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2-001
SITZUNG AM DIENSTAG, 9. APRIL 2002
___________________________
2-002
VORSITZ: CATHERINE LALUMIÈRE
Vizepräsidentin
(Die Sitzung wird um 9.00 Uhr eröffnet.)
2-003
Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen
Sitzung
2-004
Die Präsidentin. – Das Protokoll der gestrigen Sitzung
wurde verteilt.
Gibt es Einwände?
2-005
Wynn (PSE). – (EN) Herr Präsident, das Protokoll ist in
Ordnung, dennoch möchte ich eine Anmerkung machen.
Ich war gestern in Straßburg anwesend. Ich hatte
allerdings bis nach 21.00 Uhr eine Sitzung nach der
anderen und konnte mich deshalb nicht in das Register
im Plenarsaal eintragen. Deshalb fehlt mein Name im
Protokoll.
Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, dass Abgeordnete
des Europäischen Parlaments nicht an den Debatten
teilnehmen können. Wie einige andere Kollegen war
auch ich bei der gestrigen Debatte mit einem
Redebeitrag vorgesehen. Ich bitte den Präsident, sich mit
den Zuständigen in Verbindung zu setzen und sie zu
bitten, etwas zu unternehmen.
(Beifall)
2-008
Die Präsidentin. – Frau Lynne, Ihr Protest wird
natürlich weitergeleitet. Wie Sie wissen, war unser
Präsident, Herr Cox, ebenfalls von diesem Zwischenfall
betroffen. Wir werden die französische Regierung
darüber
informieren.
Allerdings
scheint
die
Verantwortung für diesen von uns allen bedauerten
Zwischenfall nicht nur bei einer Stelle zu liegen, sondern
bei mehreren. Wir werden unsere Proteste daher an alle
Verantwortlichen übermitteln, damit ein solcher Vorfall
sich nicht wiederholt
(Das Protokoll wird genehmigt.)1
Einige Organisationen veröffentlichen Angaben zur
Anwesenheit ihrer Mitglieder. Dies ist ein klassisches
Beispiel dafür, dass ein Abgeordneter offiziell deshalb
nicht anwesend war, weil er sich schlicht und einfach an
dem betreffenden Tag nicht in die Anwesenheitsliste
eingetragen hat. Das möchte ich hiermit zu Protokoll
geben. Dies sollten die Abgeordneten bitte bedenken,
wenn sie bei Veröffentlichung des Protokolls feststellen,
dass dieses nicht der Realität entspricht.
2-006
Die Präsidentin. – Danke, Herr Wynn. Ihre
Anmerkungen werden selbstverständlich in das
Protokoll aufgenommen.
2-009
Beschluss über die Dringlichkeit
2-010
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen
Parlaments und des Rates zur Änderung der
Verordnung (EWG) Nr. 218/92 über die
Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem
Gebiet der indirekten Besteuerung (MwSt)
(KOM(2000) 349 – C5-0103/2002 – 2000/0147(COD))
(Ausschuss für Wirtschaft und Währung)
***
***
2-011
2-007
Lynne (ELDR). – (EN) Frau Präsidentin, zur
Geschäftsordnung. Ich möchte Sie bitten, den
Präsidenten des Parlaments um Weiterleitung unserer
Beschwerde an die französische Regierung, den
Bürgermeister von Straßburg sowie die Air France zu
ersuchen. Einigen von uns war es unmöglich, gestern
rechtzeitig zu Beginn der Sitzung hier zu sein, weil die
Air France einen der wenigen Direktflüge vom
Vereinigten Königreich nach Straßburg gestrichen hat.
Dadurch waren viele von uns gezwungen, über Nantes
zu fliegen, und trafen erst nach 9.00 Uhr hier ein. Wir
hatten noch Glück. Soweit ich weiß, war auch der
Präsident des Parlaments betroffen. Wenn die
französische Regierung darauf besteht, dass wir zwölf
Sitzungen im Jahr hier durchführen - und ich gehöre
nicht zu denen, die sich darüber beschweren - dann sollte
sie uns die An- und vor allem auch die Abreise am
Donnerstag
nach
der
Abstimmung
um
18.30 ermöglichen.
Randzio-Plath (PSE), Verfasserin der Stellungnahme
des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und
Währung. – Frau Präsidentin! Wir können diesem
Antrag auf Dringlichkeit zustimmen, wenn dies in der
April-II-Tagung behandelt wird. Wir werden dann auch
die Rechtsauffassung des Ausschusses für Recht und
Binnenmarkt kennen. Wenngleich wir mit der Änderung
der Rechtsgrundlage nicht einverstanden sind, sind wir
doch bereit, das unter diesen Bedingungen in der AprilII-Tagung zu behandeln.
2-012
(Das Parlament beschließt die Dringlichkeit.)
Die Präsidentin. – Dieser Punkt wird somit in die
Tagesordnung
der
Apriltagung
in
Brüssel
aufgenommen.2
1
Dringlichkeitsdebatte (eingereichte Entschließungsanträge): siehe
Protokoll.
2
Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen: siehe Protokoll.
6
09/04/2002
***
Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die
Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver
Maßnahmen gegen bestimmte Personen und
Organisationen, die mit Usama bin Laden, dem AlQaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung
stehen, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr.
467/2001 über das Verbot der Ausfuhr bestimmter
Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über
die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens
von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend
die Taliban von Afghanistan (KOM(2002) 117 – C50132/2002 – 2002/0059(CNS)) (Ausschuss für die
Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere
Angelegenheiten)
von Namen natürlicher oder juristischer Personen
korrigieren zu können. Derzeit löst diese Frage starke
Beunruhigung
in
der
Öffentlichkeit
unserer
Mitgliedstaaten aus.
Darüber hinaus haben wir die Kommission schon
gebeten, die Lösung solcher Aufgaben nicht von uns zu
erzwingen. Es ist nicht seriös, dass dieses Parlament
gerade einmal fünf Tage hat, um diesen Beschluss zu
unterstützen, denn es handelt sich eigentlich nicht um
eine Stellungnahme, sondern um die Unterstützung
dieser Resolution der Vereinten Nationen, die vom
19. Januar stammt. Wir ersuchen darum, uns künftig
früher in den Erarbeitungsprozess solcher Verordnungen
einzubinden, damit dieses Parlament seine Unterstützung
mit voller Sachkenntnis leisten kann und nicht einen
wahrhaft
unverhältnismäßigen
Verfahrensaufwand
betreiben muss.
2-013
Palacio Vallelersundi (PPE-DE), Verfasserin der
Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für
Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere
Angelegenheiten. – (ES) Frau Präsidentin, mit diesem
Vorschlag
für
eine
Verordnung
wird
die
Resolution 1390 umgesetzt, die am 16. Januar dieses
Jahres vom UN-Sicherheitsrat gemäß Kapitel VII der
Charta der Vereinten Nationen verabschiedet wurde.
Aufgrund des Zeitraums von 30 Tagen, innerhalb dessen
die
Unterzeichnerstaaten
die
entsprechenden
Maßnahmen zur Anwendung dieser UN-Resolution zu
ergreifen haben, stimmte der Ausschuss für Freiheiten
und Rechte der Bürger gestern für die Dringlichkeit und
für die Durchführung eines Verfahrens ohne Bericht, das
heißt, die dringliche Angelegenheit geht direkt in die
Plenarsitzung, wobei den Fraktionen eine Frist für
Änderungsanträge gegeben wird. Angesichts dieser
Umstände
ersuche
ich
das
Präsidium,
den
längstmöglichen Zeitraum für Änderungsanträge
anzusetzen.
Gestatten Sie mir zwei Zusatzbemerkungen. Als Erstes
sei gesagt, dass die Europäische Union zur Umsetzung
solcher Resolutionen wie der Resolution 1390
Maßnahmen zweierlei Art ergreifen muss: eine im
Hinblick auf den zweiten Pfeiler, das heißt, die
Außenpolitik, und die andere im Rahmen des EGVertrags. Der Ausschuss war gestern praktisch einhellig
der Ansicht, dass dieses Parlament an der Schaffung der
Instrumente des zweiten Pfeilers mitarbeiten müsste,
also an der Erarbeitung des gemeinsamen Standpunkts,
der zum jetzigen Zeitpunkt angenommen werden soll.
Und wenn es nicht hinzugezogen wird, sollte es
zumindest unterrichtet werden, denn eine Sache ist der
Text des Vertrags und eine andere der gesunde
Menschenverstand und der Gedanke, dass dieses Hohe
Haus die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vertritt.
Zum Zweiten möchte ich bemerken, dass der Ausschuss
für Freiheiten und Rechte der Bürger große Bedenken
äußerte und den Rat und die im UN-Sicherheitsrat
vertretenen Mitgliedstaaten formell ersuchen wird, noch
über die notwendigen Verfahrensmechanismen zu
entscheiden, um etwaige ungerechtfertigte Auflistungen
2-014
Die Präsidentin. – Frau Frahm, Sie haben sich zu Wort
gemeldet. Wollen Sie für oder gegen die Dringlichkeit
sprechen?
2-015
Frahm (GUE/NGL). – (DA) Frau Palacio, ich verstehe
nicht, dass Sie es zugelassen haben, dass der Ausschuss
für Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere
Angelegenheiten dieses Verfahren akzeptiert. Ich
verstehe nicht, dass der Ausschuss für Freiheiten und
Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten
sich mit einer Namensliste befassen soll ohne zu wissen,
wie diese Liste entstanden ist oder wie sie geändert
werden kann. Hätte der Ausschuss für Freiheiten und
Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten
seine Aufgaben ernst genommen, wäre die Behandlung
dieser Angelegenheit zurückgestellt worden, bis man
Näheres über die Änderung der Namensliste weiß. Wenn
man von der Kommission respektiert werden will, darf
man das Tempo der Kommission nicht einfach
hinnehmen. Man hätte es ablehnen müssen.
2-016
Die Präsidentin. – Gibt es jemanden, der für die
Dringlichkeit sprechen möchte?
2-017
Palacio Vallelersundi (PPE-DE). – (ES) Frau
Präsidentin, ich möchte mich für die Dringlichkeit
aussprechen und speziell auf diesen Punkt eingehen. Wie
ich hier sagte, geht es nicht darum, dass das Parlament
eine Stellungnahme zu einer Liste abgibt. Das Parlament
soll einen Beschluss des Sicherheitsrats der Vereinten
Nationen unterstützen. Es ist eine vom UNSicherheitsrat beschlossene Maßnahme, die die
Unterzeichnerstaaten und die Europäische Union – als
Regionalmacht, die diese Unterzeichnerstaaten in
einigen Aspekten repräsentiert – unterstützen sollen, an
der sie aber nicht beteiligt sind.
Die Charta der Vereinten Nationen sieht in den
Artikeln 40 und 41 des Kapitels VII vor, dass der
Sicherheitsrat die Maßnahmen beschließt, die er als
zweckmäßig erachtet und die die Unterzeichnerstaaten
durchführen „müssen“– dazu sind sie verpflichtet.
09/04/2002
7
Deshalb muss jede Änderung dieser Listen im
Sicherheitsrat
durchgesetzt
werden.
Der
Rechtsausschuss ersucht nun darum – wir werden das
weiter ausführen –, dass der Rat als Vertreter der
Europäischen Union und die dem Sicherheitsrat
angehörenden Mitgliedstaaten dafür eintreten, dass im
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Verfahren und
Mechanismen festgelegt werden, um Einrede einlegen
zu können, falls eine natürliche oder juristische Person
auf dieser Liste erscheint, die dort nicht stehen dürfte.
2-018
(Das Parlament beschließt die Dringlichkeit.)
Die Präsidentin. – Dieser Punkt wird somit als
Verfahren ohne Bericht in die Abstimmungsstunde am
Donnerstag um 12.00 Uhr in Straßburg aufgenommen. 3
2-019
Entlastungen 2000
2-020
Die Präsidentin. – Nach der Tagesordnung folgt die
gemeinsame Aussprache über:
– den Bericht (A5-0103/2002) von Herrn McCartin im
Namen des Ausschusses für Haushaltskontrolle über die
Entlastung
für
die
Ausführung
des
Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das
Haushaltsjahr 2000 (Kommission)
(SEK(2001) 0528 – C5-0234/2001 – 2001/2102(DEC));
– den Bericht (A5-0088/2002) von Herrn Blak im
Namen des Ausschusses für Haushaltskontrolle über die
Entlastung der Kommission für die finanzielle
Abwicklung des sechsten, siebten und achten
Europäischen Entwicklungsfonds für das Haushaltsjahr
2000 (KOM(2001) 233 – C5-0209/2001 –
2001/2096(DEC));
– den Bericht (A5-0079/2002) von Herrn Seppänen im
Namen des Ausschusses für Haushaltskontrolle über die
Entlastung für die Haushaltsführung der Europäischen
Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) für das
Haushaltsjahr 2000 (C5-0043/2002 – 2001/2101(DEC));
– den Bericht (A5-0098/2002) von Herrn Virrankoski im
Namen des Ausschusses für Haushaltskontrolle über die
Entlastung
für
die
Ausführung
des
Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das
Haushaltsjahr 2000 (Einzelplan I - Europäisches
Parlament) (SEK(2001) 530 – C5-0238/2001 –
2001/2103(DEC));
– den Bericht (A5-0094/2002) von Frau Morgan im
Namen des Ausschusses für Haushaltskontrolle
1. über die Entlastung für die Ausführung des
Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das
Haushaltsjahr 2000:
Einzelplan IV - Gerichtshof
(SEK(2001) 530 – C5-0240/2001 –2001/2105(DEC))
Einzelplan V - Rechnungshof
3
Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen: siehe Protokoll.
(SEK(2001) 530 – C5-0241/2001 –2001/2106(DEC))
Einzelplan VI - Wirtschafts- und Sozialausschuss
(SEK(2001) 530 – C5-0242/2001 –2001/2107(DEC))
Einzelplan VII - Ausschuss der Regionen
(SEK(2001) 530 – C5-0243/2001 –2001/2108(DEC))
Einzelplan VIII - Bürgerbeauftragter
(SEK(2001) 530 – C5-0244/2001 –2001/2109(DEC))
und
die
Entlastung
für
die
Ausführung
des
Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für die
Haushaltsjahre 1996-1999
Einzelplan VI - Wirtschafts- und Sozialausschuss
(SEK(1997) 402 – C4-0197/1997 – 1997/2076(DEC),
SEK(1998) 521 – C4-0353/1998 – 1998/2011(DEC),
SEK(1999) 414 – C5-0008/1999 – 1999/2166(DEC),
SEK(2000) 539 – C5-0312/2000 – 2000/2156(DEC))
2. über den Aufschub des Beschlusses über die
Entlastung
für
die
Ausführung
des
Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das
Haushaltsjahr 2000:
Einzelplan II - Rat
(SEK(2001) 530 – C5-0239/2001 – 2001/2104(DEC));
und
– den Bericht (A5-0101) von Herrn Staes im Namen des
Ausschusses für Haushaltskontrolle
1. über die Entlastung der Europäischen Stiftung zur
Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen für
das
Haushaltsjahr
2000
(C5-0126/2002
–
2001/2111(DEC))
2. über die Entlastung des Europäischen Zentrums für
die Förderung der Berufsbildung für das Haushaltsjahr
2000 (C5-0127/2002 – 2001/2112(DEC))
3. über die Entlastung der Europäischen Agentur für
Wiederaufbau für das Haushaltsjahr 2000 (C50673/2001 – 2001/2238(DEC)).
– Entlastung 2000: Gesamthaushaltsplan, Einzelplan
III
2-021
McCartin (PPE-DE), Berichterstatter. – (EN) Frau
Präsidentin, ich möchte eingangs den Mitgliedern des
Ausschusses für Haushaltskontrolle einzeln und
kollektiv für ihre Zusammenarbeit bei der Erarbeitung
dieses Berichts danken. Ich möchte auch Frau Schreyer
dafür danken, dass sie regelmäßig an unseren Sitzungen
teilgenommen hat. Mein Dank gilt des Weiteren ihren
Mitarbeitern für ihre Unterstützung und Sachkenntnis.
Ganz besonders möchte ich mich bei den Bediensteten
unseres Ausschusses für Haushaltskontrolle bedanken,
die sehr viel Fleiß, Sachkenntnis und Zeit aufgebracht
haben, obwohl sie in letzter Zeit ständig umziehen
mussten, was wenig hilfreich war. Dennoch muss ich
ihnen mein höchstes Lob aussprechen. Bedanken möchte
ich mich auch bei Herrn Bourlanges, der die Strategie
für diesen Bericht erarbeitet hat.
Umfasste der Bericht anfänglich die Ziffern1-65, so sind
daraus schließlich Ziffern 1-95 geworden. Ich versuche
erst gar nicht, eine Zusammenfassung des Berichts zu
8
geben, weil das viel zu lange dauern würde. Ich werde
mich auf seine Hauptmerkmale beschränken. Das
wichtigste Hauptmerkmal dieses Berichts zur
Ausführung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr
2000 war der Überschuss in Höhe von 11 Mrd. EUR
(bzw. von 14 %). Diese Zahl bedarf der Erklärung.
Erstens stammen über 2 Mrd. EUR aus den Einnahmen.
Ich glaube nicht, dass sich irgendeine nationale
Regierung für zu hohe Einnahmen entschuldigen würde.
Ein weiterer Faktor ist die Reserve in Höhe von
800 Millionen Euro. Reserven sind dazu da, dass sie
nach Möglichkeit nicht ausgegeben werden. Sie sollten
daher aus dem Überschuss ausgeklammert werden.
Berücksichtigt man weitere Faktoren, so beträgt der
tatsächliche Überschuss ca. 9 %. Davon entfallen 7,2 %
auf die Strukturfonds. Vernachlässigt man die
Strukturfonds, stellt der übrige Haushalt kein Problem
mehr dar.
Die Verordnungen zu den Strukturfonds wurden Mitte
1999 fertiggestellt, also gerade zu der Zeit, als die neue
Kommission ihre Arbeit aufnahm. Angesichts der
Detailliertheit der Verordnungen und den mit ihnen
verbundenen Komplikationen, stand von vornherein fest,
dass wir unsere Ausgabenziele für das Jahr 2000 nicht
erreichen konnten.
Damit kommen wir zu den Schwierigkeiten, die diese
Verordnungen aufweisen. Die meisten Regierungen der
Mitgliedstaaten legten ihre Rahmenpläne erst im Jahr
2000 vor. Einige mussten damals abgelehnt werden, weil
es Probleme bezüglich des Verständnisses dieser
Verordnungen gegeben hatte. Das war also ein Problem.
Lassen Sie mich das anhand eines Beispiels
verdeutlichen. Ein deutscher Beamter sagte mir, dass es
während
des
1999
zu
Ende
gegangen
Sechsjahresprogramms allein in Deutschland 60 000
Projekte in Ziel-1-Gebieten gegeben habe. Das
vermittelt einen Eindruck davon, mit welchen
Problemen die Verwaltung dieser Fonds verbunden ist,
und die zuständige Generaldirektion hat etwa 500
Mitarbeiter.
Wir müssen uns eingehend mit der Frage der
Strukturfonds beschäftigen. Sämtliche Organe der Union
müssen sich um eine Vereinfachung der für die
Durchführung der europäischen Regionalpolitik
geltenden Regelungen bemühen, bevor das neue
Programm in Kraft tritt und bevor in vier Jahren die
Erweiterung beginnt.
Mein nächster Punkt betrifft die aktuelle Frage des
Betrugs und der Unregelmäßigkeiten. Der Ausschuss für
Haushaltskontrolle ist verpflichtet, Mängel in der
Verwaltung aufzudecken und Lösungen vorzuschlagen.
Deshalb muss sich der Ausschuss für Haushaltskontrolle
stets kritisch äußern, selbst auf die Gefahr hin, ziemlich
negativ zu klingen. Die Verantwortung für derartige
Mängel trägt letztlich stets die Europäische
Kommission. Doch die Mittel werden von den
nationalen Regierungen ausgegeben. Wenn wir über
Mängel seitens der Kommission sprechen, dann meinen
09/04/2002
wir damit, dass es der Kommission nicht immer gelingt,
die nationalen Regierungen und die regionalen Behörden
zu kontrollieren, was ohnehin keine einfache Aufgabe
ist.
Die EU stellt auf allen Ebenen eine Partnerschaft mit
den einzelstaatlichen Regierungen dar. Wenn man der
Kommission überhaupt etwas vorwerfen kann, dann dass
sie keine ordentliche Öffentlichkeitsarbeit betreibt und
dass sie sich nicht gegenüber ihren Kritikern und den
nationalen Regierungen behauptet, wenn diese gegen die
Gemeinschaftsgesetzgebung verstoßen.
Im Rahmen des Entlastungsverfahrens wird von uns
erwartet, dass wir eine politische Aussage zur Leistung
der Kommission machen. Wir im Ausschuss für
Haushaltskontrolle tun dies auf der Grundlage eines
Berichts seitens des Rechnungshofs sowie des
Jahresabschlusses der Kommission.
Der Ausschuss für Haushaltskontrolle hat die Entlastung
mit 17:4 Stimmen angenommen. Das stellt ein klares
Vertrauensvotum für die Arbeit der Kommission im Jahr
2000 dar. Uns sind allerdings auch nicht die Schwächen
des Systems entgangen, und wir schlagen deshalb in
unserem Entschließungsantrag Veränderungen und
Verbesserungen für die Planung und Verwaltung vor.
Wir streben eine bessere Zusammenarbeit zwischen dem
Rechnungshof, dem Parlament und der Kommission bei
der Durchführung der europäischen Politiken sowie eine
effizientere Verwendung der europäischen Mittel an.
Als letzten Punkt möchte ich erwähnen, dass der
Rechnungshof
versäumt
hat,
eine
Zuverlässigkeitserklärung abzugeben. Hinweisen sollten
wir jedoch darauf, dass er in Bezug auf die Einnahmen
und die Verwaltung eine Zuverlässigkeitserklärung
abgegeben hat. In Ziffer 44 haben wir dazu
entsprechende Vorschläge unterbreitet. Wir sind an
konkreten Angaben zur Fehlerquote interessiert. Wir
sind an konkreten Angaben interessiert, die einen
Vergleich mit dem jeweiligen Vorjahr ermöglichen. Wir
bitten
den
Rechnungshof,
seine
Zuverlässigkeitserklärung für die Einnahmen und die
Verwaltung des Haushalts klarer zu formulieren.
Die einzigen Informationen, die uns zur Betrugs- und
Fehlerquote
vorliegen,
stammen
aus
dem
Jahresabschlussbericht der Kommission für das Jahr
2000. Danach beläuft sich die Betrugs- und Fehlerquote
offenbar auf ca. 2 Mrd. EUR oder etwa 2,5 % des
Gesamthaushaltes. Dabei scheinen die Probleme
hauptsächlich bei etwa 10 % der traditionellen
Eigenmittel zu liegen. Klammert man diesen Betrag aus,
dann beläuft sich die Betrugs- und Fehlerquote nach
unseren Berechnungen auf ca. 1 %. Ich habe versucht
herauszufinden, wie andere Staaten mit diesem Problem
umgehen, und habe festgestellt, dass lediglich die USA
und die Niederlande vergleichbare Systeme aufweisen.
Legt man deren Maßstab zugrunde, dann muss ich klar
und deutlich feststellen, dass die Kommission erstklassig
abschneiden würde. Unsere Betrugs- und Fehlerquote
liegt unter dem, was in anderen Staaten als akzeptabel
09/04/2002
gilt. Obwohl wir also einige Korrekturen vornehmen
müssen und Empfehlungen für Verbesserungen geben,
wollen wir die negativen Aspekte unseres Berichts nicht
überbetonen.
Als letzten Punkt lassen Sie mich noch anführen, dass
wir eine Situation anstreben sollten, in der es so ist, dass
uns der Rechnungshof eine Erklärung vorlegt, die von
den Mitgliedern des Ausschusses für Haushaltskontrolle
in einem angemessenen Zeitraum gelesen werden kann.
Unsererseits könnten wir dann eine Erklärung erarbeiten,
die von den Abgeordneten dieses Parlaments, den
Abgeordneten der nationalen Parlamente und von
Europapolitikinteressierten gelesen und verstanden
werden könnte. Das ist uns bisher nicht gelungen. Ich
hoffe, dass es meinen Nachfolgern gelingen wird, etwas
zu erarbeiten, das die europäischen Bürger verstehen.
2-022
– Entlastung 2000: 6., 7. und 8. EEF
2-023
Blak (GUE/NGL), Berichterstatter. – (DA) Frau
Präsidentin, ich möchte empfehlen, der Kommission
Entlastung für den Entwicklungsfonds zu erteilen, und
ich möchte Frau Schreyer bitten, dies Herrn Nielson
mitzuteilen, da er heute bei dieser wichtigen Debatte
nicht anwesend ist. Ich habe im Laufe des Verfahrens
die Verschiebung des Entlastungsbeschlusses angedroht,
falls die Kommission keine Ergebnisse vorlegt. Das hat
sie dann aber getan. Es gibt noch immer ein paar
Probleme, mit denen wir uns in einem Anschlussbericht
befassen müssen. Ich habe mich insbesondere auf die
Qualität konzentriert, die sich in der Anzahl der in
diesem Jahr durchgeführten Prüfungen ausdrückt. Es
macht mir Sorgen, dass die Kommission keinen
Überblick darüber hat, wie viele Prüfungen von wem
und wo durchgeführt worden sind. Eine meiner ersten
Fragen an die Kommission lautete: „Wie viele
Prüfungen haben Sie im Jahr 2000 durchgeführt?“ Die
erste Antwort lautete 12 Prüfungen, was meiner Ansicht
nach eine sehr niedrige Zahl ist, wenn man bedenkt, dass
es 70 AKP-Länder gibt. Die Kommission entdeckte
später noch weitere Berichte. Sie erinnerte sich daran,
dass sicher auch einige Berichte von den Delegationen
erstellt worden waren, und Herr Nielson versicherte dem
Ausschuss, dass im Jahr 2000 73 Prüfungen
durchgeführt worden sind. Ich habe dann um eine Liste
dieser Prüfungen gebeten. Die spärlichen Informationen
auf dieser Liste halfen mir jedoch nicht weiter. Es trug
jedoch zur Erheiterung bei – insbesondere im
Rechnungshof -, als man sah, was hier als Prüfung
bezeichnet worden war. Fast die Hälfte stammte im
Übrigen aus Malawi und nach Abzug dieser Prüfungen
lagen wir bei 52. Nicht, wie Herr Nielson dem
Ausschuss versichert hatte, 73 Prüfungen. Es kann sein,
dass 52 Prüfungen genug sind, aber es gibt Anlass zur
Sorge, dass die Kommission keinen besseren Überblick
darüber hat, wie viele Prüfungen durchgeführt werden
und wer sie durchführt. Es existiert kein Zentralarchiv
und es gibt keinen Überblick über die Aktivitäten „vor
Ort“. Die Kommission hat mich aber davon überzeugt,
dass es nicht notwendig ist, die Prüfungen im
Hauptquartier in Brüssel durchzuführen. Deshalb habe
9
ich meine ursprüngliche Forderung von 50 Prüfungen
zurückgezogen. Aber je größer die den Delegationen
übertragene finanzielle Verantwortung ist, desto höhere
Ansprüche müssen an Überblick und Koordination im
Hauptquartier gestellt werden.
Ich habe die Kommission ferner um eine bessere
Erklärung dafür gebeten, weshalb die restlichen
Millionen Euro, die im Jahresbericht des Rechnungshofs
genannt werden, noch nicht zurückgefordert worden
sind. Dies hat man vor zwei Jahren festgestellt, aber es
ist noch nichts geschehen. Ich habe den Generaldirektor
der DG-AIDCO gefragt, ob er auf der Grundlage des
Kontrollsystems
und
der
Informationen
der
Delegationen eine Erklärung abgeben könne, die EEFMittel seien in Übereinstimmung mit den Prinzipien
einer „ordnungsgemäßen Verwaltung“ verwendet
worden. Ich habe noch keine Antwort darauf bekommen.
Dieselbe Frage hätte ich Herrn Nielson stellen können,
wenn er heute hier gewesen wäre. Aber vielleicht kann
Frau Schreyer mir helfen. Die Arbeitsweise des AKPSekretariats ist häufig kritisiert worden. Es gibt äußerst
kritische Prüfungsberichte und es hat leider auch einige
Gerichtsverfahren in Belgien gegeben, die mit einer
Verurteilung
wegen
Nichteinhaltung
der
Gesetzesvorschriften endeten. Das kann die EU meiner
Meinung nach nicht hinnehmen. Wir haben jetzt eine
neue Führung, mit der ich einige sehr gute Aussprachen
hatte. Ich hoffe auf Besserung und habe deshalb gesagt,
dass wir die Entscheidungen des Rechnungshofs
abwarten und dann die Angelegenheit erneut aufgreifen
sollten.
Im Namen der GUE-Fraktion möchte ich noch einige
Anmerkungen zum Bericht McCartin machen. Ich finde
den Bericht gut und möchte Herrn McCartin dafür
danken,
dass
er
sich
meine
zahlreichen
Änderungsvorschläge angehört und aufgenommen hat.
Hier haben wir eine von mehreren Möglichkeiten, die
früheren Entlastungsbeschlüsse fortzuschreiben, und das
ist äußerst wichtig. Auf zwei wichtige Fragen möchte
ich aber noch eine Antwort haben: Wann wird das
Disziplinarverfahren das Stockholmer Büro betreffend
auch vonseiten OLAF abgeschlossen? Dieselbe Frage
habe ich in Bezug auf das IRELA-Verfahren in Spanien,
über das wir so lange gesprochen haben.
Ich möchte noch ein paar Worte über die Entlastung für
das Parlament sagen. Herr Virrankoski hat
hervorragende Arbeit geleistet. Sein Bericht ist streng
und ausgewogen. Im Zusammenhang mit der Entlastung
für das Parlament ist nur schwer nachzuvollziehen, dass
wir um Offenheit bitten. Alle hier sind sofort hellwach,
insbesondere wenn es um die eigenen Mittel geht. Ich
möchte meiner tiefen Enttäuschung darüber Ausdruck
geben, dass der Generalsekretär der PPE-DE-Fraktion
die anderen Fraktionen angeschrieben und gesagt hat, es
wäre eine Katastrophe, wenn unsere eigene
Rechnungslegung offen gelegt würde. Wir kritisieren die
Kommission wegen ihrer mangelnden Offenheit und
wenn wir dann selbst an der Reihe sind, verschließen wir
die Augen. Ich finde wirklich, der Generalsekretär der
PPE-DE-Fraktion sollte sich sehr dafür schämen, dass er
10
die Einsicht in die Mittel der Steuerzahler abblockt.
Damit können wir nicht leben.
Ich möchte auch sagen, dass mir aufgefallen ist, dass
man die Finanzkontrolle abschaffen will. Sieht man sich
die Zahlen für das Jahr 2000 an, dann ist zu erkennen,
dass 7 % der Dokumente Fehler enthalten. Das zeigt
meiner Meinung nach, dass die jetzt kommende
Innenrevision unabhängig arbeiten können muss. Ich
sage aber nach wie vor: Die Finanzkontrolle sollte nicht
abgeschafft werden.
Im Hinblick auf den Entlastungsbeschluss für den Rat
möchte ich sagen, dass wir an den Bemerkungen und der
Entscheidung des Ausschusses festhalten. Ich kann nicht
akzeptieren, dass Mitglieder in einer Fraktion derart
zurechtgewiesen werden, dass wir den Beschluss ändern
müssen, für den wir im Haushaltskontrollausschuss
gestimmt haben. Im Großen und Ganzen möchte ich
aber die Entlastung für alle Bereiche empfehlen. Es geht
gut, es geht wesentlich besser, und darüber kann man
nur froh sein.
09/04/2002
Aufnahme von Verhandlungen mit den alten
Mitgliedstaaten zu ersuchen, damit auch die neuen
Mitglieder von den auf diese Weise erworbenen
Forschungsergebnissen profitieren können.
Die Kommission muss das verbleibende Vermögen der
EGKS so anlegen, dass eine möglichst hohe Rendite
erwirtschaftet wird. Wenn Kompromisse zwischen
Sicherheit und Risiko der Anlagen einzugehen sind,
dann sollten Risiken vermieden werden. Es muss
abzuschätzen sein, welchen Gewinn die Kommission mit
den
angelegten
Mitteln
erzielen
kann.
Im
Zusammenhang mit der vorliegenden Gewinn- und
Verlustrechnung erhalten wir erstmalig Kenntnis von
den Anlagegewinnen aus dem Vermögen der EGKS. Im
Jahre 2000 lagen die durchschnittlichen Renditen bei
4,72 %. Die Offenlegung dieser Daten ist ein wichtiger
Schritt in die richtige Richtung, aber es müssen weitere
Schritte folgen. Für die nächsten Jahre sollte ein
ungefähres Ziel für die Renditen aufgezeigt werden, auf
dessen
Grundlage
die
Rechnungsprüfer
eine
Einschätzung der Ergebnisse der Aktivitäten im
Vergleich zu dem gesetzten Ziel vornehmen können.
2-024
– Entlastung 2000: EGKS-Haushalt
2-025
Seppänen (GUE/NGL), Berichterstatter. – (FI) Frau
Präsidentin! Die Arbeit der Europäischen Gemeinschaft
für Kohle und Stahl war in den vergangenen Jahren
davon gekennzeichnet, auf das Auslaufen des Vertrages
im kommenden Sommer zu warten. Der Beschluss ist
gefasst, die Arbeit der EGKS wird nicht fortgesetzt, ein
halbes Jahrhundert reicht.
In den letzten Jahren ihres Bestehens arbeitete die EGKS
wie eine Bank. Sie lieh und verlieh Geld als Darlehen.
Ihre Mittel wurden durch die Kommission verwaltet, die
nun vor der Aufgabe steht, diese Banktätigkeit zu
beenden, die als Darlehen vergebenen Gelder
einzutreiben und die Schulden zu tilgen. Die Einnahmen
übersteigen die Schulden. Es scheint aus der Arbeit der
EGKS ein Überschuss in Höhe von 1,1 Mrd. Euro zu
verbleiben. Nach den zu einem früheren Zeitpunkt
gefassten Beschlüssen wird dieser Überschuss auf dem
Finanzmarkt gewinnbringend angelegt. Aus der Rendite
wird ein spezieller Kohle- und Stahlfonds gebildet, aus
dem nach den von der Kommission vorgeschlagenen
und dem Rat gebilligten Grundsätzen Mittel für die
Forschungstätigkeit in den entsprechenden Branchen
gewährt werden.
Der Gewinn aus den Mitteln soll dem Kohle- und
Stahlsektor zugute kommen, von dem die EGKS
Zahlungen für die Finanzierung ihrer Tätigkeit verlangt
hatte. Dies ist auch begründet. In diesem
Zusammenhang darf nicht vergessen werden, dass die
Mittel für den Forschungsfonds von den alten
Mitgliedstaaten kommen und deshalb auch vorrangig für
die Forschungstätigkeit in der Kohle- und Stahlbranche
dieser Länder verwendet werden sollte. Wenn man
jedoch die große Bedeutung dieser Sektoren in den
Volkswirtschaften vieler Bewerberländer berücksichtigt,
dann ist ebenso begründet, die Kommission um die
Ebenso muss in den kommenden Jahren eine Bewertung
erfolgen, ob der Abbau der früheren Tätigkeit der EGKS
in der geplanten Weise verläuft. Die Kommission
beabsichtigt, mehr als dreißig Beamte für Tätigkeiten im
Zusammenhang mit der Verwaltung und Verteilung des
Vermögens der EGKS in ihren Ämtern zu belassen.
Diese Zahl scheint hoch. Das Parlament muss in den
kommenden Jahren darüber wachen, dass die
verbleibenden Mittel der Gemeinschaft für Kohle und
Stahl nicht für die Aufrechterhaltung einer unnötigen
Bürokratie durch die Kommission verwendet werden.
Der Rechnungshof hat seinen Bericht über den
Jahresabschluss vorgelegt, in dem die Erteilung der
Entlastung befürwortet wird. Das Parlament kann sich
dieser Empfehlung anschließen.
2-026
– Entlastung 2000: Gesamthaushaltsplan, Einzelplan I
2-027
Virrankoski (ELDR), Berichterstatter. – (FI) Frau
Präsidentin! Der Haushaltsplan des Europäischen
Parlaments für das Haushaltsjahr 2000 wurde recht gut
umgesetzt. Die Verwendungsrate betrug 99,28 %, die
Quote der Zahlungen im Verhältnis zu den
Verpflichtungen
91,505 %.
Auf
den
hohen
Verwendungsgrad wirkten sich die im Verlauf des
Jahres getätigten Sammelmittelübertragungen aus, durch
die Mittel für die Finanzierung von Gebäuden
übertragen wurden. So konnten künftige Mietzahlungen
verringert werden. Künftig sollten derartige Aktivitäten
unterbleiben und die Mittel strenger anhand der
wirklichen vorgegebenen Ausgaben budgetiert werden.
Der Jahresabschluss des Parlaments ist dennoch
schwierig zu erfassen. Aus diesem Grund wird im
Bericht eine vereinfachte Darstellungsweise und
insbesondere
eine
klare
Differenzierung
der
Kapitalanlagen für Gebäude vorgeschlagen.
09/04/2002
Schwerpunkte des Haushaltsplans für das Jahr 2000
waren eine Förderung der Effizienz des Managements
und eine bessere Ausrichtung der Humanressourcen.
Mit der Entwicklung einer aktivitätsorientierten
Budgetierung und eines entsprechenden Managements
wurde begonnen, aber die Ergebnisse sind noch
bescheiden, wie auch im Bericht festgestellt wird.
Entscheidungsbefugnisse und Zuständigkeit müssen auf
eine niedrigere Ebene delegiert werden, und die
persönliche Verantwortung jedes einzelnen Mitarbeiters
ist zu klären. Wir müssen eine Verwaltung schaffen, in
der Ergebnisse der Arbeit und nicht die Abläufe der
Verwaltung bewertet werden. Nur so können wir das
Management
effizienter
gestalten
und
die
Wirtschaftlichkeit verbessern.
In diesem Sinne sind die Empfehlungen der „ROMEPE“-Studie umzusetzen und die interne Kontrolle der
Haushaltsführung zu entwickeln. Die Humanressourcen
müssen neu und flexibler gebündelt und unnötige
Funktionen abgeschafft werden. Das gegenwärtige
System ist zu unflexibel und zu sehr alten Mustern
verhaftet.
Damit verbunden ist auch die mangelnde Gleichstellung
der Geschlechter. Das Europäische Parlament ist noch
immer ein ziemlich altmodischer Arbeitsplatz. Im Laufe
der letzten anderthalb Jahre wurden 18 Personen für
Stellen der Besoldungsgruppen A1-A3 berufen, unter
ihnen war nur eine Frau, die restlichen 17 waren
Männer. Im Bericht wird diese Praxis kritisiert und als
Übergang zu normalen Verhältnissen die Einführung
einer Quotenregelung gefordert.
Auch die Fraktionen sind an der Verwaltung beteiligt.
Dem Grundsatz des aktivitätsorientierten Managements
entspricht es, die interne Autonomie der Fraktionen zu
entwickeln. Aus diesem Grund wird im Bericht darum
ersucht, dass im Zusammenhang mit der Reform der
Verordnung über die Haushaltsführung diese
Besonderheit auf die eine oder andere Weise
Berücksichtigung findet. Der Bericht fordert, dass die
Fraktionen ihre Bilanzen und ihren Jahresabschluss in
klarerer Form erstellen und veröffentlichen. Weiterhin
müssen
die
Vermögensübersichten
und
Bestandsverzeichnisse verbessert werden. Auch die
Verantwortung der Faktionen als Vertragspartner im
Allgemeinen und als Arbeitgeber im Besonderen ist
juristisch zu klären, damit nicht am Ende immer das
Europäische Parlament in die Pflicht genommen wird.
Zu den beiden Sitzungsorten des Parlaments wird
festgestellt, dass allein die variablen Tagungskosten in
Straßburg um 33 Prozent höher liegen als in Brüssel.
Hinzu kommen die durch die Doppelexistenz der
Gebäude verursachten beträchtlichen Kosten. Eine
Verkürzung der Sitzungswoche bewirkt nur eine
Ersparnis von einem Prozent. Mit dieser Frage sollte
sich vielleicht der Vorbereitungsausschuss zur
Erneuerung des EG-Vertrags befassen.
11
Das größte Einzelproblem stellen die Kosten für das
Louise-Weiss-Gebäude in Straßburg dar. Über die
endgültigen Investitionskosten konnte mit dem
Bauträger, der SERS-Gesellschaft, keine Einigung
erzielt werden. Der Streit bezieht sich auf den Zeitpunkt
der Fertigstellung und ist jetzt beim Europäischen
Gerichtshof anhängig. Weiterhin wird über Arbeiten,
zusätzliche Arbeiten und überflüssige Arbeiten
gestritten.
Auch
zwischen
Bauträger
und
Subunternehmern gibt es Streit. Die Lösung dieses
Konflikts kann insgesamt bis zu zehn Jahren dauern.
Wenn man berücksichtigt, dass das Parlament keine
zwei Sitzungsorte wollte, sondern seine Sitzungen
wegen des starken Drucks Frankreichs in Straßburg
abhält, sollten wir erwarten können, dass der Streit um
die Baukosten für das Parlamentsgebäude zügig
beigelegt wird. Die Stadt Straßburg und die Region
Elsass sind mit 60 Prozent die größten Anteilseigner an
der SERS und müssen ihren Einfluss geltend machen.
Auch der französische Staat hat seiner Verantwortung
nachzukommen, damit das Europäische Parlament nicht
Partei in einem Rechtsstreit sein muss, sondern seinen
Arbeitsort unverzüglich bezahlen kann und das
Bestimmungsrecht dafür erhält. Es ist unangemessen,
dass das Parlament ständig vor unbegründeten
Zahlungsleistungen auf der Hut sein muss.
Mit diesen Anmerkungen schlägt der Bericht dem
Generalsekretär vor, für die Umsetzung des
Haushaltsplans 2000 und dem Rechnungsführer für den
Rechenschaftsbericht 2000 Entlastung zu erteilen.
2-028
– Entlastung 2000: Gesamthaushaltsplan, Einzelpläne
IV, V, VI (+ Entlastung 1996-1999), VII,
VIII/Aufschub der Entlastung 2000 für Einzelplan II
2-029
Morgan (PSE), Berichterstatterin. – (EN) Frau
Präsidentin, Ihre Aufzählung klingt, als hätte ich
furchtbar viel zu tun gehabt. Ich möchte mich auf die
Einrichtungen konzentrieren, die Sie eben erwähnt
haben. Dabei geht es natürlich um die Ausgaben und
darum, wie effektiv mit den europäischen Steuergeldern
umgegangen worden ist. Der Bericht enthält auch eine
Bezugnahme auf den Rat. Doch dazu später.
Generell gibt es im Hinblick auf den Gerichtshof keine
größeren Beanstandungen, obwohl wir einige Anfragen,
die wir in Detailfragen an den Gerichtshof gerichtet
haben, weiterverfolgen werden. Wir erteilen dem
Gerichtshof Entlastung.
Der Rechnungshof ist offenbar noch immer nicht bereit,
säumige Mitgliedstaaten beim Namen zu nennen, und
ich warne den Rechnungshof nochmals, dass wir nicht
ruhen werden, bis er unserer Bitte nachgekommen ist.
Wir würden verbraucherfreundlichere Berichte ebenso
begrüßen wie eine Erklärung zu den Interessen des
Rechnungshofs, die, wie bei den meisten anderen
Einrichtungen bereits üblich, ins Internet gestellt werden
sollte. Der Rechnungshof sollte nicht meinen, dass er
sich über die Standards, die wir von anderen
12
hochrangigen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes
erwarten, hinwegsetzen kann. Wir erteilen dem
Rechnungshof jedoch Entlastung.
Der neue Haushalt für den Bürgerbeauftragten ist sehr
gering, so dass nicht ausgegebene Mittel prozentual
gegebenenfalls in einem unproportionalen Licht
erscheinen. Das sollte der Haushaltsausschuss bei der
Festlegung des Haushalts für den Bürgerbeauftragten
bedenken. Wir erteilen dem Bürgerbeauftragten
Entlastung.
Der Ausschuss der Regionen ist auf der europäischen
Szene relativ neu. Die teilweise gemeinsame
Ausgabenstruktur
mit
dem
Wirtschaftsund
Sozialausschuss ist zu begrüßen, obwohl sie bisweilen
nicht weit genug geht. Es wäre denkbar, dass der
Ausschuss für Haushaltskontrolle in einem künftigen
Bericht die Wirtschaftlichkeit und Wirkung dieser
Einrichtung prüft.
Sowohl der Wirtschafts- und Sozialausschuss als auch
der Ausschuss der Regionen haben in Bezug auf das
Belliard- und das Montoyer-Gebäude trotz der
schlechten Karten, die sie vom Parlament unfairerweise
erhalten haben, gute Arbeit geleistet. Wir erteilen dem
Ausschuss der Regionen Entlastung.
Ich komme jetzt zu dem Organ, das im Mittelpunkt des
Berichts steht, nämlich zum Wirtschafts- und
Sozialausschuss, einem Ausschuss, der so alt ist wie
dieses großartige Projekt selbst. Wenngleich der Bericht
die Rolle des Wirtschafts- und Sozialausschusses als ein
Forum für Interessengruppen anerkennt, die sich
ansonsten auf EU-Ebene kein Gehör verschaffen
könnten, müssen jetzt einige Entwicklungen der letzten
Jahre, wie z. B. das Sozialprotokoll überdacht werden.
Kommt es hier beispielsweise zu Überschneidungen?
Wir befürchten, dass die Informationen nicht bis an die
Basis gelangen.
Große Sorgen bereiten uns zudem die immensen Kosten
der Finanzierung dieser Institution, die nach der
Erweiterung auf fast 100 Mio. EUR ansteigen werden.
Selbst in einigen Gewerkschaften, die vom WSA
anerkannt werden und ihn nutzen, wird Kritik laut. So
stellte eine der größten Gewerkschaften im Vereinigten
Königreich fest: „Der WSA ist offensichtlich
überflüssig, und wir wären zufrieden, wenn er
abgeschafft würde“. Auch die Reaktion des WSA auf
diesen Bericht ist beunruhigend, wonach es höchst
fragwürdig und politisch ungerechtfertigt sei, auf ein im
Rahmen der europäischen Verträge gebildetes Gremium
das Prinzip der Kostenwirksamkeit anzuwenden. Das
machen Sie einmal dem europäischen Steuerzahler klar.
Ich glaube, Reaktionen wie diese machen deutlich, dass
man im Wirtschafts- und Sozialausschuss von
Rechenschaftspflicht wenig hält.
Der
Haushaltskontrollausschuss
empfiehlt,
dem
Wirtschafts- und Sozialausschuss die Entlastung für die
Haushaltsjahre 1996 und 1997 zu verweigern. Das ist ein
09/04/2002
historischer Schritt, den wir nicht leichtfertig ergreifen.
Die Entlastung wurde bisher lediglich zweimal
verweigert. Einmal hatte die Verweigerung den Rücktritt
der Kommission im Jahre 1999 zur Folge.
Es mag merkwürdig anmuten, dass wir die Abschlüsse
und Ausgaben des Jahres 1996 erst jetzt prüfen. Die
Klärung der Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die
Zahlung der Dienstreisekosten der Mitglieder hat jedoch
bis jetzt gedauert. Die ganze Kette der Ereignisse vom
Betrug selbst, an dem 59 Mitglieder des Wirtschaftsund Sozialausschusses beteiligt waren und dessen
Schaden sich auf über eine Million Euro belief, über die
skandalös lässige Einstellung der Leitung des
Wirtschafts- und Sozialausschusses und deren
Vertuschungsversuche bis hin zum stümperhaften und
unprofessionellen Herangehen von OLAF, dem
Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung, ist ein
Paradebeispiel für Inkompetenz, Zögerlichkeit und
Dilettantismus.
Es hat sechs Jahre gedauert, bis der Betrug aus dem
Jahre 1996 vollkommen aufgedeckt werden konnte. Das
ist eine Schande. Das bedeutet, dass die Schuldigen nicht
belangt werden konnten, weil, wie die Gerichte sagen,
die Sache verjährt ist. Die Lage hat sich seither jedoch
verbessert, und deswegen erteilen wir dem Wirtschaftsund Sozialausschuss für die Haushaltsjahre 1998, 1999
und 2000 Entlastung. Wichtig ist, dass der Konvent über
die Zukunft Europas den Erkenntnissen dieses Berichts
Beachtung schenkt.
Noch kurz ein Wort zum Rat. Traditionell haben wir
seine Ausgaben zusammen mit den Ausgaben der
Kommission behandelt. Doch in diesem Jahr hat der
Rechnungshof einen kritischen Bericht zu den
haushaltspolitischen Aspekten der Gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik erarbeitet. Auch das ist ein relativ
neuer Bereich für den Rat. Der Ausschuss für
Haushaltskontrolle
hat
um
Antworten
und
Klarstellungen zu einigen Problemen gebeten, die dem
Rechnungshof Sorge bereiten. Dazu finden heute
Morgen Beratungen im Rat statt, deren Ergebnis wir
abwarten wollen, bevor wir abstimmen.
Ich hoffe, dass Sie dies bei der Abstimmung bedenken.
Ich hoffe, dass sich der Wirtschafts- und Sozialrat nicht
leichtfertig über die Tatsache hinwegsetzt, dass wir ihm
die Entlastung verweigert haben.
(Beifall)
2-030
– Entlastung 2000: dezentralisierte Agenturen
2-031
Staes (Verts/ALE), Berichterstatter. – (NL) Frau
Präsidentin! Zunächst möchte ich mich den
Dankesworten an die Mitglieder des Ausschusses für
Haushaltskontrolle sowie an Frau Schreyer anschließen.
Meiner Meinung nach war die Zusammenarbeit in
diesem Jahr ausgezeichnet. Den beiden Verfassern der
Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und
soziale Angelegenheiten sowie des Ausschusses für
09/04/2002
auswärtige
Angelegenheiten,
Menschenrechte,
gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik möchte
ich ebenfalls für die überaus angenehme und
reibungslose
Zusammenarbeit
danken.
Selbstverständlich gebührt ein Wort des Dankes
schließlich auch den Vertretern der dezentralen
Agenturen, denen wir heute Entlastung erteilen können.
Tatsächlich geht es um drei Organe: die Europäische
Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und
Arbeitsbedingungen in Dublin, das Europäische Zentrum
für die Förderung der Berufsbildung CEDEFOP in
Thessaloniki und die Europäische Agentur für den
Wiederaufbau des Kosovo mit Sitz in Thessaloniki und
Pristina.
Nach
eingehender
Prüfung
der
Haushaltsrechungen dieser drei Einrichtungen ist der
Rechnungshof zu dem Ergebnis gekommen, dass der
Jahresabschluss für das Haushaltsjahr 2000 zuverlässig
sowie die zugrunde liegenden Vorgänge rechtmäßig und
ordnungsgemäß sind.
Als Ihr Berichterstatter habe ich nachgeschlagen, was
wir in dem Bericht über die Entlastung für das Jahr 1999
festgehalten hatten. In den beiden ersten Fällen hatten
wir eine externe Bewertung und die Vorlage eines
Aktionsplans empfohlen. Der Dubliner Stiftung hatten
wir im vergangenen Jahr zudem die Frage gestellt, ob es
nicht günstiger wäre, enger mit der Europäischen
Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am
Arbeitsplatz zusammenzuarbeiten. CEDEFOP hatten wir
aufgefordert zu prüfen, inwieweit die Kooperation mit
der Europäischen Stiftung für Berufsbildung in Turin
verbessert werden kann.
Nun muss ich Ihnen mitteilen, verehrte Kolleginnen und
Kollegen, dass die Stiftung in Dublin diese Forderung
mit beträchtlicher Verzögerung umsetzt. Die externe
Bewertung
wurde
gerade
abgeschlossen,
der
Aktionsplan erst erörtert, das Ersuchen aber wurde
inzwischen gebilligt und liegt zur Diskussion vor. Als
Berichterstatter werde ich selbstverständlich zu den
Vertretern der Dubliner Stiftung Kontakt halten und
dafür Sorge tragen, dass der Entlastungsbericht für das
Jahr 1999 gewissenhaft befolgt wird.
Im Hinblick auf CEDEFOP ist diese Aufgabe
vollständig abgeschlossen und kann ich hier Erfreuliches
vermelden. Ich finde es auch einmal angenehm, in einem
Entlastungsverfahren frohe Kunde überbringen zu
können. CEDEFOP ist tatsächlich unserer Forderung zur
Gänze nachgekommen und hat inzwischen auch ein
Kooperationsabkommen mit der Turiner Stiftung
geschlossen. Auch unter dem Druck unserer Institution,
des Europäischen Parlaments, wurden hier, so meine ich,
im Sinne des europäischen Steuerzahlers wesentliche
Fortschritte erzielt.
Für positive Nachrichten, verehrte Kolleginnen und
Kollegen, sorgt schließlich auch die Europäische
Agentur für den Wiederaufbau des Kosovo. Wir sollten
uns die damalige Situation genau vergegenwärtigen. Der
Kosovo stand nach dem Krieg vor enormen
Herausforderungen. Nicht nur wegen der materiellen
13
Schäden und der menschlichen Katastrophe im Kosovo
infolge des Krieges, sondern insbesondere wegen des
Schadens, den das Milosevic-Regime mit der
chronischen Unterinvestition in Mittel und der
permanenten Verletzung der Menschenrechte über mehr
als ein Jahrzehnt im Kosovo angerichtet hat. Aus tiefster
Überzeugung möchte ich unsere Leute vor Ort, die in der
Europäischen Agentur für Wiederaufbau Beschäftigten,
aber auch die Angehörigen der Task Force Kosovo
loben, die unmittelbar nach dem Krieg dorthin gezogen
sind.
Unter
bisweilen
überaus
komplizierten
Bedingungen haben sie dort Unvorstellbares geleistet.
Der Rechnungshof und jeder, der in den Jahresberichten
und den vierteljährlichen Berichten nachliest, erkennt,
wie unglaublich effizient unsere Verwaltung dort
arbeitet. Selbstverständlich haben wir Lehren gezogen,
und das ist ebenfalls eine solch positive Botschaft, aus
den Fehlern, die uns in Bosnien-Herzegowina
unterlaufen sind. Ich war Ihr Berichterstatter für einen
Sonderbericht des Rechnungshofs über das Auftreten der
Europäischen Union in Bosnien-Herzegowina. Wir
haben dort Fehler gemacht, wir haben daraus Lehren
gezogen und so dafür sorgen können, dass wir im
Kosovo gute Arbeit abgeliefert haben.
Abschließend noch ein Wort zur Lage im Kosovo: der
Energiesektor gilt als der Bereich, in den wir am
stärksten
investieren,
und
er
weist
eine
Widersprüchlichkeit auf. Trotz der immensen Summen,
die in die Energieversorgung fließen, kommt es fast
täglich zu Stromausfällen. Das empfinden die Menschen
als nicht nachvollziehbar, und ich fordere in meinem
Bericht zu vermehrten Anstrengungen auf, um der
Bevölkerung im Kosovo zu verdeutlichen, dass im
Hinblick auf eine nachhaltigere Politik Energie
eingespart und die Energie auch bezahlt werden muss.
Schließlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, gingen mir
Meldungen
über
Unterschlagungen
bei
dem
kosovarischen Stromlieferanten zu, die allerdings noch
keine Schlüsse zulassen. Ich habe die UNMIK
aufgefordert, dazu einen Bericht vorzulegen, denn
letzten Endes trägt die UNMIK dafür die
Verantwortung. Meines Erachtens sollten wir die
Ergebnisse dieses Berichts in unseren Entlastungsbericht
für das Jahr 2001 einfließen lassen.
2-032
Schreyer, Kommission. – Frau Präsidentin, sehr geehrte
Abgeordnete! 82 Milliarden Euro wurden im Jahr 2000
über den europäischen Haushalt ausgegeben. Das waren
Hunderttausende
von
verschiedenen
Zahlungsvorgängen,
Zahlungen
an
Forscher,
Forschungsinstitute,
Stipendienzahlungen,
Prämienzahlungen an Bauern für Rinder oder
Flächenstilllegungen, Lebensmittelhilfen für Flüchtlinge,
Zahlungen für die Bereitstellung von Baumaterial im
Kosovo oder die Bekämpfung von Aids in Afrika,
Zuschüsse für den Ausbau von Schienennetzen in der
EU, für den Bau von Gewerbeparks usw. – ich könnte
die Liste lange fortsetzen.
14
09/04/2002
Dieses zeigt, wie heterogen und vielfältig die Aufgaben
der Europäischen Union sind, in die finanzielle Mittel
fließen. Es zeigt auch, wie unterschiedlich die
Anforderungen an eine gute Haushaltsführung und eine
korrekte Kontrolle sind. Hinzu kommt, was Herr
McCartin nachdrücklich betont hat, dass nämlich die
Verwaltungszuständigkeit nur für einen geringen Teil
zentral bei der Kommission liegt und ansonsten
Tausende von Zahlstellen für Agrarausgaben in den
Mitgliedstaaten sowie Hunderte von Ministerien und
Behörden
in
den
Mitgliedstaaten
für
die
Implementierung zuständig sind, das heißt Anträge auf
Förderung entgegennehmen, prüfen und bewilligen.
Milliarden Euro, der von den Finanzministern der
Mitgliedstaaten allerdings sehr begrüßt wurde. Ich kann
der Darlegung von Herrn McCartin über die positive
Entwicklung auf der Einnahmenseite eigentlich nichts
hinzufügen. Es ist natürlich schlichtweg begrüßenswert,
wenn Wachstumsraten höher sind als zunächst erwartet.
Kritischer zu sehen ist dagegen tatsächlich die Frage,
dass die Ausgaben unter den im Haushalt veranschlagten
lagen. Dies betrifft nicht die Agrarausgaben oder die
Verwaltungsausgaben, wo geringere Ausgaben als
veranschlagt tatsächliche Einsparungen bedeuten. Bei
den Strukturfonds jedoch handelt es sich um zeitliche
Verschiebungen der Ausgaben.
Ihr Bericht, Herr McCartin, zur Entlastung für die
Durchführung des Haushalts 2000 spiegelt diese breite
Palette der Aktivitäten der Kommission, die spezifischen
Risiken und Fehlerquellen, die erforderlichen
Maßnahmen und natürlich auch die Mängel in der
Haushaltsausführung wider. Es ist wahrlich ein sehr
umfassender Bericht, und die Kommission bedankt sich
ganz herzlich bei Ihnen für diesen sehr ausgewogenen
Bericht. Ich darf mich auch für Ihre Rede und für Ihr
Engagement im Haushaltskontrollausschuss sehr
bedanken.
In der Tat konnten die gesamten Verordnungen, die
notwendig waren, nicht rechtzeitig beschlossen werden,
weil die Agendabeschlüsse erst so spät im Jahr 1999
erfolgten. Auch dies hat Herr McCartin dargelegt. Aber
wir haben auch heute noch, im Jahr 2002, eine schlechte
Durchführung des Programms zu verzeichnen. Für die
nächste Förderperiode müssen deshalb hieraus
Konsequenzen gezogen werden, und auch für die jetzige
Förderperiode kann dies nicht ohne Änderung bleiben.
Die
Kommission
begrüßt,
dass
der
Haushaltskontrollausschuss
die
Entlastung
der
Kommission für den Haushalt 2000 mit einer so großen
Mehrheit empfiehlt. Dabei stellen der Bericht und die
Entschließung ja alles andere als ein Ruhekissen für die
Kommission dar. 144 Anforderungen an die
Kommission – von der Vorlage von Berichten über die
Ergreifung von administrativen Maßnahmen bis zur
Änderung von Gesetzen – sind in dem Bericht enthalten.
Natürlich kann ich jetzt nicht auf alle diese
Anforderungen eingehen, aber ich möchte einige
herausgreifen.
Ich möchte mich im Namen der Kommission zunächst
bei Ihnen, Herr Blak, für die Arbeit über den
Entwicklungsfonds und für die Entlastungsempfehlung
bedanken, die entsprechend Ihrer von mir sehr
geschätzten Tradition mit zahlreichen Forderungen
verbunden ist. Herr Seppänen, Sie spielen eine geradezu
historische Rolle als Berichterstatter für den EGKSHaushalt, und bei Frau Morgan und Herrn Virrankoski
darf ich mich auch bedanken. Auch wenn Ihre Berichte
die Haushaltsausführungen der anderen Institutionen
betreffen, handelt es sich doch um ein Element des
gesamten europäischen Haushalts.
Auf den Bericht von Ihnen, Herr Staes, den die
Kommission sehr begrüßt, möchte ich später nochmals
eingehen. Die Kommission dankt der Vorsitzenden des
Haushaltskontrollausschusses, Frau Theato, für das gute
Management des gesamten Diskussionsprozesses über
die Entlastung und natürlich dem Sekretariat und dem
gesamten Ausschuss für die harte Arbeit.
Ein Ergebnis des Haushaltsjahres 2000, das von dem
Haushaltskontrollausschuss sehr kritisch aufgenommen
wurde, ist der große Haushaltsüberschuss von 11,6
Für den Europäischen Entwicklungsfonds hat Herr Blak
hervorgehoben, dass im Jahr 2000 wesentlich mehr
Mittel konkret umgesetzt werden konnten als im Jahr
davor, wir haben hier also eine positive Entwicklung.
Angesichts der riesigen Not in vielen AKP-Staaten ist es
auch klar, dass die Nichtausschöpfung von Mitteln nicht
eine Frage des mangelnden Bedarfs ist, sondern oft des
Mangels an konkreten Projekten.
Die Kommission ist dazu übergegangen, dann teilweise
mehr Zuschüsse zu den Budgets dieser Staaten zu
gewähren, was einerseits richtig ist, andererseits aber
natürlich neue Konzepte für die Kontrolle erfordert.
Hinsichtlich
der
Informationsübermittlung
im
Entlastungsverfahren darf ich noch einmal darauf
hinweisen, dass die Kommission Evaluierungsberichte
für die verschiedenen Programme und für die
verschiedenen Haushaltslinien immer sofort ins Internet
setzt und dass die Implementierungszahlen für den
laufenden Haushalt wöchentlich elektronisch auch an
den Haushaltskontrollausschuss übermittelt werden.
Nach Überzeugung der Kommission hat sich das
Übereinkommen mit dem Parlament zur Übermittlung
von vertraulichen Informationen bewährt. Aber ich muss
noch einmal darauf hinweisen, dass sowohl für die
Berichte der Kommission als auch für die Berichte von
OLAF die Regelungen über Datenschutz und Wahrung
des Untersuchungsgeheimnisses gelten.
Die
Kommission
hat
auf
Nachfrage
des
Haushaltskontrollausschusses auch die Meldungen der
Mitgliedstaaten über Fehler und Rückforderungen im
Bereich der Strukturfonds weiter aufgeschlüsselt. Die
Meldungen haben aufgrund stärkerer Kontrolle
zugenommen, die Mitgliedstaaten kontrollieren jedoch
oft immer noch nicht in dem vorgeschriebenen Umfang.
Herr McCartin, Sie haben dies in Ihrem Bericht kritisch
vermerkt. Ich teile die Kritik. Es ist allerdings sehr
fraglich,
ob
sich die
föderal
strukturierten
09/04/2002
Mitgliedstaaten vorschreiben lassen, wie in dem Bericht
vorgeschlagen, dass sie ihre Zuständigkeitsverteilung für
Kontrollen im Hinblick auf europäische Fonds ändern
müssen, zumal dies ja oft verfassungsmäßig verankert
ist. Dies ist also wirklich eine sehr gravierende
Fragestellung.
Ein wesentliches Thema in der Diskussion in diesem
Entlastungsverfahren war und ist die Methode des
Europäischen Rechnungshofes, die dieser seiner
Entscheidung über die Erteilung oder Nichterteilung
einer Zuverlässigkeitserklärung zugrundelegt. Die
Kommission
begrüßt,
dass
der
Europäische
Rechnungshof bereit ist, Vorschläge für ein verändertes
Konzept zur Schaffung von nachprüfbaren und zeitlich
vergleichbaren Indikatoren für das Finanzmanagement
zu diskutieren.
Im Bericht über den Haushalt der Kommission wie im
Bericht von Frau Morgan wird gefordert, Fehlerraten pro
Generaldirektion zu ermitteln. Der Rechnungshof hat
hierzu bereits klargelegt, dass dies mit seiner jetzigen
Sampling-Methode nicht im Einklang stehe, weil dafür
wesentlich mehr Stichproben notwendig wären, als der
Rechnungshof erheben kann. Aber ich weise darauf hin,
dass mit der Reform der Kommission neue Standards für
Kontrollen
eingeführt
wurden
und
die
Generaldirektionen hierüber jetzt jährlich in ihren
Aktivitätsberichten zu berichten haben, d. h. welche
Standards wie erfüllt wurden. Wir werden mit dem
Rechnungshof prüfen, welche Beiträge sich aus diesen
Aktivitätsberichten
und
den
Erklärungen
der
Generaldirektion für die Ermittlung solcher Indikatoren,
die man dann zeitlich vergleichen kann, ableiten lassen.
In Ihrem Bericht, Herr Staes, zur Entlastung des
Direktors der Europäischen Agentur für den
Wiederaufbau des Kosovo schließen Sie sich dem
positiven Urteil des Rechnungshofes an. Ich greife dies
aus mehrfachen Gründen heraus. Zum einen, weil die
Erfahrung mit der Agentur für Wiederaufbau zeigt, dass
der Weg der Dekonzentration der Verantwortung, also
mehr Entscheidungen vor Ort zu treffen, der richtige ist.
Zum anderen greife ich es heraus, weil Presseberichte
teils den Anschein erweckt haben, als hätten sich für den
Bereich der Energieversorgung bereits Vorwürfe des
Missmanagements erhärtet. Sie haben noch einmal
klargestellt, dass dies nicht der Fall ist, dass aber die
Situation nach wie vor unbefriedigend ist. Sie haben
auch dargelegt, wie die Lage im Jahre 2000 war,
nämlich absolut desolat, sowohl bezüglich dieses
Kraftwerks und auch hinsichtlich der Tatsache, dass wie überall im früheren Ostblock - Stromrechnungen
nicht bezahlt wurden. Ein wesentlicher Punkt ist
natürlich auch, dass die Eigentumsverhältnisse für das
Kraftwerk unklar waren, weshalb keine Privatisierung
erfolgen konnte, und dass dieses Kraftwerk eine enorme
Bedeutung für den Erhalt von Arbeitsplätzen habe. Auch
das musste in dieser sehr heiklen, politisch labilen
Situation mitberücksichtigt werden, wobei aber natürlich
hier eine Weiterentwicklung notwendig ist.
