Ayurveda

Werbung
Ayurveda – Wellness oder ganzheitliche Medizin ?
H.P.T. Ammon
1
Ayurveda und Wellness – ein Missverständnis
Seit einigen Jahren tauchen auf unserem Markt immer wieder geheimnisvolle Teemischungen
aus fernöstlichen Ländern auf. Ihnen werden unter anderem auch dann Wirkungen
nachgesagt, wenn Medikamente unserer westlichen Medizin nicht den gewünschten Erfolg
bringen. Sieht sich der Fachmann die Zusammensetzung solcher Produkte an, so wird er
feststellen, dass sie eine ganze Reihe von Pflanzen, Pflanzenteilen enthalten, die auch in
unseren Breiten bekannt sind oder waren. Vor allem fragt er sich, warum diese Arzneimittel
jeweils eine so große Zahl verschiedener Drogen – und dies ist die Regel – enthalten. Er fragt
sich weiter, mit welcher Begründung die Auswahl der Einzelbestandteile erfolgt ist; und er ist
sich von Vornherein im Klaren darüber, dass die Verwertung rationaler
naturwissenschaftlicher Kenntnisse, wie sie den Arzneimitteln der modernen westlichen
Medizin zugrunde gelegt werden, hier nicht Pate gestanden haben kann.
Wenn man diesen Fragen auf den Grund gehen will, so muss man in die Geschichte der
Medizin zurückblicken – und hier ist zu sagen, dass viele Kulturen der Erde ihre eigene Form
der Medizin entwickelt haben. Wir nennen sie – im Gegensatz zu unserer modernen Medizin
– traditionelle Medizin. Der traditionellen Form der Medizin liegt häufig eine gewisse
Philosophie zugrunde. Nach ihr richten sich Betrachtungsweise von Krankheit, Diagnose und
Behandlung.
Eine besondere, auch heute noch weit verbreitete Form der traditionellen Medizin ist in Indien
der Ayurveda. Dieser Begriff wird in unzulässiger Weise im Kontext mit Wellness benutzt,
denn Ayurveda ist übersetzt, das Wissen vom gesunden Leben. Wenn man sich mit der Art
und Weise, was sich die ayurvedischen Ärzte bei der Findung und der Anwendung ihrer
Arzneimittel dachten und auch heute noch denken befasst, dann muss man sich zunächst mit
der Philosophie, auf die sich die ayurvedische Medizin gründet, vertraut machen.
2
Philosophischer Hintergrund
Die indische Philosophie hat vor mehr als 3000 Jahren das damalige Wissen in den vier
grundlegenden Büchern der Wissenschaft, den Veden, niedergelegt. Die Veden, denen die
Ayurveda-Medizin entstammt, werden als die ältesten klassischen Schriften der Welt
bezeichnet. Sie entstanden höchstwahrscheinlich 500 - 1000 Jahre vor der christlichen
Zeitrechnung. Die ersten ayurvedischen schriftlichen Überlieferungen sind die
enzyklopädischen Samhitas von Charak und Sushruta, etwa 800 – 1000 Jahre vor Christi.
Von Bedeutung ist dabei auch die Weitergabe des ayurvedischen Wissens vom Vater auf den
Sohn innerhalb vieler Ärztegenerationen
2.1
Die fünf Naturelemente
Ayurveda bedeutet so viel wie „volles Leben“, das heißt langes und reiches Leben. Nach
Ayurveda sind der Körper und alle seine Teile aus fünf virtuellen Elementen
(Panchamahabutas) zusammengesetzt, die gewöhnlich als etwas Substantielles beschrieben
werden. Es sind dies Prithvi (Erde), Jala (Wasser), Tejas (Feuer), Vayu (das Bewegliche,
die Luft) und Akasha (Raum). Es wird dabei von einer gewissen Akzentuierung dieser
Elemente in verschiedenen Strukturen (Organen) und Funktionen (Tätigkeit der Organe)
innerhalb des Organismus ausgegangen.
