Abschlussarbeit zum Lachtrainer von Joachim

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Joachim Stammler
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14.05.2016
Lachen als Medizin
Obwohl die Wirkungen des Lachens auf die Gesundheit schon seit Jahrhunderten
sprichwörtlich sind, hat sich die Wissenschaft mit dem Phänomen des Lachens erst
sehr spät auseinandergesetzt. Seit ca. 40 Jahren beschäftigen sich Forscher ganz
ernsthaft mit dem, was Menschen so einzigartig macht: Humor und Lachen. Anstoß
für
die
Erforschung
des
Lachens
waren
die
Erfahrungen
des
Wissenschaftsjournalisten
Norman
Cousins.
An
einer
schmerzhaften
Wirbelsäulenerkrankung leidend, unterzog er sich systematisch einer Lachkur. So
ließ er sich über Monate Filme mit berühmten Komikern vorführen und witzige
Bücher vorlesen. In seinem Buch "Der Arzt in uns selbst" beschreibt Cousins, wie
nach
zehn
Minuten
Lachen
seine
Schmerzen
nachließen.
Dieses Wunder untersuchte der Stanford-Professor William F. Fry und gründete 1964
ein Institut zur Humorforschung. Seit den 70er Jahren beschäftigt sich ein neues
Forschungsgebiet mit dem Zusammenhang zwischen Heiterkeit und Gesundheit, die
Gelotologie. Mittlerweile haben Lach-Mediziner zahlreiche wissenschaftliche Belege
für die positiven Wirkungen des Lachens auf die Gesundheit gefunden. In vielen
Studien befassten sich die Gelotologen mit dem Phänomen und den körperlichen
sowie
geistigen Folgen von Lachen und Humor.
Durch Lachen wird die Freisetzung von Hormonen und Neurotransmittern
(Botenstoffen) im Gehirn stimuliert. Zu den wichtigsten Neurotransmittern gehören
die so genannten Glückshormone Serotonin, Acetylcholin, Dopamin, Noradrenalin
und die Endorphine. Sie bewirken im Gehirn, dass sich ein umfassendes Wohlgefühl
einstellt.
Untersuchungen des kanadischen Humorforschers Rod Martin belegen zudem, dass
Lachen das Immunsystems stärkt. Es werden zum Beispiel die Abwehrzellen
(T-Lymphozyten und T-Helferzellen) aktiviert. Als gesichert gilt auch, dass
humorvolle Menschen stressfreier durchs Leben gehen als diejenigen mit wenig Sinn
für Heiterkeit. Denn Lachen ist eines der Sicherheitsventile des Körpers und ein
Gegengewicht zu Anspannung. Wird diese durch Lachen abgelassen, sinken erhöhte
Werte der Stresshormone auf das Normale zurück. Das Immunsystem kann wieder
effektiv
arbeiten.
Regelmäßiges Lachen erweitert auch das Lungenvolumen. Es erhöht den
Gasaustausch bei der Atmung und führt dadurch zu Sauerstoffanreicherungen im
Blut. Der französische Arzt und Wissenschaftler Henri Rubinstein konnte in seiner
Praxis, in der er Lachtherapien anbot, bei unterschiedlichen Krankheiten wie
Herzkranzgefäßverengung, Muskelverspannung und Depression verblüffende
Resultate
erzielen.
Aber Lachen hat auch psychologische Effekte. Lachen lockert Komplexe, ebnet
psychologische Hemmschwellen. Schwierige Situationen können durch Humor und
Witz bereinigt werden. Lachen ist das gesündeste Ventil um angestaute
Aggressionen abzulassen. Es regt außerdem die Kreativität an: durch Lachen
distanziert man sich leichter von schwierigen Situationen, sieht die Welt in einem
objektiveren Licht. Festgefahrene Verhaltensmuster können durch Humor leichter
abgelegt werden.
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Lach mich an – mach mich an, oder wie Liebe und Lachen
miteinander zusammenhängen
Flirten ist eine spezielle Art und Weise, mit einem Menschen des anderen
Geschlechts Kontakt aufzunehmen, eine erotisch gefärbte Tändelei noch weit vor
einer ernsthaften Liebeserklärung. Das Reizvolle am Flirt besteht darin, dass über ihn
nicht nur vorhandene Möglichkeiten ausgebaut, sondern auch die Entwicklung ganz
neu angeregt werden. Im Flirt liegt also immer auch ein Versprechen und eine
Verheißung. Lächeln und Lachen wird als wesentlicher Teil der Flirtstrategien erkannt
und auch entsprechend eingesetzt.
Flirten hat eine ganze Palette beflügelnder Auswirkungen auf unsere Psyche.
Stimmung hebt sich, man ist freudig und optimistisch. Man schmunzelt, lächelt und
lacht. Lernen wir einen Mann oder eine Frau kennen, bilden wir uns bereits in den
ersten vier Minuten eine Meinung über ihn beziehungsweise sie. Die körperliche
Attraktivität wird sogar innerhalb der ersten zehn Sekunden beurteilt. Jeder Mensch
sendet dabei bewusste und unbewusste Signale, die ihn für einen potenziellen
Partner attraktiv machen sollen. Dazu zählt auch ein fröhliches Gesicht und das
Lachen, das für Frauen einen höheren Stellenwert hat als für Männer.
Die Frauen haben über Jahrmillionen menschlicher Evolution gelernt, dass ein
lachender Mann ein ganzes Bündel von Vorteilen gegenüber seinem “miesepetrigen“
Konkurrenten aufweist. Ein lachender Mensch ist im statistischen Durchschnitt
gesünder als ein permanent nörgelnder Mensch. “Lachen macht gutes Blut“, sagen
die Italiener und “der beste Arzt lebt in dir und lacht“ die Inder. Ein gesunder Mann ist
auf die Dauer für den Erhalt der Nachkommen von zentraler Bedeutung. Der
lachende Mann tritt mit einer Friedensgeste ins Leben der Frau. Das Lachen eines
Mannes ist für die Frau ein Signal für ein konfliktfreieres Zusammenleben mit der
Familie. Es ist eine zentrale Botschaft des Inhalts “Es wird mit diesem Mann weniger
Streit geben.“ Laut Anton Tschechow erinnern sich Frauen an jene Männer am
liebsten, mit denen sie lachen konnten.
Weil Lachen – je nachdem, ob authentisch oder nicht – ein über Leben und Tod
entscheidendes Friedenssignal sein kann, wurde im Lauf der Evolution unsere
Wahrnehmung dafür geschärft. Frauen trainieren mehr als Männer diese soziale
Fertigkeit beständig, indem sie möglichst viel schmunzeln und lachen und dabei –
unbewusst – die Resonanz bei ihrem Gegenüber beobachten. Womöglich liegt hier
einer der Gründe, warum es die Evolution so eingerichtet hat, dass Frauen deutlich
häufiger lächeln und lachen als Männer.
