1. Überblick über die Teilrevision: Ziele

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Botschaft des Regierungsrats des
Kantons Aargau an den Grossen Rat
vom 30. November 2005
Teilrevision des Steuergesetzes vom 15. Dezember 1998
Bericht und Entwurf
zur 1. Beratung
05.312
-2-
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung ................................................................................................................ 3
1.
Überblick über die Teilrevision: Ziele, Massnahmen und Wirkungen ..................... 4
2.
Gründe und Zielsetzungen der Teilrevision .............................................................. 6
3.
Vernehmlassungsverfahren ....................................................................................... 8
3.1
3.2
3.3
4.
Wirtschaftspolitische Massnahmen ........................................................................ 13
4.1
4.2
4.3
4.4
5.
Wichtigste Anliegen ............................................................................................. 8
Würdigung des Regierungsrats ........................................................................... 9
Entscheide des Regierungsrats ......................................................................... 11
Stossrichtung ..................................................................................................... 13
Halbierung der Kapitalsteuer ............................................................................. 13
Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung ................................................ 15
Förderung von Forschung und Entwicklung ....................................................... 17
Umsetzung der Bundesgesetzgebung .................................................................... 18
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
Fusionsgesetz ................................................................................................... 18
Behindertengleichstellungsgesetz...................................................................... 20
Revision des Stiftungsrechts.............................................................................. 22
Partnerschaftsgesetz ......................................................................................... 23
Laufende Revisionen auf Bundesebene ............................................................ 24
6.
Kleinverdiener- und Kleinrentnerabzug .................................................................. 25
7.
Vereinfachungen und Bereinigungen ..................................................................... 28
7.1
7.2
7.3
7.4
7.5
7.6
7.7
7.8
7.9
7.10
7.11
7.12
7.13
7.14
7.15
7.16
7.17
8.
Grundsteuer für steuerbefreite Institutionen ....................................................... 28
Steuerbefreiung der politischen Parteien; Parteispendenabzug ......................... 29
Vermittlungstätigkeit ausserkantonaler Immobilienmakler .................................. 29
Steuerausscheidung .......................................................................................... 30
Steuerliche Folgen bei Unternehmensnachfolgen.............................................. 32
Jahressteuer auf Kapitalabfindungen mit Vorsorgecharakter ............................. 33
Beginn der Steuerpflicht bei Umstrukturierungen ............................................... 33
Aufwertungsgewinne auf Beteiligungen ............................................................. 34
Abschaffung der Mindeststeuer auf Grundstücken ............................................ 34
Vermeidung der Doppelbelastung bei wirtschaftlicher Handänderung ............... 35
Zuständigkeit im Quellensteuerverfahren........................................................... 36
Änderung der Departementsbezeichnung.......................................................... 36
Zusammenlegung der Steuerkommissionen ...................................................... 36
Kantonsvertretung in der Gemeindeschätzungsbehörde ................................... 38
Einsprache gegen eine Ermessensveranlagung ................................................ 39
Begriff der zu Unrecht unterbliebenen Veranlagung........................................... 39
Einleitung des Steuerhinterziehungsverfahrens ................................................. 40
Fiskalische Auswirkungen ....................................................................................... 40
8.1
8.2
Vorgeschlagene Teilrevision .............................................................................. 40
Wirkung auf Sozialtransfers ............................................................................... 42
9.
Zeitplan ...................................................................................................................... 42
10.
Inkrafttreten............................................................................................................... 42
-3-
Sehr geehrte Frau Präsidentin
Sehr geehrte Damen und Herren
Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf zur Teilrevision des aargauischen Steuergesetzes (StG)
vorzulegen und erstatten Ihnen dazu folgenden Bericht:
Zusammenfassung
Der Regierungsrat des Kantons Aargau will das auf den 1. Januar 2001 in Kraft getretene
Steuergesetz vom 15. Dezember 1998 einer Teilrevision unterziehen. Dies aus vier Gründen:
Erstens sollen diejenigen steuerlichen Massnahmen umgesetzt werden, die im Rahmen
der im Juni 2005 vom Regierungsrat lancierten Wachstumsinitiative dazu beitragen, den
Wirtschaftsstandort Aargau noch attraktiver zu machen und längerfristig ein substanzielles
volkswirtschaftliches Wachstum zu bewirken. Im Zentrum steht bei den steuerlichen Massnahmen die Halbierung der Kapitalsteuer bei den juristischen Personen. Zusätzlich zu den
bisher beabsichtigten Massnahmen der Wachstumsinitiative schlägt der Regierungsrat
eine Entlastung der Dividendenbesteuerung bei qualifizierten Beteiligungen vor.
Zweitens muss das Steuergesetz an geänderte Vorschriften des für die Kantone verbindlichen Steuerharmonisierungsgesetzes angepasst werden. Dabei geht es in erster Linie
um diverse Gesetzesparagraphen, die im Zusammenhang mit dem Fusionsgesetz vom
3. Oktober 2003 stehen.
Drittens kann mit der vorliegenden Teilrevision die bereits vor einiger Zeit begonnene und
wegen der damaligen Ungewissheit im Zusammenhang mit dem Steuerpaket 2001
vorübergehend sistierte Revision zur Entlastung von Rentnerinnen und Rentnern sowie
erwerbstätigen Steuerpflichtigen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen
wieder aufgenommen und zu Ende geführt werden.
Viertens können schliesslich bei dieser Gelegenheit einige Bereinigungen und Vereinfachungen vorgenommen werden in Bereichen, wo seit dem Inkrafttreten des neuen
Steuergesetzes ein Handlungsbedarf erkannt worden ist. Dabei geht es unter anderem um
die Vermeidung der Doppelbelastung bei wirtschaftlichen Handänderungen, die Zuständigkeit bei nachträglichen Veranlagungen im Quellensteuerverfahren oder die Möglichkeit,
dass die Gemeinden die Steuerkommissionen zusammenlegen können.
Mit der vorliegenden Teilrevision des Steuergesetzes wird die starke steuerliche Wettbewerbsposition des Kantons Aargau mit dem Rang 5 im interkantonalen Steuerbelastungsindex gefestigt. Der Regierungsrat bekräftigt mit dieser Teilrevision seinen Willen, den Kanton Aargau als einen der attraktivsten Wohn-, Arbeits- und Unternehmensstandorte auszugestalten.
-4-
Die Revision fand in der Vernehmlassung mehrheitlich Zustimmung. Die wirtschaftspolitischen Steuerentlastungen gehen den bürgerlichen Parteien und den Wirtschaftsverbänden
allerdings zu wenig weit, während sie von linker Seite gänzlich abgelehnt werden. Die Entlastung von Rentnerinnen und Rentnern sowie Steuerpflichtigen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen stossen auf breite Zustimmung, ebenso wie die Anpassungen
an die Bundesgesetzgebung und die diversen Bereinigungen und Vereinfachungen.
Die Teilrevision soll grundsätzlich auf den 1. Januar 2007 in Kraft treten, mit Ausnahme der
Halbierung der Kapitalsteuer, die in zwei Schritten umgesetzt wird. Die Revision führt 2007
insgesamt zu Mindererträgen von 38.7 Mio. Franken für den Kanton und 30.1 Mio. Franken
für die Gemeinden. Ab 2008 betragen die steuerlichen Ausfälle jährlich rund 54 Mio. Franken für den Kanton und 37 Mio. Franken für die Gemeinden. Demgegenüber stehen bereits im Jahr 2008 zusätzliche Mehreinnahmen durch Wachstumseffekte von 6 Mio. Franken für den Kanton und 3 Mio. Franken für die Gemeinden. In der Folge erhöhen sich die
Mehreinnahmen durch Wachstumseffekte jährlich um 4 bzw. 2 Mio. Franken.
1.
Überblick über die Teilrevision: Ziele, Massnahmen und Wirkungen
Mit der Teilrevision werden 4 Ziele verfolgt: Stärkung des Wirtschaftsstandorts Aargau, Umsetzung von zwingenden neuen Vorgaben des Steuerharmonisierungsgesetzes, Entlastung
von Rentnerinnen und Rentnern sowie erwerbstätigen Steuerpflichtigen in bescheidenen
wirtschaftlichen Verhältnissen, sowie diverse Bereinigungen und Vereinfachungen. Der
Schwerpunkt der Revision bildet die Stärkung des Wirtschaftsstandorts. Dazu schlägt der
Regierungsrat verschiedene steuerpolitische Massnahmen vor, die für den Kanton und die
Gemeinden verkraftbar sind, da sie trotz leichter Senkung der Steuerquote weiterhin ein moderates Steuerwachstum zulassen. Zudem werden die aargauischen Bundesbeiträge durch
die Massnahmen nicht beeinträchtigt:
Die Steuergesetzrevision stärkt den Wirtschaftsstandort Aargau
Die vorgeschlagenen wirtschaftspolitischen Entlastungen bewirken, dass den Unternehmen
mehr Geld für zusätzliche Investitionen verbleibt. Von solchen Investitionen kann beispielsweise wiederum das lokale Gewerbe profitieren. Ausserdem werden neue Anreize für Firmen
und Unternehmer geschaffen, in den Aargau zu ziehen. Bei vollständiger Umsetzung der
25 Massnahmen der Wachstumsinitiative (inklusive der 4 steuerlichen) darf bereits ab 2007
mit einem zusätzlichen jährlichen Wachstum des Volkseinkommens von zirka 0.5 % pro Jahr
gerechnet werden. Damit wird der Kanton Aargau schweizweit voraussichtlich eine der
höchsten Wachstumsraten aufweisen.
Die Steuerausfälle sind für Kanton und Gemeinden verkraftbar
Aus der Teilrevision des Steuergesetzes erwachsen dem Kanton im Jahr 2007 Ausfälle von
38.7 Mio. Franken. Ab 2008, nach der zweiten Reduktion der Kapitalsteuer, betragen die
Ausfälle jährlich rund 54 Mio. Franken. Bei den Gemeinden fallen die Mindereinnahmen ge-
-5-
ringer aus, da der Anteil an den Steuern juristische Personen kleiner ist. Im Jahr 2007 ergeben sich hier Ausfälle von 30.1 Mio. Franken, ab 2008 solche von rund 37 Mio. Franken.
Bei diesen Ausfallschätzungen sind die vom Regierungsrat erwarteten Mehreinnahmen
durch zusätzliches Wirtschaftswachstum – beispielsweise durch vermehrte Zuzüge von
Steuerpflichtigen – noch nicht berücksichtigt. Da die steuerlichen Ausfälle mehrheitlich von
den steuerpolitischen Massnahmen herrühren, können sie zur finanzpolitischen Beurteilung
den steuerlichen Mehreinnahmen der Aargauer Wachstumsinitiative gegenüber gestellt werden. Die aufgrund der erwarteten Wachstumsimpulse geschätzten jährlich zusätzlichen rund
13 Mio. Franken für den Kanton bzw. 11 Mio. Franken für die Gemeinden führen dazu, dass
sich Mehr- und Mindereinnahmen bereits im Jahr 2011 bzw. im Jahr 2010 die Waage halten
dürften. Die aufgeführten Brutto-Steuerausfälle erscheinen daher aus finanzpolitischer Sicht
als durchaus verkraftbar.
Trotz Steuerentlastungen ist weiterhin ein jährliches Wachstum der Steuererträge
möglich, bei gleichzeitiger leichter Senkung der Steuerquote
Im Aufgaben- und Finanzplan 2006 - 2009, der dem Parlament Ende September 2005 zugestellt worden ist, werden die Auswirkungen auf den Staatshaushalt aufgezeigt. Trotz den
vorgeschlagenen Steuersenkungen verzeichnen die Steuererträge auch in den Jahren bis
2009 immer noch ein Wachstum. Allerdings werden die Wachstumsraten derart reduziert,
dass sich die Steuerquote ausgehend vom Jahr 2006 mit 6.22 % auf 6.09 % im Jahr 2009
reduziert. Damit wird das finanzpolitische Ziel einer stabilen und wenn möglich sinkenden
Steuerquote gemäss Ausgaben- und Schuldenbremse bis 2009 gut erreicht. Der Saldo der
Verwaltungsrechnung weist in der Planperiode Defizite auf, die im Wesentlichen auf die nicht
kostenneutrale Umsetzung der Aufgabenteilung Kanton/Gemeinden und des Investitionscharakters der wirtschaftspolitischen Massnahmen zurückzuführen sind. Eine weitergehende
Senkung der Steuern würde bei der Aufgabenerfüllung zu Einschnitten führen oder die Defizite anwachsen lassen. Beide Optionen lehnt der Regierungsrat im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung und die finanzpolitischen Zielsetzungen ab.
Die Steuergesetzrevision bewirkt keine tieferen Bundesbeiträge
Die vorgeschlagenen Steuersenkungen reduzieren die Steuerbelastung und damit den Steuerbelastungsindex des Kantons Aargau. Dieser stellt heute eine Masszahl für den Finanzkraftindex dar, welcher seinerseits die Finanzausgleichskomponente bei den Kantonsanteilen an den Bundeseinahmen bestimmt. Da der Finanzkraftindex jedoch auf die Steuerbelastung von früheren Jahren abstellt, bleiben die ab 2007 vorgesehenen Steuersenkungen bis
2009 ohne Auswirkungen auf den Finanzausgleich.
Mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und
Kantonen (NFA) fällt der Finanzkraftindex als Berechnungsgrösse für den Finanzausgleich
zwischen Bund und Kantonen weg. Der Finanzkraftindex wird durch den Ressourcenindex
ersetzt, der keine Steuerbelastungselemente mehr enthält. Die NFA soll im Jahr 2008 in
Kraft treten, womit die vom Kanton geplanten Steuersenkungen keine Auswirkungen mehr
auf den Finanzausgleich haben. Der Kanton Aargau wird also durch die Steuersenkungen
keine Verschlechterung beim Bundesfinanzausgleich erfahren.
-6-
Die Stärkung des Wirtschaftsstandorts sowie die weiteren Ziele der Revision (Anpassungen
ans Steuerharmonisierungsgesetz, Entlastung von Rentnerinnen und Rentnern sowie erwerbstätigen Steuerpflichtigen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen, Bereinigungen und Vereinfachungen) werden durch verschiedene steuerliche Massnahmen und neue
Regelungen erreicht. Die Wichtigsten sind:
–
Halbierung der Kapitalsteuer von heute 2.5 auf 1.25 ‰. Im Durchschnitt über alle Firmen beträgt die Entlastung rund 9 %, wobei schon heute rund 45 % der Firmen bloss die
Mindeststeuer (derzeit Fr. 920.–) bezahlen.
–
Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung auf Dividenden. Bei qualifizierten
Beteiligungen von mindestens 10 % werden die Dividenden nur noch zum halben Steuersatz besteuert. Davon profitieren insbesondere die Eigentümerinnen und Eigentümer von
Familienaktiengesellschaften sowie die Grossaktionärinnen und Grossaktionäre von mittelgrossen Firmen.
–
Erhöhte Abzugsmöglichkeit für Zuwendungen an die Forschung und Entwicklung
(heute 20 % des steuerbaren Einkommens respektive steuerbaren Reingewinns; künftig
50 %).
–
Vereinfachung und Vereinheitlichung der steuerlichen Behandlung von Umstrukturierungen (Anpassungen ans Fusionsgesetz). Innerhalb eines Konzerns können Beteiligungen, Betriebe, Teilbetriebe und sogar betriebsnotwendiges Anlagevermögen ohne
Steuerfolgen von einer Konzerngesellschaft auf eine andere übertragen werden.
–
Erweiterte Abzugsmöglichkeiten für Personen mit Behinderung (Anpassung ans
Behindertengleichstellungsgesetz). Neu sind alle selbst bezahlten behinderungsbedingten Kosten abzugsfähig, und zwar ohne Berücksichtigung eines Selbstbehalts.
–
Entlastung der Rentnerinnen und Rentner in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen sowie von Kleinverdienenden. Knapp 29 % der Steuerpflichtigen erfahren
dadurch eine Entlastung.
–
Steuerneutrale Unternehmensnachfolge. Die im Zusammenhang mit Unternehmensnachfolgen stehenden sogenannten indirekten Teilliquidationen und Transponierungen
bleiben weiterhin steuerfrei, soweit nicht eine Steuerumgehung vorliegt.
–
Die Mindeststeuer auf Grundstücken für Unternehmen wird abgeschafft.
2.
Gründe und Zielsetzungen der Teilrevision
Mit der Totalrevision des aargauischen Steuergesetzes auf den 1. Januar 2001 konnten verschiedene politische Anliegen der neunziger Jahre erfüllt werden. Unter anderem wurden
Verheiratete und insbesondere Familien mit Kindern deutlich entlastet sowie der Wirtschaftsstandort Aargau mit Tarifsenkungen und diversen attraktiven Spezialregelungen bei der Unternehmensbesteuerung aufgewertet. Seit der Verabschiedung des neuen Steuergesetzes
haben zwei Teilrevisionen stattgefunden, bei denen ausschliesslich neues zwingendes Bundesrecht umzusetzen war (Dekrete vom 7. September 1999 und 13. März 2001). Die Steuerbelastungen sind seit 2001, abgesehen vom Ausgleich der kalten Progression auf dem Tarif per 1. Januar 2002, unverändert geblieben. Das Steuergesetz ist nun aus mehreren
Gründen erneut anzupassen.
-7-
Erstens soll mit verschiedenen steuerpolitischen Massnahmen die Attraktivität des Wirtschafts- und Wohnkantons Aargau weiter gestärkt werden. Der Regierungsrat hat zu diesem
Zweck am 1. Juni 2005 eine Wachstumsinitiative lanciert. Die insgesamt 25 Massnahmen
sollen das Wachstum des Aargauer Volkseinkommens und die Konkurrenzfähigkeit des Kantons Aargau als Wirtschaftsstandort steigern. Hauptstossrichtung im steuerlichen Bereich
bildet die Halbierung der Kapitalsteuer bei den juristischen Personen. Eine steuerliche Entlastung der Unternehmen wird auch in zwei überwiesenen parlamentarischen Vorstössen
verlangt (Postulat Urs Haeny vom 24. Februar 2004 betreffend Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für im Kanton domizilierte Unternehmungen; Motion Thierry
Burkart vom 2. März 2004 betreffend ersatzlose Streichung der Mindeststeuer auf Grundstücken). Zusätzlich zu den in der Wachstumsinitiative vorgesehenen Massnahmen schlägt
der Regierungsrat eine Entlastung der Dividendenbesteuerung bei qualifizierten Beteiligungen vor.