Auch die Nahrung ist aus den fünf oben genannten Elementen (Bhutas) zusammengesetzt, die
die gleichen Elemente immer wieder auffüllen bzw. ihren Bestand garantieren.
Nach Ayurveda ist der Mensch ein Mikrokosmos, lebend in einem Makrokosmos oder
Universum. Im Mikrokosmos liegen daher alle diejenigen Elemente (Bhutas) vor, die auch im
Makrokosmos vorkommen.
2.2
Das Menschenbild
Ayurveda definiert das Leben als Einheit von Körper, Sinnen, Geist und Seele.
Schematisch gesehen spielen hierbei folgende Faktoren eine Rolle, die zusammen genommen
nach Ayurveda das eigentliche Ich ausmachen (Abb. 1), und zwar:
1. Da sind einmal die fünf Elemente, die für das Materielle des Körpers zuständig sind.
2. Da ist die Psyche, die ihrerseits einen Einfluss auf die Zusammensetzung der
Elemente hat (moderne Lesart: psychovegetative Kopplung), sie steht ihrerseits unter
den Wahrnehmungen über die Sinnesorgane.
3. Wird das Ich auch bestimmt durch vererbte Komponenten.
In diesem Zusammenhang sind auch die drei angeborenen Geistes-Qualitäten, den Trigunas:
Sattva, Rajas und Tamas zu sehen. Ein Mensch mit überwiegender Sattva-Komponente
verfügt über geistiges Gleichgewicht, Klarheit sowie Reinheit von Gedanken und Ideen, fühlt
Vergnügen und so weiter. Eine Person mit starkem Anteil der Rajas-Qualität ist voll
stimulierter Energie und getriebener Aktivität bis hin zu Aggressivität und Gereiztheit. Und
jemand, bei dem die Tamas-Qualität dominiert, besitzt ein Übermaß an Trägheit, Passivität,
Verwirrung, Wahn und Unwissenheit. Die Resultante aus dem Zusammenwirken dieser
Trigunas kennzeichnet somit den jeweiligen Zustand des Geistes.
Nach Ayurveda ist ein Mensch dann gesund, wenn seine Physiologie im Gleichgewicht ist,
wenn Verdauung, Körpergewebe und exkretorischen Funktionen normal sind und wenn
Frieden der Seele, des Geist und der Sinne stets im inneren Frieden und Harmonie sind. Die
Krankheit dagegen ist das Ergebnis eines Ungleichgewichtes eines oder mehrerer dieser
Faktoren. Eine Feststellung, der wir auch heute voll zustimmen können.
2.3
Doshas - Prinzipien des biologischen Haushaltes
So wie Ayurveda drei Qualitäten oder Komponenten im Bereich des Geistes beschreibt, kennt
er auch drei Komponenten, die im Zusammenhang mit dem Körper beziehungsweise mit den
Elementen stehen und deren Gleichgewicht untereinander oder deren Abweichen vom
Gleichgewicht maßgeblich für den gesundheitlichen Zustand des Individuums sind. Es sind
dies die drei Grundprinzipien (Doshas) des biologischen Haushaltes: Vata - Pitta - Kapha
(Abb. 2).
Durch ein Ungleichgewicht dieser drei Grundprinzipien untereinander werden strukturelle
und funktionelle Elemente des lebenden Körpers geschädigt; und auf diese Weise entstehen
Krankheiten verschiedener Art.
Unter Vata versteht man eine Art Initiator und Promotor für biologische Aktivität. Pitta ist im
allgemeinen verantwortlich für die Bildung von Körperwärme, den Stoffwechsel und
bestimmte physiologische Eigenschaften des Individuums. Der Charakter von Kapha besteht
mehr in stofflichen Eigenschaften von Körper, Körperteilen bzw. Geweben, wie schwer, kühl,
weich, viskös, stabil, süß und schleimig. Die Kaphas sind verantwortlich für das
Funktionieren sowie das Zusammenhalten von Strukturen des Körpers, die Stabilität des
Körpers, das Bewusstsein, die Stärke und Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheit und
Verfall. Sie verleihen weiterhin Geduld und Seelenstärke (Tab. 1).