Wie oft in einer Beziehung gelacht wird, kann durchaus als Indikator gesehen
werden, ob eine Beziehung harmoniert – oder eben nicht. Lachen ist ein effektives
und probates Mittel, um Aggressionen und Ärger abzubauen, Lachen entspannt, es
löst den Druck in uns. Das unbeschwerte Lachen wie auch das leise Lächeln hat
einen kathartischen, befreienden Effekt. Angestaute Gefühle und Verspannungen
werden abgebaut. Lachen verbindet. Es schafft ein Wir-Gefühl in der Partnerschaft.
Gemeinsame Einstellungen, Motive und Haltungen werden betont. Dadurch entsteht
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ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Jedes Wort kann manchmal zu viel oder falsch
sein. Lachen erotisiert, denn durch rhythmische Zwerchfellbewegungen werden der
tiefe Bauch- und Beckenraum und damit sie sexuelle Bereitschaft stimuliert. Kurzum:
Lachen erzeugt Lust.
Lachen im Büro lindert den Stress
Ärger am Arbeitsplatz? Dann lachen Sie mal wieder! Das zumindest empfiehlt der
deutsche Humorforscher Michael Titze. "Beim Lachen werden positive
zwischenmenschliche Signale gesetzt, die Teamgeist, Kreativität und Motivation im
Betrieb fördern", sagt der Experte. "Humor im Büro hilft Konflikte zu lösen und
Stresshormone abzubauen." Dabei wirke sich schon ein Lächeln positiv auf die
Hirnaktivität aus, ein ausgiebiges Lachen fördere sogar die Immunabwehr. Titze:
"Lachen ist ein soziales Schmiermittel und weckt die Lebensgeister."
Die wachsende Zahl von Menschen, die Humorseminare und Lachclubs besuchten,
zeige, dass dies auch in Deutschland immer ernster genommen werde. Der Druck,
besser sein zu müssen als der Durchschnitt, werde durch die angespannte
Arbeitsmarktsituation ständig bestätigt. Titze: "So entsteht ein Konkurrenzdenken,
das eine heitere Stimmung im zwischenmenschlichen Bereich immer weniger
aufkommen
lässt."
Humor, Gesundheit, Erfolg
Das Lachen und der Humor sind mit die ältesten Heilmittel der Welt. Bereits seit
Jahrtausenden gehören sie als fester Bestandteil jeglicher Therapie aller Kultur- und
Naturvölker.
Der Glaube an die Heilkraft des Lachens herrschte in Europa bis ins späte 19.
Jahrhundert vor. So schreibt ein Arzt im Mittelalter: “Der Patient sollte alle Sorge und
Traurigkeit vermeiden. Bereite ihm Freude und Vergnügen mit all der Hilfe, die er
schätzt.“ Henri de Mondeville, ein Chirurg des 13. Jahrhunderts, stellte fest, dass
Lachen eine schnellere Rekonvaleszenz nach Operationen herbeiführte. Voltaire
schrieb, dass die Medizin den Patienten in heiterer Stimmung halten solle, während
die Natur ihn heilt.
Im Zuge der Industrialisierung, der Entwicklung der Schulmedizin und dem
Bedeutungszuwachs der Wissenschaft ging dieses Wissen und das Interesse daran
weitgehend verloren. Erst in den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts besann man
sich wieder auf die heilsame Wirkung des Lachens und mittlerweile gibt es dafür
sogar einen eigenen Wissenschaftszweig, die Gelotologie (Wissenschaft des
Lachens).
Inzwischen ist es für viele Länder der Welt selbstverständlich, Humor als festen
Bestandteil der Kommunikations- sowie der Therapienmethoden sowohl in den
medizinischen als auch den unternehmerischen Alltag zu integrieren. In England
zahlen seit Mai 1999 die Krankenkassen diese Heilform, Italiens Krankenkassen
finanzieren Humortherapie seit Juni 2000 und im Jahre 2001 haben sich auch
Frankreich, Belgien und die Niederlande angeschlossen.
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Humor und Lachen sind in der Lage, über die körpereigene “Glückshormon-Produktion“, die Stresshormone (wie Cortisol, Adrenalin und Wachstumshormon) im Blut
zu senken und die Bildung von immunstärkenden Zellen anzuregen, somit also das
Immunsystem zu stärken. Lachen bewirkt eine Entspannung der Muskulatur und des
vegetativen Nervensystems. Es ist somit eine wunderbare Ergänzung zum
autogenen Training. Darüber hinaus wird durch Lachen das Schmerzempfinden
herabgesetzt. Schmerz wird so als weniger belastend empfunden und kann,
zumindest für eine Weile, in den Hintergrund treten. Groucho Marx, ein berühmter
Komiker der Marx-Brothers, sagte dazu einmal; “Lachen ist wie ein Aspirin, es wirkt
nur
doppelt
so
schnell“.
Lachen kräftigt den Herzmuskel und ist auch in der Lage, einen erhöhten Blutdruck
zu senken. Im August 2001 ist eine große Studie der Universität Maryland (USA)
veröffentlicht worden (300 untersuchte Menschen insgesamt, 150 nach Herzinfarkt,
150 Herzgesunde), aus der hervorgeht, dass Lachen und eine humorvolle
Lebenseinstellung die Innenwände der Blutgefäße schützt und somit auch
Herzinfarkte verhindern hilft. Ebenso normalisiert sich nach einem herzhaften Lachen
der Atemrhythmus. Neueste Studien haben gezeigt, dass Lachen über eine
Verbesserung der
Durchblutung auch Knochen, Sehnen und Bänder stärkt.
Humor fördert die Kreativität und entschärft Konflikte. Humor reduziert Angst und
sorgt gleichzeitig für eine höhere Anzahl von guten Ideen. Wir alle wissen: kreative
Lösungen können nur in einer angstfreien Atmosphäre gefunden werden. Durch
Humor und Lachen wird Stress abgebaut, es entsteht eine größere innere
Gelassenheit, kreative Lösungen entwickeln sich fast von allein. Der Erfolg ist hier
praktisch schon vorprogrammiert.
Was bewirkt der Humor sonst noch?
Humor lässt auch Nichterreichbares und Scheitern annehmbarer erscheinen, Humor
fördert den Mut und die Entschlossenheit, Humor erleichtert und fördert die
Kommunikation, Humor fördert die Teamfähigkeit und die Gleichwertigkeit, Humor
stärkt die Motivation und: Humor macht das Leben, auch in Unternehmen
menschlicher.
