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VDS: Die Argumente des Bundeskartellamts sind ein Treppenwitz
Zur Diskussion bzgl. der Pressemeldung des Bundeskartellamts „Adidas gibt
Verkaufsverbot über Online-Marktplätze auf“ fällt mir spontan ein Satz von Charles
de Gaulle ein: „Wir haben eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg.“
Es ist immer riskant bei der Beurteilung von wichtigen Entscheidungen, die die
wirtschaftliche Existenz vieler meiner Kolleginnen und Kollegen gefährden können,
zum Vokabular des Militärs zu greifen. Ich will es aber dennoch tun, weil in der
jüngsten Entscheidung des Bundeskartellamts bei der Prüfung der selektiven
Vertriebsvereinbarungen von Adidas und Asics erheblicher Sprengstoff steckt,
dessen unkontrollierte Explosion das Gebäude des traditionellen Sportfachhandels
zum Einsturz bringen kann.
Machen wir uns nichts vor, die großen Online-Plattformen wie Amazon oder Ebay,
Rakuten oder Yatego, Hitmeister oder mein Paket.de, welche durch die bisherigen ECommerce-Regelungen von Adidas oder Asics von der Belieferung mit ihren
Markenprodukten mit Recht ausgeschlossen waren, zeichnen sich nicht durch
intensive Verkaufsberatung und persönlichen Service aus, sondern nur über den
Preis. Und dieser Preis liegt grundsätzlich immer unter den Preisen, die wir als
klassische Sportfachhändler beim Abverkauf unserer Markenprodukte kalkulieren
müssen.
Wir geben dem Präsidenten des Bundeskartellamts recht, wenn er sagt: „Die
Möglichkeiten des Internets stellen Hersteller und Händler vor neue
Herausforderungen. Unsere Aufgabe ist es, in diesem dynamischen Umfeld Märkte
und Chancen zugunsten von Händlern und Verbrauchern offenzuhalten.
Selbstverständlich dürfen Hersteller bei der Auswahl ihrer Händler bestimmte
Qualitätsanforderungen stellen.“
Als VDS teilen wir jedoch nicht die nächste Folgerung des Kartellamts: „Nach
europäischem wie deutschem Kartellrecht ist es aber nicht erlaubt, wesentliche
Vertriebskanäle wie den Online-Handel weitgehend auszuschalten.“
Sie sind bisher keineswegs ausgeschaltet, denn als deutscher Sportfachhandel sind
wir selbstverständlich nicht von gestern, wenn es darum geht, sich moderner
Vertriebskanäle zu bedienen.
Auch wir setzen aufs Internet und auf das damit verbundene MultichannelMarketing. Unsere beiden großen Einkaufs- und Marketing-Verbundgruppen
Intersport Deutschland und Sport 2000 Deutschland sind dafür gute Beispiele.
Da wirkt es auf uns wie blanker Hohn, wenn das Kartellamt weiter mitteilt: „Wir
begrüßen, dass Adidas seinen autorisierten Einzelhändlern jetzt ermöglicht, nicht nur
einen eigenen Online-Shop, sondern ebenso Shops auf Online-Marktplätzen zu
betreiben. Dies ist gerade für kleine und mittlere Sportfachhändler auch in Anbetracht
rückläufiger Kundenfrequenzen eine wichtige Möglichkeit, ihren Kundenkreis zu
erweitern – und die Verbraucher profitieren hiervon ganz unmittelbar.“
Wir wissen, was der Kunde auf allen großen Online-Plattformen tagtäglich will: Nicht
den Schutz unserer kleineren und mittleren Sportfachhändler und deren Interessen,
sondern der Verbraucher, wie ihn das Kartellamt sieht, sucht auf diesen Plattformen
ausschließlich Markenartikel der großen Sportartikelanbieter zu Preisen, wie wir sie
als Fachhändler auch in unserem Multichannel-Angebot nicht realisieren können,
ohne die wirtschaftliche Existenz unserer Geschäfte zu gefährden.
Wir können es uns nicht erlauben, so unprofitabel zu wirtschaften, wie es die großen
Plattformen offensichtlich tun, nur um weiterhin Millionen Nutzer zu Werbezwecken
zu generieren.
In diesem Zusammenhang wirken die Feststellungen des Kartellamts, dass
„schwerwiegende wettbewerbsrechtliche Bedenken“ im Hinblick auf das
Verkaufsverbot über Online-Marktplätze und Beschränkungen der
Suchmaschinenwerbung für autorisierte Händler bestehen, wie ein Treppenwitz in
der Internet-Landschaft, zumal es jetzt noch allen autorisierten Händlern freisteht,
Adidas-Markenbegriffe als Suchwort bei der Suchmaschinenwerbung wie zum
Beispiel Google Adwords zu verwenden.
Ja, wir Fachhändler haben als die Spezialisten in Sport- und Produktberatung sowie
in unserer Funktion als die Wellness- und Gesundheitsberater vor Ort eine Schlacht
verloren, weil wir plötzlich ohne Flankenschutz durch unsere Industriepartner
dastehen.
Wir werden aber den Krieg gegen den Vertrieb beratungsintensiver Sportartikel und
Sportmode auf allen Internetportalen ausschließlich über den Preis mit allen unseren
Kräften weiter fortführen – wir werden sie dabei gemeinsam bündeln und stärken.
Und wenn wir das tun, werden wir diesen unseren Existenzkampf als selbstständige
mittelständische Multimarkenspezialisten gewinnen. Dafür stehen alle unsere
Mitglieder mit ihren langjährigen Markterfahrungen und ihren guten Namen, wir als
ihr Verband und auch unsere größten Verbandsmitglieder Intersport und Sport 2000.
Werner Haizmann
Präsident des VDS (Verband Deutscher Sportfachhandel) und der FEDAS
(Verband des Europäischen Sportfachhandels)
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