15
Ich bin sehr froh, dass der Rechnungshof die Agentur für
den Wiederaufbau des Kosovo sehr frühzeitig und
gründlich geprüft hat. Sie waren auch selbst vor Ort. Das
Ergebnis der Prüfung des Rechnungshofes insgesamt ist
sehr positiv. Das ist insofern wesentlich, als diese Arbeit
im Balkan, die Arbeit im Kosovo nicht nur für die
Außenpolitik, sondern gerade auch für die Budgetpolitik
in den nächsten Jahren eine sehr große Bedeutung haben
wird.
Ich möchte noch kurz auf die Anmerkung und
Aufforderung zum Agrarbereich, speziell zu den
Agrarexporterstattungen, eingehen. Hier konnte ja schon
während des Entlastungsverfahrens zwischen dem
Ausschuss
und
meinem
Kollegen
Fischler
Verständigung über manchen Punkt erreicht werden.
Dies zeigt auch, dass sich das Klima zwischen
Haushaltskontrollausschuss und Kommission positiv zu
einer
direkten
kritischen,
aber
konstruktiven
Zusammenarbeit verändert hat. Es wird nicht nur von
meiner Seite, sondern wohl auch von den meisten
Bürgern und Bürgerinnen begrüßt, dass das Parlament
nun Entscheidungen fordert, um die Transporte lebender
Tiere, die ja oft nur durchgeführt werden, um
Exporterstattungen zu erhalten, zu verringern.
In dieser Plenarsitzung wird, so hoffe ich, das
Entlastungsverfahren
für
den
Haushalt
2000
voraussichtlich abgeschlossen. Gleichzeitig laufen die
Arbeiten für die Aufstellung des Haushalts 2003. Dies
wird voraussichtlich der letzte Haushalt für eine EU mit
15 Mitgliedstaaten sein. Mit der Erweiterung der Union
wird der Haushalt ein weiteres Mal komplexer, ein
weiteres Mal vielfältiger werden. Die Kommission wird
die Zeit bis dahin nutzen, die Kandidatenstaaten bei der
Vorbereitung auf die Erweiterung, bei der Vorbereitung
auf die Teilnahme an den europäischen Fonds zu
unterstützen, sie wird die Einführung der notwendigen
Maßnahmen kontrollieren, und sie wird selbst ihre
Verwaltungsabläufe weiter reformieren. Das erfordert
manchen Anstoß vom Parlament, aber insbesondere die
Kooperation zwischen Parlament und Kommission.
Für diese Kooperation in den vergangenen Monaten
möchte ich mich im Namen der Kommission bedanken
und darf in Anlehnung an einen alten Fußballerspruch
damit schließen, dass der Kommission sehr genau
bewusst ist, dass nach der Entlastung immer vor der
nächsten Entlastung ist.
(Beifall)
2-033
Titley (PSE), Verfasser der Stellungnahme des
mitberatenden
Ausschusses
für
auswärtige
Angelegenheiten,
Menschenrechte,
gemeinsame
Sicherheit und Verteidigungspolitik. – (EN) Frau
Präsidentin, für den Ausschuss für auswärtige
Angelegenheiten,
Menschenrechte,
gemeinsame
Sicherheit und Verteidigungspolitik stellen Transparenz
und Haushaltsvollzug die Schlüsselelemente des
diesjährigen Entlastungsverfahrens dar.
16
09/04/2002
Was die Transparenz betrifft, so hatte ich ein
interessantes Erlebnis, als ich Bedienstete des
Parlaments um eine Aufstellung der Maßnahmen bat, die
die Kommission im Hinblick auf all jene Punkte des
Haushaltsplans 2000 ergriffen hat, zu denen das
Parlament Änderungen beschlossen hatte. Dabei war ich
sowohl an konkreten Beträgen als auch allgemeinen
Bemerkungen interessiert. Man sagte mir, dass, selbst
wenn dies möglich sei, das Zusammentragen dieser
Informationen mehrere Monate in Anspruch nehmen
würde. Das ist völlig inakzeptabel, denn wenn das
Parlament Änderungen zum Haushaltsplan beschließt,
dann muss es einen Mechanismus geben, mit dem die
Umsetzung dieser Änderungen kontrolliert werden kann.
Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, was bisher nicht
der Fall war.
Dabei trifft das Parlament eine Teilschuld, weil wir die
Ausführung des Haushaltsplans nicht im erforderlichen
Maße prüfen und kontrollieren. Ich gebe nicht dem
Ausschuss für Haushaltskontrolle die Schuld, sondern
den einzelnen Ausschüssen, die diese Verantwortung
häufig scheuen. Doch auch die Kommission ist an dieser
Situation nicht unschuldig, denn wir brauchen klarere
Informationen, damit wir die Haushaltsausführung
analysieren können. Der Dialog zwischen Parlament und
Kommission ist grundlegend zu verbessern, damit
eindeutig festgestellt werden kann, welche Maßnahmen
im Hinblick auf die Prioritäten des Europäischen
Parlaments ergriffen wurden. Ich vermute, dass die
Kommission die Änderungen des Parlaments zum
Haushaltsplan nur allzu häufig ignoriert.
Mit Befriedigung festgestellt haben wir, dass die
Generaldirektion Justiz und Inneres die Zahl der in ihren
Dienststellen
durchgeführten
Finanzprüfungen
beträchtlich erhöht hat: von 44 im Jahr 1999 auf 64 im
Jahr 2000. Weiterhin ist festzustellen, dass die infolge
dieser Prüfungen wiedereinziehbaren Beträge oder
verminderten Zahlungen sich auf über 10 % des
Gesamtbetrags der geprüften Verträge belaufen. Daher
sind wir der Meinung, dass die Kommission ihre
Bemühungen im Kampf gegen die unsachgemäße
Verwendung von Beihilfen sowie gegen die überhöhte
Angabe der tatsächlichen Kosten gegebenenfalls auch
mittels Vertragsstrafen fortführen sollte.
Wir benötigen mehr Klarheit zur Gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik. Hier wissen wir nicht genau, wer
was tut. Deshalb befürworte ich den Vorschlag für eine
interinstitutionelle Vereinbarung zur Klärung der Rolle
der Kommission im Rahmen der GASP.
Was den Haushaltsvollzug betrifft, so war zum Ende des
Haushaltsjahres 2000 eine starke Konzentration der
Mittelbindungen auf Lateinamerika, Asien usw. zu
verzeichnen.
Das
Ungleichgewicht
zwischen
Mittelbindungen und Auszahlungen bereitet uns noch
immer Sorgen. Gleiches gilt auch für die Bemerkungen
des Rechnungshofes im Hinblick auf das TacisProgramm. Die Kommission hat durchaus Fortschritte
erzielt, und zwar vor allem in Bezug auf die Nutzung der
Website zur Informationszwecken, doch wir müssen uns
auf die Transparenz und den Haushaltsvollzug
konzentrieren.
2-034
Deprez (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des
mitberatenden Ausschusses für die Freiheiten und
Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten. –
(FR) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
In dem Bericht, den ich dem Ausschuss für die
Freiheiten und Rechte der Bürger vorgelegt habe und
den dieser einstimmig angenommen hat, wird gleich zu
Anfang der Rechnungshof aufgefordert, in seinem
Jahresbericht das Bestehen des Titels B5-8 „Raum der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ ausdrücklich
anzuerkennen und diesem ein Mindestmaß an
Bezüglich der Ausführung des Haushaltsplans 2000 ist
festzustellen, dass die außerordentlich niedrige
Verwendungsrate
von
50 %
bei
den
Verpflichtungsermächtigungen und von 70 % bei den
Zahlungsermächtigungen
nicht
auf
Managementschwächen oder bösen Willen von Seiten
der Kommission zurückzuführen ist, sondern im
Wesentlichen darauf, dass die Rechtsgrundlagen vom
Ministerrat zu spät angenommen wurden, so dass die
Mittel für bestimmte Haushaltsposten auf das nächste
Haushaltsjahr übertragen werden mussten.
Ferner haben wir mit Befriedigung zur Kenntnis
genommen, dass der Rechnungshof in seinem Bericht
eine Verbesserung des Finanzgebarens der Europäische
Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht sowie
der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus
und Fremdenfeindlichkeit festgestellt hat. Allerdings ist
auf bestimmte Anomalien z. B. bei den für die
Einstellung von Mitarbeitern aufgewendeten Mitteln zu
verweisen. So fallen in Lissabon durchschnittlich 2 780
Euro für die Einstellung eines Mitarbeiters an, während
dies in Wien 6 610 Euro sind. Davon abgesehen hat der
Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger
generell keine Einwände gegen die Erteilung der
Entlastung in seinem Zuständigkeitsbereich.
2-035
McNally (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des
mitberatenden Ausschusses für Industrie, Außenhandel,
Forschung und Energie. – (EN) Frau Präsidentin, auf
unseren Ausschuss entfallen 120 z. T. sehr umfangreiche
Haushaltslinien,
zu
denen
u. a.
die
Forschungsprogramme Tacis, Phare und Meda zählen.
Die Ausführung dieser Haushaltslinien wurde in der
Vergangenheit heftig kritisiert.
Mein erster Punkt betrifft die im Jahre 2000
bereitgestellten Mittel für das Programm Synergy, das
die internationale Zusammenarbeit im Energiesektor
fördern soll und vom Europäischen Parlament
umfassend unterstützt wird. Sie können sich sicher unser
Erstaunen und unsere Bestürzung vorstellen, Frau
Schreyer, als wir feststellten, dass die Kommission das
Programm 2000 eingestellt hat, die bereits
veröffentlichte
Ausschreibung
annullierte,
was
09/04/2002
erhebliche Unannehmlichkeiten verursachte, und
während des gesamten Jahres 2000 keinerlei Mittel mehr
ausgegeben hat. Ich kann nur immer wieder betonen,
dass das vollkommen inakzeptabel ist und dass dem
zuständigen Kommissionsmitglied unsere Ansichten
wohl bekannt sind. Ich freue mich, feststellen zu können,
dass Gegenmaßnahmen ergriffen worden sind, so dass
wir mit einem verbesserten Programm auf diesem sehr
wichtigen Sektor rechnen können.
Ich komme jetzt zu den Vorhaben für nukleare
Sicherheit in der ehemaligen Sowjetunion im Rahmen
des Tacis-Programms, das in der Vergangenheit
regelmäßig und mit Recht heftig kritisiert wurde. Diese
Maßnahmen erfolgen unter schwierigen Bedingungen in
einem Umfeld, in dem eine nachlässige und ineffiziente
Haushaltsausführung Tradition hat. Wir nehmen mit
Freude zur Kenntnis, dass sich die Situation spürbar
verbessert hat, und sind über die erhöhte Sicherheit der
Nuklearanlagen in der ehemaligen Sowjetunion
erleichtert.
17
Hierzu müssen vor allem die Rechtsgrundlagen
entsprechend geändert werden. Andernfalls werden wir
nämlich auch in Zukunft die Haushaltskontrolle der
Agenturen nicht zufriedenstellend durchführen können,
was ja wohl in niemandes Interesse liegen kann. Auch
unsere hausinterne Zusammenarbeit zwischen den
Ausschüssen muss verbessert werden.
Die 1998 für die Agenturen erarbeiteten Leitlinien
sollten daher unter vier Aspekten überprüft werden, und
zwar unter dem Aspekt der Sicherung angemessener
Kontrollmechanismen in den Fachausschüssen, der
Sicherstellung von Transparenz im Haushaltsverfahren,
der Verstärkung der gegenseitigen Informationspflichten
und der klareren Kompetenzabgrenzung zwischen den
beteiligten Ausschüssen. Unser Ausschuss wird hierzu
entsprechende Vorschläge erarbeiten. Abschließend
danke ich den Kollegen McCartin und Staes noch einmal
herzlich für die bisherige Unterstützung in dieser
Angelegenheit.
(Beifall)
Ich möchte den Kollegen aus dem Ausschuss für
Haushaltskontrolle für ihre Zusammenarbeit danken. Sie
haben uns in unserer wichtigen Untersuchungsfunktion
unterstützt, auf die unser Ausschuss all seine Zeit hätte
verwenden können.
2-036
Jöns (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des
mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und
soziale Angelegenheiten. – Frau Präsidentin, liebe
Kolleginnen und Kollegen! Als Berichterstatterin für den
Ausschuss
für
Beschäftigung
und
soziale
Angelegenheiten möchte ich mich auf die Agenturen
konzentrieren. Denn hier brauchen wir dringend eine
effizientere sowie transparente Begleitung und
Kontrolle. Das sage ich nicht nur, weil der Ausschuss für
Beschäftigung und soziale Angelegenheiten für vier
Agenturen zuständig ist, sondern auch angesichts der
Tatsache, dass die Zahl der Agenturen ständig zunimmt.
Heute haben wir noch 11 Agenturen, aber es werden
bald schon 14 sein, denn Sie wissen, dass wir, sobald die
Frage von deren Sitz geklärt ist, auch Agenturen für
Lebensmittel-, Flugzeug- und Seeverkehrssicherheit
haben werden.
Wie bereits erwähnt wurde, ist unser Ausschuss für vier
Agenturen zuständig: für Dublin, Bilbao, Thessaloniki
und Turin und hier gibt es im Prinzip auch keine
Probleme. Das aber ändert nichts daran, dass es ein
grundsätzliches Problem darstellt, wenn es nur für vier
Agenturen ein individuelles Entlastungsverfahren durch
das Europäische Parlament gibt. Gut, wir haben jetzt
immerhin einen Berichterstatter für die Agenturen im
Haushaltsausschuss, und Wilfried Kuckelkorn hat auch
schon vieles auf den Weg gebracht. Aber
nichtsdestotrotz brauchen wir eine Gleichbehandlung
aller Agenturen. Deshalb fordere ich heute die
Kommission auf, doch bitte Vorschläge zu erarbeiten,
um
alle
Agenturen
im
Entlastungsverfahren
gleichzustellen.
2-037
Goodwill (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des
mitberatenden
Ausschusses
für
Umweltfragen,
Volksgesundheit und Verbraucherpolitik. - (EN) Frau
Präsidentin, zunächst einmal möchte ich Herrn Bowe,
der während der ersten Hälfte des Mandats als
Haushaltsberichterstatter
des
Ausschusses
für
Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik
fungierte, offiziell meinen Dank aussprechen.
Beim Entlastungsverfahren wird vor allem geprüft,
welcher prozentuale Anteil der im Rahmen einer
Haushaltslinie
vorgesehenen
Mittel
tatsächlich
ausgegeben wurde. Beläuft sich dieser Anteil auf
mindestens 95 %, wird der Punkt abgehakt. Beträgt er
weniger als 80 %, gibt es Minuspunkte. Doch sofern uns
die entsprechenden Informationen vorliegen, sollten wir
sorgfältiger prüfen, ob die gestellten Ziele mit diesen
Geldern erreicht wurden, anstatt uns bei prozentualen
Anteilen aufzuhalten. So wurden lediglich 70 % der für
das Fünfte Umweltaktionsprogramm vorgesehenen
Haushaltsmittel gebunden. Das ist auf die mangelnde
Qualität vieler Projekte sowie darauf zurückzuführen,
dass bei einigen Ausschreibungen keinerlei Angebote
unterbreitet wurden. Wir sollten kein Geld auf schlechte
Projekte verschwenden. Wir sollten allerdings auch
überlegen, ob unsere Ausschreibungssysteme nicht
derart bürokratisch sind, dass sie potenzielle Anbieter,
die über gute Projekte verfügen, abschrecken.
Ein Wort zur Haushaltslinie B3-4301 zur Bekämpfung
von Krebs. 1999 war die Verwendungsrate erheblich zu
niedrig, und ich freue mich, feststellen zu können, dass
die 2000 bereitgestellten Mittel fast vollständig
gebunden sind, und zwar einschließlich des Übertrags
von 1999. Es wäre ja fast schon als kriminell zu
bezeichnen, die für die Bekämpfung von Krankheiten
wie Krebs bereitgestellten Mittel nicht einzusetzen.
18
Es stimmt, dass die im Haushaltsplan für
Umweltmaßnahmen vorgesehenen Mittel in Höhe von
200 Millionen Euro, das sind 125 Millionen britische
Pfund, im Jahr 2000 nur zur Hälfte ausgegeben wurden.
Das hängt mit den LIFE-Projekten zusammen, auf die
die Hälfte dieses Haushalts entfällt. Diese Projekte
konnten im Jahr 2000 deshalb nicht finanziert werden,
weil die entsprechende Rechtsgrundlage erst im Wege
der Vermittlung im Juli 2000 geschaffen worden war.
Ich freue mich, dass das Fünfjahresprojekt in einen
Vierjahresrahmen gezwängt werden konnte.
Trotz der sehr niedrigen Verwendungsrate, die im
Wesentlichen auf Probleme in Bezug auf LIFE-IIIHaushaltslinien zurückzuführen ist, und ausgehend
davon, dass der Rechnungshof keine Bedenken geäußert
hat, empfiehlt der Ausschuss für Umweltfragen,
Volksgesundheit
und
Verbraucherpolitik,
der
Kommission Entlastung für die Haushaltslinien des
Haushalts 2000 zu erteilen, die in die Zuständigkeit des
Ausschusses fallen.
2-038
Watts (PSE), Verfasser der Stellungnahme des
mitberatenden Ausschusses für Regionalpolitik, Verkehr
und Fremdenverkehr. – (EN) Frau Präsidentin, im
Namen des Ausschusses für Regionalpolitik, Verkehr
und Fremdenverkehr möchte ich dem Berichterstatter,
Herrn McCartin, für seinen Bericht und seine
Bemühungen sowie dafür danken, dass er die niedrige
Verwendungsrate bei den Strukturfondsmaßnahmen der
Gemeinschaft, die meinem Ausschuss besondere Sorge
bereitet, in den Mittelpunkt gestellt hat.
Wie er ganz richtig unterstrich, ist der Überschuss, mit
dem sich dieses Parlament beschäftigt, im Wesentlichen
auf die niedrige Verwendungsrate zurückzuführen. Die
Frage, auf die mein Ausschuss keine zufrieden stellende
Antwort von der Kommission erhalten hat, lautet: Wieso
lassen wir es überhaupt soweit kommen? Es war doch
absehbar, dass die Verwendungsraten im ersten Jahr der
Strukturfondsprogramme sehr niedrig sein würden.
Trotzdem wurden durch den Haushaltsplan völlig
unrealistische Erwartungen geschürt und Szenarien
erstellt, die einfach nicht umsetzbar waren. Im Ergebnis
dessen konnten in vielen Bereichen fast keine der durch
bestimmte Haushaltslinien für Strukturfondsmaßnahmen
der Kommission bereitgestellten Mittel ausgegeben
werden. Unserer Ansicht nach erschwert dies dem
Parlament und meinem Ausschuss eine strenge und
angemessene Prüfung des Haushalts.
Wir haben jetzt beschlossen, die Haushaltskontrolle zu
einem festen Bestandteil unserer Ausschusssitzungen zu
machen und Kommission und Rat einzuladen, damit wir
die Ausgabenlage im Bereich der Strukturfonds
gemeinsam erörtern und überprüfen können. Doch diese
Aufgabe wird durch diese völlig unrealistischen
Haushaltspläne stark erschwert. Wir möchten von der
Kommissarin wissen, wie wir einen Haushalt evaluieren
sollen, der selbst schon äußerst fragwürdig ist.
09/04/2002
Unser zweiter Kritikpunkt bezieht sich auf den vom
Berichterstatter in seinen einführenden Bemerkungen
angesprochenen zweiten Punkt, und zwar die Art und
Weise, in der die Strukturfonds derzeit verwaltet
werden. Wir sind ebenfalls der Ansicht, dass die
Regelungen zu kompliziert sind und unsere Aufgabe, als
Parlament die Haushaltsausführung zu überprüfen, sehr
erschweren. Wir haben hier also ein zweifaches
Problem.
Das
übermäßig
komplizierte
Beantragungsverfahren
hindert
zahlreiche
Organisationen, Personen, Gruppen, Verbände und
Kommunen, die Anspruch auf Mittel aus den
Strukturfonds haben, daran, den ihnen zustehenden
Anteil auch zu erhalten. Für uns als Parlament und die
anderen mit der Überwachung der Haushaltsausführung
beauftragten Gremien besteht das Problem darin, dass
wir nicht in der Lage sind, die Ausgaben so zu
überwachen, dass eine wirtschaftliche Verwendung der
Mittel garantiert ist.
Mein letzter Punkt betrifft die transeuropäischen Netze.
Wir möchten wiederholen, dass wir das Bestreben der
Kommission, weniger Projekte zu fördern, begrüßen.
Wir sind jedoch der Ansicht, dass die geplante
Aufstockung
der
TEN-Haushaltslinie
um
60 Milliarden Euro falsch ist. Wir wüssten gern, wie die
Kommission angesichts einer derart massiven
Aufstockung der Ausgaben ein günstiges AusgabenNutzen-Verhältnis garantieren kann.
2-039
Sauquillo Pérez del Arco (PSE), Verfasserin der
Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für
Entwicklung und Zusammenarbeit. – (ES) Frau
Präsidentin, zunächst beglückwünsche ich Herrn Blak zu
der letztlichen Entscheidung, in seinem Bericht den
Rechnungsabschluss des sechsten, siebenten und achten
Europäischen Entwicklungsfonds vorzuschlagen.
Die Bemühungen der Kommission, insbesondere von
Kommissar Nielson, das Parlament über die Ausgaben
dieser Mittel auf dem Laufenden zu halten, und vor
allem die begünstigten Entwicklungsländer verdienen es,
dass das Parlament eine Entlastung vornimmt, zu der der
Rechnungshof bereits seine Zustimmung gegeben hat.
Aus allen diesen Gründen sind die Sozialistische
Fraktion und der Ausschuss für Entwicklung, dessen
Stellungnahme ich verfasst habe, für die Entlastung.
Allerdings ersuchen wir die Kommission, die Mittel für
die soziale Entwicklung künftig zu erhöhen und sie
deutlicher auszuweisen, wie vom Ausschuss für
Entwicklung vorgeschlagen, sowohl im Hinblick auf den
Haushalt als auch in Bezug auf den EEF.
Wir hoffen, im nächsten Jahr die Zahlen der Hilfe der
Europäischen Union im Einklang mit dem System des
Ausschusses für Entwicklungshilfe der OECD
analysieren zu können, was uns die Möglichkeit geben
wird, die Wirkung der Mittel der Gemeinschaftshilfe auf
den Fortschritt der sozialen Entwicklung exakter
einzuschätzen.
09/04/2002
19
Was die von Herrn Blak selbst eingereichten
Änderungsanträge betrifft, so müssen wir jene ablehnen,
die sich auf den Zugang zu den Dokumenten und die
Revision des interinstitutionellen Rahmenabkommens
beziehen, und zwar nicht aus grundsätzlichen
Erwägungen, weil sich das Abkommen nicht als wirklich
effektiv erweist, sondern weil nicht in jedem Bericht des
Ausschusses für Haushaltskontrolle die Gültigkeit eines
Abkommens in Frage gestellt werden kann, das von
diesem Parlament unter Mitwirkung, das sei nicht
vergessen, wichtiger Mitglieder des betreffenden
Ausschusses
verhandelt,
unterzeichnet
und
verabschiedet wurde. Zudem haben sich auch die
Gerichte in diesem Sinne geäußert.
vorgesehen sind. Das Europäische Parlament hatte
jedoch 15 % gefordert.
Daher sind wir der Ansicht, dass das Thema des
Zugangs zu den Dokumenten nicht in einem Bericht
behandelt werden soll. Dagegen stimmen wir den
übrigen Änderungsanträgen in Bezug auf die Prüfungen
und das Management des Zentrums für die Entwicklung
der Unternehmen zu.
Der Evaluierungsbericht für das Programm DAPHNE
liegt erst seit gestern vor. Hier interessieren mich
besonders die Beweggründe für die niedrige
Verwendungsrate bei den Zahlungsermächtigungen im
Haushaltsjahr 2000. Eines ist ganz wichtig: In der
nachhaltigen Entwicklung spielen Frauen eine wichtige
Rolle, und deshalb sollten geschlechterspezifische
Fragen in jeder Phase der Planung, Ausführung und
Evaluierung
der
Entwicklungszusammenarbeit
berücksichtigt werden. Deshalb bitte ich um Klärung,
wieso gerade hier nur 59 % der Mittel für Zahlungen
ausgegeben wurden.
Diese Entlastung des EEF, die wir jedes Jahr als Ritual
durchführen, soll dazu dienen, einmal mehr die absurde
Situation zu verdeutlichen, dass das Parlament die
Verwaltung von Fonds kontrolliert, die nicht Teil des
Gemeinschaftshaushalts sind, zu deren Summen wir
nicht konsultiert wurden und über deren Verwendung
wir a posteriori unterrichtet werden.
Der EEF, der von der Kommission ausgeführt und
theoretisch vom Parlament kontrolliert wird, muss als
quantitativ und qualitativ wichtiger Teil der
Entwicklungspolitik in den Gemeinschaftshaushalt
aufgenommen werden.
Wir sind der Auffassung, dass dieser Zeitpunkt der
Reform der Europäischen Union bestens dazu geeignet
ist, dies in Erinnerung zu bringen, und ich lege allen
Fraktionen nahe, diesen Vorschlag, den das Europäische
Parlament schon seit Jahren macht, an den Konvent
heranzutragen.
2-040
Klaß (PPE-DE), Verfasserin der Stellungnahme des
mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und
Chancengleichheit.
–
Frau
Präsidentin,
Frau
Kommissarin, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die Überprüfung und Kontrolle des Haushalts der EU
gehört zu den vornehmsten Aufgaben des Europäischen
Parlaments. Dabei muss der Finanzierung der Politik der
Chancengleichheit
im
Programmplanungszeitraum
2000-2006 des Europäischen Sozialfonds dringend eine
größere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Der
spanische Ratspräsident hat in seiner Vorstellung im
Ausschuss
die
Absicht
geäußert,
die
Gleichstellungspolitik als Querschnittsaufgabe im
Komplex
von
Beschäftigung
und
sozialen
Angelegenheiten zu verankern. Das ist auch notwendig
geworden, denn die Zahlen belegen, dass nur 6 % der
Mittel im Europäischen Sozialfonds für besondere
Maßnahmen
betreffend
die
Chancengleichheit
Die Nichtausschöpfung der Mittel und der große
Umfang der Mittelübertragungen ist eine Folge der
Startschwierigkeiten
bei
der
Ausführung
der
Strukturfonds im Programmplanungszeitraum 20002006. Die Verfahren für strukturelle Maßnahmen
müssten rationalisiert und vereinfacht werden, denn sie
sind sowohl auf gemeinschaftlicher als auch auf
nationaler Ebene zu komplex, und wir müssen jetzt
daran arbeiten, dass sich derartige Schwierigkeiten nicht
wiederholen, wenn es künftig gilt, die neuen Programme
aufzustellen.
Der Ausschuss für die Rechte der Frau und
Chancengleichheit legt seine Schwerpunkte auf einige
wenige Haushaltslinien, die jedoch umso wichtiger sind,
als damit die Ziele der Gleichstellungspolitik in der EU
weiter verfolgt werden können.
2-041
Stauner (PPE-DE). - Frau Präsidentin, sehr geehrte
Damen und Herren! Der vom Kollegen Blak vorgelegte
Bericht zur Entlastung für die Europäischen
Entwicklungsfonds zeigt deutlich die besonderen
Schwierigkeiten der europäischen Entwicklungspolitik.
Deutlich sind die Probleme, die ihren Ursprung im
System und in der Arbeitsweise der Kommission haben.
So kann es nicht akzeptiert werden, dass Ende 2000 ein
Betrag von 6 Milliarden € verfügbar war, aber nicht
verwendet worden ist. Angesichts der zunehmenden
Verarmung in vielen AKP-Ländern kann es nicht sein,
dass die Kommission es nicht schafft, zur Verfügung
gestellte Mittel nicht an die Bedürftigen zu bringen. Die
Kommission hat eine Systemänderung in diesen
Bereichen in Angriff genommen. Seit dem Abkommen
von Cotonou verfolgt sie zunehmend die Hilfe in Form
von sektoralen Haushaltsunterstützungsprogrammen.
Das bedeutet einfach ausgedrückt: Die Kommission setzt
mehr
Vertrauen in die
Verantwortung der
Empfängerländer. An sich ist das eine begrüßenswerte
Methode. Nur: Zwingendes Gegenstück zu diesem
Vertrauen muss im Fall von Missbrauch eine
konsequente Rückforderung der Gelder sein.
An dieser Konsequenz fehlt es aber offensichtlich, denn
der Rechnungshof stellte fest, dass die Kommission zwar
Audits durchführt, auch Missbräuche feststellt, aber
20
bisher keinen Cent von den vom Rechnungshof
genannten immerhin 14 Millionen € zurückgefordert
bzw. wiedereingezogen hat. Die Kommission muss hier
den Mut aufbringen, die Gründe dafür zu nennen.
Entweder liegt es an der eigenen inkompetenten
Verwaltung, oder man verzichtet aus allgemeinen
politischen Gründen auf eine Rückforderung der Gelder.
Meines Erachtens wird es hier zur Nagelprobe für das
neue Finanzierungssystem kommen. Gesteigertes
Vertrauen in die Empfängerstaaten setzt auch die volle
Verantwortung der Empfänger bei Missbräuchen voraus.
Alles andere erscheint mir inkonsequent und dient auch
längerfristig nicht dem eigenen Interesse der Empfänger.
Die Kommission muss sich hier klar entscheiden und
darf nicht den - sicher bequemeren - Weg des geringsten
Widerstands gehen.
Bleiben noch einige altbekannte Anachronismen dieses
EEF-Verfahrens zu bemängeln, die schnellstens beseitigt
werden sollten. Dem Parlament müssen die Haushaltsund Legislativbefugnisse über die EEF-Mittel
eingeräumt werden, wenn es schon Entlastung erteilen
soll. Auch die Zuverlässigkeitserklärung, die der
Rechnungshof im EEF-Bereich abgibt, muss, wie die
Zuverlässigkeitserklärung für den Gesamthaushalt, eine
vollständige Prüfung beinhalten und darf nicht dort
aufhören, wo die Mittel die Kommissionsebene
verlassen. Das erklärt auch, warum im EEF-Bereich die
Zuverlässigkeitserklärung positiv ist. Zwei verschiedene
Zuverlässigkeitserklärungen sind nicht nur verwirrend,
sie sind irreführend.
Nun komme ich zur Entlastung für den
Parlamentshaushalt. Hier muss das Parlament besonders
sorgfältig sein, um jeden Geruch zu vermeiden, es
könnte mit den eigenen Mitteln weniger streng verfahren
als mit anderen. Ausdrücklich möchte ich die in dem
Kapitel Personalpolitik des Berichts des Kollegen
Virrankoski enthaltene Forderung betonen, endlich die
geringe Präsenz von Frauen auf leitenden Positionen zu
beenden und mit einer Politik der Chancengleichheit
Ernst zu machen.
Der Generalsekretär des Parlaments steht hier persönlich
in der Verantwortung. Das Parlament muss ein Vorbild
sein, wenn es seine Glaubwürdigkeit nicht verlieren will.
Es ist mehr als traurig, dass der Generalsekretär diese
Chance in den langen Jahren seiner Amtsinhaberschaft
nicht ergriffen hat. Eine Vorbildfunktion, so meine ich,
muss das Parlament auch bei der Schaffung eines
unabhängigen internen Auditdienstes einnehmen. Das
bedeutet, dass der Rechnungsprüfer keinerlei Weisungen
von Generaldirektoren und Generalsekretär unterworfen
sein darf. Wir begrüßen auch ein direktes Berichtsrecht
gegenüber dem Parlamentspräsidenten. Der Bericht zur
Entlastung des Parlamentshaushalts darf weder
Versäumnisse und Mängel zudecken, noch sollte er dazu
missbraucht werden, die Lösung interner Probleme nach
außen zu tragen. Bei manchen, mittlerweile wieder
eingebrachten Änderungsanträgen erscheint mir dies der
Zweck zu sein.
09/04/2002
Insbesondere ist die Haushaltsordnung nicht dafür
geeignet, parlamentsinterne Probleme zu lösen. Diese
müssen wir schon selbst lösen. Transparenz,
Ordnungsmäßigkeit und Verantwortung für die
Mitarbeiter sind Prinzipien, die für das Parlament
selbstverständlich - lieber Freddy Blak, Du hast es
angesprochen - sind. Sie eignen sich nicht dazu,
parteipolitische Streitigkeiten auszutragen, und sollten
deshalb auch nicht selbstquälerisch immer wieder
gefordert werden.
Ich bitte schließlich um Unterstützung meines
Änderungsantrags 8 zum Bericht McCartin, der den
Parlamentspräsidenten schon jetzt beauftragt, die Rechte
des Parlaments aus Artikel 276 EG-Vertrag vor dem
Gerichtshof zu verteidigen, sollte eine weitere
Einschränkung durch den Rat in Angriff genommen
werden.
2-042
VORSITZ: GIORGOS DIMITRAKOPOULOS
Vizepräsident
2-043
Kuhne (PSE). – Herr Präsident! Nachdem fast alle
meiner Vorrednerinnen und Vorredner die Redezeit um
mindestens eine Minute überschritten haben, bitte ich
gegebenenfalls um Nachsicht.
Als im Dezember des vergangenen Jahres mit dem
Bericht des Rechnungshofs dieses Entlastungsverfahren
begonnen hat, habe ich darauf hingewiesen, dass wir
jetzt in eine Phase eintreten, in der wir über die
systematischen Probleme der Haushaltspolitik der
Europäischen Union reden und nicht so sehr damit
beschäftigt sind, hinter jedem möglichen oder
tatsächlichen Skandal herzurennen. In der Tat weisen
auch zwei Aspekte, nämlich die vergleichsweise geringe
Zahl der vorliegenden Änderungsanträge zu allen
Berichten und die breiten Mehrheiten, mit denen sie
angenommen worden sind, sowie der vergleichsweise
geringe Wellenschlag in der Presse vor dieser
Entlastungsdebatte, in diese Richtung.
Ich möchte aber noch etwas sehr Konkretes zur Frage
Parlament sagen. Ich will einen Punkt aufgreifen, den
Frau Stauner, meine Vorrednerin, angesprochen hat. Es
ist in der Tat richtig, dass es wünschenswert wäre, wenn
das Parlament sämtliche sein Haushaltsgebaren
betreffenden
Angelegenheiten
in
vollständiger
Autonomie rechtlich regeln könnte. Das wäre
wunderbar, und ich würde das unterstützen. Es gibt
dabei aber ein Problem: In der Haushaltsordnung der
Europäischen Union ist keine Trennung des
Finanzgebarens des Parlaments und der in diesem
Parlament vertretenen Fraktionen vorgesehen. Wir
brauchen aber eine solche Trennung.
Ich erinnere daran, dass wir anlässlich des
Rechnungshofberichts über das Finanzgebaren der
Fraktionen vor zwei Jahren eine große Debatte in diesem
Hause
hatten,
wobei
bestimmte
fragwürdige
Finanzierungspraktiken einzelner Fraktionen auf das
Parlament als Institution insgesamt zurückgefallen sind
09/04/2002
und für die Menschen auf der Tribüne und für die Presse
alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause für
etwas verantwortlich gemacht wurden, wofür de facto
immer nur einzelne Fraktionen verantwortlich waren.
Ich möchte nicht für bestimmte fragwürdige
Finanzierungspraktiken, die in anderen Fraktionen
möglicherweise ablaufen, verantwortlich gemacht
werden, und ebenso unterstelle ich, dass, wenn in meiner
Fraktion etwas schief läuft, andere Kolleginnen und
Kollegen, die anderen Fraktionen angehören, dafür
ebenfalls nicht haftbar gemacht werden.
Mit dem Bericht des Kollegen Virrankoski haben wir
jetzt die Möglichkeit, einen wesentlichen Schritt zu tun
auf dem Wege der Trennung der Verantwortlichkeiten
von Parlamentsverwaltung und Fraktionen. Diesen
Schritt müssen wir tun. Ich warne davor, dass wir uns
hinstellen und sagen: Wie kommen wir dazu, uns von
der Kommission in einem Legislativvorschlag über die
Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsverordnung
vorschreiben zu lassen, was wir tun sollen und was
nicht? Dann kreieren wir nämlich einen wunderbaren
Scheinkonflikt mit der Kommission, in dem wir zeigen,
wie toll und stark wir sind, mit dem Nebeneffekt, dass
die
Trennung
der
Verantwortlichkeiten
von
Parlamentsverwaltung und Fraktionen auf den SanktNimmerleinstag verschoben wird, mit dem vielleicht
angenehmen Nebeneffekt, dass bestimmte Dinge, die in
der Vergangenheit passiert sind, weiter betrieben werden
können.
Zum Beispiel dass, wenn eine Fraktion einen Mitarbeiter
entlässt,
dieser
Mitarbeiter
sich
an
der
Parlamentsverwaltung schadlos hält und das Parlament
vor dem Arbeitsgericht verklagt. Oder dass aufgelaufene
und
übertragene
Urlaubsansprüche
von
Fraktionsbediensteten in astronomischer Höhe aus dem
Parlamentshaushalt beglichen werden müssen, während
es eigentlich in der Verantwortung der Fraktionen läge,
dafür geradezustehen. Ich warne also davor, hier über
Scheinkonflikte eine solche Situation zu produzieren.
Wenn diese Situation vermieden werden soll, haben wir
die Möglichkeit, bis morgen auf der Formulierungsebene
eine Lösung zu finden. Aber sollte sich am Ende
tatsächlich eine Situation ergeben, in der sich der jetzige
Zustand fortsetzt, dann werden wir auch die
Verantwortlichen dafür beim Namen nennen.
(Beifall)
2-044
Mulder (ELDR). – (NL) Herr Präsident! Erstmals seit
vielen Jahren sieht es auch in diesem Jahr wieder so aus,
als werde dieses Parlament der Kommission wie
vorgeschrieben zum 30. April Entlastung erteilen. Das
halte ich für positiv, und deshalb möchte ich Herrn
McCartin und übrigens auch die anderen Berichterstatter
beglückwünschen. Was die Kommission betrifft, so hat
sie meinem Eindruck zufolge keine Mühe gescheut und
ist in sehr kurzer Zeit den zahlreichen Forderungen des
Parlaments nachgekommen. Am meisten fällt an diesem
Haushaltsplan auf, dass wiederum keine positive
Zuverlässigkeitserklärung abgegeben wird. Und dabei
21
handelt es sich um den ersten Haushaltsplan, für den die
neue Kommission verantwortlich zeichnet. Wir als
Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei
Europas –und übrigens nicht nur wir – haben immer
wieder betont, dass wir Indikatoren brauchen, an denen
wir messen können, ob sich die Situation verbessert hat.
Wenn wir jedes Jahr zu hören bekommen, eine positive
Zuverlässigkeitserklärung werde nicht abgegeben, wie
sollen wir dann der Öffentlichkeit erklären, wenn wir im
Nachhinein doch wieder Entlastung erteilen? Ich möchte
die Kommission deshalb nochmals auf dieses Problem
hinweisen und sie ersuchen, wenn der Rechnungshof
nicht gewillt ist, einen Indikator zu entwickeln, und
danach sieht es ja aus, selbst für einen Indikator zu
sorgen, an dem sich beispielsweise ablesen lässt, ob es in
einer Generaldirektion eine Fehlerquote gibt, wie hoch
sie ist und wie hoch sie in anderen Sektoren ausfällt. Der
Rechnungshof kann dann nachträglich prüfen, ob das
Verfahren richtig ist. Dann verfügen wir als Parlament
über ein Instrument, mit dem wir beurteilen können, ob
die Dinge besser laufen oder auch nicht. Das sollte im
nächsten Jahr ein Schwerpunkt sein.
Ein weiterer Aspekt, Frau Jöns hat ihn auch schon
genannt, betrifft die ständig zunehmende Zahl von
Agenturen. Fast jede Agentur besitzt eine eigene
Haushaltsordnung, und dazu gehört auch ein
kompliziertes Entlastungsverfahren. Das ist für diese
Fülle von Agenturen kaum zu bewältigen. Kann die
Kommission nicht ein einheitliches Modell für alles
entwickeln? Auch dadurch gestaltet sich die Kontrolle
für das Parlament einfacher.
Ein anderer Punkt betrifft den Clearance of Accounts.
Wir, die Fraktion der Liberalen und Demokratischen
Partei Europas, haben einen Änderungsantrag
eingebracht, der darauf hinausläuft, den Zeitraum, der
verstreicht, bis es endgültig wird, von 24 auf 36 Monate
zu verlängern. Dann können wir als Parlament die
Entscheidungen der Kommission noch nachträglich über
eine etwas längere Zeit anfechten. Zudem ist es unserer
Meinung nach möglicherweise erforderlich, die
Finanzkorrekturen noch einmal zu erhöhen. Das
Maximum liegt bei 100 Prozent, aber weshalb nicht
weitere Abstufungen vornehmen, damit wir auch messen
können, ob sich etwas verbessert oder verschlechtert.
Deshalb sollte die Einführung der EDV bei den
Zollämtern in Europa, insbesondere in den neuen
Ländern, Priorität haben. Was unternimmt die
Kommission im Einzelnen, um die künftigen
Außengrenzen Europas zu stärken, und inwieweit
können wir als Parlament diesbezüglich zu einer
Verbesserung beitragen?
Ein letzter Punkt, Herr Präsident, auf den ebenfalls
schon einzelne Redner hingewiesen haben, hängt mit der
neuen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen
Union zusammen. Es hat den Anschein, als entwickele
sich tatsächlich eine völlig neue Politik, die sich der
Kontrolle durch das Parlament entziehen könnte. Das
halten wir als ELDR-Fraktion für unverantwortlich.
Unserer Auffassung nach sollten sich Kommission,
Parlament und Rat auf eine neue interinstitutionelle
22
Vereinbarung verständigen, damit die vom Rat in diesem
Zusammenhang getätigten Ausgaben gewissenhafter
kontrolliert werden können.
09/04/2002
Parteienstatut, damit die Kritik der Öffentlichkeit an
diesem Punkt endlich umgesetzt wird.
(Beifall)
2-045
Rühle (Verts/ALE). – Herr Präsident! Auch ich möchte
mich im Namen der Fraktion bei allen Berichterstattern
für ihre gute Arbeit zur Entlastung des Gesamthaushalts
in diesem Jahr bedanken und nur einige wenige
Anmerkungen machen. Zum Beispiel begrüßen wir sehr,
dass
im
Bericht
McCartin
das
Thema
Ausfuhrsubventionen angesprochen worden ist. Wir
werden das durch einen Änderungsantrag noch etwas
stärker zuspitzen, weil wir der Meinung sind, dass
gerade im Bereich der Subvention des Transports von
lebenden Tieren immer noch zu viele Türen für den
Subventionsbetrug offen stehen und diese Subventionen
überhaupt den Steuerzahlern der EU nicht zu vermitteln
sind. Da wollen wir noch eine stärkere Zuspitzung. Wir
halten dieses Thema für ausgesprochen wichtig.
Wir werden Frau Morgan darin unterstützen, dass der
Wirtschafts- und Sozialausschuss für die letzten Jahre
zwar entlastet wird, dass aber für die Jahre 1996 und
1997 weiterhin keine Entlastung erteilt wird. Wir halten
es für ausgesprochen wichtig, dass wir hier als
Ausschuss noch einmal bekräftigen, dass in diesen
Jahren mit den Reisespesen nicht ordentlich
gewirtschaftet worden ist und, was noch viel wichtiger
ist, dass die Aufklärung dieses Reisespesenbetrugs durch
den Wirtschafts- und Sozialausschuss verschleppt
worden ist und dass OLAF nicht genügend zugearbeitet
wurde. Das muss weiterhin kritisiert werden. Wir sollten
darüber nicht den Mantel des Schweigens breiten,
sondern dies noch einmal bekräftigen.
Auch möchte ich Frau Morgan ausdrücklich in ihrer
Forderung unterstützen, dass der Rat im Bereich der
Außen- und Sicherheitspolitik, aber auch im Bereich der
Innenpolitik, die zunehmend zu operativen Ausgaben
führen, entlastet werden muss. Ich bin allerdings
überhaupt nicht zufrieden mit der Art und Weise, wie
der Rat mit diesen Fragen in der Vergangenheit
umgegangen ist, und ich fürchte, dass er uns auch jetzt
keine zufriedenstellende Antwort geben wird.
Dann müssen wir noch einmal bekräftigen, dass diese
Entlastung unseres Erachtens wirklich zu erfolgen hat.
Das läuft nicht mehr innerhalb des Gentlemen's
Agreement. Hier muss es eine klare Entscheidung geben.
Abschließend möchte ich meinem Vorredner, Herrn
Kuhne, ausdrücklich Recht geben. Wenn wir den Rat im
Bereich der Entlastung kritisieren, müssen wir auch im
Parlament sehr sorgfältig mit unserer eigenen Entlastung
umgehen. Die Trennung zwischen Verwaltungshaushalt
und Fraktionshaushalt ist schon lange angesagt.
Ich möchte aber auch den Rat auffordern, endlich
Entscheidungen bezüglich der Parteien zu treffen. Da
sind wir als Parlament nicht fähig zu handeln. Wir
brauchen endlich die Entscheidung des Rates für ein
2-046
Camre (UEN). - (DA) Herr Präsident, ich möchte damit
beginnen,
meine
Kollegen
vom
Haushaltskontrollausschuss
und
den
Ausschussvorsitzenden zu loben sowie den Mitarbeitern
des Ausschusses und der Fraktionen zu danken, die
großartige und gründliche Arbeit geleistet haben. Diese
gute Arbeit hat die Mehrheit veranlasst, die Entlastung
zu empfehlen. Wegen der knapp bemessenen Zeit kann
ich, ebenso wenig wie andere, nicht auf Einzelheiten
dieser vielfältigen Gegebenheiten eingehen, ich möchte
aber auf die ausgezeichneten Anmerkungen meiner
Kollegen Virrankoski, Blak und Morgan verweisen. Ich
werde mich auf den Bericht McCartin über die
Entlastung für die Kommission konzentrieren. Ich
möchte zwei Punkte zitieren. In Punkt L heißt es: „in der
Erwägung, dass im Jahr 2000 ein erheblicher Anstieg
des Umfangs der von den Mitgliedstaaten und OLAF
ermittelten Betrugsfälle und Unregelmäßigkeiten …
verzeichnet wurde“. In Punkt P heißt es: „in der
Erwägung, dass die entscheidende Frage im Rahmen der
Prüfung der Ausführung des Haushaltsplans 2000 lautet,
welches
einerseits
die
Elemente
der
Gemeinschaftsverwaltung sind, auf denen die
Wirksamkeit basieren sollte, die jedoch Schwachpunkte
aufweisen, und welches andererseits die Komponenten
des Systems sind, die anfällig für Betrügereien und
Unregelmäßigkeiten sind”. So geht es weiter mit einer
langen Auflistung strenger Bemerkungen, die beim
Lesen den Eindruck vermitteln, es handele sich um eine
südamerikanische Bananenrepublik. Die EU besteht aber
nicht erst seit ein paar Jahren, dieses System befindet
sich seit 1957 im Aufbau und es ist sehr unbefriedigend,
dass Jahr für Jahr Berichte mit eindeutigen und
deutlichen Hinweisen auf die Fehler verfasst werden,
ohne dass etwas besser wird. Im nächsten Jahr wird
etwas geschrieben werden, was den Ausführungen in
diesem Jahr zum Verwechseln ähnlich ist, und wir
werden trotzdem Entlastung erteilen. Die Kritik in Herrn
Cartins Bericht ist genauso hart wie die Kritik im
Bericht über die Rechnungslegung von 1996, die zum
Sturz der letzten Kommission führte. Finanzverwaltung
und die Rechtsnormen selbst sind unannehmbar
schlecht. In meinem Land würde eine Regierung mit
einer solchen Verwaltung gestürzt und die
verantwortlichen Beamten würden entlassen. Wir
können nicht zulassen, dass so viel Geld der
europäischen Steuerzahler durch Betrügereien und
Unregelmäßigkeiten verloren geht. Die Bürger wollen
sich ganz einfach nicht damit abfinden; das darf nicht
der Preis für die europäische Zusammenarbeit sein. Die
einzige logische Schlussfolgerung besteht darin, der
Kommission die Entlastung zu verweigern.
2-047
van Dam (EDD). – (NL) Herr Präsident! Der enorme
Haushaltsüberschuss im Jahr 2000 in Höhe von 11,6
Milliarden EUR zeugt von der nach wie vor
unzulänglichen Bewirtschaftung der Haushaltsmittel.
09/04/2002
Bei den Strukturfonds weitet sich der zu geringe
Haushaltsvollzug
allmählich
sogar
zu
einem
Strukturproblem aus. Unserer Meinung nach sollten die
nicht ausgeschöpften Mittel auf jeden Fall nach zwei
Jahren in die Mitgliedstaaten zurückfließen. Diese
können dann beispielsweise ihre Staatsschulden
abbauen. Den Änderungsantrag 9 des Kollegen HeatonHarris unterstützen wir deshalb.
Die Verwaltung der Strukturfonds bedarf einer
erheblichen
Verbesserung.
Die
komplizierten
Gemeinschaftsvorschriften müssen vereinfacht werden.
Die Koordinierung zwischen der Kommission und den
Mitgliedstaaten wird den Anforderungen längst nicht
gerecht. Sowohl die Ex-ante- als auch die Ex-postFinanzkontrolle weisen eklatante Lücken auf. Und das
derzeitige System für die Finanzkorrektur muss
unbedingt verändert werden, denn es verleitet die
Mitgliedstaaten
dazu,
Unregelmäßigkeiten
und
Betrügereien zu vertuschen, anstatt Mauscheleien
anzuzeigen. Obgleich uns das schon seit Jahren bekannt
ist, gehen die Kommission und die Mitgliedstaaten
wirklich kaum dagegen vor.
Uns enttäuscht, dass die Vorbeitrittsprogramme ihre
Ziele bei weitem verfehlen. Die Feststellungen des
Rechnungshofs in seinem Sonderbericht tragen nicht
eben zur Beruhigung bei. Wir halten es für nicht
hinnehmbar, dass die einzelnen Förderprogramme in den
Beitrittsländern möglicherweise nicht in diesem Jahr
2002 anlaufen können. Ich darf die Kommission bitten,
sich zum aktuellen Stand der Dinge zu äußern.
Die 1999 in Angriff genommene Reform der
Europäischen Kommission zeitigt im Jahr 2000 noch
keine konkreten Ergebnisse. Die Frau Kommissarin wird
inzwischen allerdings einen Überblick über die im Jahr
2001 erzielten Resultate gewonnen haben. Wir sind
gespannt, ob sie das Sündenregister aufschlägt.
Auch
bei
den
Förderprogrammen
für
die
Entwicklungszusammenarbeit ist eine erhebliche
Unterausnutzung zu konstatieren. Das könnte auf
Dopplungen mit der Politik der Mitgliedstaaten
zurückzuführen sein. Wird sich die Kommission
demnächst
dazu
äußern?
Auf
die
EUEntwicklungspolitik muss unseres Erachtens das
Subsidiaritätsprinzip strikte Anwendung finden.
Schließlich, Herr Präsident, empfinde ich es als
schockierend zu hören, dass jede Sitzungswoche in
Straßburg etwa 11,5 Millionen EUR zusätzlich kostet,
wobei die Umweltbelastung nicht einmal berücksichtigt
ist. Dieses Parlament ist ausschließlich auf Wunsch eines
einzelnen Mitgliedstaats dazu gezwungen. Deshalb wäre
es nur gerecht, wenn dieser Mitgliedstaat dem Hohen
Haus die geschätzten Mehrkosten von insgesamt 138
Millionen EUR pro Jahr erstattete.
2-048
Dell'Alba (NI). – (FR) Herr Präsident, Frau
Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist
üblich, die Berichterstatter zu beglückwünschen, wenn
23
man das Wort ergreift. Das tue ich gern. Ich
beglückwünsche sie alle, außer einem. Ich werde nicht
sagen, um wen es sich handelt, doch da wir uns unter
Freunden und Eingeweihten befinden, füge ich hinzu:
Ich beglückwünsche einen Berichterstatter nicht, dessen
Bericht einstimmig verabschiedet wurde und der vier
Änderungsanträge im Namen seiner Fraktion einreicht.
Ich halte eine solche Vorgehensweise nicht für
angebracht – mehr will ich dazu nicht sagen -, denn
wenn die Kollegen den Namen des Berichterstatters
sehen, denken sie, es handele sich um technische
Änderungsanträge zu einem einstimmig verabschiedeten
Text. Meiner Meinung nach sollte ein Berichterstatter
ein gewisses Maß an Loyalität gegenüber seinen
Kollegen und sich selbst an den Tag legen.
Er erarbeitet einen Bericht, der einstimmig von den
Mitgliedern seines Ausschusses – zu denen ich gehöre –
angenommen wird, und dann muss ich feststellen, dass
er im Namen von Kollegen Änderungsanträge
eingebracht hat, die in eine ganz andere Richtung gehen.
Ich finde, ein solches Vorgehen ist wirklich nicht in
Ordnung, und fordere daher die Kollegen und die
Fraktionen auf, diese Änderungsanträge abzulehnen.
Man kann nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen:
Entweder ist man Berichterstatter oder Verfasser von
Änderungsanträgen. Zu anderen Berichten kann man
selbstverständlich Änderungsanträge einreichen, aber
nicht zu seinem eigenen! Es tut mir leid, aber aus diesem
Grunde kann ich diesen Kollegen nicht zu seiner Arbeit
beglückwünschen.
Bezüglich der anderen Berichte möchte ich zwei Punkte
ansprechen.
Meine erste Bemerkung richtet sich an Frau Morgan,
meine liebe Freundin Eluned. Wir befinden uns im Jahr
2002, im dritten Jahrtausend. Die Welt schreitet voran,
und juristische Tatbestände verjähren zuweilen. Warum
sollte man also darauf beharren, der kleinsten Institution
in unserem EU-System die Entlastung 96/97 zu
verweigern? Was sollen unsere Mitbürger davon halten,
wenn sie erfahren, dass wir alle Institutionen entlastet
haben, aber die Entlastung des Wirtschafts- und
Sozialausschusses für einen sieben oder acht Jahre
zurückliegenden Zeitraum verschieben? Wir haben ihn
doch wegen der bemängelten Sachverhalte schon
genügend getadelt, genügend an den Pranger gestellt.
Wir sollten uns auf jeden Fall das Schauspiel ersparen,
diese alte Geschichte immer wieder zu strapazieren,
denn wenn wir das wollen – das sage ich an die Adresse
von Eluned – dann kann jeder irgend eine alte
Geschichte ausgraben und hochspielen. Das ist keine
gute Idee.
Was nun den Bericht McCartin betrifft – zu dem ich den
Berichterstatter besonders beglückwünsche -, so möchte
ich unterstreichen, dass man zwar alle Fälle in allen
Mitgliedstaaten aufgreifen und hervorheben kann, aber
man sollte sich nicht auf spezifische Fälle versteifen. Ich
bitte daher alle Kolleginnen und Kollegen
nachdrücklich,
die
Formulierungen
nicht
aufrechtzuerhalten, die in Ziffer 60 gegenüber einem
24
Mitgliedstaat gebraucht werden, der mir sehr am Herzen
liegt.
2-049
Heaton-Harris (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, ich
schließe mich den Glückwünschen an sämtliche
Berichterstatter und insbesondere an Herrn McCartin an,
dem ich das Leben nicht immer leicht gemacht habe.
Ich möchte auch Frau Morgan zu ihrem
Entlastungsbericht gratulieren. Als sie sich zum
Wirtschafts- und Sozialausschuss äußerte, war ich
gerade nicht im Plenarsaal, aber ich bin sicher, dass sie
mir zustimmt, wenn ich dazu aufrufe, dieser
Organisation nicht nur keine Entlastung zu erteilen,
sondern
sie
aufzulösen,
weil
sie
eine
Geldverschwendung darstellt.
Meine eigentliche Aufgabe ist es jedoch, mich im
Namen meiner Fraktion zu den Entlastungsberichten von
Herrn Staes und Herrn Seppänen zu äußern. Das fällt mir
sehr leicht, da es sich hier um zwei sehr gute Berichte
handelt, die von zwei sehr guten Parlamentariern
verfasst wurden.
Im Hinblick auf den Bericht McCartin möchte ich vor
allem für unsere Gäste auf der Besuchertribüne offiziell
auf einige simple Fakten verweisen, über die wir uns
unterhalten sollten. So liegt uns noch immer keine
positive Zuverlässigkeitserklärung vom Rechnungshof
vor und das bereits zum siebten Mal in Folge.
Möglicherweise wird er nie eine erteilen, weil er sich
selbst in eine ziemlich schwierige Lage manövriert hat.
Wie kann er einer Organisation Entlastung erteilen, in
der 5 % des Haushalts oder mehr durch Betrug,
Misswirtschaft oder Verschwendung verloren gehen und
der Haushalt einen Überschuss von mindestens 14 %
aufweist? Fast 20 % des Haushalts werden nicht
ordnungsgemäß und so, wie wir uns das vorstellen,
ausgegeben. Auf diese Bilanz kann man wirklich nicht
stolz sein.
Der Entlastungsbericht von Herrn McCartin übt in
einigen Punkten scharfe Kritik und verweist auf
anhaltende Probleme in der Kommission. Dennoch
kommt Herr McCartin zu dem Schluss, dass die
Entlastung empfehlen sollte. Er stellt ganz zu Recht fest,
dass der Großteil des EU-Haushalts in den
Mitgliedstaaten verwaltet wird. Das entbindet die
Kommission jedoch nicht von ihrer Verantwortung und
Rechenschaftspflicht. Die Verantwortung trägt letztlich
die Kommission. Gemäß Artikel 274 EG-Vertrag ist es
ihre Aufgabe, den Haushaltsplan der Gemeinschaft
auszuführen und zu überwachen. Auch in diesem Jahr ist
es
der
Kommission
nicht
gelungen,
den
Gemeinschaftshaushalt ordnungsgemäß zu verwalten
und zu kontrollieren.
Die Vertreter meiner Partei in diesem Haus wurden auf
der Grundlage einer Vielzahl von Versprechen gewählt,
wobei das wichtigste darin bestand, Licht ins Dunkel der
Rechnungsabschlüsse der Europäischen Kommission
und anderer europäischer Organe und Einrichtungen zu
09/04/2002
bringen und dafür zu sorgen, dass der Reformprozess,
über dessen Fortschritte sich die meisten Abgeordneten
dieses Hauses freuen, konsequent und ergebnisorientiert
fortgesetzt wird.
Die durch Betrug und Misswirtschaft verursachten
Einbußen waren im Haushaltsjahr 2000 noch genauso
hoch wie 1999, als wir unser Versprechen gaben, etwas
dagegen zu unternehmen. In einer britischen
Tageszeitung wird John Wiggins, der ehemals Mitglied
des Europäischen Rechnungshofs war, mit den Worten
zitiert, dass sich an der Situation in der Kommission
nichts geändert habe. Es muss sich aber etwas ändern!
In einer Mitteilung an den Haushaltskontrollausschuss
vom 5. November 2001 nahm der juristische Dienst des
Europäischen Parlaments Stellung zu der Frage, ob die
Verweigerung der Entlastung die Kommission zu Fall
bringen sollte. Er stellt fest, dass die Verweigerung der
Entlastung
zweifellos
einer
schwerwiegenden
politischen Sanktion der Kommission gleichkommt, die
diese rechtlich jedoch nicht zum Rücktritt zwingen
würde. Dieser wird durch ein spezielles Verfahren nach
Artikel 114 EG-Vertrag geregelt.
Mit einer Verweigerung der Entlastung sorgen wir sogar
dafür, dass die Kommission weiß, dass wir erstens nicht
an ihrem Rücktritt, sondern zweitens an einer Lösung
ihrer Probleme interessiert sind. Wenn sich bis nächstes
Jahr um diese Zeit nichts geändert hat, wenn immer noch
keine positive Zuverlässigkeitserklärung vorliegt, wenn
noch immer 5 % des Haushalts und mehr aufgrund von
Verschwendung, Misswirtschaft und Betrug verloren
gehen und wenn bis dahin der riesige Überschuss nicht
abgebaut werden kann, dann müssen wir unseren Gästen
auf der Besuchertribüne und unseren Wählern
gegenüber, denen wir dieses Amt verdanken,
eingestehen, dass sich in der Europäischen Kommission
nichts geändert hat, dass der Reformprozess - der an
Langsamkeit kaum zu unterbieten ist - noch läuft und
dass wir nicht in der Lage waren, eine unserer
Hauptaufgaben, nämlich diese Probleme zu klären, zu
erfüllen. Auf diese Leistung können wir nicht stolz sein,
und ich bin nicht bereit, mit dieser Botschaft vor meine
Wähler zu treten.
2-050
Van Hulten (PSE). – (EN) Herr Präsident, die Tatsache,
dass sich die Besuchertribüne während des Beitrags von
Herrn Heaton-Harris geleert hat, ist sicher kein Hinweis
auf die Qualität seines Beitrags.
2-051
(NL) Herr Präsident! Auch ich möchte den sechs
Berichterstattern meine Anerkennung aussprechen, im
Grunde sieben, denn Herr Bourlanges sah sich auf
halbem Wege gezwungen, seine Aufgabe Herrn
McCartin zu übertragen. Im meinem Beitrag zu dieser
Aussprache beschränke ich mich auf den Bericht, den sie
gemeinsam verfasst haben. Unserer Meinung nach
kommt darin vier Dingen zentrale Bedeutung zu:
zunächst der wiederholte Ruf nach Modernisierung der
Arbeitsweise des Europäischen Rechnungshofs. Ebenso
wie in den Vorjahren hat der Rechnungshof für die
09/04/2002
25
Ausführung des Haushaltsplans 2000 keine positive
Zuverlässigkeitserklärung abgeben können. Das war zu
erwarten, denn in seinem methodischen Vorgehen ist der
Rechnungshof gnadenlos. Ein einziger Fehler in einer
Stichprobe von 300 Transaktionen bewirkt ein negatives
Urteil. Der Rechnungshof verhält sich wie ein
Astronom, der mit einem Fernrohr den Sternenhimmel
absucht und lediglich Staubteilchen entdeckt. Auf der
Grundlage der derzeitigen Methodik wird eine positive
Zuverlässigkeitserklärung noch lange auf sich warten
lassen. Frau Kommissarin Schreyer hat das inzwischen
auch erkannt.
sind wir mit der Art und Weise einverstanden, wie die
Kommission damit umgeht. Wir haben keinen Grund, an
der Integrität von OLAF oder anderen Beteiligten zu
zweifeln. Wir warten auf die Untersuchungsergebnisse
und äußern uns dann. So haben wir es miteinander
vereinbart, und daran werden wir uns halten. Herr
Präsident, die PSE-Fraktion unterstützt den Vorschlag,
der Kommission für die Ausführung des Haushaltsplans
für das Haushaltsjahr 2000 Entlastung zu erteilen, und
Frau Kommissarin Schreyer gratuliere ich herzlich zu
diesem Ergebnis, denn schließlich geht es um das erste
Haushaltsjahr, das sie voll und ganz zu vertreten hatte.
Im Hinblick auf ihre Forderungen zur Bekämpfung von
Betrug und Unregelmäßigkeiten sollte die Kommission
für mehr Transparenz sorgen. Unterschiedliche Risiken
zwischen den einzelnen Sektoren müssen offen gelegt
werden. Die Beurteilung des Rechnungshofs sollte
vornehmlich auf die Qualität der Kontrollsysteme
ausgerichtet sein. Dabei kann die Entwicklung des single
audit-Konzepts, und damit komme ich zu meinem
zweiten Punkt, eine nicht unbedeutende Rolle spielen.
Die einzelstaatlichen und die europäischen Behörden
arbeiten bei der Kontrolle der Verwendung von EUMitteln noch zu stark nebeneinander her. Wir plädieren
in dem Bericht McCartin für die Entwicklung nur eines
Auditsystems für den EU-Haushaltsplan, bei dem jede
einzelne Kontrollebene auf der vorherigen aufbaut, um
die Belastung für den Kontrollierten zu mindern und die
Qualität des Audits zu steigern. Frau Kommissarin, sind
Sie bereit zu prüfen, ob sich diese Überlegung
verwirklichen lässt?
2-052
Drittens macht der Bericht McCartin auf die
gravierenden Probleme im Agrarsektor, insbesondere bei
den Ausfuhrerstattungen, aufmerksam. Die vom
Rechnungshof festgestellten Probleme unterstreichen
nochmals, wie dringlich eine tiefgreifende Reform der
Gemeinsamen Agrarpolitik ist. Kollege Casaca wird
sicherlich noch darauf eingehen.
Abschließend möchte ich mich zu der Diskussion
äußern, die erneut um Paul van Buitenen entbrannt ist.
Paul van Buitenen hatte 1999 mit seiner Untersuchung
zu Betrügereien und Unregelmäßigkeiten in der
Kommission entscheidenden Anteil am Rücktritt der
Kommission Santer und an dem Reformierungsprozess,
der anschließend in Gang gesetzt worden ist. Zu Recht
gilt er als Held der europäischen Demokratie. Seit 1999
haben sich enorme Veränderungen auf dem Gebiet der
Personalpolitik und der Finanzverwaltung vollzogen.
OLAF hat den Status der Unabhängigkeit erlangt.
Whistleblowers genießen jetzt den ihnen gebührenden
Schutz. Mitte letzten Jahres, Herr Präsident, hat Paul van
Buitenen wiederum einen Bericht mit Informationen
über
mögliche
Unregelmäßigkeiten
vorgelegt.
Sämtlichen Anschuldigungen in diesem Bericht muss
gewissenhaft nachgegangen werden. Falls erforderlich
sind Disziplinarmaßnahmen oder sogar rechtliche
Schritte einzuleiten. Vermieden werden sollte, dass
jemand, den kein Tadel trifft, zu Unrecht an den Pranger
gestellt wird, denn die Folgen für die Betroffenen, aber
auch für die Kommission sind kaum abzusehen. Vorerst
Turchi (UEN). – (IT) Herr Präsident, verehrte
Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zunächst,
alle an diesem umfassenden Dossier beteiligten
Berichterstatter zu der geleisteten Arbeit zu
beglückwünschen.