Zweitens sind neue Bundesvorschriften umzusetzen. Dabei geht es um steuerliche Anpassungen, die im Zusammenhang mit dem neuen Fusionsgesetz vom 3. Oktober 2003 (Vereinfachung und Vereinheitlichung der steuerlichen Behandlung von Umstrukturierungen), dem
ebenfalls neu geschaffenen Behindertengleichstellungsgesetz vom 13. Dezember 2002 (unbegrenzter Abzug für behinderungsbedingte Krankheitskosten) sowie der am 8. Oktober
2004 beschlossenen Revision des Stiftungsrechts stehen. Die neuen Bundesgesetze
respektive die Revision des Stiftungsrechts haben zu Änderungen des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG) geführt, welche die Kantone nun zwingend in ihre Steuergesetze
übernehmen müssen. Schliesslich ist das Partnerschaftsgesetz umzusetzen: Eingetragene
gleichgeschlechtliche Partnerschaften werden steuerlich wie Ehepaare behandelt.
Drittens soll die schon früher geplante und zwischenzeitlich sistierte Entlastung von Kleinverdienenden und Rentnerinnen und Rentnern in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen wieder aufgenommen werden. Vier überwiesene parlamentarische Vorstösse zielen auf
eine solche Entlastung (Motion CVP-Fraktion vom 21. Mai 2002 betreffend steuerliche Entlastung für Rentnerinnen/Rentner in bescheidenen Verhältnissen, Motion Lieni Füglistaller
vom 21. Mai 2002 betreffend Änderung des Steuergesetzes für tiefere Einkommen, Motion
Erwin Meier vom 21. Mai 2002 betreffend Änderung der Besteuerungspraxis bei Kleinrentnern und Kleinrentnerinnen, Postulat FDP-Fraktion vom 21. Mai 2002 betreffend Bericht über
die Mehrbelastung von Rentnerinnen und Rentnern mit tiefen Einkommen durch das neue
Steuergesetz).
Viertens drängen sich Bereinigungen und Vereinfachungen auf in Bereichen, wo seit dem Inkrafttreten des neuen Steuergesetzes ein Handlungsbedarf erkannt worden ist. In diesem
Sinne hat der Regierungsrat das Postulat Rudolf Lüscher vom 29. Juni 2004 betreffend Änderung des kantonalen Steuergesetzes und das Postulat Rainer Kaufmann vom 14. Dezember 1999 betreffend Regionalisierung der Steuerämter und Rationalisierungsmassnahmen im
Steuerbereich entgegengenommen.
Diese vier Themenkreise bilden den Inhalt der vom Regierungsrat beabsichtigten Teilrevision. Die 1. Lesung im Grossen Rat soll im ersten Quartal 2006 und die 2. Lesung im zweiten
Quartal 2006 stattfinden. Damit kann die Teilrevision auf den 1. Januar 2007 in Kraft treten.
-8-
3.
Vernehmlassungsverfahren
3.1
Wichtigste Anliegen
Der Regierungsrat hat zwischen dem 18. August 2005 und dem 14. Oktober 2005 ein Vernehmlassungsverfahren bei den Parteien und interessierten Verbänden durchgeführt.
6 Grossratsparteien haben sich vernehmen lassen. CVP, SVP, FDP sowie die EVP stimmen der Vernehmlassungsvorlage grundsätzlich zu. Insbesondere wurden die wirtschaftspolitischen Massnahmen mehrheitlich positiv bewertet. Die SVP, die FDP sowie die CVP betonen, dass die Teilrevision zwar in die richtige Richtung gehe, die Vorschläge des Regierungsrats zur Wachstumsinitiative aber zu wenig weit gingen. Die SP sowie die Grünen lehnen die wirtschaftspolitischen Massnahmen ab.
Von den eingereichten Stellungnahmen der Wirtschafts- und Interessenverbände spricht
sich die Aargauische Industrie- und Handelskammer für die Vorlage aus. Sie vertritt die Ansicht, dass die Revision in die richtige Richtung, aber zu wenig weit gehe. Der Aargauische
Gewerbeverband zeigt sich vom Vernehmlassungsentwurf enttäuscht, weil die überwiegende
Mehrheit der KMU-Betriebe nicht davon profitiere. Der Aargauische Gewerkschaftsbund und
die Vereinigung Aargauischer Angestelltenverbände (VAA) stehen den Anliegen der Teilrevision mehrheitlich ablehnend gegenüber. Auf Ablehnung stossen hier insbesondere die wirtschaftspolitischen Massnahmen.
Von Seiten der Gemeinden sind unterschiedliche Stellungnahmen eingetroffen. Während
die Gemeindeammänner-Vereinigung und der Verband der Aargauischen Finanzverwalter
die wirtschaftspolitischen Massnahmen unterstützen, werden diese von den Steuerfachleuten Aargauer Gemeinden abgelehnt.
Die Anregungen für zusätzliche wirtschaftspolitische Entlastungen sind vielfältig. Es wird eine
weitere Senkung der Kapitalsteuer verlangt (FDP, SVP, Aargauischer Gewerbeverband,
Aargauische Industrie- und Handelskammer), die Senkung des Gewinnsteuertarifs für juristische Personen (SVP), die Einführung eines Proportionaltarifs für juristische Personen (FDP,
Aargauische Industrie- und Handelskammer, Aargauische Stiftung für Freiheit und Verantwortung), zusätzliche Entlastungen für hohe Einkommen (FDP, Aargauische Industrie- und
Handelskammer, Aargauische Stiftung für Freiheit und Verantwortung), die Abschaffung des
15 %-Kantonssteuerzuschlags bei den juristischen Personen für den Finanzausgleich (SVP,
Aargauische Industrie- und Handelskammer, Aargauische Stiftung für Freiheit und Verantwortung), oder die Einführung einer privilegierten Dividendenbesteuerung zur Milderung der
wirtschaftlichen Doppelbelastung (CVP, FDP, Aargauischer Gewerbeverband, Aargauische
Industrie- und Handelskammer sowie einzelne Gemeindevertreter).
Insgesamt gut aufgenommen wurden der Kleinverdiener- und Kleinrentnerabzug die vorgeschlagenen Vereinfachungen und Bereinigungen. So werden die Abschaffung der Mindeststeuer auf Grundstücken sowie die Möglichkeit, Steuerkommissionen zusammen zu
legen, von einer breiten Basis befürwortet.
Zum Teil sind auch Anliegen zu weiteren, im Vernehmlassungsentwurf nicht aufgeführten
Themen vorgebracht worden. So fordert die CVP eine Verdoppelung der Kinderabzüge. Die
Grüne Partei Aargau verlangt, dass Schulgelder für Privatschulen steuerlich abzugsfähig
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sein sollen. Die Steuerfachleute Aargauer Gemeinden beantragen wegen der auf 2001 eingeführten Neuorganisation des Inventarwesens eine Neuverteilung der Erbschafts- und
Schenkungssteuererträge, indem zwei Drittel den Gemeinden und ein Drittel dem Kanton
zukommen sollen (heutiger Verteilschlüssel gerade umgekehrt). Verschiedentlich wird
schliesslich die Einführung einer Flat Tax sowie eine spürbare Vereinfachung des Steuersystems gefordert.
3.2
Würdigung des Regierungsrats
Die bürgerlichen Parteien und Wirtschaftsverbände verlangen zum Teil äusserst weitgehende zusätzliche Steuerentlastungen für Wirtschaft, Unternehmer und Steuerpflichtige mit hohen Einkommen. Zum Teil werden kumulierte Forderungen gestellt, was Steuerentlastungen
in dreistelliger Millionenhöhe bedeuten würde. In der finanzpolitischen Gesamtsicht ist bereits aufgezeigt worden, dass solche überrissenen Forderungen für den Kanton und die Gemeinden nicht verkraftbar sind. Sie sind auch aus anderer Optik abzulehnen.
Die vorgebrachten Begründungen für massive Steuersenkungen basieren auf allzu einseitiger Betrachtungsweise. Tiefe Steuern alleine genügen nicht für einen prosperierenden Kanton Aargau. Steuerermässigungen mit Augenmass sind vor allem auch darum wichtig, da
sich diese nicht mittel- und längerfristig automatisch in steuerlichen Mehreinnahmen niederschlagen, wie häufig behauptet wird. Wenn es so einfach wäre, könnte man die Steuern tatsächlich beliebig senken und die höhere Verschuldung in der Übergangszeit problemlos in
Kauf nehmen. Die dynamischen Effekte einer Steuersenkung sind vielmehr unsicher und
im Ausmass schwer abzuschätzen.
Erstens stellt sich die Frage, ob eine tiefere Steuerbelastung zu mehr Wirtschaftswachstum
führt. Dabei sind verschiedene dynamische Effekte zu beurteilen. Auf der einen Seite führt
eine Steuersenkung dazu, dass den privaten Wirtschaftssubjekten mehr Geld verbleibt, welches sie unter anderem investieren können. Auch erhöhen Steuersenkungen die steuerliche
Attraktivität eines Standorts, was den Zuzug von juristischen und natürlichen Personen fördert. Beide Effekte, vermehrte Investitionen und Zuzüge von Steuerpflichtigen, fördern das
Wirtschaftswachstum. Auf der anderen Seite gilt zu berücksichtigen, dass Steuersenkungen
bei Kanton und Gemeinden zu Mindereinnahmen führen. Verzichtet der Staat in der Folge
auf Investitionen, kann er wichtige Leistungen zugunsten der Einwohnerinnen und Einwohner wie auch zugunsten der Wirtschaft nicht mehr richtig wahrnehmen. Dies wirkt sich negativ auf das Wirtschaftswachstum aus. Die Wirkung einer Steuerermässigung auf das Wirtschaftswachstum kann daher positive und/oder negative Folgen haben.
Zweitens stellt sich die Frage, ob die Steuereinnahmen bei erhöhtem Wirtschaftswachstum
genügend stark steigen, so dass die ursprünglichen Steuerausfälle kompensiert werden
können. Führt eine Steuerermässigung zu mehr Wirtschaftswachstum, so müssen damit
später per Saldo nicht zwingend auch höhere Steuereinnahmen resultieren. Das zusätzliche
Wirtschaftswachstum müsste prozentual höher ausfallen als die Steuerreduktion. Ein solch
starker Effekt einer Steuersenkung ist lediglich bei zwei Szenarien denkbar: Entweder war
die Steuerbelastung vorgängig so hoch, dass die wirtschaftliche Tätigkeit gelähmt war und
Nachholbedarf besteht. Oder die Steuersenkung führt zu einem markanten Zuzug von attraktiven Steuerpflichtigen. Beide Szenarien treffen auf den Kanton Aargau nicht zu: Weder wird
die wirtschaftliche Tätigkeit heute durch das Steuerniveau wesentlich beeinträchtigt, noch
- 10 -
hätten Steuersenkungen eine massive Zuwanderung von Steuerpflichtigen zur Folge. Standortentscheide hängen nur in Ausnahmefällen vorrangig von der Steuerbelastung ab – solange diese in erträglichem Rahmen verbleibt.
Somit ist die Behauptung, dass Steuerermässigungen die Wirtschaft ankurbeln, zwar nicht
zwingend, jedoch vertretbar. Der Regierungsrat rechnet denn auch aufgrund der vorgeschlagenen Steuerentlastungen mit Impulsen für das Wirtschaftswachstum. Die Aussage, dass
Steuerermässigungen schlussendlich per Saldo zu höheren Steuereinnahmen führen, ist für
den Aargau im heutigen Zeitpunkt hingegen unrealistisch.
Zu relativieren sind sodann die immer wieder vorgebrachten Vergleiche zu kleinen Innerschweizer und Ostschweizer Kantonen, die eine tiefe Steuerbelastung haben beziehungsweise in jüngster Zeit Steuersenkungen beschlossen haben. Es ist kein Zufall, dass die ersten Ränge im Steuerbelastungsindex von kleinen Kantonen gehalten werden. Hier genügt
der Zuzug von relativ wenigen guten Steuerzahlern, damit aus Steuersenkungen per Saldo
steuerliche Mehreinnahmen resultieren. Bei grossen Kantonen ist eine Kompensation der
Steuerausfälle durch Zuzüge von zusätzlichen Steuerpflichtigen hingegen unwahrscheinlich:
Erstens wäre hier der Zuzug von sehr vielen guten Steuerzahlern notwendig und zweitens
müsste ein grosser Kanton mit Reaktionen der Nachbarkantone rechnen, die sich gezwungen sehen, ihre Steuern ebenfalls zu senken. So muss ein grosser Kanton wie der Aargau
damit rechnen, dass Steuerausfälle aufgrund von Revisionen in der Regel mehrheitlich definitive Ausfälle sind. Die Steuern von zuziehenden Unternehmen aus anderen Kantonen machen sie nur zum Teil wett.
Steuersenkungen zur Ankurbelung der Wirtschaft ist eine Stossrichtung zur Attraktivitätssteigerung des Wirtschaftsstandorts und Wohnkantons Aargau. Daneben gibt es noch andere
Stossrichtungen, die für einen Wirtschafts- und Wohnkanton ebenfalls von grosser Bedeutung sind: Eine gute und zweckmässige Infrastruktur, ein gutes Potenzial an qualifizierten
Arbeitnehmern, ein leistungsstarkes Bildungs- und Forschungswesen, eine wirksame Naturund Umweltpflege, ein effizientes und verträgliches Verkehrswesen, eine verlässliche öffentliche Sicherheit, ein gut funktionierendes Sozialwesen. Von all diesen Leistungen profitieren
die Unternehmen direkt. Wenn Steuerreduktionen derart massiv ausfallen, dass der Kanton
und die Gemeinden nicht mehr genügend Mittel zur Pflege und Förderung all dieser Bereiche
haben, hat dies einen direkten negativen Einfluss auf die Prosperität des Aargaus mit einem
Dämpfungseffekt auf das Wirtschaftswachstum. Trotz tieferen Steuern würde dies dazu führen, dass der Kanton sogar an Attraktivität verliert.
Aus dieser Gesamtsicht erscheint es einseitig, den Fokus immer nur auf den Steuerbelastungsindex zu setzen. Die Attraktivität des Wirtschafts- und Wohnkantons Aargau lässt sich
nicht alleine am Steuerbelastungsindex messen. Sinnvollerweise müsste man sich immer
auch einen imaginären Index zum Bildungswesen, zur öffentlichen Wohlfahrt, zur Umwelt
etc. vor Augen halten. Die Steuerbelastung ist nur einer von mehreren Standortfaktoren. Eine im Oktober 2005 publizierte Nationalfonds-Studie kommt zum Schluss, dass die Wohnortwahl nicht wesentlich durch Steueranreize beeinflusst wird. Entscheidender für einen Umzugsentscheid seien Faktoren wie der Arbeitsplatz, die familiäre Situation oder lokale Anreize wie gute Bildungssituationen, eine schöne Gegend oder der Immobilienmarkt. Auch die
Erfahrung des Kantonalen Steueramts zeigt, dass die Landpreise sowie die Verfügbarkeit
- 11 -
von entsprechenden Immobilien weit ausschlaggebender für einen Standortentscheid sind
als die Steuerbelastung.
Die verschiedenen Stossrichtungen stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander und
müssen deshalb auch untereinander abgestimmt sein. Bezüglich der Finanzpolitik gilt es,
Entlastungen mit angemessenem Augenmass vorzunehmen. Im Katalog der möglichen Entlastungsmassnahmen sind schliesslich die wirkungsvollsten herauszufiltern.
3.3
Entscheide des Regierungsrats
Der Regierungsrat hat den finanzpolitischen Handlungsspielraum nochmals eingehend
analysiert. Angesichts der künftigen Perspektiven ist der Spielraum für zusätzliche Steuerentlastungen eng. In gesamtheitlicher Würdigung der aktuellen Situation und der künftigen
Perspektiven schlägt er eine zusätzliche Massnahme vor, die im Verhältnis zu momentanen Steuerausfällen eine bestmögliche volkswirtschaftliche Wirkung verspricht: Eine Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung auf Dividenden. Bei qualifizierten Beteiligungen von mindestens 10 % sollen die Dividenden nur noch zur Hälfte des Steuersatzes besteuert werden. Dieses sogenannte Halbsatzverfahren wird hinlänglich als "Nidwaldner
Modell" bezeichnet. Es ist bereits durch einige zentralschweizerische Kantone eingeführt
worden, und verschiedene Ostschweizer Kantone beabsichtigen ebenfalls, dieses Modell
einzuführen. Mit der Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung wird ein altes Anliegen
der Wirtschaft und ein Hauptanliegen des Vernehmlassungsverfahrens erfüllt.
Der Regierungsrat erhofft sich mit dieser Massnahme, dass bisher aus steuerlichen Gründen
einbehaltene Gewinne ausgeschüttet werden. Dies schafft neue Investitionsanreize. Gewinne, die aus steuerlichen Gründen einbehalten werden, stehen nicht für volkswirtschaftlich
erwünschte Neuinvestitionen zur Verfügung und behindern zudem oft auch die Unternehmensnachfolge. Wie gross die zusätzlichen Ausschüttungen in der Anfangsphase und auch
später sein werden, lässt sich mangels verfügbarer Daten insbesondere von Familiengesellschaften und wegen der Ungewissheit über das künftige Verhalten der Steuerpflichtigen nur
äusserst schwer abschätzen. Zumindest in der Anfangsphase dürfte der Effekt die Steuerausfälle, die aus der Entlastung der den bestehenden Dividendenausschüttungen resultieren, etwas mildern. Im Übrigen dient diese Massnahme auch zur Vorbeugung, damit finanzstarke Unternehmer nicht in jene Kantone wegziehen, welche eine solche Massnahme bereits kennen oder demnächst einführen.
Mit den zusätzlichen steuerpolitischen Massnahmen setzt der Regierungsrat einen weiteren
Trumpf in der aargauischen Steuerpolitik. Die steuerlichen Rahmenbedingungen für die
Wirtschaft werden mit der Teilrevision des Steuergesetzes in mehrfacher Hinsicht optimiert: Erstens durch Entlastungen der juristischen Personen mittels Halbierung der Kapitalsteuer, Verzicht auf die Mindeststeuer auf Grundstücken von juristischen Personen (insbesondere auch zum Wohle der aargauischen Immobiliengesellschaften) und Fortführung und
Kodifizierung der sehr liberalen Praxis bei Umstrukturierungen (Steuerfreiheit bei indirekten
Teilliquidationen und Transponierungen), zweitens durch Entlastung der Besitzerinnen und
Besitzer von KMU's durch die privilegierte Dividendenbesteuerung, und drittens durch zusätzliche steuerliche Anreize zur Förderung von Forschung und Entwicklung (erhöhte Abzugsmöglichkeiten für freiwillige Zuwendungen). Dieses Paket an steuerlichen Massnahmen
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wird massgeblich dazu beitragen, die Ziele der Wachstumsinitiative zu erreichen und damit
den Wirtschaftskanton Aargau zu stärken.
