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Institut Arbeit und Wirtschaft (IAW)
3. 1. 2013
Einladung zum Vortrag im IAW-Colloquium
am 8. 1. 2013, 16 – 18 Uhr
IAW, Universitätsallee 21-23 (Seekampgelände)
Thema des Vortrags
„2013: Abschwung, Aufschwung, Rezession? Ungelöste Probleme, Risiken,
Chancen und Herausforderungen prägen die gesamtwirtschaftliche Entwicklung
im neuen Jahr“
Thesen zum Thema
Wirtschaftsprognose für 2013: Entwicklung hängt von der Lernfähigkeit der
europäischen und deutschen Politik ab
Die Erbschaft aus 2012
Ökonomisch übernimmt das neue Jahr eine vielfältige Erblast. Die Stichworte sind die
ungelöste Eurokrise, die Staatsschuldenkrise sowie die fortdauernde Krisenanfälligkeit
der Finanzmärkte. Die durch die Exporte getriebene Gesamtwirtschaft macht die
Entwicklung weiterhin von den Weltmärkten und dem Welthandel abhängig. Die im
letzten Jahr versäumte Stärkung der Binnenwirtschaft bleibt die große Aufgabe. Die
Spaltung der Arbeitsmärkte durch eine Ausweitung der prekären Arbeit und
Niedriglöhne wird sich ohne gegensteuernde Politik fortsetzen. Ob die Aktionäre - der
Kurswert der Unternehmen im DAX stieg um knapp 30 % - erneut zu en Gewinnern
zählen werden, ist fraglich. Jedenfalls gehört zum positiven Erbe die Vermeidung
einer sich beschleunigenden Inflation
Insgesamt hinterlässt 2012 eine tiefe Vertrauenskrise. Erstmals in dieser Deutlichkeit
hat die ungelöste Eurokrise die Investitionsentscheidung der Unternehmen belastet. Im
neuen Jahr wird der Abbau dieser Vertrauenskrise für die Erholung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entscheidend.
Die Prognose für 2013: Mit einer nachhaltigen Erholung der konjunkturellen
Entwicklung ist nicht zu rechnen
Die großen Wirtschaftsforschungsinstitute, der „Rat der fünf Weisen“ und zuletzt die
Deutsche Bundesbank haben ihre gesamtwirtschaftlichen Prognosen für 2013
vorgelegt. Zu erst einmal mussten die Vorhersagen zum Wirtschaftswachstum 2013,
die noch vor einigen Monaten angeboten wurden, nach unten revidiert werden.
Der Glaube an die schnelle konjunkturelle Erholung erwies sich als Irrtum. Insgesamt
wird für den Anfang des neuen Jahres von einer sich fortsetzenden Abschwächung der
Konjunktur ausgegangen. Je nach der Intensität des Glaubens an die expansive
Marktdynamik wird bereits ab Sommer mit einer konjunkturellen Erholung gerechnet.
Über das gesamte Jahr gerechnet zeigt der Vergleich der aktuellen Prognosen eine
Spanne wirtschaftlichen Wachstums zwischen 1% (Bundesregierung) und 0,3%. Die
Deutsche Bundesbank sowie das Ifo-Institut erwarten 0,7%.
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Nach den vielen Fehlprognosen in den letzten Jahren und angesichts der methodischen
Probleme bei Zukunftsvoraussagen überrascht der Mut zur Punktprognose. Dabei liegt
die erwartete Bandbreite der möglichen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zwischen
dem im Sommer einsetzenden konjunkturellen Aufschwung und einer sich
durchsetzenden Stagnation bis hin zur schrumpfenden Produktion (Rezession). Die
große Mehrheit der Prognostiker unterschätzt die Risiken der konjunkturellen
Entwicklung. Sie scheinen das Motto des Vatikans „Jahr des Glaubens“ auf ihre
Zunft zu übertragen.
Wie das gesamtwirtschaftliche Entwicklungsmuster im soeben gestarteten neuen Jahr
ausfallen wird, hängt von den Rahmenbedingungen sowie dem politischen Umgang
mit verschiedenen Krisenherden ab.