Das Entlastungsverfahren ist meiner Ansicht nach ein
wichtiges Moment und eine charakteristische Befugnis
unseres Parlaments, die uns Jahr für Jahr die
Möglichkeit gibt, zu überprüfen, ob die guten Absichten
und Vorsätze, aber auch die Erwartungen der Bürger, die
uns gewählt haben und deren Anliegen wir in erster
Linie vertreten, erfüllt werden.
Dieses Dossier ist zugleich äußerst technisch und äußerst
politisch, wobei die Folgen übereilt und gefühlsmäßig
getroffener Entscheidungen in beiden Bereichen
verheerend sein können und bedauerlicherweise auch
sein werden. Deshalb müssen wir uns jedes Jahr vor der
Abstimmung nicht unbedingt fragen, ob alles optimal
gelaufen ist, sondern vielmehr, ob wir in die richtige
Richtung gehen, ob die richtigen Prioritäten gesetzt
werden, ob die ausführende Tätigkeit der Kommission
bzw. im kleineren Maßstab all der anderen
Einrichtungen auf den Willen schließen lässt, die
Anliegen der beiden Teile der Haushaltsbehörde optimal
umzusetzen oder nicht.
Ich möchte insbesondere auf den Bericht des Kollegen
McCartin und somit auf den Haushalt der Kommission
eingehen, wobei meines Erachtens drei Aspekte
besonders hervorgehoben werden müssen, was im
Übrigen der Berichterstatter selbst schon getan hat.
Erstens war im Haushaltsjahr 2000 ein außergewöhnlich
hoher Haushaltsüberschuss zu verzeichnen, was eine
sehr große Schwäche der Haushaltsplanung offenbart.
Zweitens hat, obwohl das Haushaltsjahr 2000 sowohl für
die Strukturfonds als auch für die Vorbeitrittshilfen den
Beginn eines neuen Programmplanungszeitraums bis
2006 bedeutete, das Ganze nicht optimal funktioniert,
denn bei der Durchführung traten zahlreiche Probleme
auf. Drittens, und das ist vielleicht der wichtigste
Aspekt, hat der Berichterstatter das Augenmerk
eindeutig auf die Notwendigkeit gelenkt, zu ermitteln,
welches
einerseits
die
Elemente
der
Gemeinschaftsverwaltung sind, auf denen die
Wirksamkeit basieren sollte, die jedoch Schwachpunkte
aufweisen, und welches andererseits die Komponenten
26
des Systems sind, die anfällig für Betrügereien und
Unregelmäßigkeiten sind.
Auf diesen Feldern wird meiner Ansicht nach in den
nächsten Jahren das Spiel einer gesunden und korrekten
Haushaltsausführung ausgetragen werden.
09/04/2002
Verantwortliche haben Fehler gemacht, es wurden
zahlreiche Ermittlungen angestellt, es wurden
Dokumente als Nachweis gefordert, und es wurden die
vorgelegt, die vorhanden waren. Tatsache ist, dass wir
heute neue Verantwortliche, eine neue Arbeitsweise
haben; es gibt keine Probleme, wie die Entlastung 1998,
1999 und 2000 zeigt.
2-053
Ilgenfritz (NI). – Herr Präsident! Die Organe der Union
ermöglichen nach wie vor größere Unregelmäßigkeiten
in der Finanzgebarung. Grund dafür sind immer noch
Schwachstellen in der Gesetzgebung, eine schlechte
beziehungsweise
überhaupt
nicht
koordinierte
Zusammenarbeit der nationalen Behörden und zu laxe
Strafen beziehungsweise Kontrollen. Dies wird in den
vorliegenden Berichten zum Entlastungsverfahren 2000
erneut bestätigt. So wurden zum Beispiel vom Hof
säumige Mitgliedstaaten nicht beim Namen genannt.
Diese Mitgliedstaaten, die durch laxe Kontrollen die
Betrugsbekämpfung unterwandern, sollten nicht nur
aufgezeigt werden, sondern auch für die Schäden
aufkommen, die der Union durch ihre laxen Handlungen
entstehen.
Die Arbeit von OLAF im Zusammenhang mit der
Reisekostenaffäre war ebenfalls unzureichend. Zur
Eindämmung des Betruges benötigen wir aber auch eine
grundlegende
Reform
des
europäischen
Mehrwertsteuersystems. So müsste zum Beispiel der
Vorsteuerabzug innerhalb der Unternehmerkette auch
auf nationaler Ebene abgeschafft werden, weil zurzeit
dadurch der Mehrwertsteuerbetrug stark begünstigt wird.
2-054
Avilés Perea (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident,
zunächst möchte ich allen Berichterstattern für ihre
Arbeit danken und ihnen gratulieren, insbesondere Herrn
McCartin, der in sehr kurzer Zeit Hervorragendes
geleistet hat. Im Ergebnis ist eine gute Beschreibung
dessen entstanden, was die Entlastung für das
Haushaltsjahr 2000 darstellen muss.
In der Tat gibt es noch einige Schwierigkeiten.
Insgesamt besteht die einhellige Forderung nach der
Modernisierung der Verwaltungen und der weiteren
Vereinfachung des Verfahrens, wodurch eine größere
Transparenz und ein besseres Verständnis der
Öffentlichkeit im Allgemeinen erreicht und dieses
wichtige Verfahren den Bürgern der Union näher
gebracht werden kann.
Ich möchte besonders auf einen Bericht eingehen, zu
dem sich unsere Fraktion, die Fraktion der Europäischen
Volkspartei, der Stimme enthalten hat, während sie den
übrigen Berichten zustimmte, wie Ihnen bekannt sein
dürfte. Es geht um den Bericht Morgan, bei dem wir
einige
Meinungsverschiedenheiten
mit
der
Berichterstatterin und mit ihrem Ergebnis im Ausschuss
haben.
Wir verstehen gut, was hier insgesamt über die
Unregelmäßigkeiten
des
Wirtschaftsund
Sozialausschusses in den Jahren 1996 und 1997 gesagt
wurde. Diese Jahre liegen schon weit zurück, einige
Wir halten es nicht für zweckmäßig, diese Lücke
zuzulassen, diesen schwarzen Fleck des genannten
Organs, das ansonsten mit den übrigen Institutionen und
insbesondere
dem
Europäischen
Parlament
zusammenarbeitet, zumal die jetzigen Verantwortlichen
das Mögliche und Unmögliche getan haben, um alle jene
Unregelmäßigkeiten aufzuklären. Das Beste wäre
unserer
Meinung
nach,
diese
Angelegenheit
abzuschließen, diese mangelhafte Verwaltung aus dem
Gedächtnis zu streichen und dem Wirtschafts- und
Sozialausschuss eine neue Chance zu geben, künftig
gute Beziehungen mit dem Parlament zu pflegen und
alle sozialen Belange gut zu vertreten – wie er es bisher
getan hat – und von allen heute in diesem Bericht
analysierten Organen eines der effektivsten – eines der
ältesten, wenn nicht gar das älteste – der Europäischen
Union zu sein.
Hier besteht also eine Diskrepanz, die hoffentlich bei der
Abstimmung im Plenum behoben wird.
Ebenso wenig sind wir einverstanden mit dem Vorschlag
der Berichterstatterin in Bezug auf den Rat. Unserer
Meinung sollte der Rat entlastet werden. Die Außenund Verteidigungspolitik ist noch neu. Man muss die
Dinge aus einer anderen Sicht betrachten. Ich glaube, die
Berichterstatterin ist auf dem Weg zu einer geeigneteren
Lösung, wenn sie den Standpunkt der Fraktion der
Europäischen Volkspartei zu dieser Angelegenheit
berücksichtigt. Ansonsten müssten wir gegen den
Bericht stimmen. Wir hoffen, dass sich diese Frage klärt
und dieser Teil des Berichts ansonsten in den Ausschuss
zurückverwiesen werden kann, damit die Entwicklung
dieser Außen- und Verteidigungspolitik unterstützt wird,
denn wir dürfen, wie gesagt, die derzeitige Forderung
nicht beibehalten; man muss ein besseres Verständnis
und eine umfassendere Klarstellung der bisherigen
Tätigkeit anstreben.
2-055
Casaca (PSE). – (PT) Herr Präsident, Frau
Kommissarin! Mein Glückwunsch an alle unsere
Berichterstatter für ihre hervorragende Arbeit und mein
aufrichtiger Dank an die Kommission für ihre
Zusammenarbeit. Gestatten Sie mir, dass ich den
konstruktiven und europäischen Geist unseres Kollegen
McCartin sowie die Unterstützung durch die Dienste der
Generaldirektion Landwirtschaft der Kommission
hervorhebe.
Der Bericht McCartin ist ein wichtiges Element für den
Reformierungsprozess der gemeinsamen Politik. Ich
hoffe, die übrigen europäischen Institutionen
berücksichtigen ihn entsprechend, wenn sie die
erforderlichen Maßnahmen zum stufenweisen Abbau der
09/04/2002
Ausfuhrerstattungen im Agrarbereich vorbereiten, damit
diese Erstattungen eher für ein vom Vertrag festgelegtes
Ziel eingesetzt werden, um der Landbevölkerung ein
gleiches Lebensniveau zu sichern.
Ich möchte sagen, dass wir im Bereich der Verfälschung
von Nahrungsmittelerzeugnissen jedoch noch viel weiter
gehen müssen. Wenn von den Milcherzeugnissen –
einem Bereich von grundlegender Bedeutung auf den
Azoren – gesprochen wird, kann ich nicht hinnehmen,
dass die Landwirte in ständiger Angst leben, Strafen
wegen einer Überschussproduktion zahlen zu müssen,
während europäische kriminelle Organisationen
Zehntausende Tonnen Butter unter Mittäterschaft großer
europäischer Milchproduzenten verfälschen, während
die Milchbe- und Verarbeitungsindustrie Subventionen
für Milchpulver erhält, was letztlich ja nur die Molke
von Hartkäse ist, während die großen Milchbe- und
Verarbeitungsbetriebe ein Äquivalent von Hunderten
Millionen Liter Milch an verfälschten Erzeugnissen
verkaufen, die nicht aus Milch hergestellt werden. Und
die Kommission hat dazu nichts oder nur sehr wenig zu
sagen!
Und wenn wir uns andere Bereiche wie Olivenöl, Wein
oder selbst den Fleischsektor anschauen, sieht es doch
nicht viel anders aus. Die Verfälschung von
Nahrungsmittelerzeugnissen, die oft mit dem Ziel
durchgeführt wird, an Ausfuhr- oder Absatzerstattung zu
gelangen, stellt inzwischen heute eines der
Hauptprobleme bei der Haushaltskontrolle der
Landwirtschaft dar. Deshalb ersuchen wir die
Kommission, zügig einen Initiativplan in diesem Bereich
festzulegen, der diesem Zustand ein Ende bereitet.
2-056
Gallagher (UEN). – (EN) Herr Präsident, ich glaube,
ich sollte eingangs die Fortsetzung der Waffenabgabe in
Irland erwähnen. Ich begrüße diese Entwicklung, und
zwar gerade angesichts des in verschiedenen Teilen der
Welt
vorherrschenden
Klimas
politischer
Feindseligkeiten. Das ist ein deutlicher Ausdruck dafür,
dass der politische Prozess und der Friedensprozess
vorankommen.
Warum stelle ich eine Verbindung zur Haushaltsdebatte
her? Nun, im Rahmen der Haushaltsdebatte sollte auf die
wichtige Rolle verwiesen werden, die die Europäische
Union und das Europäische Parlament mittels des
Internationalen Fonds für Irland, der Einrichtung des
Fonds für Frieden und Versöhnung, von INTERREG
sowie durch die Aufhebung der die Entwicklung der
Grenzregion behindernden wirtschaftlichen Grenze
durch die Einheitliche Europäische Akte gespielt haben.
Vor diesem Hintergrund ist die erwähnte Entwicklung
zu sehen.
Ich möchte meinem Kollegen, Herrn McCartin, meine
Anerkennung für seinen gründlichen und umfassenden
Beitrag zu der sehr wichtigen Problematik, mit der wir
uns heute beschäftigen, aussprechen. Unsere Rolle als
Haushaltsbehörde der Union stellt möglicherweise auch
unsere größte Verantwortung dar. Es geht hier um
27
öffentliche Gelder in Höhe von 100 Mrd. EUR. Es ist
unsere Pflicht, die Verwendung dieser Summe nach
strengsten Kriterien zu prüfen. Auch wenn letztlich das
Parlament für die Absegnung der Rechnungsabschlüsse
verantwortlich ist, sollten wir nicht vergessen, dass 84 %
des Gemeinschaftshaushaltes in den Mitgliedstaaten
verwaltet werden. Zudem kommt es darauf an, dass die
Beziehungen zwischen der Kommission und den
nationalen, regionalen und lokalen Behörden von
Offenheit und Zusammenarbeit geprägt sind.
Natürlich entfällt der Löwenanteil des Haushaltsplans
auf die Gemeinsame Agrarpolitik, eine der wenigen
wirklich gemeinsamen Politiken der Union. Sie hat uns
gute Dienste geleistet und muss erhalten und verteidigt
werden. Mich beunruhigen Vorschläge, die auf eine
Abschaffung der Ausfuhrerstattungen abzielen, und ich
lehne die Vorstellung, Ausfuhrerstattungen förderten
gewissermaßen zwangsläufig den Betrug, ab. Meiner
Ansicht nach stellen Ausfuhrerstattungen nach wie vor
ein grundlegendes Element der GAP dar. Sie spielen
eine wichtige Rolle bei der Steuerung der Agrarmärkte,
und sie müssen auf WTO-Ebene verteidigt werden.
2-057
Theato (PPE-DE), Vorsitzende des Ausschusses für
Haushaltskontrolle.
–
Herr
Präsident,
Frau
Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zunächst einmal möchte ich feststellen: Wir haben sechs
Berichte, die alle die Entlastung empfehlen – außer
einem Teil in dem Bericht von Frau Morgan, worüber
wir ja schon gesprochen haben –, ich glaube, das hat es
schon lange nicht mehr gegeben!
Ich
will
die
Berichterstatter
ganz
herzlich
beglückwünschen. Ich möchte aber auch erwähnen, dass
die Kommission auf der höchsten Ebene in vielen
Sitzungen bei uns vertreten war, und dadurch auch das
Management – was Sie angesprochen haben, Frau
Schreyer – erleichtert hat.
Die Entlastung ist ja eigentlich die höchste Kompetenz,
die das Parlament hat. Hier steht das Parlament über dem
Rat, deshalb ist sie ein hochpolitisches Instrument. Ich
möchte das noch einmal betonen. Diesmal fällt das
Urteil über die Haushaltsführung 2000 recht milde aus,
besonders auch im Bericht zur Kommission.
Ich möchte deshalb kurz nur drei Punkte ansprechen.
Das eine ist die Frage des hohen Überschusses, der
übriggeblieben ist. Es geht mir nicht so sehr darum, dass
dieses Geld an die Mitgliedstaaten zurückgeht oder
verrechnet wird, sondern mir geht es darum, dass hier
politische Ziele nicht erreicht wurden, insbesondere im
Strukturbereich und im Erweiterungsbereich, und das
lässt mich sehr aufmerken. Hier muss nachgebessert
werden, und es geht nicht, dass 2001 wieder ein solcher
Überschuss entsteht.
Der zweite Punkt ist die nicht erteilte DAS des
Rechnungshofes. Dieses Instrument ist offenbar so nicht
voll anwendbar. Wenn wir keine Prozentzahlen über die
28
Fehlerquote haben, dann ist es für uns sehr schwierig zu
beurteilen, ob Fehler gemacht wurden und wie viele.
Als Drittes möchte ich die Frage der Kontrollen
ansprechen. Hier muss die Kommission als
Verantwortliche bei den Mitgliedstaaten, aber auch
schon in den Beitrittskandidatenländern – beispielsweise
in Kapitel 28 – sehr darauf achten, dass die finanziellen
Interessen der Europäischen Union wirksam geschützt
werden. Ich halte deshalb das Grünbuch zur Schaffung
eines europäischen Staatsanwalts für wegweisend.
09/04/2002
dieses Agreement zwischen Kommission und Parlament
ist. Es geht darum, dass Sie endlich begreifen, dass Sie
der europäischen Öffentlichkeit für das, was Sie
ausgeschöpft haben oder in diesem Fall nicht
ausgeschöpft haben, bis auf den letzten Heller
Rechenschaft schuldig sind. Dann werden wir
hoffentlich in diese neue Kultur der politischen
Verwaltung in Brüssel eintreten, die uns Herr Prodi zwar
versprochen hat, die wir aber bis heute noch nicht
feststellen können.
(Beifall)
2-058
Bösch (PSE). – Herr Präsident! Wenn wir dieses erste
Entlastungsverfahren für die neue Kommission etwas
leidenschaftslos anschauen, dann kommen wir zu zwei
brisanten Feststellungen: erstens ein ungeheurer
Budgetüberschuss,
eine
ungeheure
Budgetunterausnutzung, die eigentlich schon an den
Grundfesten der Budgetwahrheit rüttelt. Man muss sich
ja einmal fragen, wozu wir hier monatelang ein
Budgetverfahren durchführen, wenn 14 % eines Budgets
nicht ausgeschöpft werden. Ich weiß, und wir alle
wissen, dass diese Unterausführung im Jahr 2001 noch
größer war als im Jahr 2000.
Wenn wir dem noch die Tatsache gegenüberstellen, dass
wir im selben Jahr 2000 auch eine Verdoppelung der
festgestellten Unregelmäßigkeiten und Betrügereien in
diesem Haushalt hatten, dann schaut dieses erste Jahr der
Kommission Prodi im Bereich des Budgets eigentlich
eher bescheiden aus. Hier geht es aber nicht um eine
Zuweisung der Schuld an die Mitgliedstaaten, Herr
Kollege McCartin! Es wurde von der Frau Kommissarin
schon darauf hingewiesen, dass man die Zeit für die
Erweiterung nutzen will, um diese Länder
heranzuführen. Dann frage ich die selbe Kommission:
Wie schaut es denn aus mit der Durchführung von
Vorbeitrittsbeihilfen
im
Zusammenhang
von
Landwirtschaftspolitiken? Diese Durchführung ist
nachgewiesenermaßen in den Jahren 2000 und 2001
gleich Null gewesen! Die selbe Kommission schlägt der
Europäischen Union vor, im Jahr 2004 eine Erweiterung
durchzuführen. Wie soll denn das geschehen? Entweder
sind die beitrittswilligen Länder auf Deutsch gesagt zu
dumm, geschenktes Geld abzuholen, oder die
Kommission
ist
nicht
in
der
Lage,
Vorbeitrittsprogramme zu formulieren, die eine derartige
Umsetzung letztendlich auch ermöglichen!
Schon heute, Frau Kommissarin, können wir davon
ausgehen, dass zum Beispiel ein Programm wie IACS,
also
die
ganzen
Kontrollsysteme
im
Landwirtschaftsbereich, von denen hier so viel die Rede
war, jahrelang nicht umgesetzt werden kann, wenn diese
Länder dabei sind, unter anderem auch deshalb, weil die
Kommission Vorbeitrittsprogramme verschlafen hat.
Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir in den
kommenden Jahren nicht die ganze Zeit darüber
philosophieren, wer wem welche Dokumente übergeben
darf oder nicht, Frau Kommissarin, und hier
unterscheiden sich die Einschätzungen darüber, wie toll
2-059
Hyland (UEN). – (EN) Herr Präsident, zunächst möchte
ich dem Berichterstatter meine Anerkennung für die von
ihm geleistete Arbeit aussprechen. Seine jahrelange
Erfahrung und Sachkenntnis auf diesem Gebiet
befähigen ihn, sich kompetent mit dieser Materie
auseinander zu setzen.
Der größte Teil des Haushalts fließt der Gemeinsamen
Agrarpolitik
zu,
die
eine
bedeutende
Gemeinschaftsmaßnahme
darstellt,
die
nicht
unterminiert werden darf. In Berlin war man
übereingekommen,
dass
die
Kommission
im
kommenden Sommer ihre Vorschläge für die
Halbzeitevaluierung der Gemeinsamen Agrarpolitik
vorlegen soll.
Dabei darf diese Zwischenauswertung auf keinen Fall
als Mittel zur Reformierung der GAP zu diesem
Zeitpunkt genutzt werden. Damit muss gewartet werden,
bis im Rahmen der WTO-Verhandlungen eine
Vereinbarung zur Landwirtschaft erzielt wurde. Die von
einigen
vorgeschlagene
Abschaffung
der
Ausfuhrerstattungen hätte vor allem für Irland, wo bis zu
90 % der gesamten landwirtschaftlichen Produktion
exportiert werden, katastrophale Folgen.
2-060
Lulling (PPE-DE). - Herr Präsident! Der Bericht über
die Ausführung des Haushalts des Europäischen
Parlaments ist äußerst umstritten. Ich kann nicht auf alle
darin enthaltenen Ungereimtheiten eingehen. Ich komme
aber
nicht
umhin,
die
regelrechten
Milchmädchenrechnungen zu denunzieren, die darin in
Bezug auf Personal und andere Kosten an unseren
verschiedenen Arbeitsorten enthalten sind. All das
geschieht mit der Absicht, die Arbeitsorte Luxemburg
und Straßburg madig zu machen, einen ungesunden
Zentralismus in Brüssel zu glorifizieren und die
vertraglichen Beschlüsse betreffend die Festsetzung der
Arbeitsorte Straßburg und Luxemburg zu unterwandern.
Diese wurden im Vertrag verankert. Sie können also von
diesem Parlament nicht verändert werden. Gott sei
Dank! Sie sollten natürlich auch nicht auf kaltem Wege
ausgehöhlt werden, weder von der Verwaltung oder vom
Präsidium noch von einer kleinen Mehrheit dieses
Parlaments auf dem Umweg über unseren
Tagungskalender.
Für mich ist es geradezu pervers, dass in dem uns
vorliegenden Bericht begrüßt wird, dass die Zahl der
09/04/2002
Dienstreisen der Beamten von Luxemburg nach Brüssel
und umgekehrt abgenommen hat, und dass man sich
dann brüstet, so im Jahr 2000 2,8 Millionen Euro
eingespart zu haben, abgesehen davon, dass hinter
diesen Zahlen erzwungene Transfers von Beamten der
unteren und mittleren Laufbahn von Luxemburg nach
Brüssel stecken, welche für die Familien schmerzhaft
und sozial sowie finanziell unerträglich sind! Außerdem
hat man vergessen anzugeben, welche Mehrkosten
entstanden sind, weil man jetzt jeden Monat Hunderte
von Beamten von Brüssel nach Straßburg, anstatt von
Luxemburg nach Straßburg auf Dienstreise schicken
muss, was natürlich teurer ist. Man merkt die Absicht
und wird verstimmt!
Straßburg bekommt dann in dem Bericht noch zusätzlich
seinen Senf ab, indem darauf hingewiesen wird, dass die
variablen Kosten der fünftägigen Tagungen in Straßburg
33 % höher seien als in Brüssel. Den Rechenkünstler
möchte ich für das Guinnessbuch der Rekorde
empfehlen!
Sicher
ist,
dass
der
unsinnige
Kalenderbeschluss dieses Parlaments, die StraßburgTagungen auf vier Tage zu verkürzen, dazu geführt hat,
dass die Kosten pro Sitzungstag jetzt wesentlich höher
liegen, abgesehen davon, dass die Zeit für eine
vernünftige Behandlung insbesondere der legislativen
Texte hier im Plenum fehlt! Was als billiger gepriesen
wird, erweist sich im Endeffekt als wesentlich teurer.
Das Verhältnis von Preis und Qualität stimmt einfach
nicht. Das wollte ich bei dieser Gelegenheit einmal klar
und deutlich gesagt haben!
(Beifall)
2-061
Bourlanges (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, ich
möchte mich zunächst meinen Vorrednern anschließen
und Jo McCartin zu seinem Bericht beglückwünschen.
Herr McCartin hat diesen Bericht ganz kurzfristig
übernommen (ursprünglich war ich dafür vorgesehen)
und hat diese Aufgabe mit viel Geschick und
Gründlichkeit gemeistert: Sein Bericht ist zu einem
Beispiel an Ausgewogenheit, Gemäßigtheit und
positivem Denken geworden. Ich möchte ihm meine
Hochachtung aussprechen und wünsche nachdrücklich,
dass sein Bericht angenommen wird. Herr McCartin hat
völlig Recht, wenn er die Entlastung vorschlägt. Die
aufgetretenen Probleme stehen doch weniger mit einer
unsachgemäßen
Haushaltsausführung
im
Zusammenhang als mit der – auch von anderer Seite
angeführten – zunehmenden Kluft zwischen der in
Berlin festgelegten Finanziellen Vorausschau und den
jährlich
von
der
Kommission
bestimmten
Haushaltsansätzen einerseits und den sich aus der
Haushaltsausführung
ergebenden
tatsächlichen
Bedürfnissen andererseits. In dieser Hinsicht müssen
Korrekturen erfolgen.
Was den Bericht Morgan betrifft, so gehe ich mit Frau
Avilés darin konform, dass wir nicht zustimmen können,
dem Wirtschafts- und Sozialausschuss die Entlastung für
zwei aufeinander folgende Haushaltsjahre
zu
verweigern, da diese Institution beträchtliche
29
Anstrengungen zur Verbesserung der Situation
unternommen hat und da es nicht angebracht ist, auf die
eingeleitete positive Reform mit der Aufrechterhaltung
von Sanktionen zu antworten. Ich bin deshalb der
Meinung, dass die positiven Anstrengungen des
Ausschusses ein positives Signal von uns verlangen.
Beim Bericht Virrankoski schließe ich mich den soeben
von Astrid Lulling gemachten Ausführungen zu den
Problemen bezüglich der Ziffern 25 und 33 der
Entschließung an. Man kann zwar für einen einzigen
Tagungsort dieses Parlaments in Brüssel sein, doch
wenn im Vertrag nun einmal etwas anderes steht, wenn
darin mehrere Tagungsorte festgelegt sind, dann haben
wir die Pflicht, dafür zu sorgen, dass diese Arbeit unter
angemessenen Bedingungen ablaufen kann. Mit den
Ziffern 25 und 33 scheint man jedoch diese
Festlegungen des Vertrags auf heimtückische Weise
hintertreiben zu wollen. Herr van Hulten hat hier gesagt,
dass der Vertrag nur von einem einzigen Mitgliedstaat
gewollt war, dies ist allein seine Auffassung. Der
Vertrag ist Ausdruck eines gemeinsamen Willens,
Ausdruck eines politischen Gleichgewichts, und daher
müssen wir ihn alle zusammen achten.
2-062
Schreyer, Kommission. - Herr Präsident, sehr geehrte
Abgeordnete! Ich möchte mich im Namen der
Kommission ganz kurz für die zahlreichen Beiträge,
Bemerkungen und Anregungen zu dieser Diskussion
bedanken. In Bezug auf die einzelnen Fragen, die die
Berichterstatter der einzelnen Ausschüsse gestellt haben,
möchte ich anregen, dass diese Fragen auch mit meinen
Kollegen in den Ausschüssen diskutiert werden. Wir
haben ein neues Verfahren für die gemeinsame Arbeit an
der Prioritätensetzung für das jeweils nächste Jahr
vereinbart, und in diesem Rahmen sollen nun in den
Monaten April und Mai auch viele bilaterale
Diskussionen zwischen den zuständigen Ausschüssen
und den Kommissaren stattfinden.
Wenn man über die Prioritäten für ein nächstes Jahr
redet, dann muss man natürlich auch die Erfahrungen
aus den vergangenen Jahren miteinbeziehen. An den
anderen Fragen und Aufforderungen in den Berichten
wird die Kommission in den nächsten Monaten natürlich
arbeiten und im Follow up-Bericht über diese Arbeit
berichten.
Es hat sich in der Tat gezeigt, dass diese Diskussion viel
stärker als in der Vergangenheit auch strukturellen
Fragen
der
Haushaltsausführung,
der
Haushaltsdurchführung
und
auch
der
Zuverlässigkeitsprüfung gewidmet war. Diese Fragen
werden in den nächsten Monaten wohl auch die
gemeinsame Diskussion mitprägen. Hinsichtlich der
Frage der DAS-Methode des Rechnungshofes sind wir
selbstverständlich auch bereit, diesem Konzept und der
Idee des single audits stärker nachzugehen, um eine
stärkere Abstimmung zwischen den Prüfungen, die die
Kommission on the spot durch den Internal Audit
Service durchführt, und dem Rechnungshof zu
verbessern.
30
09/04/2002
Hinsichtlich der Frage der Erweiterung hat die doch
große Verzögerung bei dem landwirtschaftlichen
Programm gezeigt, dass es manchmal eben notwendig
ist, den Kontrollanforderungen Vorrang zu gewähren.
Dies hat auch eine sehr starke Umstellung seitens der
Beitrittsländer erfordert, in denen jetzt sukzessive die
einzelnen Zahlstellen akkreditiert werden. Wir hoffen,
dass dann in diesem Jahr auch die Auszahlung an die
Landwirte beginnen kann.
Ich darf mich nochmals beim Berichterstatter, Herrn
McCartin, bei den anderen Berichterstattern und beim
gesamten Ausschuss für Haushaltskontrolle für die
Arbeit und für die Entlastungsempfehlung bedanken.
2-063
Der Präsident. – Vielen Dank, Frau Kommissarin.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.
2-064
Europäische Agentur für Flugsicherheit
2-065
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die
Empfehlung für die zweite Lesung (A5-0093/2002) von
Herrn Schmitt im Namen des Ausschusses für
Regionalpolitik,
Verkehr
und
Fremdenverkehr
betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im
Hinblick auf den Erlass der Verordnung des
Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung
gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur
Errichtung
einer
Europäischen
Agentur
für
Flugsicherheit (13382/1/2001 – C5-0696/2001 –
2000/0246(COD)).
2-066
Schmitt (PPE-DE), Berichterstatter. – Herr Präsident,
meine Damen und Herren! Wir befinden uns heute in der
zweiten Lesung zu einer Vorlage für eine Verordnung,
die aus meiner Sicht große Bedeutung hat und die
insbesondere eines deutlich macht, nämlich dass es in
den letzten Monaten gelungen ist, insbesondere auch
durch das Engagement der zuständigen Kommissarin, im
Bereich des Flugverkehrs letztlich das nachzuholen, was
eigentlich schon längst eine Selbstverständlichkeit hätte
sein sollen, nämlich dass der Flugverkehr grenzenlos
stattzufinden hat, dass deshalb natürlich auch die
Regelungen und die Sicherheitsmaßnahmen, die den
Flugverkehr betreffen, grenzenlos, d. h. in diesem Falle
europaweit bzw. zumindest im Bereich der
Mitgliedstaaten, entsprechend einheitlich organisiert
werden.
Mit der vorliegenden Verordnung zur Einrichtung einer
Agentur für Flugsicherheit, die wir in zweiter Lesung
behandeln, wird sichergestellt, dass zukünftig einheitlich
beurteilt wird, welche Flugzeuge nach welchen Kriterien
gebaut und anschließend für den Luftverkehr zugelassen
werden.
Dieser Schritt ist aus meiner Sicht nicht nur, und das
liegt auf der Hand, für die Sicherheit am Himmel von
Bedeutung, weil die Konstruktionen einheitlich beurteilt
werden, sondern er ist selbstverständlich auch
wesentlich für die Flugzeugindustrie, die bisher in jedem
Mitgliedstaat einzeln eine Zulassung beantragen musste,
zukünftig aber in der Lage ist, sich mit einer Behörde,
mit einer Agentur über diese Problematik auseinander zu
setzen und hier die entsprechende Zertifizierung zu
erhalten.
Die Flugsicherheitsagentur wird die Aufgabe haben,
Flugzeuge zuzulassen, zu zertifizieren und zu
überwachen. Gleichzeitig, und das ist der Wunsch, den
wir im Rahmen der Beratungen im Ausschuss und bei
der Vorbereitung der zweiten Lesung deutlich gemacht
haben, sollen die entsprechende Überwachung des
Flugpersonals, aber auch die Instandhaltung und
sonstige Maßnahmen, die alle in den Bereich der
Flugsicherheit hineinspielen, künftig gesetzlich geregelt
werden.
Ich wiederhole noch einmal die klare Botschaft: Das
Hauptziel dieser Verordnung ist die Schaffung eines
einheitlich hohen Niveaus der Flugsicherheit in Europa.
Es gibt darüber hinaus natürlich entsprechende weitere
Ziele oder Reflexwirkungen, die man ganz kurz
beschreiben kann. Zum einen sind dies die Steigerung
der Kosteneffizienz, nämlich der entsprechenden
Flugzeugindustrie, zum anderen aber, und das halte ich
ebenfalls für sehr wichtig, die Gewährleistung der
einheitlichen Auslegung von entsprechenden Normen
sowie die Förderung und Stärkung der Standpunkte der
Gemeinschaft in der Welt, d. h. insbesondere auch in
Bezug auf die amerikanische Situation.
Dem Ausschuss ging es um die weitgehende
Unabhängigkeit
der
Flugsicherheitsagentur.
Unabhängigkeit einerseits von der Politik, denn es geht
ausschließlich um Fachfragen, in denen sachverständige
Fachleute und Spezialisten zu entscheiden haben und
nicht die Politik, also weder das Parlament noch der Rat.
Es war darüber hinaus wichtig, die Selbständigkeit der
Agentur
zu
gewährleisten,
d. h.
dass
der
Exekutivdirektor auch wirklich der Behördenchef ist und
dass der Verwaltungsrat auch gleichzeitig in der Lage
ist, die Richtlinien sowie die Arbeitsweise dieser
Agentur entsprechend zu bestimmen und zu
beeinflussen.
Ich weiß, dass wir uns da in einem Konfliktfeld mit Rat
und Kommission befunden haben. Ich glaube aber, dass
wir bei den vielen Gesprächen, die wir geführt haben, zu
Lösungen gekommen sind, die sicherstellen, dass
natürlich die Verantwortung der Kommission deutlich
wird, dass sie auch weiterhin sozusagen die
Flugsicherheitsagentur zu überwachen hat, dass aber
gleichzeitig auch klar ist, dass die Flugsicherheitsagentur
in dem Bereich, in dem sie sachkundig ist, auch die
eigenständige Verantwortung zu tragen hat.
Ich bin zuversichtlich, dass es gelingt, ein
Vermittlungsverfahren zu vermeiden, dass wir diese
09/04/2002
Verordnung mit Zustimmung des Rates in Kraft setzen
können und dass die Agentur weitere zwölf Monate
später dann tatsächlich die Arbeit aufnimmt. Meines
Erachtens sind wir damit einen großen Schritt in diesem
Bereich der Flugsicherheit vorangekommen. Ich darf
mich bei all denen bedanken, die dieses
Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht und unterstützt
haben, insbesondere bei meinen Kollegen im
Verkehrsausschuss. Ich danke auch der Kommission und
dem Rat für die Bereitschaft, nach Kompromissen zu
suchen, und hoffe nunmehr, dass wir durch die heutige
Abstimmung diesen Bericht abschließen können, und
dass wir dann in diesem Bereich ein neues Kapitel in der
Geschichte der Flugsicherheit in Europa aufschlagen.
(Beifall)
2-067
Foster (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, darf ich
zunächst Herrn Schmitt, unseren Berichterstatter, zu
seinem Bericht beglückwünschen, der einen sinnvollen
Kompromiss
zum
ursprünglichen
Kommissionsvorschlag darstellt.
Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass
sämtliche Abgeordneten dieses Hauses der Schaffung
eines europaweiten Gremiums zur Zulassung von
Produkten der Luftfahrtindustrie, die ich für
ausgesprochen sinnvoll und begrüßenswert halte, ihre
volle Zustimmung gegeben hätten. Ich selbst war jedoch
der Ansicht, dass der ursprüngliche Vorschlag der
Kommission zu breit angelegt war, und es gab eine
ganze Reihe von Bedenken in Bezug auf Probleme wie
die Souveränität, den ordnungspolitischen Rahmen und
vor allem die Autonomie der vorgeschlagenen Agentur.
Dabei muss unterstrichen werden, dass sich diese
Behörde
in
Anlehnung
an
einzelstaatliche
Luftfahrtbehörden, die sich ausschließlich mit Fragen
der Sicherheit befassen, aus anderen Aspekten wie
Fragen der Umwelt- und Wettbewerbspolitik
heraushalten sollte. Meines Erachtens sollte sich ihre
Arbeitsweise
an
der
der
einzelstaatlichen
Luftfahrtbehörden orientieren, die als unabhängige
Regulierungsbehörden fungieren.
Obwohl ich eine umfassende Antwort zur Zukunft der
einzelstaatlichen Luftfahrtbehörden von der Kommission
erhalten habe, sind noch einige Fragen hinsichtlich ihrer
Zuständigkeit und ihres Aufgabenbereiches offen.
Außerdem muss auch weiterhin intensiv an einer
einheitlichen Anwendbarkeit der bereits existierenden
ICAO-, JAA- und Eurocontrol-Standards gearbeitet
werden. Die Sicherheitsbehörde darf zu keinen
Überschneidungen oder unbeabsichtigten Verzerrungen
im Hinblick auf den derzeitigen Sicherheitsrahmen auf
ICAO-Grundlage beitragen.
Da diese Agentur von unabhängigen Experten geleitet
werden soll, hätte niemand etwas davon, wenn sich
Politiker oder Kommission in unangemessener Weise
einmischen und damit dem Aspekt der Sicherheit den
Vorrang nehmen würden.
31
2-068
Wiersma (PSE). – (NL) Nach Ansicht meiner Fraktion
wird mit der Errichtung der Europäischen Agentur für
Flugsicherheit und mit der zugehörigen Rechtsvorschrift
das Hauptziel verfolgt, in den Bereichen Sicherheit und
Umweltschutz in der Zivilluftfahrt ein hohes
einheitliches Niveau zu erreichen. Dabei handelt es sich
um einen wichtigen und folgerichtigen Schritt auf dem
Weg zu einer allumfassenden Luftfahrtpolitik in Europa.
Gemeinschaftsvorschriften sorgen für Klarheit und
Überschaubarkeit, können aber auch Dopplungen
vermeiden und damit Kosten einsparen helfen.
Europaweit geltende Vorschriften liegen im Interesse der
Industrie, müssen aber selbstverständlich auch zu
vermehrter Sicherheit der Verbraucher beitragen. Von
uns aus darf der Tätigkeitsbereich der Agentur breit
angelegt sein: beginnend mit der Zulassung von
Flugzeugtypen, mit anschließender Ausdehnung auf
andere Bereiche, beispielsweise die Ausbildung. Dabei
sollten wir selbstverständlich bestehende einzelstaatliche
Kapazitäten nutzen und eine Übergangsfrist bis zum
vollständigen Funktionieren der Agentur vorsehen,
wobei dieser Zeitraum allerdings schon befristet sein
sollte. Wir wollen keine zweigleisige Politik miteinander
konkurrierender Stellen. So genannte Drittländer sollten
in die Verbesserung der Sicherheitsvereinbarungen
einbezogen werden. Dafür muss die Europäische Union
eine aktive Politik konzipieren. In aller Redlichkeit, aber
durchaus beharrlich. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich
in dem Sicherheitssystem Lücken auftun, weil es an
gezielten Vereinbarungen mit Ländern mangelt, die
nicht in den Anwendungsbereich der vorgeschlagenen
Rechtsvorschrift und das Tätigkeitsfeld der Agentur
fallen.
Im Ausschuss für Regionalpolitik, Verkehr und
Fremdenverkehr
haben
wir
den
Kompromissänderungsanträgen des Berichterstatters
zugestimmt. Auch wir sind für eine zügige Abhandlung.
Und wir appellieren an den Rat und die Kommission,
sich gleichermaßen kooperativ zu verhalten.
Die PSE-Fraktion lobt dort die Beharrlichkeit des
Berichterstatters, wo es um die Unabhängigkeit der
Agentur geht. Auch wir halten sie für einen Kernpunkt.
Die Sicherheit, nicht die Frage nach Zuständigkeiten
muss an oberster Stelle stehen. Unabhängigkeit bedeutet
nicht, es brauche keine Rechenschaft abgelegt zu
werden, und das Europäische Parlament möchte dabei
ausdrücklich einbezogen werden. Wir übernehmen
Mitverantwortung, auch heute, für die Errichtung der
Agentur, allerdings sollten wir dann auch in die Lage
versetzt werden, hinreichend informiert unsere Arbeit als
Volksvertreter Europas leisten zu können.
2-069
Pohjamo (ELDR). – (FI) Herr Präsident! Im Namen
meiner Fraktion danke ich Herrn Schmitt für die
Erstellung des guten Berichts. Die Festlegung
gemeinsamer Vorschriften für den zivilen Luftverkehr
und die Errichtung einer Flugsicherheitsagentur ist ein
wichtiger Schritt auf dem Weg zur Verbesserung der
Flugsicherheit. Bedeutsame Ziele sind auch die
32
Erhöhung des Niveaus im Bereich Umweltschutz und
die Förderung eines fairen Wettbewerbs und eines
Zulassungsverfahrens.
Um diese Ziele zu erreichen, muss die Agentur für
Flugsicherheit weitgehend unabhängig sein. Die
erforderlichen Vorschriften müssen sowohl auf
nationaler als auch auf der Ebene der Behörde
einheitlich umgesetzt werden. Mit solchen einheitlichen
Regeln wird die Kosteneffizienz erhöht und unnötiger
Verwaltungsaufwand vermieden. Die im Gemeinsamen
Standpunkt vorgesehene längere Übergangsfrist ist
notwendig, damit die Mitgliedstaaten nachweislich ihre
bisher geltenden komplizierten Regulierungs- und
Zulassungsverfahren umstellen können.
Die meisten Flugunfälle sind auf menschliche Faktoren
zurückzuführen. Mit der weiteren technischen
Entwicklung des Flugwesens wird das Sammeln von
Daten und der Informationsaustausch entscheidend für
eine Verbesserung der Sicherheit im zivilen Luftverkehr
sein. Wenngleich der Flugverkehr bisher als eine relativ
sichere Verkehrsform galt, haben seine Zunahme und die
verstärkte Belastung der Flughäfen das Risiko für
Unfälle erhöht. Eine enge Zusammenarbeit zwischen
den Mitgliedstaaten zur Verbesserung der Sicherheit im
zivilen Luftverkehr stellt daher eine vorbeugende
Maßnahme dar, wenn der Flugverkehr weiter zunimmt.
Die Sicherheit des europäischen Luftraums liegt in
unserem gemeinsamen Interesse. Meiner Auffassung
nach sollte in dieser Frage schnellstmöglich ein
Kompromiss erzielt und ein Vermittlungsverfahren
vermieden werden.
2-070
Nogueira Román (Verts/ALE). – Herr Präsident, Frau
Kommissarin! Mit der Errichtung einer Europäischen
Agentur für Flugsicherheit soll ein hohes Sicherheitsund Schutzniveau für die Umwelt erreicht und
aufrechterhalten werden, was von objektivem Interesse
für die europäische Gesellschaft und ebenso für den
Aufbau Europas ist. Wir sind selbstverständlich mit
diesem Ziel einverstanden.
In jedem Fall möchte ich sagen, dass die Sicherheit und
der Schutz der Umwelt eng mit der Flughafenstruktur
verbunden sind, die wahrnehmbar und in starkem Maße
durch die Tendenzen zur Zentralisierung der Flughäfen,
die in den meisten europäischen Staaten vorherrscht und
von den Zentralregierungen gefördert wird, die aus
politischen und Machtgründen die Investitionen in den
Hauptstädten konzentrieren, sowie durch die so
genannten Billigflaggen, die ihre Flüge aus den selben
Gründen auf eben diesen Flughäfen zentralisieren,
beeinträchtigt wird.
Als Folge ist der größte Teil des europäischen
Territoriums – so auch in meiner Heimat Galizien –
äußerst stark benachteiligt, da sie über keine guten
Luftverkehrsverbindungen verfügen, sich der Verkehr
exorbitant in den Luftkorridoren konzentriert, die mit
den Hauptstädten verbunden sind, und die Bevölkerung,
09/04/2002
die in der Nähe dieser zentralen Flughäfen lebt, unter
den Folgen des Lärms und den Staus zu leiden hat. Das
alles steht der nachhaltigen Entwicklung entgegen, die
wir sowohl vom Gesichtspunkt der Sicherheit als auch
aufgrund wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer
Kriterien anstreben müssen. Meiner Ansicht nach haben
wir es damit mit einem gravierenden Problem zu tun, für
das wir anfangen müssen Lösungen zu finden.
2-071
Vatanen (PPE-DE). – (FI) Herr Präsident, Frau De
Palacio, liebe Kollegen! Die Verkehrssicherheit ist ein
Bereich, in dem mit gemeinsamen Anstrengungen der
EU-Länder Tausende Menschenleben gerettet werden
können. Bei uns in Europa hat die Flugsicherheit ein
hohes Niveau, aber die Zunahme des Verkehrs zwingt
uns, die Anstrengungen ständig zu verstärken. In diesem
Zusammenhang möchte ich jedoch nicht unerwähnt
lassen, dass es unbegreiflich, ja skandalös ist, dass diese
Vorschläge erst jetzt und nicht schon vor zehn Jahren
unterbreitet wurden. Die Staaten haben sozusagen auf
Kosten von Menschenleben im Alleingang Politik
gemacht. Nationalstolz sollte auf dem Weg der
Zusammenarbeit durch Vernunft ersetzt werden.
Die Agentur für Flugsicherheit könnte im besten Sinne
beispielgebend für die Integration der EU sein, wenn
dabei die Hürden der Bürokratie umgangen werden. Hier
sollten wir von Amerika lernen, wo auf den Menschen
gesetzt wird. Die Sammlung von Daten und die
Harmonisierung der Standards sind für die Vermeidung
von Unfällen unabdingbar, aber die Vorschriften sollten
nicht erst grundsätzlich nach Unglücksfällen verschärft
werden. Vielmehr gilt es, bestehende und künftige
Risiken systematisch zu analysieren. Das wiederum
gelingt nicht, wenn nicht in allen Mitgliedstaaten die
gleichen Instrumente verwendet werden. Unsere Welt
öffnet sich mit Schwindel erregender Geschwindigkeit
immer mehr, auch wenn das in diesem Hause nicht
immer zugegeben wird. Die Agentur für Flugsicherheit
müsste – wenn immer es möglich ist – weltweite
Lösungen bieten. Deshalb ist auch der Artikel 2 E des
Ratsvorschlags zu unterstützen. Vorgegebene Lösungen
rächen sich nämlich immer.
Ansonsten bin ich Auffassung, dass Parma ein
geeigneter Ort für die Flugsicherheitsagentur ist. Das
gute Essen in Parma, wie beispielsweise der ProsciuttoSchinken, würde die Zufriedenheit der Beamten und
damit hoffentlich ausgereifte Lösungen für die
Flugsicherheit und die europäischen Bürger garantieren.
2-072
Stockmann (PSE). - Herr Präsident, Frau Kommissarin,
liebe Kolleginnen und Kollegen! Der heutige Beschluss
über die Agentur für Flugsicherheit steht mit am Beginn
einer Vielzahl von Entscheidungen, die wir im Bereich
des Luftverkehrs zu treffen haben. Es ist viel Bewegung
am europäischen Himmel. Die Krise der Luftfahrt nach
dem 11. September scheint inzwischen fast überwunden.
Die Flugbewegungen sollen sich bis 2015 wieder einmal
verdoppeln.
Die
Umstrukturierung
des
Luftverkehrssektors ist in vollem Gange.
09/04/2002
33
Die politische Antwort auf diese Herausforderungen sind
an vorderster Stelle der einheitliche europäische Himmel
und die Optimierung der Kapazitäten an den Flughäfen.
Kontinuität im Wandel ist das Gebot der Stunde.
Flugsicherheit muss die oberste Priorität im Luftverkehr
bleiben. Die bisherigen Strategien zur Harmonisierung
der technischen Vorschriften haben mit der rasanten
Entwicklung im Luftverkehrssektor nicht Schritt halten
können. Auch deshalb brauchen wir die Europäische
Agentur für Flugsicherheit. Sie soll das Herzstück eines
künftig einheitlichen Sicherheitskonzeptes sein. Ich bin
froh, dass wir gerade in diesem sensiblen Bereich eine
europäische Antwort gefunden haben.
Kommission und andere nicht in allen Details als
Mitgestalter aufspielen. Zu viele Köche verderben den
Brei, nicht nur im bekannten Sprichwort, sondern auch
im vorliegenden Fall.
Als Erfolg in den Verhandlungen mit Rat und
Kommission können wir verbuchen, dass bereits ein Jahr
nach In-Kraft-Treten der Verordnung die Erarbeitung
von Anforderungen für den Betrieb von Luftfahrzeugen
und für die Zulassung von Flugbesatzungen
festgeschrieben sind, und dass diese Schritte auch auf
Flugzeuge aus Drittländern angewandt werden sollen.
Auch Sicherheitsaspekte auf Flughäfen werden
einbezogen.
Wir wollen, wir benötigen aber noch etwas: möglichst
rasch einen geltenden Rechtstext, damit die Agentur so
schnell wie möglich ihre Arbeit im Dienste von mehr
Sicherheit am europäischen Himmel aufnehmen kann.
Deswegen hoffen wir, dass wir schnell zu einem
gemeinsamen Text mit der Kommission, aber vor allem
auch mit dem Rat gelangen.
Was die Verfasstheit der Agentur betrifft, ist es dem
Parlament gelungen, ihr mehr Unabhängigkeit, auch
gegenüber der Kommission, zu geben. Ferner wurde
festgeschrieben, dass bei der Errichtung von
Außenstellen
der
Agentur
die
betroffenen
Mitgliedstaaten einen angemessenen Beitrag zu leisten
haben – ich meine aus Sicht des Parlamentes einen
finanziellen Beitrag.
Insgesamt zeigt die Diskussion um die EASA, dass wir
von der Kommission eigentlich eine Rahmenrichtlinie
für europäische Agenturen benötigten, die die
horizontalen Fragen für eine einheitliche Struktur von
Agenturen
beantworten
müssten.
Es
bleibt
unbefriedigend, dass das Problem der Budgetierung der
Einnahmen von Agenturen nicht im Sinne des
Ausschusses für Haushaltskontrolle geregelt werden
konnte. Der Agentur für Flugsicherung werden weitere
Agenturen, zum Beispiel für Bahnsicherheit und
Schiffssicherheit, folgen. Ich halte diese Strategie
insgesamt für geeignet, um die Integration der
europäischen Verkehrsmärkte voranzubringen.
2-073
Rack (PPE-DE). - Herr Präsident, Frau Vizepräsidentin,
meine Damen und Herren! Mit dem ausgezeichneten
Berichtsentwurf Schmitt sind wir auf einem guten Weg.
Wir sind aber noch immer nicht ganz am Ziel. Sicherer
Flugverkehr muss zumindest innerhalb der Union
grenzenlos sicher erfolgen. Das ist unser Ziel.
Eines der Kernelemente zur Erreichung dieses Zieles ist
eine Flugsicherheitsagentur, die in gut organisierter
Eigenverantwortung ein einheitliches hohes Niveau an
Flugsicherheit gewährleisten kann. Gut organisierte
Eigenverantwortung ist das Schlüsselwort. Das
Europäische Parlament muss nach wie vor darauf
pochen, dass es bei aller Aufsichtsverantwortung der
Kommission bei Aufsicht bleibt und dass sich die
Daher müssen wir Parlamentarier nach wie vor und
immer wieder auf weitestgehende Unabhängigkeit der
Agentur pochen, darauf beispielsweise, dass der
Exekutivdirektor der Agentur nicht nur eine starke
Position nach außen, sondern auch nach innen besitzt. So
wollen wir, dass weitere Direktoren der Agentur auf
Vorschlag und insofern auch in Verantwortung durch
den Exekutivdirektor ernannt werden.
Das
Parlament
hat
sich
in
seinen
Abänderungsvorschlägen daher ganz bewusst überall
dort zurückgehalten, wo wir glauben, dass diese
Gemeinsamkeit gefährdet wäre. Und wir hoffen, dass die
anderen jetzt auch mittun, wenn es darum geht, diese
Gemeinsamkeit zu finden.
(Beifall)
2-074
De Veyrac (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, Frau
Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
möchte zunächst wie alle anderen Kollegen die
effiziente Arbeit des Berichterstatters, Herrn Ingo
Schmitt, würdigen, der sich einer konstruktiven
Zusammenarbeit mit dem Rat und der Kommission
befleißigt hat. Das Ergebnis ist ein ausgewogener
Kompromisstext, der alle Chancen bietet, ein
Vermittlungsverfahren zu vermeiden. Ich möchte
insbesondere die Qualität der vom Berichterstatter
eingebrachten Änderungsanträge hervorheben und
betonen, dass wir Zeit sparen müssen, denn wir haben
schon zu lange gewartet.
Im Verkehrsbereich müssen wir ebenso wie in anderen
Bereichen ein hohes einheitliches Sicherheitsniveau in
den Mitgliedstaaten gewährleisten. Es ist höchste Zeit,
dass auch die Luftfahrtindustrie für das Inverkehrbringen
ihrer Erzeugnisse in den Genuss eines einheitlichen
Zertifizierungsverfahrens kommt
Daher hoffe ich, dass die Europäische Agentur für
Flugsicherheit ihre Arbeit möglichst rasch aufnehmen
kann, damit sie eine einheitliche Zertifizierung für den
Airbus A 380 vornehmen kann. Dies wäre die Krönung
für viele Jahre Arbeit von Ingenieuren, Arbeitern und
Angestellten sowie der Beweis dafür, was die Europäer
zustande bringen können, wenn sie geeint sind. Dies
wäre ein starkes Signal. Der erste Probeflug des A 380
ist für 2004 vorgesehen, der erste kommerzielle Flug für
2006, also in sehr naher Zukunft.
34
Um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können, muss die
Europäische Agentur für Flugsicherheit unabhängig sein
und sich auf die in den Mitgliedstaaten vorhandenen
Sachkenntnisse und Qualifizierungen stützen. Uns ist
klar, dass die Europäische Agentur für Flugsicherheit
nicht dazu dienen kann, die Tätigkeit der bestehenden
nationalen Agenturen zu koordinieren. An vorderster
Stelle muss die Effizienz stehen, und so ist es nur
logisch, davon auszugehen, dass die Europäische
Agentur mit den bedeutenden europäischen Standorten
für Flugzeugentwurf und -bau zusammenarbeiten muss.
Meiner Meinung nach bieten die regionalen Agenturen
eine gute Möglichkeit, dies zu erreichen.
Europa muss seinen Bürgern konkrete Vorteile bringen.
Daher müssen wir zu einer einheitlichen Sicherheit in
einem einheitlichen Luftraum und zu einer einheitlichen
Zertifizierung in einem einheitlichen Markt kommen.
Der uns heute vorliegende Text ist ein wichtiger Schritt
in diese Richtung.
(Beifall)
2-075
De Palacio, Kommission. – (ES) Herr Präsident, meine
Damen und Herren! Zunächst möchte auch ich dem
Berichterstatter, Herrn Schmitt, zu der Arbeit
gratulieren, die er in enger Zusammenarbeit mit der
Kommission und dem Rat geleistet hat. Diese
Zusammenarbeit wird uns – wie wir hoffen – die
Möglichkeit geben, diesen Text, die Gründung der
Agentur,
anzunehmen,
ohne
auf
das
Vermittlungsverfahren zurückgreifen zu müssen.
Das Hauptziel der gemeinsamen Normen auf dem
Gebiet der Zivilluftfahrt und der Errichtung einer
Europäischen Agentur für Flugsicherheit ist die
Gewährleistung eines hohen und einheitlichen
Sicherheitsniveaus im gesamten Territorium der Union
sowie ein größerer Schutz der Umwelt – wie meine
Vorrednerin soeben sagte. Zudem wird mit diesem
System
eine
den
Binnenmarkt
und
die
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Produkte
begünstigende Vereinfachung der gegenwärtigen
Zulassungsverfahren für die Flugzeuge erreicht, wie
verschiedene Redner hervorhoben.
Das Hauptinstrument des neuen Systems wird eine
einheitliche europäische Zulassung sein, die Zugang
zum gesamten europäischen Markt gewähren und als
Grundlage für die Abkommen über die gegenseitige
Anerkennung dienen wird. Wie Sie wissen und wie im
Verlaufe der Debatte hervorgehoben wurde, erwartet die
europäische Industrie, dass diese Agentur die Zulassung
ihres künftigen Starprodukts, des Airbus 380,
unterstützt. Betrachtet man also die mit dem Vorschlag
verfolgten Ziele, so stellt er einen spürbaren Fortschritt
dar. Und nicht nur das, es handelt sich zudem um eine
echte Neuerung auf dem Gebiet der Integration der
Gemeinschaft, wenn man bedenkt, dass der Sektor der
Zivilluftfahrt bislang stark von der Souveränität der
09/04/2002
Staaten und der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit
geprägt war.
In erster Lesung haben Sie den Vorschlag der
Kommission angenommen, zu dem Sie verschiedene
Änderungsanträge einreichten, von denen viele von der
Kommission akzeptiert und in den gemeinsamen
Standpunkt des Rates aufgenommen wurden. In dieser
zweiten Lesung wollte der Berichterstatter, Herr Ingo
Schmitt, Nachdruck auf einige Aspekte legen, die nicht
im Gemeinsamen Standpunkt enthalten sind. Durch die
Kontakte zwischen den drei Institutionen, die alle daran
interessiert sind, die Errichtung der Europäischen
Agentur für Flugsicherheit baldmöglichst zu einem
erfolgreichen Abschluss zu bringen, konnte eine
allgemein annehmbare Lösung gefunden werden.
Deshalb hoffe ich, dass das Parlament in seiner
Gesamtheit heute seine Unterstützung für diesen Text
bekräftigen kann, um die Verabschiedung der
Verordnung im kommenden Juni und die Errichtung der
Agentur ab Sommer 2003 zu ermöglichen.
Was die Änderungsanträge betrifft, so möchte ich darauf
hinweisen, dass der neue Änderungsantrag 29 das
erzielte zerbrechliche Gleichgewicht sowie den
vorgesehenen Zeitplan gefährden kann. Deshalb kann
dieser Änderungsantrag nicht die Unterstützung der
Kommission erhalten.
Ich möchte hervorheben, dass die Änderungsanträge 1
und 4 für uns sehr problematisch waren; sie bringen den
Willen des Europäischen Parlaments zur schnellen
Ausweitung der Kompetenz der Agentur auf alle
Sicherheitsbereiche, insbesondere die Zulassungen von
Personal und die Flugoperationen, zum Ausdruck. Zum
Kern der Frage ist die Kommission einer Meinung mit
dem Parlament, aber im Namen des Kollegiums muss
ich hier formal die Vorbehalte der Kommission in Bezug
auf Formulierungen vortragen, die ihr im Vertrag
verankertes Initiativrecht beeinträchtigen könnten. Daher
darf die Akzeptanz der Änderungsanträge 1 und 4
keinesfalls als Einschränkung dieses Initiativrechts
betrachtet werden, da diese Maßnahmen schon in
unserem Arbeitsprogramm vorgesehen waren. Im
konkreten Kontext akzeptiert die Kommission somit
diese Änderungsanträge und bekräftigt ihren Willen zur
Unterbreitung dieser Vorschläge, wobei sie darauf
hinweist, dass dies schon in unserem Zeitplan
vorgesehen war, und betont, dass dies in keinem Fall als
Einschränkung
unserer
in
den
Verträgen
festgeschriebenen Initiativbefugnis betrachtet werden
darf.
Den übrigen Änderungsanträgen kann die Kommission
voll und ganz zustimmen. Viele verbessern den Text des
gemeinsamen Standpunkts oder präzisieren seinen
Inhalt. Die Kommission kann die Änderungsanträge
vorbehaltlos unterstützen, die die Vollmachten des
Exekutivdirektors und die Vorschriften für seine
Ernennung stärken.
Wir können jene Änderungsanträge mittragen, die die
Selbständigkeit der Agentur zum Ziel haben, konkret die
09/04/2002
35
Nr. 9 und 11, und besonders durchdacht erscheint uns,
dass die Kommission, die nicht über die notwendigen
technischen Kenntnisse verfügt, keine Änderungen
technischer Normen ohne vorherige Koordinierung mit
der Agentur vornehmen darf. Diese Änderungsanträge
sind so abgefasst, dass das Initiativrecht der Kommission
gewahrt bleibt, und ich möchte dem Parlament dafür
meinen Dank aussprechen.
statt, für eine Frau, die sich während des wohl
turbulentesten Jahrhunderts in der europäischen
Geschichte durch ihre Verdienste um Großbritannien
einen besonderen Platz in den Herzen des britischen
Volkes erworben hat. Ich möchte Sie, verehrte Kollegen,
bitten, sich als Zeichen der Achtung für die Verstorbene
zu einer Schweigeminute zu erheben.
(Das Parlament erhebt sich zu einer Schweigeminute.)
Das Parlament will in Wahrnehmung seiner Funktion als
Haushaltsbehörde einen Änderungsantrag einbringen,
die Nr. 2, in dem es gemeinsame Normen für die
Beiträge in Geld oder Sachleistungen fordert, die die
Staaten oft beisteuern, um die Errichtung von Agenturen
auf ihrem Territorium zu erleichtern. Seitens der
Kommission erheben wir keinen Einwand in dieser
Hinsicht.
Schließlich wollte das
Parlament
mit
dem
Änderungsantrag 16 auch ein klares politisches Signal
setzen. Er soll den Zeitraum begrenzen, in dem ein
Gemeinschaftssystem und ein nationales System
nebenher bestehen können. Die Kommission hält die
Argumente des Parlaments für gerechtfertigt, und
deshalb schließen wir uns diesem Änderungsantrag
ebenfalls an.
Abschließend zum Änderungsantrag Nummer 15,
Erwägung D, wo die Kommission wie auch der Rat und
der Berichterstatter interpretieren – und ich möchte diese
Frage hervorheben –, dass der Zugang zu diesen Orten
zweckdienlich zu sein hat und nicht wahllos erfolgen
darf. Ich glaube, damit können wir das Problem
beilegen.
Wie die Dinge stehen, kann man auf eine schnelle
Verabschiedung der Verordnung hoffen, und ich möchte
dem Berichterstatter nochmals zu seiner ausgezeichneten
Arbeit gratulieren und das Parlament insgesamt
beglückwünschen, dass es, wie auch der Rat, die
Annahme
unterstützt,
ohne
dass
auf
das
Vermittlungsverfahren zurückgegriffen werden muss.
2-080
VORSITZ: RENZO IMBENI
Vizepräsident
2-082
Abstimmungen
2-081
Vereinfachtes Verfahren - Vorschlag für eine
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des
Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten für die Typengenehmigung von
Rückspiegeln, von zusätzlichen Systemen für
indirekte Sicht und von mit solchen Einrichtungen
ausgestatteten Fahrzeugen sowie zur Anpassung der
Richtlinie 70/156/EWG (KOM(2001) 811 - C50005/2002 - 2001/0317(COD))
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
***
Vereinfachtes Verfahren - Vorschlag für eine
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des
Rates über die Typgenehmigung für land- und
forstwirtschaftliche Zugmaschinen, ihre Anhänger,
und die von ihnen gezogenen auswechselbaren
Geräte sowie für Systeme, Bauteile und selbständige
technische Einheiten dieser Fahrzeuge (KOM(2002) 6
- C5-0025/2002 - 2002/0017(COD))
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
***
2-076
Der Präsident. – Vielen Dank, Frau Kommissarin.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet in wenigen Minuten um 12.00
Uhr statt.
Die
Sitzung
wird
unterbrochen
Abstimmungsstunde wieder aufgenommen.
und
zur
2-077
VORSITZ: PATRICK COX
Präsident
2-078
Nachruf
Vereinfachtes Verfahren - Geänderter Vorschlag für
eine Richtlinie des Rates über den Verkehr mit
Pflanzkartoffeln (kodifizierte Fassung) (KOM(2001)
192 - C5-0353/2001 - 1995/0302(CNS))
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
***
Vereinfachtes Verfahren - Geänderter Vorschlag für
eine Richtlinie des Rates über den Verkehr mit
Saatgut von Öl- und Faserpflanzen (kodifizierte
Fassung) (KOM(2001) 195 - C5-0354/2001 1995/0304(CNS))
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
2-079
Der Präsident. – Heute morgen findet in London die
Trauerfeier für Königin Elizabeth, die Königinmutter,
***
36
09/04/2002
Vereinfachtes Verfahren - Geänderter Vorschlag für
eine Richtlinie des Rates über einen gemeinsamen
Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten
(kodifizierte Fassung) (KOM(2001) 191 - C50355/2001 - 1995/0322(CNS))
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
***
Vereinfachtes Verfahren - Geänderter Vorschlag für
eine Richtlinie des Rates über den Verkehr mit
Gemüsesaatgut (kodifizierte Fassung) (KOM(2001)
194 - C5-0356/2001 - 2001/0108(CNS))
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
hinweisen will, der sich im Laufe des Verfahrens
eingeschlichen hat. Es geht um den Änderungsantrag 15,
Absatz 1, Buchstabe d). Da muss vor das Wort
Räumlichkeiten „relevant“ eingefügt werden. Da gibt es
Unterschiede in den Textfassungen, zum Teil fehlt das
Wort völlig, zum Teil ist daraus ein any geworden. Ich
bitte deshalb, das folgendermaßen zu korrigieren:
„relevante
Räumlichkeiten,
Grundstücke
oder
Verkehrsmittel zu betreten.“
2-084
Der Präsident. – Wir fordern die Sprachendienste auf,
den Text wie vom Berichterstatter angegeben zu ändern.
Ich möchte nun die Kommission bitten, ihren
Standpunkt zu den Änderungsanträgen darzulegen.
