Bewusstes oder unbewusstes Bevorzugen

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Vortrag
Motivation von Arbeitnehmern im Unternehmen
von Burkhard Helmerding und Lotar Küpper
an IKF 02 des Forum Berufsbildung
Allgemeines
Im Grunde ist die Formulierung des Themas irreführend, da es grundsätzlich nicht darum geht, die Mitarbeiter zu Motivieren,
sondern das Sie angeleitet werden müssen, sich selbst zu motivieren.
Die Ausnutzung der "human ressources", sprich menschliche Arbeitsmittel, als Teil der Wertschöpfungskette eines
Unternehmens schafft auch immer eine unternehmenseigene Kultur. Diese aktiv zu entwickeln, zu fördern und zu kontrollieren
ist eine der wichtigsten Aufgaben des Personalwesens. Die verschiedenartigen Vorgehensweisen ergeben sich aus der
organisatorischen Struktur der Unternehmen, den Unternehmenszielen sowie des kulturellen Backgrounds der beschäftigten
Arbeitnehmer und des Unternehmers.
International sind deshalb die verschiedenen Methoden und Techniken anzupassen bzw. auf den "Kulturkreis" zu übertragen...
Diese kulturelle Anpassung setzt sich bei guter Personalführung bis in das kleinste Unit, dem einzelnen Arbeitnehmer fort.
Hiermit definiert sich eine Grundforderung des Personalwesen.
Sinn und Zweck
Der Kapitalismus bzw. unsere wirtschaftliche Grundordnung bestimmt, das derjenige am Markt besteht, der seine Leistungen
bei bester Ausnutzung der ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen erbringt. Hierzu gehört selbstverständlich auch der Faktor
Mensch.
Dieser ersten, zwar groben, aber wichtigsten Rahmenbedingung muß sich ein Unternehmer immer stellen, um sein
Unternehmen Zukunftsfähig und nachhaltig zu gestalten....
Im Gegensatz zum Frühkapitalismus müssen in einer aufgeklärten Informationsgesellschaft mit hohen sozialen
Errungenschaften andere Methoden angewendet werden, um das "bestmögliche Ergebnis aus den Menschen herauszuholen".
Unsere soziale Gesellschaftsordnung, die zweite zentrale Rahmenbedingung, ist mitbestimmend im Umgang mit der Ressource
Mensch. Die soziale Grundsicherung unserer Gesellschaft zwingt den Arbeitgeber zu verantwortungsvollem Umgang mit seinen
Mitarbeitern.
Das motivierende Personalwesen muß sich also der Aufgabe stellen, die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Unternehmens und
die humanen Bedürfnisse der Arbeitnehmer in Einklang zu bringen.
Eine dritte, ebenfalls sehr wichtige Komponente innerhalb der Unternehmensführung sind die ständig verändernden
technischen, wirtschaftlichen und marktbezogen Rahmenbedingungen. Ein intelligent geführtes Unternehmen benötigt somit
Mitarbeiter, die für sich selbst und insbesondere im Sinne des Unternehmens willens und in der Lage sind, Verantwortung zu
übernehmen.
Es wurde der Ruf nach dem "Unternehmer" im Unternehmen laut. Das heißt, dem einzelne Mitarbeiter und insbesondere dem
mittleren Management sollten mehr unternehmerische Entscheidungsfreiheiten zugestanden werden. So wurden z.B. in der
Autoindustrie Projektgruppen eingerichtet, die zwar die einzelnen Mitarbeiter stärker motivierten, aber gleichzeitig
Hierarchieebenen gleichschalteten bzw. überflüssig machten. Personalfreistellungen waren die Folge.
Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass der Einzelne einer weitaus größeren Verantwortung gegenübersteht.