Auf der positiven Seite steht: Auch in 2013 ist die deutsche Wirtschaft durch eine
starke internationale Wettbewerbsfähigkeit geprägt. Was nützt jedoch die Produktionsstärke, wenn Nachfrage fehlt und die Vertrauenskrise die Wirtschaftsakteure
hemmt?
- Die Exportwirtschaft wird sich auf niedrigere Wachstumsraten einstellen müssen.
Die Abschwächung der Weltkonjunktur (erwartet 3,3%) und des Welthandels (3,6%)
tragen dazu bei. Gegenüber diesem Durchschnitt werden die Exporte in die USA
sowie in den süd- und ostasiatischen Wirtschaftsraum weiterhin große Relevanz
haben. Insgesamt wird Deutschland an der Spitze der Skala der Exportweltmeister
rangieren.
Die starke Abhängigkeit von den Weltmärkten durch die deutsche Exportwirtschaft
schafft jedoch hohe Risiken. Den Importen gegen gerechnet wird die Leistungsbilanz
einen positiven Saldo von knapp 180 Mrd. € (6,6% bezogen auf das
Bruttoinlandsprodukt) bringen. Die Exportstrategie Deutschland bleibt durch einen
Widerspruch gekennzeichnet. Expandierende Exportgewinne hängen von der Lage der
Importländer ab.
Das zeigt sich gerade bei den Euro-Krisenländern. Die Exporte dorthin sind massiv
zurückgegangen.
Die Deutsche Bundesbank beschreibt das Dilemma in ihrer Prognose für 2013 und
2014 zutreffend: Deutschland „hat ein besonderes Interesse am Wohlergehen seiner
Partner.“ Deshalb ist auf Dauer eine aggressive Exportstrategie schädlich.
- Auch wegen der Risiken der Exportwirtschaft muss im neuen Jahr die Binnenwirtschaft gestärkt werden. Die ökonomischen Vorteile aus der Exportstärke sollten
an die Binnenwirtschaft weitergegeben werden.
* Der private Konsum hat sich entgegen den übertriebenen Erwartungen
schwach entwickelt. Auch in diesem und im kommenden Jahr wird mit
einem Zuwachs von eher 0,5% gerechnet. Deshalb ist und bleibt es die
Aufgabe, die kaufkraftfähige Nachfrage durch eine angemessene
Entlohnung zu erhöhen. Gemessen an der Entwicklung der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Produktivität) und der erwarteten
Inflationsrate sind 4% an Lohnzuwächsen gerechtfertigt. Zur
lohnpolitischen Stärkung der Kaufkraft gehören auch Mindestlöhne sowie
die Angleichung der Entlohnung von Leiharbeit an die Normalbeschäftigten.
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* Kürzungen bei der staatlichen Ausgabenpolitik belasten auch im neuen
Jahr die Konjunktur. Um die Schuldenbremse zu erreichen, müssen vor
allem steuerpolitische Maßnahmen realisiert werden. Dazu zählt die
Einführung der Vermögensteuer. Insgesamt sollte der Staat für die
Bereitstellung öffentlicher Güter wieder finanzierungsfähig werden. Dazu
gehört auch ein Zukunftsinvestitionsprogramm in den Bereichen
ökologischer Umbau und Infrastruktur, Bildung und Vereinbarkeit von
Familien und Beruf.
* Während die Bauinvestitionen im neuen Jahr wieder mit ungefähr 2,5%
steigen werden, ist erneut mit einem allerdings schwächeren Einbruch
der Ausrüstungsinvestitionen zu rechnen. In diesem Investitionsattentismus spiegeln sich die unveränderten Megarisiken aus dem alten Jahr
wider.
- Am Arbeitsmarkt wird die Zahl der Erwerbstätigen eher stagnieren und die registrierte Arbeitslosigkeit auf knapp 3 Mio. steigen. Beschäftigungspolitik bleibt die
entscheidende Aufgabe. Dabei sollte die Vergabe von Arbeitslosengeld mit
Qualifizierungsmaßnahmen deutlich stärker verknüpft werden. Konjunkturell verdient
die Entscheidung der Bundesregierung Anerkennung: Die Erweiterung der
Kurzarbeitgeldvergabe auf ein Jahr ist, wie die Erfahrung 2009 lehrt, richtig. Damit
werden die Stammbelegschaften über die Krise hinweg gehalten. Sei ist jedoch auch
für Leiharbeiter vorzusehen.