2-085
***
Vereinfachtes Verfahren - Geänderter Vorschlag für
eine Richtlinie des Rates über den Verkehr mit
Betarübensaatgut
(kodifizierte
Fassung)
(KOM(2001) 177 - C5-0357/2001 - 2001/0147(CNS))
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
2-086
***
Bericht ohne Aussprache (A5-0104/2002) von Herrn
Westendorp y Cabeza im Namen des Ausschusses für
Industrie, Außenhandel, Forschung und Energie
über den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates
zur Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zum
Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Malta im
Hinblick auf die Beteiligung der Republik Malta am
Fünften Rahmenprogramm der Europäischen
Gemeinschaft
für
Forschung,
technologische
Entwicklung und Demonstration (1998-2002)
(KOM(2001) 777 - C5-0041/2002 - 2001/0303(CNS))
(Das
Parlament
nimmt
Entschließungsantrag an.)
De Palacio, Kommission. – (ES) Herr Präsident, ich
danke dem Berichterstatter für diese Klarstellung, auf
die ich auch in meiner Rede eingegangen bin. Wir
akzeptieren somit alle Änderungsanträge mit Ausnahme
der
Nummer 29.
Wir
hoffen,
damit
die
interinstitutionelle Vereinbarung beibehalten zu können,
die uns die Möglichkeit gibt, in diesem Akt die
Europäische Agentur für Flugsicherheit zu bestätigen.
den
legislativen
***
Empfehlung für die zweite Lesung (A5-0093/2002) im
Namen des Ausschusses für Regionalpolitik, Verkehr
und Fremdenverkehr betreffend den Gemeinsamen
Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der
Verordnung des Europäischen Parlaments und des
Rates zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für
die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer
Europäischen
Agentur
für
Flugsicherheit
(13382/1/2001 – C5-0696/2001 – 2000/0246(COD))
(Berichterstatter: Herr Schmitt)
Vor der Abstimmung:
(Der Präsident erklärt den geänderten Gemeinsamen
Standpunkt für gebilligt.)
***
Bericht (A5-0099/2002) von Frau Oomen-Ruijten im
Namen des Ausschusses für Umweltfragen,
Volksgesundheit und Verbraucherpolitik über den
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates über den strafrechtlichen
Schutz der Umwelt (KOM(2001) 139 - C5-0116/2001
- 2001/0076(COD))
Vor der Abstimmung:
2-087
Goodwill (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, bevor wir
über diesen speziellen Bericht abstimmen, möchte ich
die Abgeordneten auf den Standpunkt des juristischen
Dienstes aufmerksam machen, der zum Zeitpunkt der
Abstimmung im Ausschuss noch nicht vorgelegen hatte.
Daraus geht deutlich hervor, dass bestimmte Aspekte des
Berichts die Zuständigkeit der Gemeinschaft gemäß
Artikel 175 EGV überschreiten. Durch Befürwortung
von Änderungsantrag 28 lassen sich diese Probleme
jedoch unkompliziert lösen.
2-088
(Das
Parlament
nimmt
Entschließungsantrag an.)
den
legislativen
Nach der Abstimmung:
2-089
2-083
Schmitt (PPE-DE), Berichterstatter. – Herr Präsident,
meine Damen und Herren! Ich habe mich nur zu Wort
gemeldet, weil ich auf einen kleinen Textfehler
Oomen-Ruijten (PPE-DE), Berichterstatterin. – (NL)
Herr Präsident! Ich möchte Sie auf Folgendes
aufmerksam machen. Im Ausschuss für Umweltfragen,
Volksgesundheit und Verbraucherpolitik sind die heute
09/04/2002
37
angenommenen Änderungsanträge – und mein Dank gilt
dem Plenum – von der Europäischen Kommission
übernommen worden. Gestern hat sich die Europäische
Kommission am Ende der Aussprache dahingehend
geäußert, sie wolle etwa fünf, sechs Änderungsanträge
nicht berücksichtigen. Herr Präsident, die Art und
Weise, wie dies gestern zum Schluss der Aussprache
gelaufen ist, halte ich für verwerflich. Weshalb? Weil
einzig und allein die Berichterstatterin über die Gründe
informiert ist, weshalb an sich legally korrekte
Änderungsanträge dennoch nicht übernommen werden.
Vorschlag für einen Beschluss des Rates über ein
Rahmenprogramm auf der Grundlage von Titel VI
des Vertrags über die Europäische Union Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in
Strafsachen (KOM(2001) 646 - C5-0694/2001 2001/0262(CNS))
Meiner Auffassung nach sollte die Kommission
aufgefordert werden, ihr Verhalten zu erläutern. Es geht
nicht an: heute hü, morgen hott oder andersherum. Die
Kommission sollte zudem, so meine ich, in einer
Mitteilung
die
nunmehr
angenommenen
Änderungsanträge noch einmal erwägen sowie allen
meinen Kolleginnen und Kollegen eine Abschrift von
dem zugehen lassen, was in der Aussprache eigentlich
hätte gesagt werden müssen. Vielen Dank.
Bericht (A5-0080/2002) von Herrn di Lello Finuoli im
Namen des Ausschusses für die Freiheiten und
Rechte
der
Bürger,
Justiz
und
innere
Angelegenheiten
über
den
Entwurf
eines
Rahmenbeschlusses des Rates über den Schutz der
Umwelt durch das Strafrecht (Erneute Konsultation)
(15525/2001 - C5-0022/2002 - 2000/0801(CNS))
(Das
Parlament
nimmt
Entschließungsantrag an.)
den
legislativen
***
(Das
Parlament
nimmt
Entschließungsantrag an.)
den
legislativen
2-090
Der Präsident. – Die Kommission ist anwesend und hat
Ihre Ausführungen vernommen, Frau Oomen-Ruijten.
Ich hoffe, sie wird dafür Sorge tragen, dass Sie eine
Antwort auf Ihre Anmerkungen erhalten.
***
Bericht (A5-0047/2002) von Herrn Deprez im Namen
des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der
Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten über den
Entwurf eines Beschlusses des Rates betreffend die
Sicherheit bei Fußballspielen mit internationaler
Dimension (12175/1/2001 C5-0067/2002
2001/0824(CNS))
(Das
Parlament
nimmt
Entschließungsantrag an.)
den
legislativen
***
Bericht (A5-0036/2002) von Herrn Kirkhope im
Namen des Ausschusses für die Freiheiten und
Rechte
der
Bürger,
Justiz
und
innere
Angelegenheiten über die Initiative des Königreichs
der Niederlande im Hinblick auf den Erlass eines
Beschlusses des Rates zur Einrichtung eines
europäischen Netzes von Anlaufstellen betreffend
Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die
Menschlichkeit
und
Kriegsverbrechen
verantwortlich sind (11658/2001 - C5-0499/2001 2001/0826(CNS))
(Das
Parlament
nimmt
Entschließungsantrag an.)
den
legislativen
***
Bericht (A5-0082/2002) von Herrn Coelho im Namen
des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der
Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten über den
***
Bericht (A5-0085/2002) von Herrn Oostlander im
Namen des Ausschusses für die Freiheiten und
Rechte
der
Bürger,
Justiz
und
innere
Angelegenheiten über den Vorschlag für eine
Entscheidung des Rates über ein Aktionsprogramm
für Verwaltungszusammenarbeit in den Bereichen
Außengrenzen, Visa, Asyl und Einwanderung
(ARGO) (KOM(2001) 567 - C5-0553/2001 2001/0230(CNS))
(Das
Parlament
nimmt
Entschließungsantrag an.)
den
legislativen
***
Bericht (A5-0081/2002) von Herrn Marinho im
Namen des Ausschusses für die Freiheiten und
Rechte
der
Bürger,
Justiz
und
innere
Angelegenheiten über den Vorschlag für eine
Verordnung des Rates zur Festlegung von Kriterien
und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats,
der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist,
den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in
einem Mitgliedstaat gestellt hat (KOM(2001) 447 C5-0403/2001 - 2001/0182(CNS))
(Das
Parlament
nimmt
Entschließungsantrag an.)
den
legislativen
***
Bericht (A5-0078/2002) von Herrn von Boetticher im
Namen des Ausschusses für die Freiheiten und
Rechte
der
Bürger,
Justiz
und
innere
Angelegenheiten über eine Initiative des Königreichs
Belgien, des Königreichs Spanien und der
Französischen Republik im Hinblick auf den Erlass
durch den Rat des Beschlusses zur Änderung des
38
09/04/2002
Artikels 40 Absätze 1 und 7 des Übereinkommens zur
Durchführung des Schengener Übereinkommens
vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen
Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen
(11896/2001 - C5-0563/2001 - 2001/0828(CNS))
(Das
Parlament
nimmt
Entschließungsantrag an.)
den
legislativen
Erklärungen zur Abstimmung
- Bericht Schmitt (A5-0093/2002)
Ebner (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, ich habe für
den Bericht Schmitt gestimmt, weil ich ihn für sehr
wichtig halte. Die Sicherheit und der Umweltschutz
müssen nämlich noch ernsthafter bewertet und ob ihrer
enormen Bedeutung unterstützt werden.
Ich habe in der Vergangenheit mehrmals Anfragen
sowohl zur Besteuerung von Kerosin als auch zu einem
einheitlichen Kontrollsystem für den Luftraum gestellt
und diesbezügliche Redebeiträge gehalten. Ich erhoffe
mir von diesen, auch von anderen Kolleginnen und
Kollegen
unterstützten
Initiativen
stärkere
Auswirkungen auf die Arbeit der Kommission und den
Beitrag der Mitglieder des Parlaments sowie der
zuständigen Ausschüsse. Ich wünsche mir, dass dieser
von uns eingeschlagene Weg zügig weiterverfolgt
werden möge.
2-091
- Bericht Oomen-Ruijten (A5-0099/2002)
2-092
Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, den gestrigen
Abend verbrachte ich wie viele andere von uns in
Straßburg. Ich war in Begleitung eines Abgeordneten,
dessen Namen ich nicht nennen werde – er beginnt
jedenfalls mit einem S –, sowie zweier sehr attraktiver
Beamtinnen des Europäischen Parlaments – einer
Blonden und einer Brünetten –, deren Namen ich
ebenfalls nicht verraten werde, die jedoch mit V und T
beginnen; wir betrachteten den Sternenhimmel über
Straßburg, um etwas über Konstellationen zu erfahren.
Sie werden es nicht glauben, Herr Präsident, aber
plötzlich sagte mein Begleiter: „Was für ein schöner
Sternenhimmel! Wie könnte man umhin, die Umwelt
nicht auch durch das Strafrecht zu schützen, um sich
immer diese Naturschönheiten ansehen zu können?
Deshalb müssen wir morgen für diesen Bericht
stimmen.“
Der Präsident. – Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter,
für dieses indirekte Zitat des großen Kant.
2-093
Flemming (PPE-DE). - Herr Präsident, ich habe für den
Bericht von Ria Oomen-Ruijten gestimmt, obwohl
Österreich ursprünglich gegen eine Richtlinie war. Ich
möchte mich wirklich bei der Frau Berichterstatterin
bedanken. Ich begrüße ihre Arbeit, durch die uns eine
ganz, ganz effiziente Möglichkeit an die Hand gegeben
wurde, auch durch die Auflistung aller strafbaren
Tatbestände in Artikel 2. Ich habe auch deswegen dafür
gestimmt, weil die Kommission in ihrem Dokument
zwar völlig unverbindlich, aber immerhin erklärt, dass
sie die Vorbereitung eines Rechtsaktes prüfen werde, der
strafrechtliche Sanktionen gegen unerlaubte Tätigkeiten
im Zusammenhang mit nuklearen Stoffen vorsehe.
Wenn es eine wirkliche Bedrohung nicht nur der
Umwelt, sondern auch der Menschen gibt, dann durch
atomare Unfälle. Ich glaube, es ist einfach lächerlich,
dass wir eine ganze Liste von strafbaren Tatbeständen
haben, aber keine einzige strafrechtliche Sanktion für
vorsätzliche oder auch fahrlässige Unfälle und Schäden,
die im nuklearen Bereich vorgesehen sind.
Ich fordere die Kommission, die jetzt nicht mehr da ist,
und ich werde das auch in einer Anfrage tun,
nachdrücklich auf, so rasch wie möglich eine
diesbezügliche Richtlinie vorzulegen!
2-094
Thors (ELDR).  (SV) Herr Präsident, liebe Freunde!
Ich halte Frau Oomen-Ruijtens Gedanken zu dieser
Richtlinie für korrekt, muss aber gegen bestimmte
Punkte im Bericht stimmen, da das Subsidiaritätsprinzip
darin zu leichtfertig behandelt wird.
Der größte Einwand, der auch von der Kommission
vorgebracht wurde, betrifft die Änderungsanträge 19 und
27. Ich bin der Ansicht, dass man explizit alle strafbaren
Handlungen aufzählen sollte. Eine Annahme der
Richtlinie ohne die genaue Angabe der zu bestrafenden
Handlungen ist nicht mit dem von mir und meiner Partei
unterstützten Grundsatz der Rechtmäßigkeit vereinbar.
Wir müssen in diesem Punkt sorgfältiger mit dem
Grundsatz der Rechtmäßigkeit umgehen, denn nicht
einmal
die
Umweltfragen
berechtigen
zu
Undeutlichkeiten bei der Unterscheidung zwischen
kriminellen und nicht strafbaren Handlungen. Im
Übrigen ist der Bericht ausgezeichnet.
2-095
Andersson, Färm, Hedkvist Petersen, Hulthén, Hans
Karlsson und Theorin (PSE), schriftlich.  (SV) Wir
schwedischen Sozialdemokraten haben uns bei der
Abstimmung über den geänderten Vorschlag und die
legislative Entschließung der Stimme enthalten.
Wir sind der Ansicht, dass die Schaffung einer
gemeinsamen strafrechtlichen Plattform im Kampf
gegen die Umweltkriminalität notwendig ist und stehen
einem Rahmenbeschluss auf diesem Gebiet positiv
gegenüber.
Zweifel hegen wir jedoch hinsichtlich einer
Entschließung in diesem Bereich, da es keine
Rechtsgrundlage dafür gibt, die Mitgliedstaaten im
Rahmen des ersten Pfeilers zur Verhängung
strafrechtlicher Sanktionen für die Durchsetzung von
Umweltvorschriften zu verpflichten. Gegenwärtig
enthält der EG-Vertrag keine Bestimmungen, die der
09/04/2002
Europäischen Gemeinschaft eine solche Zuständigkeit
einräumen.
2-097
Berthu (NI), schriftlich. – (FR) Ich habe gegen den
Bericht Oomen-Ruijten gestimmt, der die Forderungen
der Kommission unterstützt, die Festlegung des
Grundsatzes von strafrechtlichen Sanktionen gegen
Straftäter im Umweltbereich in die Kompetenzen der
Gemeinschaft einzubeziehen. Wie ich in der gestrigen
Aussprache ausführte, muss vielmehr das kluge Konzept
des dänischen Vorsitzes unterstützt werden, die
Mitgliedstaaten anzuregen, die Sanktionen im
Umweltbereich
zu
verstärken,
aber
diesen
strafrechtlichen
Aspekt
im
Rahmen
der
Regierungszusammenarbeit zu belassen, d. h. ihn nicht
der einzelstaatlichen Zuständigkeit zu entziehen.
Dieser
Bericht
Oomen-Ruitjen
und
der
Kommissionsverschlag, der darin unterstützt wird,
zeigen recht deutlich, wie Europa aufgrund einer
kurzsichtigen Vorgehensweise, bei der jede Etappe die
natürliche Folge der vorausgehenden zu sein scheint,
ohne dass der Versuch einer Gesamtsicht unternommen
wird, schrittweise auf ein Modell mit immer stärkeren
Vereinheitlichungstendenzen festgelegt wird.
Offiziell befürwortet natürlich niemand die letzten
Folgen dieses Modells, das zum Verschwinden der
Nationen führen würde, doch in jeder konkreten
Angelegenheit, bei jedem kleinen Schritt, der vollzogen
werden muss, wird stets die Einheitslösung als die
rationellste hingestellt. Auf diese Weise entfernt sich das
praktizierte Europa zum größten Unbehagen der Bürger
immer mehr vom beabsichtigten Europa.
2-098
Bonde, Krarup und Sandbæk (EDD), schriftlich. (DA) Es ist eine betrübliche Tatsache, dass die
Umweltgesetze zum Nachteil für die Umwelt in den
Mitgliedstaaten nicht ausreichend eingehalten werden.
Die
derzeit
zur
Verfügung
stehenden
Sanktionsmöglichkeiten sind unzureichend und sollten
deshalb erweitert werden.
Dass wir trotzdem gegen die beiden Berichte über den
strafrechtlichen Schutz der Umwelt gestimmt haben,
beruht darauf, dass wir möchten, dass diese Erweiterung
der Sanktionsmöglichkeiten und des Umweltschutzes
durch die Angleichung der Strafrechtsbestimmungen in
Pfeiler 3 erfolgt. Wir möchten die dänische Initiative im
Rat unterstützen und wir sind gegen den
Richtlinienentwurf
der
Kommission
und
die
Umwandlung des Strafrechts in „Unionsrecht“ durch
Eingliederung in Pfeiler 1.
2-099
Titley (PSE), schriftlich. – (EN) Maßnahmen zur
wirksameren Bekämpfung der Umweltverschmutzung
haben meine volle Unterstützung. Die Forderung, den
Mitgliedstaaten
die
Möglichkeit
einzuräumen,
Verletzungen
der
EU-Umweltgesetzgebung
als
strafrechtlich relevant einzustufen, dürfte zudem keinen
39
Zweifel daran lassen, dass die EU im Bereich
Umweltschutz ein ernst zu nehmender Partner ist. Mit
der Auflistung von Umweltstraftaten und der
entsprechenden Sanktionen gibt der Richtlinienentwurf
der Kommission den Mitgliedstaaten ein konkretes
Mittel zur symmetrischen Umsetzung des Umweltrechts
in die Hand, denn bisher wurde die EU-Umweltpolitik
eher unsystematisch und asymmetrisch umgesetzt. Und
schließlich wird die EU mit der Annahme dieser
Richtlinie die klare Botschaft, die sie mit der
Unterzeichnung des Protokolls von Kyoto ausgesandt
hat, erneut bekräftigen, dass sie nämlich zu den weltweit
führenden verantwortungsbewussten Akteuren im
Bereich Umwelt zählt.
2-100
- Bericht Deprez (A5-0047/2002)
2-101
Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Es geht um die Sicherheit bei
internationalen Fußballspielen: Ich befürworte diesen
Bericht so sehr – wie könnte ich das auch nicht tun? –,
dass ich, um seine Bedeutung zu propagieren,
gegenwärtig ein Fußballspiel zwischen ledigen und
verheirateten männlichen EP-Mitgliedern organisiere,
bei dem natürlich Herr Gérard Deprez als Schiedsrichter
fungieren wird. Wegen der Gleichberechtigung zwischen
Männern und Frauen bereite ich jedoch gleichzeitig auch
ein
Fußballspiel
zwischen
verheirateten
und
unverheirateten weiblichen Abgeordneten des EP vor.
Als Schiedsrichterin schlage ich Frau Lulling vor, und
Sie, Herr Präsident, werden den Anstoß geben. Ich
erwarte also die Meldungen von Interessenten, die daran
teilnehmen wollen. Meine E-Mail-Adresse lautet:
[email protected].
2-102
Der Präsident. – Wenn Sie mir den Ball für den Anstoß
geben, dann werde ich es mit Sicherheit nicht dabei
bewenden belassen, sondern ihn ins Tor befördern!
2-103
Lynne (ELDR). – (EN) Herr Präsident, ich habe zwei
Änderungsanträge zu diesem Bericht vorgeschlagen. Der
eine, und zwar Änderungsantrag 20, wurde leider nicht
angenommen, aber ich freue mich, dass es der andere,
nämlich Änderungsantrag 21, geschafft hat. Mit dem
ersten Änderungsantrag sollte erreicht werden, dass
nationale Informationszentren bzw. die zuständigen
Behörden oder die Polizei sich bereit erklären, die ihnen
gegebenenfalls
vorliegenden
Informationen
für
Gerichtsverfahren in dem Mitgliedstaat bereitzustellen,
in dem der Fußballfan verhaftet wurde.
Ich habe diesen Antrag deshalb vorgelegt, weil Mark
Forrester, ein Bürger aus meinem Wahlkreis, während
der Europameisterschaft im Jahr 2000 nach einem Spiel
in Belgien verurteilt wurde, obwohl der britische
Geheimdienst den belgischen Behörden Videomaterial
angeboten hatte, aus dem eindeutig hervorging, dass sich
Herr Forrester vom Ort der Gewalttätigkeiten entfernte.
Deshalb habe ich diesen Änderungsantrag eingebracht
und für ihn gestimmt. Leider haben die belgischen
Behörden die Verwendung des Materials abgelehnt. Ich
hatte gehofft, dass dieser Bericht ein Zeichen setzen
40
würde, indem er den Behörden die Möglichkeit
einräumt, die ihnen von nationalen Informationszentren
in
anderen
Mitgliedstaaten
bereitgestellten
Informationen zu verwenden. Damit könnten wir
wirksam gegen die wahren Fußballrowdys vorgehen,
und die unschuldigen Fußballfans blieben verschont.
2-104
Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. – (EN) Dank der
Inkompetenz von Air France bin ich zu spät in Straßburg
eingetroffen und konnte deshalb nicht meinen für die
gestrige Debatte zur Sicherheit bei internationalen
Fußballspielen geplanten Beitrag halten, und ich danke
meinem Kollegen Neil MacCormick, dass er kurzfristig
für mich eingesprungen ist.
Der internationale Fußball leidet seit Jahren unter
gewaltsamen Ausschreitungen, die häufig organisierten
Charakter tragen. Initiativen, die auf eine Verstärkung
der
Zusammenarbeit
zwischen
Behörden
in
verschiedenen Mitgliedstaaten abzielen, sind als ein
wirksames Mittel im Kampf gegen das Rowdytum zu
begrüßen.
Ich habe die von den Abgeordneten der Fraktion der
Grünen / Freie Europäische Allianz eingebrachten
Änderungsanträge befürwortet, mit denen auf die
Tatsache aufmerksam gemacht wird, dass es in
mindestens einem Mitgliedstaat mehr als eine
Nationalmannschaft gibt.
So wird beispielsweise mein Heimatland durch ein
eigenes Länderspielteam vertreten, obwohl Schottland
noch kein unabhängiger Mitgliedstaat ist. Die
schottischen Fußballfans sind seit Jahren für ihr
einwandfreies Verhalten und ihre Gutmütigkeit bekannt.
Mit den Änderungsanträgen meiner Fraktion wird der
unterschiedlichen Fußballgeschichte von Schottland,
Wales, Nordirland und England Rechnung getragen und
anerkannt, dass es im Vereinigten Königreich mehr als
eine „Nationalmannschaft“ gibt.
09/04/2002
Die Zunahme der Gewalttätigkeiten bei nationalen und
internationalen Sportveranstaltungen resultiert nicht aus
dem Fehlen von Informationsnetzen und ausreichenden
Unterdrückungsmechanismen, sondern ist auf die
Kommerzialisierung
des
Sports,
die
damit
zusammenhängenden
enormen
wirtschaftlichen
Interessen, die Förderung eines desorientierenden
„sportlichen“
Geistes
des
Fanatismus
(Fußballrowdytums) sowie die Propagierung einer
Psychologie der Gewalt insbesondere unter den
Jugendlichen zurückzuführen. Die Ursachen für diese
Vorkommnisse liegen demnach in der Natur des
kapitalistischen Systems selbst begründet. Zur Lösung
dieser gravierenden Probleme leisten die hier
diskutierten Dokumente des Rates und des Europäischen
Parlaments nicht den geringsten Beitrag.
Aus diesen Gründen stimmen die Abgeordneten der
Kommunistischen Partei Griechenlands im Europäischen
Parlament gegen den Bericht.
2-106
Titley (PSE), schriftlich. – (EN) Ich erkläre mich
uneingeschränkt mit den Bemühungen um die Schaffung
eines europäischen Netzes ständiger nationaler
Fußballinformationsstellen einverstanden. Eine solche
vernünftige und praktikable Lösung für die mit
Fußballkriminalität und -rowdytum verbundenen
Probleme ist seit langem überfällig. Bis vor kurzem
waren Mitgliedstaaten in ihrem Kampf gegen derartige
Probleme fast völlig auf sich gestellt. Durch die
Zusammenarbeit in diesem Bereich sollte es möglich
sein, den negativen Einfluss, den einige wenige
Fußballrowdys auf das Spiel haben, einzudämmen. Für
eine möglichst enge Zusammenarbeit bedarf es des
Austauschs von personenbezogenen Daten der wenigen
Personen, die ein Sicherheitsrisiko darstellen. Die
Privatsphäre der Bürger wird dadurch nicht gefährdet,
wohl aber die Sicherheit bei Fußballspielen beträchtlich
erhöht.
2-107
2-105
Korakas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Der hier zur
Debatte stehende Bericht Deprez verfolgt angeblich das
Ziel, sich mit dem Problem der Gewalt bei
Fußballspielen
mit
internationaler
Dimension
auseinander zu setzen. Wir sagen angeblich, weil sowohl
der Bericht als auch der Vorschlag des Rates lediglich
fordern, die Mitgliedstaaten zur Einrichtung von
nationalen Fußballinformationsstellen, das heißt von
„Informationsstellen der Polizei“ zu verpflichten, die für
die „Erhebung, Verwaltung, Verarbeitung, Auswertung
und für den Austausch von Informationen über die Fans
im Allgemeinen und die Risikofans im Besonderen“
verantwortlich wären.
Es wird also versucht, mit polizeilicher Repression das
real existierende Problem der Gewalt bei Fußballspielen
in den Griff zu bekommen und gleichzeitig ein
Instrument zu schaffen, mit dem die persönlichen und
demokratischen Rechte und Freiheiten der EU-Bürger
beschnitten werden können.
- Bericht Kirkhope (A5-0036/2002)
2-108
Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Wir reden über den Bericht
zur Errichtung des europäischen Netzes von
Anlaufstellen betreffend Personen, die für Völkermord,
Verbrechen
gegen
die
Menschlichkeit
und
Kriegsverbrechen verantwortlich sind.
Ich war für Freitag Nachmittag und Samstag Vormittag
zum Kongress der Transnationalen Radikalen Partei
eingeladen und habe daran teilgenommen, wobei ich
auch den Antrag auf meine persönliche Mitgliedschaft in
dieser Organisation gestellt habe, der bewilligt wurde.
Da das vorrangige und wichtigste Ziel dieser
Parteiorganisation die Bekämpfung jeglicher Gewalt
nach der Gandhi-Methode, d. h. also mit friedlichen
Mitteln, ist, dachte ich, es wäre gut, die Abgeordneten
Cappato, Dupuis und Dell'Alba, die als Führer der
Transnationalen Radikalen Partei auf dem Kongress
09/04/2002
41
weilten, zu fragen, wie ich mich bei der Abstimmung
über diese Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt
verhalten sollte. Sie haben mir versichert, dass es gut
wäre, dafür zu stimmen, was ich demzufolge auch gern
getan habe.
polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in
Strafsachen vorgesehen. Gleichzeitig obliegen die
Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung im eigenen
Land sowie der Schutz der inneren Sicherheit nach wie
vor den einzelnen Mitgliedstaaten.
2-109
Parallel zur Bestätigung des Amsterdamer Vertrags hat
der Europäische Rat zwei Programme zur Bekämpfung
der organisierten Kriminalität auf den Weg gebracht, mit
denen die zwischen den einzelstaatlichen Verfahren
bestehenden Unterschiede überwunden und die
justizielle Zusammenarbeit effizienter gestaltet werden
sollen. Dank der Schlussfolgerungen des Europäischen
Rates von Tampere sieht sich die Union in ihrem
Bestreben um eine Überwindung der Schwierigkeiten im
Hinblick auf die Verfolgung aller Formen der
grenzüberschreitenden Kriminalität politisch bestärkt.
Dell'Alba (NI). – (IT) Herr Präsident, dieser
Redebeitrag weist auf vielerlei hin: zunächst auf die
Wachstumsfähigkeit der Transnationalen Radikalen
Partei sowie auf ihre Kraft, sich auch zu einem
Zeitpunkt, da wir, wie Sie wissen, um die Rechte der
fraktionslosen Mitglieder kämpfen, im Plenum Ausdruck
zu verleihen. Es freut uns also, im Rahmen der
Abstimmungserklärungen eine Stimme zu hören, die
sich auch im Namen der Transnationalen Radikalen
Partei erhebt.
Zweitens haben wir uns, indem wir diesem neuen
Mitglied die Ehre erweisen, im Verlaufe einer
Versammlung,
in
der
verschiedene
Thesen
gegenübergestellt
wurden,
ohne
jedoch
Abstimmungsanweisungen zu geben, weil die
Abstimmung selbstverständlich eine persönliche
Angelegenheit ist, mit Herrn Fatuzzo auf die
Befürwortung dieses Entschließungsantrags verständigt,
und zwar völlig demokratisch und ohne von Herrn
Fatuzzo zu verlangen, dass er sich an von der Partei
vorgegebene Anweisungen in Bezug auf die
Stimmabgabe hält.
Wir haben also alle aus freien Stücken für diesen
wichtigen Bericht gestimmt, der einen Fortschritt auf
dem Wege zu einem Internationalen Strafgerichtshof
markiert, dessen unmittelbar bevorstehende Einsetzung
in drei Tagen von UN-Generalsekretär Kofi Annan in
Rom angekündigt werden wird.
Ich befürworte von ganzem Herzen die Verfolgung
derartiger Straftaten bei gleichzeitigem Schutz der
Freiheiten und Rechte des Einzelnen.
Die Erweiterung der Befugnisse von Europol war wohl
eines der wichtigsten Ergebnisse dieser neuen breit
angelegten EU-Politik.
Europol ist seit Juli 1999 einsatzbereit, und seit
Januar 2002 ist Europol in der Lage, internationale
Straftaten in einer Vielzahl unterschiedlicher Bereiche
zu bekämpfen. Dazu zählen der Drogenhandel,
Straftaten
im
Zusammenhang
mit
illegalen
Schleppernetzen, der illegale Handel mit Fahrzeugen,
Menschenhandel, Geldfälschung, der illegale Handel mit
radioaktiven
Substanzen,
Terrorismus
und
Geldwäscheaktivitäten.
(Gekürzt nach Artikel 137 der Geschäftsordnung)
2-110
- Bericht Coelho (A5-0082/2002)
2-113
- Bericht Di Lello Finuoli (A5-0080/2002)
2-111
Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, Ziel des
Berichts von Herrn Carlos Coelho ist die Intensivierung
der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in
Strafsachen. Die Partei der Rentner hat durch mich für
diesen Bericht gestimmt. Warum? Weil ich einen in
diesem Bericht enthaltenen Aspekt für außerordentlich
bedeutsam halte: die Bekämpfung der Bestechung, die
zu einem Zeitpunkt, da sich die Kandidatenländer auf
die Mitgliedschaft in der Europäischen Union
vorbereiten, besonders wichtig ist. Der Kommunismus,
der 50 Jahre lang mit einem autoritären und
undemokratischen System in diesen Staaten regierte, hat
leider zu einem erheblichen Anstieg der Korruption
geführt, und die Europäische Union muss mit ihrem
demokratischen System dazu beitragen, sie auf ein
möglichst niedriges Niveau zurückzudrängen.
2-112
Fitzsimons (UEN), schriftlich. – (EN) Nach
Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags wurde in den
15 Mitgliedstaaten der EU ein neuer Rahmen zur
Bekämpfung der organisierten Kriminalität geschaffen.
Darin ist ein Mechanismus zur Förderung der engen
2-114
Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Ich beglückwünsche Herrn
Di Lello Finuoli zu seinem Bericht, den er als
großartiger Jurist auf das Beste vorzubereiten wusste,
um nützliche Empfehlungen für diesen ebenfalls den
Schutz der Umwelt durch das Strafrecht betreffenden
Rahmenbeschluss des Rates zu geben. Obgleich ich
dafür gestimmt habe, könnten nach meiner persönlichen
Auffassung greifbarere Ergebnisse in der Bekämpfung
von Umweltstraftaten und von Umweltschädigungen
erzielt werden, indem man nicht nur einige Tage Haft
verhängt – die mancher auch froh und angenehm
absitzen
kann
–,
sondern
die
großen
Industrieunternehmen, die unserer Umwelt in vielen
Teilen der Europäischen Union so großen Schaden
zufügen, zu saftigen Geldstrafen verurteilt.
2-115
Bernié (EDD), schriftlich. – (FR) Das Tauziehen
zwischen der Richtlinie der Kommission und dem
Rahmenbeschluss des Rates zum Nachteil von
Artikel 174 des EG-Vertrags wirft die Frage auf: Wer
macht was in Europa? Während der Konvent sich mit
42
der Kompetenzabgrenzung zwischen Union und
Mitgliedstaaten befasst, führt dieser Vorschlag zu einer
Ausweitung des Gemeinschaftsrechts über den Wortlaut
der Verträge hinaus. Bis 2004 sollten wir das
institutionelle Vorsorgeprinzip anwenden.
Ist es angebracht, die Umweltkriminalität in den
gemeinschaftlichen Besitzstand einzubeziehen und zu
bekräftigen, dass dieses Ziel auf Unionsebene besser
erreicht werden kann? Laut Vertrag von Amsterdam
gehört diese Frage zum 3. Pfeiler (justizielle
Zusammenarbeit in Strafsachen).
Alle Verstöße gegen das Umweltrecht sanktionieren zu
wollen, ist ein irrealistisches Ziel, mit dem nur den
Forderungen einiger ökologischer Lobbygruppen, die
zwar
stark,
aber
wenig repräsentativ
sind,
nachgekommen werden soll.
Ich kann mich auch nicht der Forderung im Bericht Di
Lello Finuoli anschließen, nach der der Rat bis zur
Annahme des Vorschlags für eine Richtlinie über den
strafrechtlichen Schutz der Umwelt keine Maßnahmen
auf dem Gebiet des Umweltstrafrechts ergreifen soll.
Jedem Mitgliedstaat muss es aufgrund seines
innerstaatlichen Rechts unbenommen bleiben, die im
Rahmenbeschluss
aufgeführten
Tatbestände
als
Straftaten einzustufen. Bestimmte Verstöße zu
sanktionieren, ist durchaus sinnvoll, aber nur wenn es
sich um wirklich schwer wiegende handelt und wenn sie
einen grenzübergreifenden Charakter aufweisen. Die
Bekämpfung muss im Wesentlichen auf internationaler
Ebene durchgeführt werden.
(Gemäß Artikel 137 Absatz 1 GO gekürzte Erklärung zur
Abstimmung)
2-116
Bonde, Krarup und Sandbæk (EDD), schriftlich. –
(DA) Es ist eine betrübliche Tatsache, dass die
Umweltgesetze zum Nachteil für die Umwelt in den
Mitgliedstaaten nicht ausreichend eingehalten werden.
Die
derzeit
zur
Verfügung
stehenden
Sanktionsmöglichkeiten sind unzureichend und sollten
deshalb erweitert werden
Dass wir heute trotzdem gegen die beiden Berichte über
den strafrechtlichen Schutz der Umwelt gestimmt haben,
beruht darauf, dass wir möchten, dass diese Erweiterung
der Sanktionsmöglichkeiten und des Umweltschutzes
durch die Angleichung der Strafrechtsbestimmungen in
Pfeiler 3 erfolgt. Wir möchten die dänische Initiative im
Rat unterstützen und wir sind gegen den
Richtlinienentwurf
der
Kommission
und
die
Umwandlung des Strafrechts in „Unionsrecht“ durch
Eingliederung in Pfeiler 1.
09/04/2002
Text „Für den Abriss der Grenzbarrikaden! Für die
Unterstützung der Fluchthilfe! Für freies Fluten!“,
womit sie im Wesentlichen die Öffnung der Grenzen für
alle fordert. Damit bin ich nicht einverstanden, Herr
Präsident. Ich möchte Ihnen erzählen, dass ich
vergangene Nacht, als ich an diesen Bericht dachte, von
Frau Schröder träumte, deren Vater das Haus verlassen
hatte und, nachdem er seinen Lohn empfangen hatte,
mehreren Armen begegnete, die zweifellos seine Hilfe
brauchten. So verteilte er nach und nach seinen
gesamten Monatslohn, zunächst an den Ersten, dann an
den Zweiten und schließlich an den Dritten. Als er
jedoch nach Hause zurückgekehrt war, hatte seine
Familie eine ganze Woche lang absolut nichts zum
Essen und zum Leben. Im Traum erschien mir also Frau
Schröder, die ebenso, wie dies Frau Roth-Behrendt in
einem meiner früheren berühmten Träume getan hatte,
zu mir sagte: „Stimm gegen meine Empfehlungen, das
heißt stimm für diesen Bericht! Wir müssen zwar an die
anderen denken, doch auch an uns selbst.“
2-119
Berthu (NI), schriftlich. – (FR) Das ARGO-Programm
ist ein gutes Programm, das auf die Unterstützung der
Verwaltungszusammenarbeit bei der Anwendung der
gemeinsamen Rechtsvorschriften in den Bereichen
Außengrenzen, Visa, Asyl und Einwanderung gerichtet
ist. Es beinhaltet nicht die Festlegung der
entsprechenden Politik, zu der wir einiges zu sagen
hätten, sondern lediglich die Schulung der Verwaltungen
für eine wirksame, objektive und somit durchaus
wünschenswerte Arbeit.
Wir haben jedoch zwei Vorbehalte, die uns veranlasst
haben, gegen den Bericht Oostlander zu stimmen.
- Die Durchführung des ARGO-Programms erfolgt in
einer Partnerschaft zwischen der Kommission und den
Mitgliedstaaten, die uns jedoch unausgewogen erscheint.
So hat in dem Fall, dass Maßnahmen von den
Mitgliedstaaten vorgeschlagen werden, allein die
Kommission das Recht, nach bloßer Anhörung eines
Ausschusses nationaler Vertreter zu entscheiden, welche
tatsächlich
umgesetzt
werden.
Mit
seinen
Änderungsanträgen hat das Europäische Parlament die
Befugnisse der Kommission in einem Maße gestärkt, das
noch über deren eigene Wünsche hinausgeht.
- So ist insbesondere ein Änderungsantrag mit der
Forderung
angenommen
worden,
dass
der
Flüchtlingsstatus künftig sowohl im Falle von
„staatlicher als auch nichtstaatlicher Verfolgung“ zu
gewähren ist. Diese äußerst weit gefasste Formulierung
würde die Türen des Asyls für eine Unmenge neuer
Immigranten öffnen. Eine solche unverantwortliche
Maßnahme muss selbstverständlich zurückgewiesen
werden, zudem sie nichts mit dem eigentlichen Thema
des Berichts zu tun hat.
2-117
- Bericht Oostlander (A5-0085/2002)
2-118
Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Die Verfasserin der
Minderheitenansicht, Ilka Schröder, schreibt in ihrem
2-120
Lund (PSE), schriftlich. - (DA) Ich habe heute im
Europäischen Parlament für den Bericht über ein
Aktionsprogramm für Verwaltungszusammenarbeit in
09/04/2002
den Bereichen Außengrenzen,
Einwanderung gestimmt.
43
Visa,
Asyl
und
Ich bin mir allerdings darüber im Klaren, dass der
Vorschlag einen Bereich betrifft, der in den Abschnitt IV
des EG-Vertrags gehört und somit nicht für Dänemark
gilt, vgl. Protokoll über die Haltung Dänemarks.
2-121
- Bericht Marinho (A5-0081/2002)
2-122
Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Marinho hat einen
Bericht über eine Verordnung ausgearbeitet, welche die
Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in
einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags betrifft.
Dieser Bericht ist sehr wichtig – und ich befürworte ihn,
denn das ist Europa –, doch würde ich mir wünschen,
dass man sich den Inhalt dieser Dokumente etwas
genauer anschaut und auch die Gründe prüft, aus denen
so viele Drittstaatsangehörige um Aufnahme in der
Europäischen Union ersuchen, denn einige von ihnen
verhalten sich nicht gerade vorbildlich. So weit ich
informiert
bin,
werden
beispielsweise
in
unterentwickelten Ländern Afrikas, des Fernen Ostens
und sogar in einigen unserer Nachbarländer
Auswanderungen älterer Menschen organisiert, welche
die Einreise nach Italien beantragen, weil sie dort nach
Vollendung des 65. Lebensjahrs und nach Bewilligung
ihres Asylantrags monatlich eine Million Lire erhalten.
Ich bin selbstverständlich dafür, allen Menschen, von wo
auch immer in der Welt sie herkommen mögen, zu
helfen, doch müssen wir meines Erachtens die Gründe
beachten, die diese Menschen veranlassen, in unsere
Staaten zu kommen, d. h. ob sie zu uns kommen, um für
sie besonders günstige Gesetze auszunutzen oder um
Arbeit zu suchen und somit gleichzeitig die Produktion
unserer Staaten zu steigern.
2-123
Andersson, Färm, Hedkvist Petersen, Hulthén, Hans
Karlsson (PSE), schriftlich.  (SV) Wir schwedischen
Sozialdemokraten haben bei der Abstimmung zum
Bericht Marinho über die Festlegung von Kriterien und
Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für
die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, gegen
Änderungsantrag 13 gestimmt und uns bei den
Änderungsanträgen 14, 15 und 24 der Stimme enthalten.
In dem von der ELDR-Fraktion eingereichten
Änderungsantrag 13 wird vorgeschlagen, dass der
Asylantrag eines Asylbewerbers in dem Land zu
bearbeiten ist, in dem bereits seine Familienmitglieder
Asyl beantragt oder einen Aufenthaltstitel erhalten
haben. Wir möchten hier erklären, dass wir eine
Familienzusammenführung befürworten und der Ansicht
sind, dass Asylbewerber derselben Familie in denselben
Mitgliedstaat aufgenommen werden sollten.
Wenn dies aber, wie in Änderungsantrag 13, nach
unserer Interpretation auch auf Familienmitglieder
ausgedehnt werden soll, die sich aus anderen Gründen
bereits im Lande befinden, so kann das sehr weit führen.
Das könnte dann alle Rechtsgrundlagen, wie
beispielsweise auch das Aufenthaltsrecht zum Zwecke
des Studiums, umfassen. Ein solches System würde auch
einer Angleichung der Asylverfahren entgegenwirken.
In den Änderungsanträgen 14, 15 und 24 wird, in
Abänderung des Vorschlags der Kommission und des
Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger,
Justiz und innere Angelegenheiten, vorgeschlagen, dass
eine Beschwerde gegen die Entscheidung über den für
den Asylantrag zuständigen Mitgliedstaat aufschiebende
Wirkung für die Überführung von einem Mitgliedstaat in
den anderen haben soll. Unserer Ansicht nach ist eine
aufschiebende Wirkung nur in bestimmten Fällen zu
akzeptieren. Aus diesem Grund haben wir uns der
Stimme enthalten.
2-124
Berthu (NI), schriftlich. – (FR) Heute liegt uns der
Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Festlegung
von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des
Mitgliedstaats vor, der für die Prüfung eines Asylantrags
zuständig ist. Mit dieser Verordnung sollen die
bestehenden
Vorschriften
des
Dubliner
Übereinkommens ersetzt und verbessert werden. Wir
befürworten diesen Vorschlag, denn er ist das Ergebnis
einer seriösen Vorgehensweise, da die Kommission
dabei eng mit den nationalen Sachverständigen
zusammengearbeitet hat.
Es wird das Grundprinzip aufrechterhalten, dass der
Mitgliedstaat der Ersteinreise für die Prüfung des
Asylantrags zuständig ist, doch dieser wird durch einen
weiteren Grundsatz ergänzt, nämlich dass jeder
Mitgliedstaat gegenüber allen anderen für seine
Handlungen im Bereich der Einreise und des Aufenthalts
von Drittstaatsangehörigen verantwortlich ist und die
Konsequenzen seines Vorgehens im Geiste der
Solidarität und der loyalen Zusammenarbeit tragen
muss. So ist insbesondere in dem Fall, dass illegale
Einwanderer Asyl in einem Mitgliedstaat beantragen,
während sie sich vorher in einem anderen Mitgliedstaat
illegal aufgehalten haben, dieser letztere für die
Bearbeitung des Asylantrags zuständig und kann dies
nicht von sich schieben. Es ist leicht ersichtlich, dass
diese Bestimmungen auch für Frankreich gelten werden,
das bewusst zulässt, dass sich illegale Einwanderer in
Sangatte und der Umgebung ansammeln, um in
Großbritannien Asyl zu beantragen.
Zahlreiche
Änderungsanträge
zu
diesem
Richtlinienvorschlag sind von der sehr aktiven Gruppe
der
einwanderungsfreundlichen
linksextremen
Abgeordneten eingereicht worden. Die meisten davon
wurden glücklicherweise abgelehnt. Allerdings sind
auch einige umstrittene Änderungen durchgekommen,
was unsere Vorbehalte gegenüber dem Bericht Marinho
erklärt.
2-125
Evans, Robert (PSE), schriftlich. – (EN) Meine LabourKollegen und ich haben für die Änderungsanträge 13
und 24 zu Artikel 20 sowie Änderungsantrag 15 zu
Artikel 21 des Berichtes Marinho gestimmt. Diese
Änderungsanträge sollen die suspendierende Wirkung
44
von
Entscheidungen
zur
Überstellung
von
Asylbewerbern sichern. Andernfalls könnte es passieren,
dass Asylbewerber von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat
überstellt werden, solange ihr Berufungsverfahren läuft.
09/04/2002
Roure
(PSE),
schriftlich.
–
(FR)
Dieser
Verordnungsvorschlag
wird
die
gleichen
Unzulänglichkeiten wie das Dubliner Übereinkommen
aufweisen, da die Grundprinzipien im Wesentlichen
unverändert geblieben sind.
2-126
Farage (EDD), schriftlich. – (EN) Ich habe heute gegen
den Bericht Marinho über den Vorschlag für eine
Verordnung des Rates zur Bestimmung des
Mitgliedstaats gestimmt, der für die Prüfung des durch
einen Angehörigen eines Drittstaates gestellten
Asylantrags zuständig ist.
Ich bin der festen Überzeugung, dass das Vereinigte
Königreich als eine Insel eine Sonderstellung in der EU
innehat. Wir waren stets selbst für unsere Politik in
Bezug auf Asylanträge und illegale Einwanderer
verantwortlich, und so soll es auch bleiben. Diese ewige
Herumreiterei auf der Genfer Flüchtlingskonvention, wie
sie derzeit an der Tagesordnung ist, ist beschämend.
Wird die Inkraftsetzung dieser Ratsverordnung die Lage
verbessern, oder wird Frankreich auch weiterhin nach
eigenem Ermessen mit seinen illegalen Einwanderern
verfahren?
2-127
Lund (PSE), schriftlich. - (DA) Ich habe heute im
Europäischen Parlament für den Parlamentsbericht über
die Prüfung eines Asylantrags gestimmt.
Die größten Belastungen werden auf die ost- und
südeuropäischen Länder abgewälzt, die die meisten
Asylbewerber aufnehmen müssen.
Dieser Bericht ermöglicht jedoch auch einige
Fortschritte und weist nicht zu unterschätzende positive
Punkte auf, weswegen wir dafür gestimmt haben. So ist
nur ein Mitgliedstaat für den Asylantrag zuständig, dem
Anliegen der Familienzusammenführung wird größerer
Platz eingeräumt, und die persönlichen Daten der
Asylbewerber sowie ihrer Familienangehörigen bleiben
relativ geschützt.
Anstelle des Übereinkommens gilt nun eine Verordnung,
die der Auslegung durch den Gerichtshof und der
Kontrolle durch diesen sowie durch die Kommission
unterliegt. Dies stellt einen weiteren Schritt in Richtung
auf die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts dar.
2-130
- Bericht von Boetticher (A5-0078/2002)
2-131
Ich bin mir allerdings darüber im Klaren, dass der
Vorschlag einen Bereich betrifft, der in den Abschnitt IV
des EG-Vertrags gehört und somit nicht für Dänemark
gilt, vgl. Protokoll über die Haltung Dänemarks.
2-128
Malmström, Paulsen und Olle Schmidt (ELDR),
schriftlich.  (SV) Wir haben uns bei der Abstimmung zu
Änderungsantrag 16 der Stimme enthalten, um
stattdessen den von unserer eigenen Fraktion
vorgelegten Änderungsantrag 12 zu unterstützen. Den
Vorschlag,
auch
eingetragene
Partner
als
Familienmitglieder zu rechnen, befürworten wir, sind
aber der Meinung, dass diese auch unter den Begriff
„nicht verheiratete Partner“ fallen. Ferner würden wir es
gerne sehen, wenn noch mehr Mitgliedstaaten ihre
Gesetze dahingehend änderten, dass auch eingetragene
Partnerschaften
für
Homosexuelle
und
deren
Lebensgemeinschaften anerkannt werden.
Bei
der
Anwendung
der
Definition
der
Familienmitglieder ist jedoch auch die Einhaltung des
Subsidiaritätsprinzips wichtig. Es ist nicht angebracht,
dass das Europäische Parlament und der Rat durch eine
Richtlinie über die Asylpolitik das Familienrecht der
Mitgliedstaaten verändern.
Daher haben wir in Änderungsantrag 12 vorgeschlagen,
gleichgeschlechtliche Partner als Familienmitglieder
anzuerkennen, wenn nach dem Recht und der
Rechtspraxis des zuständigen Mitgliedstaates nicht
verheiratete, gleichgeschlechtliche und verheiratete
Paare gleichgestellt sind.
2-129
Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, dieser Bericht
legt unter anderem fest, dass es künftig durch den
schrittweisen Abbau der Kontrollen an den
gemeinsamen Grenzen leichter sein wird, einen Bürger
beim Überschreiten der Binnengrenzen der Union zu
beschatten. Ich wollte eigentlich für den Bericht
stimmen, doch dann überkamen mich gewisse Zweifel.
Ebenfalls in der vergangenen Nacht träumte ich, ich sei
im Pariser Lido, wo ich mit einer wunderschönen Frau,
meiner Traumfrau, zu Abend aß. Während ich mir das
Ballett der Bluebells anschaute, sah ich plötzlich die
heftigen Bewegungen von zwei merkwürdig behaarten
Beinen. Sie waren so schrecklich behaart – es waren die
Beine von Herrn Christian Ulrik von Boetticher –, dass
ich erschrak und mir plötzlich darüber klar wurde, dass
es sich um einen mich verfolgenden Polizisten handelte,
den meine Frau beauftragt hatte, zu überprüfen, ob ich
im Europäischen Parlament oder im Pariser Lido weilte,
um mir eine Vorstellung der Folies Bergères oder der
Bluebells anzusehen. Zu guter Letzt habe ich
beschlossen, mich der Stimme zu enthalten, um derartige
Situationen, die wahrscheinlich über das Anliegen des
Berichts hinausgehen, zu vermeiden.
2-132
Berthu (NI), schriftlich. – (FR) Wir haben uns zum
Bericht von Boetticher über das Verfahren der
„grenzüberschreitenden Observierung“ (Artikel 40 des
Durchführungsabkommens
zum
Schengener
Übereinkommen vom 14. Juni 1985) enthalten, denn wie
ich bereits in der gestrigen Aussprache darlegte, tendiert
dieser dazu, dieses Recht der Nacheile bei der
Observierung zu einem umfassenderen Eingriffsrecht
09/04/2002
werden zu lassen, was zu einem Zuständigkeitswirrwarr
in einem Europa ohne Grenzen führen könnte.
Er tendiert ferner dazu, die grenzüberschreitende
Observierung zu einer Art Allheilmittel gegen die
Unzulänglichkeiten der Polizeidienste in bestimmten
Mitgliedstaaten zu machen, in denen die Nachbarn dann
leichter eingreifen könnten. So liest man z. B. mit
gewissem Erstaunen in der Begründung des
Europäischen Parlaments die folgenden Ausführungen
des deutschen Innenministeriums (ich zitiere ohne jede
Änderung): „Ein benachbarter Mitgliedstaat besteht
häufig nach wie vor formell auf Übernahme der
Observation an der Grenze. Probleme bereitet dadurch
der Umstand, dass die betreffenden Observationskräfte
wegen restriktiver nationaler arbeitszeitrechtlicher
Bestimmungen
nach
Verstreichen
bestimmter
Einsatzzeiten die Observation abbrechen und/oder am
darauffolgenden Tag aus Personalmangel nicht
wiederaufnehmen.“
Ich hoffe, dass der Name dieses mysteriösen
Nachbarstaats Deutschlands nicht mit F beginnt.
Unabhängig davon kann das Problem auf keinen Fall
durch ein verstärktes polizeiliches Eingreifen im
jeweiligen Nachbarland gelöst werden.
2-133
Malmström, Paulsen und Olle Schmidt (ELDR),
schriftlich. – (SV) Wir haben für den Bericht über den
schrittweisen Abbau der Kontrollen an den
gemeinsamen Grenzen gestimmt, hegen aber einige
Befürchtungen bezüglich Änderungsantrag 4, der den
Polizeibeamten die Möglichkeit gibt, unter bestimmten
Umständen Personen auf dem Territorium eines anderen
Mitgliedstaats anzuhalten oder vorläufig festzunehmen.
Darüber hinaus möchten wir auch die Aufmerksamkeit
auf Änderungsantrag 1 richten, der Polizeibeamten eines
anderen Mitgliedstaats das Recht einräumt, eine
Observation
selbst
fortzuführen,
wenn
der
übernehmende Staat nicht in der Lage ist, diese in dem
Umfang fortzuführen, in dem die übergebende
Vertragspartei sie durchgeführt hätte.
Das Gewaltmonopol der nationalen Polizeibehörde ist
ein Grundsatz in der demokratischen Gesellschaft.
Polizeibeamte anderer Länder sollten nur unter ganz
besonderen Bedingungen die Befugnis erhalten, in
einem anderen Mitgliedstaat tätig zu werden, so wie das
auch im Schengener Übereinkommen festgelegt ist.
Aber natürlich bedeutet die Berechtigung zur
Übernahme der Überwachung oder zur vorläufigen
Festnahme auch eine größere Effizienz der Arbeit.
Gleichzeitig muss aber auch darauf hingewiesen werden,
dass für die Tätigkeit ausländischer Polizeibeamter in
einem anderen Mitgliedstaat allein die Gesetze dieses
Mitgliedstaats ausschlaggebend sind. In den einzelnen
Ländern gibt es unterschiedliche Vorschriften und
Traditionen, z. B. hinsichtlich der Identitätskontrolle und
der Festnahme von Personen, die nicht Gegenstand einer
Harmonisierung sein sollten.
45
Es ist ferner sicherzustellen, dass das Recht der Polizei,
verdächtige
Personen
außerhalb
der
eigenen
Staatsgrenzen zu observieren, nicht missbraucht wird
und gleichzeitig die jeweiligen nationalen Gesetze und
Bestimmungen in jedem Fall eingehalten werden.
Darüber hinaus muss auch garantiert werden, dass
sämtliche
Bestimmungen
des
Schengener
Übereinkommens
eingehalten
werden,
ehe
Polizeibeamte in einem anderen Mitgliedstaat tätig
werden.
2-134
Der Präsident. – Die Abstimmungsstunde ist damit
beendet.
***
2-135
Gorostiaga Atxalandabaso (NI). – (EN) Herr Präsident,
dieses Haus hat heute Morgen das Protokoll für die
gestrige Sitzung genehmigt. Es besteht ein Widerspruch
zwischen dem heute Morgen angenommenen Text und
dem ausführlichen Bericht für die gestrige Sitzung.
In dem heute Morgen angenommenen Protokoll heißt es
am Ende meines Beitrags: „Der Präsident entzieht dem
Redner unter Verweis darauf, dass diese Angelegenheit
bereits angesprochen wurde, das Wort.“ Erstens hatte
der Präsident die Angelegenheit, zu der ich mich
geäußert habe, nicht bereits angesprochen. Im
ausführlichen Sitzungsbericht wird nicht erwähnt, wie
ich unterbrochen wurde. Ich möchte, dass die Worte
„Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.“ in den
ausführlichen Sitzungsbericht aufgenommen werden.
Das ist durchaus keine Kleinigkeit. Der Präsident hat
mich an der Ausübung meines Rechts auf Redefreiheit
gehindert. Mein Verweis darauf, dass ein Mann von der
Guardia Civil getötet wurde, machte ihn nervös. Ich
wollte erklären, was passiert war. Das war mir nicht
möglich.
Für die Zukunft hoffe und erwarte ich, dass dieses Haus
die Redefreiheit jedes Abgeordneten des Europäischen
Parlaments respektieren wird und dass sich Situationen
wie gestern nicht wiederholen. Ich möchte Vizepräsident
Dimitrakopoulos bitten einzusehen, dass er unsensibel
und als Abgeordneter der Fraktion der Europäischen
Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer
Demokraten parteiisch reagiert hat.
2-136
Der Präsident. – Herr Gorostiaga, ich möchte nur zwei
Bemerkungen anführen: Erstens meine ich, dass sich
mein Kollege Dimitrakopoulos äußerst korrekt verhalten
hat,
wobei
er
die
Bestimmungen
unserer
Geschäftsordnung mit Sicherheit achtete; und zweitens
wird man selbstverständlich versuchen, den Text des
Protokolls mit dem Ausführlichen Sitzungsbericht in
Einklang zu bringen, damit in beiden dasselbe steht.
(Die Sitzung wird um 13.00 Uhr unterbrochen und um
15.05 Uhr wieder aufgenommen.)
2-137
46
09/04/2002
VORSITZ: PATRICK COX
Präsident
2-138
Verteidigungs- und Rüstungspolitik
2-139
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die
gemeinsame Aussprache zur Verteidigungspolitik,
einschließlich der Beziehungen EU/NATO sowie der
folgenden zwei mündlichen Anfragen:
- O-0089/01 - B5-0012/02 von Elmar Brok im Namen
des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten,
Menschenrechte,
gemeinsame
Sicherheit
und
Verteidigungspolitik an den Rat zur europäischen
Rüstungspolitik;
- O-0090/01 - B5-0013/02 von Elmar Brok im Namen
des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten,
Menschenrechte,
gemeinsame
Sicherheit
und
Verteidigungspolitik
an
die
Kommission
zur
europäischen Verteidigungsindustrie.
Ich freue mich, dass wir heute Nachmittag den
Verteidigungsminister des Ratsvorsitzes bei uns
begrüßen können. Das hat es in einer Plenarsitzung noch
nie gegeben. Das ist das erste Mal, dass eine Aussprache
zur Weiterentwicklung der europäischen Sicherheitsund
Verteidigungspolitik
von
einem
Verteidigungsminister geführt wird. Er leistet damit
einen wichtigen Beitrag, und ich möchte dem Minister
des Rates danken.
2-140
Trillo-Figueroa, Rat. – (ES) Herr Präsident, meine
Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst, in
meinem eigenen Namen und im Namen der Regierung
Spaniens meine außerordentlich große Genugtuung über
dieses erste Auftreten eines Verteidigungsministers zum
Ausdruck zu bringen, das vom Herrn Präsidenten
hervorgehoben wurde und der in meinem Fall zudem,
wenn
Sie
mir
gestatten,
ein
neuerliches
Zusammentreffen mit der parlamentarischen Welt ist.
Ich hatte die Ehre, in der vergangenen Wahlperiode das
spanische Parlament – die Cortes Generales – als
Präsident zu leiten, und diese – die parlamentarische –
ist meine echte und definitive politische Berufung.
Daher möchte ich nochmals betonen, dass ich mich
geehrt fühle, und Sie auch daran erinnern, dass ich
Gelegenheit
hatte,
die
Vorsitzenden
der
Verteidigungsausschüsse der Parlamente der fünfzehn
europäischen Staaten und die Vertretung des
Europäischen Parlaments und der Parlamentarischen
Versammlung der WEU zu empfangen, um eben die
Ziele des spanischen Ratsvorsitzes der Union in diesem
Halbjahr zu erörtern, wie ich sie am 18. Februar dieses
Jahres auch dem Ausschuss für auswärtige
Angelegenheiten,
Menschenrechte,
gemeinsame
Sicherheit und Verteidigungspolitik dieses Parlaments
vorgetragen habe.
Gestatten Sie mir, zu Beginn den Aufbau meiner Rede
vorzustellen: Zunächst will ich kurz auf die
Hintergründe und Prinzipien der europäischen
Sicherheits- und Verteidigungspolitik eingehen und dann
die Ziele des spanischen Ratsvorsitzes, aufgeteilt in drei
Bereiche, analysieren. Ich will auf die operative
Dimension oder den operativen Bereich, die
institutionelle und zuletzt auf die nicht weniger
wichtigen Fragen der Öffentlichkeitsarbeit, sowohl auf
nationaler als auch auf europäischer Ebene, eingehen.
Um also mit den Hintergründen zu beginnen, muss ich
betonen, dass unser eigentliches Mandat nach der
Tagung von St. Malo im Dezember 1999 in Helsinki
beginnt, als die Schaffung eines Armeekorps als
europäische schnelle Eingreiftruppe mit einer
Gesamtstärke von mindestens 60 000 Mann beschlossen
wird, die binnen zwei Monaten einsetzbar sind und
mindestens ein Jahr im Krisengebiet bleiben können,
versehen mit Mitteln der logistischen Unterstützung, mit
Flugzeugen, Schiffen und Landfahrzeugen zur
Durchführung von Missionen, für die wir den Begriff
„Petersberg“ geprägt haben, in Anspielung an das schon
berühmte Schloss bei Bonn, wo diese Missionen
analysiert wurden, bei denen es in der Hauptsache um
die Erhaltung und Stiftung von Frieden, Rettungs- und
humanitäre Aktionen geht. Diese Eingreiftruppe soll bis
zum Jahr 2003 gebildet sein.
Somit verblieben uns seit Anfang 2000 knapp zwei Jahre
Zeit, um dieses grundsätzliche Ziel weitgehend
umzusetzen, so dass nach der portugiesischen und der
französischen Vorsitzperiode Organe geschaffen
wurden, die zunächst Übergangscharakter hatten und
jetzt ständige Einrichtungen sind; gleichzeitig wurde ein
Katalog der militärischen Kapazitäten erstellt. Er wurde
später
aktualisiert,
die
Beiträge
von
sechs
Bewerberländern wurden einbezogen, und er wurde
dann
von
der
vorangegangenen
belgischen
Präsidentschaft überarbeitet, der ich für ihre Arbeit
danken möchte. Das militärische Ziel trat während des
schwedischen Ratsvorsitzes etwas in den Hintergrund.
Die schwedische Präsidentschaft nutzte die Zeit jedoch
sehr gut, um die Verfahren und Organe für das zivile
Krisenmanagement zu entwickeln.
Wie Sie wissen, verkündete der Europäische Rat von
Laeken die Einsatzbereitschaft dieser schnellen
Eingreiftruppe, wobei ich ganz offen sagen muss, dass es
sich
gegenwärtig
eher
um
eine
virtuelle
Einsatzbereitschaft als um eine tatsächlich praktische
Einsatzbereitschaft handelt. Das stellt die spanische
Präsidentschaft vor eine Aufgabe, die nach den
Ereignissen vom 11. September noch zwingender ist,
wenn das überhaupt möglich ist.
Wenn ich jetzt kurz die Grundsätze in Erinnerung rufe,
dann möchte ich zunächst auf den zwischenstaatlichen
Charakter des uns beschäftigenden Bereichs verweisen,
der diesem Parlament sehr gut bekannt ist und aus dem
sich außerdem als logische Folge der Grundsatz der
Freiwilligkeit, die direkte Bindung an den Europäischen
Rat und die eigene Organisation sui generis dieses
09/04/2002
47
Bereichs ergeben, in dem es den Hohen Vertreter und
Generalsekretär gibt, der später Gelegenheit haben wird,
vor dem Plenum für ein anderes Gebiet, den APS, den
Militärausschuss und den Europäischen Militärstab,
aufzutreten.
Notwendigkeit einer gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik stärker bewusst wird. Mehr
Verteidigung nach außen bedeutet nicht mehr und nicht
weniger, als einer existenziellen Notwendigkeit
nachzukommen.
Der zweite Grundsatz betrifft die Besonderheit des
Auftrags. Meine Damen und Herren, ich glaube, dass
dieser
Grundsatz
der
Besonderheit
als
Bewertungsprinzip verstanden werden muss, so dass ich
nochmals wiederhole, dass wir ausschließlich von
militärischen Missionen zur Abwicklung von
Petersberg-Aufgaben, von humanitären Missionen zur
Friedensstiftung
und
Friedenserhaltung
bzw.
Rettungsmaßnahmen sprechen. Darin besteht eine der
Schwierigkeiten, wenn es um den Beitrag der
europäischen militärischen Kapazitäten zur Verteidigung
gegen den äußeren Terrorismus geht, der im
Zusammenhang mit der ersten Priorität des spanischen
Ratsvorsitzes zu sehen ist, die im Kampf gegen den
Terrorismus besteht und die wir allerdings beim
gegenwärtigen Stand unserer Missionen wegen des
Bewertungsprinzips nicht ohne eine vorherige Erklärung
des Rates übernehmen können, auf die ich später, wenn
Zeit bleibt, noch eingehen kann.
Meine Damen und Herren, glauben Sie mir, dass ich
nicht nur eine persönliche Meinung, sondern den
Standpunkt der Regierung Spaniens zum Ausdruck
bringe, wenn ich sage, dass die europäische Sicherheitsund
Verteidigungspolitik
eine
existenzielle
Notwendigkeit für die Europäische Union darstellt.
Wenn Europa in der Welt einheitlich auftreten will,
braucht es unbedingt eine gemeinsame Sicherheits- und
Verteidigungspolitik. Eine Europäische Union ist nicht
glaubhaft in der Welt, wenn sie keine eigene,
einheitliche Stimme auf dem Gebiet der Sicherheit hat
und wenn diese Stimme nicht von militärischen
Fähigkeiten begleitet und gestützt wird. Dieser Mangel
wird uns bei genügend Gelegenheiten offenbar. Ich
glaube außerdem, dass langfristig nicht einmal eine
gemeinsame Währungspolitik denkbar ist, wenn es keine
gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zur Stützung
dieser Währung gibt.
Ein dritter Grundsatz ist die Subsidiarität, natürlich nicht
in dem traditionellen Sinne, wie er in diesem Parlament,
im gesamten europäischen Recht, dem früheren
Gemeinschaftsrecht, verstanden wird, sondern einfach in
dem Sinne, dass unsere Aufgaben als Europäer im
Europa der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der
nationalen Verteidigung untergeordnet sind, die – da sie
noch Bestandteil dieses einst harten Kerns der
Souveränität sind – den nationalen Regierungen zusteht.