In diesem Kontext sind aber z.B. auch Motivationsstrategien zu sehen, die Verbesserungsvorschläge aus dem Mitarbeiterkreis
für das Unternehmen verfügbar machen sollen. Neben Prämienzahlungen werden diese Mitarbeiter unternehmensintern gelobt,
der persönliche soziale Status steigt.
Im Sinne der Rationalisierung der "human Ressources" ist es in unserer heutigen Informationsgesellschaft notwendig, die
Ressource "Wissen und Information" der gesamten Unternehmung zur Verfügung zu stellen. Das Personalwesen steht somit
vor der Aufgabe eine Atmosphäre bzw. Kultur zu schaffen, die weg geht, von dem Gedanken "Wissen ist Macht", hin zu einer
allgemeinen Kultur der Wissensvermittlung und insbesondere der Wissensverarbeitung.
Ein rational und modern funktionierendes Unternehmen wird so zu einem selbstlernenden Organismus das effizienter
Funktionieren kann.
Hier findet vielleicht die letzte Rationalisierungswelle, aber vielleicht auch die fundamentalste Veränderung innerhalb von
Unternehmens und Unternehmerkulturen überhaupt statt.
Obwohl bzw. gerade weil hier nennenswerte Vorteile für die Arbeitnehmer entstehen können, stehen immer handfeste
wirtschaftliche Interessen des Unternehmens hinter diesen Veränderungen.
Methoden der Motivation....
Bewußt oder Unbewußt, Willkürlich oder nicht... In einem Unternehmen entsteht immer zwangsläufig ein Personalwesen. Das
Personalwesen manifestiert sich im Umgang der Mitarbeiter untereinander und den Vorgesetzten sowie Untergebenen
gegenüber. (VORNMAE NÖTIG) Maslof hat mit seiner Bedürfnispyramide ein akademisches Werkzeug geschaffen um die
Bedürfnisse und somit auch die "Belohnungsmöglichkeiten" der Mitarbeiter zu erfassen.
Maslof geht von Grundbedürfnissen wie dem körperlichen Grundbedürfnis (Bewegungstrieb), einem Sicherheitsbedürfnis (hier
sind materielle Werte eingeordnet) sowie sozialen, egoistischen und Bedürfnisse der Selbstverwirklichung aus.
Selbstverständlich darf dieses Werkzeug in Bezug auf die einzelnen Mitarbeiter nicht allzu starr angewendet werden. Kulturelle
Unterschiede, familiäre Herkunft und soziale Prägung können die Hierarchie dieser Pyramide für den einzelnen Mitarbeiter
schlichtweg umkehren. Im Kreativen und Kulturellen Arbeitsbereichen findet man eher Menschen, denen die
Selbstverwirklichung wesentlich wichtiger ist als beispielsweise materieller Besitz. Im sozialen Bereich sind oftmals auch
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Menschen beschäftigt, die bereit sind, auf Einkommen zugunsten von sozialer Integration sowie dem daraus resultierendem
Selbstwertgefühl zu verzichten.
Bei gleicher Leistung wie Zeitaufwand, schwere der Arbeit etc. entstehen so unterschiedliche Branchenlöhne und
Sozialleistungen.
Innerbetrieblich und gegenüber dem Branchen-Mitbewerb funktionieren das
Belohnungsprinzip mit Geld, Anerkennung (sozialer Status innerhalb der Gruppe, Lob bzw. Tadel, Freizeitausgleich..)
selbstverständlich sehr gut. Hinzu kommen Bildungsangebote die Aufstiegschancen innerhalb des Unternehmens ermöglichen.
Die Übertragung von Verantwortung erhöht den sozialen Status innerhalb des Mitarbeiter-Teams und damit das
Selbstwertgefühl.
Man muß hier aber auch feststellen, das es so keine allgemeingültigen Regeln zu Mitarbeitermotivation gibt. Die Methoden und
Werkzeuge sind so unterschiedlich wie die Branchen und die einzelnen Mitarbeiter selbst, aber deshalb auch Ausdruck der
gelebten Unternehmenskultur.