Eine heute immer noch weit verbreitete Meinung, gerade in deutschen Unternehmen
und gerade auch in den Führungsebenen, ist die, dass Lachen und humorvolles
Miteinander unseriös sei. Wer seine Arbeit mit Freude, Spaß, Humor und vielleicht
sogar mit einem Lachen verrichtet, dem wird oftmals unterstellt, er würde seine
Aufgaben nicht ernst genug nehmen, und häufig wird Lachen in deutschen Betrieben
gerade deshalb sogar untersagt. Dabei weiß man heute - zahlreiche Studien haben
dies inzwischen sogar wissenschaftlich belegt, dass Humor und Lachen die Fähigkeit
fördert, eigene Ressourcen zu erkennen und zu leben und sie darüber hinaus auch
im Anderen zu sehen. Die Folge ist ein konstruktives Miteinander, bei dem jeder den
anderen achtet und respektiert. Teambildung und Teamförderung sind hiermit leichter selbstverständlich.
Weiterhin fördert die humorvolle Grundhaltung die wunderbare Fähigkeit, über sich
selbst lachen zu können.
Lachen fördert über die Mobilisierung von Fähigkeiten die Leistung und damit den
Erfolg eines jeden Einzelnen und somit natürlich langfristig auch den Erfolg der
Unternehmen insgesamt. Es ist erwiesen, dass heitere und fröhliche Menschen nicht
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nur als sympathisch und kompetent wahrgenommen werden, sie fühlen sich auch in
der Tat wohler. Sie sehen ihre Arbeit als Herausforderung an und erledigen ihre Aufgaben schneller als miesepetrige Menschen.
Manager und Chefs, die Lachen und Humor zulassen, erleichtern die
Kommunikation, fördern die Offenheit und schaffen eine gute Voraussetzung für
Problemlösungen. Schließlich gibt es wohl kein Problem, keinen Konflikt, das/der
nicht auch eine komische Seite hat. Zudem, öffnet man sich den ulkigen, absurden
Aspekten des Problems, erlangt man eine größere Distanz zur Sache.
Welchen Stellenwert hat der Humor in unserer Zeit?
Oder: Was können wir von Kindern lernen?
Im Vergleich zu früheren Epochen hat der Leistungs- und Konkurrenzdruck in
unserer Gesellschaft stark zugenommen, wie der englische Psychologe Oliver James
(1998) in einer breit angelegten Studie ermittelt hat. Kinder erfahren früh, dass nur
die Besten und Erfolgreichsten ihren Platz im Arbeitsleben behaupten können. Wer
da nicht mithalten kann, muss mit entmutigenden Konsequenzen rechnen.
Am heiß umkämpften Arbeitsmarkt hat sich der Leistungsdruck in den letzten Jahren
schon allein deswegen erhöht, weil viele Arbeitsplätze "wegrationalisiert" wurden.
Zudem sind die Forderungen in der postindustriellen Dienstleistungs- und "High-techselfproviding"-Gesellschaft (Bergmann) immer größer geworden. Behaupten kann
sich wiederum nur ein Arbeitnehmer, der über eine kreative Flexibilität verfügt, die
ihrerseits mit individuellen Kompetenzen wie "kritische Eigeninitiative", "autonome
Selbstverantwortung" und "wandlungsfähige Soziabilität" verknüpft ist. So hat der
Soziologe Richard Sennet (2000,25) ermittelt, dass ein/e qualifizierte Arbeitnehmer/in
in 40 Berufsjahren wenigstens elfmal die Stelle wechseln und die Basiskenntnisse
wenigstens dreimal erneuern muss. Wer sich hier überfordert fühlt, kann seine
Lebensfreude leicht verlieren und depressiv oder suchtanfällig werden.
Der forcierte Versuch, im postmodernen Überbietungskampf mitzuhalten, lässt das
Leben schon in der Schulzeit als eine einzige große Anstrengung erscheinen, die es
verbissen (und mit einem latent schlechten Gewissen) zu absolvieren gilt. Dies lässt
sich häufig bei Familientherapien feststellen:
Viele Eltern stellen sich heutzutage in ihren pädagogischen Bemühungen viel stärker
in Frage, als dies in den Zeiten unserer Urgrosseltern der Fall war. Damals gaben
normgebende Instanzen (Kirche, Staat, Zünfte) allgemeine Richtlinien für ein
angemessenes Verhalten des Kindes vor. Heute haben sich diese Instanzen - die in
ihrer Aussage zudem voneinander abweichen - so vermehrt (man denke nur an die
verschiedenen Ansätze in der Psychologie und Pädagogik!), dass eine eindeutige
Orientierungshilfe ausbleiben muss. Wer da "alles richtig" machen will, wer sich nicht
an seinen ganz individuellen, intuitiven Eingebungen, seinem spontanen
Fingerspitzengefühl orientieren kann, der muss das Familienleben zweifellos als
eine ungeheuer
komplizierte Pflichterfüllung erleben.
Humor ist nicht das Gleiche wie Witzigkeit
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Humor ist nicht das Gleiche wie Witzigkeit. Um witzig zu sein bedarf es gerade der
Kompetenzen des Erwachsenenlebens, wozu stets sehr gut entwickelte sprachliche
Fähigkeiten gehören. Der Mensch vermag die Wirklichkeit in diesem Fall in abstrakte
Begriffe umzuwandeln, mit denen er geistreich jongliert. Der witzige Mensch will sich
vor allem "zu Gehör" bringen, denn das gesprochene Wort ist sein Medium. Dabei
kann ihm die Scharfzüngigkeit als Waffe dienen - zum Zwecke der Selbstbehauptung
oder auch nur, um andere "mundtot" zu machen bzw. sie intellektuell zu Fall zu
bringen.
Der Humor ist demgegenüber versöhnlich und intellektuell bescheiden. Er lässt sich
als stille Art beschreiben, der Welt - wie der mittelalterliche Hofnarr dies tat - einen
Spiegel vorzuhalten. In diesem Spiegel erscheinen die Dinge nicht so, wie sie sein
sollten, sondern wie sie wirklich sind. Hans Christian Andersen hat in seinem
Märchen "Des Kaisers neue Kleider" aber gezeigt, dass dies gar nicht so einfach ist.
Als Erwachsene haben wir nämlich gelernt, die Wahrheit zu verdrehen, weil wir
unsere sozialen Partner nicht enttäuschen oder provozieren wollen. Doch diese
Unehrlichkeit hat ihren Preis: Wir ärgern uns gewöhnlich über uns selbst, wenn wir –
infolge mangelnder Zivilcourage, Opportunismus oder auch nur Mitleid – so tun, als
würden wir das nicht merken, was doch offensichtlich ist, und der andere merkt dies
ebenfalls! In Andersens Märchen ist es ein naives Kind, das die Dinge so anspricht,
wie sie wirklich sind. Als Sigmund Freud den Humor als “erspartes Mitleid“ definierte,
hatte er diese intellektuelle Schlichtheit, die ebenso entwaffnend wie belustigend sein
kann, ebenfalls vor Augen. Doch indem der Humor nicht (ent)wertet und (ver)urteilt
wird, akzeptiert er vorbehaltlos die dabei entstehenden Widersprüche und
Ungereimtheiten – ohne diesen aber ein besondere Bedeutung zu verleihen. Wer es
tatsächlich schafft, den Chef, der im Gespräch grimmig dreinschaut, in diesem Sinne
wahrzunehmen, braucht sich nicht irritiert oder gar provoziert zu fühlen. Er oder sie
wird auch nicht gezwungen sein, gekränkt oder verärgert zu reagieren. (Das wäre
eben nur dann der Fall, wenn man sich strikt an starren normativen Vorstellungen
des Erwachsenenlebens, in diesem Fall dem Konstrukt “Höflichkeit“, orientiert!) Wer
sich
von
solchen
Vorstellungen
freimachen
kann,
erweitert
seinen
Handlungsspielraum beträchtlich. Man kann jetzt frei und unbekümmert agieren,
indem man etwa gezielt den Blickkontakt herstellt, dabei lächelt und naiv fragt, ob der
Chef auf einen
böse sei ...