Zweifellos ist sie auch der kollektiven Verteidigung
untergeordnet, die für die meisten Mitgliedstaaten der
Union als der Atlantischen Allianz übertragen anzusehen
ist, so dass unsere Missionen wiederum insofern der
kollektiven Verteidigung im Rahmen der Atlantischen
Allianz untergeordnet, aber deshalb nicht weniger
autonom sind.
Daher ist der vierte Grundsatz die Komplementarität, so
dass wir diese Prinzipien durch eine angemessene
Kombination der Strukturen der Atlantischen Allianz mit
denen der Europäischen Union aufrechterhalten können,
die durch den gesunden Menschenverstand zur
Vermeidung von Doppelungen, Redundanzen und
Duplizitäten sowohl bei den Strukturen als auch bei der
Planung und den Ausgaben gefordert werden.
Schließlich sind Investitionen in die Verteidigung wie
zwei Seiten ein und derselben Münze, in diesem Fall
unserer gemeinsamen Münze.
Gestatten Sie mir jetzt, bevor ich die Ziele des
spanischen Ratsvorsitzes aufschlüssele, auf das von der
Präsidentschaft für diese sechs Monate gewählte Motto
zu sprechen zu kommen, das, wie Sie wissen, „Mehr
Europa“ lautet und sich nach innen und nach außen
versteht. Mehr Europa nach innen will Bezug nehmen
auf
die
europäische
Sicherheitsund
Verteidigungspolitik,
damit
den
Bürgern
die
Schließlich hatte ich bereits eingangs gesagt, dass wir
die Ziele dieser sechs Monate der spanischen
Präsidentschaft
in
folgende
drei
Bereiche
zusammenfassen könnten: Ziele mit operativem oder
operationellem Charakter, Ziele mit institutionellem
Charakter und Ziele in Bezug auf die Öffentlichkeit.
Um mit den Zielen operativen Charakters zu beginnen,
die notwendigerweise schon mehr technischer Art sind,
muss ich diesem Parlament sagen, dass sie auf dem
informellen Treffen, das ich mit meinen Kollegen, den
Verteidigungsministern der Union, am 22. und 23. März
dieses Jahres in Zaragoza durchgeführt habe, den
wichtigsten Punkt darstellten. Wir sind alle entschlossen,
dem Headline Goal und seinen militärischen Fähigkeiten
allerhöchste Priorität einzuräumen. Und so muss ich als
Erstes darauf verweisen, dass mit der Festlegung der
Elemente von Sofortmaßnahmen für die mögliche
Durchführung der in Helsinki beschlossenen PetersbergOperationen begonnen wurde. Diese notwendige
Festlegung der Elemente von Sofortmaßnahmen ergibt
sich auch aus dem in letzter Zeit nachgewiesenen
Erfordernis, bestimmte Kapazitäten des Headline Goal –
aus seinem Katalog – auszuwählen, so dass Verfahren
existieren, die ihre sofortige Mobilisierung im Krisenfall
ermöglichen. Wir haben nicht versucht, einfach ein
Mini-Headline Goal oder ein paralleles Headline Goal
zu errichten, sondern einfach die Verfahren festzulegen,
um auszuwählen, welche Kapazitäten von Anfang an
verfügbar wären, um unmittelbar auf eine Krise zu
reagieren.
Zum Zweiten drängen wir auf Fortschritte bei der
Benennung von operationellen Hauptquartieren. Um es
ganz deutlich zu sagen: Die Erklärung von Laeken über
die Einsatzbereitschaft gibt derzeit keinen Aufschluss
darüber, welches das Hauptquartier wäre, das eine mit
der Abwicklung einer Petersberg-Mission in einer
48
Krisensituation beauftragte Truppe führen würde. Das
wissen wir noch nicht, aber zudem würden wir auch
nicht wissen, welche Elemente dieser Truppe als erste
verlegt werden müssten. Folglich sind diese beiden
ersten Ziele von entscheidender Bedeutung, um die
Wirksamkeit der Einsatzbereitschaft zu erreichen. Es
gibt genügend Angebote, um festzulegen, welche in
unmittelbarer Zukunft diese Hauptquartiere sein können.
Sie müssen die entsprechende Multinationalität ihrer
Strukturen und die Vereinheitlichung ihrer Verfahren
und ihrer Funktionsweise erreichen – wir haben die
Anforderungen dafür festgelegt. Die Ratspräsidentschaft
wird die Arbeiten durch Verfolgung von zwei
Aktionslinien in diesem Punkt weiter vorantreiben:
Entwicklung von standardisierten operativen Verfahren,
die für das Funktionieren der künftigen Hauptquartiere
gelten, und zweitens auch Beteiligung am Panel von
Hauptquartieren, das innerhalb des Europäischen
Aktionsplans geschaffen wurde und zu dem ich jetzt
übergehen möchte.
Der Rat von Laeken nahm einen von den Niederlanden
unterstützten
belgischen
Vorschlag
für
einen
europäischen Aktionsplan zu den militärischen
Kapazitäten an. Das ist nichts anderes als die
Arbeitsmethode, um die fehlenden Kapazitäten, die
Unzulänglichkeiten unseres Katalogs aufzuzeigen und
die Methoden zur Lösung dieser fehlenden Fähigkeiten
zu liefern. Die spanische Präsidentschaft hat gerade
diese
Aufgabe
in
Angriff
genommen,
die
Generalstabschefs aller Länder aufzufordern, die aus
ihrer Sicht vorrangig fehlenden Kapazitäten des
Katalogs zu benennen. Die Antworten sind in Rekordzeit
eingegangen, und es konnten siebzehn Expertenpanels
gebildet werden, die bereits tätig sind und Lösungen für
dreiundzwanzig Prioritäten bzw. als vorrangig
angesehene fehlende Kapazitäten analysieren. Wir
unternehmen unsererseits solidarische Anstrengungen,
indem wir vier dieser Panels leiten, die sich, um Ihnen
anhand von Beispielen eine Vorstellung zu geben, mit
Angriffshubschraubern, Auftanken in der Luft,
seegestützten Luftstreitkräften und Feldlazaretten
beschäftigen. Außerdem beteiligen wir uns an acht
weiteren Panels. Wir haben in Zaragoza einen
vorläufigen
Meinungsaustausch
über
den
einzuschlagenden Weg für die Ausstattung und
Finanzierung der neuen Kapazitäten durchgeführt, die
infolge der laufenden Untersuchungen erforderlich
werden, und es wurden originelle Ideen für eine
gemeinsame Finanzierung unterbreitet, die wir
analysieren und über die ich vielleicht zu einem späteren
Zeitpunkt meiner Rede ausführlicher sprechen kann.
Andererseits und in Übereinstimmung mit dem
ständigen Ziel von Transparenz in unseren Handlungen
im Zusammenhang mit der Atlantischen Allianz ist
bereits eine Expertengruppe der Europäischen Union
tätig, die als Headline Task Force bekannt ist und
Untersuchungen durchführt, die während unserer
Präsidentschaft gemeinsam mit den Experten der NATO
und folglich in voller Abstimmung und Transparenz mit
den Arbeiten der Atlantischen Allianz für die
Entwicklung
ihrer
Initiative
zu
den
09/04/2002
Verteidigungsfähigkeiten
zusammengestellt werden.
großformatig
Hier muss ich auch die Notwendigkeit erwähnen, uns
mit einem Mechanismus zur Entwicklung von
Fähigkeiten auszustatten, der uns jederzeit die
europäischen Fähigkeiten und Grenzen eindeutig
aufzeigen kann. Das muss natürlich ein selbstständiger,
eigener Mechanismus der Europäischen Union sein, aber
zu unserem eigenen Nutzen muss er auch die positiven
Erfahrungen der Atlantischen Allianz berücksichtigen.
Fraglos besteht heute im Zusammenhang mit dem
Planungsprozess der Streitkräfte der Bündnisse die
größte Schwierigkeit in solchen Fragen wie
beispielsweise dem angepassten Formular und den
Aufgaben der Kapazitätengruppe.
Zweifellos kommen wir damit zu einem wesentlichen,
wenn nicht gar entscheidenden Aspekt, nicht nur für
unsere Präsidentschaft, sondern für die Entwicklung der
europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik,
nämlich dem der Beziehungen zwischen der
Europäischen Union und der Atlantischen Allianz, der
Gestaltung der so genannten Berlin Plus-Vereinbarung,
speziell in der Frage des ständigen Zugriffs der
Europäischen Union auf die Kapazitäten der NATO bei
Krisenmanagementprozessen. Der Europäische Rat von
Barcelona hat die Bedeutung unterstrichen, die ständigen
Vereinbarungen zwischen der Europäischen Union und
der NATO schnellstmöglich unter Dach und Fach zu
bringen,
und
die
Präsidentschaft
und
den
Generalsekretär, den Hohen Vertreter, beauftragt, die
notwendigen Kontakte auf hoher Ebene herzustellen, um
die Verhandlungen erfolgreich abzuschließen.
Unsere Staats- und Regierungschefs haben lediglich
festgestellt, dass man die Erreichung eines ständigen
Rahmens der Zusammenarbeit mit der NATO nicht
weiter hinauszögern darf und dass die Ad-hoc- oder
Einzelfalllösungen zu ähnlichen Blockadesituationen
führen könnten, wie den bereits erlebten, und sich zum
unpassendsten Zeitpunkt schädlich für die Union
auswirken könnten, nämlich dem Zeitpunkt, an dem sie
erstmalig mit einer Krisenbewältigung zu tun hat, indem
sie ihr gegenwärtiges und künftiges Ansehen in große
Gefahr bringt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte
Sie nur darauf hinweisen, dass ich auf die Behandlung
des Themas der Übernahme der Führung bestimmter
Missionen durch die Europäische Union sowohl bei der
Fortsetzung der Operation Amber Fox in der
Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien als
auch der Übernahme bestimmter Verantwortlichkeiten in
Bosnien und Herzegowina verzichte und mir hier nur
noch der Hinweis auf die Bedeutung der Übung CME 02
im Mai dieses Jahres
bleibt, die unsere
Organisationsfähigkeit
durch
die
Krisenbewältigungsverfahren auf die Probe stellen wird.
Sie wird während der spanischen Vorsitzperiode
durchgeführt, und ich kann Ihnen versichern, dass die
anfangs unlösbar scheinenden Schwierigkeiten nach und
09/04/2002
nach überwunden wurden. Ich kann Ihnen auch
bestätigen, dass wir diese Übung nicht nur zum
vorgesehenen Termin, sondern – da bin ich mir sicher –
auch erfolgreich abwickeln und dabei den verschiedenen
Institutionen der Europäischen Union, wie dem
Militärausschuss,
dem
Politischen
und
Sicherheitsausschuss, dem Generalsekretär und Hohen
Vertreter und dem Militärstab selbst, die ihnen
zustehende Rolle einräumen werden.
Ich hatte einen zweiten Bereich angesprochen, den
institutionellen Bereich. In diesem Punkt muss ich
darauf hinweisen, dass Spanien zusammen mit einer
Gruppe weiterer Länder die Notwendigkeit der Bildung
und Gestaltung eines Ministerrats „Verteidigung“
vorangetrieben hat. Verstehen Sie mich richtig, meine
Damen und Herren Abgeordneten. Es geht nicht darum,
zu der europäischen institutionellen Galaxis einen
weiteren Rat hinzuzufügen; es handelt sich einfach
darum, dass wir, denen diese Verantwortung übertragen
wurde, ihr gerecht werden, dass wir arbeiten können.
Wir wollen weder die Minister für auswärtige
Angelegenheiten verdrängen noch uns in deren
Zuständigkeiten einmischen; wir wollen nur unsere
Arbeit machen, uns untereinander mit den Problemen
beschäftigen können, die ich angesprochen habe: die
Wirksamkeit des Headline Goal und die mögliche
Ausführung von Petersberg-Aufgaben. Dazu ist dieser
Rat von ausschlaggebender Bedeutung. Wir haben
bereits einen ersten und großen Schritt getan, nämlich
die Zustimmung aller erreicht, die Tagung eines
Ministerrats „Verteidigung“, der nur aus den
Verteidigungsministern besteht, unter dem Schirm des
Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ für Mai dieses
Jahres in Brüssel einzuberufen.
Als zweiten Punkt innerhalb der institutionellen Ziele
möchte ich die Grundlagen für eine europäische
Rüstungspolitik ansprechen, womit ich gleichzeitig auf
die Fragen und Sorgen des Abgeordneten Herrn Brok
antworten möchte. In der Tat ist bis jetzt, obwohl es
dazu eine ganz kurze Erwähnung in der Erklärung von
Helsinki gibt, noch kein Versuch unternommen worden,
eine europäische Rüstungspolitik zu verwirklichen –
oder wenigstens die Grundlagen dafür zu legen, den
Weg zu bereiten. Wir wollten diesen Weg entschlossen
beschreiten. Es geht in keiner Weise darum, uns in die
europäische Rüstungsindustrie einzumischen, was nicht
in unserer Zuständigkeit liegen würde, sondern die
Grundlagen, die elementaren Prinzipien einer
europäischen Rüstungspolitik festzulegen.
Ich sagte bereits, dass die europäische Sicherheits- und
Verteidigungspolitik eine existenzielle Notwendigkeit
für die Union ist, und eine existenzielle Notwendigkeit
für jegliche Verteidigungspolitik ist auch eine
Rüstungspolitik. Demzufolge haben wir eine Art von
Zehn Geboten erarbeitet – die Anzahl von Grundsätzen
ist letztendlich das Geringste –, die einen Konsens in den
Grundzügen einer europäischen Rüstungspolitik
herstellen sollen. Diese Liste geht von dem Konzept aus,
dass die europäische Rüstungsindustrie im Dienste der
GASP stehen muss und nicht umgekehrt – eine
49
Behauptung, die offenkundig zu sein scheint, wenn man
die Realität außer Acht lässt, die gewöhnlich das
Gegenteil beweist – und dass sie natürlich auf den
Grundsätzen der Freiwilligkeit, Transparenz und
Koordinierung mit anderen Organisationen beruhen
muss. Zu den vorgesehenen konkreten Maßnahmen
gehören auch die Harmonisierung der operativen
Voraussetzungen, die gemeinsame Nutzung von
Kapazitäten, deren möglicher Erwerb über eine
europäische Rüstungsagentur, mit der die vorhandenen
Agenturen vereinheitlicht oder zumindest koordiniert
werden sollen, die Analyse eines der Realität besser
gerecht werdenden Rechnungslegungssystems, das die
langfristige Finanzierung bestimmter Systeme und auch
die Suche – das sagte ich schon – nach neuen Formeln
der gemeinsamen Finanzierung erleichtert.
Die Notwendigkeit der Definition einer Methodik, die es
gestattet, mittel- und langfristig die Beseitigung der im
Katalog von Helsinki festgestellten Kapazitätsmängel in
Angriff zu nehmen, erfordert die Befassung mit diesen
Grundsätzen einer europäischen Rüstungspolitik, die die
für die Rüstung zuständigen nationalen Direktoren der
einzelnen Länder in einer Tagung prüfen werden, die
von der Präsidentschaft für den 29. April dieses Jahres
einberufen wurde.
Da ich mich bereits dem Ende der mir gewährten
Redezeit nähere, möchte ich in den mir verbleibenden
Sekunden versuchen, zwar nicht weniger wichtige, aber
zweifellos nicht so vorrangige Aspekte wie die
operativen ansprechen, Aspekte, die mit der Schaffung
eines Bewusstseins um die europäische Verteidigung in
der Öffentlichkeit zu tun haben, sowie Aspekte, die mit
diesem Bewusstsein verkettet sind. Die jüngsten
Ereignisse veranlassen uns, für die Zukunft einen
rechtlichen Besitzstand des humanitären Rechts der
Petersberg-Aufgaben zu errichten. Als Spanien diesen
Vorschlag machte, hatte es den 11. September noch
nicht gegeben. Nach dem 11. September, einige Monate
danach, haben bestimmte Ereignisse bewiesen, dass es
absolut unumgänglich ist, das auf die Krisensituationen
anwendbare Recht zu klären. Ich beziehe mich natürlich
auf die Behandlung von Gefangenen, die Behandlung
der Zivilbevölkerung, den Umgang mit privatem
Eigentum und das Verhältnis zu den zivilen Behörden
bei der Abwicklung dieser Petersberg-Aufgaben. Wir
haben gedacht, dass dies ein Weg sein kann, der in
Salamanca beginnen soll, der derzeitigen europäischen
Kulturhauptstadt, wo vor vielen Jahren, im
16. Jahrhundert, das ius ad bellum und das ius in bello
geboren wurden, und zu diesem Zweck haben wir auch
für den Monat Mai eine Beratung in Salamanca
einberufen, zu der natürlich die Vertreter aller Länder
der Union und auch von Drittländern sowie das
Internationale Komitee vom Roten Kreuz eingeladen
sind.
Schließlich durften wir als spanische Präsidentschaft
nicht die mediterrane Dimension der GASP außer Acht
lassen. Wie Sie wissen, wurde für den 22. und 23. April
dieses Jahres, genau zum richtigen Zeitpunkt, eine
Beratung in Valencia einberufen. Wir wollten die GASP
50
nicht aus dieser mediterranen Dimension ausgeschlossen
sehen, und dazu haben wir für den 20. und 21. Mai in
Barcelona zu einem Seminar über die mediterrane
Dimension unserer Gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik eingeladen. Es geht einfach darum,
die Anrainerländer im Süden des Mittelmeers davon in
Kenntnis zu setzen, dass das Headline Goal keine
Bedrohung darstellt und schon gar nicht gegen sie
gerichtet ist: Es geht darum, stabile Kontakte mit ihren
Streitkräften und ihren Regierungen herzustellen, die es
ermöglichen, das Mittelmeer als Zone der Sicherheit und
des Wohlstands zu stärken. Schließlich werden wir mit
demselben Ziel, einer belgischen Initiative folgend, in
Cartagena
die
Verantwortlichen
für
die
Öffentlichkeitsarbeit der verschiedenen Abteilungen für
Verteidigung
mit
Spezialisten
diverser
Massenkommunikationsmittel zusammenführen, um
dem Verständnis und der Übermittlung unserer
Botschaft an die europäischen Bürger einen neuen
Impuls zu verleihen.
Mir bleibt nur noch, Herr Präsident, unter Ausnutzung
Ihrer Geduld, eine ganz kurze Überlegung zum
Terrorismus anzufügen, die ich für wichtig halte. Ich
habe bereits darauf hingewiesen, dass die spanische
Präsidentschaft – und Präsident Aznar hatte Gelegenheit,
dies hier zum Ausdruck zu bringen – den Kampf gegen
den Terrorismus als oberste Priorität ansieht. Es versteht
sich von selbst, warum Spanien unter diesen Umständen
die moralische Verpflichtung hat, den Kampf gegen den
Terrorismus auf die Titelseite seiner Präsidentschaft zu
setzen.
Wir haben unsererseits und gemeinsam mit den
Kollegen
aus
dem
Verteidigungsbereich
der
Europäischen Union viel darüber nachgedacht und sind
uns darin einig, dass der Kampf gegen den Terrorismus
nicht unter die Petersberg-Aufgaben fällt, wie ich vorher
schon gesagt hatte. Wir sind uns auch darin einig, dass
dem Kampf gegen den inneren Terrorismus in der Union
dem Rechtsstaat mittels seiner ordentlichen Verfahren,
mittels der Gerichte und der staatlichen Sicherheitskräfte
zukommt, aber wir dürfen nicht tatenlos sein bei der
Verteidigung der europäischen Bürgerschaft gegenüber
möglichen Terrorangriffen von außen, wofür ohne jeden
Zweifel militärische Kapazitäten erforderlich wären, wie
diejenigen, die wir derzeit alle gemeinsam zu schaffen
versuchen. Ich meine die Kapazitäten gegen ABCMassenvernichtungswaffen – nukleare, bakteriologische
oder chemische –, auch die Geheimdienstkapazitäten,
den Selbstschutz unserer Streitkräfte bei Einsätzen im
Ausland und schließlich diejenigen, die den
gemeinsamen oder einheitlichen europäischen Luftraum
schützen können. Diese Kapazitäten, diese Aufgaben
bilden den Ideengehalt und die Grundlinien eines
Dokuments, das von der spanischen Präsidentschaft
erarbeitet wird, um es dem Europäischen Rat von Sevilla
zu unterbreiten, wobei wir hoffen, dass es von diesem
angenommen wird, und für das wir auch wie bei allen
anderen angesprochenen Fragen gern die Unterstützung
dieses Parlaments haben würden.
Vielen Dank, Herr Präsident.
09/04/2002
(Beifall)
2-142
Brok (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Ratspräsident,
verehrte Kommissare! Ich möchte mich sehr herzlich für
diese Debatte bedanken, insbesondere weil wir auch eine
Premiere feiern, indem die spanische Ratspräsidentschaft
dieses Thema durch ihren Verteidigungsminister hier
einführt. Ich glaube, dies ist auch eine positive
Botschaft, die wir als solche aufnehmen, und dafür
möchten wir uns bedanken. Ich sehe es auch als richtig
an, Herr Ratspräsident, was Sie zum Schluss zum
Terrorismus gesagt haben, und was Spanien dort zu
Recht versucht. Aber auch hier habe ich, wenn ich mir
die politische Landschaft seit dem 11. September
anschaue, das Gefühl, dass wir zwar vieles beschlossen
haben, dass vieles beredet worden ist, aber dass auch
viel
an
Momentum
in
den
nationalen
Ministerialmaschinerien verlorengegangen ist, was die
tatsächliche Umsetzung dieses Kampfes gegen den
Terrorismus und die Klärung der Schnittstellenfragen
zwischen äußerer und innerer Sicherheit angeht.
Wir haben gerade in der vergangenen Woche bei der
Mission der Europäischen Union im Nahen Osten
gesehen, wie gering unser politischer Einfluss ist. Dieser
Einfluss ist auch deswegen so gering, weil wir neben
unseren großen Anstrengungen zur Auslandshilfe - wir
geben als Europäische Union dreimal soviel für
Auslandshilfe aus wie die Vereinigten Staaten von
Amerika - und trotz unseres zunehmenden Einsatzes im
Bereich des zivilen Krisenmanagements nach wie vor
nicht in der Lage sind, wirkliche Sicherheitsgarantien zu
liefern, weil die militärischen Fähigkeiten noch bei
weitem nicht ausgebildet sind.
Die Entscheidungen, die man in den letzten Jahren
gefasst hat, ausgehend vom Vertrag von Amsterdam
über Köln bis heute, sind hervorragend gewesen, aber
die Umsetzung ist in manchen Bereichen noch höchst
bedauerlich. Wenn ich die Debatten rund um das
Transportflugzeug A 400 M in manchen unserer
Mitgliedstaaten verfolge, sind sie ein Hinweis darauf,
dass man zwar das Ziel vor Augen hat und vielleicht
Zahlen liefert, dass aber die tatsächliche Umsetzung und
die Ausstattung nicht ausreichend sind und nicht schnell
genug erfolgen, und wir deswegen eine geringe Rolle
spielen, weil man uns nicht ernst nimmt, weil wir nicht
wirklich liefern können, weil die entsprechende
Umsetzung nicht erfolgt.
Hier müssen wir auch zu den institutionellen Fragen
kommen. Herr Ratspräsident, ich stimme nicht mit Ihnen
überein,
dass
dies
eine
ausschließlich
intergouvernementale Veranstaltung ist. Fragen der
Auslandshilfe und des zivilen Krisenmanagements sind
zum großen Teil eine Aufgabe der ersten Säule und
sollten auch budgetär über den Bereich des Haushaltes
abgewickelt werden. Deswegen ist es keine einzig und
allein intergouvernementale Veranstaltung. Es ist eine
gemischte Veranstaltung, und wir sehen, dass die
Schwächen
der
Veranstaltung
auf
der
09/04/2002
intergouvernementalen Seite liegen. Deswegen meinen
wir, dass wir in diesem Konvent zu Verbesserungen
kommen müssen - bei allen Notwendigkeiten der
Rücksichtnahme auf nationale Souveränitäten, die in
dieser Frage eine Rolle spielen - und zu
Letztentscheidungen. Wir können nicht mit Brüssel
Mehrheitsentscheidungen fassen, dass die Soldaten aller
EU-Länder in einen Krieg zu ziehen haben. Hier haben
die nationalen Parlamente ein gewichtiges Wort
mitzureden.
Wir müssen dennoch beispielsweise das Thema der
verstärkten Zusammenarbeit durchsetzen, um eine
coalition of the willing zustande zu bringen. Wir haben
dies in Nizza überall zustande gebracht, nur nicht im
Bereich der Verteidigungspolitik, also da, wo wir es am
nötigsten bräuchten. Dies wurde in Nizza leider Gottes
verhindert. Hier müssen wir den entscheidenden
Durchbruch schaffen. Dass wir dies alles gemeinsam mit
unseren Partnern in der Nato tun wollen, ist klar. Die
Nato ist für die kollektive Sicherheit unverzichtbar. Wir
müssen auch die Europäische Sicherheits- und
Verteidigungspolitik so organisieren, dass die Nicht-EUStaaten, die Nato-Staaten sind, sich davon nicht
ausgeklammert fühlen. Es muss ein intensiver Dialog
stattfinden. Deswegen halte ich es auch für richtig, dass
man mit der Türkei eine Lösung findet, dass, wenn in
der Nähe der Türkei etwas geschieht, ein vernünftiger
Konsultationsprozess stattfindet. In diesem Sinne gehen
die Vereinbarungen, die man uns leider offiziell nicht
vorgelegt hat, hoffentlich in eine richtige Richtung. Aber
es muss eine klare Stellungnahme vom Rat erfolgen,
dass
damit
nicht
die
autonome
Entscheidungsberechtigung der Europäischen Union als
solche in Frage gestellt ist. Vielleicht kann das im Laufe
dieser Debatte noch nachgeliefert werden, damit wir in
unserer Stellungnahme zu dieser Frage sicherer werden.
Wir müssen sehen, dass wir zwar in vielen Zielen
übereinstimmen, nicht aber in deren Umsetzung. Das ist
auch bei der Rüstungspolitik der Fall. Wir sehen, dass
der technologische Abstand zwischen den USA und den
Europäern immer größer wird, und dass wir gar nicht
mehr zusammen wirklich Krieg führen können, weil die
technologischen Unterschiede so gewaltig geworden
sind. Dies hat ja auch katastrophale Folgen, nicht nur für
unsere Fähigkeit in der Verteidigungspolitik, sondern
auch industriepolitisch katastrophale Folgen. Deswegen
ist dies auch eine Frage des Europäischen
Binnenmarktes. Ich bin froh, dass neben Kommissar
Patten auch Kommissar Liikanen hier ist. Ich kann mir
vorstellen,
dass
das
europäische
Forschungsrahmenprogramm für gemeinsame Projekte
wegen dieser Nahtstelle zur Industriepolitik und
Rüstungspolitik, in zunehmendem Umfang auch im
Bereich militärischer Forschung genutzt werden könnte.
Vielleicht können Überlegungen angestellt werden, wie
dies geschehen sollte, wie man auch bei der
Anschaffung poolen kann. Man kann bestimmte Dinge
gemeinsam
anschaffen,
beispielsweise
Transportkapazität, um auf dieser Grundlage bei der
maintenance, bei der Anschaffung und bei vielem
anderen Synergieeffekte zu erzielen und damit billiger
51
zu werden. Wir geben 60 % der Militärausgaben aus, die
die Vereinigten Staaten von Amerika ausgeben, aber mit
10 % des Resultates der Vereinigten Staaten von
Amerika. Das hat doch offensichtlich damit zu tun, dass
wir uns falsch organisieren. Das heißt, wenn wir schon
auf europäischer und nationaler Ebene knappe
Haushaltsmittel haben, dann muss es doch verdammt
noch mal möglich sein, dass wir uns so organisieren, und
zwar gemeinschaftlich, dass wir das Notwendige
erreichen, dass wir die entsprechenden Effekte in
unserem gemeinsamen Interesse erzielen.
Dazu gehören auch natürlich Fragen des Waffenexportes
und die Klärung der europäischen Zuständigkeiten, um
die Uneinheitlichkeit code of conduct zu beseitigen. Die
Europäische Union muss für die Wahrnehmung ihrer
Interessen auch im militärischen Teil besser werden. Sie
muss besser werden, um auch den Frieden zu sichern.
Ich stimme aber mit Ihnen überein - ich finde, Sie haben
ein sehr gutes Beispiel gebracht, Herr Ratspräsident -,
dass eine Gemeinschaft, die eine gemeinsame Währung
hat, auch gemeinsame sicherheitspolitische Interessen
hat. Aus diesem Grunde müssen wir auch dazu kommen,
dass wir in einer Europäischen Union mit gemeinsamem
Binnenmarkt, gemeinsamer Währung, gemeinsamer
Rechtsordnung
keine
Gebiete
unterschiedlicher
Sicherheitsqualität
mehr
haben.
Wir
müssen
gemeinsame Sicherheitsqualität durchsetzen. Ich
bedanke mich dafür, dass wir dies in einem kooperativen
Prozess voranbringen durften.
(Beifall)
2-143
Patten, Kommission. – (EN) Herr Präsident, Herr
Minister, lassen Sie mich eingangs dem Parlament dafür
danken, dass es der Kommission die Möglichkeit
gegeben hat, diese äußerst wichtigen Punkte, um die es
in diesen Entschließungsanträgen geht, zu diskutieren.
Gleichzeitig möchten ich dem Ratsvorsitz für seinen
Beitrag danken, den der spanische Verteidigungsminister
mit seinem höchst interessanten und wichtigen Vortrag
stellvertretend geleistet hat. Ganz besonders unterstütze
ich, was er gegen Ende seiner Ausführungen über den
Terrorismus und darüber gesagt hat, dass wir dem
Terrorismus die Priorität einräumen müssen, die er von
Seiten pluralistischer Demokratien verdient. Einigen
Mitgliedstaaten liegt die Bekämpfung des Terrorismus in
all seinen Erscheinungsformen ganz besonders am
Herzen.
Herr Präsident, wie Sie bereits sagten, wird sich mein
Kollege Herr Liikanen nachher zur Problematik Handel
und Produktion in der Verteidigungswirtschaft äußern,
aber zuvor möchte ich Ihnen einen Überblick über den
Ansatz der Kommission zu Fragen der Sicherheit und
Verteidigung geben.
Ich bin der grundsätzlichen Überzeugung, dass sich die
Außenpolitik nicht fein säuberlich in einen zivilen
Bereich einerseits und einen militärischen und
Verteidigungsbereich andererseits unterteilen lässt, so
als hätten beide Bereiche nichts miteinander zu tun, als
52
könne man sie voneinander losgelöst behandeln. Die
Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist
fester Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik. Der Vertrag sieht vor, dass die
Kommission umfassend in diese Politik einbezogen
wird. Die Kommission spielt in Bezug auf militärische
Aspekte, die durch den Vertrag auf die so genannten
Petersberg-Aufgaben begrenzt sind, keine direkte Rolle.
In der Praxis bedeutet unsere umfassende Einbeziehung
in die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
jedoch, dass wir maßgeblich an dieser Politik als Ganzes
beteiligt sind.
So sollte es auch sein, denn eine in sich geschlossene,
auf
Sicherheit,
Konfliktverhütung
und
Krisenmanagement abzielende europäische Politik
umfasst zwangsläufig sowohl zivile als auch militärische
Aspekte, und auf diesen Punkt möchte ich am Ende
meiner Ausführungen zurückkommen.
Die Europäische Union unterhält auf vielen Gebieten
internationale Beziehungen und Programme. Dazu
zählen beispielsweise der Energiebereich, die Umwelt,
wirtschaftliche Zusammenarbeit, Menschenrechte, Justiz
und Inneres, Programme im Bereich der Außenhilfe
usw. In Krisensituation werden gegebenenfalls
Initiativen ergriffen, die auch militärische Einsätze
vorsehen oder sonstigen Verteidigungscharakter tragen.
Doch in einem solchen Fall stellt das militärische
Element lediglich einen Aspekt einer ansonsten
nahtlosen und einheitlichen Politik im Hinblick auf das
in Frage stehende Land bzw. die in Frage stehende
Region dar.
Als Beispiel sei der westliche Balkan angeführt, über
den wir hier im Plenarsaal schon so oft debattiert haben.
Nach Jahren des Blutvergießens und der Kämpfe
zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen, die in
einer erfolgreichen Militärkampagne zur Beendigung der
ethnischen Säuberung im Kosovo gipfelten, startete die
Europäische Union eine konzertierte Aktion, um die
Stabilität wiederherzustellen und eine durchgreifende
politische und ökonomische Reform in der Region
herbeizuführen. Wir haben ein System von
Stabilisierungsund
Assoziierungsabkommen
geschaffen, um die regionale Integration anzukurbeln
und diesen Ländern langfristig die Perspektive der EUMitgliedschaft zu bieten. Wir sind für einen sehr
wichtigen Teil der UN-Mission im Kosovo
verantwortlich. Wir hatten zudem Initiativen wie das
Programm „Energie für Demokratie“ in Serbien
eingeleitet, das eindeutig politische wie auch
wirtschaftliche und humanitäre Ziele verfolgte.
All dies sind Elemente - wichtige Elemente - einer
integrierten
europäischen
Sicherheitsund
Konfliktverhütungspolitik in der Region. Die
Europäische Kommission wird auch künftig eine
zentrale Rolle bei der Erarbeitung und Umsetzung dieser
Politik spielen. Doch die von der EU in der Region
verfolgte Politik umfasste auch Militäreinsätze, so
beispielsweise in der ehemaligen jugoslawischen
Republik Mazedonien, wo die NATO vornehmlich
09/04/2002
europäische Truppen stationierte, um zu einer Zeit
zunehmender ethnischer Spannungen und Gewalt die
Suche nach einer politischen Lösung zu unterstützen.
Dieser Truppeneinsatz musste sorgfältig mit den anderen
Maßnahmen der Europäischen Union abgestimmt
werden. Wie den Abgeordneten bekannt ist, haben Herr
Solana und ich zum Zeitpunkt des Truppeneinsatzes eine
Vermittlerrolle gespielt. Über ihren Mechanismus für
Kriseneinsätze unterstützte die Kommission die
politischen Ziele des Militäreinsatzes und konnte durch
ein Programm zum Wiederaufbau der Häuser und andere
Maßnahmen zur Schaffung von Vertrauen in der Region
und zum Abbau der ethnischen Spannungen beitragen.
Auf der Tagung des Europäischen Rates, die kürzlich in
Barcelona stattfand, haben die Regierungschefs die
Bereitschaft der Europäischen Union zur Übernahme der
Verantwortung für eine Nachfolge-Militäroperation zum
Ausdruck gebracht, vorausgesetzt, es werden bestimmte
Bedingungen erfüllt, zu denen beispielsweise dauerhafte
Vorkehrungen für die Zusammenarbeit zwischen EU
und NATO zählen. Die Kommission ist an dieser
Entscheidung, die die Sicherheit der in der Region
stationierten nationalen militärischen Einsatzkräfte
berührt, weder direkt beteiligt noch strebt sie eine
direkte Beteiligung an. Doch auch hier ist unsere
Einbeziehung insofern erforderlich, als dies die
Bemühungen der Europäischen Union insgesamt
aufwertet. Wir müssen die Möglichkeit haben, uns
Gehör zu verschaffen, weil, wie ich bereits sagte,
militärische
Entscheidungen
die
umfangreiche
Sicherheitspolitik der Europäischen Union im weiteren
Sinne beeinflussen.
Die Schnittstellen zwischen den verteidigungsbezogenen
und militärischen Aspekten der GASP und den
traditionellen Bereichen der Gemeinschaftspolitik sind
kompliziert und häufig auch politisch brisant. Die
Europäische Kommission ist bereit, ihren Beitrag zur
Ausschöpfung der Möglichkeiten, die der Vertrag im
Hinblick auf die Entwicklung einer leistungsfähigen und
wirtschaftlich gesunden europäischen Rüstungsindustrie
bietet, zu leisten. Aus den uns heute vorliegenden
Anträgen geht hervor, dass dies dem Wunsch des
Europäischen Parlaments entspricht. So würden die
meisten Abgeordneten des Hauses die Initiative der
Kommission zur Bildung der unter der Bezeichnung
STAR 21 bekannten Beratungsgruppe über Luft- und
Raumfahrt zur Prüfung der strategischen Aufgaben der
Europäischen Union in diesem bedeutenden Sektor
befürworten. Wir begrüßen die Mitarbeit von Carlos
Westendorp, dem Vorsitzenden des Ausschusses für
Industrie, Außenhandel, Forschung und Energie, sowie
von Karl von Wogau in dieser Gruppe.
Wie ich schon sagte, sind wir bereit, unseren Beitrag zu
leisten. Dies muss jedoch in enger Zusammenarbeit mit
den Mitgliedstaaten erfolgen, in deren nationale
Zuständigkeit viele der betroffenen Politiken fallen.
Noch wird über die Schnittstellen zwischen zivilen und
militärischen
Belangen
sowie
Aufgaben
der
Europäischen Union und der einzelnen Mitgliedstaaten
09/04/2002
im Hinblick auf ein integriertes Sicherheits- und
Krisenmanagement nachgedacht. Die erforderlichen
institutionellen Strukturen nehmen jedoch bereits Gestalt
an - z. B. in Form des Ausschusses für politische und
Sicherheitsfragen sowie seiner Beratungsgremien, zu
denen der Militärausschuss, die politisch-militärische
Gruppe und der Ausschuss für zivile Aspekte des
Krisenmanagements zählen. Gemeinsam mit Herrn
Solana versuche ich derzeit, die Möglichkeiten und
Grenzen unserer jeweiligen Rollen und Aufgaben zu
definieren.
Das ist nicht immer einfach. Es gibt nach wie vor
ungeklärte Fragen beispielsweise im Hinblick auf die
Finanzierung
der
Gemeinsamen
Außenund
Sicherheitspolitik. Davon sind sowohl Aktionen
betroffen, die aus dem Gemeinschaftshaushalt finanziert
werden, als auch Ausgaben mit militärischem oder
Verteidigungscharakter, die stets den Mitgliedstaaten in
Rechnung zu stellen sind. Die Europäische Union
braucht Mechanismen, die im Bereich der Außenpolitik
eine größere Haushaltsflexibilität und eine schnellere
Bereitstellung von Mitteln in Krisensituationen
ermöglichen. Wir haben zu diesem Zweck einige
Vorschläge
für
die
Gestaltung
des
Gemeinschaftshaushalts vorgelegt. In unserem Bemühen
um mehr Flexibilität dürfen wir jedoch keine
Parallelstrukturen im Bereich der Gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik schaffen, die sich einer
ordnungsgemäßen Prüfung durch das Parlament oder der
finanziellen Kontrolle durch den Rechnungshof
entziehen oder die einen Übergriff auf Belange
darstellen, die der Kompetenz der Gemeinschaft
unterliegen.
Diese Probleme sind nicht unlösbar. So haben wir uns
auf Bedingungen für die Polizeimission der EU in
Bosnien geeinigt, die den konkurrierenden Interessen der
verschiedenen Seiten vorsichtig Rechnung tragen. Wir
müssen jedoch auch weiterhin sehr sensibel vorgehen.
Das
gilt
auch
für
den
Bereich
der
Verteidigungsindustrie, zu dem sich mein Kollege Herr
Liikanen nachher äußern wird.
Ich möchte noch einen letzten Punkt ansprechen, zu dem
mich die interessanten Bemerkungen von Herrn Brok
provozieren bzw. ermutigen. Herr Brok sagte
verständlicherweise, dass wir in der Lage sein müssen
nachzuweisen, wie ernst es uns mit der europäischen
Sicherheit ist. Er sprach von Ausgaben für die
Verteidigung und von Aufwendungen für die Rüstung.
Ich gerate hier als Kommissionsmitglied in gefährliche,
ja geradezu von Haien wimmelnde Gewässer, wenn ich
mich dazu konkret festlege. Die Kommission ist ja kein
16. Mitgliedstaat; sie hat keine eigenen Steuerzahler,
von denen sie gewählt oder entlastet wird. Mir ist die
wichtige Debatte bekannt, in der es darum geht, ob
Europa mehr Mittel für präzisionsgelenkte Flugkörper,
für Spezialkräfte, für unsere die Transportkapazität
unserer
Luftstreitkräfte
oder
die
militärische
Telekommunikation ausgeben sollte. Ich habe den
Eindruck, dass intellektuell wie politisch massiv
dahingehend argumentiert wird, dass die Unterschiede in
53
der technologischen Leistungsfähigkeit früher oder
später zur Destabilisierung des transatlantischen
Bündnisses führen müssen, sofern wir nicht bereit sind,
unsere Ausgaben in diesen Bereichen aufzustocken. Ich
möchte mich nicht weiter in diese Debatte vertiefen, ich
möchte nur einen sehr wichtigen und realistischen Punkt
ansprechen.
Der Präsident der USA hat eben erst eine Erhöhung der
Verteidigungsausgaben um 14 % gefordert - bezogen auf
den US-Verteidigungshaushalt ist das eine Erhöhung um
48 Milliarden Dollar. Ich wüsste wirklich gern, ob es
hier in diesem Parlament jemanden gibt, der einer
politischen Partei angehört und mit einer Forderung nach
einer 14 %igen Aufstockung des europäischen
Verteidigungshaushalts gewählt werden würde, während
gleichzeitig die Ausgaben für Gesundheit und Bildung
gekürzt werden. Melden Sie sich ruhig.
Ich möchte unterstreichen, dass wir das Machbare nicht
aus den Augen verlieren sollten. Lassen wir also keine
allzu große Schere entstehen zwischen unseren flotten
Sprüchen und den Maßnahmen, für die wir uns als
Politiker tatsächlich einsetzen. Vergessen sollten wir
dabei nicht, dass wir einen äußerst wichtigen Beitrag zu
zahlreichen anderen Sicherheitsaspekten leisten, über die
wir beispielsweise vor einigen Wochen in Monterrey
unter der Schirmherrschaft der UNO gesprochen haben.
Nicht unwichtig ist beispielsweise unser derzeitiges
Engagement in Afghanistan, was von einigen spöttisch
als Sozialarbeit abgetan wird. Wenn diese Sozialarbeit in
Afghanistan verhindert, dass wir dort in fünf oder zehn
Jahren erneut militärisch eingreifen müssen, dann ist das
doch wohl eine sehr gute Investition in die Sicherheit der
Europäischen Union und der Region sowie der Welt.
Ich hoffe, dass es uns gelingt, Fragen der Sicherheit
realistisch einzuschätzen und mit realistischen Methoden
zu mehr Sicherheit weltweit beizutragen, und dass wir
dies mit der rückhaltlosen Zustimmung Ihrer, wenn
schon nicht meiner Wähler tun.
(Beifall)
2-144
Der Präsident. – Ich habe den Eindruck, Herr Patten,
dass Sie notfalls gegen die Haie ankämen.
2-145
Liikanen, Kommission. – (EN) Herr Präsident, wie in
der von Herrn Brok gestellten Frage angedeutet wird,
stellte die Mitteilung der Kommission von Dezember
1997 „Umsetzung der Strategie der Europäischen Union
im Bereich der Verteidigungsindustrie“ ein ehrgeiziges
Gesamtvorhaben dar. Die Mitteilung enthielt einen
Entwurf für einen Gemeinsamen Standpunkt des Rates
zur Entwicklung der europäischen Rüstungspolitik sowie
einen aus 14 Punkten bestehenden Aktionsplan für die
Rüstungsindustrie. Einige der in diesen 14 Punkten
vorgesehenen Maßnahmen erfordern entsprechende
Rechtsvorschriften, während andere mit Hilfe der der
Union bereits zur Verfügung stehenden Instrumente
umgesetzt werden können.
54
Hinsichtlich der Mehrzahl der geplanten Maßnahmen um genau zu sein bei 11 der insgesamt 14 Maßnahmen wurden bereits bemerkenswerte Fortschritte erzielt. Bis
vor kurzem waren die Diskussionen im Rat jedoch von
Meinungsverschiedenheiten
zwischen
den
Mitgliedstaaten gekennzeichnet, die die Annahme eines
gemeinsamen Standpunktes zur Formulierung einer
europäischen Rüstungspolitik verhinderten. Dies
erschwerte insbesondere Fortschritte bei Maßnahmen,
die rechtliche Schritte erfordern, wie z. B. bei den im
Aktionsplan enthaltenen Bereichen Zolleinnahmen und
innergemeinschaftliche Transfers. Ich möchte an dieser
Stelle jedoch unterstreichen, dass die Kommission gegen
zehn Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren
wegen der nicht ordnungsgemäßen Anwendung der
gemeinsamen
Zolltarife
für
militärische
und
nichtmilitärische
Güter
eingeleitet
hat.
Diese
Maßnahmen werden die Diskussionen zu dieser
Thematik möglicherweise wieder in Gang bringen. Was
den innergemeinschaftlichen Transfer dieser Güter
angeht, so wird weiter nach geeigneten technischen
Lösungen gesucht, wobei sich bereits erste Fortschritte
abzeichnen.
Obwohl wir in einigen kritischen Bereichen nicht so
rasch vorankommen, wie wir uns das wünschen, möchte
ich unterstreichen, dass die Einschätzung, derzufolge die
europäische Verteidigungsindustrie umzustrukturieren
ist und ein Binnenmarkt für Erzeugnisse der
Rüstungsindustrie geschaffen werden muss, nichts von
ihrer Gültigkeit eingebüßt hat. Im Gegenteil. Aus
mindestens zwei Gründen ist dies heute wichtiger denn
je. Diese Gründe sind erstens die Entwicklung der
Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und
zweitens
die
Schaffung
transnationaler
Rüstungsunternehmen. Die Wettbewerbsfähigkeit der
europäischen Rüstungsindustrie ist von entscheidender
Bedeutung für die Glaubwürdigkeit der sich
herausbildenden
Europäischen
Sicherheitsund
Verteidigungspolitik. Deshalb geht die Kommission
davon aus, dass sich die Regierungen zunehmend der
dringenden Notwendigkeit eines Sinneswandels bewusst
werden, damit Politiken und Praktiken eingestellt
werden können, die europäische Rüstungsunternehmen
an einer effektiveren Zusammenarbeit hindern.
Ein solcher Sinneswandel würde es der Kommission
gestatten, durch Nutzung der ihr zu Gebote stehenden
Mittel einen wirksameren Beitrag zu Schaffung eines
europäischen Marktes für Rüstungsprodukte sowie zu
Gemeinschaftspolitiken beispielsweise im Hinblick auf
die Schaffung eines Binnenmarktes für die
Verteidigungsindustrie, den Außenhandel usw. zu
leisten. Daher beabsichtigt die Kommission, den
Aktionsplan zu überprüfen und zu aktualisieren, um
neuen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Diese Frage
kann ich also positiv beantworten, Herr Brok.
Darüber hinaus strebt die Kommission in enger
Zusammenarbeit mit nationalen Behörden und
Vertretern der Industrie die Förderung der
Wettbewerbsfähigkeit
der
europäischen
Verteidigungsindustrie an.
09/04/2002
Herr Brok sprach auch die Frage der Standardisierung
an. Unsere Bemühungen zur Sensibilisierung der
Beteiligten für die Bedeutung der Standardisierung im
Hinblick auf die Effizienz und die Wettbewerbsfähigkeit
der europäischen Verteidigungsindustrie sowie im
Hinblick auf die Prüfung von Möglichkeiten und
potenziellen ersten Maßnahmen für eine Reform in
diesem Bereich stellen eine wichtige Initiative auf
diesem Gebiet dar. Dabei stellte sich heraus, dass das
Europäische Komitee für Normung CEN das ideale
Forum für derartige Maßnahmen ist. So ist die
Erarbeitung eines Handbuches der Normen und
Verfahren der Verteidigungsindustrie durch das CEN
vorgesehen,
das
Harmonisierungsanforderungen
enthalten wird und zu einer Verbesserung der
Transparenz,
der
Interoperabilität
und
der
Kosteneffizienz bei der Beschaffung betragen dürfte.
Die in zwei Bereichen erzielten Fortschritte stimmen uns
zuversichtlich, dass effiziente Lösungen in greifbare
Nähe rücken. Dabei handelt es sich zum einen um
Fortschritte in der ESVP, durch die die Grundlagen für
eine Harmonisierung der Nachfrage nach Erzeugnissen
der Rüstungsindustrie in Europa geschaffen werden, und
zum anderen darum, dass sich allmählich die Erkenntnis
durchsetzt, dass die die Wettbewerbsfähigkeit einer
umstrukturierten Verteidigungsindustrie beeinflussenden
Regelungen und Bestimmungen der Harmonisierung
bedürfen.
Wie Herr Patten sagte, haben diese Entwicklungen
Eingang in die Initiative STAR 21 gefunden, die die
Überprüfung
der
strategischen
Luftund
Raumfahrtentwicklung im 21. Jahrhundert zum Ziel hat.
Das Ziel von STAR 21 besteht darin, das Verständnis für
Belange der Luft- und Raumfahrt in Europa zu vertiefen
und Maßnahmen auszulösen, die gewährleisten, dass die
europäische Luft- und Raumfahrtindustrie einen
umfassenden Beitrag zur europäischen Zukunft leistet.
Diese Initiative vereint führende Vertreter der Branche
mit Vertretern der Kommission, des Rates sowie des
Europäischen Parlaments. Es wurde ja schon erwähnt,
dass Herr von Wogau sowie Herr von Westendorp y
Cabeza als Vorsitzender des Ausschusses für Industrie,
Außenhandel, Forschung und Energie in diesem
Gremium vertreten sind.
Ich hoffe, dass der Bericht, den wir im Juli vorlegen
werden, unseren Bemühungen um die Entwicklung einer
leistungs- und wettbewerbsfähigen europäischen
Verteidigungsindustrie neue Impulse verleihen wird.
2-146
Salafranca Sánchez-Neyra (PPE-DE). – (ES) Herr
Präsident, Herr amtierender Ratspräsident, meine Damen
und Herren Kommissionsmitglieder, meine Damen und
Herren! Ich glaube, wir können zufrieden sein, was den
Bereich der Verteidigungspolitik angeht: Wir haben
einen Katalog der Kapazitäten, einen Militärausschuss,
einen Militärstab, wir streben nach Komplementarität
mit der NATO, aber es gibt meiner Meinung nach auch
Gründe anzunehmen, dass noch viel zu tun ist.
09/04/2002
In diesem Zusammenhang glaube ich, dass wir eine nie
gekannte politische und militärische Hegemonie der
USA erleben. Wenn wir uns vor Augen führen, dass die
USA etwa 4 % der Weltbevölkerung ausmachen – ich
sage das mit Bewunderung – und in der Lage sind, 30 %
der Waren und Dienstleistungen zu produzieren, dass
China, mit einer fünfmal größeren Fläche und einer sehr
viel höheren Bevölkerungszahl nur imstande ist, 3 % zu
produzieren, wenn wir berücksichtigen, dass Russland
auf ein Produktionsniveau gesunken ist, das unter dem
der Schweiz liegt, und wenn wir uns die hier genannten
Ziffern des Militärbudgets in Erinnerung rufen, erkennen
wir deutlich das vorhandene große Missverhältnis.
Herr amtierender Ratspräsident, meine Damen und
Herren Vertreter der Kommission! Ich möchte eine
Frage formulieren, die etwas auf die Zukunft gerichtet
ist. Ich würde gern wissen, ob dieser Konvent, der sich
mit der Zukunft Europas befasst, zum gegebenen
Zeitpunkt in seinem Verfassungswerk präzisiert, welcher
Platz der Verteidigungspolitik in diesem Vertrag
zukommt und ob es eine politische Fiktion wäre, den
Gedanken an eine Sicherheits- und Verteidigungspolitik
zu hegen – wie Herr Kommissar Patten kurz zuvor sagte
–, die in den ersten Pfeiler aufgenommen wird und über
Konfliktverhütung und Krisenmanagement hinausgeht
und dazu führen könnte, dass Europa auf der
internationalen Bühne die Rolle spielt, die seinem
wirtschaftlichen, finanziellen oder industriellen Gewicht
entspricht.
Der Herr amtierende Ratspräsident hat über den Kampf
gegen den Terrorismus gesprochen, und als am
11. September vorigen Jahres die Freiheit durch die
Barbarei angegriffen wurde, hat sich ganz klar gezeigt,
dass in der heutigen globalisierten Welt die Begriffe
Sicherheit, Verteidigung, Diplomatie, Handel, Kultur
und Religion miteinander verknüpft sind und allen
gemeinsam bewusst werden muss, dass angesichts des
Phänomens des Terrorismus, das uns alle gleichermaßen
trifft, von allen in gleicher Weise eine Antwort erteilt
werden muss.
Deshalb halte ich es für unbedingt erforderlich, dass wir
in den hier vorgenommenen Bewertungen der normalen
Elemente des Rechtsstaats beim Kampf gegen den
Terrorismus und in der Notwendigkeit der
Koordinierung der uns zur Verfügung stehenden
Informationsinstrumente sowie der Instrumente zum
Kampf gegen die Gefahr eines ABC-Kriegs einer
Meinung sind.
Ein letztes Wort, Herr amtierender Ratspräsident, zu den
Bemerkungen, die wir hier vernommen haben und die
von Herrn Patten brillant kommentiert wurden, denn
wenn wir von den humanitären Forderungen zu den
Zahlen übergehen, ist das so, als würden wir von der
Glückseligkeit zu den Rechnungsbüchern wechseln. Wir
müssen uns meiner Meinung nach darüber im Klaren
sein, dass, wenn wir eine Verteidigungspolitik wollen,
diese bezahlt werden muss, und es ist wichtig, die
Wünsche der Öffentlichkeit nach einer international
55
präsenten Europäischen Union mit der Notwendigkeit in
Einklang zu bringen, nicht zu hohe Kosten zu
verursachen, die in unserer Öffentlichkeit doch nicht
sehr populär sein dürften. Deshalb ist es wichtig – und
damit komme ich zum Schluss, Herr Präsident –, das
Adjektiv nicht mit dem Substantiv, das Nebensächliche
nicht mit dem Wesentlichen und die Schatten eines Bilds
nicht mit dem Bild selbst zu verwechseln.
2-147
Wiersma (PSE). – (NL) Herr Präsident! Die
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der
Europäischen Union nimmt allmählich Gestalt an.
Sinnvolle Vorhaben werden in immer konkretere
Aktivitäten umgesetzt, und der Aufbau einer schnellen
Eingreifkapazität erfordert Beständigkeit. Erstmals kann
sie hoffentlich in Mazedonien zum Einsatz kommen.
Trotzdem bleibt sogar die Bereitstellung einer etwa
2 000 Mann starken Truppe ein mühseliges Unterfangen,
wobei es die Europäische Union noch nicht ohne die
NATO richten kann, und das führt unweigerlich zu
Problemen. An sich ist die Zusammenarbeit mit der
NATO insoweit vernünftig, als wir dann auch schneller
einsatzbereit sein können, allerdings stellt sie auch einen
erschwerenden Faktor dar, wie die Gespräche mit der
Türkei zeigen. Längerfristig sollte die Europäische
Union dort vollständige Autonomie anstreben, wo es um
den Einsatz der schnellen Eingreiftruppe geht.
Vordringlich müssen deshalb die noch fehlenden
militärischen Fazilitäten entwickelt werden. Die
Europäische Union ist nicht die NATO, und die NATO
nicht die Vereinten Nationen. Wir dürfen die Rollen
nicht vertauschen. Die Europäische Union bemüht sich
nicht darum, eine Organisation für die kollektive
Verteidigung zu sein. Sie gilt nicht als militärische
Supermacht und stellt deshalb eine multilaterale Lösung
internationaler Probleme mit Hilfe der UN und anderer
internationaler Organisationen obenan.
In letzter Zeit sind gravierende Unterschiede zwischen
der Europäischen Union und den USA zu Tage getreten,
die
zum
großen
Teil
aus
divergierenden
Sicherheitsdoktrinen resultieren. Die Gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik ist im Grunde Ausdruck
der Geschichte Europas in den vergangenen 100 Jahren.
Das Zusammenarbeitsmodell genießt dabei oberste
Priorität. Auf das militärische Instrument wird dabei
erheblich weniger Nachdruck gelegt als in den
Vereinigten Staaten, und das ist nicht nur auf den
fehlenden Status einer militärischen Supermacht
zurückzuführen. Wir haben den relativen Wert des
Instruments erkannt und betonen deshalb den Einsatz
ziviler Mittel wie Diplomatie und wirtschaftliche
Zusammenarbeit weitaus stärker. Nicht ohne Grund
haben sich Konfliktprävention und Konfliktbeilegung als
wesentlicher
Ausgangspunkt
unserer
Politik
herauskristallisiert. Die Erweiterung der Europäischen
Union, aber auch die Balkanpolitik beweisen das.
Allerdings erklärt sich damit auch die erneute
Aufmerksamkeit für die Armutsbekämpfung, und das
nicht nur infolge des 11. September. Eine solche Politik
ist per se multilateral konzipiert, und so ist es auch zu
erklären, weshalb wir mit Entsetzen auf Scharons
56
militärisches Vorgehen reagieren. Aus eigener
schmerzlicher Erfahrung wissen wir, dass sich dadurch
die Probleme nur noch verschärfen.
Die USA haben häufig eine andere Sicht der Dinge. Den
Streitkräften und ihrem möglichen Einsatz wird oberste
Priorität eingeräumt. Nötigenfalls machen wir es allein,
hört man sie sagen. Ein Indiz dafür ist die Haltung der
USA zur Rüstungskontrolle, ein weiteres ihre
Drohungen in Richtung Irak. Selbstverständlich
unterstützen wir die Bemühungen, die Verbreitung von
Massenvernichtungswaffen zunächst im Irak zu stoppen.
Dafür haben wir die Vereinten Nationen, und die EU
sollte an der Entwicklung eines Konzepts mitwirken.
Dabei dürfen wir Zwang sicherlich nicht ausschließen,
aber Gewalt sollte nicht als Erstes eingesetzt werden.
Zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten
Staaten ist es zu einer Art unnatürlicher
Aufgabenverteilung gekommen. Sie nutzen ihre
militärische Übermacht und geben damit oft die
politische Linie vor, während die Europäische Union
häufig für die Schäden aufkommt – zumindest sieht es
häufig danach aus. Auf lange Sicht ist das nicht
akzeptabel. Weil wir zivile Fähigkeiten für wichtiger
erachten als militärische, sollte der transatlantische
Dialog auf sie fokussiert werden.
2-148
van den Bos (ELDR). – (NL) Europa kann auf der
Weltbühne nur dann eine bestimmende Rolle spielen,
wenn es bereit ist, dafür einen hohen Preis zu zahlen.
Leider ist das nach wie vor nicht der Fall. Das eigene
Unvermögen führt zu Enttäuschungen und sogar zu
offensichtlichen Erniedrigungen, wie die jüngste
Mission nach Israel gezeigt hat. Der politische Preis für
eine effizientere Politik besteht in Einschnitten beim
nationalen Mitspracherecht zugunsten eines enger
zusammenrückenden Europas. Eine schlagkräftige
Außenpolitik kann nicht allein auf Wirtschaftskraft und
dem großzügigen Umgang mit Euros beruhen. Der
Konflikt im Nahen Osten beweist, wie begrenzt der
Einfluss des wichtigsten Handelspartners Israels und des
größten Gebers der Palästinenser ist. Ohne den Aufbau
einer glaubwürdigen europäischen Verteidigung bleibt
Europa ein Kläffer, der um die amerikanische Bulldogge
herumschwänzeln darf. Die schnelle Eingreiftruppe gilt
in diesem Rahmen als eine notwendige, aber bei weitem
noch nicht hinreichende Voraussetzung für die
Wahrnehmung sämtlicher Petersberg-Aufgaben und für
die Terrorismusbekämpfung. Gegenüber der USMilitärmacht bleibt Europa immer wieder im Nachtrab.
Ohne
substanzielle
Aufstockung
der
Verteidigungsausgaben wird Europa nie imstande sein,
den Rückstand aufzuholen. Und wenn wir diese Politik
nicht wollen, nun gut, dann müssen wir uns eben auch
mit den Folgen abfinden. Am vordringlichsten geht es
darum, die Einsatzbereitschaft der Eingreiftruppe
herzustellen. Nun, in Mazedonien liegt ein tragfähiges
Konzept für die Zusammenarbeit zwischen der
Europäischen Union und der NATO bereit, dem die
Türkei zustimmen kann. Griechenland türmt leider nach
wie vor Hindernisse auf. Europa bleibt auf jeden Fall in
seiner
Beschlussfassung
autonom.
Ohne
09/04/2002
Standardisierung und Rationalisierung der Mittel kommt
eine europäische Verteidigung nie vom Fleck.
Nationaler Egoismus und kommerzielle Interessen haben
der Herausbildung einer Verteidigungsindustrie zu lange
im Wege gestanden. Herr Präsident, wenn Europa nicht
bereit ist, den politischen und finanziellen Preis für eine
glaubwürdige Verteidigung zu zahlen, sollte es sich
nicht mehr darüber beklagen, dass es in der Welt eine
Nebenrolle spielt. Dann bleiben wir weiterhin die
Kläffer und finden kein Gehör.
2-149
Lagendijk (Verts/ALE). – (NL) Zunächst möchte ich
die Bemerkung von Herrn Kommissar Patten
herausstellen, den zivilen Sicherheitsaspekten komme
entscheidende Bedeutung zu. Inzwischen haben wir uns
im Parlament an die Anwesenheit eines ehemaligen
Generals, unseres Kollegen Morillon, gewöhnt, aber
meines Wissens sind in diesem Saal erstmals echte
Generäle, wie ich annehme hohe Militärs, zugegen.
Meine Herren, ich heiße Sie herzlich willkommen.
Dennoch möchte ich betonen, dass Sicherheit für die
Europäische Union nicht nur, nicht einmal an erster
Stelle militärische Sicherheit bedeutet. Die zivilen
Aspekte
der
Sicherheit
wiederum
–
das
Kommissionsmitglied hat sie zu Recht angeführt –
haben bewirkt, dass die Europäische Union in
Mazedonien einen Erfolg errungen hat. Das hatte nichts
mit militärischer Stärke zu tun. Ebenso wenig, Herr
Kollege van den Bos, lag es am Kläffen. Er war auf
einen wirkungsvollen Mix zwischen zivilen und
militärischen Elementen zurückzuführen. Damit erklärt
sich der Erfolg der Europäischen Union in Mazedonien,
und auf diesem Wege möchte ich auch gern fortfahren.
Bekanntlich wollte die Europäische Union in
Mazedonien ihre erste große Operation durchführen. Ich
unterstütze das zwar voll und ganz, aber wir wissen
auch, dass dann in dem Moment die notwendige
Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und
der NATO nach wie vor erhebliche Probleme in sich
birgt. Zweifellos gibt es zwischen dem Vereinigten
Königreich und der Türkei einen Deal, der wahrlich
keinen Schönheitspreis verdient, die Griechen indessen
stemmen sich derzeit als Einzige dagegen. Und deshalb
möchte ich eindringlich an den Rat, an den
Ratspräsidenten, appellieren, in der nächsten Zeit alles
daranzusetzen und dafür zu sorgen, dass ein erster
Versuch nicht in eine erste riesige Blamage mündet. Die
vorliegende Vereinbarung, ich sage es noch einmal,
verdient keinen Schönheitspreis, gleichwohl müssen die
Griechen gezwungen werden, sich ihr anzuschließen,
weil wir uns sonst wirklich blamieren würden, wenn
unsere erste Aktion an innerer Zerrissenheit scheitert.
Eine letzte Bemerkung zur Bedeutung der gemeinsamen
Pläne Europas für Verteidigungsinvestitionen. Derzeit
sehen wir uns in den Niederlanden mit den Problemen
konfrontiert, die sich ergeben, wenn ein einzelner
Mitgliedstaat umfangreiche Investitionen in neue
militärische Ausrüstungen tätigen muss. Im Falle der
Niederlande handelt es sich um den Nachfolger des F16. Offensichtlich ist dort eine gezielte Abwägung fast
09/04/2002
unmöglich. Und damit meine ich nicht das Prä
amerikanischer oder europäischer Flugzeuge. Wir
brauchen Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, denn
ansonsten investieren wir in Dinge, die wir schon längst
haben, und dann verfügen wir im moment suprême nicht
mehr über hinreichende Mittel für Investitionen in
Dinge, die wir wirklich benötigen. Vielen Dank.
2-150
Marset Campos (GUE/NGL). – (ES) Herr Präsident,
ich danke Herrn Trillo für seine Rede, der meine
Wertschätzung ebenso gilt wie den aufschlussreichen
Beiträgen der Kommissionsmitglieder.
Wenn der Aufbau Europas ein hoffnungs- und
erwartungsvolles Projekt sein soll, dann ist meiner
Ansicht nach auch eine Dimension der Sicherheit und
Verteidigung erforderlich. Allerdings gibt es drei
Aspekte, denen ich nicht zustimme und die vielleicht
von entscheidender Bedeutung sind:
Zum Ersten glaube ich, dass ein Verteidigungskonzept
auf der Grundlage der gemeinsamen Sicherheit
angestrebt werden sollte: So stimmt es zwar, dass auf
den Terrorismus reagiert werden muss, aber die
militärische Antwort reicht nicht aus, wenn sie nicht auf
dem Recht – in diesem Fall dem Völkerrecht – und auf
der Beseitigung der Ursachen basiert, die solchen
Wahnsinn wie den vom 11. September hervorrufen.
Deshalb ist es von grundlegender Bedeutung, dass das
gemeinsame Sicherheitskonzept ein substanzielles
Element in diesem Vorschlag darstellt.
Zum Zweiten halten wir es für falsch, unsere gesamte
Aufmerksamkeit darauf zu richten, die NATO als
unseren Schutzschirm anzusehen und uns insbesondere
auf die Zusammenarbeit mit den USA zu konzentrieren.
Diese Richtung ist meiner Ansicht nach ein Hindernis,
ein Bremsklotz, um die selbständige, unabhängige und
wirksame Sicherheits- und Verteidigungspolitik
durchzusetzen, die Europa benötigt.