- Um die tiefe Vertrauenskrise abzubauen, ist eine entscheidungsfähige
Politik in Deutschland und der EU erforderlich:
* Die derzeitig scheinbare Ruhe bei der Eurokrise täuscht. Immerhin
jammern Spekulanten aus den Hedgefonds, dass sich auf den
Zusammenbruch des Euro derzeit nicht erfolgreich wetten lässt. Auch
wegen der Auflagenpolitik in den Ländern, die Zugang zum Rettungsfonds
haben, wird spätestens wegen der krisenbedingt steigenden Staatsschulden
in diesen Ländern eine neue Serie von EU-Krisengipfeln stattfinden. Es wird
darauf ankommen, die Weichen klar für den Erhalt der Eurozone zu stellen.
Dazu gehört auch die Einrichtung eines Schuldentilgungsfonds. Wenn dies
nicht geschieht, wird auch 2013 ein EU-Krisengipfel den anderen jagen.
Die EU hat 2013 zum "Europäischen Jahr der Bürgerinnen und Bürger"
gekürt. Jetzt müssen den Parolen auch Taten folgen.
* Die Zinssätze auf den Geld- und Kapitalmärken werden extrem niedrig
bleiben. Auch im kommenden Jahr sind reale Vermögensverluste wegen
der die Renditen übersteigenden Inflationsrate zu rechnen (Umlaufrendite
öffentlicher Anleihen 1,6%). Die EZB wird ihre Niedrigzinspolitik sowie ihre
Politik zur Stabilisierung der Finanzmärkte fortsetzen (OMT Programm zum
Aufkauf von Staatsanleihen aus Euro-Krisenländern. Auch im neuen Jahr ist
mit einer gefährlichen Inflationsbeschleunigung nicht zu rechnen. Werden
die Kosten für Energie herausgerechnet, dann signalisiert die
Kerninflationsrate eher eine deflationäre Situation, d.h. es fehlt Nachfrage
zur Auslastung der Produktionskapazitäten.
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* Die Finanzmarktkrise mit dem Kernbereich Bankenkrise ist noch lange
nicht behoben. Im Gegenteil, Geschäfte mit Wett-Papieren nehmen wieder
zu und mit den Schattenbanken entsteht ein neues Krisenpotenzial. Neben
allgemeinen Regulierungen müssen die systembedrohlichen Banken ihr
spekulatives Investmentbanking abbauen. Die auf den Weg gebrachte EUBankenunion, die auch präventiv bedrohliche Banken auflösen kann, sollte
zügig ausgebaut werden und ihre Arbeit aufnehmen.
2013 wird zum Jahr der Bewährung einer europaweiten Politik zur Stärkung der
nachhaltigen Entwicklung. Politik kann die Märkte nicht ersetzen. Sie muss jedoch
ordnende Regeln garantieren. Nur der Staat ist in der Lag, öffentliche Güter und
Dienstleistungen anzubieten, die mangels Rentabilität einzelwirtschaftlich nicht
erzeugt werden, jedoch für die Unternehmenswirtschaft wichtig sind. Ein
öffentlichen Zukunftsinvestitionsprogramms für öffentliche Investitionen in
Umwelt, Bildung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht im Mittelpunkt.
Die wichtigsten Krisenschwerpunkte des alten Jahres werden auch die für 2013
bleiben: die Stabilisierung des Euroraums sowie eine präventive Politik gegen die
Banken- und Finanzmarktkrise und damit die Bändigung der Schuldenkrise.
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Prognose 2013 – unter Vorbehalt
2012
- Reales Bruttoinlandsprodukt: 0% bis 0, 7%
0.7%
- Private Konsumausgaben:
0% bis 0,7%
0,6%
- Ausrüstungsinvestitionen:
-4 bis -2,7%
-5,5%
- Bauten:
2 bis 3 %
- Exporte:
2% bis 3%
4,0%
- Verbraucherpreise:
unter 2%
2,0%
- Arbeitslose:
ca. 3 Millionen
-0.5%
2,897 Mio.
- Arbeitslosenquote:
ca. 7%
6,8%
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