Lebenskunst und Humor im Management
Ausgehend von der Kritik am Spaßfaktor in Unternehmen möchte ich den Begriff
“Heiterkeit“ näher erläutern. Anschließend stelle ich zehn Aspekte dar, die die
Wichtigkeit wie auch die veränderten Verhältnisse für den Humor benennen.
Will man seriös mit dem Thema Humor umgehen, schadet ein kurzer Blick in die
Philosophenecke nicht. Wilhelm Schmid, der durch seine Foucault-Studien und seine
Arbeiten über die Lebenskunst eine unerwartet positive Resonanz gefunden hat,
weist der Heiterkeit einen wichtigen Platz in der Lebenskunst zu. Schmid bezeichnet
Heiterkeit als eine Form der Lebensführung. Er kommt dabei auf die "Ursprünge" der
Heiterkeit in der griechischen Philosophie zurück und dort wird die Heiterkeit als
"Leben im Gleichmaß" definiert. Demokrit meinte, dass Heiterkeit aus dem maßvollen
Umgang mit Lüsten entstehe. Keineswegs kann also Humor mit Spaß gleich gesetzt
werden. Auch eine ungestüme Fröhlichkeit sollte nicht mit Heiterkeit verwechselt
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werden, denn sie resultiert aus einer Überbetonung und verhindert ein
Gleichgewicht. Heiterkeit ist für ein souveränes Subjekt der Ausdruck eines erfüllten
Lebens und das bedeutet in der Philosophie der Lebenskunst, der heitere Mensch
erlebt sich getröstet. Souverän kann das Subjekt nur sein, wenn es die
Abgründigkeiten und die Endlichkeit des Lebens reflektiert und akzeptiert sowie
einen Weg des Umgangs damit gefunden hat. Die Tragik der eigenen Biografie wird
nicht geleugnet, sondern durch die Heiterkeit in eine erträgliche Distanz gebracht.
Die beiden Pole Freude und Trauer stehen gleichberechtigt nebeneinander. Ob
freudig oder traurig, beide Gefühlsregungen sind Ausdruck von Lebendigkeit und
daher positiv, oder wie es Don Herold formuliert: "Ein humorvoller Mensch ist
jemand, der sich schlecht fühlt aber sich deswegen gut fühlt." Für den Humor oder
die Heiterkeit in der Arbeitswelt bedeutet dies, Arbeit wird anerkannt als eine
Tätigkeit, die durch die Distanz zu ihr erträglich wird.
Es drängt sich nun die Frage auf, ob die Konsequenz aus diesen Erörterungen eine
Hinwendung zum ernsten und humorlosen Arbeitsplatz sein muss. Die Antwort ist
nicht ein Entweder-Oder, sondern ein Sowohl-als-auch. Ein Unternehmen kann nicht
"Klamauk" und "Spaß" als Maxime der Unternehmensphilosophie erheben. Ebenso
wenig können "Ernst" und "Disziplin" allein das Unternehmensleitbild bestimmen,
anderseits ist ein Witz eine sehr ernste Sache, wie Winston Churchill wusste. Die
Angelegenheit ist von einer ernstzunehmenden Seriosität.
Befragt man indes die Betroffenen, also quasi uns alle, so zeichnet sich ab, dass der
Humor für das Arbeitsleben als sehr wichtig eingeschätzt wird.
Nach einer durchgeführten Befragung glauben insgesamt 69% der Befragten, dass
der Humor bei der beruflichen Kariere hilfreich ist. Nur 4% verneinen den
humorvollen Einfluss auf den beruflichen Erfolg. Ähnlich ist das Ergebnis bei der
Frage: Glauben Sie, dass humorvolle Menschen erfolgreich sind? Hier antworten
53% der Befragten mit einem eindeutigen "Ja". 20% der Befragten negieren diesen
möglichen
Zusammenhang.
Aus diesen Ergebnissen kann man nur folgern, dass Humor zwar nicht als absolut
unverzichtbar angesehen wird, doch die Einschätzung als ein sehr wichtiger Faktor
für den Erfolg kann wohl kaum bestritten werden. Noch prägnanter wird die
Wichtigkeit des Humors, wenn nach den Eigenschaften einer Führungskraft gefragt
wird.
6% der Befragten halten den Humor bei Führungskräften für unverzichtbar, 69% für
wichtig und keiner der Befragten hält ihn für verzichtbar. Eine Führungskraft ohne
eine Prise Humor dürfte es folglich bei den Mitarbeitern sehr schwer haben. Doch
nicht nur von den Vorgesetzten wird Humor erwartet. Auf die Frage: Wie oft setzen
Sie Witz und Humor in Konfliktsituationen ein? gaben lediglich 4% der Befragten an,
Humor nie zu gebrauchen, 14% gebrauchen sehr häufig Witz und Humor, 49%
häufig und 33 % selten. Dabei scheint es unerheblich zu sein, ob die Befragten den
Humor als Faktor für den Erfolg ansehen. Humor und Witz finden demnach in den
Unternehmen häufiger statt, als es das äußere Erscheinungsbild vermuten lässt.
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Zehn Aspekte für den Humor im Business
(1) Generationenwechsel
Junge Führungskräfte und Mitarbeiter verstehen Spaß nicht als unseriös, es darf
auch einmal etwas nicht so ernst sein. Die heutigen "Arbeitskräfte" sind mit
Comedysendungen und viel Klamauk in den Medien aufgewachsen. Humor wird
nicht als gegensätzlich zur Ernsthaftigkeit gesehen, sondern als ein Gegenpol zum
anstrengenden Alltag und zur hochkomplexen Wirklichkeit. Humor ist Lifestyle. Der
Humor der "Alten" ist vielen zu ernsthaft und anstrengend. Die Zweckfreiheit von Witz
und Klamauk ist das Markenzeichen der Mediengesellschaft, und Spaß das
Kennzeichen des modernen Lebensgefühls. Die Ausbreitung der Mediengesellschaft
lässt nur erahnen, in welcher Weise der heutige Mensch daran gewöhnt ist,
unterhalten zu werden. Zur wichtigsten Ressource ist nach dem Trendanalytiker und
Philosoph Norbert Bolz die Aufmerksamkeit geworden, und auch Unterhaltung muss
die Aufmerksamkeit der Rezipienten herausfordern und dies gelingt durch "Schocker"
oder
durch
Humor.