Dies geht mit dem dritten Aspekt einher: Es geht um die
Rolle, die die Europäische Union mit ihrem Sicherheitsund Verteidigungskonzept jetzt und künftig spielen
sollte, es geht um die Förderung des Friedens und von
andersgearteten Beziehungen in der Welt, und daher
müssen die Vereinten Nationen und das Völkerrecht als
einzige Bezugspunkte für das Vorgehen der
Europäischen Union gelten. Eben dieser Aspekt ist vom
amtierenden Ratspräsidenten nicht berührt oder nicht
ausreichend berücksichtigt worden, und er sollte meiner
Meinung nach nochmals aufgegriffen werden, denn
wenn wir uns nicht auf das Völkerrecht und die
internationale Legalität stützen, gehen wir, glaube ich, in
die Irre. Gerade dies ist einer der notwendigsten Aspekte
in der Gegenwart, um Besonnenheit, Vernunft und ein
Solidaritätskonzept in die Lage des Nahen Ostens zu
tragen.
In dieser Hinsicht wäre es jetzt angebracht, angesichts
der uns nicht zur Verfügung stehenden Instrumente auf
das Konzept der OSZE zurückzugreifen, um die
57
Sicherheit in Europa zu gewährleisten, und die
Aufmerksamkeit einzig und allein auf das zu
konzentrieren, was Kommissar Patten und auch andere
Redner anführten: die Notwendigkeit der Anhebung des
derzeitigen Haushaltslimits, denn es ist unmöglich,
zufrieden
stellende
Fortschritte
in
der
Verteidigungsindustrie,
der
Koordinierung
und
Zusammenarbeit mit den von der Union vorgesehenen
kümmerlichen Haushaltsmitteln zu erzielen.
Abschließend
will
ich
die
Bedeutung
der
parlamentarischen demokratischen Kontrolle erwähnen,
sowohl durch das Europäische Parlament als auch durch
die verschiedenen nationalen Parlamente.
2-151
Queiró (UEN). – (PT) Herr Präsident! In dieser
Aussprache und nachdem wir die Erklärungen des Rates
und der Kommission gehört haben, denen ich für ihre
Qualität und Sachdienlichkeit danken möchte, scheint es
angebracht daran zu erinnern, dass die Europäische
Union nach wie vor in ihren Verträgen weder über eine
Klausel über die gegenseitige militärische Hilfe ähnlich
der in der NATO oder in der Westeuropäischen Union
noch über spezielle Bestimmungen zur Zusammenarbeit
im Rüstungsbereich verfügt.
Was Europa betrifft, so sind diese Fragen
bekanntermaßen in dem geänderten Vertrag von Brüssel,
im Rahmen der so genannten noch zu lösenden
Aufgaben der Westeuropäischen Union geregelt. Hinzu
kommt, dass uns allen seit dem 11. September noch
klarer und bewusster ist, dass eine neue Definition der
Verteidigung erforderlich ist, die innere und äußere
Sicherheit miteinander verbindet. Wir müssen uns
zurzeit Feinden stellen, die keine Armeen haben und
dennoch die Sicherheit der Länder und der Bürger
gefährden, ohne dass es den traditionellen Armeen
gelingt, darauf im Sinne ihrer Verteidigung eine
entscheidende Antwort zu geben.
In der globalisierten Welt, in der wir leben, gehen nun
Politik, Diplomatie, Informationen, innere Sicherheit
und Verteidigung Hand in Hand, um auf diese neuen
Gefahren zu reagieren. Die Sicherheit ist zu einem
globalen und unteilbaren Begriff geworden, der sich von
den herkömmlichen Auffassungen unterscheidet.
Deshalb müssen die Europäische Union und ihre
Mitgliedstaaten ihre Fähigkeiten auf militärischem
Gebiet und im Bereich der Rüstungsherstellung
rationalisieren und die Mittel der diplomatischen
Zusammenarbeit, der Nachrichtendienste und der
justiziellen und polizeilichen Beziehungen in einer
echten
Synergie
der
nationalen
und
länderübergreifenden Politiken verstärken. In Bezug auf
die Beziehungen zum Nordatlantikbündnis meinen wir,
dass die Bemühungen zur Entwicklung einer
gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf
die Partnerschaft mit der NATO ausgerichtet sein
müssen. Die Stärke der europäischen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik
liegt
eindeutig
in
der
Zusammenarbeit mit der NATO und nicht in der
58
gefährlichen und nutzlosen Versuchung, mit dieser
Organisation in irgendeinen Wettbewerb zu treten.
Abschließend ein Wort zur parlamentarischen Aufsicht
der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik,
die bekanntlich auf zwei Ebenen stattfindet: der
europäischen, von diesem Parlament sichergestellten,
was mit der Prävention und dem zivilen Management
von Krisen im Zusammenhang steht, und der nationalen,
was deren militärisches Management betrifft, deren
Aufsicht von den nationalen Parlamenten ausgeübt wird.
Diese Frage war jüngst Gegenstand einer Aussprache
und Stellungnahme in diesem Parlament. Deshalb ist es
auf jeden Fall angebracht anzumahnen, dass zwischen
dem Europäischen Parlament und den nationalen
Parlamenten in den Fragen zur Europäischen
Sicherheits- und Verteidigungspolitik die Beziehungen
enger zu gestalten sind und ein umfassenderer
Informationsaustausch erfolgen muss, um den einzelnen
parlamentarischen Organen eine sachdienlichere und
zweckgemäßere Ausübung ihrer demokratischen
Aufsicht zu ermöglichen.
2-152
Bonde (EDD). – (DA) Herr Präsident, Nationen
verfügen über Machtmittel wie Polizei, Währungen und
Militär. Dass die EU jetzt über diese Machtmittel
bestimmen will, ist nicht durch praktische Erfordernisse
motiviert. Die grenzüberschreitende Kriminalität könnte
durch Interpol bekämpft werden. Stattdessen soll mit
Europol der Grundstein zu einem europäischen FBI
gelegt werden. Sinn der Währungsunion ist nicht das
gemeinsame Geld für den internationalen Handel,
sondern das Verbot nationaler Währungen, was zu einer
gemeinsamen wirtschaftlichen Regierung führen wird.
Und der Zweck der schnellen Eingreiftruppe (Rapid
Reaction Force) ist nicht nur die Friedenssicherung, da
es dafür die UNO und die OSZE gibt. Dahinter verbirgt
sich die schlecht versteckte Absicht zur Schaffung eines
gemeinsamen Militärs, das im Laufe der Zeit die NATO
ablösen kann. Die EU soll zu einem Staat mit
gemeinsamer Polizei, Währung und Militär werden.
Meine Fraktion hat eine andere Vision von Europa. Wir
wünschen uns ein Europa der Demokratien, in dem
selbständige Länder in Bereichen zusammenarbeiten, die
wir nicht alleine in den Griff bekommen, aber wir
wünschen uns keine EU, die zu einer neuen Supermacht
mit dem Militär einer Supermacht ausgebaut wird. Die
EU ist der mächtigste Handelsblock der Welt. Es gibt
Großmächte, die früher Kolonialmächte waren. Es ist
nicht sicher, dass wir überall in der Welt als so friedlich
eingeschätzt werden, wie wir uns selbst sehen. Auch um
des Friedens willen ist es besser, wenn wir uns mit der
UNO, der OSZE und der NATO begnügen, anstatt eine
neue Militärmacht aufzubauen.
2-153
Souchet (NI). – (FR) Herr amtierender Ratspräsident,
Herr Präsident, meine Herren Kommissionsmitglieder!
Man darf sich nicht mit schönen Worten begnügen. Wir
kommen nicht um die traurige Feststellung herum, dass
trotz einiger positiver Anzeichen, wie der Entscheidung
zur Realisierung des Satellitenortungsprogramms
09/04/2002
GALILEO und zum Bau des militärischen
Transportflugzeugs A400M bis 2008 nach endlosen und
mühsamen
Verhandlungen,
die
europäische
Verteidigung nicht in der Lage ist, konkrete Gestalt
anzunehmen und meist nicht über das Stadium der
Semantik oder der Komitologie hinauskommt.
Dass es so schlecht um die europäische Verteidigung
bestellt ist, liegt daran, dass das Verfahren der variablen
Geometrie nicht konsequent zur Anwendung kommt,
welches es den Mitgliedstaaten ermöglichen würde,
entsprechend
ihren
gemeinsamen
strategischen
Interessen zu handeln und daraus die einzusetzenden
Mittel abzuleiten.
Das gewählte ungeeignete Verfahren führt dazu, dass
wir immer noch nicht über die wichtigsten Elemente
verfügen,
die
unseren
gemeinsamen
Verteidigungsbedürfnissen gerecht würden. Wir haben
immer noch keine europäische Rüstungsagentur. Jetzt,
wo die Luftkampfflotten in der ganzen Welt ersetzt
werden müssen, stehen die Europäer dieser
Herausforderung schlecht gewappnet gegenüber und
lassen es im Gegensatz zu ihren entschlossenen und
innovativen amerikanischen Rivalen an Geschlossenheit
fehlen. Wir haben kein Raketenabwehrprogramm. Die
Verurteilung des amerikanischen Vorhabens ersetzt bei
den Europäern eine eigene Politik in diesem Bereich.
Ferner sind die Verteidigungshaushalte überall mit
Ausnahme des Vereinigten Königreichs im Schrumpfen
begriffen. In den letzten zehn Jahren haben die
Verteidigungshaushalte
den
meisten
unserer
Regierungen als Anpassungsvariable gedient und haben
so im Umfang und auch anteilig in erschreckender
Weise abgenommen.
Der Schock der Ereignisse des 11. September und die
Gewissheit, einen nunmehr ständigen Kampf gegen den
Terrorismus führen zu müssen, hat bei den europäischen
Spitzenpolitikern – seltsamerweise, denn wir sind
ebenso gefährdet – nicht zu dem erforderlichen Ruck
geführt. Es ist jedoch höchste Zeit, das verhängnisvolle
Gerede von den Friedensdividenden endgültig
einzustellen. Um den neuen Gefahren begegnen zu
können, kommen unsere Länder um eine beträchtliche
Erhöhung ihrer Verteidigungsaufwendungen nicht
herum. Dies wird umso schwerer sein, da man sich in
Europa an eine gewisse Bequemlichkeit gewöhnt hat. Es
ist vielleicht nicht ganz unnütz, dies in Zeiten des
Wahlkampfes in einigen Mitgliedstaaten hervorzuheben.
2-154
Morillon (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, Herr
amtierender Ratspräsident! Im Verlaufe der letzten zehn
Jahre ist sich die Öffentlichkeit immer mehr der
Notwendigkeit bewusst geworden, die Europäische
Union mit einer autonomen Verteidigungskapazität
auszustatten, damit sie bei der Regelung der
internationalen Angelegenheiten mit dem politischen
Gewicht auftreten kann, das ihr aufgrund ihrer
moralischen Autorität und ihrer Wirtschaftskraft
eigentlich zukommt. Die Union, die an der Lösung der
jugoslawischen Krise nicht beteiligt war, da sie nicht mit
09/04/2002
einer Stimme zu sprechen vermochte, die im Kosovo
einen Krieg führte, bei dem sich herausstellte, dass sie in
einer Reihe von wesentlichen Bereichen auf
amerikanische Mittel angewiesen war, ist auch heute
weiterhin auf der internationalen Bühne nicht präsent,
weder in Afghanistan noch im Nahen Osten, da sie in
der kurzen Zeit ihre wesentlichen Lücken nicht
schließen konnte und vor allem da es ihr an dem
politischen Willen fehlte, die dafür erforderlichen Mittel
aufzubringen.
Herr Kommissar Patten, wir werden keine Aufstockung
der Haushalte um 14 % fordern, doch bereits vor zwei
Jahren hat unser Parlament mit der Verabschiedung des
Initiativberichts unserer Kollegin Lalumière zur
Verteidigungspolitik eine grundlegende Passage
gebilligt, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden
– ich zitiere -, „nicht von vornherein eine Aufstockung
der Haushaltsmittel aus[zu]schließen, wenn eine solche
Aufstockung für die Glaubwürdigkeit der Union
notwendig ist.“ Es ist jedoch festzustellen, dass diese
Aufforderung nicht umgesetzt worden ist und dass –
abgesehen vom Vereinigten Königreich – die
europäischen
Regierungen
die
regelmäßige
Verringerung
ihrer
Verteidigungsaufwendungen
unerschütterlich fortgesetzt und so den erklärten
Absichten jegliche Glaubwürdigkeit entzogen haben.
Angesichts der beträchtlichen Anstrengungen, die die
USA nach dem Schock vom 11. September
unternommenen haben, muss die Europäische Union
heute ihrer Verantwortung nachkommen. Entweder
begnügt sie sich damit, ihren amerikanischen Partner die
militärischen Probleme allein regeln zu lassen, und
übernimmt es lediglich wie bisher, die Friedensprobleme
mehr oder weniger mit ihm zusammen zu regeln, wobei
sie dann, Herr Wiersma, Herr Lagendijk und Herr
Bonde, die Rolle der Athener im alten Rom spielt, oder
aber sie entscheidet sich endlich, ihre Ausgaben durch
Bündelung der bisher zersplitterten Aufwendungen nicht
nur effektiver zu gestalten, sondern, jawohl Herr
Kommissar Patten, diese auch zu erhöhen. Wenn ich
diese schwierige Entscheidung erneut vorschlage, halte
ich es für angebracht, darauf zu verweisen, dass die
gegenwärtig
für
Rüstungszwecke
entwickelten
Technologien stets dualer Natur sind und daher
Auswirkungen auf sämtliche zivilen und militärischen
Kapazitäten der europäischen Industrie haben werden.
Ja, im Vordergrund muss die Errichtung einer wirklichen
europäischen Rüstungsindustrie stehen, die in einer
ersten Phase – wie Sie, Herr Kommissar, und Sie, Herr
amtierender Ratspräsident, bereits darlegten – mit einem
gemeinsamen europäischen Haushalt für Forschung und
Entwicklung ausgestattet werden muss. Was halten Sie,
Herr amtierender Ratspräsident, vom Vorschlag des
französischen
Präsidentschaftskandidaten
François
Bayrou, einen solchen Haushalt möglichst rasch mit
einem Beitrag von 0,5 % des BIP jedes Mitgliedstaats zu
bilden?
2-155
Titley (PSE). – (EN) Herr Präsident, Kommissar Patten
bezweifelte, dass es uns gelingen würde, vor unseren
59
Wählern eine Forderung nach Erhöhung der
Verteidigungsausgaben zu rechtfertigen. Er vermutet zu
Recht, dass eine solche Forderung auf wenig Gegenliebe
stoßen würde.
Es
sollte
jedoch
möglich
sein,
die
Verteidigungsausgaben weit effizienter und effektiver zu
gestalten. Im Kosovo mussten wir feststellen, dass wir
zwar 60 % dessen ausgeben, was die Amerikaner
aufwenden, dass wir damit jedoch nur 10 % ihres
Einflusses erzielen. Als Steuerzahler möchte ich wissen,
was in diesem Fall mit unserem Geld geschieht. Die
Antwort lautet: Verschwendung, Ineffizienz und
Überschneidungen, und damit müssen wir uns
auseinandersetzen. Es ist Aufgabe der Kommission,
etwas dagegen zu unternehmen. Die Mitteilungen von
1996 und 1997 vermittelten den Eindruck, als habe die
Kommission dies auch vor. Doch während die
Kommission von Herrn Santer bereit war, kühn neue
Wege zu beschreiten, verschanzt sich die jetzige
Kommission hinter Barrikaden und scheut sich, in dieser
Sache den Mitgliedstaaten gegenüber entschlossen
aufzutreten. Sie kommt damit ihren Pflichten als Hüterin
der Verträge nicht nach.
Können Sie, Herr Liikanen, bestätigen, dass die
Entscheidungen C-70/94 und C-83/94 des Gerichtshofes
die Kommission dazu befugen, die Auslegung von
Artikel 296 EG-Vertrag durch die Mitgliedstaaten, die in
diesem Artikel eine Art von in den Römischen Verträgen
keineswegs beabsichtigten Freibrief sehen, anzufechten?
Wir wollen, dass die Kommission den Weg weist. Ich
begrüße, was Herr Liikanen gesagt hat, aber wir
kommen einfach nicht schnell genug voran. Wir können
unsere Truppen nicht in den Kampf schicken, wenn wir
nicht in der Lage sind, sie entsprechend zu unterstützen.
Wie George Robertson sagte, verhält es sich mit der
Frage der Gefechtsbereitschaft wie mit der der
Schwangerschaft: Es gibt nur eine Antwort, Ja oder
Nein. Man kann sich nicht einfach auf ein Drittel der
erforderlichen Verteidigungsfähigkeit beschränken, wie
der spanische Verteidigungsminister sagte. Wieso nur
ein Drittel? Wenn es uns mit einer europäischen
Verteidigungsidentität ernst ist, dann müssen wir den
entsprechenden Erfordernissen in vollem Umfang
gerecht werden. Ich möchte, dass wir ernsthaft nach
einer Lösung für dieses Problem suchen. Wir brauchen
jemanden, der Verantwortung übernimmt. Wir brauchen,
um einen Begriff aus der Fußballterminologie zu
gebrauchen, jemanden wie Roy Kean, der das Spiel
macht und dafür sorgt, dass unsere Gefechtsbereitschaft
den Anforderungen entspricht.
2-156
Duff (ELDR). – (EN) Herr Präsident, ich danke dem
Herrn Minister für seinen äußerst interessanten Beitrag
und seine Unterstützung für die Bildung eines
Ministerrates im Bereich Verteidigung. Was ich nicht
verstehe, das ist der genaue Status des zwischen
Großbritannien, den USA und der Türkei, zwischen der
Europäischen Union und den europäischen NATOMitgliedern, die nicht der EU angehören, ausgehandelten
60
Vertragsentwurfs. Obwohl der Vertragsentwurf noch
recht geheim ist, habe ich ihn sehr aufmerksam gelesen.
Meiner Ansicht nach widerspiegelt er recht getreu die
Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Nizza,
die besagen, dass durch die schnelle Eingreiftruppe nicht
nur die Sicherheitsinteressen der Europäischen Union,
sondern auch die der Türkei garantiert werden sollten.
Der Vertragsentwurf gestattet dem Rat die Hinzuziehung
der Türkei in Fällen, in denen kein NATO-Einsatz
erforderlich ist. Meiner Ansicht nach stellt das keine
Bedrohung der Autonomie der Europäischen Union dar.
Ich wäre sehr dankbar, wenn mir jemand erklären
könnte, worin das Problem im Rat besteht.
2-157
Lannoye (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, ich
möchte eine Frage aufwerfen, die mit den beiden heute
Nachmittag
debattierten
Politikbereichen
in
Zusammenhang steht. Es handelt sich um die
Problematik des Einsatzes von Waffen und Munition mit
abgereichertem Uran.
Ich erinnere daran, dass das Europäische Parlament am
15. Januar 2001 eine Entschließung angenommen hat, in
der die Annahme eines Moratoriums für den Einsatz
solcher Waffen und Geschosse gefordert wird. Vor
kurzem, am 27. März 2002, hat das Umweltprogramm
der Vereinten Nationen die Ergebnisse einer
Untersuchung über sieben im Balkankrieg 1999 durch
den Einsatz von Geschossen mit abgereichertem Uran
betroffene Gebiete in Serbien und Montenegro
veröffentlicht. Die Studie bestätigt eine allgemeine
Kontaminierung von fünf der sechs untersuchten
Gebiete; in zwei Gebieten ist das Vorhandensein von
abgereicherten Uranpartikeln in der Umgebungsluft
festzustellen. Die Messergebnisse belegen, dass durch
die Einschläge solcher Geschosse uranhaltiger Staub
weiträumig in die Umwelt gelangt ist.
Auch wenn der Grad der radioaktiven Verseuchung vom
UN-Umweltprogramm als gering angegeben wird, so
bestätigt diese Verseuchung doch nichtsdestoweniger die
Risiken, die von der Verwendung von Waffen und
Geschossen mit abgereichertem Uran natürlich für die
Militärangehörigen, aber auch für die Zivilbevölkerung
ausgehen, und zwar sicherlich über mehrere
Generationen.
Auch wenn dies heute noch durch keine offiziellen
Angaben bestätigt wird, bestehen doch zahlreiche
Hinweise darauf, dass ein Teil des massiv bombardierten
afghanischen Territoriums mit abgereichertem Uran
verseucht ist, so die Äußerungen von US-Außenminister
Rumsfeld, der von einem kontaminierten Gebiet sprach;
die von pakistanischen Wissenschaftlern geäußerten
Befürchtungen und vor allem die Bestätigung des
Einsatzes ferngesteuerter Bomben mit Kernen aus sehr
hartem Metall, wahrscheinlich abgereichertes Uran.
Nach unseren Informationen wird das UNEP in den
nächsten Wochen eine Studie über Kriegsauswirkungen
auf die Umwelt in Angriff nehmen. Es bleiben jedoch
Fragen, die ich dem Rat stellen möchte: Beabsichtigt der
09/04/2002
Rat, spezielle Maßnahmen zu ergreifen, um den Schutz
von Truppen und Hilfsorganisationen vor Ort in
Afghanistan zu gewährleisten? Welche Auffassung hat
der Rat hinsichtlich des langfristigen Einsatzes solcher
Waffen und Munition angesichts der Tatsache, dass es
sich dabei um Waffen handelt, deren Auswirkungen
unterschiedslos die Zivilbevölkerung ebenso wie die
militärischen Kräfte treffen?
2-158
Korakas (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Wieder
einmal wird eine Aussprache über die gemeinsame
Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie über die
Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen der
Europäischen Union und der NATO geführt, ohne dass
die Verantwortlichen den Gegner benennen, dessen
Bekämpfung die vorgeschlagene Verwendung und
Aufstockung der militärischen Mittel rechtfertigen
würde.
Nach Überzeugung der KPG und der anderen
friedliebenden Kräfte in Griechenland dient diese Politik
nicht dem Frieden. Es handelt sich vielmehr um eine vor
allem
auf
militärischem
Gebiet
praktizierte
Interventionspolitik, die je nach Belieben den Schutz der
Menschenrechte bzw. die Bekämpfung des Terrorismus,
den diejenigen, die jetzt intervenieren wollen, selbst
provozieren oder fördern, zum Vorwand nimmt, wobei
sie die Lasten auf das Volk abwälzt, die Gewinne jedoch
wie üblich dem Großkapital zuschanzt. Das Ziel besteht
in der Neuaufteilung der Märkte zugunsten der
Stärkeren. Lassen Sie es uns ganz offen sagen: Um
dieses Ziel zu erreichen, wird sogar aus dem
terroristischen Anschlag vom 11. September Profit
geschlagen. Dies geschieht in einer solch provokanten
Weise, dass man sich fragt, wer denn in Wirklichkeit
hinter den Anschlägen steckt.
Deshalb lehnen wir, lehnen alle friedliebenden Kräfte
diese Politik ab. Unsere Vision ist eine andere Welt, die
sich in jeder Hinsicht von der heutigen Welt, in der
bedauerlicherweise mehr und mehr die Gesetze des
Dschungels herrschen, unterscheidet.
2-159
Belder (EDD). – (NL) Herr Präsident! Die gemeinsame
Aussprache über die Verteidigungspolitik der
Europäischen Union und die Verteidigungsindustrie
spricht Bände. Zwar liegen zwei gesonderte
Entschließungsanträge vor, die Verbindung zwischen
beiden wird darin allerdings künstlich aufrechterhalten.
Ich bin dafür, beide Themen zu entflechten. Die
Verteidigungspolitik kann im Zusammenhang mit der
Europäischen Union vernünftig erörtert werden. Die
nationalen Verteidigungsanstrengungen vorzugsweise in
dem größeren Rahmen der NATO zu koordinieren
schadet nichts. Gleichwohl bleiben letztlich die
Mitgliedstaaten verantwortlich.
Eine europäische Verteidigungspolitik setzt allerdings
Übereinstimmung über ein strategisches Konzept voraus.
Und dabei geht es meines Erachtens nicht um headline
goals und den Entwurf nebulöser Szenarien. Was
09/04/2002
bezweckt denn Europa schließlich mit seiner
Verteidigungspolitik? Welche konkreten Bedrohungen
gibt es, und wie vermögen wir darauf eine passende
Antwort zu geben? Bis zum heutigen Tage bleibt der Rat
eine einmütige Antwort schuldig.
Vereinbarungen über die Verteidigungsindustrie auf
europäischer Ebene zu treffen, halte ich nicht für
sinnvoll. Das Argument, dies gereiche der ESVP zum
Vorteil, ist nicht stichhaltig. Offenbar geht es hier einzig
und allein um die Interessen der Großindustrie. In der
Praxis wird militärisches Gerät mit Hilfe von Joint
Ventures hergestellt. Diese sind nicht auf den
europäischen Kontinent beschränkt.
Außerdem herrscht in der europäischen Industrie derzeit
kaum Einigkeit. Die Belange der einzelnen
Mitgliedstaaten wiegen schwer. EU-Projekte verlaufen
im Allgemeinen zögerlich. Deshalb stellt sich nur die
Frage, was letztendlich der militärischen Fähigkeit, die
im Moment erheblich begrenzt ist, mehr zugute kommt,
europäisches oder anderes Gerät?
2-160
Kronberger (NI). – Herr Präsident! Die Aufteilung der
Welt in Gut und Böse ist keine zielführende Definition
für eine aktive Friedenspolitik - zumal die Definition
von Gut und Böse einseitig gemäß den jeweiligen
Interessen vorgenommen wird. Jeder militärische
Konflikt hat eine Vorgeschichte. Man darf z. B. nicht
vergessen, dass das Taliban-Regime in Afghanistan von
multinationalen Ölinteressen unterstützt und gefördert
worden ist. Dies war allgemein bekannt.
Bereits damals wäre es wichtig gewesen, auf die
Gefahren, die aus dieser Unterstützung resultieren,
hinzuweisen. Wenn nun die Vereinigten Staaten
androhen, in Zukunft den Irak und möglicherweise auch
noch andere Staaten wie den Iran und Nordkorea
anzugreifen, so ist das ein enorm gefährliches Spiel, das
jederzeit außer Kontrolle geraten kann. Die Europäische
Union muss hier stärker als bisher als Hüterin der
Wertestandards des Völkerrechts auftreten. Dies bedarf
eines hohen Ausmaßes an Zivilcourage und
Unabhängigkeit.
2-161
von Wogau (PPE-DE). – Herr Präsident, verehrte
Kolleginnen und Kollegen! Wenn es heute in dieser
Debatte auch um die industriellen Aspekte der
europäischen Verteidigungspolitik geht, dann ist das ein
wichtiges Ereignis. Wir sollten uns daran erinnern, dass
die Väter der Europäischen Union diese nicht deswegen
gegründet
haben,
weil
sie
wirtschaftlich
zusammenarbeiten wollten, sondern dass deren erste
Aufgabe sein sollte, den Frieden zu sichern, und dass es
schon in den Jahren 1952 bis 1954 ein Projekt für eine
europäische Verteidigungspolitik gegeben hat. Es ist
richtig, dass wir diesen Faden heute wieder aufgreifen.
Kommissar Patten hat uns herausgefordert. Er hat uns
die Frage gestellt: Wären wir bereit zu fordern, dass
14 % mehr für Verteidigung ausgegeben werden, wie
das in den Vereinigten Staaten der Fall ist? Ich möchte
61
aber zunächst einmal eine andere Forderung stellen, die
Forderung nämlich, dass wir das Geld, das wir ohnehin
für Verteidigung aufwenden, sinnvoller ausgeben, dass
nicht 15 unterschiedliche Politiken auf diesem Gebiet
betrieben werden, sondern dass die Synergien genutzt
werden, die dadurch möglich sind, dass wir in diesem
Bereich zusammenarbeiten.
Dazu gehört, dass in diesem Bereich vermehrt die
Regeln des europäischen Binnenmarktes angewendet
werden müssen. Hier gibt es Ausnahmen, die sinnvoll
sind, aber diese Ausnahmen werden zu extensiv
angewendet, und darum müssen wir dafür sorgen, dass
diese Regeln zunehmend Anwendung finden. Wenn 15
verschiedene Nationen letztendlich zusammenarbeiten,
dann gehört dazu auf diesem Gebiet auch eine gewisse
Standardisierung,
weil
sonst
die
größten
Kompatibilitätsprobleme entstehen. Wir haben im
zivilen Bereich Verfahren bei der Standardisierung
entwickelt, die auch in diesem Zusammenhang,
insbesondere im Hinblick auf den dualen Gebrauch,
nützlich sein können.
Schließlich sollten wir uns vor Augen führen, dass das
wichtigste Pilotprojekt auf diesem Gebiet die
Kriseninterventionstruppe ist, die in Helsinki
beschlossen wurde. Die Frage ist: Sollte die Europäische
Union in absehbarer Zeit tatsächlich die Führung in
Mazedonien übernehmen? Ich bin der Auffassung, dass
wir dies sehr sorgfältig prüfen müssen. Wir dürfen hier
nicht den ersten Schritt vor dem nächsten tun. Wir
dürfen nicht in eine Situation kommen, in der wir von
irgendeiner Seite erpresst werden, denn dieser erste
Einsatz Europas wird für uns von allergrößter Bedeutung
sein.
2-162
Lalumière (PSE). – (FR) Herr Präsident, Herr
amtierender Ratspräsident, meine Herren Kommissare!
Zuerst möchte ich Ihre Anwesenheit, Herr Minister, in
unserem Haus begrüßen. Im Verlauf der einzelnen
Präsidentschaften ist es nunmehr üblich geworden, dass
uns die Verteidigungsminister einen Besuch abstatten,
was ein wirklicher Fortschritt ist. Ich möchte auch
begrüßen, dass Sie auf die ESVP ihren Wahlspruch
„Mehr Europa“ anwenden wollen. In diesem
Zusammenhang möchte ich darauf verweisen, dass die
ESVP sehr beliebt ist, da sich nach den EurobarometerBefragungen über 70 % der Europäer eine europäische
Sicherheits- und Verteidigungspolitik wünschen, sofern
diese glaubwürdig ist. Ebenso begrüße ich Ihre Absicht,
an der Einführung einer mediterranen Dimension der
ESVP arbeiten zu wollen.
Neben diesen positiven Punkten möchte ich Ihnen
meinerseits zwei Fragen stellen, deren erste wie folgt
lautet: Was unternimmt die spanische Präsidentschaft,
um die Verhandlungen zwischen der Europäischen
Union und der NATO voranzubringen, um den
Widerstand einiger Länder zu überwinden? Herr
Minister, Sie haben diesen Punkt bereits angesprochen.
Können Sie uns genau sagen, wie der heutige Stand in
dieser Hinsicht ist? Parallel dazu haben Sie
62
Überlegungen zur Zukunft der NATO und über die
möglichen Folgen der Veränderungen der NATO für
unsere
europäische
Sicherheitsund
Verteidigungspolitik unter Berücksichtigung der
jüngsten Stellungnahmen unserer amerikanischen
Freunde, der Appelle Russlands und der Entwicklung
seit dem 11. September eingeleitet.
Meine zweite Frage richtet sich gleichermaßen an den
Minister wie an den Kommissar. Es handelt sich um die
Folgen des 11. September sowohl für die zivilen Mittel
der Kommission als auch für die in die Kompetenz des
Rates fallenden militärischen Mittel. Herr Minister, Sie
haben den Antiterrorkampf erwähnt, doch Sie haben
nichts dazu gesagt, ob unsere seit Köln und Helsinki
festgelegte ESVP für diese neue Kampfform geeignet
ist. Kann man sich auf unsere ESVP nicht nur bei den
Petersberg-Missionen verlassen, sondern auch im
Antiterrorkampf? Müssen nicht einige Elemente unseres
Konzepts neu überdacht werden, und wenn ja, welche?
Ist die spanische Präsidentschaft bereit, solche neuen
Überlegungen einzuleiten? Diese scheinen mir
notwendig zu sein.
2-163
Atkins (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, im Bereich
der militärischen Beschaffungswirtschaft ist der
Grundsatz der europäischen Zusammenarbeit fest
etabliert. Ich habe es bei zahlreichen Projekten in meiner
Region, wie z. B. beim Tornado, dem Eurofighter und
selbst beim Airbus und davon abgeleiteten Erzeugnissen,
in Aktion gesehen. Ich war sogar eine Zeit lang der für
Aerospace und damit den Airbus zuständige Minister
und gehöre damit zu jenen, die den A400M möglichst
bald in der Luft sehen wollen.
Zwischen den Unternehmen im englischen Nordwesten
und Spezialisten in der ganzen Europäischen Union
besteht eine enge und langjährige Zusammenarbeit, und
diese Unternehmen hoffen beispielsweise auf eine
Mitarbeit am Galileo-Projekt, wobei es keine Rolle
spielt, ob es militärisch genutzt wird oder nicht.
Die Rüstungsindustrie ist für die Union von immenser
Bedeutung. Zum einen natürlich aus militärstrategischen
Gründen, aber auch aus Gründen der Hochtechnologie.
So können militärtechnische Entwicklungen häufig für
zivile Zwecke genutzt werden. Und schließlich leistet
dieser Wirtschaftszweig mit seinen Arbeitsplätzen,
Infrastruktureinrichtungen und Gewinnen einen Beitrag
zur Entwicklung der Kommunen. Doch es gibt auch
Verschwendung. Da werden Kosten überschritten,
Prämien gezahlt, außervertragliche Zuwendungen oder auf gut Deutsch - Bestechungsgelder vermittelt usw.
Auch in der Rüstungsindustrie sollte in abgewandelter
Form gelten, was beim Militär gilt - Kooperation,
Koordination und Kostenkontrolle.
Wie viele meiner Kollegen in der Gruppe der britischen
Konservativen habe auch ich grundsätzliche Bedenken,
was die EVSP betrifft. Welche Auswirkungen werden
beispielsweise die Kontrolle und Beschränkungen von
Waffenexporten auf die souveränen Rechte der
09/04/2002
Mitgliedstaaten haben? Worin bestehen die konkreten
Aufgaben der Europäischen Rüstungsagentur? Warum
sollte die Erfüllung der aus der EVSP resultierenden
Anforderungen für die Verteidigungsfähigkeit oberste
Priorität genießen?
Generell sind diese Ziele jedoch zu begrüßen, und mit
etwas Geschick sollten sie auch zu erreichen sein. Ich
befürworte die Ziele vom Grundsatz her.
2-164
Swoboda (PSE). - Herr Präsident, Herr Ratspräsident,
sehr geehrte Herren Kommissare! Kommissar Patten
meinte, wir sollten die nichtmilitärischen Aspekte der
europäischen Außen- und Sicherheitspolitik nicht
unterschätzen. Das ist absolut richtig! Auf der anderen
Seite ist es aber ebenso richtig, wie Elmar Brok und
Gary Titley festgestellt haben, dass unsere
Militärausgaben von hoher Ineffizienz getragen sind,
insbesondere aus europäischer Perspektive.
Derzeit herrschen – und das ist kein Geheimnis – in
vielen Ländern der Europäischen Union Unsicherheit
und sogar Chaos bei der Beschaffungspolitik. Wir
brauchen einen von Rat und Kommission gemeinsam
eingesetzten
Beauftragten
für
Verteidigung,
insbesondere für das militärische Beschaffungswesen. Er
oder sie müssten sowohl dem Hohen Vertreter für die
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, also Herrn
Solana, als auch den Kommissaren Patten und Liikanen
gegenüber
Rechenschaft
ablegen
und
einen
gemeinsamen Verteidigungs- und Beschaffungsplan
entwickeln.
Es geht primär nicht, Kommissar Patten, um
Mehrausgaben für militärisches Gerät, es geht um eine
aufeinander abgestimmte, vorrangig auch für die
europäische Verteidigung geeignete Beschaffungspolitik
in den Mitgliedsländern der EU. Das ist ein Gebot der
Sicherheit, der Effizienz und der Sparsamkeit.
2-165
Oostlander (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Schon
oft war zu hören, die Europäische Union sei
gewissermaßen ein wirtschaftlicher Riese, aber ein
militärischer und politischer Zwerg. Die Öffentlichkeit
hat das damals kaum glauben können. Die Kriege in
Jugoslawien haben dies letztendlich jedem, der es nur
sehen wollte, ganz nachdrücklich zu Bewusstsein
gebracht. Hohe Militärs nahezu des gesamten
europäischen Pfeilers der NATO haben sich im
Fernsehen dahingehend geäußert, wir könnten die JNA,
die in Auflösung begriffene jugoslawische Armee, nicht
besiegen. Das hat ein zutiefst trauriges Bild von dem
gezeichnet, wozu wir als Europäische Union und
europäischer Pfeiler der NATO in der Lage sind.
Erfreulicherweise haben wir seit dieser Zeit gelernt. Wir
haben gelernt, uns der Geschehnisse zu schämen, und
offensichtlich haben wir doch auch Fortschritte erzielt.
Wir haben sogar den Mut, bestimmte Aufgaben zu
übernehmen, den Amerikanern abzunehmen. Die Rede
ist von Mazedonien und von einer speziellen Rolle der
Europäischen Union, gerade in Bosnien.
09/04/2002
Es geht also vorwärts. Von dem Mut, die
Militärausgaben aufzustocken, ist allerdings noch wenig
zu spüren. Herr Patten hat bereits darauf hingewiesen:
im Grunde gibt es in diesem Parlament durchaus eine
klare
Mehrheit
für
eine
Anhebung
der
Verteidigungshaushalte, aber man muss verdammt gut
zwischen den Zeilen lesen können, um zu erkennen, dass
dem auch so ist.
Für noch entscheidender halte ich eigentlich, dass
unseren Anstrengungen kein Erfolg beschieden ist.
Soeben wurde schon dargestellt, woher das rührt.
Zahlreiche Elemente spielen eine Rolle: verschiedene
Argumente, nationale Überlegungen weniger rationaler
Art, die Einstellung des Redners, die wirtschaftlichen
Vorteile für die Industrie und diverse Gesichtspunkte
sind
dann
relevant,
wenn
es
um
Verteidigungsanstrengungen und Beschaffung geht.
Prinzipiell haben wir ein starkes Bedürfnis an
europäischer Politik mit einer klaren Vision. Und die
Bevölkerung erkennt das klar und deutlich, wie auch die
Zahlen von Frau Lalumière beweisen, aber wie wir
soeben auch vernommen haben, ist das in manchen
Ministerien bei weitem noch nicht so populär. Wir
sollten die Botschaft weiterhin verkünden. Nationale
Souveränität ist insofern sinnvoll, als sie insbesondere
der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger dient. Falls
das nicht machbar ist, indem man die nationale
Souveränität davon trennt, müssen wir lernen, es in
einem breiteren Kontext zu sehen.
2-166
Katiforis (PSE). – (EL) Herr Präsident, Herr
Ratspräsident, verehrte Kommissare, liebe Kolleginnen
und Kollegen! Eine besondere und bedeutende Seite der
gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
stellen die Beziehungen zwischen den in der Aufstellung
befindlichen europäischen Streitkräften und der NATO
dar.
Ein Aspekt dieser Beziehung besteht darin, dass die
NATO die Organisation für die kollektive Sicherheit ist,
auf die Europa seine Verteidigung stützt. Dieses
Konzept ist weder darauf ausgerichtet, noch in der Lage,
die Rolle der NATO zu übernehmen. Das steht außer
Frage.
63
Ein Langzeitabkommen über die Nutzung von NATOMitteln durch die europäischen Streitkräfte würde
zweifellos einen Fortschritt darstellen, aber wir wissen
alle um die enormen Schwierigkeiten, die einem solchen
Abkommen im Wege stehen und die wir zu überwinden
hoffen.
Ein Kollege hat gesagt, auch die Griechen müssten
bestimmte Dinge akzeptieren. Ich weiß nicht, welche
damit gemeint sind. Die Unabhängigkeit der
europäischen Verteidigungspolitik ist keine spezifisch
griechische Angelegenheit. Das anzunehmen wäre doch
lächerlich. Das Problem hat eine weitaus größere
Dimension, es betrifft die Glaubwürdigkeit unserer
Politik, und uns allen ist auferlegt, sie zu bewahren.
2-167
Medina Ortega (PSE). – (ES) Herr Präsident, ich
möchte den Herrn amtierenden Ratspräsidenten zu dem
wichtigen Impuls beglückwünschen, den er dem Start
der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
durch die Einberufung eines speziellem Rates
„Verteidigung“ verliehen hat.
Ich glaube, die heutige Debatte kann eine große Hilfe für
die Politik darstellen, die der amtierende Ratspräsident
verfolgen will, denn es besteht ein kleiner Unterschied in
der Beurteilung zwischen ihm und vielen der
Teilnehmer: Der Herr amtierende Ratspräsident hat den
zwischenstaatlichen Charakter der Verteidigungspolitik
betont, und hier haben einerseits Herr Brok und
andererseits eine Reihe weiterer Abgeordneter wie Herr
Titley, Herr Marset, Herr Morillon usw. und die
Kommissionsmitglieder Patten und Liikanen darauf
hingewiesen, dass es Elemente für eine europäische
Politik im Bereich der Rüstungsindustrie gibt.
Artikel 296 ist ein Schloss, das nicht vollkommen
verriegelt ist. Es gibt einen Schlüssel; es besteht die
Möglichkeit, es zu öffnen: Wir haben bereits eine
Rechtsprechung des Gerichtshofs, die den Weg dazu
ebnet, und ich hoffe, dass der Rat neben den Aktionen
auf zwischenstaatlicher Ebene die Möglichkeit einer
Entwicklung des Gemeinschaftsrechts speziell auf
Gemeinschaftsebene in Betracht zieht.
2-168
Zudem gibt es für die europäischen Streitkräfte keinen
Grund, Mittel zu erwerben, über die die NATO bereits
verfügt, da es keinen Sinn macht, Ausgaben doppelt zu
tätigen. Ich bin mir nicht sicher, ob der zweite Punkt
gleichbedeutend mit dem ersten ist. Dieser Ansatz setzt
die völlige konzeptionelle Übereinstimmung und
Kongruenz in Bezug darauf voraus, wie die Europäische
Union und die NATO Politik machen, und diese völlige
Übereinstimmung kann niemand garantieren. Es ist
wirklich nicht beabsichtigt, zur NATO eine konträre,
feindselige Haltung einzunehmen, aber das Bündnis
könnte
bereits
eine
geringfügige
Meinungsverschiedenheit zum Anlass nehmen, den
Streitkräften der EU die Bereitstellung seiner
Ausrüstungen zu verweigern.
Trillo-Figueroa, Rat. – (ES) Herr Präsident, ich knüpfe
an die letzten Worte des Abgeordneten Professor
Medina Ortega an. Ich gestehe, dass mich der Grad der
Unterstützung überrascht hat, den wahrscheinlich keiner
meiner
Amtskollegen
für
Verteidigung
vom
Europäischen Parlament mit allen logischen Nuancen
seiner legitimen Pluralität für die europäische
Sicherheits- und Verteidigungspolitik festzustellen
Gelegenheit hatte. Ebenso überraschen mich die vielen
Möglichkeiten und Varianten, die sich in jeder einzelnen
Rede eröffnet haben, für die ich danke und die ich
sorgfältig vermerkt habe.
Ich glaube, Frau Lalumière hat Recht, wenn sie sagt,
dass
die
europäische
Sicherheitsund
Verteidigungspolitik nach dieser Sitzung und im
64
Ergebnis der Umfragen, die sie uns vorgetragen hat – die
im Wesentlichen mit denen meines Landes
übereinstimmen –, eine gute Perspektive hat.
Ich möchte meine Antworten einteilen in Überlegungen
für die nächste Zukunft und die für eine Zukunft, die ich
mir zum Greifen nahe wünsche, die aber vielleicht noch
in einiger Ferne liegt.
Mit besonderem Interesse verfolgte ich die
Ausführungen von Kommissar Patten zu den
Haushaltsthemen wie auch die Antwort, die unter
anderem Herr Souchet dazu gegeben hat. Könnten wir
doch solche Dinge immer und in allen Parlamenten
hören. Die Verteidigungsminister der Mitgliedstaaten
sind für jeden Fortschritt im Europäischen Parlament
überaus dankbar und wünschen sich, dass dieses Beispiel
Schule macht.
Ich will die Argumentation von Herrn von Wogau
fortsetzen, der von der Nutzung der Synergieeffekte
sprach. Es geht nicht nur darum, einen zusätzlichen
Haushalt im Schoße der Union zu schaffen. Es geht auch
um Anstrengungen zur gemeinsamen Gestaltung unserer
Rüstungspolitiken, denn wenn wir die Anforderungen,
die Programme und die Verwaltung über eine
europäische
Agentur
zur
Koordinierung
der
Vermarktung und natürlich der Finanzierung
zusammenlegen, sparen wir in der Tat Geld. Wir
erhöhen nicht nur unsere Effektivität, wie es unsere
Aufgabe ist. Wir sparen ein. Ich gebe zu, dass der
Abstand nicht aufholbar ist, der durch die hier genannte
14 %ige Aufstockung in den USA entsteht, aber diese
Unterschiede zwischen unseren Programmen, die wir
vereinen müssen, sind überwindbar und müssen es sein.
Im Übrigen, würde dies für die KMU nicht nachteilig
sein, denn in allen Ländern gibt es Beispiele, wie die
kleinen und mittleren Unternehmen ihre Produktion an
die großen Programme ankoppeln und eine
Beteiligungsquote jenseits der großen europäischen
Konzerne erreichen, die fraglos unvermeidlich und im
transatlantischen Sinne vielleicht die Zukunft der
Unternehmen sind. Aber auf diesen Punkt will ich nicht
näher eingehen.
Herrn Marset möchte ich beruhigen, was das Recht
angeht. Unsere Union basiert unter anderem auf dem
Recht. Dies war auch die Sorge der Präsidentschaft bei
der Einberufung der Tagung von Salamanca. Wir halten
es für unbedingt notwendig und nicht weniger dringlich,
dass wir alle gemeinsam – und natürlich mit der völlig
unabdingbaren Unterstützung dieses Parlaments – darauf
hinwirken, dass dieses Recht der Petersberg-Aufgaben
sofort zur Anwendung kommen kann, wenn diese
Missionen ausgeführt werden.
Sie fragen nach den Beziehungen zur NATO. Herr
Marset selbst hat das Subsidiaritätsprinzip in Frage
gestellt, was Herr Katiforis danach bestätigte. Tatsache
ist, dass die NATO heute als Instrument der kollektiven
Verteidigung absolut unersetzbar ist. Nicht einmal unter
uns wäre es möglich, zum jetzigen Zeitpunkt über eine
europäische Armee zu sprechen. Ich bin sicher, dass, wie
09/04/2002
es bisher Übereinstimmungen gab, auch ernsthafte
Meinungsverschiedenheiten auftreten könnten. Die
kollektive Verteidigung ist heute der Atlantischen
Allianz auf der Grundlage des Vertrags von Washington
übertragen und von ihr übernommen worden. Wir haben
– wie Herr Duff in seinem Redebeitrag sagte – noch eine
weitere Vision von der Atlantischen Allianz, was nicht
daran hindert – eher ist das Gegenteil der Fall –, dass wir
in
dieser
europäischen
Sicherheitsund
Verteidigungspolitik vorankommen, unsere Missionen,
die Integration, die Rüstungspolitik und die Institutionen
erweitern.
Frau Lalumière fragt mich, welche Änderungen sich in
der NATO nach dem 11. September vollzogen haben.
Notgedrungen muss ich mich dazu sehr kurz halten: In
erster Linie werden ständige Beratungen mit Russland
durchgeführt, die vor dem 11. September undenkbar
waren. Ich muss hier bestätigen, dass ohne die
Unterstützung Russlands die Operationen der
internationalen Koalition in Afghanistan nicht möglich
gewesen wären und nicht das Ergebnis gebracht hätten,
von dem einige sagen, dass es in zwei Monaten erreicht
wurde, obwohl die Aktionen noch nicht abgeschlossen
sind. Russland hat zu diesem Zeitpunkt so vorzügliche
Beziehungen mit der Atlantischen Allianz, dass es
widersinnig wäre, diese Gelegenheit ungenutzt
verstreichen zu lassen, um stabile Mechanismen mit den
erforderlichen institutionellen Reformen zu errichten.
Was die Erweiterung der Allianz angeht, so hat der
11. September meiner Ansicht nach bei uns allen das
Gefühl hinterlassen – wie natürlich auch beim
Ratsvorsitz und bei der spanischen Regierung –, dass die
Erweiterung mehr auf die ideologische Gemeinschaft als
auf die strikte Erfüllung militärischer Anforderungen
gerichtet sein sollte, denn wir haben bemerkt, dass jene
Werte, die wir gemeinsam verteidigen und von denen
die Europäische Union getragen wird, nicht von allen
akzeptiert werden und dass sie auf dem Spiel stehen.
Deshalb müssen wir besonders verständnisvoll
gegenüber jenen Ländern sein, die gerade in der
Demokratie und bei der Verteidigung dieser Werte
angekommen sind und an ihrer gemeinsamen
Verteidigung mitwirken wollen.
Zunächst hat Herr Patten – und dann viele von Ihnen,
meine
Damen
und
Herren,
–
auf
den
pfeilerübergreifenden Charakter hingewiesen, den die
Einordnung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik
haben sollte. Ich möchte das Parlament daran erinnern –
ich habe das vorher nicht getan –, dass diesen Charakter
zweifellos bereits das Satellitenzentrum von Torrejón
besitzt, das in den Besitzstand der Westeuropäischen
Union eingegangen ist, wie auch das Institut für
Sicherheitsstudien von Paris, das ebenfalls aus der
Westeuropäischen Union hervorgegangen ist und derzeit
im Übrigen – in erster Linie auf Betreiben des
belgischen und jetzt des spanischen Ratsvorsitzes – eine
Studie zum europäischen Weißbuch über Verteidigung
durchführt. Dieses Weißbuch kann von großem Interesse
sein, denn ich glaube, bis jetzt spielen wir alle auf
dasselbe Tor, haben aber unterschiedliche Vorstellungen
09/04/2002
vom Ziel der europäischen
Verteidigungspolitik.
65
Sicherheits-
und
bekommen. Könnte der Ratspräsident bestätigen, dass er
nicht in der Lage ist, darauf zu antworten?
Es war die Rede von der institutionellen Reform, an der
mit der Studie des COPS und des Hohen Vertreters
gearbeitet wird. Hier möchte ich, und damit komme ich
zum Schluss, Herr Präsident, die Fragen von Herrn
Salafranca zu meinen vielleicht bescheidenen Visionen
über die nächste Zukunft der europäischen Sicherheitsund Verteidigungspolitik beantworten. Dazu einige
kurze, streng persönliche Überlegungen: Zum Ersten
muss im Konvent die institutionelle Struktur dieses
Pfeilers
neu
beraten
werden,
wobei
ihr
pfeilerübergreifender Charakter zu berücksichtigen ist.
Daher müssen die einstweiligen Organe, aus denen in
kurzer Zeit ständige Einrichtungen wurden, nochmals
überdacht werden. Zum Zweiten, die Missionen. Fraglos
müssen die Missionen erweitert werden. Faktisch wäre
die Erklärung von Sevilla, die wir zum Problem des
ausschließlich von außen angreifenden Terrorismus
vorbereiten, bereits eine Erweiterung der PetersbergAufgaben von Helsinki. Zu berücksichtigen sind auch
die hier genannten Mechanismen der verstärkten
Zusammenarbeit. Wir haben in einigen Ländern bereits
Eurofor, Euromarfor und einige andere Formen der
Zusammenarbeit im Bereich der seegestützten
Luftstreitkräfte in Gang gesetzt. Und schließlich muss –
warum
denn
nicht?
–
auch
an
einige
Konvergenzkriterien gedacht werden, bei denen – ohne
dass es mir zukommt aufzuzeigen, welche – natürlich
der Qualität der Vorzug vor der Quantität und dem
Zusammentreffen bestimmter Voraussetzungen gegeben
werden muss.
2-171
(Beifall)
Zum Dritten erinnere ich Sie daran, dass die belgische
Präsidentschaft eine von der spanischen Präsidentschaft
fortgeführte Studie über die zweckmäßigsten
Maßnahmen zur Gewährleistung der Gesundheit der
Truppen in Auftrag gab. Und schließlich muss ich Ihnen
sagen, dass der wissenschaftliche Ausschuss, der in
Spanien das Problem prüfte – und dies waren
unabhängige Wissenschaftler von Universitäten und
Kliniken –, versicherte, dass keine direkte Beziehung
zwischen dem Einsatz von abgereichertem Uran und
gewissen Tumoren, die bei einigen Soldaten festgestellt
worden waren, hergestellt werden kann.
2-169
Liikanen, Kommission. – (EN) Herr Präsident, Herr
Titley bat die Kommission um eine Antwort auf eine
sehr detaillierte Frage zu den Entscheidungen des
Gerichtshofs in Bezug auf die Auslegung von
Artikel 296 EG-Vertrag. Die Kommission hat diese
Rechtsprechung zur Verbesserung ihrer Regelung zur
Ausfuhrkontrolle von Gütern und Technologien mit
doppeltem Verwendungszweck genutzt. Wie ich bereits
in meinem Beitrag sagte, hat die Kommission
Maßnahmen gegen zwölf Mitgliedstaaten ergriffen, die
Artikel 296 EG-Vertrag im Zusammenhang mit Zöllen
auf Waffenimporten missbraucht und damit die
Einrichtung eines Gemeinsamen Zolltarifs verhindert
hatten. Die Kommission wird in diesem Sinne
weiterarbeiten.
Ich möchte dem Parlament für eine sehr interessante
Debatte danken. Sehr wichtig ist, dass wir uns auch
weiterhin für eine leistungsfähige Verteidigungsindustrie
und wirksame Verteidigungsfähigkeit in Europa
einsetzen.
2-170
Lannoye (Verts/ALE). – (FR) Ganz kurz, Herr
Präsident: Ich habe keine Antwort auf meine Frage zu
den Waffen und Geschossen mit abgereichertem Uran
Der Präsident. – Ich denke, er ist bereit, Ihre Frage zu
beantworten. Ob er dazu in der Lage ist, das vermag ich
nicht zu sagen.
2-172
Trillo-Figueroa, Rat. – (ES) Herr Präsident, Herr
Abgeordneter! Entschuldigen Sie, aber der Zeitdruck,
den Sie so gut meistern, hat mich an einer Antwort
gehindert. Ich werde es nunmehr gern tun.
Zum Ersten muss ich Ihnen sagen, dass unsere
Informationen nicht mit den von Ihnen genannten
übereinstimmen. Nach meiner Information, die durchaus
freigegeben werden kann, wurde in Afghanistan keine
Munition mit abgereichertem Uran verwendet, und dies
haben auch die im Rahmen der ISAF operierenden
Einheiten mit ABC-Spürausrüstungen direkt in
Afghanistan erklärt.
Zum Zweiten und zu Ihrer Frage über die
Schutzmaßnahmen, die getroffen wurden: Neben der
Ausrüstung der von den verschiedenen Ländern nach
Kabul oder – wie im Fall von Spanien – nach Bagram
entsandten Einheiten mit ABC-Spürgeräten halten die
Sanitätseinheiten sehr genaue Verhaltensregeln ein und
verfolgen ständig die Situation, sowohl hinsichtlich
solcher gesundheitlicher Schädigungen als auch in
Bezug auf die Risiken, die sich aus der innenpolitischen
Situation
des
Landes
oder
infolge
von
Widerstandsnestern ergeben können.
2-173
Der Präsident. – Die gemeinsame Aussprache ist
geschlossen.4
Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.00 Uhr
statt.
2-174
Lage im Nahen Osten
2-175
Der Präsident. – Es folgen die Erklärungen des Hohen
Vertreters für die Gemeinsame Außen- und
4
Entschließungsanträge gemäß Artikel 37 Absatz 2 und Artikel 47
Absatz 5 der Geschäftsordnung: siehe Protokoll.
66
Sicherheitspolitik, Herrn Solana, des Rates und der
Kommission zur Lage im Nahen Osten.
Bevor ich Herrn Solana bitte, die Debatte zu eröffnen,
möchte ich – und das bitte ich ins Protokoll
aufzunehmen
–
Herrn
Solana
und
dem
Kommissionsmitglied, Herrn Patten, im Namen des
Parlaments meinen Dank aussprechen, denn beide haben
u. a. auch mit dem spanischen Ratsvorsitz spezielle
Absprachen getroffen, um zu dieser Debatte hier sein zu
können.
2-176
Solana, Hoher Vertreter für die GASP. - (ES) Meine
Damen und Herren Abgeordneten, seit ich mein Amt
angetreten habe, war ich immer bemüht, offen, deutlich
und mit Achtung zu den Mitgliedern dieses Parlaments
zu sprechen. Ich glaube, dass die heutige Debatte eine
der schwierigsten ist, an denen ich mich je beteiligt
habe, und wir müssen sie mit der gewohnten
Verantwortung und dem gewohnten politischen
Verstand führen.
Das Problem, das wir heute Nachmittag behandeln,
betrifft uns sehr und ist wichtig, denn es hat mit unseren
Werten zu tun, und es hat auch mit unserer Sicherheit
und unseren Interessen zu tun. Deshalb, so denke ich, ist
es die Pflicht von uns allen und aller heute hier
vereinigten Institutionen, sich auf die Suche nach
Formeln zu begeben, die eine Lösung des Problems
ermöglichen. Wir müssen Teil einer Lösung des
Problems sein, nicht Teil des Problems.
Die derzeitige Lage im Nahen Osten ist ohne Zweifel
dramatisch, tragisch und gefährlich, da sie Folgen hat,
die nicht nur die dort lebenden Menschen, sondern die
Region betreffen. Wir müssen uns der brutalen Realität
mit jenem Verantwortungsgefühl stellen, das wir
Europäer immer gehabt haben.
Ich glaube ernsthaft, dass wir an die Grenze des
Vertretbaren gelangt sind. Die Dinge, die sich in dem
Gebiet abspielen, führen nirgendwohin, sie führen nicht
zu einer Lösung des Problems, sondern sie führen nur zu
Verzweiflung und zu Elend. Deshalb glaube ich, dass
wir an allen Fronten aktiv werden müssen, nicht nur, um
die unmittelbare Krise zu lösen, die wir in diesen
Stunden erleben, sondern auch, um uns um eine
Beseitigung ihrer Ursachen zu bemühen.
Ich möchte einige kurze Überlegungen zu diesen drei
Punkten anstellen: Es besteht wohl kein Zweifel darüber,
dass alle in diesem Parlament Anwesenden und alle
Bürger Europas den Terrorismus verurteilt haben, ihn
verurteilen und verurteilen werden. Aus diesem Grund,
so denke ich, können wir mit der Offenheit, die wir
gegenüber unseren Freunden in Israel immer an den Tag
gelegt haben, behaupten, dass wir den Terrorismus
hunderttausend Mal und so oft, wie es nötig sein mag,
verurteilen werden und dass wir ihn keinesfalls
gutheißen. Mit derselben Offenheit können wir aber
unseren Freunden sagen, dass wir mit ihrer jetzigen
Vorgehensweise nicht einverstanden sind.
09/04/2002
(Lebhafter Beifall)
Wir glauben, dass wir ohne Vorbehalte aus der
Freundschaft und aus der Offenheit heraus, mit der wir
unsere früheren Äußerungen beurteilen können, heute
die Verpflichtung haben, das zu sagen, was wir denken,
es mit der gleichen Aufrichtigkeit, aber auch mit dem
gleichen Verantwortungsgefühl zu sagen.
Ich glaube ernsthaft, dass die militärische Antwort, die
der Staat Israel derzeit gibt und die wir in den besetzten
Gebieten miterleben, nicht geduldet werden kann und
dass wir sie unverzüglich stoppen müssen. Sie muss
unverzüglich gestoppt werden, weil sie zu nichts führt
und nicht zur Lösung des Problems beiträgt, welche, wie
bereits erwähnt, in der Beendigung des Terrorismus
besteht.
(Beifall)
Wir kennen bereits das enorme Leid der
Zivilbevölkerung, die nicht an einem Krieg teilnehmen
will, die in Frieden leben möchte, gemeinsam mit dem
Nachbarland. Ganzen Ortschaften Wasser und Strom zu
verweigern, das sind Bereiche oder Handlungen, die mit
Sicherheitsgründen nicht zu rechtfertigen sind. Es finden
ohne jeglichen Zweifel Verletzungen des humanitären
Völkerrechts und sogar des Kriegsrechts statt, die nicht
unerwähnt bleiben dürfen.
Die Regierung Israels hat das Recht und die Pflicht, ihre
Bürger zu schützen. Was wir gegenwärtig erleben, wird
unserer Auffassung nach jedoch nicht zu diesem Ziel
beitragen. Dies ist nicht nur eine Operation zur
Terrorismusbekämpfung, sondern trägt gefährliche
Anzeichen eines Krieges, und ich sage das mit großem
Bedauern.
Es gibt mindestens zwei klare, sehr klare Resolutionen
des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, die keine
unterschiedlichen
Deutungen
zulassen.
Die
unmissverständliche Deutung dieser Resolutionen läuft
darauf hinaus, dass die Lage, die wir gegenwärtig in den
besetzten Gebieten erleben, ein Ende haben muss. Diese
klaren Resolutionen müssen unverzüglich umgesetzt
werden. Die Militäroperation muss eingestellt werden,
und dies nicht schrittweise und auch nicht Stadt für
Stadt, sondern auf einmal, für alle und unverzüglich.
Das Völkerrecht muss von allen respektiert werden, und
diese Feststellung erlaubt mir zu sagen, dass es auch von
den Bürgern eingehalten werden muss, die jenseits der
Nordgrenze leben. Israel muss seinen Verpflichtungen
gegenüber dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
nachkommen. Ebenso verurteilen wir die Angriffe, die
von der Nordgrenze Israels aus gegen die israelischen
Bürger erfolgen. Ich wiederhole: Wir werden immer für
die Einhaltung des Völkerrechts sein.
Diese militärischen Aktionen sind nicht angetan, dem
Terrorismus ein Ende zu bereiten. Wir können uns zu
diesen
Operationen
allerhand
Fragen
stellen,
09/04/2002
beispielsweise ob die Bürger Israels nach deren
Beendigung besser geschützt sein werden oder nicht, ob
sie ihre Sicherheit erhöhen werden oder nicht, ob diese
Operation den Terrorismus bekämpfen und er danach
zurückgehen wird. Leider glauben wir, dass dem nicht so
sein wird und dass diese Operationen nicht zu diesem
Ziel führen werden, und aus diesem Grund fordern wir
ernsthaft, so wie es der Sicherheitsrat der Vereinten
Nationen getan hat, dass sie ein Ende haben.
Am heutigen Nachmittag ist es mir sehr wichtig zu
betonen, dass eine der Folgen dieser Militäroperation die
Zerstörung der Palästinensischen Behörde ist. Dies
macht uns außerordentlich besorgt, denn wenn es zu
einem Waffenstillstand kommen soll, stellt sich die
Frage, mit wem denn dieser Waffenstillstand vereinbart
werden soll, wenn wir auf der anderen Seite, der Seite
der Palästinensischen Behörde, keine Personen oder
Institutionen haben, mit denen man sprechen kann.
Ich hatte Gelegenheit dazu, als ich auf meinen
zahlreichen Reisen der letzten Monate – wie Ihnen allen
bekannt ist – mit den für die Sicherheit verantwortlichen
Personen der Palästinensischen Behörde zusammentraf.
Mit diesen Personen haben wir, Israel und auch die
Behörden der Vereinigten Staaten zusammengearbeitet.
Heute haben einige von ihnen ihre Glaubwürdigkeit und
ihre gesamte Handlungsfähigkeit eingebüßt. Deshalb
müssen wir uns um eine Wiederherstellung der
Palästinensischen Behörde bemühen. Nach dieser
Militäroperation ist eine Annäherung an den Frieden mit
einer zerstörten Palästinensischen Autonomiebehörde
nicht vorstellbar. Aus diesem Grund müssen wir von
diesem Parlament und von der Europäischen Union aus
ernsthaft und entschlossen dazu aufrufen, die
Palästinensische Behörde zu respektieren.
Wir meinen, dass der Tenet-Plan, der Sicherheitsplan,
unterstützt werden muss, aber welche Person oder
welche Personen auf palästinensischer Seite werden
diese Aushandlung des Tenet-Plans in die Tat umsetzen?
Leider wissen wir es nicht, und deshalb werden wir
weiterhin alles dafür tun müssen, damit die
Palästinensische
Autonomiebehörde
wieder
die
Bedeutung, die Verantwortung und den Sinn
zurückgewinnt, wie es in den Oslo-Abkommen
vorgesehen ist.
Aus dieser Erkenntnis heraus müssen wir weiterhin an
allen Fronten tätig sein. Ich denke ernsthaft, und ich
betone es immer wieder, dass Präsident Arafat
Bewegungsfreiheit genießen und sich mit seinen
Mitarbeitern treffen können muss.
(Beifall)
Meine Damen und Herren Abgeordneten, wir stehen vor
der Situation, der etwas lächerlichen Situation, wenn Sie
mir diesen Ausdruck gestatten, dass, nachdem Herr
Zinni sich mit Arafat getroffen hatte, um sich um eine
Umsetzung des Sicherheitsplans zu bemühen, es den
Führern der Palästinensischen Behörde, die sich zur
späteren Aushandlung dieses Sicherheitsabkommens mit
67
Arafat treffen mussten, nicht gestattet wurde, ihn zu
sehen.
Gestern Abend um acht Uhr betrat unser aller Vertreter,
Herr Moratinos, zum ersten Mal Ramallah und führte ein
Gespräch mit einem der engsten Berater Arafats, Abu
Mazen. Die einzige Bitte Abu Mazens, die auch an uns
alle gerichtet ist, bestand darin, den politischen
Verantwortlichen und den politischen Mitarbeitern
Arafats ein Treffen mit ihm zu gestatten.
Glücklicherweise ist dies auf Druck verschiedener Seiten
heute ermöglicht worden, was zu begrüßen ist.
Es war zu hören und auch zu lesen, dass Europa
gedemütigt worden ist. Ich möchte dieses Argument
zurückweisen, denn ich denke, dass es keine
Demütigung für Europa war. Es gab einen
Premierminister, der nicht die gebotene Weitsicht hatte,
eine richtige Entscheidung zu treffen, und die
Demütigung haben die Führer der Palästinensischen
Behörde erfahren, denen an jenem Tag verboten wurde,
ihren Präsidenten und politischen Führer Arafat zu
treffen. Dies ist die eigentliche Demütigung, nämlich
die, die das palästinensische Volk erlebt. Wir arbeiten im
Rahmen unserer Mittel und Möglichkeiten und mit dem
Willen, den wir alle bekräftigt haben, weiter daran, dass
eine Lösung dieses dramatischen Problems gefunden
wird.