2.4
Krankheit
Psyche und Soma werden bei Ayurveda nicht als getrennte Prinzipien der
Persönlichkeitsbildung angesehen, sondern als Aspekte der vererbten psychischen und
physischen Konstitution. Je nachdem, welcher Konstitutionstyp vorliegt - entweder ein Vata-,
ein Pitta- oder ein Kaphatyp - können konstitutionstypische Erkrankungen auftreten. Die
Abbildung 3 zeigt die körperlichen Störungen bei Überwiegen von Vata-, Pitta- oder KaphaEigenschaften.
Der Typisierung der Menschen nach Vata, Pitta und Kapha mit den dafür jeweiligen
charakteristischen Erkrankungen könnte man nach moderner Nomenklatur die
Konstitutionstypen des Athleten, des Pyknikers und des Leptosomen gegenüberstellen.
Auch in der modernen Medizin finden sich Krankheiten, die für bestimmte Konstitutionen
jeweils typisch sind.
Ayurveda kennt circa 75 verschiedene Krankheiten oder besser gesagt, Krankheitsgruppen,
die im Wesentlichen nach Symptomen oder Symptomkomplexen eingeteilt sind. Eine
alleinige Beschränkung auf die Behandlung nur auf bestimmte erkrankte Organe, wie sie in
der modernen Medizin vorgenommen wird, ist nicht vorhanden. Behandelt werden die
Symptome oder Symptomkomplexe in erster Linie unter Zugrundelegung des Vata-PittaKapha-Systems. Gezielte pharmakologische Effekte von Arzneimitteln werden nur in
ganzheitlichem Maße ausgenutzt.
2.5
Therapeutische Maßnahmen
Im Wesentlichen konzentriert sich die Therapie auf die Wiederherstellung des
Gleichgewichts. Diesem Ziel dienen eine Reihe von Therapieansätzen wie sie in Tab. 2
aufgelistet sind. Wichtig sind dabei Reinigungstherapien (Panchakarma, Shodana) sowie die
Therapie mit Arzneipflanzen (Phytotherapie).
2.5.1 Verminderung überaktiver Doshas
Bei überaktiven Doshas, also einem Zuviel an Vatta-, Pitta- oder Kapha-Elementen, finden
sich bei Ayurveda zwei Prinzipien in der Behandlung mit Arzneimitteln: Samana und
Shodana. Das erste, Samana, beruhigt lediglich überaktive Dosas, während das zweite,
Sodhana, überaktive Dosas sogar aus dem Körper eliminiert (z.B. Panchakarma). Für die
Elimination überaktiver Doshas sind eine Reihe von Maßnahmen vorgesehen. Zunächst
werden überaktive Doshas vom Krankheitsort in den Verdauungskanal überführt und zwar
durch bestimmte Nahrung oder Getränke, Massage und durch Schwitztherapie. Aus dem
Körper entfernt werden sie dann durch:

Erbrechen lassen

Abführen

Ölige Einläufe

Einläufe mit Decocten (Kräuterabgüssen)

Einblasen von Niespulver in die Nase und

Aderlass
Die Anwendung des Erbrechen lassens erfolgt, um die Kapha zu vermindern und wird bei
Kapha-Erkrankungen eingesetzt.
Bei Patienten, bei denen überaktive Doshas in den Verdauungskanal gebracht wurden, werden
anschließend Abführmittel gegeben. Abführmittel werden aber auch bei einer Reihe anderer
Erkrankungen verabreicht wie zum Beispiel Hauterkrankungen, Fieber, Störungen im Bereich
der Harnwege, Analfistel, Leibschmerzen, Kopfschmerzen, Flatulenz, Herzerkrankungen,
Erkältung, Epilepsie und so weiter.