Aufgrund des Generationenwechsels scheint also durchaus eine Kultur und Atmosphäre etabliert zu sein, in der Unternehmen, in welcher Form auch immer, auf diese
Humorisierung der Gesellschaft reagieren müssen.
Selbst die Philosophen entdecken, wie z. B. Wilhelm Schmid die Heiterkeit im
Zusammenhang mit der Lebenskunst neu. Vielleicht beginnend mit Walter Benjamin
und hinführend zu Odo Marquardt haben sich Philosophen nicht nur in einem völlig
abstrakten Rahmen mit dem Humor beschäftigt. Walter Benjamin definiert das
Lachen als Vorstufe des Denkens und Odo Marquardt setzt Denken und Lachen
sogar gleich.
(2) Globalisierung
Die Angleichung der Kulturen, das Wissen um die Eigenarten anderer Völker, die
Notwendigkeit mit Menschen aus anderen Kulturen zu verhandeln, macht es nötig,
eine "leichte" und "ungefährliche" Umgangsform zu finden. Humor (nicht unbedingt
Witze) ist die Möglichkeit "Umgangsfehler" zu entschärfen. Das Lächeln wird als eine
universale Verständigungsmöglichkeit erkannt und ermöglicht das rasche Herstellen
einer Vertrauensbasis. Auf der anderen Seite ermöglicht das Wissen um die
Humorvorlieben des Partners aus einem anderen Land den schnellen Rapport und
das Verständnis für Eigenarten in der Kommunikation. Der Psychologe Richard
Wiseman initiierte eine groß angelegte Witzstudie, bei der er den witzigsten Witz der
Welt ermitteln wollte. Über 40.000 Witze wurden bewertet und es stellte sich z. B.
heraus, welche unterschiedlichen Vorlieben für "lustig" die Nationen haben.
Menschen aus Irland, Großbritannien, Australien oder Neuseeland mögen
Wortspiele. Amerikaner und Kanadier dagegen bevorzugen Witze, bei denen es um
die Überlegenheit einer Person oder einer Gruppe geht. Diese Forschungen zeigen
auf, wie sehr Humor auch durch die Umgebung geprägt wird. Ein Unternehmen kann
dies durch humorvolle Poster, Karikaturen an den Wänden usw. beeinflussen.
(3) Frauen und Männer
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Männer und Frauen sind anders, auch was ihre Humorvorlieben angeht. Wer den
unterschiedlichen Humor der Geschlechter nicht beachtet, wird auf Widerstände
stoßen.
Da Frauen mehr und mehr, wenn auch langsam, Führungspositionen bekleiden, wird
sich auch der Humor in den Unternehmen verändern. Frauen sind offener oder
haben es mehr als Männer gelernt, wie mit Humor eine konstruktive und
harmonische Atmosphäre hergestellt werden kann. Anderseits scheinen Männer
tendenziell die möglichen negativen Wirkungen des Humors höher einzuschätzen.
Insbesondere befürchten Männer mehr als Frauen, dass Humor missbraucht werden
kann, um Fehler und Missstände zu verniedlichen oder unter den Teppich zu kehren.
Bei den positiven Wirkungen schätzen Frauen wesentlich höher als Männer ein, dass
Humor
ein offenes und gleichberechtigtes Gesprächsklima fördert.
(4) Flache Hierarchien
Witze in Unternehmen werden meist von oben nach unten gemacht (s. z. B.
Kotthoff). Vorgesetzte erzählen einen Witz und die Untergebenen lachen. Nur wer
bereits gekündigt hat, muss nicht mehr mitlachen. Will man jedoch flache Hierarchien
etablieren, so sind die veränderten "Witze" ein entscheidendes Indiz für tatsächlich
vollzogene flache Hierarchien. Umgekehrt fördert und stärkt eine "gleichberechtigte"
Witzkultur flache Hierarchien. Bei einer Befragung stellte sich heraus, dass bei den
negativen Auswirkungen des Humors vor allem das mögliche Missverstehen und die
daraus resultierende Verletzung (86%) des anderen als Gefahren gesehen werden.
Dagegen schätzen nur 13% der Befragten, dass Humor zu einer laissez-faireHaltung führen könnte und lediglich 10%, dass Humor zu einem respektlosen
Umgang miteinander führt. Humor wird in der Einschätzung also nicht mit einem
chaotischen oder handlungsunfähigem Arbeitsteam gleichgesetzt. Vielmehr fördert
Humor in der Einschätzung der Befragten den Teamgeist. So glauben z. B. 51% der
Befragten, dass Humor den Teamgeist festigt und das Zusammengehörigkeitsgefühl
stärkt. 51% schätzen, dass Humor ein offenes und gleichberechtigtes
Gesprächsklima
schafft, 41%, dass Humor ein konstruktives Miteinander fördert.
Humor muss als ein wichtiger Katalysator für eine gute und konstruktive Teamatmosphäre angesehen werden. Ein Unternehmen, das den Humor fördert, unterstützt
damit die konstruktive Zusammenarbeit. Allerdings korreliert Humor nicht mit der
Identifikation mit dem Unternehmen. Nur 8% der Befragten glauben, dass Humor die
Corporate Identity fördert. Ein humorvolles Unternehmen bindet demnach nicht durch
den Humor die Mitarbeiter an sich. Humor muss Ausdruck der
Unternehmensphilosophie und in ein Gesamtkonzept eingebunden sein. Die
Mitarbeiter wollen sich vor allem mit dem Team identifizieren können und die
Führungskräfte sollten nicht irritiert sein, wenn für die Mitarbeiter das Unternehmen
nicht an der ersten Stelle steht.
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(5) Der Humor in Deutschland
Der deutsche Humor hat sich nachweislich geändert und ist nicht mehr so belehrend,
didaktisch oder schrecklich tiefgehend. Auch die Trendanalytiker stellen eine größere
Lustigkeit fest, so diagnostiziert Norbert Bolz: "Deutschland wird laxer, lustiger,
lockerer."
Er dient weniger als Ventil oder Entschädigung für so viel Ernst und Anstrengung.
Der Humor ist ein Katalysator für Spaß, Motivation und Erfolg. Bei der zunehmenden
Arbeitsdichte kann mit Humor die Arbeit zum Spaß werden. Umgekehrt wird Arbeit
ohne Spaß als Belastung erlebt und führt zu typischen Stresssymptomen. In der
oben schon erwähnten Witzstudie von Richard Wiseman erwiesen sich die
deutschen Teilnehmer als die witzigsten. Genauer müsste man sagen, die
Deutschen fanden die meisten Witze witzig. Die Begründung scheint in dem
unspezifischen Humor der Deutschen zu liegen.