In dem Gebiet hält sich nicht nur dauerhaft unser
Vertreter, Herr Moratinos, auf, es sind auch Vertreter
dieses Parlaments dort gewesen und haben sich mit
eigenen Augen ein Bild von den Bedürfnissen und der
Lage vor Ort gemacht. Ich hatte Gelegenheit, mit ihnen
zu sprechen. Ich danke ihnen für ihre Arbeit, die für alle
- nicht zuletzt für mich selbst – nützlich und sehr positiv
gewesen ist.
Was wir meiner Ansicht nach jetzt tun müssen, ist nicht
nur, uns auf die Möglichkeit eines Waffenstillstands zu
konzentrieren. So sehr ein Waffenstillstand absolut
notwendig ist, werden wir eine dauerhafte Waffenruhe
nicht
erreichen,
wenn
es
keine
politische
Zukunftsperspektive gibt. Deshalb muss es unser
Wunsch sein, so früh wie möglich über einen
Waffenstillstand hinaus zu denken und auf die
Möglichkeit einer politischen Beziehung hinzuarbeiten,
die dauerhaft ist.
Wir werden uns fragen, welche Parameter diesem
politischen Abkommen zugrunde liegen müssen. Meine
Damen und Herren, die Vereinbarungen oder Parameter
dieses politischen Abkommens sind allen wohlbekannt,
da muss nicht viel Neues erfunden werden, wir wollen,
dass am Ende zwei Staaten existieren, ein Staat Israel
mit sicheren und klar anerkannten Grenzen und ein Staat
Palästina mit gesicherten und garantierten Grenzen, zwei
Staaten, die in Nachbarschaft leben können. Dies war
auch das Angebot, das die politischen Führer der Region
in Beirut unterbreitet haben, wo die Europäische Union
anwesend war und ich in den Tagen zuvor die Ehre
hatte, am Zustandekommen dieser Entschließung
mitwirken zu können. Wir haben somit die objektiven
68
Voraussetzungen, um zu einem Ende des Prozesses zu
gelangen, nur wissen wir nicht, wie wir aus der
Sackgasse herauskommen sollen, in der wir uns in
diesem Augenblick befinden.
In wenigen Stunden werden wir die Gelegenheit haben,
uns in Madrid mit dem Generalsekretär der Vereinten
Nationen, dem amerikanischen Außenminister Powell,
der danach in den Nahen Osten, nach Israel aufbricht,
und dem russischen Außenminister zu treffen, um zu
sehen, ob wir gemeinsam eine Regelung finden können,
die uns einen Ausweg aus dieser Situation ermöglicht.
Ich denke, dass die einzige Lösung in einer
ordnungsgemäßen, klaren und engen Abstimmung
zwischen den eben erwähnten Akteuren besteht, um so
zu einer Formel zu gelangen, die uns einen Ausweg aus
dieser Situation aufzeigt.
(Beifall)
Ich betone jedoch, dass sich eine Formel, die uns einen
Ausweg aus dieser Situation ermöglicht, nicht
ausschließlich auf den Waffenstillstand beschränken
darf, der sicher wesentlich ist und einen ersten Schritt
darstellt; wenn wir allerdings nicht in der Lage sind, eine
politische
Perspektive
zu
bieten,
wird
der
Waffenstillstand zwar unterzeichnet, aber von den
Parteien nicht eingehalten werden. Aus diesem Grund
besteht der Standpunkt, den ich hier in aller
Bescheidenheit anregen möchte, darin, dass wir die
Willensstärke und den Mut zeigen, um mehr als nur den
Waffenstillstand zu fordern, nämlich zu fordern, dass die
politische Lösung so bald wie möglich auf die
Tagesordnung gesetzt wird.
Ich sagte zu Beginn, und ich wiederhole es erneut, dass
dieses Parlament, dass die Bürger der Europäischen
Union, dass alle gegen den Terrorismus sind, und dass
Israel in uns immer einen ernsthaften und
verantwortungsvollen Verbündeten im Kampf gegen den
Terrorismus finden wird.
Wir glauben, dass die gegenwärtige Situation ein Irrtum
ist, und als Freunde möchten wir sagen: je schneller sie
beendet wird, desto besser. Deshalb werden wir alles
Erdenkliche tun, damit die Resolution des
Sicherheitsrats der Vereinten Nationen umgesetzt wird
und wir auf dieser Grundlage einen Waffenstillstand
erreichen können, der uns die Einleitung eines
politischen Prozesses ermöglicht, welcher schließlich
zwei Staaten zum Ziel hat, zwei demokratische Staaten
mit sicheren Grenzen, die in friedlicher Nachbarschaft
leben können, umgeben von anderen Staaten der Region,
die Israel bereits in Beirut einen Friedensvertrag
angeboten haben.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, das wollte ich
Ihnen heute mitteilen, und ich möchte hinzufügen, dass
ich nach meiner Rückkehr, wann immer Sie dies für
angebracht halten – wenn Sie wünschen, am 24. April –
sehr gern wieder zu Ihnen komme, um Ihnen erneut die
Lage bzw. meinen Eindruck von der Entwicklung der
Lage in diesem Zeitraum zu schildern.
09/04/2002
(Beifall)
2-177
Der Präsident. – Vielen Dank für Ihre Wortmeldung
und auch für das Angebot, uns nach Ihrer Rückkehr die
Lage zu schildern, denn das Parlament wird diese
Gelegenheit sicherlich gern wahrnehmen. Wir werden
uns um die Einzelheiten kümmern.
2-178
de Miguel, Rat. – (ES) Herr Präsident, meine Damen
und Herren Abgeordneten, das Parlament hat mit einer
gewissen Dringlichkeit, die aufgrund der Dramatik und
der raschen Abfolge der Ereignisse berechtigt ist, den
Ratsvorsitz um Erscheinen gebeten, damit dieser die
Standpunkte der Europäischen Union zur Krise im
Nahen Osten darlegt. Dies hier und heute tun zu können,
an der Seite des Hohen Vertreters, Herrn Solana, und
auch des Kommissars Patten, ist, wie ich denke, ein
gutes Zeichen für den inneren Zusammenhalt, der
zwischen uns allen herrscht.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um zum Ausdruck
zu bringen, dass der Hohe Vertreter und auch die
Kommission die uneingeschränkte Unterstützung des
Ratsvorsitzes genießen und dass die Zusammenarbeit
und der Zusammenhalt aller bei der Eindämmung dieser
Krise hervorragend ist. Sie alle werden mir zustimmen,
wenn ich die Lage im Nahen Osten als kritisch
bezeichne. Die palästinensischen Gebiete befinden sich
am Rande einer humanitären Katastrophe. Die
Palästinensische Autonomiebehörde steht vor einer
ungewissen Zukunft, und die Stabilität und die
Sicherheit in der Region sind eindeutig in Gefahr.
Alle Versuche, die Krise beizulegen, sind bislang
gescheitert und haben nicht verhindern können, dass die
Gewalt in den letzten Wochen weiter zugenommen hat.
Eine Spirale der Gewalt, die durch brutale
Terroranschläge palästinensischer Selbstmörder und
durch die darauf folgenden israelischen Repressalien
angetrieben wird und die jeden Tag das Leid beider
Völker vergrößert. Es muss noch einmal betont werden,
dass der Konflikt, mit dem wir es zu tun haben, erst dann
gelöst werden kann, wenn die Palästinenser von der
Besatzung von 1967 befreit sind und die Israelis das
Gefühl haben, in Frieden und Sicherheit zu leben; erst
dann, wenn Israelis und Palästinenser in zwei Staaten
mit sicheren und international anerkannten Grenzen
leben können.
Es muss erneut mit Nachdruck darauf hingewiesen
werden, dass es keine militärische Lösung für diesen
Konflikt gibt und dass Frieden und Sicherheit nur auf
dem Verhandlungsweg hergestellt werden können. Die
internationale Gemeinschaft und insbesondere die
Europäische Union haben eine Verantwortung und eine
Rolle, aus der sie sich nicht heraushalten können. Es ist
ebenfalls notwendig, jegliches Eingreifen und jegliche
Initiative genauestens abzustimmen, vor allem zwischen
den Vereinten Nationen, der Europäischen Union und
den wichtigsten beteiligten Mächten.
09/04/2002
Der Vorsitz der Union ist im Laufe der vergangenen
Wochen nicht untätig geblieben. In der Erklärung von
Barcelona vom 16. März betonte die Europäische Union
die Notwendigkeit, in allen Bereichen tätig zu werden,
was sowohl die Sicherheit betreffende als auch
politische und wirtschaftliche Aspekte umfasst. In der
Erklärung wurde erneut auf die Grundlagen für die
Lösung des Konflikts verwiesen, nämlich die
Resolutionen 242, 338 und 1397 des Sicherheitsrats der
Vereinten Nationen, die Grundsätze der Konferenzen
von Madrid und Oslo sowie spätere Abkommen, die es
den beiden Staaten Israel und Palästina ermöglichen
werden, in Frieden und Sicherheit zu leben. Wie ich
bereits erwähnte, gibt es eine zweifache Zielsetzung: die
Schaffung eines demokratischen, lebensfähigen und
unabhängigen palästinensischen Staates, welche die
Besatzung von 1967 beendet, sowie das garantierte
Recht Israels, innerhalb sicherer Grenzen zu leben, die
durch
die
Verpflichtung
der
internationalen
Gemeinschaft und insbesondere der arabischen Staaten
garantiert werden.
Die letzte Phase der gegenwärtigen Krise fiel praktisch
mit dem Ende des Gipfeltreffens der Arabischen Liga in
Beirut zusammen. Der Vorsitz der Union, vertreten
durch den Präsidenten der spanischen Regierung, nahm
an diesem Gipfel teil, um das Interesse der Europäischen
Union am gesamten Prozess zu bekunden und um die
saudische Initiative zu unterstützen, die unter der
Voraussetzung eines israelischen Rückzugs hinter die
Linien von 1967 eine Normalisierung der Beziehungen
zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn und
eine gerechte Lösung des Flüchtlingsproblems auf der
Grundlage der entsprechenden Resolutionen der
Vereinten Nationen ermöglicht hätte. Zum ersten Mal
nahm ein Vertreter der Europäischen Union auf höchster
Ebene an einem Gipfeltreffen der Arabischen Liga teil.
Die Europäische Union hat unentwegt Anstrengungen
unternommen, um einen sofortigen Waffenstillstand, den
Abzug
der
israelischen
Truppen
aus
den
palästinensischen Städten, die Wiederherstellung der
uneingeschränkten Bewegungsfreiheit von Präsident
Arafat, die Einhaltung des Völkerrechts und die
Rückkehr an den Verhandlungstisch zu erreichen.
Ebenso haben wir Terrorakte wie das Attentat von
Netanya in eindeutiger Form verurteilt und Arafat
mehrmals
eindringlich
dazu
aufgerufen,
alle
erforderlichen Maßnahmen zur Unterbindung dieser
Anschläge zu ergreifen.
Das Recht Israels auf eine Bekämpfung des Terrorismus
darf den Handlungsspielraum von Präsident Arafat als
legitimem Vertreter des palästinensischen Volkes und
der
Palästinensischen
Autonomiebehörde
nicht
einschränken. Die Union fordert eine Einstellung der
Angriffe auf das Hauptquartier der Palästinensischen
Behörde in Ramallah und den sofortigen Abzug der
israelischen Streitkräfte aus der Stadt. Die auf dem
Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Beirut gefasste
Resolution bildet eine solide Grundlage für eine
politische Perspektive zu einer gerechten und
umfassenden Lösung in der Region und zu einer
69
Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und
der arabischen Welt. Der Vorsitz ist bemüht, seine
diplomatischen Kontakte, die er auf allen politischen
Ebenen zu den übrigen europäischen Hauptstädten, allen
arabischen Ländern der Region sowie den Vereinigten
Staaten und Russland unterhält, für die erforderliche
Abstimmung zwischen allen internationalen Akteuren
einzusetzen, um den Konflikt zu stoppen und die Lösung
der Krise einzuleiten.
Angesichts der ernsten Lage berief der Vorsitz der
Union kürzlich den Botschafter Israels ein, um ihm vier
Dinge mitzuteilen: erstens, es gibt keine militärische
Lösung des Konflikts; zweitens, die israelischen
Truppen haben sich aus den palästinensischen Städten
zurückzuziehen, so wie es die Resolution 1402 vorsieht,
die unverzüglich umgesetzt werden muss, und die
Belagerung des Präsidenten Arafat muss beendet
werden; drittens, Israel muss den Sondergesandten
erlauben, ihre diplomatische Mission zu erfüllen und
freien Zutritt zu Präsident Arafat zu haben; viertens,
Israel muss den freien Zutritt der diplomatischen und
konsularischen Vertreter der Europäischen Union zu
ihren Staatsangehörigen garantieren, ebenso wie die
normale Wahrnehmung ihrer diplomatischen und
konsularischen Aufgaben gewährleistet sein muss.
Als Land, das derzeit den Vorsitz im Rat der
Europäischen Union innehat, berief Spanien am 3. April
eine
Sondertagung
des
Rates
„Allgemeine
Angelegenheiten“ der Europäischen Union ein, die in
Luxemburg stattfand und eine dreifache Zielsetzung
hatte: das Vorgehen der Mitgliedstaaten der Union
abzustimmen, die Besorgnis des Vorsitzes der Union
über die Ereignisse und seinen Willen, in dieser
unerträglichen Lage nicht passiv zu bleiben, zum
Ausdruck zu bringen und das gesamte politische
Gewicht der Europäischen Union für Maßnahmen
einzusetzen, die zu einer Entkrampfung der
festgefahrenen Situation beitragen. Im Anschluss an
diese Tagung wurde, wie Sie wissen, beschlossen, den
Vorsitz und den Hohen Vertreter, Herrn Solana, in das
Gebiet zu entsenden, um dort auf höchster Ebene mit
den Parteien Gespräche zu führen und sie zu einer
sofortigen Waffenruhe, zur Umsetzung der Resolutionen
1397 und 1402 der Vereinten Nationen und zu einer
Rückkehr zu Verhandlungen über eine politische
Einigung aufzufordern.
Der Widerstand des israelischen Premierministers gegen
ein Treffen der europäischen Delegation mit Präsident
Arafat hat leider die Möglichkeiten dieser Mission
begrenzt, von deren Notwendigkeit und Dringlichkeit
der Vorsitz überzeugt war und auch weiterhin bleibt,
ebenso wie er davon überzeugt ist, dass die Rede von
Präsident Bush vom vergangenen Donnerstag einen
erneuten Versuch darstellt, den Konflikt neu zu bewerten
und kurzfristig seine Lösung herbeizuführen.
Die Europäische Union ist der Auffassung, dass die
weiteren Schritte auf das Erreichen folgender Ziele
gerichtet sein müssen: vollständige und sofortige
Umsetzung der Resolution 1402 des Sicherheitsrats;
70
dringende Notwendigkeit eines echten Waffenstillstands
und eines Abzugs der israelischen Streitkräfte aus den
palästinensischen Städten, darunter auch dem
Hauptquartier der Palästinensischen Behörde in
Ramallah, dabei Garantie der Unversehrtheit und vollen
Bewegungsfreiheit
von
Präsident
Arafat;
die
diplomatischen Bemühungen der Sondergesandten im
Nahen Osten dürfen nicht behindert werden, und es
muss ihnen insbesondere der freie Zutritt zu Präsident
Arafat garantiert werden; die Notwendigkeit, dass das
legitime Recht Israels auf Bekämpfung des Terrorismus
im Rahmen des Völkerrechts und insbesondere des
internationalen humanitären Rechts ausgeübt wird; die
Palästinensische Behörde, deren Funktionsfähigkeit
garantiert sein muss, hat alle erforderlichen
Anstrengungen zu unternehmen, um terroristische
Aktivitäten zu verhindern; die ernste humanitäre Lage in
den Gebieten macht es erforderlich, dass die
medizinischen und humanitären Einrichtungen und
Hilfskräfte ihre Tätigkeit ungehindert ausüben können.
Zum Schluss möchte ich unterstreichen – wie es bereits
vor mir der Hohe Vertreter getan hat –, dass sich morgen
in Madrid der Außenminister Spaniens, Herr Piqué, als
Ratspräsident der Europäischen Union, und der Hohe
Vertreter, Herr Solana, mit dem Außenminister der
Vereinigten Staaten, Herrn Powell, dem Außenminister
der Russischen Föderation, Herrn Iwanow, und dem
Generalsekretär der Vereinten Nationen, Herrn Kofi
Annan, treffen werden, um die Lage zu analysieren und
Lösungen für diese Krise zu suchen, was eine weitere
Anstrengung des spanischen Vorsitzes darstellt, die
Bemühungen der internationalen Gemeinschaft in
diesem Bereich aufeinander abzustimmen.
(Beifall)
2-179
Patten, Kommission. – (EN) Herr Präsident, ich möchte
gleich zu Beginn zum Ausdruck bringen, wie sehr ich
die Erklärungen des Hohen Vertreters und des
Ratsvorsitzes begrüße.
Wie ist es zu dieser Situation gekommen? Vor fast zehn
Jahren legten Israel und die Palästinenser den
Grundstein für eine friedliche Beilegung des arabischisraelischen Konflikts, indem beide Seiten das Recht der
jeweils anderen Seite auf Existenz anerkannten und das
Abkommen von Oslo geschlossen wurde, welches zur
Schaffung der ersten regierungsähnlichen Strukturen in
Palästina überhaupt beitrug. Gleichzeitig wurde dadurch
Israels diplomatisches und wirtschaftliches Ansehen in
der internationalen Gemeinschaft aufgewertet. Im OsloAbkommen ist auch eine Übergangsperiode festgelegt,
nach deren Ablauf im Jahre 1999 das endgültige
israelisch-palästinensische Friedensabkommen hätte
geschlossen werden sollen.
Bedauerlicherweise wurde das Versprechen von Oslo
nicht eingehalten, teils aufgrund des Vorgehens der
israelischen Seite, die ihre Siedlungsgebiete rasch
ausbaute und sich nicht wie vereinbart aus den Gebieten
des Westjordanlandes zurückzog, teils aufgrund der
09/04/2002
palästinensischen Gewaltakte, die von extremistischen
Kräften eindeutig mit dem Ziel verübt wurden, ein
israelisch-palästinensisches
Friedensabkommen
zu
vereiteln. Auch das Camp-David-Treffen im Sommer
2000 und der Versuch, in den als letzte Chance
bezeichneten Verhandlungen in Taba im Januar 2001
eine Lösung zu finden, brachten keinen dauerhaften
Frieden.
Seither wurden wir Zeugen entsetzlicher Zerstörungen
und großen Elends. Israel – ein demokratischer Staat, der
zu Recht auf seine Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und
humanitären Grundsätze stolz ist, und der zweifelsohne
von schrecklichen Selbstmordanschlägen bedroht ist –
hat leider ein solches Verhalten an den Tag gelegt, dass
vielem widerspricht, wofür dieses Land eigentlich steht.
(Beifall)
Selbstmordanschläge sind völlig inakzeptabel; sie sind
schreckliche Terrorakte – und ich sage dies ohne jede
Einschränkung. Sie sind zu jedem Zeitpunkt und an
jedem Ort zu verurteilen. Falsch zu jeder Zeit, falsch an
jedem Ort!
(Beifall)
Ich hätte mir gewünscht, die Staats- und
Regierungschefs der islamischen Länder wären bei der
Verurteilung dieser Anschläge deutlicher gewesen. Ja,
ich wünschte mir, sie hätten sich überhaupt klar dazu
geäußert ...
(Beifall)
... und ich wünschte mir, sie würden mehr tun, um junge
Leute von solchen extremen Handlung abzuhalten.
Nichts – und ich möchte das wiederholen – kann
derartige Terrorakte rechtfertigen. Ich empfinde großes
Mitleid mit all den israelischen Familien, die bei diesen
Anschlägen ihre Angehörigen verloren haben, aber ich
trauere auch mit all den palästinensischen Familien, die
ebenfalls Verluste zu beklagen haben.
Es gibt ganz sicherlich keine einfachen Lösungen.
Meiner Ansicht nach besteht der einzige Weg, der Welle
von Selbstmordanschlägen ein für alle Mal ein Ende zu
setzen, darin, das Problem bei der Wurzel zu packen und
einen gerechten und dauerhaften Frieden zu schaffen.
Andernfalls wird es keine Aussicht auf ein Ende der
Gewalt geben. Dies stellt die einzige Alternative dar, so
wie das ja bereits von solch mutigen Menschen wie dem
Sprecher der Knesset, Avraham Burg, gesagt wurde, der
– wie wir uns sicherlich alle erinnern – vor ungefähr
einem Jahr von diesem Podium aus zu uns gesprochen
hat. Er hatte sich offen dagegen ausgesprochen, sich in
diese unsägliche Spirale der Gewalt hineinziehen zu
lassen.
(Beifall)
Die gegenwärtige Reaktion Israels, die in der Blockade
eines ganzen Volkes, der Einbehaltung von
09/04/2002
Steuereinnahmen, außergerichtlichen Tötungen, der
Vernichtung der Infrastruktur und der Zerstörung
arabischer Gebiete besteht, ist keinesfalls eine Lösung.
Diese Vorgehensweise scheint nicht allein auf die
Bekämpfung des Terrors, sondern auch auf die
Vernichtung der Palästinensischen Autonomiebehörde
und die Zerstörung all dessen abzuzielen, was mit dem
Abkommen von Oslo erreicht wurde.
(Beifall)
Ich möchte dem Parlament den neuesten mir
vorliegenden Bericht übermitteln, für den ich mich zwar
nicht verbürgen kann, der jedoch meiner Meinung nach
den Tatsachen zu entsprechen scheint. Wir haben eben
erst erfahren, dass israelische Streitkräfte in das
Ministerium für Industrie, das Ministerium für Bildung
und das Ministerium für zivile Angelegenheiten
eingedrungen sind. Sie haben Computer, Akten und die
Infrastruktur der Behörden zerstört. Es wird damit
gerechnet,
dass sie
heute
Abend
in das
Wirtschaftsministerium eindringen und vermutlich
genau dasselbe tun werden.
Ich frage mich ernsthaft, was das mit dem Stoppen von
Selbstmordanschlägen zu tun haben soll?
(Lebhafter Beifall)
Dies ist ein vorsätzlicher und gezielter Angriff auf die
Infrastruktur der palästinensischen Regierung. Es
handelt sich hier um den mutwilligen Versuch, das
rechtmäßige politische Streben der Palästinenser auf ein
Leben in einem funktionsfähigen Staat in ihrem eigenen
Land zunichte zu machen.
Die Europäische Union hat deutlich gemacht, dass sie
die Palästinensische Autonomiebehörde und ihren
gewählten Präsidenten weiterhin unterstützen wird, denn
eine einheitliche Regierungsstruktur ist – wie der Hohe
Vertreter erklärte – für die Verwaltung der
palästinensischen Gebiete und zur Vertretung der
Palästinenser in Friedensverhandlungen und auf
internationaler Ebene unbedingt notwendig. Wie ich ja
schon sagte – und andere ebenfalls: Was soll denn die
Alternative zur Palästinensischen Autonomiebehörde
sein?
Die
Alternative
zur
Palästinensischen
Autonomiebehörde ist palästinensische Anarchie. Ist es
das, was die politischen Führer Israels wirklich wollen?
(Beifall)
In dieser Situation müssen wir Europäer, die wir über die
tägliche Verschlechterung der Lage und die schreckliche
Gewalt entsetzt sind, uns fragen, was wir tun können.
Wir können zu gegebener Zeit, d. h. wenn die Lage es
erlaubt, ein Minimum an humanitärer Hilfe leisten. In
diesem Zusammenhang müssen wir Israel nachdrücklich
auffordern, humanitäres Völkerrecht und vor allem die
Vierte Genfer Konvention zu respektieren. Wir müssen
Israel drängen, medizinische Versorgung den Menschen,
die sie benötigen, nicht länger vorzuenthalten sowie das
wahllose Granatfeuer auf Flüchtlingslager, die
71
entwürdigende Behandlung der Gefangenen und die
mutwillige Zerstörung von öffentlichem und privatem
Eigentum zu stoppen. Dies alles wird nur ein Gefühl der
Bitterkeit hinterlassen und Israels internationalem
Ansehen schaden.
Wir müssen ganz klar Initiativen wie die von der UNHochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson
vorgeschlagene Mission, unterstützen, die die
Einhaltung der Menschenrechte untersuchen und
entsprechende Maßnahmen empfehlen soll, die zum
Schutz der Menschenrechte gemäß den internationalen
Normen notwendig sein könnten. Es steht außer Frage,
dass Israel als ein demokratisches Land, das auf seine
pluralistischen Traditionen stolz ist, sich früher oder
später vor der Weltöffentlichkeit für seine
Vorgehensweise rechtfertigen muss.
Wir unterstützen die Aufforderung der internationalen
Gemeinschaft an Israel, seine militärischen Operationen
im Westjordanland zu stoppen, und zwar sofort. Wir
befürworten die Initiative Saudi-Arabiens, die Ende
März zu der historischen Entscheidung beim
Gipfeltreffen der Arabischen Liga führte. Wir
unterstützten auch die jüngsten UN-Resolutionen, und
wir haben unsere Zustimmung zu der Erklärung von
Präsident Bush zum Ausdruck gebracht, der Israel zur
sofortigen Beendigung seiner militärischen Operationen
auffordert. Dennoch scheint Israel keinen Rat von
ausländischer Seite zu befolgen. Israel sollte dabei nicht
übersehen, wie sehr es mit seinem gegenwärtigen
Verhalten seinem internationalen Ansehen schadet. Ganz
abgesehen von der Tatsache, dass – wie der Hohe
Vertreter bereits sagte – mit einer Politik, die auf
Repression und Gewalt beruht, langfristig keine
Sicherheit für die israelische Bevölkerung erzielt werden
kann. Dadurch wird lediglich eine neue Welle der
Gewalt und des Todes ausgelöst.
Der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ wird auf seiner
Sitzung nächste Woche den Ernst der Lage erörtern und
darüber beraten, wie wir Israel gegenüber unsere
Besorgnis am wirksamsten zum Ausdruck bringen
können. Wir möchten alle Kanäle für einen Dialog mit
Israel offen halten. Das lag sicherlich auch in der
Absicht von Präsident Prodi. Dennoch muss Israel
endlich zeigen, dass es für Ratschläge offen ist und die
internationalen Verhaltensnormen respektieren wird, auf
deren Einhaltung wir uns alle geeinigt haben, dass es alle
Möglichkeiten für eine friedliche Lösung prüfen wird
und nicht nur auf militärische Maßnahmen setzt.
Fast die ganze Welt ist sich einig in der Aufforderung an
Israel, sich aus den palästinensischen Gebieten
zurückzuziehen und an den Verhandlungstisch
zurückzukehren. Dies ist der einzige Weg zur Schaffung
eines ehrenhaften und dauerhaften Friedens, den die
Menschen in dieser Region und in der ganzen Welt so
sehr herbeisehnen. Wenn wir diesen Weg nicht
einschlagen, dann wird die einzige Alternative mehr
Elend, mehr Zerstörung und mehr Tod sein.
(Lebhafter und anhaltender Beifall)
72
2-180
Suominen (PPE-DE). – (FI) Herr Präsident! Sehr
geehrte Vertreter von Rat und Kommission! Die PPEDE-Fraktion, der ich angehöre, setzt sich mit Nachdruck
für die Förderung einer Zukunft von zwei unabhängigen
Staaten, Israel und Palästina, ein, in der diese Staaten in
Frieden und Zusammenarbeit leben können. Das muss
unser aller Ziel sein, und dieses Ziel muss bald erreicht
werden.
In der gegenwärtigen schrecklichen Situation verurteilen
wir alle terroristischen Anschläge gegen Israel auf das
Schärfste. Jede Region, sie sich als selbständig
bezeichnet, sollte in der Lage sein, dafür Sorge zu
tragen, dass über ihre Grenzen hinaus nicht Verbrechen
und Gewalt gegen seine Nachbarn verübt werden.
Die palästinensische Führung hat gezeigt, dass sie dazu
nicht imstande ist, dennoch ist die übertriebene
Anwendung militärischer Macht, durch die zivile Ziele
in Palästina zerstört werden, ebenso zu verurteilen und
nicht zu rechtfertigen, auch wenn sie als Krieg gegen
den Terrorismus bezeichnet wird. Gleichzeitig muss die
Isolierung der palästinensischen Führung, insbesondere
von Yasser Arafat, beendet werden. Die israelischen
Truppen dürfen auch nicht verhindern, dass verletzte
Palästinenser in Krankenhäuser gebracht werden. Das
Rote Kreuz hat wiederholt berichtet, dass sich das
israelische Militär so verhält.
Wenn die palästinensischen Extremisten glauben, sie
können die Israelis durch sinnlose Selbstmordattentate
im Meer versenken, irren sie sich. Wenn Israel glaubt,
die Zukunft des Landes ausschließlich durch die Macht
seines Militärs sichern zu können, so wird es auf lange
Sicht ebenso einem tragischen Irrtum unterliegen. Nur
eine friedliche Zusammenarbeit kann die Existenz und
den Wohlstand beider Länder garantieren.
Herr Patten hat es im Februar in diesem Hause auf den
Punkt gebracht: Wie viele Menschen müssen noch
sterben, bis die Stimme der Besonnenen, die es nach wie
vor in Palästina und Israel gibt, von den Bürgern dieser
beiden Gemeinschaften erhört wird? In der gleichen
Debatte stellte Hans-Gert Poettering fest: Für die
Zukunft von uns Europäern ist es von größter
Wichtigkeit, dass im Nahen Osten Frieden einkehrt und
dass wir Europäer gut und in Frieden mit allen Staaten
des Mittelmeers zusammenarbeiten. Genauso ist es, aber
die israelische und die palästinensische Führung weiß,
dass auch sie Europa brauchen. Wir sind der größte
Handelspartner Israels und geben den Palästinensern die
größtmögliche Unterstützung. Wenn wir in der Region
kein Zeichen von Einigkeit und Friedenswillen
erkennen, können wir unsere Politik ändern. Wir haben
die Möglichkeit, das Assoziationsabkommen mit Israel
zu kündigen, und wir sind ebenso wenig bereit, eine
Tätigkeit zu finanzieren, von der man zu Recht
annehmen kann, dass sie weiter Terror hervorbringt und
dessen Einsatz gegen Israel unterstützt.
Die Nachrichten von dem teilweisen Rückzug der
Israelis waren ermutigend, aber der Rückzug erfolgte
09/04/2002
natürlich nur zum Teil. Das, was Herr Patten soeben
ausführte, steht wiederum im Widerspruch zu den
Nachrichten von heute Morgen. Wir fordern die
vollständige Umsetzung der Resolution 1402 des
Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Hoffentlich
geht Außenminister Colin Powell rasch und konsequent
vor, um eine beidseitige Waffenruhe und den
vollständigen Abzug der israelischen Truppen zu
erreichen, dem der Rat voll und ganz zustimmt. Das
Töten muss sofort ein Ende haben. Israel, die
Palästinenser, die Europäische Union, die Vereinigten
Staaten, Russland und die besonnenen Länder des Nahen
Ostens, die Frieden für ihre Region wollen, müssen
sobald wir möglich an einem Tisch zusammenkommen
und die Region in den Frieden führen.
(Beifall)
2-181
Barón Crespo (PSE). – (ES) Herr Präsident, Herr Hoher
Vertreter für die GASP, Herr amtierender Ratspräsident,
Herr Kommissar, meine Damen und Herren
Abgeordneten! Dies ist eine schwere Stunde, in der wir
zusammenarbeiten müssen, um den Teufelskreis von
Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen und einen
Waffenstillstand zu erzielen, der uns eine Chance
aufzeigt und den Weg für Verhandlungen freimacht, um
die Koexistenz zweier Staaten im Nahen Osten zu
erreichen.
Wir Europäer tragen aus historischen, politischen,
kulturellen und auch religiösen Gründen eine enorme
Verantwortung, der wir uns nicht entziehen können.
Deshalb möchte ich im Namen der Fraktion der
Sozialdemokratischen Partei Europas anregen, dass wir
drei Botschaften aussenden.
Die erste ist über den Hohen Vertreter für die
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik an das
morgige Gipfeltreffen in Madrid gerichtet. Wir fordern,
dass der Ratsvorsitz, der Generalsekretär der Vereinten
Nationen, der Außenminister der Vereinigten Staaten
und der Außenminister Russlands mit einer Stimme die
Notwendigkeit eines Waffenstillstands zum Ausdruck
bringen und gemeinsam die Bereitschaft äußern, zur
Unterstützung eine internationale Eingreif- und
Beobachtertruppe zu entsenden. Israel war ein Staat, der
durch einen Beschluss der Vereinten Nationen entstand,
ein David, der eine weltweite politische und moralische
Verpflichtung zum Ausdruck bringt, und dieser David
muss uns zuhören und den wiederholten Erklärungen des
Sicherheitsrates Folge leisten.
Die zweite Botschaft, die ausgesandt werden muss, ist an
die Regierung Sharon gerichtet, die von ihrer Linie,
David in Goliath zu verwandeln, sofort abrücken und
ihre einseitige Erklärung des totalen Kriegs
zurücknehmen muss, die als Antwort auf die von einigen
palästinensischen
Elementen
verübten
Selbstmordattentate gegen die Zivilbevölkerung
ausgesprochen worden war. Die Lösung liegt weder in
der Ausweitung von Operationen, deren Ziel die
Ausschaltung der Palästinensischen Autonomiebehörde
09/04/2002
und ihres gewählten Präsidenten Arafat ist, dessen
Festsetzung unverzüglich beendet werden muss, noch in
den flagranten Verletzungen des internationalen
humanitären Rechts und des Kriegsrechts in den
besetzten Gebieten.
Die dritte Botschaft ist eine Botschaft der Unterstützung
an die Palästinensische Behörde, damit sie ihre Rolle im
Kampf gegen den Terrorismus erfüllen kann, wofür sie
über Mittel verfügen muss, die nicht zerstört werden
dürfen – es sei daran erinnert, dass wir als Europäische
Union aktiv zu diesen Mitteln beigetragen haben –, und
damit sie in Zukunft als Kerninstanz des
palästinensischen Staates wirken kann.
Gleichzeitig möchten wir unsere Besorgnis über die
derzeitigen
Gefahren
einer
Ausweitung
und
Polarisierung auf der Welt zum Ausdruck bringen. So,
wie wir die Anschläge auf jüdische Symbole und
Einrichtungen in Europa verurteilen, so erfüllt uns auch
die wachsende Spannung, die nicht nur in den
arabischen Ländern, sondern auch in der restlichen Welt
zu verzeichnen ist, mit Sorge. Zwischen beiden Seiten
und
uns
besteht
eine
Verbindung
durch
Assoziationsabkommen und -verträge, die ein
gegenseitiges
Band
der
Freundschaft
und
Zusammenarbeit darstellen. In diesem Zusammenhang
möchten wir zum Ausdruck bringen, dass wir die
Weigerung der israelischen Regierung, die Vermittlung
durch die am 4. April von der Europäischen Union
entsandten Mission zu akzeptieren, missbilligen und der
Ansicht sind, dass unter diesen Bedingungen das
Assoziierungsabkommen gemäß Artikel 2 dieses
Abkommens ausgesetzt werden muss, bis wir von der
Regierung Israels ein klares und unmissverständliches
Signal erhalten, dass sie zur Überwindung dieser Krise
gewillt ist.
(Beifall)
Ebenso unterstützen und verteidigen wir das gegen beide
Seiten gerichtete Waffenembargo durch die Europäische
Union, und ich gebe bekannt, dass ich meine Fraktion
auffordern werde, bei dem von uns ausgehandelten
länderübergreifenden Kompromiss einer Entschließung
– obwohl sie uns nicht weit genug geht – Ziffer 8
zuzustimmen.
Abschließend möchten wir trotz allem erneut unsere
Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass ungeachtet
der gegenwärtig ernsten Lage ein Frieden möglich ist.
Wie Sie wissen, pflegen wir eine lange und fruchtbare
historische Beziehung zu unseren Freunden von der
israelischen Arbeiterpartei. Wir haben ihre Beteiligung
an dieser Regierung öffentlich kritisiert, aber wir
möchten unseren Dialog fortsetzen. Erst gestern rief
mich Shimon Peres an, eine beliebte und geachtete
Persönlichkeit in diesem Haus, und wir haben eine
baldige Aussprache mit der Arbeiterpartei in unserer
Fraktion vereinbart. Ich rufe dazu auf, dass wir alle in
unseren Bemühungen nicht nachlassen und alle
Möglichkeiten des Dialogs nutzen, die sich mit unseren
Gesprächspartnern
und
israelischen
und
73
palästinensischen Freunden bieten, um ihnen
mitzuteilen, dass wir nicht zu endloser Gewalt verdammt
sind. Unsere eigene Geschichte ist ein Beweis dafür, und
unsere Aufgabe besteht nun darin, die aufeinander
abgestimmten internationalen Maßnahmen im Rahmen
der Vereinten Nationen zu unterstützen und dabei die
Vorschläge der Arabischen Liga aufzugreifen, damit
Madrid wieder zu einem Hoffnungsschimmer wird.
(Beifall)
2-182
Watson (ELDR). – (EN) Herr Präsident, in dieser
Woche debattieren wir über militärische Konflikte in
zwei Regionen: Tschetschenien und Palästina. In beiden
Gebieten hat sich die Lage verschärft, seit die westliche
Welt dem Terrorismus den Kampf angesagt hat. Es
scheint fast so, als mache sich die in dem jeweiligen
Konflikt dominierende Seite die Antiterrorkampagne
zunutze, um ihre strategische Position zu stärken. Auf
das Leben der Menschen, die im wörtlichen wie im
übertragenen Sinne ins Kreuzfeuer geraten sind, hat das
verheerende Auswirkungen.
Wir sind aus historischen, humanitären und
sicherheitspolitischen Gründen verpflichtet, in diese
Konflikte einzugreifen und die Kämpfe zu stoppen.
Diplomatische Bemühungen – ob nun unter der
Schirmherrschaft der Vereinten Nationen, der USA, der
Europäischen Union oder der Nachbarländer – sind
bislang erfolglos geblieben. Allem Anschein nach bietet
derzeit lediglich der saudische Friedensplan eine
vielversprechende Lösung. Die kriegführenden Seiten
selbst scheinen nicht viel zu einer Lösung beitragen zu
wollen. Weder Herr Sharon noch Herr Arafat können
den Frieden garantieren, ebenso wenig wie sie ihn
erzwingen können. Herrn Arafats nachweisliche
Verwicklung in den Terrorismus und seine fortgesetzte
Duldung
der
abscheulichen,
palästinensischen
Terrorakte sind zumindest teilweise an der derzeitigen
Lage Schuld.
Die Fraktion der liberalen Demokraten in diesem
Parlament sieht die beste Lösung darin, ein sofortiges
Embargo für Waffenexporte nach Israel und Palästina zu
verhängen und die Vereinten Nationen davon zu
überzeugen, dass eine internationale Friedenstruppe zur
Durchsetzung des Friedens in die Region entsandt wird.
(Beifall)
Nur dann können die Extremisten verdrängt und die
moderaten Kräfte durch einen ehrlichen Vermittler in
einem politischen Prozess zusammengebracht werden, in
dem die Argumente der Gewalt der Überzeugungskraft
der Argumente weichen. Rücksichtsloses militärisches
Abenteurertum auf der einen Seite und zynische
Hinnahme des Terrorismus auf der anderen führen nur
zu weiterem Blutvergießen und Elend und der
Vertiefung des gegenseitigen Hasses, wodurch die
Schaffung eines dauerhaften Friedens verzögert und
erschwert wird.
74
Die jüngsten militärischen Übergriffe Israels auf
palästinensisches Gebiet waren nicht nur schockierend,
sondern haben Israel auch selbst geschadet. Der Westen
besitzt durchaus Druckmittel und Sie, Herr Solana,
müssen sie einsetzen. Eine Dringlichkeitssitzung des
Assoziationsrates
EU-Israel
mit
folgenden
Tagesordnungspunkten sollte einberufen werden: Israels
Ablehnung eines Treffens zwischen unseren Vertretern
und Herrn Arafat, die vorsätzliche Zerstörung von EUfinanzierter Infrastruktur und die Verletzung der
Menschenrechtsbestimmungen gemäß Artikel 2 des
Assoziierungsabkommens. Sie könnten morgen mit
Colin Powell auch über die Androhung sprechen, die
jährliche US-Hilfe für Israel in Höhe von 3 Mrd. USD
auszusetzen. Es sollten Menschenrechtsbeobachter
entsandt werden, um das Elend der unschuldigen
Palästinenser zu dokumentieren, die unter täglichen
Repressalien, willkürlichen Verfolgungen, unnötigen
Erniedrigungen und, in einigen Fällen, unter Folter und
Tod zu leiden haben.
Die internationale Gemeinschaft weiß genau, wo die
Grenzen gezogen werden müssen, um die friedliche
Koexistenz von sechs Millionen Israelis und etwa vier
Millionen Palästinensern in zwei Staaten zu
gewährleisten. Wir können nicht die Hände in den Schoß
legen, wenn UN-Resolutionen durch eine aggressive
Siedlungspolitik
und
die
Ablehnung
einer
Friedenslösung mit Füßen getreten werden. Wenn man
sich auf so eklatante Weise über Völkerrecht
hinwegsetzt, dann ist ein solches Blutvergießen, wie wir
es gesehen haben, unvermeidlich. Die Verantwortlichen
müssen eines Tages zur Rechenschaft gezogen werden.
Am Donnerstag dieser Woche tritt das Statut des
ständigen Internationalen Strafgerichtshofs in Kraft.
Beginnend mit den Massakern in Sabra und Schatila vor
20 Jahren bis hin zu den Vorkommnissen heute
Nachmittag in Dschenin sollte Herr Sharon darüber
nachdenken, ob er einer der Ersten vor dem
Internationalen Strafgerichtshof sein will.
(Beifall)
2-183
Boumediene-Thiery (Verts/ALE). – (FR) Herr
Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin
gestern aus Palästina zurückgekehrt, und mit Ihrer
Erlaubnis werde ich zwei Minuten darüber berichten.
Es gibt keine Worte, um die Schrecken und die
Grausamkeiten zu schildern, denen das palästinensische
Volk ausgesetzt ist, dem die elementarsten Rechte
genommen sind. In Ramallah ist das Krankenhaus
umstellt, das Behandlungszentrum mit der Anzahl der
Schwerverletzten überfordert. Alle medizinischen
Behandlungseinrichtungen sind verwüstet. Es sterben
Frauen in den Wehen wie auch ihre Kinder. Die
Krankenwagen fahren unter Gewehrsalven umher, um
Verwundete abzutransportieren, Tote einzusammeln, die
nicht begraben werden können. Im Hof des
Krankenhauses wird ein Massengrab ausgehoben, in das
die Leichen gezwängt werden. Ein Kind will die Straße
überqueren und wird von einer Kugel für immer
09/04/2002
gelähmt. Eine alte Frau will einen Topf Wasser im Hof
holen, wird von einer Kugel getroffen und bricht
zusammen. Ein an Diabetes leidender Mann kommt auf
einen Stock gestützt zum Behandlungszentrum und wird
auf der ersten Stufe von einer Kugel getötet.
Als wir zum Amtssitz Yasser Arafats kommen, um
Wasser und Lebensmittel zu bringen, richtet ein Panzer
seine Kanone auf uns. Soldaten mit schussbereiten
Waffen drängen uns zurück. Unter ihren Drohungen
kehren wir mit unseren Lebensmitteln wieder um. Sind
diese Kinder, diese alten Leute, diese Frauen etwa
Terroristen, die den israelischen Staat und das israelische
Volk bedrohen?
In Bethlehem herrscht ebenfalls Ausgangssperre. Es ist
Sonntag, weltweit ein Tag des Gebets. Doch es sind
pausenlos Schüsse zu hören. Wir entschließen uns,
Gläubige in die Kirche zu begleiten. Am Fuß der
Treppe, auf dem Platz vor der Geburtskirche sind Panzer
aufgefahren und blockieren alle Zugänge. Die Soldaten
weisen uns an, sofort umzukehren, sie drohen zu
schießen. Wir durchqueren eine kleine Gasse, kommen
an zerstörten Schulen und Kirchen vorbei. Wir klettern
über Ruinen, zerstörte und ausgebrannte Autowracks,
über Trümmer von zusammengestürzten Häusern, über
aufgerissene Gehwege. Aus zerstörten Leitungen dringt
Wasser und bildet schmutzige Rinnsale. Die Behälter
mit Trinkwasser auf den Dächern leeren sich; bald
werden die Bewohner keine Wasser mehr haben, so wie
sie jetzt schon keinen Strom mehr haben.
An einer Häuserecke werden wir erneut von Soldaten
umstellt, die ihre Maschinenpistolen auf uns richten. Es
muss
gesagt
werden,
dass
unsere
Parlamentarierdelegation sich ohne Erlaubnis über
Umwege, die über Sandgruben und Baustellen führten,
wobei wir uns vor den Militärstreifen verstecken
mussten, in diese Städte begeben hatte.
Wenn sie uns sahen, kamen junge und ältere Leute aus
ihren Häusern, um mit uns zu sprechen, um uns zu
bitten, dringend etwas zu unternehmen. Sie erwarten viel
von Europa. Sie setzten all ihre Hoffnung in uns. Sie
sagen, dass sie niemals Yasser Arafat aufgeben werden,
den sie trotz aller Vorwürfe an ihn als ihren einzigen
legitimen Vertreter betrachten.
Wir, die demokratisch gewählten Volksvertreter,
mussten uns trotz unserer weißen Armbinden wie
Terroristen verstecken, um diesem unter terroristischen
Praktiken leidenden Volk Hilfe und Schutz zu bringen.
Ja, es handelt sich um einen Krieg, aber nicht um einen
Religionskrieg, sondern um einen Kolonialkrieg, um
Widerstand gegen militärische Okkupation, gegen einen
Staat, der völlig ungestraft weiterhin das Völkerrecht,
das Recht auf Leben missachtet.
Hier, an der Wiege der Kulturen und der Zivilisation, der
universellen Werte, wird die Menschenwürde mit Füßen
getreten, die Menschlichkeit geht unter. Wir dürfen nicht
länger schweigen, und wir können künftig nicht sagen,
wir hätten nichts gewusst. Wir müssen uns unserer
09/04/2002
Verantwortung stellen und alles tun, damit dieses
Massaker sofort aufhört. Wir müssen wirkliche
Vorschläge unterbreiten. Sie, meine Herren, müssen
wirkliche Vorschläge für eine politische Lösung
unterbreiten.
Für die Aussetzung des Assoziierungsabkommens zu
stimmen, ein Embargo über Waffenexporte nach Israel
zu verhängen, unverzüglich Pufferstreitkräfte zum
Schutz des palästinensischen Volkes zu entsenden – das
ist konkretes Engagement für den Frieden und die
Sicherheit dieser beiden Staaten. Dies nützt dem Frieden
für das gesamte israelische und das gesamte
palästinensische Volk, für die gesamte Region und die
Welt. Dies bedeutet zu bekräftigen, dass Zukunft und
Wohlstand nicht unter Missachtung von Recht und
Gerechtigkeit aufgebaut werden können.
Danke, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass auch Sie
zum Frieden beitragen, indem sie für diese
Entschließung stimmen.
(Beifall)
2-184
Morgantini (GUE/NGL). – (IT) Herr Präsident, ich
weinte im Angesicht eines israelischen Soldaten, der uns
daran hinderte, einem verletzten Palästinenser zu Hilfe
zu kommen. Ich weinte um Ahmed, der am Boden lag
und uns durch eine Handbewegung herzu rief. Ich
weinte, ehrlich gesagt, wegen meiner bzw. unserer
Ohnmacht. Ich weinte, weil der israelische Soldat seine
Menschlichkeit verloren hatte.
Ich sprach mit ihm: „Ich weine nicht aus Angst vor
Deinem Gewehr, sondern um Dich, der Du jung bist. Ich
weine um Hetty Hillesum, die sogar in dem
Konzentrationslager, in das man sie eingesperrt hatte,
das denkende Herz der Baracke sein wollte. Ich weine,
weil Du mich daran hinderst, einem Menschen, der im
Sterben liegt und der, wie Du weißt, nicht geschossen
hat, zu helfen. Ich weine, weil ich gesehen habe, wie Du
Männer der palästinensischen Polizei, die nicht auf Dich
geschossen hatten, zu Boden gedrückt und gezwungen
hast, mit den Händen an der Mauer niederzuknien. Du
hast sie gezwungen, sich nackt auszuziehen, und hast
ihnen dann die Augen verbunden und die Hände
gefesselt. Sie waren alle mit erhobenen Händen aus der
gewaltsam niedergerissenen Haustür gekommen. Unter
ihnen war ein alter Mann, den ich seit Jahren aus
Ramallah kannte. Wir grüßten uns immer. Er sagte
’Kiffech’, und ich antwortete ’Mapsuta’. Ich weine, weil
wir, während der Panzer das Haus beschoss, aus dem wir
auf Euren Befehl hin Männer, Frauen und Kinder
evakuieren mussten, durch das Fenster eines anderen
Hauses von einem Jugendlichen um Brot und Zigaretten
gebeten wurden. Ich weine, weil der mehrmals
verwundete Arzt Mohammed Iskafi, als er einen
verwundeten israelischen Soldaten sah, nicht zögerte.
Wir jedoch wurden durch die Panzer und durch Dein
Gewehr gestoppt. Der verwundete israelische Soldat
wurde fortgebracht, während Ahmed auf der Straße
75
liegen blieb, denn Ihr habt ihn uns entrissen, kaum dass
wir ihn auf eine provisorische Bahre gelegt hatten.“
Sind das normale Kriegsszenen? Ist das die schmerzliche
Notwendigkeit der militärischen Intervention, um die
Zukunft des israelischen Staates zu schützen, der durch
Selbstmordattentate, die ihn zerstören könnten, bedroht
wird? Ebenso wie viele Israelis, mit denen wir uns
gemeinsam seit Jahren um einen gerechten Frieden
bemühen, in dessen Rahmen das Recht beider Seiten auf
einen eigenen Staat anerkannt wird, halte ich die
Beendigung der militärischen Okkupation durch Israel
für den einzigen Weg, um den israelischen Staat zu
retten.
Die Ausdehnung der Siedlungen, die Beschlagnahmung
von Grund und Boden, die Ausgangssperren, die in ihren
Dörfern eingesperrten Palästinenser, die Hinrichtungen
ohne Verfahren, die aufgehaltenen Krankenwagen, die
an den Kontrollpunkten niederkommenden Frauen, die
Zerstörung
des
Sitzes
der
Palästinensischen
Autonomiebehörde – das alles sind keine Irrtümer oder
kleine Pannen. Das sind gezielte politische Praktiken,
ausdrücklich verkündet von Scharon, der gemeinsam mit
den
Koalitionsparteien
seiner
Regierung
die
Umsiedelung, das heißt die Deportation der
palästinensischen Bevölkerung fordert, und zwar nicht
nur jener aus den besetzten Gebieten, sondern auch der
arabischen Bürger Israels.
Die erneute Besetzung des Gebiets und die Zerstörungen
zeugen von dem Willen der kolonialistischen Annexion.
Die Politik der Selbstmordattentate, die leider und
tragischerweise nicht nur von den Organisationen
Hamas oder der Dschihad verfolgt wird - die ich als
Frau nicht nur als zerstörerisch für alle betrachte,
sondern die auch meine Rechte verletzten –, muss
gestoppt werden. Es gibt weder eine moralische noch
eine politische Rechtfertigung für diese Attentate.
Ich verstehe die Angst der Israelis, doch bestärkt mich
die Organisation der israelischen und palästinensischen
Angehörigen von Opfern, die gemeinsam sagen: „Die
militärische Besetzung tötet alle Frauen und Männer.“
Mich bestärkt ein Palästinenser namens Jamal Zakout,
dessen Körper die Spuren der Folter aufweist, und der
sagt: „Ich ertrage es nicht, wenn Zivilisten in Israel
angegriffen werden. Auch wenn Zivilisten durch die
Bombardierungen ums Leben kommen, darf man nicht
Gleiches mit Gleichem vergelten; man darf nicht
denken, weil jeden Tag Kinder und Jugendliche von uns
sterben, müssen auch die anderen sterben. Wir dürfen
unsere Menschlichkeit nicht verlieren. Die Zukunft des
palästinensischen Volkes kann nicht durch die Kultur
des Todes und der Rache aufgebaut werden.“
Es ist eine doppelte Tragödie. Ich würde mir wünschen,
dass wir alle dort unten bei jenen Palästinensern und
Israelis sein könnten, die weiterhin daran glauben, dass
die beste Sicherheit für jedes Volk und jeden Menschen
in der gegenseitigen Anerkennung des Rechts auf ein
Leben in Freiheit und Demokratie auf eigenem Gebiet
liegt.
76
Die Israelin Shulamit Aloni erklärt Tag für Tag: „Ich
habe in der Hagganah gekämpft, damit wir einen
jüdischen Staat in Palästina bekommen; nun finde ich
mich in einem kolonialistischen Staat wieder. Ich ertrage
das nicht, ich schäme mich für diese Armee, für unsere
Regierungen, die im Namen der Sicherheit
Menschenleben und all unsere menschlichen Werte
zerstören.“
Ich bitte meine Fraktion um Entschuldigung, wenn ich
die gemeinsame Redezeit für eine so persönliche, jedoch
viele
politische
Fragen
in
sich
bergende
Berichterstattung genutzt habe.
Wir fordern von der Europäischen Union eine
entschlossene und klare Position, die mit der
internationalen Legalität und der Verteidigung der
Menschenrechte in Einklang steht. Wir fordern, alle
verfügbaren Mittel zu nutzen, um die israelische
Regierung zum Rückzug aus den besetzten Gebieten zu
bewegen. Wir fordern die Anerkennung des Staates
Palästina in den Grenzen von 1967. Wir fordern die
sofortige Entsendung einer internationalen Truppe. Wir
fordern die Aussetzung des Assoziationsabkommens mit
Israel wegen der offenkundigen Verstöße gegen Artikel
2 dieses Abkommens – wozu es keiner weiteren
Prüfungen bedarf. Der Frieden ist für die Palästinenser
und für die Israelis, für die gesamte Region und auch für
uns unverzichtbar.
09/04/2002
Lösung beizutragen, mit der dieser Situation ein Ende
bereitet werden könnte.
Natürlich ist dies nicht leicht, das ist mir völlig bewusst.
Doch gewisse Dinge dürfen nicht vergessen werden,
insbesondere dass der Frieden kurz vor dem Abschluss
stand, und wenn es nicht dazu kam, dann vor allem weil
das von Ehud Barak vorgeschlagene Abkommen nicht
angenommen wurde, und seitdem hat sich die Situation
immer mehr verschlimmert. Meiner Überzeugung nach
wird es auch der Vorschlag der arabischen Länder nicht
ermöglichen, diese Situation zu überwinden. Nur im
Falle eines starken Engagements der gesamten
internationalen Gemeinschaft und der Entsendung einer
Pufferstreitkraft besteht eine gewisse Chance, den
Schrecken und die gegenwärtige Situation zu
überwinden.
Wir müssen umso wachsamer sein, da diese Situation
Folgen in unseren eigenen Ländern nach sich ziehen
kann, wo es bereits zu Auseinandersetzungen zwischen
Vertretern der einzelnen Gemeinschaften gekommen ist.
Ebenso ist ein Anwachsen bestimmter rassistischer
Erscheinungen, des Antisemitismus festzustellen, was
nicht hinnehmbar ist. Aus diesem Grunde werde ich, was
mich betrifft, die Vorschläge, die auf die Entsendung
einer Pufferstreitkraft und auf die Schaffung der
Bedingungen zur Beendigung dieser Situation abzielen,
mit aller Kraft unterstützen.
2-186
Es geht nicht darum, sich auf eine der beiden Seiten zu
stellen. Ich bin für den Frieden bzw. wir sind für den
Frieden; wir wollen keine Siege – weder auf der einen
noch auf der anderen Seite. Gleichwohl muss
hinsichtlich der Verantwortung unterschieden werden
und müssen wir sie in vollem Umfang wahrnehmen,
weil wir alle zusammen nicht wollen, dass Tod, Schmerz
und Leid weiterhin den Lebensrhythmus in Palästina und
in Israel bestimmen.
(Beifall)
2-185
Pasqua (UEN). – (FR) Herr Präsident, Herr Hoher
Vertreter, Herr Kommissar! Ich bin von zwei Gefühlen
beherrscht.
Das erste ist natürlich die Bestürzung, die sich aller
Anwesenden bei der Schilderung dessen bemächtigt,
was in diesem Teil der Welt geschieht und uns alle
angeht. Auf die Kette der Attentate und Morde folgte
eine Kriegssituation, denn um eine solche handelt es sich
zweifellos. Um Krieg mit allen seinen Schrecken und
Grausamkeiten.
Das zweite Gefühl, das sich bei mir einstellt, wenn ich
den Hohen Vertreter höre, der mit großer Offenheit
gesprochen hat, wie er selbst betonte – und das will ich
ihm gern glauben – sowie mit Unparteilichkeit, besteht
in einer gewissen Ratlosigkeit, denn man kann ja nicht
sagen, dass die Union bisher den Weg gefunden hätte,
um mit all ihrem Gewicht zur Herbeiführung einer
Belder (EDD). – (NL) Im Dezember vergangenen Jahres
forderte der Europäische Rat die Palästinensische
Autonomiebehörde auf, die terroristischen Netzwerke
der Hamas und des islamischen Dschihad zu
zerschlagen, alle terroristischer Akte verdächtigen
Personen in ihrem Autonomiegebiet zu verhaften und
strafrechtlich zu verfolgen sowie das Ende der Intifada
in arabischer Sprache öffentlich zu verkünden.
Vier Monate später, Herr Präsident, müssen wir
erkennen,
dass
Arafat
und
die
übrigen
Palästinenserführer dieser Forderung der EUMitgliedstaaten in keiner Weise nachgekommen sind.
Schlimmer noch, die Beweise häufen sich, dass der
Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde an
den Terrorakten gegen die Bürger Israels unmittelbar
beteiligt ist. Welche Konsequenzen zieht die EU, die
doch der größte Geber der Palästinensischen
Autonomiebehörde ist, aus diesem Verhalten? Sollte hier
nicht ernsthaft erwogen werden, finanzielle Sanktionen
zu verhängen?
Für legitim halte ich es, wenn die Regierung Scharon,
wenngleich erst nach einer langen Serie äußerst blutiger
palästinensischer Selbstmordanschläge,
schließlich
selbst dazu übergegangen ist, die palästinensischen
Terrornetzwerke
auszuschalten.
Die
westliche
Diplomatie setzt Israel jetzt erheblich unter Druck, die
Militäroperation
abzubrechen.
Aber
welche
Sicherheitsgarantie bieten die EU und ihre
Mitgliedstaaten Israel? Kann Europa zusichern, dass
nach dem Rückzug der palästinensische Terror gegen die
09/04/2002
Israelis nicht erneut mit aller Wucht aufflammt? Ich
appelliere gleichermaßen an die Europäer wie an die
Amerikaner, diese schreckliche Vision für die
potenziellen Opfer, die Bürger Israels, morgen auf dem
Gipfel in Spanien unbedingt zur Sprache zu bringen.
Schließlich, Herr Präsident, hat die Eskalation im Nahen
Osten in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu
überaus beschämenden Erscheinungsformen eines
unverhüllten Antisemitismus geführt. Ich rufe alle EUOrgane auf, diese nachdrücklich zu verurteilen, und
hoffe, die Mitgliedstaaten treten diesem Antisemitismus
wirkungsvoll entgegen.
2-187
Della Vedova (NI). – (IT) Herr Präsident, als Erstes
möchte ich den Wunsch zum Ausdruck bringen, dass
Europa
dieselbe
gebotene
und
dringende
Aufmerksamkeit, die es der in Palästina grassierenden
blutigen Gewalt widmet, auch dem vom Kollegen
Watson
erwähnten
Massenmord
an
dem
tschetschenischen Volk zuteil werden lässt, dem bereits
20 % dieses Volkes zum Opfer fielen. Bis heute ist
hierzu aus Europa mit Verlaub gesagt nur furchtsames
Schweigen zu vernehmen.
Europa kann keine unparteiische Position zwischen
Israel
und
Palästinensischer
Autonomiebehörde
beanspruchen. Es gibt keine moralische Autorität für
irgendeine Vermittlung, wenn die Verurteilungen nahezu
nur in eine Richtung gehen bzw. wenn nicht bewiesen
wird, dass man zwischen einem demokratischen Land,
dem einzigen in der Region, das sich jedenfalls für die
Wahrung der Menschenrechte einsetzt – aber bis wann,
muss man sich fragen –, und einer Tyrannei, in der die
der Kollaboration Verdächtigen ohne jeden Schein eines
Prozesses hingerichtet werden, unterscheidet; wenn man
nicht berücksichtigt, dass die israelische Armee einen
militärischen Gegenschlag führt, der zwar falsch und
fruchtlos sein mag und nicht die einzige Antwort sein
kann und darf, der jedoch auf die unablässigen Morde an
harmlosen und unschuldigen Zivilisten zurückzuführen
ist. Für sie werden nur wenige Tränen vergossen.
Es kann sein, dass Scharon, wie der Hohe Vertreter
Solana sagte, bei dem Versuch, die Infrastruktur des
Terrorismus zu zerstören, letztendlich neue Scharen
fanatischer Terroristen erzieht, doch können wir nicht
wirklich glauben, hinter den palästinensischen
Selbstmordattentätern stünden im Unterschied zu denen,
die die Twin Towers zum Einsturz brachten, keine
ebenso blutgierigen und zynischen Drahtzieher.
Wir verlangen von Scharon, sich zurückzuziehen und
seine Waffen schweigen zu lassen. Das ist sehr gut. Aber
was fordern wir von Arafat? Vorausgesetzt, dass Arafat
etwas anderes tun kann, als „Nein“ zu sagen, wie er es
bisher getan hat. Welche Sicherheiten, welche Lösungen
bieten wir Scharon, wenn wir ihn auffordern, die
gewaltsamen Unterdrückungsmaßnahmen einzustellen?
Die
Rede
ist
von
wirtschaftlichen
Vergeltungsmaßnahmen gegen Israel. Es sollte jemand
von der Palästinensischen Autonomiebehörde eine
77
Untersuchung über die finanzielle Hilfe der EU
verlangen, um zumindest die europäischen Steuerzahler
dahingehend zu beruhigen, dass sie nicht die Gehälter
von Funktionären und Führungskräften finanzieren, die
in die Organisation der Selbstmordattentäter verstrickt
sind.
Europa muss einen klaren Schritt tun, indem es der
israelischen Demokratie die volle Integration in die
Europäische Union anbietet. Das wäre ein Weg, um
Autorität zu gewinnen, um den Institutionen des Staates
Israel einen Anker zuzuwerfen und – auch im Hinblick
auf die Wirtschaftsentwicklung – eine strategische
Perspektive zu eröffnen. Es wäre ein Weg, um den
palästinensischen und den israelischen Bürgern eine
konkrete Hoffnung auf Frieden zu geben.
2-188
Der Präsident. – Zum Abschluss der Debatte habe ich
sechs Entschließungsanträge erhalten5. Soweit mir
bekannt ist, wurde ein Kompromisstext ausgearbeitet,
aber ich weiß nicht, inwieweit er bereits in den
Fraktionen behandelt wurde. Es ist zwar nicht Sache des
Ratsvorsitzes,
in
den
ordnungsgemäßen
parlamentarischen Ablauf einzugreifen, doch möchte ich
vom Präsidium aus an Sie appellieren, dass unser
Standpunkt morgen die größtmögliche Unterstützung
erhält, damit klar und überzeugend zum Ausdruck
kommt, wofür eine große und repräsentative Mehrheit
steht.
2-189
Galeote Quecedo (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident, wir
stehen offenkundig vor einer nie da gewesenen Krise im
Nahen Osten, deren Bedrohung durch die Gefahr ihrer
Ausweitung noch zunimmt. In derselben Region müssen
wir uns über die Entwicklung der Ereignisse an der
Grenze zwischen Israel und Libanon zutiefst besorgt
zeigen und einflussreiche Länder wie Iran oder Syrien
dazu aufrufen, dass sie trotz ihrer verständlichen
Empörung ihre guten Dienste anbieten, um das
angespannte Klima unter Kontrolle zu halten. Aber auch
in anderen Gebieten dieser Erde sind zornige
Solidaritätsbekundungen
mit
den
gedemütigten
Palästinensern zu verzeichnen, wie man bei der
Massendemonstration in Marokko feststellen konnte.
Die israelische Regierung muss begreifen, dass sie sich
nicht abseits der klaren Vorgaben durch die
internationale Gemeinschaft bewegen kann. Wir
vertrauen darauf, dass auf dem morgigen Gipfeltreffen in
Madrid mit dem amtierenden Ratsvorsitz der
Europäischen Union, den Vereinigten Staaten, Russland
sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen die
Gelegenheit ergriffen wird, um übereinstimmend den
festen Willen der Schirmherren des Friedensprozesses zu
bekräftigen, die Erfüllung der jüngsten Resolutionen der
Vereinten Nationen durchzusetzen. Es hat den Anschein,
als fände derzeit ein Teilrückzug der Truppen statt, was
zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber bei
5
Entschließungsanträge gemäß Artikel
Geschäftsordnung: siehe Protokoll.
37
Absatz
2
der
78
weitem nicht ausreichend ist, vor allem, wenn das, was
Herr Patten heute hier gesagt hat, zutrifft.
Ich stamme aus einem Land, in dem der Terrorismus die
größte Sorge der Bürger darstellt, und aus diesem Grund
fühlen wir uns mit seinen Opfern besonders solidarisch.
Aber es sind nicht alle Mittel erlaubt im Kampf gegen
den Terror; die Rechtsstaatlichkeit und das Völkerrecht
müssen stets gewahrt bleiben. Unter diesem
Gesichtspunkt ist es unter keinerlei Umständen
akzeptabel, die Strukturen der Palästinensischen
Autonomiebehörde, der derzeit einzigen legitimen
Vertreterin des palästinensischen Volkes, untergraben zu
wollen, auch wenn ihr Vorgehen in einigen Punkten
noch so sehr zu kritisieren ist. Ja, man muss von ihr
verlangen, dass sie die Attentate klar verurteilt: es gibt
keine guten und schlechten Terroristen, alle sind
gleichermaßen verabscheuenswürdig. Sie muss alles in
ihrer Macht Stehende tun, um Anschläge zu verhindern
und ihre Täter und Anstifter festzunehmen, was leider
nicht immer geschehen ist.
