß am Spiel seine Muskelkraft trainieren
X soll durch Nähe und Zuwendung sein Selbstwertgefühl verbessern
4.4.2 begründete Therapiemethode
Die Behandlung wird von den Vorstellungen der Sensorischen Integrationstherapie nach J.
Ayres geleitet.
Diese unterscheidet drei Basissinnessysteme: -taktiles System
-propriozeptives System
-verstibuläres System
Diese Basissinnessysteme stehen in enger Verbindung miteinander und beeinflussen sich
gegenseitig. Bei der Therapie werden zwei Systeme miteinander verbunden. (z.B.
Hängematte: vestibulär und propriozeptiv) Somit wird nicht nur im problematischen Bereich
therapiert und das Kind erfährt nicht stetig seine eigenen Schwächen. Es erhält so die
Möglichkeit durch spielerische, meist selbst gewählte Tätigkeiten seine Problematik zu
„üben“. Bei einer gewünschten Tätigkeit ist sein Gehirn auch meist in der Lage, die Gefühle,
die mit dieser Tätigkeit verbunden sind, sinnvoll aufzunehmen und einzubauen / zu
integrieren. Der Therapeut kann natürlich Vorschläge anbieten und das geschehen behutsam
indirekt lenken. Die Therapie soll „ihm helfen, zum Erlernen jeder Geschicklichkeit oder
Verstandesleistung oder jedes situationsgerechten Benehmens, welches es in seinem Leben
braucht, fähiger zu werden“.
(J. Ayres; „Bausteine der Kindlichen Entwicklung“; S.196)
4.4.3 begründete Therapiemittel
Da es üblich ist, das sich die Kinder das Material für ihre Stunde selbst aussuchen kann ich
lediglich versuchen das Interessen von X in eine bestimmte Richtung zu lenken. Die
letztendliche Wahl hängt von ihm ab, jedoch ist es leicht X für eine Idee zu begeistern.
Da im Vorfeld zur Therapie X wahrscheinlich nur sitzend tätig war, möchte ich um einen
gewissen Grundtonus aufzubauen und um seine Aufmerksamkeit zu steigern soweit möglich
das Trampolin einsetzten.
Im späteren Verlaufen kommen dann hinzu:
 SI-Schaukel – vestibuläre / propriozeptive Stimulation
 Matten – Tonusaufbau und Kraft Training beim Aufbau
 Magnetangel und Fische – Koordinationstraining Hand-Hand & Hand – Auge
 Therapiekreisel als Wurfziel
 Evtl. Säckchen – propriozeptive Stimulation durch Druck
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4.4.4 begründete Sozialform
Die Sensorische Integrationstherapie geht sehr individuell auf das Kind ein. Um
professionelles Handeln zu ermöglichen ist die Einzeltherapiesituation angemessen. Nur so
kann der Therapeut seine komplette Aufmerksamkeit dem einen Kind zukommen lassen.
X befindet sich den ganzen Tag in der Rolle eines Gruppenmitglieds, sei es in der Familie
oder in der SVE-Gruppe. Wie bereits erwähnt benötigt X ein hohes Maß an Zuwendung und
diese erfährt er am besten in der Situation der Einzeltherapie.
4.4.5 Behandlungsdurchführung
Vorbereitung des Raums:
-Trampolin in einer Ecke aufstellen
-SI-Schaukel so positionieren das sie schnell ins Blickfeld von X fällt
Einführungsphase: (ca. 5 -10 Minuten)
Ich werde X mit dem Roller in seiner Gruppe abholen, eine kleine Runde in der Aula und
dann zum Therapieraum fahren. Es soll für ihn keine ungewöhnliche Situation entstehen.
Das Rollerfahren bereitet ihm Spaß und dient zusätzlich dem Tonusaufbau. Desweiteren kann
ich so schon die anfängliche körperliche Verfassung Xs beobachten.
Unterwegs werde ich X erzählen das uns heute jemand zusehen wird, er aber keine Angst
haben muss. („Die hat keine Ahnung und will mal zuschauen“)
Im Zimmer begrüßen wir Frau Stenzel und Frau Beck und setzten uns auf die Bank am
Fenster. Ich hoffe, dass X durch die Anwesenheit einer fremden Person nicht zu stark
abgelenkt wird.
Ich werde ihn bitte seine Schuhe und soweit vorhanden seine Strümpfe auszuziehen.
Aktionsphase: (ca. 30 Minuten)
Zunähst werde ich mich auf das Trampolin setzen und X zu mir bitten. Ich werde ihn fragen
was er heute spielen möchte. Kommt ihm nicht gleich eine Idee werde ich zusammen mit ihm
etwas springen. („Vielleicht kommt dir beim Springen eine Idee“)
Ich versuche anschließend sein Interesse in Richtung der SI-Schaukel und auf das Angelspiel
aus einer vergangenen Therapiestunde lenken. Im Folgenden soll er sich einen Haken für die
die Schaukel aussuchen, sie gemeinsam mit mir aufhängen und nicht vergessen Matten
unterzulegen. Nach einigen Minuten schaukeln werde ich ihm die Angel geben und einige
Fische im Wasser (Matten) unter ihm verteilen die er nach dem Angeln in den Therapiekreisel
(Aquarium) werfen soll.