Wenn die Maslof`sche Bedürfnispyramide zwar im großen und ganzen funktioniert, aber auf den einzelnen Mitarbeiter angepaßt
werden muß, könnte der einzelne Mitarbeiter auch in den Motivations- und Belohnungsprozess mit eingebunden werden.
Die motivierend eingesetzten Maßnahmen könnten sich dann schon im persönlichen Bezug unterscheiden,
Das Personalwesen kann durch einfachste Fragestellungen wie "was brauchst du???, Was willst Du??" Daten erfassen, die
sich in der Gesamtrechnung von Branchendaten, Unternehmensziel, vorhandener Ressource niederschlagen und das Beste für
alle herausholt.
Der einzelne Mitarbeiter wäre zufriedener mit seinem Umfeld und könnte sich stärker mit "seinem" Unternehmen identifizieren.
Todsünden im Umgang mit Mitarbeitern:
Im Umgang mit Menschen sind die Physiologie, die Psychologie und die Soziologie die entscheidenden Rahmenbedingungen.
Leider ist, auch im Ansatz, eine akademische Vorbildung bei Führungskräften nicht unbedingt vorauszusetzen. Insbesondere
Führungskräfte in Klein- und Kleinst- Unternehmen haben hier ein Defizit. Da in aller Regel auch keine Bildung bzw.
Schulungsangebote angeboten werden, wollen wir hier einige Todsünden darstellen.
Fehlende Selbstkontrolle
Als Vorgesetzter ist man unter ständiger Beobachtung durch die Mitarbeiter. Man gibt ständig Signale, bewußt oder unbewußt
ab. Dies betrifft nicht nur das direkte Gespräch sondern insbesondere auch die Körpersprache.
Um seine Mitarbeiter motivieren zu können, muß man sich erst mal selbst kontrollieren. Ein guter Vorgesetzter analysiert sein
Verhalten nach folgenden Fragestellungen:
Was für Signale gebe ich an meine Umwelt weiter?
Inwieweit ist mein Verhalten, meine Sprache etc. der Umgebung und den Menschen angepaßt?
So wird z.B. ein Cholerischer Vorgesetzter, der ständig in die Luft geht, nie seiner motivierenden Aufgabe gerecht werden
können.
Hier können unbewußt Kettenreaktionen in Gang gesetzt werden, die lediglich darauf abzielen, den Vorgesetzten in Rage zu
bringen. Defizite im Selbstbewußtsein, sowohl beim Mitarbeiter als auch beim Vorgesetzten treten in den Vordergrund und nicht
der fachliche Disput.
Öffentlicher Tadel an Mitarbeiter
Tadel, fachlich berechtigt oder nicht, hat nichts in der Öffentlichkeit zu suchen. Eine öffentliche Auseinandersetzung degradiert
den Mitarbeiter vor allem sozial und weniger fachlich.
Für den Mitarbeiter rücken die fachlichen Aspekte des Tadels in Hintergrund, deshalb wird er sein fachliches Verhalten auch
kaum ändern.
Wesentlich günstiger ist es, einen nötigen Verweis z.B. im Büro auszusprechen. Durch den späteren zeitlichen Ablauf haben
der Vorgesetzte und der Mitarbeiter die Gelegenheit ihre Gedanken und Gefühle zu ordnen. Persönliche Aspekte treten in den
Hintergrund und es ist für beide leichter den fachlichen Gesichtspunkt zu betonen.
Fehlender menschlicher Respekt
Der persönlich, menschliche Respekt muß unter allen Umständen gewahrt bleiben. Im zwischen-menschlichen Umgang,
insbesondere wenn man bereits längere Zeit miteinander arbeitet, ist man gerne bereit, menschliche Schwächen des
Gegenübers für seine Interessen auszunutzen. Obwohl Mobbing eine strafbare Handlung darstellt, wird doch allzu gerne
begangen.