Andere steuerliche Massnahmen lehnt der Regierungsrat ab. Im Vorfeld der Erarbeitung der
wirtschaftspolitischen Massnahmen und bei der Beurteilung der Vernehmlassungsergebnisse sind verschiedene andere mögliche Massnahmen geprüft und auf Grund einer gesamtheitlichen Würdigung wieder fallen gelassen worden. Insbesondere betrifft dies die folgenden
Themen:
Kein Wechsel vom Zweistufentarif zum Proportionaltarif bei den juristischen Personen
Heute wird ein (je nach Höhe der Eigenkapitalisierung höherer oder tieferer) Teil des Gewinns, in jedem Fall aber die ersten Fr. 100'000.– des Gewinns, mit 7 % und der restliche
Gewinn mit 11 % besteuert. Bei einem proportionalen Tarif (Flat Rate) würde der gesamte
Gewinn mit demselben Steuersatz besteuert. Ohne Inkaufnahme von übermässig hohen
Steuereinbussen müsste ein Proportionaltarif zwischen der heutigen 1. Stufe (7 %) und der
2. Stufe (11 %) liegen. Für viele Firmen ergäbe sich dann eine höhere Steuerbelastung, so
für die Mehrheit der KMU's, die heute massgeblich vom Zweistufentarif profitieren. Vorteilhaft
wäre der Proportionaltarif tendenziell für gewinnstarke Unternehmen mit schwacher Kapitalbasis. Weil die KMU von einem Wechsel zum Proportionaltarif kaum profitieren respektive
schlechter gestellt würden, hat man bei der Totalrevision des Steuergesetzes auf diese Massnahme verzichtet. Der Regierungsrat schätzt die Situation heute gleich ein und hält deshalb
am Zweistufentarif fest. Würde ein proportionaler Tarif von 7 % (heutige 1. Stufe)
legiferiert, hätte dies im heutigen Zeitpunkt nicht verkraftbare Mindereinnahmen von zusätzlich rund 60 Mio. Franken an Kantonssteuern zur Folge. Wenn es die finanzpolitischen Rahmenbedingungen zulassen, kann die Einführung eines Proportionaltarifs zu einem späteren
Zeitpunkt erneut geprüft werden.
Keine Entlastung der hohen Einkommen
Bei der Ansiedlung von neuen Unternehmen spielt neben der Steuerbelastung der Unternehmung auch die Steuerbelastung der Firmenbesitzer und Manager eine gewisse Rolle.
Die Steuerbelastung von hohen Einkommen ist im Kanton Aargau im interkantonalen Vergleich durchschnittlich. Eine spürbare Entlastung von Reineinkommen über Fr. 200'000.–
wäre mit sehr hohen Steuerausfällen verbunden. Eine Reduktion um 10 % würde bereits
Ausfälle von je 15 bis 20 Mio. Franken für den Kanton und die Gemeinden bewirken. Es erscheint daher für den Wirtschaftsstandort Aargau wirkungsvoller, spürbare Entlastungen bei
den juristischen Personen vorzunehmen. Damit ist aber eine Überprüfung zu einem späteren
Zeitpunkt nicht ausgeschlossen.
Keine Abschaffung des Zuschlags für den interkommunalen Finanzausgleich bei den
juristischen Personen
Dies hätte die faktische Liquidation des interkommunalen Finanzausgleichs zur Folge. Weil
diese Sachfrage und die damit verbundenen Konsequenzen für die Gemeinden im Zentrum
stehen, ist eine allfällige politische Diskussion darüber nicht im Rahmen der vorliegenden
Steuergesetzrevision zu führen. Der Zuschlag ist denn auch nicht im Steuergesetz, sondern
in § 6 lit. b des Finanzausgleichsgesetzes geregelt. Das Steuergesetz enthält in § 2 Abs. 3
lediglich einen Vorbehalt für allfällige Zuschläge in anderen Gesetzen.
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Auch alle weiteren im Vernehmlassungsverfahren vorgebrachten punktuellen Anliegen will
der Regierungsrat nicht in die vorliegenden Teilrevision aufnehmen. Sei dies, weil die damit
verbundenen Steuerausfälle nicht verkraftbar sind, weil die Anliegen höherrangigem Bundesrecht widersprechen, oder weil kein gesamtheitlicher Handlungsbedarf erkennbar ist.
4.
Wirtschaftspolitische Massnahmen
4.1
Stossrichtung
Die Wachstumsinitiative der Aargauer Regierung soll, wie bereits erwähnt, das volkswirtschaftliche Wachstum und die Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Aargau steigern. Sie umfasst ein breites Spektrum von 25 Massnahmen, das von Steuerentlastungen
über die Aufwertung der Wohnqualität bis zur Förderung der Bildung und zum Wissenstransfer von den Hochschulen zu den Unternehmen reicht. Die steuerlichen Massnahmen
bilden einen der verschiedenen Ansätze zur Erreichung dieses Ziels. Sie sind auf die übrigen
nicht steuerlichen Massnahmen abgestimmt und entfalten ihre volle Wirkung im Zusammenspiel mit den anderen Massnahmen.
Die Wachstumsinitiative sieht – nebst der nunmehr vom Regierungsrat zusätzlich vorgeschlagenen Entlastung der Dividenden bei qualifizierten Beteiligungen – vier steuerliche
Massnahmen vor. Zwei bedürfen einer Gesetzesrevision und bilden somit Bestandteil der
vorliegenden Teilrevision: Die Halbierung der Kapitalsteuer bei den juristischen Personen
sowie die erweiterte Abzugsmöglichkeit bei Zuwendungen an steuerbefreite Institutionen in
den Bereichen der Forschung und Entwicklung. Zwei Massnahmen können durch Praxisänderungen der Steuerbehörden umgesetzt werden: Die weitere Liberalisierung bei der Beurteilung der abziehbaren Weiterbildungs- und Umschulungskosten sowie die grosszügigere
Qualifikation der Berufskostenabzüge bei den sogenannten Expatriates (ausländische qualifizierte Fachkräfte, die für eine begrenzte Zeit in der Schweiz arbeiten und Wohnsitz nehmen) und Inpatriates (inländische qualifizierte Fachkräfte, die für eine begrenzte Zeit im Ausland arbeiten und Wohnsitz nehmen).
Bei vollständiger Umsetzung der 25 Massnahmen wird bereits ab 2007 mit einem zusätzlichen jährlichen Wachstum des Volkseinkommens von zirka 0.5 % pro Jahr gerechnet. Damit
wird der Kanton Aargau voraussichtlich schweizweit eine der höchsten Wachstumsraten
ausweisen.
4.2
Halbierung der Kapitalsteuer
Die Kapitalsteuer wird von 2.5 ‰ auf 1.25 ‰ halbiert. Dies bewirkt pro Firma eine
durchschnittliche Entlastung von 9 %. Das konkrete Ausmass der Entlastung ist jedoch stark vom Einzelfall (Höhe des Eigenkapitals und der erzielten Rendite) abhängig. Im interkantonalen Belastungsvergleich wird der Aargau den Sprung in die vordere Hälfte schaffen.
Die Steuerbelastung für juristische Personen ist heute im Kanton Aargau im Vergleich zu anderen Kantonen überdurchschnittlich hoch (Steuerbelastungsindex 2004: 107.6). Während
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die Gewinnbesteuerung unter dem schweizerischen Mittel liegt (Index: 97.4), gehört die Kapitalsteuer im gesamtschweizerischen Vergleich zu den höchsten (Index 144.2). Sie beträgt
gegenwärtig 2.5 ‰ des steuerbaren Eigenkapitals. Auf 2005 haben die Nachbarkantone
Zürich und Luzern ihre Kapitalsteuer gesenkt, so dass der Aargau ohne Gegenmassnahmen
in diesem Bereich weiter an Terrain verlieren würde. Um die Attraktivität des Kantons Aargau
als Standort für juristische Personen zu erhalten beziehungsweise zu erhöhen, soll die Kapitalsteuer deshalb auf 1.25 ‰ halbiert werden.
Eine tiefere Kapitalsteuerbelastung passt optimal zum sonst steuerlich vorteilhaften Profil
des Aargaus. Von einer Reduzierung der Kapitalsteuer profitieren in erster Linie mittelgrosse
und grosse Unternehmen mit starker Kapitalbasis. Die Standortattraktivität für Firmen dürfte sich jedoch mit der Verbesserung des Steuerbelastungsindexes generell erhöhen. Die
Halbierung der Kapitalsteuer ist publizitätswirksam, und der Kanton Aargau würde künftig –
insbesondere auch unter Berücksichtigung des für die verbundenen Unternehmen vorteilhaften Beteiligungsabzugs – über eine sehr attraktive Kapitalbesteuerung verfügen. Mehr Zuzüge und weniger Wegzüge von natürlichen und juristischen Personen generieren Wirtschaftswachstum. Ausserdem verbleibt den Firmen mehr Gewinn nach Steuern, welcher für Investitionen eingesetzt werden kann, was wiederum dem Wirtschaftswachstum zu Gute kommt.
Zwar entstehen zumindest kurz- und mittelfristig grössere Steuerausfälle für den Kanton
und in geringerem Masse für die Gemeinden, die einheitlich 50 % der einfachen Kantonssteuer erhalten. Um die mit dieser Massnahme verbundenen Steuerausfälle in der Übergangsphase etwas abzufedern, wird die Kapitalsteuer in zwei gleichmässigen Schritten halbiert: Auf den 1. Januar 2007 wird sie auf 1.875 ‰ (§ 269a) und auf den 1. Januar 2008 auf
1.25 ‰ (§ 86 Abs. 1) festgesetzt. Ziel ist es, längerfristig die Steuerausfälle durch mehr Zuzüge und weniger Wegzüge von natürlichen und juristischen Personen zu kompensieren.
Den anfänglichen Mindereinnahmen stehen die Arbeitsplätze gegenüber, welche durch neu
zuziehende Firmen und vermehrte Investitionen geschaffen werden.
Im Durchschnitt über alle Firmen beträgt die Entlastung rund 9 %. Dabei kommen rund 55 %
der im Aargau bereits ansässigen Firmen in den Genuss einer Steuerentlastung. Die übrigen
45 % können mit der Senkung der Kapitalsteuer nicht entlastet werden, weil sie bloss die allgemeine Mindeststeuer bezahlen. Am meisten profitieren von einer Halbierung der Kapitalsteuer mittelgrosse und grosse traditionelle Unternehmen mit starker Kapitalbasis und eher
bescheidener Eigenkapitalrendite. Die KMU erfahren eine wesentliche Entlastung, wenn ihr
Eigenkapital Fr. 100'000.– übersteigt, und sie zudem eine tiefe Rendite aufweisen. Bei einem
Eigenkapital von Fr. 100'000.– reduziert sich die Steuerbelastung um Fr. 230.–, sobald eine
Rendite von 5 % erreicht wird; bei tieferer Rendite kommt die Mindeststeuer zum Tragen.
Bezogen auf die steuerlich wichtigsten Wirtschaftszweige spart der Energiesektor prozentual
am meisten Steuern: Die Steuerrechnungen fallen um durchschnittlich rund 18 % tiefer aus.
Ebenfalls eine überdurchschnittliche Steuerersparnis erfahren die Banken, nämlich im Umfang von durchschnittlich rund 13 %. Eine lediglich durchschnittliche Steuerreduktion von im
Mittel 9 % weist hingegen die Maschinenindustrie auf. Grund dafür sind die zum Teil hohen
Eigenkapitalrenditen. Die Unterschiede zwischen den Firmen sind jedoch beträchtlich.
Die Halbierung der Kapitalsteuer wird von der CVP begrüsst. Auch die FDP, die SVP, die
Aargauische Industrie- und Handelskammer (AIHK) sowie der Hauseigentümerverband begrüssen das Vorhaben. Sie machen jedoch geltend, dass die Halbierung der Kapitalsteuer
- 15 -
nicht ausreiche. Vielmehr sei sie gänzlich abzuschaffen oder zumindest auf das bundesrechtlich zulässige Minimum zu reduzieren. Die CVP und der Aargauische Gewerbeverband
sprechen sich zudem für eine Anrechnung der Kapitalsteuer an die Gewinnsteuer aus. Demgegenüber lehnen die SP, die Grüne Partei Aargau, der aargauische Gewerkschaftsbund,
der Verband der Aargauischen Angestelltenverbände (VAA) sowie die Steuerfachleute
Aargauer Gemeinden die Halbierung der Kapitalsteuer ausdrücklich ab. Nach Abwägung der
Vernehmlassungsresultate hält es der Regierungsrat für angemessen, an der vorgesehenen
Halbierung der Kapitalsteuer festzuhalten. Die Halbierung der Kapitalsteuer ist eine genügend starke Massnahme für eine deutliche Verbesserung der interkantonalen Positionierung.
4.3
Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung
Wer eine Beteiligung von mindestens 10 % an einer Firma besitzt, muss künftig die
Dividendeneinkünfte nicht mehr voll versteuern. Sie werden zu einem privilegierten
Steuersatz besteuert. Bisher kennen bereits 5 Kantone eine solche Privilegierung.
Der Aargau wird der erste Grosskanton sein, der diese Regelung einführt.
Im schweizerischen Steuersystem werden Gewinne von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften mit der Gewinnsteuer erfasst. Die anschliessende Ausschüttung an die Anteilsinhaber wird als Einkommen besteuert. Auch das Eigenkapital unterliegt einerseits der Kapitalsteuer bei der Kapitalgesellschaft und anderseits der Vermögenssteuer beim Anteilsinhaber, wobei die Vermögensbelastung weniger ins Gewicht fällt als die Einkommensbelastung.
Die zweifache Belastung bei den zwei an sich selbstständigen Steuersubjekten wird wirtschaftliche Doppelbelastung genannt.
Im Gegensatz zu den ausgeschütteten Gewinnen, die der wirtschaftlichen Doppelbelastung
unterliegen, können die einbehaltenen Gewinne der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft durch Veräusserung der Beteiligungsrechte vom Anteilsinhaber grundsätzlich einkommenssteuerfrei vereinnahmt werden, weil Kapitalgewinne auf beweglichem Privatvermögen steuerfrei sind. Diese systembedingte Ungereimtheit schafft Anreize, Gewinne in der
Kapitalgesellschaft zu thesaurieren und Investitionen weitgehend aus der eigenen Gesellschaft zu finanzieren, anstatt die Gewinne auszuschütten und Investitionen mit Fremdmitteln
oder neuem Eigenkapital zu finanzieren. Dadurch wird ein Verhalten begünstigt, das volkswirtschaftlich nicht optimal ist. Sie setzt die wachstumsfördernde Aufgabe des Kapitalmarkts,
die verfügbaren Investitionsmittel auf die gewinnträchtigsten Unternehmen und damit auf die
rentabelsten Investitionsprojekte zu lenken, teilweise ausser Kraft. Der Bundesrat schlägt
daher in der laufenden Unternehmenssteuerreform II eine Milderung der wirtschaftlichen
Doppelbelastung vor. Dividenden sollen künftig nur noch teilweise besteuert werden.
Eine teilweise Dividendenbesteuerung bedeutet eine Änderung der Steuerbemessungsgrundlage, was den Kantonen nach geltendem Steuerharmonisierungsgesetz verwehrt ist.
Angesichts des verschärften Steuerwettbewerbs will der Regierungsrat jedoch nicht zuwarten, bis die Voraussetzungen für eine Teilbesteuerung auf eidgenössischer Ebene geschaffen sind. Er schlägt deshalb eine Entlastung mittels einer tariflichen Massnahme vor – in
einem Bereich also, wo die Kantone nicht ans Steuerharmonisierungsgesetz gebunden sind.
Es entspricht dem Modell, das die Kantone Appenzell Innerrhoden, Luzern, Nidwalden,
Obwalden und Schaffhausen bereits eingeführt haben, und das auch in den Kantonen
- 16 -
Appenzell Ausserrhoden, Schwyz, St. Gallen, Thurgau und Zug zur Einführung beabsichtigt
ist. Mit dem so genannten Halbsatzverfahren werden die Dividenden bei der Eigentümerin
respektive dem Eigentümer nur noch zur Hälfte des Steuersatzes besteuert, der für das gesamte steuerbare Einkommen massgebend ist. Diese Milderung soll auf unternehmerische
Beteiligungen beschränkt werden und nicht für alle private Kapitalanlagen gelten. Dies entspricht sowohl der Stossrichtung der Wachstumsinitiative als auch der Unternehmenssteuerreform II. Deshalb kommt das Halbsatzverfahren nur für qualifizierte Beteiligungen von
mindestens 10 % zum Tragen. Die Privilegierung ist zudem davon abhängig, dass die Ausschüttung aus versteuerten Unternehmensgewinnen von Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften mit Sitz in der Schweiz stammt.
Beispiel
Alleinaktionär eines KMU-Betriebs, verheiratet, Dividendeneinkommen Fr. 80'000.–;
übriges Einkommen Fr. 120'000.Steuersatz auf dem Gesamteinkommen Fr. 200'000.–
Halber Steuersatz auf dem Gesamteinkommen
3.9775 % von Fr. 80'000.– (Dividende)
7.9550 % von Fr. 120'000.– (übriges Einkommen)
Total einfache Kantonssteuer
Steuer nach neuem Recht *)
Steuer nach geltendem Recht *)
7.9550 %
3.9775 %
Fr. 3'182.–
Fr. 9'546.–
Fr. 12'728.–
Fr. 30'547.–
Fr. 38'184.–
*) 240 % (Kantons-, Gemeinde- und Kirchensteuer)
Die Folgen der möglichen oder zu erwartenden Verhaltensänderungen sind vielfältig. Die
neben der bereits erwähnten wohl Wesentlichste betrifft das Verhältnis von Lohn- und Dividendenbezügen. Eigentümerinnen und Eigentümer von Familiengesellschaften sind heute
aus steuerlichen Gründen bestrebt, möglichst viel Lohn und möglichst wenig Dividenden zu
beziehen. Künftig ist es attraktiv, den Lebensunterhalt mit möglichst wenig Lohn und möglichst viel Dividenden zu bestreiten. Die Gesamtsteuerbelastung bleibt sich zwar – von besonderen Konstellationen abgesehen – mehr oder weniger gleich: Der tieferen Besteuerung
der Dividendeneinkünfte bei der natürlichen Person steht die höhere Gewinnbesteuerung infolge des verminderten Lohnaufwands bei der juristischen Person gegenüber. Einen Vorteil
ergibt sich jedoch bei der natürlichen Person dadurch, dass auf dem tieferen Lohn weniger
Sozialabgaben zu leisten sind (insbesondere AHV/IV- Beiträge). Dies bedeutet auf der anderen Seite Mindereinnahmen für die Sozialwerke.
Da die Milderung der Dividendenbesteuerung nur bei einer Beteiligung von mindestens 10 %
am Aktienkapital einer Firma zum Tragen kommt, ergibt sich vorallem für Eignerinnen und
Eigner von Familienaktiengesellschaften sowie für Grossaktionärinnen und Grossaktionären
von mittelgrossen Firmen eine Steuerersparnis. Bei Familienaktiengesellschaften profitieren
die Unternehmer von der neuen Regelung um so stärker, je mehr Gewinn sie ausweisen und
als Dividenden ausschütten. Jedes Jahr dürften schätzungsweise 5'000 Dividendenbezügerinnen und -bezüger eine tiefere Steuerrechnung erhalten.