(6) Die Humorforschung
Sie hat wichtige Erkenntnisse, vor allem über die positive Wirkung beim Stress,
erbracht. Es ist unbestritten, dass Lachen die Immunabwehr stärkt. Ferner gibt es
Erkenntnisse über die positiven Auswirkungen auf die Kreativität. Etwas schwieriger
nachzuweisen sind die Beziehungen von Humor und Konfliktlösung, da man von
sehr komplexen Zusammenhängen ausgehen muss. Der Einfluss vom Humor im
Sinne einer optimistischen Weltsicht auf den Erfolg ist offensichtlich, auch wenn die
genauen Zusammenhänge und Wechselbeziehungen nur schwer zu differenzieren
sind.
Wichtige Ergebnisse hat die Forschung vom Bodyfeedback erbracht. Mit
Bodyfeedback meint man die Wirkzusammenhänge von Körperhaltung/Ausdruck und
Gefühlen. Man fand heraus, dass ein lächelnder Gesichtsausdruck dem Gehirn eine
positive, offene Stimmung meldet. Dies wiederum stimmt das Gehirn auf die
Verarbeitung positiver Inhalte ein. (Psychologie heute 2/2003).
Lächelnde Menschen erwiesen sich in Experimenten als innovativer und
einfallsreicher. Ferner erleben lächelnde Personen ihre Arbeit als nicht so
beschwerlich wie “stirnrunzelnde“ Kollegen. Bei einer durchgeführten Befragung
gaben 33% an, dass Humor sehr wichtig und 52% wichtig beim Umgang mit Stress
ist. Lediglich 15 % halten den Humor für weniger wichtig im Umgang mit Stress und
niemand hält ihn für verzichtbar.
(7) Changemanagement und Perspektivenwechsel
Jede Epoche und jede Gesellschaft kennt Formen des Narrentums, die auf starre
Strukturen hinweisen und Veränderungen provozieren. Gerade bei schwierigen
Joachim Stammler
Seite 11
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Entscheidungen ist der Perspektivenwechsel durch "Narretei" sinnvoll, um von sicher
geglaubten Einstellungen und Bedingungen Abschied nehmen zu können. In einer
wirtschaftlichen Situation, die eine ständige Neuorientierung und hohe Flexibilität
erfordert, trägt der Humor zu einer positiven Haltung gegenüber stetigen
Veränderungen bei. Die Zufriedenheit der meisten Arbeitnehmer ist jedoch nicht
sonderlich hoch, was darauf schließen lässt, dass die meisten Unternehmen die
Ressource Humor noch nicht aufgegriffen haben. Zahlreiche Untersuchungen
müssten die Verantwortlichen eigentlich zum Handeln zwingen. Nach einer Studie
der Gallup-Organisation entsteht durch die Unzufriedenheit von Arbeitnehmern und
dem daraus folgenden Nicht-Engagement ein gesamtwirtschaftlicher Schaden, der
von den Forschern auf 220 Milliarden Euro im Jahr berechnet wurde. Die Gründe für
das fehlende Engagement wurden aufgrund von Befragungen durch die GallupForscher ermittelt, danach
scheinen folgende Faktoren ausschlaggebend zu sein:
- die Mitarbeiter wissen nicht, was von ihnen erwartet wird
- die Vorgesetzten interessieren sich nicht für die Mitarbeiter als Menschen
- die ausgefüllte Position liegt den Mitarbeitern nicht
- die Meinungen und Ansichten der Mitarbeiter werden nur wenig beachtet
- die Vorgesetzten sind autoritär.
Die Folgen für ein Unternehmen sind nach den Gallup-Forschern folgende:
- hohe Krankmeldungen
- hohe Fluktuation der Mitarbeiter
- geringe Identifikation mit dem Unternehmen
- wenig Spaß an der Arbeit
- schlechtes Verhalten den Kollegen gegenüber
- geringe Produktivität
Wenn also Humor zu etwas nütze sein soll, dann indem strukturell der Humor als
Vorgehensweise eingesetzt wird. Es geht darum, Fakten zu schaffen. Der Humor hat
dabei zwei Vorteile. Erstens können die eigenen Ansprüche, Ziele und Erwartungen
auf ein recht niedriges Niveau gestellt werden. Dies hat den Vorteil, dass tatsächlich
etwas Nachvollziehbares passiert. Wenn ich nur kleine und vor allem konkrete Ziele
habe, dann empfinde ich subjektiv häufiger einen Erfolg, als wenn ich riesige Ziele
habe. Habe ich Erfolg im Kleinen, dann verändert sich das subjektive Gefühl auf die
Verhältnisse einwirken zu können.
Zweitens hat der Humor den Vorteil, dass kleine Veränderungen wie eine
Überraschung wirken, die Veränderung wird erst belächelt oder belacht, doch weil es
nicht so ernst ist, ist es mit der Veränderung spaßig ernst geworden. Niemand fühlt
sich angegriffen, beleidigt, übervorteilt usw. Manchmal bemerken die anderen gar
nicht, dass sich etwas geändert hat. Zurück bleibt lediglich die Erinnerung an die
humor-volle Überraschung.
( 8) Unternehmenskultur und Lebenskunst
Joachim Stammler
Seite 12
14.05.2016
"Es ist schlimm, in einem Unternehmen zu arbeiten, in dem es keinen Humor gibt.
Aber noch schlimmer ist es, in einem Unternehmen zu arbeiten, in dem man Humor
braucht." Dieses ein wenig veränderte Zitat von Bertolt Brecht könnte zum Irrtum
verleiten, man beschäftige sich in den Unternehmen besser nicht mit dem Humor.
Denn wer das tut, stehe schnell im Verdacht, dass man es nötig hätte. Umgekehrt
lässt sich aus dem Brechtzitat folgern: Es ist schön in einem Unternehmen zu
arbeiten, in dem es Humor gibt. Und noch schöner ist es, wenn dieser Humor der
Unternehmenskultur entspricht. So könnten Unternehmen, die sich dem Humor
zuwenden, nach außen deutlich zeigen, wie positiv das Betriebsklima und wie
hoffnungsvolloptimistisch die Zukunft des Unternehmens ist.