Eine Medizin, die als Einlauf zugeführt wird, wird Basti genannt. Sie wird als die beste
Behandlung angesehen, um Vata-Erkrankungen zu eliminieren. Sie führt zur Entfernung
unerwünschter Exkremente (Gifte=Atma, Faeces, Schleim, Galle, Blähungen, Urin).
Das Einbringen der Arznei durch die Nase und das Reinigen des Kopfbereiches über die Nase
(Nasya) wird insbesondere bei Nackensteifheit, Entzündung der Mandeln und der Zunge,
Erkrankungen des Nackens, der Schulter, von Mund, Nase, Ohr, Auge, Kopf, bei
Facialisparese, Sprachverlust und so weiter durchgeführt.
2.5.2 Substitution bei unterrepräsentierten Doshas
Bei einem zu wenig an Vata-, Pitta- oder Kapha zugeordneten Elementen setzt jetzt die
Therapie mit meist aus vielen Bestandteilen bestehenden Arzneimischungen ein.
Die von Ayurveda verwendeten Arzneimittel sind in erster Linie pflanzlichen Ursprungs, aber
auch mineralische und animalische Produkte werden verwendet.
Aufbauend auf dem Gesetz von der Einheit der Natur, von Mensch, Tier und Pflanzen als
Mikrokosmen im Makrokosmos, vertritt Ayurveda den Standpunkt, dass Arzneimittel ähnlich
wie der lebende Körper zusammengesetzt seien, und dass Arzneimittel den Körper dadurch
beeinflussen, dass sie das Verhältnis der seine Zusammensetzung bestimmenden fünf
Elemente (Feuer, Wasser, Luft, Himmel und Erde) ändern. Bei der Kombination von
einzelnen Arzneistoffen zu einer Arznei werden daher Pflanzen je nach den bei ihnen
besonders ausgeprägten und für die Therapie erwünschten Elementen - Erde, Wasser, Feuer,
Luft, Raum - ausgewählt.
3
Methoden der Arzneimittelfindung
Es erhebt sich natürlich jetzt die Frage, welches die Indikatoren für das Vorhandensein für die
Therapie besonders gewünschter Elemente sind. Auf das Vorhandensein solcher Elemente
wird bei Ayurveda aufgrund von Eigenschaften geschlossen, die durch die Sinnesorgane,
hauptsächlich Zunge und Hautsinne, wahrgenommen werden können (zum Beispiel
Geschmack, Gewicht und so weiter).
Was die wahrnehmbaren Eigenschaften sowie Wirkungen der Arzneimittel betrifft, so stehen
die im folgenden aufgeführten im Vordergrund:
1. Rasa (Geschmack)
2. Vipaka (Entstehung von Geschmackseigenschaften erst während des
Verdauungsprozesses)
3. Guna (mit den Hautsinnen fühlbare Eigenschaften)
4. Virya (arzneiliche Wirkungskraft)
5. Prabhava (pharmakodynamische Eigenschaften)
3.1
Rasa (Geschmack)
Rasa fungiert vor allem als Indikator für die physikochemischen Eigenschaften eines
Arzneimittels:
Sechs verschiedene Geschmacksarten (Rasas) wie Madhura (süß), Amla (sauer), Lavana
(salzig), Katu (scharf), Tikta (bitter) und Kasaya (zusammenziehend) entsprechen
Kombinationen von Elementen und den daraus letztlich resultierenden Wirkungen auf den
Körper. Zum Beispiel wird Madhura Rasa (süß) durch die Kombinationen von Erde und
Wasser enthaltenden Pflanzen hervorgerufen. Man sieht also bereits hier: Mit Pharmakologie
hat diese Arzneistofffindung bei Ayurveda nichts zu tun. Zu tun hat sie dagegen mit längst
überholten Vorstellungen aus einer Zeit, zu der Begriffe wie Physiologie und Biochemie
unbekannt waren.