- 17 -
4.4
Förderung von Forschung und Entwicklung
Zuwendungen an Institutionen, die eine gemeinnützige oder ein im öffentlichen Interesse liegende Tätigkeit ausüben, können bis maximal 20 % des Reineinkommens
von der Steuer abgezogen werden. Für Zuwendungen an Institutionen, die im Bereich der Forschung und Entwicklung tätig sind, ist künftig ein Abzug von 50 % möglich.
Nach der geltenden Regelung können freiwillige Geldleistungen, die von natürlichen oder
von juristischen Personen an juristische Personen mit öffentlichen oder ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken ausgerichtet werden, steuerlich abgezogen werden. Der Abzug ist
auf 20 % des Reineinkommens bei den natürlichen Personen respektive des steuerbaren
Reingewinns bei den juristischen Personen beschränkt. Neu wird diese Grenze im Bereich
der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung auf 50 % erhöht. Weiterhin nicht abziehbar sind Leistungen, die der eigenen betrieblichen Forschung und Entwicklung dienen.
Mit dieser Neuerung wird ein Anreiz für höhere Spenden im Bereich der wissenschaftlichen
Forschung und Entwicklung geschaffen. Obwohl damit zu rechnen ist, dass nicht nur aargauische Institute von dieser Neuerung profitieren werden, weil erfahrungsgemäss auch grössere Spenden in die Hochschulkantone Basel und Zürich gehen, sind für den Wirtschaftsstandort Aargau langfristig positive Effekte zu erwarten.
Im Vernehmlassungsverfahren wurde die Förderung von Forschung und Entwicklung mit
steuerlichen Instrumenten insbesondere von der FDP sowie den Wirtschaftsverbänden positiv aufgenommen. Die CVP hat indes Bedenken geäussert, dass die vorgesehenen steuerlichen Massnahmen auch wirklich geeignet sind, eine Förderung von Forschung und Entwicklung zu bewirken. Auch die SVP geht davon aus, dass die Änderung einen eher unbedeutenden Nebenschauplatz betrifft, der kaum zur Standortförderung beiträgt.
Die Grüne Partei hat generelle Vorbehalte, weil sie befürchtet, dass von den steuerlichen
Vergünstigungen vor allem auch Forschungsgebiete profitieren, die nicht der Nachhaltigkeit
verpflichtet sind. Auch der Aargauische Gewerkschaftsbund lehnt das Vorhaben ab, während
sich die SP gegen eine Erhöhung auf 50 % ausspricht und betont, dass die im Rahmen der
Revision des Stiftungsrechts beschlossene Grenze von 20 % ausreiche.
Im Vernehmlassungsverfahren wurde von Seiten der CVP ausserdem bemängelt, dass der
Wortlaut der Bestimmung nicht eindeutig sei. Dementsprechend wurde § 40 lit. k sowie § 69
Abs. 1 lit. c ergänzt. Neu wird ausdrücklich festgehalten, dass die Abzugsfähigkeit für freiwillige Zuwendungen auf maximal 50 % der steuerbaren Einkünfte festzusetzen sei. Alleine die
Tatsache, dass sich unter den freiwilligen Spenden auch solche zugunsten der Forschung
und Entwicklung befinden, vermag eine Erhöhung auf 50 % nicht zu rechtfertigen.
- 18 -
5.
Umsetzung der Bundesgesetzgebung
5.1
Fusionsgesetz
Das Fusionsgesetz erleichtert die Umstrukturierung von Firmen. Es sind neu ohne
Steuerfolgen verschiedene Übertragungen zwischen den Konzerngesellschaften
möglich: Beteiligungen von mindestens 20 %, Betriebe, Teilbetriebe, sowie Gegenstände des betrieblichen Anlagevermögens.
Das für die direkte Bundessteuer auf den 1. Juli 2004 in Kraft getretene Fusionsgesetz bezweckt in steuerlicher Hinsicht eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der steuerlichen
Behandlung von Umstrukturierungen. Es hat verschiedene Änderungen des Steuerharmonisierungsgesetzes mit sich gebracht (Art. 8 Abs. 3 und 24 StHG). Das Steuerharmonisierungsgesetz räumt den Kantonen eine Frist von drei Jahren zur Anpassung ihrer Gesetze ein
(Art. 72e StHG). Mit der vorliegenden Teilrevision wird das kantonale Steuergesetz an die
steuerlichen Bestimmungen des Fusionsgesetzes angepasst. Damit wird sichergestellt, dass
den durch das Fusionsgesetz verbesserten Rahmenbedingungen für die Wirtschaft keine
steuerlichen Hindernisse entgegenstehen.
Das Fusionsgesetz regelt die Anpassung der rechtlichen Strukturen von Kapitalgesellschaften, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und
Vorsorgeeinrichtungen sowie Einzelfirmen im Zusammenhang mit einer Fusion, einer Spaltung, der Umwandlung in eine andere Rechtsform oder einer Vermögensübertragung. Mit
dem neuen Gesetz werden im Bereich der rechtlichen Organisation der Rechtsträger eine
grössere Flexibilität und erleichterte Anpassung der Rechtsform an veränderte Bedürfnisse
bezweckt. Es trägt dazu bei, die Rahmenbedingungen der Schweiz als Wirtschaftsstandort
zu verbessern. Die neuen Vorschriften ersetzen die bisherigen lückenhaften Bestimmungen
des Obligationenrechts und bringen verschiedene Neuerungen.
Wichtigstes Ziel des Fusionsgesetzes ist die Erleichterung von betrieblichen Reorganisationen und Übernahmen. Die praktische Umsetzung dieses Ziels bedingt, dass die im Fusionsgesetz vorgesehenen Transaktionsformen steuerneutral vollzogen werden können. Aus diesem Grund wird auf eine Besteuerung stiller Reserven im Zeitpunkt der betrieblichen Umstrukturierung verzichtet und eine allfällige Besteuerung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Die spätere Besteuerungsmöglichkeit wird sichergestellt, indem die steuerneutrale
Umstrukturierung voraussetzt, dass
–
–
die für die Einkommens- bzw. Gewinnsteuer massgeblichen Buchwerte beibehalten werden und
die Steuerpflicht in der Schweiz weiter besteht.
Weil die meisten betrieblichen Umstrukturierungen bereits bisher steuerneutral durchgeführt
werden konnten, ergeben sich keine umfassenden materiellen Änderungen der bestehenden
steuerrechtlichen Vorschriften. Die neuen Bestimmungen regeln weitgehend die bestehende
Praxis. Im Übrigen gelten die Grundsätze und Fallbeispiele, welche im Kreisschreiben Nr. 5
- 19 -
der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 1. Juni 2004 (Kreisschreiben "Umstrukturierungen") dargestellt sind, auch für Umstrukturierungen im Kanton Aargau.
Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen:
§ 28 regelt die steuerneutrale Umstrukturierung von Personenunternehmungen. Soweit die
Steuerpflicht in der Schweiz fortbesteht und die für die Einkommenssteuer massgeblichen
Werte beibehalten werden, können einzelne Vermögenswerte ohne Steuerfolgen auf eine
andere Personenunternehmung übertragen werden (§ 28 Abs. 1 lit. a). Gleiches gilt bei der
Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs auf eine juristische Person (§ 28 Abs. 1 lit. b).
Wie bisher schon ist hier eine fünfjährige Sperrfrist zu beachten, während der die erhaltenen
Beteiligungsrechte nicht zu einem über dem steuerlichen Eigenkapital liegenden Preis veräussert werden dürfen. Andernfalls wird über die übertragenen Reserven im Nachsteuerverfahren rückwirkend abgerechnet. Die juristische Person kann sodann die solchermassen
versteuerten stillen Reserven bei ihrer Besteuerung geltend machen. Nach dem klaren Wortlaut von Art. 8 Abs. 3bis des Steuerharmonisierungsgesetzes handelt es sich um eine verobjektivierte Sperrfrist. Subjektive Gründe für die Veräusserung (z.B. Krankheit, Tod) spielen
keine Rolle.
§ 28 Abs. 4 bestimmt neu, dass die übernehmende Unternehmung für die Erfüllung der bisherigen Steuerpflicht des Personenunternehmens solidarisch haftet. Der Begriff "Gesellschaft" wird durch den Begriff "Unternehmen" ersetzt. Mit der neuen Terminologie wird zum
Ausdruck gebracht, dass neben Gesellschaften auch Einzelfirmen solidarisch haften.
§ 71 regelt die steuerneutrale Umstrukturierung von juristischen Personen. Soweit die Steuerpflicht in der Schweiz fortbesteht und die für die Gewinnsteuer massgeblichen Werte beibehalten werden, können juristische Personen in verschiedener Weise (Fusion, Spaltung,
Umwandlung, Vermögensübertragung auf eine Tochtergesellschaft) ohne Steuerfolgen umstrukturiert werden (Art. 71 Abs. 1 lit. a bis d). Bei einer Übertragung auf eine Tochtergesellschaft ist eine Sperrfrist zu beachten, während der weder die erhaltenen Beteiligungsrechte
noch die übertragenen Vermögenswerte veräussert werden dürfen. Andernfalls wird über die
übertragenen stillen Reserven rückwirkend auf den Zeitpunkt der Umstrukturierung abgerechnet (§ 71 Abs. 2).
Neu können innerhalb eines Konzerns in einem weiteren Umfang als bisher Beteiligungen,
Betriebe, Teilbetriebe und Gegenstände des betriebsnotwendigen Anlagevermögens steuerneutral übertragen werden (§ 71 Abs. 3). Mit dem durch das Fusionsgesetz vorgesehenen
Institut der Vermögensübertragung hat sich aber auch die Problematik des Statuswechsels
verschärft. Soweit stille Reserven als Folge einer Umstrukturierung in eine Holding- oder
Verwaltungsgesellschaft überführt werden, liegt eine steuersystematische Realisierung vor,
weil eine spätere Besteuerung der übertragenen stillen Reserven auf Grund des Holdingoder Domizilstatus nicht mehr möglich ist. Gelangen somit stille Reserven durch Umstrukturierung oder Statuswechsel in eine Holding- oder Domizilgesellschaft, erfolgt eine steuerliche
Abrechnung. Davon ausgenommen sind stille Reserven auf Beteiligungen und Liegenschaften, deren Besteuerung wie bisher aufgeschoben wird (§ 71 Abs. 5 Satz 3).
Für die Unternehmungen ergeben sich aus dieser Änderung keine besonderen Schwierigkeiten. Soweit Gegenstände des betrieblichen Anlagevermögens übertragen werden, wird künf-
- 20 -
tig darauf zu achten sein, dass diese weiterhin der betrieblichen Leistungserstellung dienen
und mit der Übertragung kein Statuswechsel verbunden ist.
§ 72 regelt die Ersatzbeschaffungen. Wie beim Ersatz von betriebsnotwendigem Anlagevermögen können auch beim Ersatz von Beteiligungen die stillen Reserven auf eine neue Beteiligung übertragen werden. Bedingung ist, dass die veräusserte Beteiligung mindestens 20 %
des Grund- oder Stammkapitals der anderen Gesellschaft ausmacht und als solche während
mindestens eines Jahrs im Besitz der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft war. Dies
wird neu in § 72 Abs. 1bis festgehalten.
§ 80 Abs. 1 lit. b des geltenden Rechts verlangt, dass die innert 10 Jahren realisierten stillen
Reserven, die bei einer früheren Umstrukturierung oder Sacheinlage durch Statuswechsel in
eine Holding- oder Verwaltungsgesellschaft gelangt sind, besteuert werden. Mit den durch
das Fusionsgesetz neu geregelten Umstrukturierungstatbeständen gemäss § 71 verliert § 80
Abs. 1 lit. b seine Bedeutung und ist daher aufzuheben.
Gemäss § 80 Abs. 2 entfällt die Besteuerung von Kapitalgewinnen auf Beteiligungen, soweit
für diese im Zeitpunkt des Steueraufschubs die Beteiligungsermässigung nach § 77 möglich
gewesen wäre. Nach der Übergangsregelung (§ 271) berechtigen Kapitalgewinne auf Alt-Beteiligungen nicht zu einer Steuerermässigung. Weil aber die Unterscheidung zwischen Altund Neubeteiligungen nach dem 31. Dezember 2006 entfällt, wird § 80 Abs. 2 obsolet.
§ 97 Abs. 1 lit. e des geltenden Rechts besagt, dass bei Veräusserungen von juristischen
Personen mit besonderen Zwecken im Rahmen von Umstrukturierungen die Grundstückgewinnsteuer aufgeschoben wird. Das Steuerharmonisierungsgesetz betrachtet gestützt auf
das Fusionsgesetz sämtliche Veräusserungen im Rahmen einer Umstrukturierung als
steueraufschiebend. Die Einschränkung des Steueraufschubs auf juristische Personen mit
besonderen Zwecken ist daher nicht mehr haltbar. Aus diesem Grund ist § 97 Abs. 1 lit. e
zu streichen. Stattdessen wird gemäss § 97 Abs. 1 lit. f die Grundstückgewinnsteuer im Fall
einer Umstrukturierung nach § 28 Abs. 1 sowie § 71 Abs. 1 und 3 generell aufgeschoben.
5.2
Behindertengleichstellungsgesetz
Steuerpflichtige mit Behinderungen können künftig sämtliche behinderungsbedingten Kosten von der Steuer abziehen. Bisher waren nur Krankheitskosten abzugsfähig, die über einem Selbstbehalt von 5 % des Nettoeinkommens lagen. Um einen
doppelten Abzug zu vermeiden, werden die behinderungsbedingten Kosten an den
Invalidenabzug angerechnet.
Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) ist am 1. Januar 2004 in Kraft getreten. Es
soll den rund 700'000 Menschen mit Behinderungen in der Schweiz die Integration in die
Gesellschaft in zahlreichen Punkten wesentlich erleichtern. Der Zugang zu Bauten und Anlagen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind, muss im Fall eines Neubaus oder einer Erneuerung auf die Bedürfnisse der Behinderten ausgerichtet oder angepasst werden. Der Bund,
die Kantone und Gemeinden werden neu verpflichtet, sämtliche Dienstleistungen so anzubieten, dass sie auch von Menschen mit Behinderungen ohne Benachteiligung in Anspruch
genommen werden können.
- 21 -
Das Behindertengleichstellungsgesetz bringt neue steuerliche Erleichterungen für Behinderte. Es sieht vor, dass die so genannten behinderungsbedingten Kosten steuerlich vollumfänglich abziehbar sind. Gegenüber dem bisherigen Recht, welches einen beschränkten Abzug für Invaliditätskosten vorsah, bedeutet dies eine Erweiterung im Kreis der möglichen abziehbaren Kosten (behinderungsbedingte Kosten anstelle von Invaliditätskosten) und eine
Erweiterung bezüglich der Höhe des Abzugs (vollumfänglicher Abzug anstelle des Abzugs
jener Kosten, welche 5 % des Reineinkommens übersteigen).
Bei der Umsetzung der geänderten Bestimmungen zu den behinderungsbedingten Kosten
verbleibt den Kantonen kein Handlungsspielraum. Der bisherige Abzug für Krankheits-, Unfall- und Invaliditätskosten, welcher für selbst getragene Kosten über den kantonalen Selbstbehalt zulässig war, ist für die Invaliditätskosten zu ersetzen durch einen Abzug für die selbst
getragenen "behinderungsbedingten Kosten", unabhängig von deren Höhe.
Die entsprechenden Änderungen im Gesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) wie auch
im Steuerharmonisierungsgesetz (StHG) sind vom Bundesrat auf den 1. Januar 2005 in Kraft
gesetzt worden. Damit gelten die steuerlichen Erleichterungen auf der Ebene von Bund,
Kantonen und Gemeinden einheitlich vom 1. Januar 2005 an. Die Kantone sind verpflichtet,
ihre Gesetzgebung auf diesen Zeitpunkt hin anzupassen. Der Kanton Aargau hat diese Neuerung bereits vor der formellen kantonalen Gesetzesanpassung umgesetzt, weil die entsprechende Norm des Steuerharmonisierungsgesetzes zwingend und direkt anwendbar ist.
Als Mensch mit Behinderung gilt nach dem Behindertengleichstellungsgesetz eine Person,
der es eine voraussichtlich dauernde körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung
erschwert oder verunmöglicht, alltägliche Verrichtungen vorzunehmen, soziale Kontakte zu
pflegen, sich fortzubewegen, sich aus- und fortzubilden oder eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Aus dieser Umschreibung ergibt sich, dass der Begriff der behinderungsbedingten
Kosten umfassender ist als der Begriff der Invaliditätskosten des bisherigen Rechts. Die
Schwierigkeit der neuen Regelung besteht darin, die Krankheits- und Unfallkosten von den
behinderungsbedingten Kosten abzugrenzen. Das Kreisschreiben Nr. 11 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 31. August 2005 enthält die notwendigen Präzisierungen.
Im Vernehmlassungsverfahren wurde von Seiten der Steuerfachleute Aargauer Gemeinden
geltend gemacht, dass der Invalidenabzug gemäss § 42 Abs. 1 lit. c nach der Umsetzung
der steuerlichen Bestimmungen des Behindertengleichstellungsgesetzes keine Berechtigung
mehr hat. Bestimmungsgemäss soll der Invalidenabzug den erhöhten Lebenshaltungskosten
(Fortbewegung, Verrichtung von Alltagsgeschäften usw.) und der damit verbundenen Verminderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung tragen.
Diese Feststellung ist zutreffend. Mit dem neuen Abzug für selbst getragene behinderungsbedingte Kosten (§ 40 lit. ibis) können nicht bloss die direkten krankheitsbedingten Kosten
geltend gemacht werden, sondern auch die wegen der Behinderung höheren Lebenshaltungskosten. Dass dem so ist, wurde erst mit der Publikation des Kreisschreibens über den
Abzug von Krankheits- und Unfallkosten sowie behinderungsbedingten Kosten vom 31. August 2005 – und mitunter erst nach Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens – ersichtlich.
Da nunmehr beide Bestimmungen auf eine steuerliche Berücksichtigung der behinderungsbedingten Mehrkosten der Lebenshaltung abzielen, führt dies dazu, dass im Wesentlichen
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die gleichen Kosten sowohl unter dem Titel von § 40 lit. ibis als auch nach § 42 Abs. 1 lit. c
geltend gemacht werden können. Dies führt zu einer doppelten Abzugsmöglichkeit.
Grundsätzlich könnte man die Schlussfolgerung ziehen, dass der Invalidenabzug nicht mehr
gerechtfertigt und daher zu streichen ist. Der Invalidenabzug von Fr. 3'000.– steht denjenigen Steuerpflichtigen zu, die mindestens eine halbe IV-Rente oder eine Hilflosenentschädigung der AHV oder IV beziehen. Wer eine Hilflosenentschädigung bezieht, verliert bei einer
Abschaffung des Invalidenabzugs kaum etwas, wenn der neue Abzug an dessen Stelle tritt.