Bewusstes oder unbewusstes Bevorzugen eines Mitarbeiters
Es passiert im Umgang mit Menschen allzu oft, dass man einzelne Mitarbeiter bevorzugt behandelt.
Das trifft sowohl auf die Verteilung der Arbeit, als auch auf den persönlichen Plausch in der Kaffeeküche zu. Gerade weil dieser
Kontakt unbedingt notwendig ist, muss auf eine Gleichbehandlung s e h r geachtet werden. Das Nichtbeachten eines
Mitarbeiters bezieht dieser immer auf sich bzw . auch auf nicht anerkannte Leistungen . Hierdurch wird das Selbstbewusstsein
und die Leistungsbereitschaft nachhaltig gemindert.
Fallbeispiel 1:
REDETEIL BURKHARD
In diesem Fallbeispiel werde ich euch in eine Welt entführen, in der ich Erfahrungen gemacht habe, die dazu führten, daß ich
meine Vorstellung über Südafrika erst einmal komplett revidieren mußte.
Ich werde mich bemühen, ohne eine Wertung zu berichten, und hoffe, daß dieser Bericht nicht falsch aufgefaßt wird.
Insbesondere möchte ich klarstellen, daß mir rassistisches Gedankengut immer fern lag und heute noch fern liegt. Nach meiner
Rückkehr 87 nach Deutschland musste ich viele Diskussionen mit Menschen halten, die von der politischen Lage dort bis auf
wenige Schlagwörter keine Ahnung hatten und hatte damit zu kämpfen, dass ich von vorneherein in die rechte Ecke gepackt
wurde, weil ich dort gelebt und gearbeitet hatte. Aber mal zurück zum Thema Arbeitermotivation
Das erste Problem war die Sprachbarriere. Alle Südafrikaner wachsen zweisprachig, d.h. mit Englisch und Afrikaans auf.
Afrikaans war die Verständigungssprache zwischen den Schwarzen und den weißen Einwanderern nicht-englischer Herkunft.
Zu Anfang konnte ich zwar kein Afrikaans sprechen aber ich konnte es verstehen, da ich zu Anfang der 80er Jahre öfter mal in
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Holland gewesen war und in mein Heimatgebiet noch ältere Menschen Plattdeutsch sprachen, beides waren Basis für
Afrikaans.
Meine Mitarbeiter haben kein Englisch mit mir gesprochen, aber sie haben mein Englisch verstanden. Im Laufe der Zeit habe
ich zwangsläufig Afrikaans gelernt, und damit eine wichtige Voraussetzung erfüllt, daß ich von meinen Mitarbeitern akzeptiert
wurde. Das Ganze geschah, als ein großer Umschwung, das Ende der Apartheid, begann Wirklichkeit zu werden. Ihr könnt
euch vorstellen, daß das Wort eines Weißen zu dieser Zeit recht wenig Gewicht hatte.
Die Spinnerei in der ich als Schichtführer angestellt war, befand sich ca 80 km von Kapstadt entfernt in einem kleinen Dorf mit
dem Namen Darling. Es lebten dort ca 250 Weiße und offiziell 4000 Farbige. Die Firma war der größte Arbeitgeber mit ca 350
Angestellten, es gab noch eine Fabrik die Hemden und Kittel herstellten, und ein paar Läden, ansonsten war Farmland um das
Dorf. Man konnte von einer Arbeitslosenquote unter den Farbigen von ca 75 - 80 % ausgehen.
Der Mitarbeiterstab bestand aus ca 35 Frauen im Alter von 15 - 35 Jahren und 3-4 Männern im Alter von 15 - 30. Der
allgemeine Bildungsstandard war nicht mit dem in Deutschland zu vergleichen, Farbige hatten von Staats wegen ein niedrigeres
Bildungsniveau als die Weißen, aber man konnte die Farbigen nicht als "blöde" bezeichnen, da alle zweisprachig waren; ein
Potential war zwar da, nur die Qualität der Bildung war niedrig und es lag an mir, das auszubauen wenn ich mir gute Mitarbeiter
heranziehen wollte.