Allein, es scheint, dass die simple materielle Vorstellung der Substitution von Elementen
wohl noch nicht ausreichend ist. Vielmehr wird bei Ayurveda davon ausgegangen, dass die
letztlich bei der Anwendung der Arzneimittel über die Sinnesorgane wahrgenommenen
„Elemente“ direkt von diesen Sinnesorganen an die Psyche und von dort erst an den Körper
weiter gegeben werden.
Was die Sinnesqualität Geschmack (Rasa) angeht, so werden ihr folgende Wirkungen
zugeschrieben (Tab. 3).
Dabei ist darauf zu achten, dass die Kombination verschiedener Geschmackstypen (und dabei
diesen entsprechende Elemente) nur über eine Kombination mehrerer Drogen, die eben über
die erforderlichen Geschmackseigenschaften verfügen, zu erreichen ist. Daraus erklärt sich
schließlich die Vielfalt der in einer Rezeptur verwendeten Drogen.
3.2
Vipaka - Entstehung von Geschmack im Verdauungsprozess
Unter Vipaka versteht man den Zustand eines Arzneimittels im Stadium der Umwandlung im
Darm (also während des Verdauungsprozesses). Während der Verdauung findet dabei eine
Änderung der Elementzusammensetzung des Arzneimittels statt. Das eigentliche wirksame
Prinzip bzw. Element ist also nicht von Anfang an vorhanden, sondern entsteht erst bei der
Verdauung. In der Nomenklatur der westlichen Medizin könnte man von einem
ayurvedischen Prodrug sprechen.
3.3
Guna - fühlbare Eigenschaften
Die fühlbaren Eigenschaften von Arzneimitteln werden als Gunas bezeichnet. Sie rufen nach
Ayurveda im Körper ähnliche Eigenschaften hervor wie sie sie außerhalb des Körpers selbst
besitzen. Bei den Gunas werden die Elemente also nicht durch den Geschmackssinn, sondern
durch die Tast- und andere Sinnesorgane in der Haut identifiziert (Tab. 4).
3.4
Virya – aufwärmende bzw. abkühlende Wirkungskraft
Unter Virya wird die Kraft, mit der ein Arzneimittel wirkt, also seine Wirkungsstärke
verstanden. Ein Arzneimittel, dem Virya fehlt, obwohl es über Rasas oder Gunas verfügt, ist
auch bei Ayurveda unwirksam. Das Vorliegen bestimmter Elemente allein scheint also nicht
zu genügen. Nach einer gewissen Zeit der Wirkung kann ein Arzneistoff seine Virya verlieren
(Abklingen der Wirkung nach moderner Terminologie). Ayurveda kennt also auch die
begrenzte Wirkungsdauer.
3.5
Prabhava - pharmakodynamische Eigenschaften
Eine spezielle Zusammensetzung eines Arzneimittels, die für eine besondere Wirkung, ohne
Zuhilfenahme von Rasas und Gunas, verantwortlich ist, wird Prabhava genannt. Nnach der
modernen medizinischen Terminologie würde man darunter schlicht die uns geläufige
pharmakodynamische Wirkung verstehen. So fallen unter Prabhava zum Beispiel die
kardiotonische Wirkung von Arjuna (Terminalia arjuna), die Antileprawirkung von Khadira
(Acacia catechu) und so weiter. Die Wirkungen sind spezifisch für die jeweilige Pflanze, und
sie haben, wie gesagt, nichts zu tun mit Feuer – Wasser –Raum – Luft und Erde. Zu Prabhava
zählt Ayurveda u.a. Emetika, Laxantien, Narkotika, Antidote.
3.6.6 Verwendete Rezepturen und Drogen
Die bei den einzelnen Krankheiten bzw. Krankheitsbildern verwendeten Drogen sind meist
pflanzlichen oder mineralischen Ursprungs und werden als Mischpräparate in den
verschiedensten Arzneiformen angewandt. Sie haben ca. 450 eigene Namen und
Herstellungsvorschriften. Diese, sowie die verwendeten Einzeldrogen samt botanischen
Namen, finden sich im Handbook of Domestic Medicine and Common Ayueredic Remedies,
1978.