Unter § 40 lit. ibis kommen gemäss dem Kreisschreiben nämlich ebenfalls Pauschalabzüge
zur Anwendung: Bezüger einer Hilflosenentschädigung leichten Grads können pauschal (ohne Nachweis von selbstgetragenen Kosten) Fr. 2'500.– geltend machen, Bezüger einer Hilflosenentschädigung mittleren Grads Fr. 5'000.– und Bezüger einer Hilflosenentschädigung
schwereren Grads Fr. 7'500.–. Es gibt jedoch eine Gruppe von Steuerpflichtigen, die bei
einer Abschaffung des Invalidenabzugs schlechter gestellt wäre: Wer mindestens eine halbe
IV-Rente bezieht und keine (oder nur sehr geringe) behinderungsbedingte Kosten hat, verlöre den Anspruch auf den heutigen Sozialabzug. Um auch diese Personen nicht schlechter zu
stellen, schlägt der Regierungsrat vor, den Invalidenabzug grundsätzlich zu belassen, die bereits unter § 40 lit. ibis berücksichtigten Kosten jedoch daran anzurechnen. Soweit die Kosten
Fr. 3'000.– übersteigen, entfällt der Invalidenabzug ganz. Mit dieser Regelung ist sichergestellt, dass keine Kosten doppelt abgezogen werden.
5.3
Revision des Stiftungsrechts
Zuwendungen an Institutionen, die eine gemeinnützige oder eine im öffentlichen Interesse liegende Tätigkeit ausüben, können bis maximal 20 % des Reineinkommens
von der Steuer abgezogen werden. Neu kann auch der Gegenwert von Sachspenden
wie beispielsweise Gemälden oder Immobilien von der Steuer abgezogen werden.
Die Revision des Stiftungsrechts hat eine Liberalisierung mit sich gebracht mit dem Ziel, die
Stiftungsfreudigkeit zu erhöhen. Im Wesentlichen beinhaltet die Revision die Einführung
eines Zweckänderungsvorbehalts und einer obligatorischen Revisionsstelle. Ausserdem
bringt das neue Recht eine Erweiterung der steuerlichen Abzugsmöglichkeiten.
Sowohl bei der direkten Bundessteuer als auch im Steuerharmonisierungsgesetz ist vorgesehen, dass neben Geldleistungen an Institutionen, die gemeinnützige oder öffentliche
Zwecke verfolgen, neu auch die freiwillige Leistung von anderen Vermögenswerten von den
steuerbaren Einkünften oder Gewinnen abgezogen werden kann. Der Begriff der freiwilligen
Leistung schliesst bewegliches und unbewegliches Vermögen inklusive Forderungen und
Immaterialgüterrechte mit ein. Diese Sachleistungen müssen im Veranlagungsverfahren bewertet werden. Wie bisher sind Arbeitsleistungen zugunsten von gemeinnützigen Organisationen auch weiterhin nicht abziehbar.
Neu sind auch freiwillige Leistungen an den Bund und seine Anstalten abzugsfähig. Damit
wird es künftig möglich sein, z.B. der ETH freiwillige Leistungen steuerwirksam zukommen
zu lassen. Diese Neuerungen bezwecken, die Stiftungs- und Spendenfreudigkeit zu erhöhen
in der Meinung, dass gemeinnützige Stiftungen die Gemeinwesen in vielfältiger Hinsicht ent-
- 23 -
lasten. Insbesondere sollen die Bereiche Kultur, Ausbildung, Forschung, Wissenschaft und
Sozialhilfe von zusätzlichen Geldern profitieren.
Sowohl die Abzugsfähigkeit von Sachspenden als auch die Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an öffentliche Gemeinwesen in der Schweiz sind vom Bundesrecht zwingend vorgegeben und müssen im kantonalen Recht entsprechend übernommen werden. Keine Änderung
ergibt sich im Kanton Aargau durch die Ausdehnung der Abzugsfähigkeit von freiwilligen
Leistungen auf Kantone und Gemeinden und deren Anstalten. Solche Leistungen sind bereits nach geltendem Recht abziehbar, soweit es sich um Geldleistungen handelt.
5.4
Partnerschaftsgesetz
Eingetragene Partnerschaften von gleichgeschlechtlichen Paaren werden gleich behandelt wie Ehepaare. Sie werden gemeinsam zum Verheirateten-Tarif besteuert,
haften solidarisch für die Gesamtsteuer und können einander Schenkungen ohne
Steuerfolgen ausrichten.
In der Volksabstimmung vom 5. Juni 2005 wurde das Bundesgesetz über die eingetragene
Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare (Partnerschaftsgesetz vom 18. Juni 2004
[BBl 2004, 3137]) angenommen. Das neue Gesetz wird voraussichtlich am 1. Januar 2007 in
Kraft treten. Es will zwei Personen gleichen Geschlechts, die nicht miteinander verwandt
sind, ermöglichen, ihre Beziehung rechtlich abzusichern. Zu diesem Zweck wird eine eingetragene Partnerschaft eingeführt, die im Steuerrecht den Verheirateten gleichgestellt wird.
Die Gleichstellung lässt sich am Einfachsten durch eine Generalklausel erreichen. Für das
aargauische Steuergesetz wird deshalb festgehalten, dass die Stellung eingetragener Partnerinnen und Partner derjenigen von Verheirateten entspricht (§ 21 Abs. 1bis). Obwohl die
systematische Einordnung der Generalklausel im zweiten Teil (Einkommens- und Vermögenssteuern der natürlichen Personen) des Steuergesetzes erfolgt, gilt sie für das ganze
Steuergesetz. Die Generalklausel gilt deshalb insbesondere auch im Bereich der Grundstückgewinnsteuern, bei den Erbschafts- und Schenkungssteuern sowie im Verfahrensrecht.
Überall, wo das Steuergesetz formelle oder materielle Rechtsfolgen an den Zivilstand der
Ehe knüpft, gelten diese sinngemäss auch für Personen, die in eingetragener Partnerschaft
leben.
Die Gleichstellung von eingetragenen Partnerschaften und Ehen führt dazu, dass Einkommen und Vermögen von Personen, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter eingetragener Partnerschaft leben, wie bei Verheirateten, ohne Rücksicht auf den Güterstand zusammengerechnet werden (§ 21 Abs. 1, 2. Satz). Sind nach Auflösung der Partnerschaft Unterhaltsbeiträge geschuldet, können sie wie bei der Auflösung der Ehe vom Leistenden abgezogen werden (§ 21 Abs. 1bis, 2. Satz). Sie sind vom Empfänger zu versteuern. Da das Eherecht vermögensrechtliche Vereinbarungen im Sinne von Art. 25 des Partnerschaftsgesetzes
nicht kennt, müssen diese im Interesse der Rechtssicherheit speziell geregelt werden (§ 8
Abs. 3). Andernfalls wären Vereinbarungen zulasten des Fiskus zu befürchten.
Ebenfalls aus Gründen der Rechtssicherheit ist es angezeigt, die Gleichstellung bei den
Erbschafts- und Schenkungssteuern ausdrücklich zu normieren, denn in diesem Bereich
fehlt dem Bundesgesetzgeber die Kompetenz, den Kantonen eine absolute Gleichstellung
- 24 -
von eingetragenen Partnerschaften und Ehen vorzuschreiben. Dennoch sind die Kantone
diesbezüglich nicht frei, denn sie haben die folgenden zwei Aspekte zu beachten:
–
Die Kantone haben in ihrer Gesetzgebung darauf zu achten, dass sie Bundesprivatrecht
weder vereiteln noch massiv erschweren. Im Erbrecht werden die eingetragenen Partnerschaften den Ehen gleichgestellt. Damit wird die eingetragene Partnerschaft Teil des
Bundesprivatrechts, das durch kantonale Steuernormen nicht vereitelt oder massiv erschwert werden darf.
–
Gleichzeitig enthält die Verfassung ein Diskriminierungsverbot wegen der Lebensform
(Art. 8 Abs. 2 BV). Dieses Verbot richtet sich an alle rechtsetzenden und rechtsanwendenden Behörden (Art. 35 Abs. 2 BV), also auch an die Kantone.
Aus diesen Gründen sowie im Einklang mit der Generalklausel (§ 21 Abs. 1bis) ergibt sich,
dass eingetragene Partnerschaften auch bei den Erbschafts- und Schenkungssteuern den
Verheirateten gleichzustellen sind. Vermögensanfälle unter Personen, die in eingetragener
Partnerschaft leben, sind ebenfalls steuerfrei (§ 142 Abs. 3, 2. Satz).
Schliesslich wird die Ausstandsregelung erweitert (§ 169 Abs. 1 lit. b). Obwohl das Steuerharmonisierungsgesetz nichts Entsprechendes vorschreibt, empfiehlt sich eine Übernahme
der Bestimmung von Art. 109 DBG ins kantonale Recht. Neben der eingetragenen Partnerschaft gilt neu auch die faktische Lebensgemeinschaft als Ausstandsgrund. Das Verlöbnis
wird nicht mehr speziell erwähnt. Soweit die Verlobten nicht bereits eine faktische Lebensgemeinschaft führen, ist der Auffangtatbestand von § 169 Abs. 1 lit. d (Befangenheit aus anderen Gründen) anwendbar.
5.5
Laufende Revisionen auf Bundesebene
Auf Bundesebene wird an verschiedenen Steuerreformen gearbeitet, die auch Auswirkungen
auf die Kantone haben werden. Bei allen Reformen sind die Kantone durch die Ausfälle an
den Kantonsanteilen an der direkten Bundessteuer betroffen. Bei einigen Reformen werden
auch materielle Änderungen der kantonalen Steuergesetze erforderlich sein. Soweit zeitlich
möglich und vertretbar, können diese Reformen allenfalls im Verlauf der Gesetzesberatungen noch in die vorliegende Teilrevision eingebunden werden. Andernfalls ist das kantonale
Recht zu einem späteren Zeitpunkt anzupassen.
Im Zentrum steht beim Bund momentan die Unternehmenssteuerreform II. Bei dieser Reform geht es in erster Linie um die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung, indem
die Dividenden bei den Anteilseignern nur noch mit einer bestimmten Quote besteuert werden sollen. Bei den Personenunternehmen sollen verschiedene Massnahmen die Übertragungen, Restrukturierungen und Liquidationen erleichtern. Bei den Kapitalgesellschaften
sind unter anderem günstigere Voraussetzungen beim Beteiligungsabzug und höhere Freibeträge bei den Emissionsabgaben geplant. Auch steht zur Diskussion, dass es den Kantonen ermöglicht werden soll, die Kapitalsteuer an die Gewinnsteuer anzurechnen. Schliesslich
soll auch die Problematik bei der Unternehmensnachfolge (Transponierung, indirekte Teilliquidation) gesetzlich geregelt werden. Der Bundesrat hat die entsprechende Botschaft am
23. Juni 2005 verabschiedet. Da vor allem die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung im Vernehmlassungsverfahren sehr kontrovers aufgenommen worden und politisch umstritten ist, ist im jetzigen Zeitpunkt nur schwer abzuschätzen, wie die endgültigen Regelun-
- 25 -
gen aussehen werden, in welchem Masse die Kantone zur Übernahme von neuen Regelungen verpflichtet werden und in welchem Masse sie neue Spielräume für eigene Lösungen
erhalten.
Bei der in Aussicht stehenden Familiensteuerreform geht es darum, die heutigen ungerechtfertigten und verfassungswidrigen Belastungsunterschiede zwischen Ehepaaren und
Konkubinatspaaren bei der Bundessteuer auszumerzen und generell die Familien zu entlasten. Gegenwärtig führt das Eidgenössische Finanzdepartement ein Vernehmlassungsverfahren zu den Sofortmassnahmen im Bereich der Ehepaarbesteuerung durch. Ziel der Vorlage ist, die verfassungswidrige steuerliche Diskriminierung der Zweiverdienerehepaare gegenüber gleichsituierten Konkubinatspaaren bei der direkten Bundessteuer zu beseitigen.
Konkret soll der Zweiverdienerabzug in der Höhe von Fr. 7'600.– auf 50 % des Einkommens
des Zweitverdienenden erhöht werden, und zwar bis zu einem Maximalbetrag von
Fr. 55'000.–. Weil der Kanton Aargau bereits viele Forderungen und Anliegen im neuen
Steuergesetz aufgenommen hat – beispielsweise die Einführung des Tarif-Splittings – ist in
diesem Bereich, wenn überhaupt, nur mit geringem kantonalem Revisionsbedarf zu rechnen.
In Vorbereitung ist eine Botschaft für eine begrenzte Steueramnestie. Bei Erbschaftsfällen
soll die Nachsteuerfrist für die Erben auf 3 Jahre verkürzt werden. Ausserdem soll jede
natürliche Person einmal im Leben eine straflose Selbstanzeige machen können, so dass für
hinterzogene Steuern nur eine Nachsteuer, nicht aber eine Busse erhoben wird.
Bereits fortgeschritten sind die Beratungen einer gesetzlichen Neuregelung bei der Besteuerung der Mitarbeiterbeteiligungen. Das Eidgenössische Parlament wird voraussichtlich
noch 2005 eine entsprechende Gesetzesrevision verabschieden.
Das Bundesparlament hat ausserdem das Bundesgesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit beschlossen. Dieses Gesetz soll voraussichtlich ebenfalls per 1. Januar 2007 in Kraft
treten. Es sieht vor, dass für kleine Einkommen ein vereinfachtes Abrechnungsverfahren für
sämtliche Sozialversicherungen (AHV, IV, EO, ALV, Unfallsversicherung) eingeführt wird. Im
vereinfachten Verfahren sollen gleichzeitig Steuern (Bundes-, Kantons- Gemeinde- und Kirchensteuern) abgerechnet werden. Die Abrechnung soll über die AHV-Ausgleichskassen erfolgen. Entsprechende Empfehlungen für die gesetzgeberische Umsetzung werden derzeit
auf Bundesebene erarbeitet.
6.
Kleinverdiener- und Kleinrentnerabzug
Kleinverdienende sowie Kleinrentnerinnen und Kleinrentner mit einem steuerbaren
Einkommen von weniger als Fr. 35'000.– können neu einen zusätzlichen Steuerabzug geltend machen. Der Abzug bewegt sich je nach Höhe des Einkommens zwischen Fr. 1'000.– und Fr. 12'000.–.
Wegen des vom Bundesrecht vorgeschriebenen Wegfalls der Steuerfreibeträge auf den
AHV-Renten und der Kleinrentnerabzüge konnte bei Rentnerinnen und Rentnern mit bescheidenen Einkommensverhältnissen trotz der auf 2001 vorgenommenen allgemeinen tariflichen Entlastung eine steuerliche Mehrbelastung entstehen, die von diesen Steuerpflichtigen
als übermässig hoch empfunden wird. Die finanzielle Situation dieser Steuerpflichtigen wird
- 26 -
insofern zusätzlich verschärft, als die Krankenversicherungsprämien in den letzten Jahren
weiter angestiegen sind und die Rentenerhöhungen die gestiegenen Lebenshaltungskosten
in vielen Fällen nicht zu kompensieren vermochten. Mit dem – durch den Wegfall der früheren Abzüge – höheren steuerbaren Einkommen kann zudem die Berechtigung für die Krankenkassenprämienverbilligung entfallen. Somit besteht für diese Steuerpflichtigen heute eine
andere Lage als zur Zeit der Beratung des neuen Steuergesetzes.
Die veränderte Situation trifft auch auf andere Steuerpflichtige in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen zu. Auch bei Erwerbstätigen mit tiefen Einkommen entsprach die Lohnentwicklung nicht den gestiegenen Lebenshaltungskosten. Auch bei dieser Gruppe von
Steuerpflichtigen haben sich die Umstände seit der Verabschiedung des neuen Steuergesetzes verschärft. Deshalb soll allen Steuerpflichtigen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen eine steuerliche Entlastung zuteil werden. Damit lässt sich der Grundsatz der Gleichbehandlung von Rentner- und Aktivgeneration aufrechterhalten und es kann eine Lösung getroffen werden, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht und im Einklang mit dem
Steuerharmonisierungsgesetz steht.
Aufgrund dieser Ausgangslage und verschiedener parlamentarischer Vorstösse hat der Regierungsrat schon vor einiger Zeit einen Revisionsentwurf ausgearbeitet und im Frühling
2003 in die Vernehmlassung geschickt. Der Entwurf sah in einem neuen § 42 Abs. 1quinquies
einen gestaffelten Sozialabzug für steuerbare Einkommen unter Fr. 35'000.– vor. Der Abzug
ist umso grösser, je tiefer das Einkommen ist (minimaler Abzug Fr. 1'000.–; maximaler Abzug Fr. 8'000.–). Der Entwurf ist grossmehrheitlich positiv aufgenommen worden. Vor dem
Hintergrund des Steuerpakets 2001 hat der Regierungsrat die Teilrevision im Sommer 2003
allerdings sistiert. Nach der Ablehnung des Steuerpakets und dem damit wieder gewonnenen Handlungsspielraum kann dieses Vorhaben nun wieder aufgenommen werden.
Im vorliegenden Gesetzesentwurf werden die Abzüge bei den beiden tiefsten Einkommenskategorien gegenüber dem Entwurf 2003 etwas angehoben. Damit kann eine Verfahrensvereinfachung sowohl für die Steuerpflichtigen als auch die Steuerbehörden erreicht werden.
Der Verfahrensaufwand für die Veranlagungen der Steuerpflichtigen in den untersten Einkommensbereichen steht oft in einem Missverhältnis zu den generierten Steuereinnahmen.
Das Verhältnis wird noch ungünstiger, wenn schliesslich noch Steuererlassverfahren durchgeführt werden müssen. Wenn diese Steuerpflichtigen spürbar entlastet oder gänzlich aus
der Steuerpflicht fallen, werden insbesondere die Gemeindesteuerämter deutlich von administrativen Arbeiten entlastet. Die damit gewonnenen personellen Ressourcen können andern Orts effizienter eingesetzt werden.
Der Regierungsrat schlägt deshalb vor, bei einem steuerbaren Einkommen von unter
Fr. 15'000.– einen Sozialabzug von Fr. 12'000.– (Vernehmlassungsentwurf 2003: Fr. 8'000.–)
und bei einem steuerbaren Einkommen zwischen Fr. 15'000.– und Fr. 19'999.– einen Abzug
von Fr. 7'500.– (Vernehmlassungsentwurf 2003: Fr. 5'000.–) zu gewähren. Bei den übrigen
Stufen bleiben die Abzüge gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf 2003 unverändert.
Die Ausgestaltung eines Abzugs mit degressiven Stufen kann zur Folge haben, dass in
Grenzbereichen, in denen der Abzug ansteigt – z.B. zwischen Fr. 19'900.– (Abzug Fr. 7'500.–)
und Fr. 20'000.– (Abzug Fr. 3'000.–) – ein Mehreinkommen von beispielsweise Fr. 100.– zusätzliche Steuern von über Fr. 100.– bewirkt. Eine solche Folge ist nach der bundesgerichtli-
- 27 -
chen Rechtsprechung verfassungswidrig. Diesem Umstand ist bei der Festsetzung der Steuer
Rechung zu tragen, indem in diesen Grenzbereichen maximal das Mehreinkommen abgeschöpft wird. Diese Lösung entspricht der langjährigen Praxis zum früheren Erbschafts- und
Schenkungssteuertarif. Weil diese Abfederung eine Massnahme zur Tarifberechnung ist, steht
sie in § 43 Abs. 3.