Um die Produktion reibungslos in Gang zu halten, waren einige einfache Regeln zu beachten. Da an den Spinnmaschinen
ständig Fäden brachen, war es notwendig, daß das Bedienungspersonal anwesend war um diese Fäden wieder anzuspinnen.
Zur Erklärung muß ich hier noch einfügen, daß zu viele Fadenbrüche nicht nur Auswirkungen auf die Qualität der Fertigware,
also das gewebte Tuch hatten, sondern auch die Menge der Produktion in der Weberei negativ beeinflußte.
Eine Abwesenheit von mehr als zehn Minuten hatte eine so hohe Anzahl an Fadenbrüchen zur Folge, daß eine Person allein
nicht in der Lage war, das wieder in Ordnung zu bringen. Deshalb war die wichtigste Regel, daß die Mitarbeiter nicht länger als
6 Minuten abwesend sein konnten. Das bedeutete, daß sie entweder zur Toilette gehen konnten, oder eine Zigaretten rauchen
konnten, aber nicht beides hintereinander. Es geschah aber immer wieder, daß die Mitarbeiterinnen länger abwesend waren
und ich sie dann aus dem Aufenthaltsraum holen mußte.
Es war nicht immer einfach, dann die Ruhe zu behalten. Das geschah immer wieder und irgendwann hätten die das doch
verstehen müssen, aber die haben halt immer wieder versucht, die Grenzen etwas weiter zu stecken. Da halfen auch keine
Erklärungen, daß nicht ich die Regeln willkürlich aufgestellt habe, sondern daß die Art der Arbeit und die Maschinen solche
Regeln notwendig machten.
Ein Problem waren die Pausen; da die Maschinen kontinuierlich laufen sollten, wurden sie in den Mittagspausen nicht
abgeschaltet und mit halber Personalzahl am Laufen gehalten. Das war nur möglich, wenn die Maschinen in guter Verfassung
waren, wenn die erste Hälfte des Personals zur Pause ging.
Im Gegensatz zur Anweisungen aus der Geschäftsleitung habe ich auch selbst gerade in solchen Situationen mitgearbeitet und
habe dadurch nicht nur meine Mitarbeiter dazu motiviert, daß sie sich gegenseitig bereitwilliger halfen, sondern habe damit
erreicht, daß sie allgemein zufriedener waren mit meinen Anstrengungen für die Schicht da zu sein.
Wenn es größere Probleme mit Fadenbrüchen gab, z.B. durch Reparaturen an den Maschinen, konnte ich meine
Einsatzgruppe auf die Maschine setzen, dann waren in 5-10 Minuten alle Fäden wieder dran, aber diese Lösung war ein
zweischneidiges Schwert, wenn ich das bei bestimmten Maschinen zu oft machte, hieß es, daß ich eine Person bevorzugen
würde, was wiederum zu Problemen mit den anderen führte, die dann auch langsamer wurden.
So konnte schnell eine Kettenreaktion entstehen, die sich negativ auf die gesamte Schicht auswirkte.
Das hätte zu einer allgemeinen Senkung der Produktion geführt, und da wir monatlich die Produktionszahlen vorgelegt
bekamen, konnte man genau sehen, wo und wann Probleme aufgetreten waren, und ich war dann derjenige, der das erklären
musste.
Wichtig war auch, meinen MitarbeiterInnen die Sicherheit zu geben, daß sie mit guter Arbeit auch ihre Arbeitsplätze sicherten,
aber daß diese Leistung nur im Team zu erreichen war und für das Team wichtig war: je besser die Gesamtleistung, desto
größer ihr Wert für die Firma und desto fester ihr Platz in der Firma.