Die Situation vieler Firmen ist von einer großen Unsicherheit geprägt (Fusionen,
Übernahmen, Insolvenzen, Undurchsichtigkeiten etc.). Dieser "Ohnmacht" begegnen
viele Menschen mit Zynismus, der jedoch weder dem eigenen Wohlbefinden dient
noch konstruktiv im Sinne des Unternehmens ist. Ironie als skeptisch-optimistische
Haltung ist hier die bessere Alternative. Vor allem in der Philosophie der Lebenskunst
(z. B. Wilhelm Schmid) kommt der Ironie eine entscheidende Bedeutung zu und kann
auch für die Unternehmenskultur nutzbar gemacht werden. Eine insgesamt
humorvolle Unternehmenskultur stellt für die Beschäftigten wie auch für die Kunden
einen emotionalen Mehrwert dar. Es wird eine vertrauensvolle Kundenbindung
hergestellt
und eine übermäßige Fluktuation der Mitarbeiter verhindert.
Einen interessanten Zusammenhang stellten Wissenschaftler bei den
Essgewohnheiten fest. Lange Zeit galt es als erwiesen, dass Süßes bevorzugt als
"Frustessen" genutzt wird. Forscher an der Universität Würzburg fanden jedoch
heraus, dass den Versuchspersonen Schokolade besser schmeckte, wenn sie
fröhlich waren. Denn Freude verbessert die Reizverarbeitung. Für Unternehmen
übertragen bedeutet dies, dass Mitarbeiter, die fröhlich sind, positive Begebenheiten
wie auch Erfolge besser
genießen können. (Psychologie heute, 2/2003)
"Wir haben dem Patienten geholfen. Aber wir wissen nicht so recht, warum und
wodurch." Dieser Satz stammt von Asmus Finzen, der sich mit der Frage
auseinandersetzt, warum Patienten trotz der Ärzte, Psychiater und
Psychotherapeuten gesund werden. Seiner Meinung nach werden die "Instrumente"
und die Wirksamkeit der therapeutischen Methoden völlig überschätzt. Dagegen wird
der therapeutische Rahmen unterschätzt. Und hier wird die Bedeutung des Humors
besonders deutlich.
Aus der Psychotherapieforschung ist mittlerweile bekannt, dass folgende Faktoren
für den Erfolg einer Therapie eine wichtige Bedeutung haben (s. Finzen):
- eine vertrauensvolle Beziehung mit einer helfenden Person
- ein Rahmen, der Sicherheit und Geborgenheit vermittelt
- ein plausibles Konzept, dass Symptome, Genese, und Therapie erklärt
- ein Ritual, das beide als Partner einbezieht.
Joachim Stammler
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Nun ist die Arbeitswelt keine psychotherapeutische oder medizinische
Angelegenheit. Der Vergleich mit der Medizin und Psychotherapie kann
verdeutlichen, wie wichtig das Drumherum für Veränderungen ist. Schnell werden
Konzepte entwickelt, die die Qualität verbessern, Teambildung unterstützen sollen
etc. Dabei ist nur sehr wenig darüber bekannt, welche Methoden tatsächlich wirksam
sind. Es gibt sogar Wissenschaftler, die behaupten, dass keine der bekannten
Managementmethoden nachweislich erfolgreich ist. Man kann eben nicht den
Anspruch erheben, Mechanismen der Veränderung genau zu kennen. Doch lassen
sich recht schnell Situationen schaffen, in denen Faktoren der Veränderung wirksam
werden können. So fördert Humor das Vertrauen, Humor schafft Geborgenheit und
Sicherheit. Bei Stefan F. Gross heißt es gar "Unterhaltungen ohne Humor grenzen
an Körperverletzung." Humor bietet ebenso ein plausibles Konzept, da Witze und
Humor zunächst einmal vereinfachen und Humor ist ein Ritual, da z. B. das Erzählen
von Witzen die Einhaltung
bestimmter Regeln auf beiden Seiten nötig macht.
Diese Einschätzung der Wirkungsweisen des Humors legt es nahe, soziale
Kompetenz in einem sehr engen Wechselverhältnis mit dem Humor zu betrachten.
Wer humorvoll ist, kann auch als sozial kompetent bezeichnet werden. Und ein
Unternehmen, das den Humor fördert, stellt den Mitarbeitern die notwendigen
Rahmenbedingungen zur Entfaltung der sozialen Kompetenz zur Verfügung. Vor
allem werden durch eine humorvolle Atmosphäre die so genannten Demotivatoren
verringert bzw. nicht beeinflussbare Faktoren als erträglicher wahrgenommen. Die
Aufgabe der Unternehmen ist es zusammenfassend also, Bedingungen zu schaffen,
die es dem einzelnen erleichtern, sein Humorpotenzial zu nutzen.
(9) Emotionalisierung
Die unsicheren äußeren Bedingungen, die Komplexität und Unübersichtlichkeit
werfen die Menschen auf sich selbst zurück. Viele Vorgänge, Anweisungen und
Vorschriften in einem Unternehmen werden emotional aufgeladen. Gefühlsmäßige
Widerstände, Ängste, Scham und Wut können nicht sachlich durch Verständnis oder
Analysen geklärt werden. Die Menschen suchen zuallererst ein emotionales
Gleichgewicht. Der Humor ist eine sanfte Methode, um anderen Wahrheiten zu
sagen, durch Selbstironie das Selbstbewusstsein zu stärken und auf diese Weise
Emotionalität und Sachlichkeit miteinander zu vereinbaren. Der Humor bzw.
Humorvorlieben lassen Voraussagen über das Verhalten eines Menschen zu. So
scheinen z. B. Menschen, die komplexere Witze mögen, eine besondere Gabe zu
haben, Schätzungen vorzunehmen. Wissenschaftler fragten Testpersonen nach der
Anzahl der Wörter auf einer Taschenbuchseite. Man fand heraus, dass gute Schätzer
komplexere Witze bevorzugen. (Gehirn & Geist 1/2003) Diese Tatsache steht in
einem interessanten Zusammenhang zur Ausgangslage.
Spaß in landläufigem Sinne stehe im Widerspruch zum Humor. Norbert Elias hat eine
unvollendete Schrift über den Humor hinterlassen, in der er den Humor als
Grundlage des Zivilisationsprozesses beschreibt. Michael Schröter definiert diesen
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Essay gar als Wende der Eliasschen Zivilisationstheorie. Er schreibt, Elias "….wollte
das Potential zur Errichtung von Selbstzwängen als Teil der natürlichen Mitgift der
Menschen (und dazu gehört das Lachen, d. A.) und als eine Voraussetzung ihres
Zusammenlebens in Gruppen erweisen." Disziplin und Humor sind keine
Gegensätze, vielmehr ist Humor eine Voraussetzung für Disziplin. In einer schon
erwähnten durchgeführten Befragung ergab sich, dass Teilnehmer, die den Humor
als Erfolgsfaktor ansehen, bei der Frage welche Faktoren für den beruflichen Erfolg
besonders hoch eingeschätzt werden, zwar Disziplin nicht in jedem Fall angekreuzt
wurde, doch fand sich fast bei allen persönliche Reife als Erfolgsfaktor. Da Disziplin
vielleicht eher negativ besetzt ist, weist die hohe Bewertung der persönlichen Reife in
die gleiche Richtung,
die Norbert Elias angenommen hat.