Durch den Kleinverdiener- und Kleinrentnerabzug kommen knapp 29 % der Steuerpflichtigen
in den Genuss einer Steuerreduktion. Erleichterungen erfahren mehrheitlich die Alleinstehenden (über 40 %); bei den Ehepaaren fällt die Entlastung deutlich geringer aus (rund
10 %). Grund dafür ist, dass die Alleinstehenden im Durchschnitt deutlich kleinere Einkommen aufweisen als die Verheirateten. Vergleicht man die Rentner mit den Nicht-Rentnern, so
ist der Anteil der Entlasteten bei den Rentnern etwas höher (35 % gegenüber 27 %).
Der Anteil der Steuerpflichtigen, die aufgrund des zu geringen steuerbaren Einkommens keine Steuern mehr zu bezahlen haben, erhöht sich bei den Nicht-Rentnern von 8 % auf 15 %
und bei den Rentnern von 3 % auf 6 %. Zu beachten ist, dass zu den Nicht-Rentnern auch
Jugendliche in Ausbildung gehören. Insgesamt steigt der Anteil Steuerpflichtigen mit einer
Steuerrechnung von Fr. 0.– von 7 % auf 13 %.
Im Vernehmlassungsverfahren ist der Kleinverdienerabzug in der vorgeschlagenen Ausgestaltung auf eine relativ breite Zustimmung gestossen. Der Aargauische Senioren- und Rentnerverband sowie die Steuerfachleute der Aargauer Gemeinden beantragen jedoch eine
Ausdehnung des Kleinverdienerabzugs auf weitere Einkommensschichten. Umgekehrt
spricht sich die Gemeindeammänner-Vereinigung des Kantons Aargau gegen einen Kleinverdienerabzug aus. Vereinzelt wurde angeregt, dass der Abzug nur vermögenslosen Steuerpflichtigen zugestanden werden soll. So verlangt beispielsweise die EVP, dass vom Abzug
nur diejenigen Steuerpflichtigen profitieren können, deren steuerbares Vermögen unter
Fr. 200'000.– liegt. Auch die Steuerfachleute Aargauer Gemeinden verlangen eine Einschränkung des Kleinverdienerabzugs. Er soll nur dann Anwendung finden, wenn das Reinvermögen Fr. 100'000.– bei Alleinstehenden und Fr. 180'000.– bei Verheirateten nicht übersteigt.
In Abwägung der verschiedenen, teilweise gegenläufigen Vernehmlassungen, erachtet es
der Regierungsrat als sinnvoll und vertretbar, an der bisherigen Variante gemäss Vernehmlassungsentwurf festzuhalten. Insbesondere soll keine Schranke für Steuerpflichtige mit
höherem Vermögen eingebaut werden. Zwar liegt es nicht in der Zielrichtung der Revision,
wenn ein Steuerpflichtiger mit höherem Vermögen beispielsweise wegen einer grösseren
Pensionskasseneinzahlung oder einer Hausrenovation unter die massgebende Einkommensgrenze fällt und den Kleinverdienerabzug geltend macht. Allerdings kommt dieser Fall
nicht regelmässig vor. Ein Ausschluss für Vermögende hätte die wohl weit stossendere Folge, dass zahlreiche alleinstehende Rentnerinnen oder Rentner in gänzlich oder grösstenteils
abbezahlten Liegenschaften auf Dauer keinen Abzug erhalten würden. Dies, obwohl sie ihren Lebensunterhalt aus bescheidenen Mitteln aufbringen müssen, was an sich zum Kleinrentnerabzug berechtigen würde.
- 28 -
7.
Vereinfachungen und Bereinigungen
7.1
Grundsteuer für steuerbefreite Institutionen (§ 1 Abs. 1 lit. e und Abs. 2; § 2
Abs. 1; § 14 Abs. 2 lit. a; § 152; § 223 Abs. 1)
Diese Bestimmung wird aufgrund eines Urteils des Bundesgerichts nicht mehr angewandt und ist aus dem Steuergesetz zu entfernen.
Das Bundesgericht hat mit Urteil vom 24. Februar 2000 entschieden, dass die Grundsteuer,
die unter dem alten Recht von den an sich steuerbefreiten juristischen Personen mit Grundbesitz erhoben worden ist, nicht dem Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung und damit nicht dem Rechtsgleichheitsgebot entspricht. Die Grundsteuer wurde nicht auf betriebsnotwendigen Liegenschaften, sondern nur auf Grundstücken erhoben, die den steuerbefreiten Institutionen zu Anlagezwecken dienten. Insbesondere waren Einrichtungen der beruflichen Vorsorge betroffen, die Mehrfamilienhäuser in ihrem Besitz hatten. Das Urteil hatte zur
Folge, dass Grundsteuern nach § 13 Abs. 2 StG respektive § 14 Abs. 2 lit. a StG nicht mehr
veranlagt werden können. Deshalb sind die Normen und Passagen, welche im Zusammenhang mit der Grundsteuer stehen, aus dem Steuergesetz zu streichen. Es betrifft dies § 1
Abs. 1 lit. e und Abs. 2, § 2 Abs. 1, § 14 Abs. 2 lit. a, § 152 sowie § 223 Abs. 1.
7.2
Steuerbefreiung der politischen Parteien; Parteispendenabzug (§ 14 Abs. 1 lit. c
und d; § 40 lit. k und l; § 69 Abs. 1 lit. c und d)
Die politischen Parteien sind weiterhin von der Steuerpflicht befreit. Auch Parteispenden sind im selben Umfang wie bisher steuerlich abziehbar.
Mit Entscheid vom 23. September 2004 hat das aargauische Steuerrekursgericht die Abzugsfähigkeit von Parteispenden verneint. Es hat festgestellt, dass § 40 lit. l gegen das
Steuerharmonisierungsgesetz verstosse, weil dieses einen Parteispendenabzug nicht vorsieht.
Würden Parteispenden künftig nicht mehr zum Abzug zugelassen, so würde dies dem Willen
des kantonalen Gesetzgebers in keiner Weise entsprechen. Ausserdem ist festzustellen,
dass die Lehrmeinung, wonach politische Parteien Eigeninteressen verfolgen, nicht einhellig
geteilt wird. Politische Parteien sind wesentliche Träger der Demokratie und wirken bei der
Meinungs- und Willensbildung der Stimmberechtigten mit. Auch der Bundesrat nahm in
einem Bericht vom 23. November 1988 über die Unterstützung der politischen Parteien Bezug auf die Harmonisierungsgesetzgebung und führte aus, dass man sich fragen müsse, ob
die Parteien mit Blick auf ihre für die Demokratie unerlässlichen Funktionen nicht öffentliche
Zwecke verfolgen würden. Den politischen Parteien könne die Verfolgung von öffentlichen
Zwecken jedenfalls nicht ohne Weiteres abgesprochen werden.
Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der öffentlichen Zweckverfolgung steht
den Kantonen ein gewisser Gestaltungsspielraum offen. Auf Grund der Unbestimmtheit gewisser Steuerbefreiungsgründe verfügt die das Gesetz anwendende Behörde ausserdem
über einen relativ ausgedehnten Ermessensspielraum. Dasselbe muss auch für den kantonalen Gesetzgeber gelten. Dem kantonalen Gesetzgeber verbleibt daher ein gewisser Frei-
- 29 -
raum, um die nach Meinung der Allgemeinheit förderungswürdigen Tätigkeiten im öffentlichen und gemeinnützigen Bereich näher zu umschreiben. Da die Wichtigkeit der Parteien für
das öffentliche Gemeinwohl unbestritten ist, erscheint es vertretbar, den Parteien eine (zumindest überwiegende) öffentliche Zweckverfolgung zuzubilligen und dies im Steuergesetz
zu normieren.
Die Tätigkeit der politischen Parteien wird deshalb in § 14 Abs. 1 lit. c ausdrücklich als öffentlicher Zweck definiert. § 14 Abs. 1 lit. d ist zu streichen. Entsprechend sind auch § 40 lit. k zu
ergänzen und § 40 lit. l zu streichen. Analog ist bei der Gewinnsteuer § 69 Abs. 1 lit. c zu ergänzen bzw. § 69 Abs. 1 lit. d zu streichen. Sowohl § 40 lit. k als auch § 69 Abs. 1 lit. c beschränken den Abzug für Zuwendungen an politische Parteien auf Fr. 1'100.–. Um dem
Willen des Gesetzgebers auch in diesem Punkt nachzuleben, wird die bisherige frankenmässige Begrenzung beibehalten. Wie bisher versteht sich der Abzug bei den natürlichen
Personen pro Steuererklärung. Dies wird ausdrücklich im Gesetz festgehalten. Im Vernehmlassungsverfahren wurde von der SP, der EVP, dem Aargauischen Gewerkschaftsbund sowie der Vereinigung Aargauischer Angestelltenverbände vorgeschlagen, den Parteispendenabzug zu erhöhen bzw. bei Ehepaaren zu verdoppeln.
Im Übrigen wurde die Steuerbefreiung der politischen Parteien unter dem Titel des öffentlichen Zwecks von den Vernehmlassungsadressaten kaum thematisiert. Insgesamt darf davon ausgegangen werden, dass die Vorlage in diesem Punkt auf Zustimmung stösst. Die
CVP hat Bedenken hinsichtlich der Bundesrechtskonformität des Parteispendenabzugs geäussert. Diese Bedenken sind nicht völlig unbegründet, gilt doch bei der direkten Bundessteuer die Tätigkeit der politischen Parteien nicht als öffentlicher Zweck. Da es sich beim Begriff der öffentlichen Zwecksetzung um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, ist dieser
massgebend von der jeweiligen Volksauffassung geprägt. Der Regierungsrat erachtet es daher als rechtlich zulässig, wenn die Tätigkeit der politischen Parteien nach der aargauischen
Volksauffassung als öffentlicher Zweck verstanden wird.
7.3
Vermittlungstätigkeit ausserkantonaler Immobilienmakler (§ 17 Abs. 1 lit. c;
§ 17 Abs. 2 lit. d)
Die Kommissionen eines Liegenschaftenhändlers sind von dem Kanton zu besteuern, in dem sich die Liegenschaft befindet.
Auf Grund eines neuen Bundesgerichtsentscheids dürfen im interkantonalen Verhältnis die
Kommissionen eines Immobilienmaklers ausschliesslich vom Liegenschaftskanton besteuert
werden. Dem Kanton, in welchem der Immobilienmakler Wohnsitz hat, ist eine Besteuerung
verwehrt. Weil die Vermittlungstätigkeit in § 17 Abs. 2 geregelt ist, der eine wirtschaftliche
Zugehörigkeit einzig für natürliche Personen vorsieht, die weder einen steuerrechtlichen
Wohnsitz noch einen steuerrechtlichen Aufenthalt in der Schweiz haben, fehlt dem Kanton
Aargau die interne Besteuerungsbefugnis für ausserkantonale Immobilienmakler. Mit § 17
Abs. 1 lit. c wird neu eine gesetzliche Grundlage geschaffen, die eine subjektive Steuerpflicht
des ausserkantonalen Immobilienmaklers begründet und das aargauische Steuerrecht mit
dem Bundesrecht harmonisiert. § 17 Abs. 2 lit. d wird aufgehoben.
- 30 -
7.4
Steuerausscheidung (§ 18 Abs. 3; § 18a, § 64 Abs. 3, § 64a)
Der Kanton Aargau akzeptiert Verluste von ausländischen Betriebsstätten einer Aargauer Firma, was eine tiefere Steuer bewirkt. Erzielt die ausländische Betriebsstätte
in späteren Jahren Gewinne, so darf neu der Kanton Aargau die frühere Berücksichtigung der Verluste rückgängig machen.
Schweizerische Unternehmen dürfen Verluste aus ausländischen Betriebsstätten im Jahr der
Entstehung von der schweizerischen Bemessungsgrundlage in Abzug bringen. Diese Verlustübernahme ist eine vorläufige. Mit dem Ziel der Verhinderung doppelter Verlustverrechnung im In- und Ausland gilt nämlich, dass im Ausmass, in dem solche Verluste innerhalb
von sieben Jahren im Ausland mit Betriebsstättegewinnen verrechnet werden können, die
ursprünglichen Veranlagungsverfügungen korrigiert werden können. Damit erfolgt eine
Nachbesteuerung der von der Schweiz (vorläufig) übernommenen Betriebsstättenverluste.
Anlässlich der Totalrevision des aargauischen Steuergesetzes wurde auf eine Regelung,
welche die Rückbelastung von Auslandverlusten vorsieht, verzichtet. Inzwischen hat sich gezeigt, dass sich das Fehlen einer solchen Rückbelastungsmöglichkeit für den Kanton Aargau
nachteilig auswirkt. Es ist daher angezeigt, das aargauische Steuerrecht in diesem Punkt mit
dem Recht der direkten Bundessteuer zu harmonisieren
Einkommenssteuer
Für die Steuerausscheidung im Verhältnis zum Ausland verweist § 18 Abs. 3 auf die
Grundsätze des interkantonalen Doppelbesteuerungsrechts. Danach müssen Auslandsverluste und andere Gewinnungskostenüberschüsse vom Kanton Aargau als Hauptsteuerdomizil
effektiv übernommen werden. Demgegenüber sehen sowohl das Bundesgesetz über die
direkte Bundessteuer (Art. 6 Abs. 3 DBG) als auch zahlreiche kantonale Steuergesetze vor,
dass Auslandsverluste und andere Gewinnungskostenüberschüsse ausschliesslich steuersatzbestimmend zu berücksichtigen sind. Mit § 18a Abs. 2 Satz 3 wird das aargauische
Steuerrecht mit der direkten Bundessteuer sowie mit dem Recht der meisten Kantone harmonisiert. Wie die ausländischen Gewinne müssen künftig auch die ausländischen Verluste
im Kanton Aargau nur noch steuersatzbestimmend und nicht mehr effektiv berücksichtigt
werden.
In Anlehnung an die Regelung bei der direkten Bundessteuer (Art. 6 Abs. 3 DBG) kann gemäss § 18a Abs. 2 eine Veranlagung gemäss den §§ 206 ff. revidiert werden, wenn ein
schweizerisches Unternehmen Verluste aus einer ausländischen Betriebsstätte mit inländischen Gewinnen verrechnet hat, diese Verluste jedoch innert der folgenden sieben Bemessungsjahre auch im Betriebsstättestaat mit Gewinnen verrechnet wurden. Auslandverluste,
die während der 7-jährigen Frist mit ausländischen Gewinnen verrechnet und daher im Inland nachbesteuert werden, beeinflussen in solchen Fällen nunmehr lediglich das satzbestimmende Einkommen.
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Beispiel
Jahr X
CH
Ausland
Gewinn/Verlust
Verlustübernahme
Bemessungsgrundlage
Satzbestimmend
100
- 20
80
80
- 20
20
100
20
- 20
Jahr X+1
Gewinn
Verlustverrechnung Ausland
Bemessungsgrundlage
Satzbestimmend
100
120
Korrektur Jahr X
Ursprüngliche Veranlagung
Nachbesteuerung
Neue Veranlagung
Satzbestimmend
80
20
100
80
Dem aargauischen Steuergesetz fehlt ausserdem eine Bestimmung, die es erlaubt, übernommene Verluste aus ausserkantonalen Geschäftsbetrieben sowie Grundstücken zu verrechnen, sofern die Steuerausscheidung in den sieben nachfolgenden Steuerperioden am
Geschäftsort oder im Belegenheitskanton zu einem positiven Ergebnis führt. Mit § 18a Abs. 1
wird die gesetzliche Grundlage für eine solche Rückbelastungsmöglichkeit geschaffen. Abweichend vom Vernehmlassungsentwurf ist in § 18a Abs. 1 neu auch eine Rückbelastungsmöglichkeit für übernommene Grundstückverluste vorgesehen.
Gewinnsteuer
Mit § 64a Abs. 2 wird auch im Bereich der Gewinnsteuer die gesetzliche Grundlage für eine
Rückbelastung von ausländischen Betriebsstätteverlusten geschaffen. Wie im Recht der
direkten Bundessteuer erfolgt die Nachbesteuerung im Jahr der effektiven Verrechnung im
Ausland. Es findet keine Nachbesteuerung im Sinne der §§ 206 ff. statt. Die ursprüngliche
Veranlagung bleibt daher von der Verlustübernahme gemäss § 64a Abs. 2 unberührt.
Mit § 64a Abs. 1 schliesslich wird die gesetzliche Grundlage für die Rückbelastungsmöglichkeit im interkantonalen Verhältnis geschaffen. Der Regelungsgehalt von § 64a Abs. 1 entspricht demjenigen von § 18a Abs. 1. Die Rückbelastung im interkantonalen Verhältnis erfolgt nach den gleichen Grundsätzen wie im internationalen Verhältnis.
Im Vernehmlassungsverfahren wurden von der CVP Bedenken geäussert, dass die vorgesehene Rückbelastungsmöglichkeit gegen Bundesrecht verstosse. Gemäss Kreisschreiben
Nr. 24 der Schweizerischen Steuerkonferenz vom 17. Dezember 2003 sei die so genannte
Gesamtverlustverrechnungsmethode anwendbar. Diesbezüglich kann festgehalten werden,
dass sich die Frage der Rückbelastung bei Kapitalanlageliegenschaften stellt, da hier eine
objektmässige Ausscheidung erfolgt. In diesen Fällen ist die Gesamtverlustverrechnungsmethode somit nicht anwendbar. Zwar umfasst die neue Regelung von ihrem Wortlaut her
auch Betriebsliegenschaften, wo auf Grund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung keine
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Rückbelastung erlaubt ist. Es erscheint im Hinblick auf die ungewisse Weiterentwicklung des
interkantonalen Doppelbesteuerungsrechts trotzdem angezeigt, an der offenen Formulierung
gemäss Vernehmlassungsentwurf festzuhalten. Fehlt nämlich eine entsprechende Norm im
kantonalen Recht, läuft der Kanton Aargau Gefahr, dass er mangels gesetzlicher Grundlage
den ihm von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eingeräumten Besteuerungsspielraum
nicht ausschöpfen kann.
7.5
Steuerliche Folgen bei Unternehmensnachfolgen (§ 29 Abs. 2)
Die heutige grosszügige Praxis, wonach bei Unternehmensnachfolgen die so
genannte indirekte Teilliquidation und die Transponierung grundsätzlich ohne Steuerfolgen möglich sind, wird nun auch im Gesetz fixiert.