Deshalb mussten Teamarbeit und Teamergebnis immer wieder in den Vordergrund gerückt werden, ich habe das mit
Schichtversammlungen oder Gruppengesprächen in kleinerem Rahmen gemacht und versucht, die Probleme, die auftraten zu
erklären und einen Lösungsansatz im Team zu erarbeiten oder vorzuschlagen.
Dazu gab es noch Schicht-Rennen gegeneinander, also die Produktionszahlen der einzelnen Schichten wurden kommuniziert
und die beste Schicht bekam einen Bonus am Ende des Jahres.
Ein Bonussystem half auch, die Anwesenheit am Wochenende zu steigern, wir hatten eine Monatliche Stundenzahl von 200240 Stunden, und wenn Samstags und Sonntags gearbeitet wurde, brachte das einen Bonus von 12 Rand, bei einem
Stundenlohn von ca 3 Rand war das ein starker Ansporn.
Mir wurde die Ausbildung im Feuerschutz zugewiesen, aber das Problem war, wie bringe ich die Männer dazu, nach den 8
Stunden Schichtarbeit noch zwei Stunden zu bleiben.
Bei ersten Mal war ich mit meinem Assistenten allein, und wir hatten Zeit uns Gedanken zu machen wie wir sie zu Bleiben
bringen konnten, denn das Überstundengeld war nicht Anreiz genug.
Für jede Stunde wurde eine Flasche Bier als Zulage ausgegeben! Sofort waren alle Männer der Schicht dabei....! Das war auch
notwendig, im Brandfall hätte es ca 30 Minuten gedauert, bis ein Löschfahrzeug bei uns gewesen wäre.
Die oben beschriebenen Maßnahmen haben nach einer Zeit von ca 12 Monaten dazu geführt, daß ich mich weniger um das
Personal sondern mehr auf die Maschinen konzentrieren konnte, und die gesamte Arbeitsatmosphäre entspannter war und sich
langsam ein echtes Vertrauensverhältnis aufbaute.
Fallbeispiel 2:
REDETEIL LOTAR
Gerade das Dienstleistungsgewerbe wie z.B. die Gastronomie ist von den Mitarbeitern und Ihren Motiven abhängig. Der
bedienende Mensch, dessen persönliche Laune bei der Arbeit und seine Dienstleistungsbereitschaft ist fester Bestandteil des
Gesamtprodukts "Gastronomie".
1988 übernahm ich den Aufgabenbereich eines Geschäftsführerassistenten in einem Betrieb mit 30 Mitarbeitern. Die erste und
wichtigste Aufgabe war hier die Leitung der Abendschicht. Dies beinhaltet die Abrechnung der Kellner und der Abendkasse
oder z.B. die Dienstplanerstellung für Küche, Bar und Kellner. Der Betrieb war bis zu meinem Eintritt patriarchalisch, fast
Herrschaftlich geführt und bestand bis auf zwei Kellnerinnen nur aus Männern.
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Die Arbeitssituation an sich war recht schwer. Es gab Wege von über 80 Metern von der Bar oder Küche zum Tisch. Dennoch
war Tempo beim Gastempfang oder der Speisenbedienung oberstes Gebot. Der traditionelle Krieg zwischen Küche und
Service, zwischen Service und Bar erlebte hierbei nicht zuletzt, weil fast nur Männer arbeiteten, eine Renaissance. Weil es nicht
selten vorkam, das die Mitarbeiter sich untereinander anschrien, die Kellner sich untereinander Gäste klauten und in fremden
"Revieren wilderten", war die Mitarbeiterfluktuation sehr groß.
Kurz und Gut, die "gelebte" Unternehmenskultur war wenig geeignet um gerade beim Gast eine gut gelaunte und freundliche
Atmosphäre darzustellen.