Sind alle Fische geangelt werde ich ihm eine kurze Geschichte vom Seeungeheuer erzählen
und deshalb versuchen ihn von seinem Bot zu werfen. Er soll sich also gut festhalten um nicht
über Bord zu gehen. Zwischen den einzelnen „Ungeheuer“attacken werde ich ihn über „sanfte
Wellen“ gleiten lassen, sodass er auch kurze Phasen der Ruhe hat.
Dieses Spiel werde ich bis zum Ende der Therapieeinheit fortführen.
Während der ganze Stunde werde ich nahe an X arbeiten um ihm die benötigte menschliche
Zuwendung zu geben und seine Aufmerksamkeit bei der eben vollführten Tätigkeiten zu
halten.
Schlussphase: (ca. 5 -10 Minuten)
Ca. 10 Minuten vor Ende werde ich X auf die Zeit hinweisen und ihn fragen, ob er noch
einige Ungeheuerattacken überstehen kann oder lieber sein Boot und sich mit Säcken beladen
möchte.
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Egal wie seine Wahl ausfällt werde ich ihn die letzten beiden Minuten ruhig schaukeln um
ihm ein positives Feedback aufgrund seines bestandenen „Abenteuers“ zu verschaffen.
Danach werde ich ihn mit einem Fahrzeug seiner Wahl zurück in seine Gruppe begleiten.
Den Therapieraum werde ich im Anschluss selbst aufräumen.
4.4.6 Alternative Planung / Variationen
-sollte X sehr aufgedreht sein, werde ich meine Ziele gegebenenfalls ändern und die Stunde
ruhiger gestallten
-falls X sich eine andere Tätigkeit aussucht werde ich mich darauf einstellen, meine Ziele
gegebenenfalls leicht zu ändern und versuchen sie anhand dieser Tätigkeit zu erfüllen
-falls X durch die Anwesenheit von Frau Stenzel gehemmt oder stark abgelenkt ist, werde ich
versuchen ihm Sicherheit und Geborgenheit zu geben und ihn trotzdem für ein Spiel zu
gewinnen
-falls X am Sichtstundendtermin krank ist, werde ich meine Stunde mit einem anderen Kind
durchführen. Dabei werde ich den selben geplanten Ablauf im Auge behalten, mich aber auf
die Ziele des „Ersatzkindes“ einstellen und dementsprechend die Aufgabenstellung ändern.
4.4.7 Arbeitsplatzbeschreibung
Der Therapieraum ist rechteckig mit einer ungefähren Größe von 50m ². Eine durchgehende
Glasfront auf einer Längsseite sorgt für ausreichende Beleuchtung mit Tageslicht. Bei
Sonneschein hat diese sonst sehr schöne Glasfront den Nachteil unheimlicher Wärmeleitung
ins Innere des Zimmers, welches sich dann sehr stark aufheizt.
Im Falle von Dunkelheit bzw. schlechtem Wetter steht eine ausreichende Beleuchtung zur
verfügung.
Entlang der kompletten Fensterfront befindet sich eine Bank unter der sich die Heizung
befindet. An der Wand gegenüber und an der anschließenden linken Wand befindet sich eine
professionelle Kletterwand vor der meist die Trampoline und große Weichbodenmatten
stehen. Rechts der Bank befinden sich Schreibtisch und Sprossenwand.
Direkt neben der Tür befindet sich ein großer Schrank mit Therapiematerialien und Spielen.
Des weiteren befinden sich im Raum, jedoch mit ständig wechselnden Positionen:
 2 Schalen mit Physiobällen
 2 kleine Trampoline
 große Ballkiste (auf Rollen)
 Pertrakasten
 4 Tonnen mit Säckchen
 Roller
 Große Kugelbahn
Das hölzerne Spitzdach des Raumes wird von mehreren Balken durchzogen, an denen sich
diverse Aufhängevorichtungen befinden.
Der Sitzplatz von Frau Stenzel und Frau Beck ist nicht vordefiniert, sollte aber soweit
möglich in einer Ecke das Raumes sein um für X nicht wichtig und präsent zu wirken.
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5. Anhang
5.1 Quellen:
1. Gespräch mit der Ergotherapeutin
2. Gespräch mit der Logopädin
3. Gespräch mit der Physiotherapeution
4. Gespräch mit der Erzieherin
5. Eigne Notizen aus Behandlungseinheiten
6. Hausakte
7. www.gsid.de
8. http://www.kinderzentrum.de/ergotherapie_entwicklungsdefizite.htm
5.2 Literaturverzeichnis:
1. Pschyrembel, klinisches Wörterbuch; 259. Auflage; Berlin: de Gruyter, 2002
2. Ayres, Jean; „Bausteine der kindlichen Entwicklung“; 2. Auflage; Berlin: Springer; 1992
3. Scheepers, Clara u.a.; „Vom Behandeln zum Handeln“; 2. Auflage; Stuttgart: Thieme;
2000
4. S.Pauli / A.Kirsch; „Was ist los mit meinem Kind“; 1. Auflage; Freiburg: Ravensburger;
1992
5. Spallek, Roswitha; „Gesunde Sinne für starke Kinder“; 1. Auflage; Düsseldorf: Walter;
2004
6. Unterrichtsmaterialien Fach Neurophysiologie – Curt K.H. Neumeier
Verfassererklärung:
Hiermit erkläre ich, den Bericht eigenständig und ohne fremde Hilfe angefertigt zu haben und
nur die angegebene Literatur und Quellen verwendet zu haben.
Fürth, den 18.07.2005
Stefan Volmer
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