Die Motion der FDP-Fraktion vom 14. September 2004 betreffend steuerliche Folgen bei Unternehmensnachfolgen wurde mit Zustimmung des Regierungsrats am 24. November 2004
überwiesen. Die Motion verlangt im Wesentlichen, dass Unternehmensnachfolgen nicht
durch die Theorien der indirekten Teilliquidation und der Transponierung erschwert oder verunmöglicht werden. Der Regierungsrat hat sich daher bereit erklärt, die bisherige liberale
Praxis der Steuerbehörden in die Steuergesetzgebung zu überführen. Damit will er ein Zeichen setzen, dass der Wirtschaftsstandort Aargau über attraktive steuerliche Rahmenbedingungen für Nachfolgeregelungen verfügt. Mit der gesetzlichen Verankerung ergeben sich
materiell keine Änderungen, da lediglich die bisherige Praxis der Steuerbehörden im Gesetz
festgeschrieben wird. Damit wird die Rechtssicherheit für die aargauischen Unternehmen im
Hinblick auf Unternehmensnachfolgen erhöht.
Aus systematischen Gründen wurde die Regelung – abweichend vom Vernehmlassungsentwurf vom 10. August 2005 – in § 29 Abs. 2 eingefügt. Dort wird neu ausdrücklich festgehalten, dass kein steuerbarer Ertrag aus der Übertragung von Beteiligungsrechten des Privatvermögens entsteht, soweit nicht eine Steuerumgehung gegeben ist. Damit wird gesetzlich verankert, dass ein privater Kapitalgewinn vorbehältlich der Steuerumgehung nicht durch
die Theorien der indirekten Teilliquidation oder der Transponierung in steuerbaren Vermögensertrag umqualifiziert werden kann. Sowohl der Begriff der indirekten Teilliquidation als
auch derjenige der Transponierung sind stark durch die bundesgerichtliche Rechtsprechung
geprägt. Diese Rechtsprechung wird für die Kantons- und Gemeindesteuern abgelehnt. Soweit aber die Voraussetzungen für eine Steuerumgehung erfüllt sind, bleibt die Qualifikation
als Vermögensertrag auch weiterhin möglich. Eine Steuerumgehung kann insbesondere
dann vorliegen, wenn eine Gesellschaft verkauft wird, die über beträchtliche nicht betriebsnotwendige Mittel verfügt.
Für die Problematiken der indirekten Teilliquidation und der Transponierung wird gegenwärtig auch im Rahmen der Unternehmenssteuerreform II nach gesetzgeberischen Lösungen
gesucht. Im heutigen Zeitpunkt ist aber noch keine gesicherte Prognose über das Ergebnis
und den zeitlichen Horizont dieses Projekts möglich. Es ist denkbar, dass die Tatbestände
der indirekten Teilliquidation und der Transponierung in absehbarer Zeit durch das Steuerharmonisierungsgesetz normiert werden. Je nach Ausgestaltung der gesetzgeberischen
Lösung könnte sich dannzumal ein erneuter Anpassungsbedarf ergeben. Im Vernehmlassungsverfahren wurde die neue Bestimmung kaum thematisiert. Kritische Bemerkungen gab
- 33 -
es keine. So wird die Bestimmung auch von der SP und dem Aargauischen Gewerkschaftsbund getragen, während sie vom Hauseigentümerverband ausdrücklich begrüsst wird.
7.6
Jahressteuer auf Kapitalabfindungen mit Vorsorgecharakter (§ 45 Abs. 2)
Unter dem Jahr ausgerichtete Zahlungen aus der Säule 2 oder 3a werden mit dem
gleichen Tarif besteuert wie das ordentliche Einkommen und Vermögen. Massgebend sind die familiären Verhältnisse am Jahresende.
§ 45 Abs 2 besagt, dass sich bei der Jahressteuer auf Kapitalabfindungen mit Vorsorgecharakter der Tarif nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Ereignisses bestimmt, dass die
steuerbare Leistung auslöst (2. Satz). Mit Entscheid vom 25. August 2005 hat das Steuerrekursgericht diese Bestimmung ausgelegt und festgehalten, dass sie – abweichend von der
bisherigen kantonalen Praxis – als Ausnahme vom Grundsatz zu verstehen sei, wonach der
Tarif nach den Verhältnissen am Ende der Steuerpflicht festgelegt wird (§ 43 Abs. 4). Diese
Rechtsprechung führt dazu, dass in der gleichen Steuerperiode unter Umständen zwei unterschiedliche Tarife zur Anwendung kommen. Ausserdem kann es vorkommen, dass der
Tarif A veranlagt wird, obwohl im Übrigen die Grundsätze der Familienbesteuerung gelten.
Noch umständlicher wird es, wenn sämtliche während eines Kalenderjahrs ausgerichteten
Kapitalzahlungen zusammengerechnet werden, weil sie gemäss § 45 Abs. 2, 3. Satz zum
Gesamtsatz zu versteuern sind. Dies würde zusätzlich eine Gewichtung der Teilsummen
zum jeweiligen Tarif nötig machen. Für die Steuerpflichtigen ist dies nur schwer nachvollziehbar. Aus Gründen der Vereinfachung soll der Grundsatz, wonach der Tarif nach den
Verhältnissen am Ende der Steuerperiode oder der Steuerpflicht festgelegt wird (§ 43
Abs. 4), uneingeschränkt auch bei der Jahressteuer auf Kapitalabfindungen mit Vorsorgecharakter gelten. Weil das erwähnte Urteil des Steuerrekursgerichts erst am 25. August
2005 ergangen ist, war die Revision von § 45 Abs. 2 noch nicht Gegenstand des Vernehmlassungsverfahrens.
7.7
Beginn der Steuerpflicht bei Umstrukturierungen (§ 66 Abs. 4)
Bei Umstrukturierungen beginnt die Steuerpflicht mit dem von den Firmen vereinbarten Übernahmestichtag.
§ 66 regelt Beginn und Ende der Steuerpflicht bei Umstrukturierungen nicht. Praxisgemäss
werden die Wirkungen einer Umstrukturierung regelmässig rückwirkend auf den Übernahmestichtag vereinbart. Deshalb beginnt die Steuerpflicht bei Umstrukturierungen grundsätzlich in diesem Zeitpunkt. Mit § 66 Abs. 4 wird dies ausdrücklich normiert.
- 34 -
7.8
Aufwertungsgewinne auf Beteiligungen (§ 77 Abs. 2 lit. b)
Ein gesetzgeberisches Versehen wird korrigiert: Aufwertungsgewinne auf Beteiligungen stellen keine Beteiligungserträge dar.
Gemäss § 76 Abs. 4 stellen Aufwertungsgewinne auf Beteiligungen keine Beteiligungserträge dar. Für die Berechnung der Beteiligungsermässigung nach § 76 wird in § 77 Abs. 2 lit. b
indes festgehalten, dass Kapitalgewinne dann berücksichtigt werden, wenn die veräusserte
oder aufgewertete Beteiligung mindestens 20 % des Grund- oder Stammkapitals der andern
Gesellschaft ausmacht und als solche während wenigstens eines Jahrs im Besitz der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft war. § 77 Abs. 2 lit. b widerspricht somit in der heutigen
Form der Definition des Beteiligungsertrags gemäss § 76 Abs. 4. Es handelt sich dabei um
ein gesetzgeberisches Versehen, das zu beseitigen ist.
7.9
Abschaffung der Mindeststeuer auf Grundstücken (§ 89)
Die Mindeststeuer auf Grundstücken kommt zur Anwendung, wenn eine Firma mit
Grundbesitz sonst keine oder eine kleinere ordentliche Steuer bezahlen müsste. Die
Mindeststeuer wird auf Grund eines Beschlusses des Grossen Rats abgeschafft.
Auslöser für die Einführung der Mindeststeuer war der Umstand, dass die grossen Versicherungsgesellschaften ohne Sitz und Betriebsstätte im Kanton Aargau äusserst bescheidene,
den wirtschaftlichen Verhältnissen nicht angemessene Steuern entrichteten. Mit § 89 sollte
deshalb eine minimale Besteuerung von ausserkantonalen Kapitalgesellschaften mit aargauischem Liegenschaftenbesitz sichergestellt werden. Aus Gründen der Gleichbehandlung
wurde die Bestimmung so ausgestaltet, dass nicht nur ausserkantonale, sondern auch aargauische Gesellschaften darunter fallen. Insbesondere bei ertragsschwachen innerkantonalen Immobiliengesellschaften wird aber die Erhebung der Mindeststeuer als Verstoss gegen
den historischen Willen des Gesetzgebers betrachtet.
Obwohl die aargauischen Steuergerichte die Mindeststeuer auf Grundstücken als rechtlich
zulässig erachten und insbesondere auch festgehalten haben, dass sie mit dem Grundsatz
der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vereinbar sei, ist die Erhebung
der Mindeststeuer auf Grundstücken umstritten. Immerhin hat das Verwaltungsgericht mit
Entscheid vom 24. August 2005 festgehalten, dass die Zuschläge gemäss § 90 lit. a und b
bei der Mindeststeuer auf Grundstücken keine Anwendung finden. Der Regierungsrat wollte
die Motion Thierry Burkart, Baden, vom 2. März 2004 betreffend ersatzlose Streichung von
§ 89 zunächst als Postulat entgegen nehmen und im Zusammenhang mit möglichen steuerlichen Massnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Aargau die Höhe des Steuersatzes von 1.5 ‰ überprüfen. Anlässlich der Sitzung vom 29. Juni 2004 hat der Grosse Rat jedoch die Überweisung der Motion beschlossen. Der Regierungsrat schlägt aus diesem
Grund die ersatzlose Streichung von § 89 vor.
Zur Abschaffung der Mindeststeuer auf Grundstücken haben sich im Vernehmlassungsverfahren nur wenige Adressaten geäussert. Die SP, der Aargauische Gewerkschaftsbund sowie die Steuerfachleute der Aargauer Gemeinden haben sich gegen die ersatzlose Streichung von § 89 ausgesprochen.
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7.10 Vermeidung der Doppelbelastung bei wirtschaftlicher Handänderung (§ 110a)
Wenn die Aktien einer Immobiliengesellschaft verkauft werden, wird infolge der so
genannten wirtschaftlichen Handänderung eine Grundstückgewinnsteuer fällig. Wird
später ein Grundstück verkauft oder wird die Firma liquidiert, ist der erzielte Kapitalgewinn zu versteuern. Um diese doppelte Belastung des gleichen Steuersubstrats
zu beseitigen, wird die Grundstückgewinnsteuer an die Gewinnsteuer angerechnet.
Bei Immobiliengesellschaften kann es wegen des Tatbestands der wirtschaftlichen Handänderung (§ 96 Abs. 2 lit. a) zur doppelten Erfassung von Grundstückgewinnen kommen, weil
die Grundstückgewinnsteuer und die Gewinnsteuer, welche auch die Besteuerung von Kapital- und Liquidationsgewinnen beinhaltet, zwei unterschiedlichen Steuerarten zuzuordnen
sind. Die eine verlangt, dass Grundstückgewinne unter bestimmten Voraussetzungen nach
der wirtschaftlichen Betrachtungsweise erfasst und besteuert werden. Die andere knüpft bei
der Ermittlung von Kapitalgewinnen an die zivilrechtliche Veräusserung an.
Für sich alleine betrachtet, führt keine dieser Bestimmungen zu einer rechtsungleichen oder
willkürlichen Besteuerung. Beide Bestimmungen besteuern jedoch das gleiche Substrat,
nämlich die auf im Kanton Aargau gelegenen Grundstücken erzielten Kapitalgewinne. Kommen beide Normen bezüglich der gleichen Liegenschaften nacheinander zur Anwendung, so
führt dies zu einer Doppelbelastung. Da der Kanton Aargau in konstanter Praxis keine steuerfreien Aufwertungen auf der Ebene der Gesellschaft zulässt, mit welcher die bei der wirtschaftlichen Handänderung mit der Grundstückgewinnsteuer belegte Steuersubstanz kompensiert werden könnte, ist die Doppelbelastung auf anderem Wege zu verhindern.
Das Steuerrekursgericht hat sich für eine Anrechnung der versteuerten Grundstückgewinne
an den Kapitalgewinn, mithin für eine Anrechnung der Bemessungsgrundlage ausgesprochen. Die durch diese Rechtsprechung angestrebte Vermeidung der Kumulation von Grundstückgewinnsteuer und Gewinnsteuer für dasselbe Substrat ist nicht unproblematisch, zumal
sich die Ermittlung und die Besteuerung des Gewinns in den verschiedenen Systemen erheblich voneinander unterscheiden. Es erscheint sachgerechter, die Grundstückgewinnsteuern, die im Rahmen einer wirtschaftlichen Handänderung anfallen, auf die Steuern des auf
die zivilrechtliche Veräusserung dieser Liegenschaft entfallenden Kapitalgewinns anzurechnen. § 110a sieht deshalb die Anrechnung des Grundstückgewinnsteuerbetrags an die Gewinnsteuer vor.
Im Vernehmlassungsverfahren wurde die neue Bestimmung einzig vom Hauseigentümerverband thematisiert. Grundsätzlich wird die Möglichkeit der Anrechnung der Grundstückgewinnsteuern an die Gewinnsteuer begrüsst, die zeitliche Begrenzung von zehn Jahren aber
kritisiert. Der Regierungsrat vertritt indes die Ansicht, dass eine zeitlich unbefristete Anrechnung nicht praktikabel ist. Je weiter die beiden steuerauslösenden Ereignisse auseinander
liegen, desto schwieriger gestaltet sich die Dokumentation einer früher erfolgten Besteuerung mit der Grundstückgewinnsteuer. Es ist daher sachgerecht, in Anlehnung an die zivilund steuerrechtliche Aufbewahrungspflicht (Art. 962 Abs. 1 OR; § 182 Abs. 3) einen minimalen zeitlichen Bezug von ebenfalls zehn Jahren zwischen der wirtschaftlichen Handänderung
und der Erzielung des Kapitalgewinns zu verlangen.
- 36 -
Zudem wurde kritisiert, dass mit der vorgeschlagenen Massnahme einzig die wirtschaftliche
Dreifachbelastung eliminiert werde, nicht aber die wirtschaftliche Doppelbelastung, die aus
der Erfassung von Dividendeneinkünften als Einkommen beim Aktionär resultiere. Diesbezüglich kann festgehalten werden, dass § 110a die wirtschaftliche Doppelbelastung weder
verhindern kann noch will. Diese ist nach der Konzeption des Steuerharmonisierungsgesetzes für die Kantone verbindlich vorgesehen. § 110a verhindert einzig die mehrfache Besteuerung des gleichen Steuersubstrats, welche sich durch die kumulative Anwendung von zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise ergeben würde.
7.11 Zuständigkeit für die nachträgliche ordentliche Veranlagung im Quellensteuerverfahren (§ 133 Abs. 2)
Im Quellensteuerverfahren werden sowohl die ergänzende ordentliche Veranlagung
wie auch die nachträgliche ordentliche Veranlagung durch die Steuerkommissionen
der Gemeinden durchgeführt. Die bestehende Praxis wird ins formelle Recht überführt.
Gemäss § 133 Abs. 2 liegt die Zuständigkeit für die nachträgliche ordentliche Veranlagung
nach § 119 beim Kantonalen Steueramt. Diese Regelung wurde ursprünglich als Anliegen
der Gemeinden im Gesetz so aufgenommen. Wie die ergänzende ordentliche Veranlagung
wird in der Praxis aber auch die nachträgliche ordentliche Veranlagung von den Steuerkommissionen der Gemeinden vorgenommen, weil die Steuerämter der Gemeinden über die für
die Veranlagung notwendigen Informatiksysteme verfügen. Materiell ergeben sich durch diese Zuständigkeitsverschiebung keine Änderungen.
7.12 Änderung der Departementsbezeichnung (§ 161 Abs. 1, § 170 Abs. 2, § 171
Abs. 2, § 231 Abs. 3 und 5)
Das Steuergesetz wird redaktionell an die neue Departementsbezeichnung angepasst
Per 1. September 2005 wurde das Finanzdepartement in Departement Finanzen und Ressourcen umbenannt. Diese Änderung der Departementsbezeichnung ist im Steuergesetz bei
vier Paragraphen entsprechend nachzuvollziehen.
7.13 Zusammenlegung der Steuerkommissionen (§ 164 Abs. 2bis)
Die Gemeinden können bereits heute ihre Steuerämter zusammenlegen. Neu wird
ihnen die Möglichkeit eingeräumt, auch die Steuerkommissionen zusammenzulegen.
Gemäss § 163 Abs. 2 können mehrere Einwohnergemeinden ein gemeinsames Steueramt
(Veranlagungszentrum) führen. Es handelt sich dabei vorwiegend um kleinere Gemeinden,
die sich zur Führung eines gemeinsamen Steueramts zusammengeschlossen oder Anschluss bei einem grösseren Steueramt gesucht haben. Der Regierungsrat unterstützt die
Bestrebungen zur Schaffung von regionalen Steuerämtern, denn der schnelle einjährige
Veranlagungsrhythmus, die Komplexität des Steuerrechts, der Einsatz von hochspezialisier-
- 37 -
ter Informatik zur Veranlagungsunterstützung sowie der spürbare Kostendruck auf Gemeinde- und Kantonsebene erfordern eine effiziente und professionelle Organisation der Steuerämter.
Der gegenüber dem alten Steuergesetz wesentlich reduzierte Aufgabenumfang der Steuerkommission hat insbesondere in kleinen Gemeinden zur Folge, dass pro Jahr höchstens
2 Sitzungen der gesamten Steuerkommission erforderlich sind. Die Traktandenliste beschränkt sich in der Regel auf wenige Fälle. Die Mitglieder dieser Steuerkommissionen haben folglich kaum Gelegenheit, sich praktische Kenntnisse für ihre Kommissionstätigkeit anzueignen. In einem Veranlagungszentrum mit mehreren zusammengeschlossenen Gemeinden hat die Durchführung von separaten Steuerkommissionssitzungen für jede angeschlossene Gemeinde darüber hinaus einen Effizienzverlust zur Folge. Um die Einsprachen speditiv behandeln zu können, muss ein Veranlagungszentrum für 5 Gemeinden pro Jahr 10
Steuerkommissionssitzungen durchführen, währenddem eine grössere Gemeinde mit gleich
vielen Steuerpflichtigen die vergleichbare Anzahl Fälle in 2 Sitzungen erledigen kann.
Mit § 164 Abs. 2bis wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um die Zusammenlegung
auch bei den Steuerkommissionen zu ermöglichen. Gemeinden, welche bereits heute ein
gemeinsames regionales Steueramt führen, soll die Möglichkeit geboten werden, eine gemeinsame Steuerkommission zu wählen. Weil die beteiligten Gemeinden für die Wahl der
gemeinsamen Steuerkommission einen Wahlkreis bilden, bedarf es einer Anpassung der
Gemeindeordnungen. Eine Anpassung des Gemeindegesetzes ist jedoch nicht erforderlich.