Im Grunde standen lediglich 2 Alternativen zur Teambildung und zur Veränderung der gelebten Unternehmenskultur zur
Verfügung:
Die Entlassung des gesamten Personals und somit ein kompletter Neuanfang in Organisation und Personalführung oder der
langsamere Weg der schrittweisen Veränderung. Ersteres stand wegen dem Arbeitsschutz und aus Kostengründen wegen
etwaiger Abfindungen an die Mitarbeiter nicht zur Verfügung. Für die zweite Möglichkeit mußte man, auch trotz
vorauszusetzender Einsicht einiger Belegschaftsmitglieder (es kam wirklich keiner gerne zur Arbeit) starke Widerstände
erwarten. Sichtbare bzw. Spürbare Ergebnisse waren deshalb auch erst in 1/2 Jahresfrist zu erwarten.
Als erste Maßnahme wurde eine Belegschaftsversammlung einberufen in der kleine organisatorische Veränderungen und etwas
besprochen wurde, was ich für mich selbst als "lächeln auf Befehl" bezeichnen mußte.
Davon ausgehend, das Menschen in der Lage sind, Verhaltensmuster einzuüben und so ein positives Feedback zu erhalten,
habe ich besonderen wert auf ein Lächeln in den Gesichtern der Belegschaft gelegt.
Nach der Versammlung bin ich fortwährend durch den Betrieb gelaufen, habe die Mitarbeiter selbst angelächelt und ihnen bei
der direkten Begegnung ein "bitte lächeln..." zugeraunt.
Man kann sich gut vorstellen, das die Mitarbeiter schnell, vor allem aber auch persönlich genervt waren. Persönliche Angriffe
nach dem Motto: der ist ja irre... , der spinnt ja total... waren in den ersten Tagen und Wochen an der Tagesordnung. Dies
passierte Teils hinter vorgehaltener Hand, teils öffentlich. 2 noch in der Probezeit befindlichen Mitarbeiter waren derart
angestachelt, das ich wegen verschiedener Versäumnisse einen Grund zur fristlosen Kündigung erhielt. Auch deshalb konnte
ich im Betrieb klarmachen, das der "neue Wind" kein Spiel ist, sondern absolut ernst gemeint war.
Schnell wurde der Ruf nach einem Betriebsrat laut. Das ich hierfür recht schnell Informationsmaterial für die Mitarbeiter
besorgte, sorgte eher für Verwirrung und hat die Gründung ggf. sogar verhindert. Früher als erwartet, bereits nach 6 Wochen,
hat mich einer der stärksten "Wiederständler" unter den Kellnern angesprochen, das sich im Betrieb tatsächlich was verändert
hat.
Neben der innerbetrieblichen Stimmung hat sich das Lächeln in den Brieftaschen der Kellner niedergeschlagen. Das Trinkgeld
ist von 2 auf bis zu 7% vom Umsatz gestiegen.
Ganz nebenbei konnte ich so meine Position als Geschäftsführer-Assistent gegenüber dem Chef und der Belegschaft festigen,
so daß eine Reihe unpopulärer Controlling - Maßnahmen und zusätzliche Motivationsmöglichkeiten eingeführt werden konnten.
Unter anderem wurde den Kellnern bei dem Produkt Kaffee eine Umsatzprovision von 25% statt sonst 15% brutto gewährt. Die
Folge war, das die Mitarbeiter bei jedem Gast der etwas gegessen hat, beim Abräumen der Teller gefragt hat, ob es
geschmeckt hat und ob er noch einen Kaffee wolle. Die Gäste haben, und so war es auch gewollt, das unaufdringliche
Verkaufsangebot als Freundlichkeit und Dienstbeflissenheit "missverstanden". Dieses Verhaltensmuster war bald so eingeübt,
das selbst in Umsatzspitzenzeiten und bei Stress fast 300% mehr Kaffee verkauft wurde.