4.
Schlussbetrachtung
4.1
Ayurveda – keine Mystikmedizin und schon gar kein Wellness
Wie stellt sich Aurveda aus der Sicht der sogenannten modernen oder westlichen Medizin
dar?
Um es vorweg zu nehmen: Man hüte sich, diese Form der Medizin in den Bereich von
Mystik-Medizinmännern oder der Scharlatanerie abzuqualifizieren. Berücksichtigt man den
Zeitpunkt der Entstehung, so stellt sie eine für die damalige Zeit hohe kulturelle Leistung dar.
Freilich hat es Ayurveda versäumt, sich dem naturwissenschaftlichen Erkenntnisstand der
jeweiligen Zeit anzupassen, und dies insbesondere in den letzten hundert Jahren, in denen
gerade die jetzige Medizin erhebliche Fortschritte gemacht hat. Die Gründe dafür mögen
vielschichtig sein, zum Beispiel das besondere kulturelle und religiöse Umfeld in Indien, aber
möglicherweise auch ein retardierender Einfluss aus der Kolonialherrschaft. Zu bieten hat
Ayurveda auch heute noch wertvolles Gedankengut, insbesondere im Bereich der
Präventivmedizin, ein zum Teil auch uns geläufiges Gedankengut, das zu vergessen wir im
Zeichen immer stärker werdender Spezialisierung auf dem besten Wege sind.
Nicht zu vergessen ist die Einbettung des Ayurveda in Kultur und Religion der Inder.
4.2
Das ganzheitliche Prinzip
Die westliche Medizin gliedert sich inzwischen in viele Einzeldisziplinen auf, bei denen
Krankheiten meist punktuell mit Arzneimitteln behandelt werden, deren Einsatz im
Wesentlichen auf den Ergebnissen pharmakologischer – toxikologischer und klinischer
Studien beruht.
Bei Ayurveda steht die Erzielung des Gleichgewichtes der Doshas untereinander als
ganzheitliches Prinzip im Vordergrund. Und da den Doshas jeweils zwei der Naturelemente
Luft – Raum, Feuer – Wasser und Erde – Wasser zugeordnet werden, gilt es, bei einem
Ungleichgewicht unter diesen Doshas nach dem ganzheitlichen Gesichtspunkt das
Gleichgewicht zwischen den Doshas wieder herzustellen und zwar dadurch, indem man z.B.
jeweils solche Pflanzen therapeutisch verwendet, von denen man, wie oben beschrieben,
annimmt, dass sie in besonders hohem Maße die Eigenschaften der zu substituierenden
Naturelemente Luft – Raum – Feuer – Wasser und Erde besitzen.
Kommen auf diese Weise die Doshas miteinander ins Gleichgewicht, dann bestehen für den
Patienten die Voraussetzungen, dass er wieder gesund wird. Dies schließt jedoch nicht aus,
dass die bei Ayurveda verwendeten Arzneipflanzen durchaus pharmakologische Wirkungen
besitzen können, wie das in einem weiteren Beitrag [1] am Beispiel des indischen Weihrauchs
gezeigt wird.
Literaturverzeichnis:
H.P.T. Ammon aus: Reichling et al., Arzneimittel der komplementären Medizin, Govi-Verlag,
Eschborn 2000
E. Schrott u. W. Schachinger, Handbuch Ayurveda, Haug-Verlag, Stuttgart 2005
D. Scherer, Das große Ayurveda Buch, Irisiana-Verlag, München 2002
[1] H.P.T. Ammon, Indischer Weihrauch - Von einem ayurvedischen Arzneimittel zu einem
wirksamen modernen Medikament, PdN-ChiS 56(3), … (2007)
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. Hermann P.T. Ammon, Pharmazeutisches Instituts der Universität Tübingen,
Morgenstelle 8, D-72076 Tübingen
Herunterladen