Gemeinden, welche einem regionalen Steueramt angeschlossen sind, können auch weiterhin eine eigene Steuerkommission bestellen. Es ist auch denkbar, dass lediglich vier von fünf
Gemeinden, die ein gemeinsames Steueramt führen, eine gemeinsame Steuerkommission
bilden, während die fünfte Gemeinde die eigene Kommission behält. Die Gemeindeautonomie bleibt somit gewahrt.
§ 164 Abs. 2bis Satz 2 hält fest, dass die regionale Steuerkommission grundsätzlich gleich
zusammengesetzt ist wie die Steuerkommission gemäss § 164 Abs. 2. Auch die regionale
Steuerkommission besteht aus einem kantonalen Steuerkommissär oder einer kantonalen
Steuerkommissärin, der Vorsteherin oder dem Vorsteher des Gemeindesteueramts sowie
drei gewählten Mitgliedern aus den angeschlossenen Gemeinden. In die regionale Steuerkommission werden insgesamt drei Mitglieder aus den dem regionalen Gemeindesteueramt
angeschlossen Gemeinden gewählt. Es ist nicht sinnvoll, dass jede der angeschlossenen
Gemeinden mit drei Mitgliedern in der Steuerkommission vertreten ist. Die Steuerkommissionen würden diesfalls zu gross und der damit verbundene Effizienzverlust würde Sinn und
Zweck des Anliegens vereiteln. Aus diesem Grund lehnt der Regierungsrat den Vorschlag
der EVP ab, welche beantragte, die Anzahl der Kommissionsmitglieder müsse von den Gemeinden frei bestimmt werden können.
Der Grund, weshalb die Möglichkeit der gemeinsamen Steuerkommission für mehrere Gemeinden nicht bereits in die Steuergesetzrevision per 1. Januar 2001 aufgenommen wurde,
lag in der historischen Bedeutung der Steuerkommission und deren Verankerung in der Bevölkerung. Die praktische Umsetzung der einjährigen Gegenwartsbemessung zeigt nun,
dass sich die Situation in der Zwischenzeit verändert hat. Die Zusammenlegung von kleineren Steuerämtern hat sich bestens bewährt. Aus der Bevölkerung wird den Zusammenlegungen auf Grund von positiven Erfahrungen kein Widerstand entgegengebracht. Aus der
- 38 -
Sicht der Steuerberatung wird der mit einer Zusammenlegung verbundene Effizienz-, Qualitäts- und Dienstleistungsgewinn ebenfalls positiv beurteilt.
Im Vernehmlassungsverfahren wurde die Möglichkeit zur Zusammenlegung von Steuerkommissionen weitgehend positiv aufgenommen. Obwohl es auch Gründe gegen die Einführung einer gemeinsamen Steuerkommission gebe, stehen die Steuerfachleute Aargauer
Gemeinden der Möglichkeit zur Zusammenlegung von Steuerkommissionen insgesamt
wohlwollend gegenüber. Es wird betont, dass die eigentliche Stärke der Steuerkommission
die Kenntnisse über die örtlichen Verhältnisse sei. Gleichzeitig wird eingeräumt, dass die Erfahrung und der gesellschaftliche Wandel gezeigt hätten, dass diesem Aspekt heute nicht
mehr der gleiche Stellenwert zukomme wie früher. Gegen die Möglichkeit zur Zusammenlegung von Steuerkommissionen ausgesprochen haben sich einzig der Aargauische Seniorenund Rentnerverband sowie einzelne Gemeindevertreter.
In der Vernehmlassung der Steuerfachleute Aargauer Gemeinden wird ausserdem die Meinung geäussert, dass dort wo einzelne Gemeindesteuerämter zu einem Regionalen Steueramt zusammengelegt wurden, zwingend auch die Steuerkommissionen zusammengelegt
werden müssten. Der Regierungsrat befürchtet, dass sich ein Zwang zur Bildung einer gemeinsamen Steuerkommission kontraproduktiv auf weitere Zusammenschlüsse von Gemeindesteuerämtern auswirken könnte. Damit würde die vom Regierungsrat als prioritär erachtete Förderung von Zusammenschlüssen von Gemeindesteuerämtern zu regionalen Veranlagungszentren untergraben. Es scheint daher sinnvoller den Entscheid über die Zusammenlegung von Steuerkommissionen den Gemeinden zu überlassen und an der Formulierung gemäss Vernehmlassungsvorlage festzuhalten.
7.14 Kantonsvertretung in der Gemeindeschätzungsbehörde (§ 165 Abs. 3)
Das Steuergesetz wird redaktionell an die Neuerungen des Personalgesetzes angepasst
Die Gemeindeschätzungsbehörde erhebt die Grundlagen für die Festlegung der Vermögenssteuerwerte und der Eigenmietwerte der in der Gemeinde gelegenen Grundstücke und
Liegenschaften (§ 165 Abs. 1 StG). Sie wird als Zweierdelegation aus je einem Vertreter des
Kantons und der Gemeinde gebildet (§ 165 Abs. 2 StG). Kantonsvertreter sind die Grundstückschätzer und Grundstückschätzerinnen des Kantonalen Steueramts, die gemäss § 165
Abs. 3 StG vom Regierungsrat zu wählen sind.
Mit dem neuen Personalgesetz vom 16. Mai 2000 ist die Wahl von Angestellten des Kantonalen Steueramtes durch den Regierungsrat dahingefallen. Die Grundstückschätzer und
Grundstückschätzerinnen werden seit dem 1. April 2001, dem Inkrafttreten des neuen Personalgesetzes, durch das Kantonale Steueramt angestellt. Dementsprechend ist § 165
Abs. 3 Satz 1 StG ersatzlos zu streichen.
- 39 -
7.15 Einsprache gegen eine Ermessensveranlagung (§ 193 Abs. 2 und 3)
Ist eine unbegründete Einsprache gegen eine Ermessensveranlagung erhoben worden, so darf auf Grund eines Urteils des Verwaltungsgerichtes keine Nachfrist zur
Verbesserung der Einsprache mehr gewährt werden.
§ 193 regelt den Inhalt der Einsprache. Bei einer Einsprache gegen eine Ermessensveranlagung haben die Steuerpflichtigen die offensichtliche Unrichtigkeit der Ermessensveranlagung
nachzuweisen. Während das aargauische Steuergesetz lediglich die Begründung der Einsprache verlangt, sieht das Steuerharmonisierungsgesetz zusätzlich auch die Bezeichnung
von allfälligen Beweismitteln vor. Das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich festgestellt, dass
der kantonale Gesetzgeber die bundesrechtlichen Vorgaben nicht vollumfänglich umgesetzt
habe, weshalb das Steuerharmonisierungsgesetz direkt anzuwenden sei.
Nach dem Steuerharmonisierungsgesetz muss der Steuerpflichtige zusammen mit der Einsprache gegen die Ermessensveranlagung taugliche Beweismittel für die Richtigkeit seiner
Darstellung einreichen oder diese zumindest genau bezeichnen. Die Bezeichnung der Beweismittel und die Begründung der Einsprache haben zwingend innert der Einsprachefrist zu
erfolgen. Das Fehlen einer sachbezogenen Begründung nach Ablauf der Einsprachefrist
stellt einen nicht verbesserungsfähigen Mangel dar. Anders als das geltende aargauische
Recht ist die Möglichkeit einer Nachfristansetzung im Steuerharmonisierungsgesetz nicht
vorgesehen. Daraus folgt, dass sich bei einer Einsprache gegen eine Ermessensveranlagung die Ansetzung einer Frist zur Verbesserung erübrigt.
Mit der Neuformulierung von § 193 wird die Diskrepanz zwischen dem Steuerharmonisierungsgesetz und dem kantonalen Recht behoben. Da sich die Ansetzung einer Nachfrist zur
Verbesserung der Einsprache auf Einsprachen gegen ordentliche Veranlagungen beschränkt, erscheint es sachgerecht, die Bestimmung betreffend Nachfrist in Abs. 2 den Ausführungen zur Ermessensveranlagung voranzustellen. In Abs. 3 wird die Formulierung des
Steuerharmonisierungsgesetzes übernommen. Würde die Anpassung nicht vorgenommen,
wäre das Steuerharmonisierungsgesetz direkt anwendbar. An der Rechtslage ändert sich
somit nichts.
7.16 Begriff der zu Unrecht unterbliebenen Veranlagung (§ 206 Abs. 2; § 207 Abs. 2)
Das Nachsteuerverfahren kommt bei einer unterbliebenen Veranlagung künftig erst
dann zum Zuge, wenn eine ordentliche Veranlagung infolge Verjährung ausgeschlossen ist.
§ 206 Abs. 2 definiert den Begriff der zu Unrecht unterbliebenen Veranlagung und bezweckt
damit die Abgrenzung zwischen ordentlicher Veranlagung und Nachsteuerverfahren. Eine
solche Begriffsbestimmung findet sich im Steuerharmonisierungsgesetz nicht. Das Steuerrekursgericht hat in einem neuen Entscheid zur direkten Bundessteuer festgestellt, dass das
Nachsteuerverfahren erst dann zum Zuge kommt, wenn die ordentliche Veranlagung infolge
Verjährung ausgeschlossen ist. Angesichts des deckungsgleichen Inhalts des Steuerharmonisierungsgesetzes ist davon auszugehen, dass diese Auslegung auch für das kantonale
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Recht massgeblich ist. § 206 Abs. 2 hat sich somit als nicht bundesrechtskonform erwiesen
und ist ersatzlos zu streichen.
§ 207 Abs. 1 regelt die Verwirkung des Rechts, ein Nachsteuerverfahren einzuleiten. Während das geltende Recht unterschiedliche Vorschriften für periodisch und nicht periodisch
geschuldete Steuern kennt, trifft das Steuerharmonisierungsgesetz diese Unterscheidung
nicht. § 207 Abs. 1 Satz 2 ist daher ebenfalls ersatzlos zu streichen.
7.17 Einleitung des Steuerhinterziehungsverfahrens (§ 243 Abs. 2 und 3)
Das Steuerhinterziehungsverfahren kann neu mit einer Selbstanzeige eingeleitet
werden. Dasselbe gilt bereits heute bezüglich der Einleitung eines Nachsteuerverfahrens.
Im Nachsteuerverfahren bewirkt die Selbstanzeige die Einleitung desselben (§ 208 Abs. 2),
während die Einleitung des Steuerhinterziehungsverfahrens durch den Erlass eines Strafbefehls erfolgen muss. Neu soll auch das Steuerhinterziehungsverfahren mit einer Selbstanzeige eingeleitet werden können. Hinsichtlich der Wirkungen der Selbstanzeige wird das
Steuerhinterziehungsverfahren mit dem Nachsteuerverfahren gleichgestellt, denn die unterschiedliche Regelung in den beiden Verfahren hat insbesondere bei der Beurteilung der
Verwirkung und der Verjährung zu Schwierigkeiten geführt. In Abs. 3 wird materiell die Regelung des geltenden Abs. 2 übernommen und in Bezug auf die Selbstanzeige angepasst.
8.
Fiskalische Auswirkungen
8.1
Vorgeschlagene Teilrevision
Die Auswirkungen der Revision auf die Steuererträge des Kantons und der Gemeinden sind
unter Ziff. 2 dargelegt worden. Im Folgenden werden die diesbezüglich wesentlichsten Massnahmen näher erläutert. Den beiden Anhängen zur Botschaft lassen sich die fiskalischen
Auswirkungen von allen Revisionspunkten im Detail entnehmen. Die darin nicht aufgeführten
Gesetzesänderungen bewirken keine ins Gewicht fallenden Mehr- oder Mindereinnahmen.
Halbierung der Kapitalsteuer
Die Halbierung der Kapitalsteuer wird in zwei gleichmässigen Etappen auf den 1. Januar
2007 und den 1. Januar 2008 vorgenommen. Für den Kanton ergeben sich Ausfälle von rund
13.9 Mio. Franken im Jahr 2007 und 28.6 Mio. Franken im Jahr 2008. Für die Gemeinden
betragen die Mindereinnahmen 5.8 Mio. Franken im Jahr 2007 und 12.0 Mio. Franken im
Jahr 2008. Diese geschätzten Ausfälle sind brutto, d.h. ohne Berücksichtigung möglicher
Mehreinnahmen durch vermehrte Zuzüge von Firmen aufgrund der tieferen Steuerbelastung.
Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung
Durch die steuerliche Entlastung von Erträgen aus qualifizierten Beteiligungen ergeben
sich für den Kanton im Bereich natürliche Personen Steuerausfälle von schätzungsweise
12 Mio. Franken. Diesen Mindereinnahmen stehen bei den juristischen Personen erwartete
Mehreinnahmen von rund 4 Mio. Franken gegenüber. Diese Zahlen beruhen auf der Annah-
- 41 -
me, dass im Fall von guten Geschäftsergebnissen bei Familiengesellschaften künftig anstelle
von hohen Lohnbezügen vermehrt höhere Dividendenausschüttungen treten. Aus den damit
einhergehenden höheren Gewinnausweisen ergeben sich zusätzliche Gewinnsteuern. Per
Saldo belaufen sich die erwarteten Steuerausfälle für den Kanton auf 8 Mio. Franken. Bei guter Konjunktur werden die Mindereinnahmen höher ausfallen, bei Stagnation kleiner.
Für die Gemeinden wird mit 10.3 Mio. Franken ein höherer Steuerausfall ausgewiesen als für
den Kanton. Grund dafür ist, dass ihr Anteil an den Steuern juristische Personen kleiner ist
als bei den natürlichen Personen. Damit stehen in etwa gleich hohen Ausfällen bei den Einkommenssteuern tiefere Mehreinnahmen bei den Gewinnsteuern gegenüber.
Im Weiteren ist zu erwähnen, dass die vermehrten Dividendenausschüttungen anstelle von
Lohnbezügen zu Einbussen bei den AHV/IV/EO-Beiträgen führen werden.
Fusionsgesetz
Es ist davon auszugehen, dass diese Revision keine nennenswerten finanziellen Auswirkungen hat, weil im Wesentlichen bloss die bisher gewährleistete Steuerneutralität von Umstrukturierungen weitergeführt wird. Nennenswerte, mit der Zeit wachsende Steuerausfälle ergäben sich lediglich, wenn stille Reserven, die als Folge einer Umstrukturierung in eine
Holding- oder Domizilgesellschaft überführt werden, steuerlich nicht erfasst werden könnten.
Dies wird jedoch durch die in § 71 Abs. 5 vorgesehene steuerliche Abrechnung auf den davon betroffenen stillen Reserven bei einem Statuswechsel gewährleistet. Die finanziellen
Auswirkungen auf Grund der verbesserten Rahmenbedingungen lassen sich kaum beziffern.
Personelle Auswirkungen sind keine zu erwarten.
Behindertengleichstellungsgesetz
Da die Anzahl der berechtigten Personen und die Höhe der geltend gemachten Kosten nicht
bekannt sind, lassen sich die durch den zusätzlichen Abzug für behinderungsbedingte Kosten entstehenden Steuermindereinnahmen nicht genau bestimmen. Wird von 50'000 Haushalten mit Personen mit einer Behinderung sowie von zusätzlich geltend gemachten Invaliditätskosten von durchschnittlich Fr. 1'500.– ausgegangen, ergeben sich Ausfälle für den Kanton und die Gemeinden in der Grössenordnung von rund 3.0 Mio. Franken (inklusive Anteil
direkte Bundessteuer) bzw. 2.5 Mio. Franken. Dabei ist berücksichtigt, dass der Invalidenabzug jeweils im Umfang des Abzugs für behinderungsbedingte Kosten reduziert wird.
Kleinverdiener- und Kleinrentnerabzug
Die Ausfälle belaufen sich für den Kanton und die Gemeinden auf jeweils rund 9.5 Mio.
Franken. Dabei profitieren in erster Linie Alleinstehende, da diese im Bereich der Kleinsteinkommen deutlich stärker vertreten sind als Verheiratete. Den Altersrentnerinnen und rentnern kommt der steuerliche Abzug ebenfalls überdurchschnittlich zu Gute: Rund 27 %
der Ausfälle fallen bei ihnen an, wobei deren Anteil an der Gesamtzahl der Steuerpflichtigen
lediglich knapp 18 % beträgt.
- 42 -
8.2
Wirkung auf Sozialtransfers
Das steuerbare Einkommen dient den Sozialtransfers (Sozialversicherungen und via Steuern
finanzierte Sozialleistungen) zum Teil als Berechnungsbasis. Die Einführung oder Erhöhung
eines steuerlichen Abzugs kann daher deren Höhe beeinflussen, woraus dem Kanton zusätzliche Mehrausgaben erwachsen.
Insbesondere bei den Krankenkassen-Prämienverbilligungen hat die Reduktion von steuerbaren Einkommen durch den Kleinverdiener- und Kleinrentnerabzug sowie den Abzug für Invaliditätskosten zusätzliche Ausgaben zur Folge. Diese fallen allerdings grossmehrheitlich
erst ab 2010 an. In diesem Jahr bilden in der Regel die definitiven Steuerveranlagungen 2007 Grundlage für die Krankenkassen-Prämienverbilligungen.
Im Weiteren können sich gewisse Mehrausgaben im Stipendienwesen ergeben, da der Abzug für Invaliditätskosten auch mittlere Einkommen betrifft. Das durch den Invaliditätskostenabzug generierte zusätzliche Stipendienvolumen dürfte jedoch kaum ins Gewicht fallen. Zusätzliche Direktzahlungen im Bereich Landwirtschaft dürften ebenfalls nur bescheiden ausfallen und würden zudem ausschliesslich Bundesausgaben betreffen.
Keine Mehraufwendungen durch die Änderung von steuerlichen Abzügen ergeben sich bei
den Ergänzungsleistungen und der Sozialhilfe; hier dient das steuerbare Einkommen nicht
als Berechnungsbasis.
9.
Zeitplan
Zustellung an Kommission GR
Anfangs Dezember 2005
1. Lesung Kommission GR; 1. Lesung GR
Januar – Ende März 2006
Botschaft 2. Lesung
Mitte Mai 2006
2. Lesung Kommission GR; 2. Lesung GR
Juni – August 2006
Referendumsfrist
September – November 2006
Publikation
Dezember 2006
Inkraftsetzung
1. Januar 2007
10.
Inkrafttreten
Die Gesetzesänderungen treten auf den 1. Januar 2007 in Kraft.
Antrag:
Der vorliegende Entwurf zur Änderung des Steuergesetzes wird in 1. Beratung zum
Beschluss erhoben.
- 43 -
Aarau, 30. November 2005
IM NAMEN DES REGIERUNGSRATS
Landammann:
Rainer Huber
Staatsschreiber:
Dr. Peter Grünenfelder
Anhänge:
Anhang 1: Tabelle über die fiskalischen Auswirkungen auf den Kanton
Anhang 2: Tabelle über die fiskalischen Auswirkungen auf die Gemeinden
Beilagen:
Beilage 1: Gesetzesentwurf
Beilage 2: Synopse
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