Um den entstanden positiven sportlichen Ehrgeiz der Kellner weiter anzuheizen wurden wöchentliche Charts mit dem
jeweiligen Kaffee-Verkauf ausgehängt und eine Prämie für den Monatsbesten von DM 50,- ausgelobt. Speziell zum
Monatsende mußte ich auf bitten des Personals die Charts täglich erstellen.
Nach dem 2. Monat dieser Maßnahme kam ein Kellner am Monatsletzten kurz vor Feierabend auf die Idee, Kaffee auf Vorrat
zu bonieren, um die Prämie zu kassieren. Dieser Vorgang fiel allerdings auf und wurde Rückgängig gemacht. Die darauf
folgende offizielle Abmahnung ging später in die Kündigung des Mitarbeiters über.
Diese Maßnahmen haben aber nicht nur die gelebte Unternehmenskultur verändert sondern, gepaart mit zusätzlichem
Marketing und einer neuen Ausrichtung des Betriebes auf größere Reisegruppen, innerhalb von 18 Monaten eine betriebliche
Umsatzsteigerung von 150% realisiert.
Fazit:
Willkürlich oder unwillkürlich, bewußt gesteuert oder einfach laufen gelassen, ein Personalwesen findet immer statt, wenn
mehrere Personen, Teams oder Netzwerke zusammenarbeiten.
Ob das Personalwesen motivierend oder auch demotivierend wirkt, liegt zum einen an dem Bedürfnis der einzelnen Mitarbeiter
und hängt im besonderen Maß von der vorgelebten Kultur des Unternehmers ab.
Wenn der Unternehmer, was oft bereits geschehen ist, sein Unternehmen weniger als seinen Besitz begreift, den er
beherrschen und verteidigen muß, sondern eher als eigenständige Person, dessen Dienstleistender er ist, hat er es persönlich
leichter, für das Unternehmen die richtige Kultur zu entwickeln.
Hierbei wäre sogar die Maslow`sche Bedürfnispyramide anwendbar, da auch die Person "Unternehmen" konkrete Bedürfnisse
hat. Innerhalb des Denkmodells wären die physiologischen Grundbedürfnisse als Basis mit der Bereitstellung von Arbeitsraum,
Betriebsmitteln etc. gleichzusetzen. Die Sicherheitsbedürfnisse definieren den Unternehmensfortbestand, Produkt bzw. Produkt
und ggf. Expansion, die sozialen Bedürfnisse beinhalten hierbei vielleicht Mitarbeiterförderung und Unternehmenskultur.
Innerhalb des Ego- Bedürfnisses könnten Begriffe wie Marktposition, Unternehmensimage nach außen etc. gefaßt werden.
Bleibt noch die Frage inwieweit ein Unternehmen in der Lage ist, sich selbst zu verwirklichen. Hier könnten Positionen gefaßt
werden wie z.B. Sponsoringengagements an dritte, der Betriebskindergarten oder Forschung und Entwicklung etc.
Offen kommuniziert könnte der Wert "Bedürfnis" die Atmosphäre schaffen, die Hinwendung zum einzelnen, die motivierend
wirkt, Identifikation schafft und deshalb eben Befriedigung vermittelt.
Die konkreten Maßnahmen, die hierbei vor allem bewußt ergriffen werden, müssen die Bedürfnisse der Person Unternehmen
und gleichberechtigt die seiner Mitarbeiter, dessen Wüsche und zuweilen Träume berücksichtigen. Der einzelne Mensch wäre
in einer solchen Situation gewillt, sich im Sinne des Unternehmens maximal ausbeuten zu lassen, würde im Rahmen seiner
persönlichen Möglichkeiten flexibel und zu seinen Gunsten, ähnlich wie die Kellner, Dienstbereit reagieren.
Und was wohl am wichtigsten wäre: Jeder Mitarbeiter fühlt sich persönlich ernst genommen und wäre in seinen Leistungen
bestätigt.
Schönen Dank für eure Aufmerksamkeit.....
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