Robert B

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Robert B. Zoellick, Präsident, Weltbank
World Bank
1818 H Street, NW
Washington, DC 20433
Weigerung die Entscheidung Boliviens zu respektieren aus dem Investitionstribunal auszutreten.
Sehr geehrter Herr Zoellick:
Wir schreiben Ihnen, um unsere Besorgnis zum Ausdruck zu bringen und einige Empfehlungen zu
den Aktionen des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) zu
geben, deren Vorsitz Sie innehaben.
Am 31. Oktober 2007 nahm das ICSID eine Klage von Euro Telecom International, eines
italienisch-spanisch-holländischen Konzerns, gegen Bolivien an. Das ICSID bereitet eine
Gerichtsverhandlung für Ende 2008 vor.
Wir halten diese Vorgehensweise aus folgenden Gründen für nicht akzeptabel:
1. Das ICSID ermöglicht diese Klage, trotz der Tatsache, dass die Regierung Boliviens die
Vereinbarungen mit der ICSID korrekt aufgehoben hat.
Am 02. Mai 2007 war die Regierung Boliviens die erste weltweit, die ihr Einverständnis
zurückgezogen hat, welches dem ICSID erlaubt, Investitionsstreitfälle auf eigenem Territorium zu
schlichten. Die Regierung folgte exakt den Vorgehensweisen, die in den Statuten der
Vereinbarung mit dem ICSID festgelegt wurden. Somit ist die Rechtssprechung hier
Auslegungssache internationaler Verträge und übersteigt die Kompetenz eines wirtschaftlichen
Schiedsgerichts.
Die Regierung Boliviens hat auch ihre berechtigte Besorgnis über ein System zum Ausdruck
gebracht, welches Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten schlichtet und dabei erlaubt,
dass Privatfirmen demokratische Prozesse unterwandern und Regierungen finanziell auf eine
ungerechte Art bestraft, besonders die der Entwicklungsländer. Die ehemalige bolivianische
Regierung kämpfte fünf Jahre gegen eine Klage von Aguas de Tunari, eine Tochtergesellschaft
von Bechtel. Dabei ging es um den misslungenen Versuch, die Wasserversorgung zu privatisieren.
Als Bechtel einer Vereinbarung über eine symbolische Summe zugestimmt hatte, musste die
Regierung Boliviens eine beträchtliche Summe für Gerichtskosten ausgeben, Geld, was eigentlich
dafür bestimmt war, die grundlegenden Bedürfnisse eines der ärmsten Länder Südamerikas zu
befriedigen.
Empfehlung: Das ICSID muss die Entscheidung der bolivianischen Regierung respektieren und
die Klage der ETI ablehnen. Den Austritt Boliviens aus dem ICSID nicht zu respektieren, wird den
Eindruck verstärken, dass dieses System die nationale Souveränität unterwandert und die
Interessen privater Firmen unterstützt.
2. Die Aktionen des ICSID scheinen mit Bolivien ein Exempel statuieren zu wollen, in einem
Moment, in dem auch andere Länder dieses System der Schlichtung von Konflikten zwischen
Investoren und Staaten in Frage stellen.
Am 23. November 2007 meldete die Regierung Ecuadors dem ICSID, dass sie die
Rechtssprechung in den Fällen, bei denen es um Nicht-Recyclebare Ressourcen ging, nicht
akzeptieren wird. Die argentinische Regierung hat ebenfalls ihre Besorgnis über die Mängel dieses
Systems zum Ausdruck gebracht, denn dort gab es in den letzten Jahren mehr als 30
Reklamationen von Investoren, oft in Verbindung mit Vorgehensweisen, die den gemeinen
Bürgern das Leben nach der Wirtschaftskrise erleichtern sollten.
Am 29. April 2007 haben sich Venezuela und Nicaragua in einer gemeinsamen Erklärung Bolivien
angeschlossen und kritisieren das ICSID, während die australische Regierung sich weigert, die
Streitschlichtung zwischen Investoren und Staat als Teil eines in 2004 mit den Vereinigen Staaten
geschlossenen Wirtschaftsvertrags zu akzeptieren.
Empfehlung: Die Vertreter der ICSID/Weltbank sollten diese Sorgen sehr ernst nehmen, statt
diesen Regierungen zu signalisieren, sie blieben in diesem System gefangen, selbst wenn sie die
Vorgehensweisen zum Verlassen desselbigen korrekt befolgen. Die Weltbank muss eine
unabhängige Kommission gründen, die überprüft, ob das ICSID (und die Verträge mit den
Investoren und die wirtschaftlichen Vereinbarungen, die zu erfüllen sind) andere internationale
Vereinbarungen unterwandert, die soziale, wirtschaftliche und menschliche Rechte sichern, und
die auch die Fähigkeit der Entwicklungsländer, ihre Auslandschulden zu reduzieren und die
gesteckten Entwicklungsziele zu erreichen, garantieren.
3. Der Streit der ETI und die Regulierung der Telekommunikation ist ein Fall, der große
gesellschaftliche Verwicklungen mit sich bringt, und es ist nicht angemessen, ihn als einen Fall von
internationaler kommerzieller Schlichtung zu behandeln.
Die Regierungen müssen das Recht haben, dafür zu sorgen, dass der Telekommunikations-Sektor
gesellschaftliche Ziele verfolgt, und dass der universelle Zugang zu dieser Dienstleistung zu einem
angemessenen Preis ermöglicht wird. Die Weltbank jedoch hat permanent die Privatisierung als
einzige Form zur Entwicklung dieses Wirtschaftszweiges (wie auch der meisten anderen)
gefördert. So ist es besonders unangemessen vom ICSID, die Klage der ETI anzunehmen, die
sich auf Vorgehensweisen der bolivianischen Regierung zur Sicherung der Vorteile einer
privatisierten Telekommunikation für die ganze Gesellschaft und zur Erforschung von
Möglichkeiten, den Staat mehr zu beteiligen*, stützt. Hier muss man hervorheben, dass, entgegen
der Behauptung der ETI, „die bolivianische Regierung habe den Wert ihrer Investitionen zerstört",
diese Gesellschaft weiterhin in diesem Land arbeitet und Gewinne erzielt.
Empfehlung: Das ICSID sollte den Fall ETI gegen Bolivien ablehnen, nicht nur weil Bolivien nicht
mehr Teil der ICSID Konventionen ist, sondern weil diese Angelegenheit auf eine bessere Art
durch nationale Regulierungen und Gesetze gelöst werden kann, wie es auch die bolivianische
Regierung vorgeschlagen hat.
Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit in dieser Angelegenheit von größter Bedeutung.
Hochachtungsvoll
* Zur Zeit besitzt die ETI 50% von ENTEL, einer Firma, die mehr als 60% des Telefonsektors anbietet. Die
Regierung Boliviens besitzt 47 % und weitere Einzel-Investoren kontrollieren den Rest der Aktien. Die ETI
hat ihren Sitz in den Niederlanden und gehört dem holländischen Unternehmen International
Communication Holding (ICH) N.V. ICH gehört seinerseits zu 100 % der Telecom Italia International N.V.,
auch eine holländische Firma, die ihrerseits zu 100% der Telecom Italia S.p.A. einer italienischen Firma
gehört, die zu einem Teil im Besitz der Telefonica espanola (42,3%) ist.
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