(10) Schlussfolgerung
Selbst wenn der ökonomische Gewinn des Humors im Unternehmen quantitativ nur
sehr schwer oder kaum zu erfassen ist, hat es mit Humor mehr Spaß gemacht.
Humor macht die Arbeit nicht leichter, aber lebendiger und freudvoller. Dass Humor
und Lachen stressreduzierend sind, haben zahlreiche gelotologische Befunde
nachweisen können. Ein Lachen lindert die Folgen einer Belastung. Darüber hinaus
kann gefragt werden: Ist der Humor eine geeignete Strategie, um Stress erst gar
nicht aufkommen zu lassen? Wer sich mit Humor beschäftigt, der schult seine
Wahrnehmung. Die Aufmerksamkeit wird auf die amüsanten Seiten der Wirklichkeit
gerichtet und durch assoziatives Denken behält man auch mehr humorvolle
Bemerkungen und Witze, die man in einer geeigneten Situation erzählen kann.
Belastende Situationen bleiben nach wie vor belastend, doch durch den zusätzlichen
Aspekt der amüsanten Seite erhält man eine positive Zufuhr, mit der man diese
Situation besser bewältigen kann. Man gewinnt Spaß daran, sich selbst zu
beobachten. In einem Interview (Süddeutsche Zeitung vom 18.12.2002) erzählt der
Musiker und Humormensch Helge Schneider "Geplante Sachen sind manchmal auch
lustig. Aber wenn etwas nicht geplant ist, dann bedeutet das für mich noch mehr —
weil es dann nämlich für mich selbst auch im Entstehen ein Erlebnis ist." Dieses
Erlebnis zu genießen ist ein Selbstzweck, der von der zielgerichteten und
zweckgebundenen Tätigkeit im Arbeitsleben entlastet. Man beginnt sich über die
eigenen Kreationsprozesse zu freuen und dann ist, wie Helge Schneider in dem
besagten Interview sagt, Lustigsein überhaupt nicht anstrengend, weil man ja lustig
ist. Mit dieser Unbeschwertheit und Leichtigkeit kann man dann auch andere
Aufgaben anfassen und wundert sich, wie leicht sie von
der Hand gehen.
Quintessenz
Humor in Unternehmen bedeutet die Schaffung eines Arbeitsplatzes, der dem
einzelnen Mitarbeiter genügend Freiraum gibt, sein Humorpotenzial zu entfalten, klar
abgesteckte Grenzen vorgibt, damit der Mitarbeiter sich auf seine Arbeit konzentriert
und auch dann noch "Spaß" fördert, wenn die Arbeit mal nicht so erquicklich ist.
Interview mit dem Humorforscher Michael Titze
Joachim Stammler
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"Humor ist ein effektives Mittel gegen alle Zeitkrankheiten, die mit Angst zu tun
haben", sagt Michael Titze, Diplompsychologe und Humorforscher in Tuttlingen.
Dazu gehörten etwa Erwartungsängste, Schamgefühle und Selbstwertprobleme, die
in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hätten. "Menschen, die häufig
lachen, kommen im sozialen Leben besser an", betont Titze. Sie wirkten auf ihre
Mitmenschen spritzig, witzig und einfallsreich. Gezieltes Lachen lasse sich daneben
auch bei Stress und daraus resultierenden Erkrankungen sehr gut einsetzen.
Beim Heilen mit Humor gibt es nach Angaben des Experten
therapeutischen Humor, soll die Grundeinstellung des
werden", erläutert Titze. "Viele Menschen haben Angst
lächerlich zu wirken." Dadurch verkrampften sie sich im
und stießen
zwangsläufig immer wieder auf Ablehnung.
zwei Ansätze. "Mit dem
Behandelten geändert
davor, auf ihr Umfeld
Umgang mit Anderen
In den therapeutischen Sitzungen werde das Problem mit Witz angegangen:
"Betroffene gehen auf die Bühne und versuchen ihre Schwächen übertrieben
darzustellen, etwa eine Ansprache möglichst schlecht zu halten", sagt der
Psychotherapeut. Durch diese humorvolle Vorstellung bringen sie ihre Zuschauer
zum Lachen, aber diesmal nicht mehr ungewollt. "Die Therapieteilnehmer haben nun
ihre Schwäche unter Kontrolle", erklärt Titze.
Auch die "Clowndoktoren" arbeiten nach dem gleichen Prinzip, wenn sie versuchen,
vor allem sehr jungen Krankenhauspatienten durch lustige Übertreibungen die Angst
zu nehmen. "Der therapeutische Clown stellt sich auf die Stufe von Kindern und
schafft damit ein lockeres und soziales Umfeld", sagt der Diplompsychologe. Mit
überdimensionalen Spritzen - etwa gefüllt mit Cola - oder ihrem ungeschickten
Hantieren mit den Instrumenten im Krankenzimmer, nehmen die Spaßvögel ihren
kleinen Zuschauern die Furcht vor der fremden Klinikwelt. "Inzwischen arbeiten die
oft ehrenamtlichen Clowns in Deutschland fast flächendeckend", betont Titze.
Neben dem therapeutischen Humor erfreut sich derweil auch das "Yogalachen"
wachsender Beliebtheit. "Besonders Menschen, die unter starkem Stress stehen,
sind in den so genannten Lachclubs gut aufgehoben", sagt der Wissenschaftler. Dort
werde in der Gruppe bei bestimmten Übungen gelacht und zwar 20 oder 30 Minuten
am Stück. Nur bei lang anhaltendem Gelächter werde eine heilsame Wirkung erzielt.
"Beim herzhaften Lachen verselbstständigt sich der Körper, Geist und Vernunft
werden ausgeschaltet", betont Titze. Gleichzeitig würden viele Funktionen
hochgefahren: "Die Atmung verstärkt sich, dadurch kommt mehr Sauerstoff in die
Lunge", unterstreicht der Humorforscher.
Auch werde die Durchblutung der Muskulatur sowie die Immunabwehr verbessert,
Stresshormone abgebaut und die Verdauungsdrüsen angeregt. Zudem komme es
zur Ausschüttung schmerzlindernder Hormone, den so genannten Endorphinen:
"Den Lachenden wird dadurch ein Hochgefühl vermittelt."
Joachim Stammler
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Literaturverzeichnis:
Buch
Heiner Uber, Andre` Steiner
Das Lachprinzip. Wie man sich erfolgreich, glücklich und gesund lacht.
Eichborn Verlag
Michael Titze, Inge Patsch
Die Humorstrategie. Auf verblüffende Art Konflikte lösen.
Kösel Verlag
Dr. Madan Kataria.
Lachen ohne Grund
Vionova Verlag
14.05.2016
Joachim Stammler
Internet
http://www.humorcare.com/index2.php
http://www.hoho-haha.de/lachen.html
Seite 17
14.05.2016
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