In der Europäischen Union müssen wir ein einheitliches
Vorgehen sicherstellen. Ein gespaltenes Europa ist das
Gleiche wie kein Europa. Unter den Außenministern der
Mitgliedstaaten sind einige Fortschritte erzielt worden,
die unsere Öffentlichkeit, wie ich denke, als
unzureichend erachtet. Ich glaube, es gibt andere Wege,
es gibt in der internationalen Praxis Instrumente, mit
denen wir unser Missfallen gegenüber der Politik einer
Regierung wie der Israels zum Ausdruck bringen
können.
(Beifall)
2-190
Sakellariou (PSE). – Herr Präsident! Wir sind
konfrontiert mit der schlimmsten Situation, die es je in
der Region gegeben hat, wenn man vom Kriegszustand
'67 und '73 absieht.
Israel zeigt seine totale Verachtung gegenüber den
Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates, gegenüber dem
Völkerrecht, den internationalen Abkommen und den
internationalen Konventionen. Wir machen uns
mitschuldig an den Massakern, an den Verbrechen gegen
die Menschlichkeit, an der Unterdrückung und täglichen
Erniedrigung eines ganzen Volkes, wenn wir dazu
Stillschweigen bewahren und nach Ausgewogenheit
zwischen Unterdrücker und Unterdrücktem suchen. Die
gibt es nicht!
Was können wir tun? Sehr viel meine ich. Beispiele
wären ein Embargo für Rüstungsgüter gegen Israel, eine
Rückberufung unserer Botschafter zur Berichterstattung
in den Hauptstädten der Europäischen Union, das
Einfrieren
sämtlicher
Kontakte
mit
hohen
Regierungspersönlichkeiten Israels und schließlich die
Aussetzung des Assoziierungsvertrags.
Herr Kommissar, ich spreche jetzt Sie als den Vertreter
der Kommission hier an - und meine aber den
Präsidenten der Kommission Prodi, dem ich großen
09/04/2002
Respekt für seine Persönlichkeit und auch für sein Werk
entgegenbringe. Ich habe nur kein Verständnis für die
Erklärungen, die er in den letzten Tagen gemacht hat.
Ich zitiere:
2-191
(FR) Prodi hat jedoch ausgeschlossen, dass die
Europäische Union ihr Assoziierungsabkommen mit
Israel als Mittel des Drucks oder der Erpressung
einsetzen könnte ...
2-192
Sollten Kriegsverbrechen, Hinrichtungen, Angriffskrieg,
Zerstörung, Verachtung des Völkerrechts und der
Resolutionen des Sicherheitsrates der UNO nicht
ausreichen, um dieses Abkommen auszusetzen,
zumindest solange dies andauert?
Sind wir denn Erpresser, Herr Kommissar, wenn wir
angesichts einer humanitären Katastrophe - und auch die
Kommission meint, dass es sich um eine humanitäre
Katastrophe handelt - den Vertrag anwenden? Wenn wir
diesen Vertrag jetzt nicht aussetzen, was müssen unsere
Vertragspartner denn noch tun, damit Artikel 2
Anwendung findet? Die Atombombe abwerfen? Wenn
wir es jetzt nicht tun, können wir Artikel 2 gleich einfür allemal aus sämtlichen Partnerschaftsabkommen und
sämtlichen Partnerschaftsverträgen streichen.
(Beifall)
2-193
Malmström (ELDR).  (SV) Herr Präsident! Der
Albtraum im Nahen Osten nimmt kein Ende. Während
wir hier diskutieren, versinkt diese Region in Gewalt
und Tod. Wie Sie hören können, Herr Solana und Herr
Patten, empfinden wir alle eine enorme Hilflosigkeit,
Abscheu und Frustration. Die Selbstmordattentate
hindern die Israelis daran, sich frei zu bewegen. Eine
Tasse Kaffee mit Freunden trinken zu gehen oder
Lebensmittel zu kaufen, ist mit Lebensgefahr verbunden.
Die Angst vor neuen Attentaten lähmt natürlich die
Menschen.
Das Europäische Parlament hat die Terrorangriffe bereits
unzählige Male verurteilt und an Arafat und die
palästinensischen Behörden appelliert, alles in ihrer
Macht Stehende zu tun, um solche Taten und den gegen
die Israelis geschürten Hass zu unterbinden.
Auch die Palästinenser in der West Bank und in
Ramallah sind Gewalt ausgesetzt, wo Hunderte von
ihnen getötet wurden, darunter auch zahlreiche Kinder.
Als Freunde Israels, die den israelischen Staat und sein
Existenzrecht verteidigen, müssen wir energisch auf die
Aktionen des Militärs und der Regierung dort reagieren
können. Die eskalierte Gewalt und die Brutalität der
Okkupation sind völlig unangemessen. Die ganze Welt
ist sich jetzt einig in der Forderung an Israel, sich aus
den palästinensischen Gebieten zurückzuziehen. Das
Agieren Israels ist unverantwortlich; die Angriffe auf
zivile
Palästinenser
werden
noch
mehr
Selbstmordattentäter hervorbringen, nicht weniger. Die
09/04/2002
Offensive der Gewalt und des Mordens kann nie zu
einem Frieden führen.
Wenn sich Israel im Kriegszustand befindet, wie Sharon
das erklärt hat, dann gelten bestimmte internationale
Übereinkünfte und Abkommen. Uns erreichen aber
täglich Berichte über die Verletzung dieser
Konventionen. Wir haben jedoch keine sicheren
Angaben dazu, da dieses Gebiet für Vertreter von
Organisationen und Medien gesperrt ist. Nach Angaben
von Kollegen sind dort nicht einmal Krankenwagen
zugelassen.
Sharon und Arafat trennt ein alter erbitterter Hass. Es
scheint, keine der beiden Parteien kann sich mehr aus
dieser Situation befreien. Aus diesem Grunde brauchen
wir eine umfassende internationale Unterstützung und
eine deutliche Liste von Forderungen. Es ist daher
positiv, dass die USA ihr Engagement intensivieren und
endlich Colin Powell in die Region entsandt haben.
Aber auch die EU muss sich stärker engagieren. Auf der
Beratung am Montag müssen die Minister sich die Frage
stellen, was wir tun können. Ein sofortiges
Waffenembargo? – Ja. Und natürlich müssen wir auch
das Assoziationsabkommen diskutieren. Ich glaube
nicht, dass eine Aufhebung im Moment aktuell ist, aber
eine Diskussion sollte zumindest geführt werden.
Es muss für die Palästinenser und Israelis möglich sein,
Seite an Seite in Frieden miteinander zu leben. Eine
Lösung dieses Konflikts wäre der wichtigste Beitrag für
den Weltfrieden und den internationalen Kampf gegen
den Terrorismus.
2-194
Maes (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident, Herr
Kommissar, Herr Ratspräsident, Herr Hoher Vertreter!
Im Namen der Parteien der staatenlosen Völker Europas
kann ich Ihnen versichern, dass wir die Vision von Herrn
Solana und von Kommissar Patten teilen. Die Gewalt
muss aufhören, und dauerhafter Frieden muss Einzug
halten. Ein Staat Palästina neben einem Staat Israel.
Aber wir sind enttäuscht über die Instrumente, deren
sich die internationale Gemeinschaft bedient, um dieses
Ziel zu erreichen, und speziell über die Ohnmacht der
EU. Uns beschämt die Machtlosigkeit gegenüber dem
Leid zahlloser Menschen, so vieler sinnloser Toter, der
Geiselnahme unzähliger Bürger. Der Geist von Oslo ist
tot. Israel begeht Staatsterrorismus. In der Regierung
von Herrn Scharon sitzen Minister, die sich das
Westjordanufer wieder einverleiben wollen. Die
gravierenden Menschenrechtsverletzungen durch Israel
in Dschenin und an zahlreichen anderen Orten in den
wiederbesetzten Gebieten bedeuten de facto eine
Aufkündigung des Assoziierungsabkommens von Seiten
Israels selbst, denn die Achtung der Menschenrechte ist
Bestandteil der Klauseln des Assoziierungsabkommens.
Die EU muss das Assoziierungsabkommen jetzt
aussetzen. Die Verhängung eines Waffenembargos
reicht nicht aus. Das israelische Volk und das
palästinensische Volk flehen um Frieden, um Wasser,
um Brot und um Würde, werden jedoch mit Gewalt und
79
Krieg überzogen. Wir müssen alles daransetzen, um
dieser Gewalt Einhalt zu gebieten. Deshalb sollten wir
jetzt die Entsendung einer Friedenstruppe beschließen,
denn sie ist unverzichtbar geworden.
2-195
Collins (UEN). – (EN) Herr Präsident, es gibt keine
militärische Lösung für den Konflikt zwischen Israel
und Palästina. Wenn nicht die Ursachen des Konflikts
beseitigt werden, kann zwischen den gegnerischen
Seiten auch keine friedliche Lösung erzielt werden.
Premierminister Sharon hat einen kompromisslosen
Kampf gegen den Terror aufgenommen, aber er hat
keine diplomatische Lösung angeboten, um die
eskalierende Spirale von Gewalt und Brutalität zu
verhindern.
Der Tenet- und der Mitchell-Plan sind noch nicht vom
Tisch und bieten zusammen mit den jüngsten
Vorschlägen der saudiarabischen Regierung ebenfalls
eine Grundlage für die Wiederaufnahme der
Friedensgespräche, sollte die israelische Regierung die
jüngsten UN-Resolutionen vollständig einhalten.
Es steht für mich außer Frage, dass Yasser Arafat der
politische Führer ist, mit dem die israelische Regierung
dieses Mal verhandeln muss. Der Versuch, die
Palästinensische Autonomiebehörde zu stürzen, wird zu
langfristiger Instabilität führen und nur den Hass
zwischen dem palästinensischen und dem israelischen
Volk sowie zwischen Israel und anderen arabischen
Ländern im Nahen Osten schüren. Nur die sofortige und
ernst gemeinte Vermittlung durch einen Dritten kann
beide Seiten wieder an den Verhandlungstisch bringen.
Die USA müssen sich ebenso wie die Europäische
Union entschlossen und aktiv an diesem Prozess
beteiligen und einen bedeutenden Beitrag leisten.
Wir sollten in Erwägung ziehen, die Europa-MittelmeerAbkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen
der EU und Israel außer Kraft zu setzen, wenn Israel
seine militärischen Angriffe auf das palästinensische
Volk nicht einstellt.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich die jüngsten
fortgesetzten Gewaltausbrüche im Nahen Osten und alle
antisemitischen Ausschreitungen verurteile, die in
Europa und in anderen Teilen der Welt verübt werden
bzw. wurden.
2-196
Sandbæk (EDD). - (DA) Herr Präsident, nichts deutet
darauf hin, dass Scharon einer der Empfehlungen der EU
oder der USA folgen wird. Es deutet im Moment auch
überhaupt nichts darauf hin, dass Israel um seinen Ruf
besorgt ist. Geld ist das einzige Mittel, auf das Israel
reagiert und wir sollten deshalb Druck ausüben, indem
wir
einleitende
Verhandlungen
über
unsere
Handelsverträge verlangen. Ich war im Januar in Israel,
es gab große Demonstrationen wegen Kürzungen der
Unterstützung für Studenten und Ältere. Scharon möchte
natürlich, wie alle Politiker, wiedergewählt werden,
doch wäre dieses Ziel gefährdet, wenn die israelische
Bevölkerung
aufgrund
von
Scharons
80
Regierungsmaßnahmen von wirtschaftlichen Sanktionen
betroffen wäre. Die EU hat bereits zu lange vergeblich
versucht, durch Nachsicht Einfluss auf Scharons
Regierung zu bekommen. Scharon hat der EU aber nicht
einmal erlaubt, mit Arafat zu sprechen. Alle meine
Freunde in Israel - die ich kennen lernte, als ich 1967 mit
dem ersten Freiwilligenflugzeug landete und dann zwei
Jahre dort blieb -, sind sich darin einig, dass Scharons
Staatsterrorismus die israelische Gesellschaft von innen
zerstört. Deshalb muss Scharon auch aus Rücksicht auf
Israel Einhalt geboten werden. Wann wird die EU sagen,
dass es jetzt genug ist? Und wann wird die EU beim
Namen nennen, was Scharon, seine Soldaten und Siedler
tun, nämlich Tausende Zivilisten und Unschuldige –
Männer, Frauen und Kinder – töten: Terrorismus. Bis
wir Scharons Vorgehen mit dieser Bezeichnung belegen,
kann er weiterhin die Versorgung mit Lebensmitteln,
Wasser und ärztlicher Hilfe unterbinden, indem er auf
Sanitätswagen schießen lässt, wobei er sich sicher sein
kann, dass wir nicht mehr tun werden als reden und
niemals zur Handlung schreiten.
2-197
Borghezio (NI). – (IT) Herr Präsident, viele haben
gefordert, auf Israel einzuwirken und zugunsten eines
Waffenstillstands zu intervenieren, und wir schließen
uns diesen Forderungen an. Weitaus weniger Stimmen
haben jedoch außerhalb des Chores im Zusammenhang
mit dem „Verlust der Menschlichkeit“ – um die
Formulierung einer unserer Kolleginnen zu verwenden –
auf die dramatische Situation der Opfer des
blindwütigen
und
bestialischen
Terrorismus
hingewiesen, der sich gegen unschuldige Zivilisten
richtet.
Diesen Forderungen möchten wir eine andere
hinzufügen. Europa kann nicht weiter ruhig bleiben,
wenn die Waffen symbolträchtige Stätten unserer
Zivilisation, d. h. der christlichen Zivilisation, zu
zerstören drohen. Warum hat Europa nie daran gedacht,
sich den von hohen geistigen Würdenträgern
stammenden und von uns seit Jahren unterstützten
Vorschlag zur Internationalisierung der Heiligen Stätten
zu Eigen zu machen?
Ich fordere den Präsidenten auf, sowohl der israelischen
Regierung
als
auch
der
Palästinensischen
Autonomiebehörde die Gefühle des Schmerzes zu
übermitteln, die in diesen Tagen Millionen von
europäischen Bürgern christlichen Glaubens empfinden,
wenn sie sehen, dass in Bethlehem die Heiligen Stätten,
d. h. die Geburtsstätte von Jesus Christus, durch
Bomben, Kämpfe und die Okkupation durch bewaffnete
Männer entweiht, in Biwaks von Kämpfern
umgewandelt und zur Zielscheibe der beiden Parteien
werden.
2-198
Napoletano (PSE). – (IT) Herr Präsident, die Aufgabe
des Dialogs und des Verhandlungsweges hatte für alle
schreckliche Folgen. Gewalt schafft keine Gerechtigkeit,
beseitigt kein Unrecht und würdigt keine Argumente.
09/04/2002
In diesen Stunden werden in den palästinensischen
Gebieten erneute schwerwiegende Völkerrechts- und
Menschenrechtsverletzungen begangen, denen die
internationale Gemeinschaft Einhalt gebieten muss.
Ebenso muss der terroristische Wahn gestoppt werden,
der junge Frauen und Männer dazu bringt, ihr junges
Leben für eine Sache zu opfern, die dem eigenen Volk
keineswegs zum Vorteil gereicht, zu weiteren
unschuldigen Opfern führt und dem israelischen
Regierungschef ein Alibi liefert, um den einseitigen und
totalen
Krieg
gegen
die
Palästinensische
Autonomiebehörde, ihre Struktur und ihre Führer, allen
voran Präsident Arafat, zu erklären.
Es ist wichtig, dass es gelungen ist, für morgen in
Madrid die Durchführung eines Treffens zu erreichen,
auf dem die Vertreter der Vereinigten Staaten, der
Europäischen Union, Russlands und der Vereinten
Nationen
endlich
ihre
Anstrengungen
darauf
konzentrieren können, hoffentlich umgehend eine
internationale Sicherheitstruppe in die Region zu
entsenden, die fähig ist, einen Waffenstillstand und die
Beendigung sämtlicher Gewaltakte durchzusetzen.
Um die Einhaltung der zahlreichen Resolutionen des
UN-Sicherheitsrats, den Rückzug der israelischen
Streitkräfte aus den besetzten Gebieten und die
Freilassung von Präsident Arafat zu erwirken, muss
jedweder Druck ausgeübt werden, einschließlich der
Aussetzung des Assoziationsabkommens zwischen der
Europäischen Union und Israel. Die Proklamation eines
souveränen palästinensischen Staates verbunden mit
einem internationalen Engagement zur Gewährleistung
der Sicherheit von Israel in der Richtung, wie sie durch
die jüngste Stellungnahme der Arabischen Liga
aufgezeigt wurde, muss unser Ziel bleiben.
Deshalb werden wir diejenigen, die auch in diesen
dramatischen Zeiten für Frieden, für gegenseitige
Achtung und für das Miteinander der beiden
Gemeinschaften sowohl in Palästina als auch in Europa
kämpfen, weiterhin unterstützen. Aus eben diesem
Grund verurteilen wir erneut und mit noch größerem
Nachdruck alle Akte der Gewalt und der Intoleranz, die
sich gegen Symbole und führende Vertreter der
jüdischen Gemeinschaften richten.
2-199
Brok (PPE-DE). - Herr Präsident, Herr Kommissar,
Herr Ratspräsident, Herr Hoher Beauftragter! Es geht
hier um den Existenzkampf zweier Völker. Dies ist
insbesondere aus deren eigener, subjektiver Sicht der
Fall. Es ist ein Existenzkampf, der auf beiden Seiten
nicht gerade unter guter politischer Führung geschieht.
Da dies so ist und die Emotionen so hoch gehen, ist es
falsch nachzuforschen, wo jetzt diese oder jene Aktion
ihren Ausgang nahm. Wer die neuere oder ältere
Geschichte des Heiligen Landes kennt, weiß, dass man
den, der als erster den Stein geworfen hat, nicht finden
kann.
Aus diesem Grund sollten wir nicht neue Emotionen,
sondern Vertrauen erwecken, damit die Völker dort zur
09/04/2002
Ruhe und damit in die Lage kommen, wieder
miteinander zu reden. Es ist also außerordentlich
wichtig, dass wir kein Öl ins Feuer gießen. Deswegen
bedanke ich mich bei Ihnen allen dafür, dass Sie heute
hier sind, und dass morgen dieses Treffen in Madrid
stattfindet. Wenn die Europäische Union, die
Vereinigten Staaten von Amerika, Russland und die
Vereinten Nationen zu einer gemeinsamen Position
kommen, sie mit ihren höchsten außenpolitischen
Repräsentanten erarbeiten und sie gemeinsam beiden
Parteien erläutern, ist erstmalig die Chance gegeben,
dass die Ernsthaftigkeit der Situation auf beiden Seiten
begriffen wird.
Vor allen Dingen ist der Glaubwürdigkeitsfaktor
vorhanden,
denn
so,
wie
jeder
Einzelne
Glaubwürdigkeitsdefizite auf der einen oder anderen
Seite hat, ist die Glaubwürdigkeit hier im Kollektiv
gegeben. Man sollte dies entsprechend nutzen. Eine
Glaubwürdigkeit, dass man in der Lage ist,
Sicherheitsgarantien zu geben für einen Staat Israel und
für einen palästinensischen Staat, dass man in der Lage
ist, die Vorschläge des Kronprinzen von Saudi-Arabien
einzubeziehen, einschließlich der Anerkennung des
Staates Israel durch arabische Staaten, um auf dieser
Grundlage dann die Glaubwürdigkeit zu erwecken, dass
es nun Zeit ist, den Abzug durchzuführen und dem
Terror abzuschwören – eine Bedingung, damit man in
konkrete Verhandlungen hineingehen kann.
Hier haben wir unser eigenes konkretes Interesse, nicht
nur generell an Frieden und Menschenrechten: Wegen
der unmittelbaren Nähe sind wir daran interessiert, dass
die Antiterror-Koalition nicht zerbricht, dass ein neuer
Fundamentalismus dies nicht als Alibi benutzt, und dass
wir mit unserer Mittelmeerpolitik im Rahmen des
Barcelona-Prozesses erfolgreich vorankommen. Wir
sollten daher den Versuch unternehmen, dass nicht Herr
Solana, Herr Patten und die Ratspräsidentschaft alleine
nach Jerusalem und danach acht Tage später Powell
alleine dorthin reisen; bekommen Sie es morgen hin,
dass sie gemeinsam dorthin fahren. Das wäre die
Botschaft der Weltgemeinschaft an die streitenden
Parteien, damit wir aus dem Meer des Feuers
herauskommen. Ich wünsche Ihnen allen, dass morgen
dieser Erfolg erzielt wird.
81
der Zustimmung der USA und Israels. Diese sollten wir
nicht nach Israel schicken und auch keine israelischen
Städte bombardieren, aber wir sollten den Wunsch der
Palästinenser nach Schutztruppen in Palästina erhören.
Es kann keinen völkerrechtlichen Hinderungsgrund für
die Entsendung Zehntausender ziviler und militärischer
Friedenskräfte nach Palästina geben. Warum also, Herr
Solana und Herr Patten, haben Sie solche Angst davor zu
agieren?
2-201
Segni (UEN). – (IT) Herr Präsident, aufgrund kultureller
und auch politischer Traditionen war ich immer ein
aufrichtiger Freund der Israelis und des Staates Israel.
Heute besteht die Aufgabe eines aufrichtigen Freundes
von Israel meines Erachtens darin, der israelischen
Regierung verständlich zu machen, dass sie auf dem
falschen Wege ist. Freunde müssen eine klare Sprache
sprechen, wenn sie wirkliche Freunde sein wollen, und
dies ist der Moment, es zu tun. Deshalb muss das
Europäische Parlament zwar seinen Wunsch nach
Frieden bekunden und alles für den Frieden tun, doch
muss es auch klar und deutlich sagen, dass auf Seiten
einer Regierung, die wir schätzen, und eines Landes, mit
dem wir ehrlich verbunden sind und das wir schützen
wollen, ein Wandel vollzogen werden muss, und gerade,
weil wir es schützen wollen, fordern wir es zu diesem
Wandel auf.
Herr Präsident Cox, wir haben heute den Vorsitzenden
der jüdischen Gemeinschaften Italiens, Herrn Professor
Luzzatto gesehen: Er hat Sie vor kurzem getroffen und
um ein Eingreifen des Europäischen Parlaments ersucht.
Ich bin mir dessen bewusst, wie schwierig das ist, aber
wenn auch wir als Parlament, als Delegation, als
Präsidium des EP irgendetwas, und sei es auch noch so
wenig, auf diesem Weg zum Frieden bewerkstelligen
können, so lassen Sie es uns tun! Die Europäische Union
hat gut daran getan, es zu versuchen, auch wenn sie auf
Ablehnung gestoßen ist. Lassen Sie auch uns unsere
Verantwortung im vollen Umfang wahrnehmen!
2-202
Wenn man die Vertreter des Rates und der Kommission
so hört, kann man diese Äußerungen verstehen. Schöne
Worte und Eigenlob, aber keine Taten. Umso
erfreulicher ist es, die Fraktionsvorsitzenden und
Abgeordneten zu hören, die Taten fordern, die Nutzung
der Möglichkeiten des Assoziierungsabkommens und
nicht zuletzt die Entsendung von Friedenstruppen.
Gawronski (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, die
Diskussion der letzten Tage und auch die Debatte in
diesem Parlament beweisen nach meinem Dafürhalten –
sofern es überhaupt noch eines Beweises bedarf –, wie
unterschiedlich und wie weit voneinander entfernt die
unterbreiteten Vorschläge sind. Daraus lässt sich die
traurige Schlussfolgerung ziehen, dass augenblicklich
nicht die Voraussetzungen bestehen, um den Krieg im
Nahen Osten zu beenden. Und inzwischen fahren zwei
Männer im Nahen Osten, nämlich Scharon und Arafat,
fort, die gegenwärtige internationale Stabilität zu
gefährden, und obwohl sie vom Frieden sprechen,
wollen sie ihn gar nicht, entziehen sie sich ihm und
verhindern sie ihn, denn beide wollen keinen Frieden,
sondern hoffen und glauben, den Krieg zu gewinnen –
der eine mit militärischer Überlegenheit und der andere
mit Selbstmordattentaten.
Wir müssen unbedingt Tausende zivile und militärische
Friedenskräfte in die Region schicken, unabhängig von
Die Auswirkungen dieser Krise im Nahen Osten machen
sich allmählich auch in unseren Ländern bemerkbar und
2-200
Gahrton (Verts/ALE).  (SV) Herr Präsident! Dieser
Tage konstatierte die Financial Times das Scheitern der
Nahostpolitik der EU, während Le Monde die
Machtlosigkeit der Union im Nahen Osten beklagte.
82
ziehen sie in Mitleidenschaft, wie soeben Herr Pasqua
betonte. Der Rassismus nimmt zu, er erfasst die übrige
Welt, Europa und die Vereinigten Staaten und führt zu
gefährlichen Missverständnissen und Divergenzen
zwischen diesen beiden Realitäten EU und USA. Eine
Lösung ist schwer erkennbar, und trotzdem muss, wie
Herr Solana vorhin sagte, eine Perspektive aufgezeigt
werden. Die Idee von einer Art internationalem
Marshall-Plan zur mindestens teilweisen Lösung der
Probleme der Palästinenser könnte meines Erachtens ein
nützlicher Beitrag sein.
Die italienische Regierung hat vor geraumer Zeit eine
derartige Initiative zur Unterstützung der Wirtschaft im
Nahen Osten und insbesondere in Palästina
ausgearbeitet, die Ministerpräsident Berlusconi vor
kurzem all seinen europäischen Amtskollegen
vorgestellt hat. Dieser Vorschlag sollte nach meinem
Dafürhalten von all denen unterstützt werden, die sich
wahren Frieden im Nahen Osten wünschen und erhoffen.
2-203
Soares (PSE). – (PT) Herr Präsident, meine Damen und
Herren Abgeordneten! Ich unterstütze den in dieser
Aussprache von meinem Freund Barón Crespo
geäußerten Vorschlag, das Europäische Parlament solle,
wie er sagte, je eine Botschaft an den Gipfel in Madrid,
an die Regierung Sharon und an die palästinensische
Behörde richten. Worte allein reichen uns aber nicht!
Wir haben schon zur Genüge gesprochen und sind nicht
gehört worden. Die Behandlung der Delegation der
Europäischen Union in Israel war demütigend und
unannehmbar und das Gegenteil dessen, was mein
Freund Javier Solana beabsichtigt hatte. Wir müssen
jetzt zu Taten übergehen, damit wir respektiert werden.
Beim gegenwärtigen Stand, an dem die Regierung
Sharon angelangt ist, wird man nur Taten verstehen.
Israel ist kein Rechtsstaat mehr, so sehr uns das auch
schmerzt. Es respektiert weder das Völkerrecht noch das
Gesetz. Wie Herr Kommissar Chris Patten sagte, kann
der Kampf gegen den Terrorismus, den wir alle
unterstützen, nicht als Vorwand dienen, um das
internationale Recht zu missachten. Deshalb unterstütze
ich die Maßnahme – die dringend geboten ist –, das
Assoziierungsabkommen zwischen Israel und der
Europäischen Union auszusetzen. Das ist der Weg, der
uns bleibt. Des weiteren müssen wir bei den Vereinten
Nationen darauf bestehen, dass eine militärische
Eingreiftruppe entsandt wird, um den Waffenstillstand
abzusichern. Nach den wiederholten Erklärungen von
Präsident Bush, denen bis heute nichts nachfolgte, gibt
es keinen anderen Weg. Ich hatte Israel gegenüber
gewaltigen Respekt, stelle jedoch mit großem Bedauern
fest, dass sich die israelische Armee Israels wie eine
wirkliche Kolonialarmee gebärdet und in ihrem Krieg
gegen die Palästinenser nicht einmal die Genfer
Konvention achtet.
2-204
Nassauer (PPE-DE). - Herr Präsident, meine Damen
und Herren! Ministerpräsident Scharon hatte seinem
Volk versprochen, mehr Sicherheit und Frieden zu
schaffen. Tatsächlich hat seine Politik zu weniger
Sicherheit für Israel und zu weniger Frieden für die
09/04/2002
Region geführt. Auch wir in Europa müssen das
israelische Vorgehen kritisieren, weil wir Israel an den
Maßstäben messen, die uns gemeinsam sind, dem der
Rechtsstaatlichkeit und dem Schutz der Menschenrechte.
Aber diese Feststellung darf nicht darüber
hinwegtäuschen, worum es im Kern bei diesem Konflikt
geht. Es geht um das Existenzrecht, ja um die Existenz
Israels schlechthin, nicht um die der arabischen
Nachbarstaaten. Zu einer gesicherten Existenz gehört ein
Leben ohne Terror. Das Recht auf ein Leben ohne Terror
hat man den Israelis ständig vorenthalten. Ständig war
Israel von Terror nicht nur bedroht, sondern es wurde
Terror von Organisationen wie Hamas und Dschihad, die
in
den
palästinensischen
Gebieten
nahezu
unbeeinträchtigt ihr blutiges Handwerk ausüben
konnten.
Die Verantwortung für diesen Terror trifft eindeutig
Palästinenserführer Arafat, der sich vom Terror nie
entschieden distanziert, geschweige denn ihn
wirkungsvoll bekämpft hat. Die unzureichende
Bekämpfung des Terrors hat viel Vertrauen zerstört. Wir
Europäer sollten unseren Einfluss nicht noch mehr
dadurch mindern, dass wir den Eindruck erwecken, wir
könnten zwischen Ursache und Wirkung nicht mehr
unterscheiden. Aber durch Terror und Gewalt wird kein
Konflikt gelöst. Deswegen müssen beide Parteien ihre
gewaltsame Auseinandersetzung beenden. Israel muss
sich aus den Palästinensergebieten zurückziehen. Der
Terror der Palästinenser muss beendet werden. Die
Forderung müssen wir an beide richten!
(Beifall)
2-205
Menéndez del Valle (PSE). – (ES) Herr Präsident, Ariel
Sharon hat Krieg im Sinn, das entspricht seinem Wesen,
er schwor, Oslo zu begraben, und das tut er gerade. Er
verwechselt
vorsätzlich
die
Bekämpfung des
Terrorismus mit der Auflösung der Palästinensischen
Autonomiebehörde und tagtäglichen Massakern. Mit
unserer Einwilligung und seinen Panzern hat er es
geschafft, eine neue politisch-administrative Kategorie
einzuführen: Jetzt gibt es besetzte Gebiete und
wiederbesetzte palästinensische Gebiete.
Ich begrüße die Ratschläge von Präsident Bush, dass
sich die Urheber der Massaker aus den Orten
zurückziehen, in denen sie grausame und unnötige
Zerstörungen angerichtet haben. Powell hat daran
erinnert, dass der Präsident dem Premierminister eines
souveränen Staates keine Befehle erteilt, aber Ratschläge
scheinen nicht viel zu nützen. Sharon wird den Befehl
zum Rückzug souverän erteilen, sobald das Massaker
abgeschlossen ist. Es sei denn, wir alle, die wir keine
Massaker begehen, beschließen gemeinsam, dass es eine
Grenze gibt, auch für die Souveränität, wenn deren
Auffassung so sehr im Widerspruch zur menschlichen
Würde und Ethik steht.
Scharfsinniger erschien mir Außenminister Powell, als
er zu bedenken gab, dass wir womöglich gerade eine
ganze neue Generation von Palästinensern radikalisieren
09/04/2002
und viele neue Terroristen vielleicht auf ihren Einsatz
warten,
sobald
die
gegenwärtige
Operation
abgeschlossen ist. Dies ist die mögliche Folge, ein
Ausschalten
der
Gemäßigten.
Vorgestern
demonstrierten, wie wir wissen, fast eine Million
Marokkaner in Rabat gegen Sharon und für Palästina.
Sie sind gemäßigt oder radikal. Wenn wir alle Sharon
jetzt nicht aufhalten, werden sich der Hass und die
Radikalisierung auf die gesamte islamische Welt
ausdehnen. Wir müssen jetzt mit konkreten und präzisen
Maßnahmen handeln.
2-206
Van Orden (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, ich traf
sowohl Shimon Peres als auch Yasser Arafat letzten
Sommer im Nahen Osten. Damals war die Lage
hoffnungslos. Einerseits gab es diesen Teufelskreis
schrecklicher Gewalt, andererseits wussten wir
inzwischen aber auch, dass in Camp David und Taba die
Ansätze für eine Friedenslösung auf dem Tisch lagen.
Seitdem hat sich die Sicherheitslage katastrophal
verschlechtert. Extremistische Terroristen haben die
abscheulichsten Terrorakte verübt und vorsätzlich
Emotionen, Vorurteile und Ängste bei Menschen –
insbesondere der islamischen Gemeinschaft –, die dem
hilflos ausgeliefert sind, geschürt und größte Furcht bei
den Israelis ausgelöst. Wir sollten uns vor Augen führen,
wie verletzbar Israel in strategischer Hinsicht ist, ein
kleines Land, dessen Menschen den schrecklichsten
Terroranschlägen
ausgesetzt
waren,
die
teils
unvorhersehbar und zufällig, dann wieder organisiert
und geplant erfolgten, um die grausamsten und
verheerendsten Folgen zu erzielen.
Ich denke dabei an die israelische Mutter, die ihre
kleinen Kinder nicht in demselben Bus fahren lässt,
damit sie nicht alle auf einmal verliert. Ich denke an die
Eltern der Jugendlichen und andere, die in zahllosen
terroristischen Selbstmordanschlägen verkrüppelt oder
umgebracht wurden. Für solche schrecklichen
Gewalttaten gibt es keine moralische oder politische
Rechtfertigung.
Ich will damit jedoch keine Lanze für Ariel Sharon
brechen. Vielmehr bin ich – um ehrlich zu sein – ob
seiner Vorgehensweise verwirrt und bestürzt. So fordert
er einerseits die Palästinensische Autonomiebehörde auf,
den Terroristen in ihrer Mitte das Handwerk zu legen,
zerstört jedoch andererseits genau die Behörden, die das
bewerkstelligen können. Er wollte die Einstellung der
arabischen Völker zu Israel verändern, hat aber durch
seine Handlungsweise dazu beigetragen, den uralten
Hass in einer weiteren Generation von Palästinensern zu
schüren, und das Märtyrertum aufgewertet.
Wir müssen die verzweifelte Lage der Palästinenser
erkennen, von denen viele von ihren arabischen Brüdern
im Stich gelassen wurden und seit Generationen in
Flüchtlingslagern leben, die Extremisten zum Opfer
fallen und in entscheidenden Momenten oft genug keine
ausreichend qualifizierte Führung haben, mit deren Hilfe
83
sie sich aus ihrem Elend befreien könnten. So sieht für
uns die Ausgangssituation aus.
In dieser Phase sollte die Europäische Union nicht aus
Eigennutz handeln und sich eine Rolle anmaßen, die ihr
nicht zukommt, sondern eine ausgewogene, positive und
konstruktive Haltung einnehmen. Die EU wäre
sicherlich schlecht beraten, wenn sie in dieser
Angelegenheit für eine Seite Partei ergreifen würde,
indem sie zum Beispiel Sanktionen gegen Israel
verhängt. Dies würde den Extremisten lediglich wieder
Zündstoff liefern und die Differenzen mit den USA
verschärfen.
Was wir nun benötigen, ist eine mutige, großzügige und
dringende internationale Initiative mit den europäischen
Ländern, den USA, Russland und wohlwollenden
arabischen Staaten, um mit einer Stimme zu sprechen.
Wir müssen uns auf ein klares Angebot an umfassender
internationaler Hilfe einigen. Andere dunkle Kräfte
warten schon, bis ihre Stunde in diesem Konflikt
gekommen ist. Die Zeit läuft uns langsam davon.
2-207
Berès (PSE). – (FR) Herr Präsident, Europa setzt nicht
auf Krieg, es setzt auf Frieden und somit auf eine
friedliche Lösung. Das setzt voraus, dass jeder seiner
Verantwortung nachkommt.
Von den arabischen Ländern hat kürzlich Saudi-Arabien,
ein bedeutsames Land, eine wichtige Initiative ergriffen
und einen Plan zur Überwindung der Krise für die
gesamte Region vorgelegt.
Also sollten auch wir uns unserer Verantwortung stellen.
Und so hoffe ich, dass es Ihnen, Herr Hoher Vertreter,
Herr Ratsvertreter und Herr Kommissar, morgen in
Madrid gelingen wird, den Abgesandten von Präsident
Bush zu überzeugen, dass die Zeit gekommen ist, sich
dafür zu engagieren, dass in diesem Konflikt eine
Lösung gefunden wird, die selbstverständlich nur
politischer Natur sein kann.
Dies setzt auch voraus, dass wir morgen im
Sicherheitsrat, wenn der Waffenstillstand und der
Rückzug aus den besetzten Gebieten erreicht sind, in der
Lage sein müssen, Puffer- und Beobachtungsstreitkräfte
vor Ort zu entsenden, deren Aufgabe es nicht sein kann,
den Frieden aufzuzwingen, sondern die jeden im
Sicherheitsrat zwingen, Farbe zu bekennen und seine
Verantwortung wahrzunehmen.
Die französischen Sozialisten sind mehrheitlich für eine
Aussetzung des Assoziierungsabkommens, doch müssen
wir darauf achten, eine Lösung zu finden, die unsere
Fähigkeit erhält, uns an alle Parteien zu wenden, und
nicht Mechanismen zu schaffen, die missbraucht werden
können, die die Solidarität mit denjenigen, die wir
sanktionieren wollen, verstärken würden.
Doch nichts, was im Nahen Osten geschieht, kann zu
irgendeinem Zeitpunkt rechtfertigen, dass hier und da in
allen unseren Ländern sporadisch oder in organisierter
84
Form Akte des Antisemitismus geschehen, die uns an
die finstersten Zeiten des vergangenen Jahrhunderts
erinnern.
Ich hoffe, dass jeder von uns sich aktiv dafür einsetzen
wird, die Öffentlichkeit zu alarmieren, und dass wir in
unseren Ländern einen Geist der Toleranz, der
gegenseitigen
Achtung
und
des
Laizismus
aufrechtzuerhalten vermögen.
2-208
Morillon (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, was kann
man angesichts des Dramas, das auch in diesem
Augenblick im Nahen Osten anhält, anderes sagen als
unsere Überzeugung zum Ausdruck zu bringen, dass die
Steigerung der Gewalt bis zum Äußersten nur zu einer
Verstärkung der bereits unerträglichen Leiden der
Bevölkerungsgruppen jeglicher Herkunft führen kann.
Unter diesen Umständen können wir lediglich, erstens,
die sehr entschiedene Position des US-Präsidenten
unterstützen, der bekanntlich der einzige ist, der heute
die Entscheidungen von Ariel Sharon tatsächlich zu
beeinflussen vermag, zweitens zur Konkretisierung
dieser Unterstützung den Rat und die Kommission
ersuchen, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um eine
Rückkehr zum Frieden zu fördern, ohne dabei ein
mögliches Aussetzen des Assoziierungsabkommens
auszuschließen; und drittens die Regierungen der
Europäischen Union auffordern, ihre nationalen Beiträge
zum Einsatz einer Pufferstreitkraft unverzüglich
vorzubereiten, wenn der UN-Sicherheitsrat einen
solchen Einsatz beschließen sollte. Ich erinnere mich,
von dieser Stelle aus unseren Kollegen der Knesset
gesagt zu haben, dass es für die Befriedung keine andere
als diese Lösung gibt. Auf dieser Grundlage ist ein
Antrag für eine Kompromissentschließung ausgehandelt
worden. Ich wünsche mir wie Sie, Herr Präsident, dass
dieser mit einer möglichst großen Stimmenzahl
verabschiedet wird.
2-209
Fava (PSE). – (IT) Herr Präsident, vor drei Tagen war
ich in Ramallah und gehöre somit zu jenen
Parlamentsmitgliedern, die vom Kollegen Santini
gestern undiplomatisch beschuldigt wurden, sich dem
Kriegstourismus hinzugeben. Ich möchte ihn beruhigen:
Es gibt keinen Tourismus, nur Krieg. Und gegen diesen
Krieg hilft auch die Zeugenberichterstattung von
Mitgliedern des Europäischen Parlaments. Dort unten
haben wir Dinge beobachtet, die wir lieber nicht gesehen
hätten: von der israelischen Armee geschlossene
Kontrollposten; Maschinengewehrsalven, die auf Kinder
und alte Menschen abgefeuert wurden; Panzer der
israelischen Armee, die sich im Hof des Krankenhauses
von Ramallah versorgten. Wenn diesem Krankenhaus
nicht dasselbe Schicksal wie all den anderen öffentlichen
Gebäuden der Palästinenser zuteil wurde und es nicht die
schändlichen Razzien über sich ergehen lassen musste,
so ist dies auch der friedlichen Präsenz dieser
Parlamentsmitglieder, ihrer Zeugenberichterstattung und
ihrer Kritikfähigkeit zu verdanken.
09/04/2002
Herr Präsident, es bleibt nicht mehr viel Zeit. Zwischen
einer an die Besetzung gewöhnten Armee und einer sich
mit der Okkupation abfindenden Zivilbevölkerung kann
es nur schwer einen Frieden ohne Hass geben. Heute
braucht die Welt vielmehr einen Frieden ohne Wenn und
Aber, und vor allem, wie die Kollegin Morgantini in
Erinnerung brachte, einen Frieden ohne Sieg.
2-210
Souladakis (PSE). – (EL) Herr Präsident, während wir
heute hier debattieren, spielt sich in Palästina sowohl
eine humanitäre als auch politische Tragödie ab. Wenn
man dieser Politik nicht Einhalt gebietet, wird einer
politischen Lösung nicht nur für die Gegenwart, sondern
auch für die Zukunft der Weg verbaut. Und das hätte
sowohl für die Palästinenser als auch für die Israelis
katastrophale Folgen.
Deshalb ist Scharons Vorgehen zu verurteilen. In dieser
Phase kommen Neutralität oder Sichheraushalten einer
Mitschuld gleich. Jetzt gilt es zu handeln, die Initiative
zu ergreifen und zu intervenieren. Alles andere sind nur
Ausflüchte, die nichts bringen und destruktiv wirken.
Morgen treffen Sie sich, Herr Solana, mit Herrn Powell
und den anderen Vermittlern, um die Lage zu erörtern.
Hoffentlich haben sich die Herren Powell, Bush,
Rumsfeld und Cheney in ihrer Haltung abgestimmt. Sie
wissen, was ich damit meine.
Zu einer Zeit jedoch, da Europa seine Werte und
Prinzipien einer kritischen Prüfung unterziehen muss,
sollten wir ein erstes Signal setzen, dass wir an das, was
wir sagen, auch glauben und es umsetzen können. Die
von verschiedenen Kollegen unterbreiteten Vorschläge
müssen zielgerichtet in tatkräftiges Handeln umgesetzt
werden. Jetzt sind wir gefordert, jetzt muss sich unsere
Politik beweisen.
2-211
Solana, Hoher Vertreter für die GASP. – (ES) Herr
Präsident, ich möchte, da die Zeit fortgeschritten ist, nur
einige kurze Überlegungen anstellen.
An meinen Vorredner, Herrn Souladakis, anknüpfend,
möchte ich Ihnen sagen, dass wir morgen nicht zum
ersten Mal mit Herrn Colin Powell sprechen: Wir
befinden uns praktisch im täglichen Kontakt mit ihm,
und diese Gespräche haben sicher zum Teil zu der für
morgen vorgesehenen Tagung geführt. Ich teile nicht
den Standpunkt, dass die Europäische Union keinerlei
Gewicht besitzt, habe nicht dieses Gefühl des eigenen
Gescheitertseins. Eher im Gegenteil: Aus diesen
Gründen, durch diesen Kontakt und diesen Eifer, mit
dem wir für die Lösung des Problems arbeiten, ist
sicherlich die für morgen in Madrid vorgesehene Tagung
zustande gekommen, auf der es darum gehen wird, dass
die Hauptakteure dieses Konflikts einen gemeinsamen
Nenner zu dessen Lösung finden.
Lassen Sie mich sagen, dass es zumindest für morgen
meiner Ansicht nach drei grundlegende Botschaften gibt.
Dann werden wir hierher zurückkehren, um in einer
parlamentarischen Debatte Rechenschaft über die
Entwicklung der Dinge zu geben.
09/04/2002
Die erste und ganz wesentliche Botschaft besteht darin,
dass die morgen zusammentreffenden Vertreter der
Hauptakteure Anstrengungen unternehmen müssen,
damit die Resolution des Sicherheitsrats unverzüglich
und ohne Verzögerung zur Anwendung kommt. Ich
wiederhole: ohne Verzögerung.
(Beifall)
Ich halte es für grundlegend, dass zum ersten Mal seitens
des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, der
Europäischen Union, der Russischen Föderation und der
USA eine gemeinsame öffentliche Erklärung dieser Art
abgegeben wird. Ich denke, wir Europäer müssen hinter
diesem Vorhaben und hinter einer solchen Erklärung
stehen.
Zum Zweiten: Es sollte alles getan werden, damit die
Hauptakteure morgen das Ziel erreichen, dass die
Palästinensische Behörde nicht noch mehr Schaden
erleidet. Es muss alles getan werden, damit die
Palästinensische Behörde ihre Handlungsfähigkeit
wiedererlangt. Es ist ein großer Widerspruch – wie hier
schon betont wurde –, die Palästinensische Behörde zur
Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommens und
zur Verhaftung der irgendwo in Palästina unbehelligt
lebenden Terroristen aufzufordern, wenn sie nicht die
Mittel dazu besitzt. Heute Morgen haben Sie in den
Nachrichten gesehen, dass sich die israelischen
Streitkräfte aus einer Stadt zurückgezogen haben. Bei
ihrem Rückzug haben sie das Hauptquartier der
Palästinensischen Behörde bombardiert und zerstört. Es
ist ein großer Widerspruch, wenn wir morgen
gleichzeitig von der Palästinensischen Behörde erwarten,
dass sie die führende Rolle beim Zustandekommen einer
Waffenruhe spielt. Folglich halte ich es für
entscheidend, dass diese Botschaft klar und deutlich
ausgesprochen wird. Es ist eine Botschaft, die
ankommen und klar formuliert sein muss, damit sie in
aller Welt und auch von unseren israelischen Freunden
verstanden wird. Wir alle haben viele Freunde in Israel,
die diese Überlegung teilen.
Aus dieser Überlegung folgt, dass die internationale
Gemeinschaft bereit sein muss, ihre Kräfte vor Ort zu
stationieren. So etwas sage ich zum ersten Mal, und
zwar mit Entschiedenheit. Ich glaube, man muss diesen
Gedanken ernsthaft ins Auge fassen. Aber das wird nicht
in 24 Stunden und nicht ohne ein Mandat geschehen. Als
es hieß, dass die Europäer mit militärischen oder
Polizeikräften vor Ort eingreifen müssen – ich weiß
nicht wie –, war klar, dass dazu ein Mandat notwendig
ist. Und daran müssen wir arbeiten: Es muss uns
gelingen, dass die nächste Resolution des Sicherheitsrats
die Möglichkeit einer internationalen Präsenz vor Ort
einräumt, wenn die erforderlichen Bedingungen gegeben
sind. Mir scheint dies eine vernünftige Maßnahme zu
sein, die von der Europäischen Union unterstützt werden
kann, aber sie muss gemeinsam mit anderen,
insbesondere den USA und der Russischen Föderation,
unterstützt werden. Das ist es, was wir tun müssen.
85
Die dritte Frage: Wir müssen morgen ein deutliches
Signal setzen – nicht nur die Europäer, sondern alle
Hauptakteure gemeinsam –, dass eine politische
Perspektive benötigt wird. Diese Perspektive braucht
nicht erfunden zu werden, sie wurde es bereits: Sie
besteht in zwei Staaten mit sicheren Grenzen (einer
davon ist der Palästinenserstaat mit Grenzen gemäß den
Resolutionen des Sicherheitsrats, das heißt, den Grenzen
von 1967), und sie müssen zusammenleben können.
Dies ist das letztendliche Ziel. Wie ist nun dieses Ziel zu
erreichen? Hier liegt die Schwierigkeit, an der wir seit
vielen Monaten arbeiten. Möglicherweise ist der einzige
Weg dorthin der Tenet-Plan und danach die Umsetzung
des Mitchell-Plans, den ich sehr gut kenne, da ich ihn
zusammen mit Senator Mitchell abgefasst habe.
Mir kommen allmählich Zweifel – daher rührt mein
tiefer Pessimismus –, dass der Tenet-Plan, gefolgt vom
Mitchell-Plan und späteren Verhandlungen – von denen
ich nicht weiß, wann sie stattfinden – die ideale Formel
sind. Wenn wir keinen Gesprächspartner auf
palästinensischer Seite haben, wird es sehr schwierig
werden – wie ich zuvor sagte –, durch diesen
stufenweisen Prozess der kleinen Schritte einen Erfolg
zu erreichen. Dies sind meine Bedenken, und daraus
resultiert mein Pessimismus. Ich kann keine Lösung
herbeizaubern, und es wäre naiv, unsinnig und
unangebracht, das zu erwarten. Wenn wir allerdings eine
Lösung suchen müssen, so brauchen wir, wie ich einmal
sagte, einen Mitchell-Express-Plan, einen MitchellSofortplan, nicht für die Zeiten, für die er erdacht wurde,
sondern ein viel schnelleres Mitchell-Programm, das uns
so zügig wie möglich zum endgültigen Abkommen
führt.
Schließlich halte ich die Forderung für entscheidend,
dass die Resolution von Beirut – die nicht richtig gelesen
worden ist, was aber notwendig wäre, da einige ihrer
Punkte sehr wichtig sind – auch zu einer Resolution des
Sicherheitsrats der Vereinten Nationen wird; dass dieser
Kompromiss, diese für die Sicherheit Israels
ausgestreckte Hand der arabischen Welt auch zu einer
Resolution des Sicherheitsrats wird. Ich glaube, das wäre
ein weiteres Element zur Wiederherstellung des
Vertrauens zwischen den Seiten, einem Vertrauen, das
jetzt leider nicht vorhanden ist.
(Beifall)
Abschließend eine persönliche Überlegung: Ich weiß,
dass viele von Ihnen viel Leid erlebt haben. Ich habe
Menschen gesehen, die besonders viel Leid erfahren
haben, manche von ihnen wurden sogar aus der Region
vertrieben. Ich kann Ihnen sagen, dass ich Ihre Gefühle
und auch die der Palästinenser und der Israelis verstehe.
Ich habe viele Palästinenser sterben und leiden sehen
und ich habe auch Familien meiner alten Freunde aus
dem israelischen Friedenscamp gesehen, die ihre Kinder
nicht in demselben Autobus zur Schule bringen und ihre
Kinder aufteilen aus Angst, dass sie durch einen
terroristischen Anschlag alle miteinander sterben
könnten. Das alles müssen wir richtig verstehen. Ohne
das richtige Verständnis für beide Seiten werden wir das
86
Problem niemals lösen können. Deshalb müssen wir das
Problem von Grund auf begreifen, um es lösen zu
können.
09/04/2002
dies ein Appell an das Gewissen aller Regierungen der
Staaten der Union sein wird.
(Beifall)
Eine letzte Frage: Was mich, Javier Solana, angeht,
seien Sie gewiss, dass ich wie bisher weiter unermüdlich
für den Frieden im Nahen Osten arbeiten werde. Ich
arbeite daran seit der Konferenz von Madrid und werde
es weiter tun, solange meine Kraft und Energie reicht.
(Beifall)
2-212
De Miguel, Rat. – (ES) Herr Präsident, ich werde mich
ganz kurz fassen. Natürlich kann ich nur alles das
unterstützen, was der Hohe Vertreter als Antwort auf die
Debatte in diesem Parlament erklärt hat, mit dem die
Präsidentschaft völlig einer Meinung ist.
Ich möchte die Gelegenheit für zwei Präzisierungen
nutzen. Die erste betrifft die morgige Tagung: Ich
glaube, wir sollten eine gewisse Genugtuung darüber
empfinden, dass diese Tagung nicht zufällig in der
Hauptstadt des Landes stattfindet, das gegenwärtig die
Präsidentschaft der Union innehat. Diese Tagung erfolgt
auf Initiative der Union und des Ratsvorsitzes; sie ist
somit der bislang wichtigste Akt für die Erreichung des
Friedens und bietet wirklich die einzig reale Möglichkeit
des Zusammenschlusses aller derzeitigen Akteure, um
diesen Teufelskreis der Gewalt durchbrechen zu können.
Hoffen wir, dass alle den gleichen Willen besitzen wie
die Präsidentschaft und natürlich die gesamte Union, wie
hier in der Unterstützung durch das Parlament zum
Ausdruck kam, damit auf der morgigen Tagung eine
letzte große Kraftanstrengung unternommen werden
kann.
Meine zweite Bemerkung betrifft die von vielen
Abgeordneten und Fraktionsvorsitzenden angesprochene
Notwendigkeit, das Assoziierungsabkommen mit Israel
zu überprüfen, um dieses Abkommen als Instrument
einzusetzen. Ich möchte nachdrücklich erklären, dass die
Ratspräsidentschaft mit dieser Linie völlig einverstanden
ist, und gerade heute Vormittag hat der Außenminister
Spaniens, Herr Piqué, angekündigt, dass er in
Abstimmung mit der Kommission beabsichtigt, den
Assoziationsrat einzuberufen, um eine Überprüfung
unserer Beziehungen zu Israel vorzunehmen.
(Beifall)
Aber um eine Maßnahme im Rahmen des
Assoziierungsabkommens ergreifen zu können, ist
Einstimmigkeit im Rat vonnöten. Sicher muss das nicht
gesagt werden, denn Sie wissen es, aber ich halte es
dennoch für angebracht zu erklären, dass es nicht nur
vom Willen der Kommission und dem amtierenden
Ratsvorsitz abhängt, sondern vom gemeinsamen Willen
der Mitgliedstaaten der Union. Aber schon den Willen
dieses Parlaments schätzen wir hoch. Er wird sicherlich
auch in der Entschließung, die morgen angenommen
wird, seinen Niederschlag finden, und ich hoffe, dass
2-213
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.00 Uhr
statt.
Ich möchte hiermit dem Hohen Vertreter, dem Rat und
der Kommission für Ihre Teilnahme an dieser
Aussprache sowie unseren Kollegen für Ihre Beiträge
danken.
(Die Sitzung wird um 19.10 Uhr unterbrochen und um
21.00 Uhr wieder aufgenommen.)
2-215
VORSITZ: GERHARD SCHMID
Vizepräsident
Der Präsident. – Bevor wir mit der Aussprache
beginnen, möchte ich Sie wie immer bitten, dass Sie
sich, wenn es irgendwie möglich ist, an die Redezeit
halten. Wir sind nämlich in solch einer Nachtsitzung
nicht allein hier. Da sind nicht nur die Dolmetscherinnen
und Dolmetscher, die Sie sehen, sondern es gibt eine
Menge Menschen hinter den Kulissen, die parallel zu
uns arbeiten, auch dann noch, wenn wir die Sitzung
schon geschlossen haben, weil das Protokoll bis morgen
fertig sein muss. Bitte tragen Sie alle miteinander dazu
bei, dass wir das möglichst schnell und geordnet über die
Bühne bekommen!
2-216
Gemeinschaftliches Überwachungs- und
Informationssystem für den Schiffsverkehr
2-217
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die
Empfehlung für die zweite Lesung (A5-0095/2002) von
Herr Sterckx im Namen des Ausschusses für
Regionalpolitik,
Verkehr
und
Fremdenverkehr
betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates
(11367/1/2001 - C5-0635/2001 - 2000/0325(COD)) im
Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates über die Einrichtung eines
gemeinschaftlichen
Überwachungsund
Informationssystems für den Schiffsverkehr und zur
Aufhebung der Richtlinie 93/75/EWG des Rates.
2-218
Sterckx
(ELDR),
Berichterstatter.
–
(NL)
Möglicherweise ist das Interesse nicht allzu groß,
gleichwohl ist die heute zu behandelnde Rechtsvorschrift
nicht minder wichtig.
Wir beschäftigen uns mit dem vierten Bericht des ErikaPakets, und meines Erachtens können diese beiden
Erika-Pakete zusammen einen bedeutsamen Beitrag zu
mehr Sicherheit auf See leisten.
In dem ersten Erika-Paket ging es um die
Hafenstaatkontrolle, die Klassifikationsgesellschaft und
09/04/2002
die Doppelhüllen-Öltankschiffe. Jetzt sitzen wir über
dem ersten Bericht des zweiten Erika-Pakets, der sich
mit Maßnahmen zur Verbesserung der Überwachungsund Informationssysteme auf Schiffen sowie zur
wirksameren Eindämmung von Gefahren, insbesondere
bei schlechtem Wetter befasst. Darin besteht der Sinn
der Richtlinie, die wir nunmehr erarbeiten. Vornehmlich
geht es also um vorbeugende Maßnahmen, denen ich
außerordentliche Bedeutung beimesse.
Erstens die Überwachungs- und Informationssysteme,
wo wir uns mit der Ausrüstung von Schiffen mit
Transpondersystemen beschäftigen, die automatisch
bestimmte Informationen zu den Küstenstationen
weiterleiten. Wichtig dabei ist nicht so sehr die Liste der
zu übermittelnden Daten – darüber besteht allenthalben
Übereinstimmung –, sondern dass diese Informationen
von den einzelnen Mitgliedstaaten auch verstanden
werden; die Computersysteme also kompatibel sind und
sich auch die Menschen verständigen können. Wir
sollten genau darauf achten, dass dies gelingt.
Zweitens sollten wir bei der Novellierung der Richtlinie
die Reichweite der Transponder prüfen. Derzeit ist sie
relativ begrenzt. Wir dürften ein grundlegendes Interesse
daran haben – und hier wende ich mich an die Frau
Kommissarin –, uns bei der Änderung der Richtlinie in
Zusammenarbeit mit der IMO um eine größere
Reichweite
zu
bemühen,
eventuell
mit
Satellitenkommunikation, und dafür Sorge zu tragen,
dass dieses System im Grunde den gesamten Erdball
abdeckt.
Ein zweiter Punkt betrifft die Black Box, die bereits Herr
Watts in seinem Bericht erwähnt hat. Selbstverständlich
haben wir beharrlich dafür kämpfen müssen, aber nun
gibt es sie. Die Black Box ist zwar kein Allheilmittel,
aber durchaus ein sehr nützliches Instrument, und wir
sollten auch dafür eintreten, dass dieses Hilfsmittel zur
Vorbeugung eingesetzt wird, dass wir aus
Beinaheunfällen und Unfällen lernen, um weitere
Unfälle zu verhindern.
Unsere Kontrollen gelten vornehmlich Schiffen, von
denen ihrer Ladung, ihrer Geschichte wegen eine
größere Gefahr ausgeht. Und wir müssen uns dafür stark
machen, dass jeder Vorfall – und diesen Punkt halte ich
in dem Kommissionsvorschlag für sehr sinnvoll –
künftig gemeldet wird, damit wir auch besser darüber im
Bilde sind, was auf See tatsächlich geschieht, denn das
ist im Grunde bislang ziemlich unklar.
Ein weiterer Punkt betrifft die Tatsache, dass sich die
meisten schweren Unfälle auf See mit erheblichen und
schlimmen Folgen bei Schlechtwetter ereignen, sowie
das wirksamere Gefahrenmanagement bei schlechter
Sicht und Sturm auf See. Hier haben wir einige
Überlegungen einbringen können, die meiner
Auffassung nach einen Beitrag dazu leisten können, und
das Parlament hat daran erheblichen Anteil. Die
Behörden müssen bei schlechtem Wetter Maßnahmen
treffen, wie beispielsweise den Kapitän besser
unterrichten, ein speziell der jeweiligen Situation in
87
einem Hafen angepasstes Ein- oder Auslaufverbot
verhängen und Bunkern auf See verbieten. Aber
dennoch möchte ich betonen, dass die Verantwortung für
das Schiff, wie auch immer, letzten Endes beim Kapitän
liegt. Diesen überaus wichtigen Punkt haben wir, so
meine ich, im Parlament geradegerückt.
Ein weiterer Aspekt. Die Mitgliedstaaten müssen
Schiffen in Seenot beistehen. Das dürfte von
entscheidender Bedeutung sein, und auch hier hat das
Parlament gemeinsam mit der Kommission und dem Rat
die Dinge gegenüber der ursprünglichen Fassung
verschärft. Zufluchtsstellen, sichere Häfen für Schiffe in
Not – die Erika hat bewiesen, wie wichtig das ist –, eine
ordnungsgemäße Ausrüstung – und aus meiner Sicht
heißt das auch Schleppboote sowie Einrichtungen, die
die Verschmutzung begrenzen können –, ein timing, das
Festschreiben einer Frist, nämlich 18 Monate, binnen der
die Mitgliedstaaten Auskunft über ihre Maßnahmen
geben müssen, – das hat das Parlament hinzugefügt –,
und Entschädigung eines Hafens oder Platzes an der
Küste, an dem ein Schiff Zuflucht findet. Die
Kommission hat die Absicht, dies zu prüfen und dem
Parlament innerhalb von drei Jahren Bericht zu erstatten,
um Auskunft darüber zu geben, wie die Dinge stehen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte allen,
die mitgewirkt haben, für ihren Beitrag, für ihre
Mühewaltung danken. Wir haben, so meine ich, gute
Arbeit abgeliefert. Mein Dank gilt gleichermaßen den
Dienststellen der Kommission und den Mitarbeitern im
Rat, denn das meiner Meinung nach sehr gute und
konstruktive Zusammenspiel hat letzen Endes eine
vernünftige Rechtsvorschrift hervorgebracht.
Nicht unbedeutend finde ich es, Frau Kommissarin, dass
wir jetzt und in dem Maße, wie wir die sechs
Maßnahmen der beiden Erika-Pakete abarbeiten, auch
verfolgen, was unternommen wird. Dem Europäischen
Parlament, von mir aus den Berichterstattern der
einzelnen Berichte, obliegt es, gemeinsam mit der
Kommission regelmäßig zu prüfen, was geschehen ist,
wo wir stehen und welche Probleme wir überwinden
müssen.
Wir verfügen über eine Vorschrift, wir haben eine
meines Erachtens sinnvolle Rechtsvorschrift zu Stande
gebracht, Sicherheit aber, Herr Präsident, auch auf See
ist das Werk von Menschen. Und deshalb sollten wir
auch in der Union in diese Menschen investieren, in
Menschen, die sich auf See und an Land um eine
wirksamere Kontrolle der Sicherheit bemühen.
2-219
Hatzidakis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident, Frau
Vizepräsidentin! Das Erika-II-Paket sowie das
vorangegangene
Erika-I-Paket
bilden
wichtige
Meilensteine
in
dem
Bemühen,
geeignete
Sicherheitsmaßnahmen festzulegen und den Schutz der
Meeresumwelt zu verbessern, deren Bedeutung niemand
im Mindesten anzweifelt.
88
Das
uns
heute
zur
Annahme
vorliegende
Maßnahmenpaket kann meiner Meinung nach als
ausgewogen bezeichnet werden. Es ist ein weiterer
Beleg dafür, dass die Überwachung und qualitative
Verbesserung der europäischen Schifffahrt untrennbar
mit der Erhöhung der Sicherheit des Schiffsverkehrs
sowie mit dem notwendigen Schutz menschlichen
Lebens und der Meeresumwelt verbunden sind. Deshalb
möchte ich Herrn Sterckx gratulieren, der seit geraumer
Zeit unermüdlich daran gearbeitet hat, das uns heute
präsentierte Ergebnis zu erreichen.
Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission enthielt
hinsichtlich der Verbesserung der Sicherheit des
Schiffsverkehrs
und
der
Verringerung
der
Verschmutzungsgefahr durch Unfälle auf See positive
Regelungen. Er schreibt den Schiffen die Verwendung
von Transpondern und Schiffsdatenschreibern, den so
genannten black boxes, vor. Dies ist mit dem Bericht
Watts inzwischen erreicht worden. Unter anderem
verpflichtet er die Schiffe dazu, an den
Schiffsverkehrsmanagementsystemen teilzunehmen, und
die Identifizierung von Schiffen zu verbessern.
Das Parlament seinerseits hat in erster Lesung 29
Änderungsanträge angenommen, die, so meine ich, den
Vorschlag der Kommission verbessert haben. Ich
möchte darauf hinweisen, dass der Rat im Weiteren die
meisten Änderungsanträge des Parlaments akzeptiert
und sich damit als kooperativ erwiesen hat. Da aber in
Bezug auf bestimmte Sachverhalte noch Klärungsbedarf
besteht, sind wir gut beraten, auf der Grundlage der im
Ausschuss
für
Regionalpolitik,
Verkehr
und
Fremdenverkehr angenommenen 9 Änderungsanträge
die konkrete Richtung, die sowohl der Kommission als
auch dem Rat den Weg weist, beizubehalten.
Ich möchte ganz kurz zu drei Änderungsanträgen
Stellung nehmen. In Änderungsantrag 1 wird im
Wesentlichen erläutert, dass es einem Mitgliedstaat bei
außergewöhnlich
schlechten
Seeoder
Wetterbedingungen möglich ist, sowohl das Auslaufen
als auch das Einlaufen eines Schiffes zu beschränken, da
das Verbleiben eines Schiffes im Hafen bisweilen ein
höheres Sicherheitsrisiko darstellt und für den Hafen
selbst die Gefahr der Verschmutzung besteht. Unser
Ausschuss, der Ausschuss für Regionalpolitik, Verkehr
und Fremdenverkehr, spricht sich meiner Meinung nach
ganz richtig dafür aus, die Entscheidung über das
Auslaufen des Schiffes dem Kapitän zu überlassen, der
seine Entscheidung allerdings begründen muss.
Änderungsantrag
2
verfolgt
das
Ziel,
die
Kostenvergütung
bei
Verschmutzungen
und
Beschädigungen von Häfen, die ein in Seenot geratenes
Schiff aufgenommen haben, auf unbürokratische Weise
sicherzustellen. Denn die Bereitschaft der Häfen, ein in
Seenot geratenes Schiff aufzunehmen, wird unweigerlich
steigen, wenn die Hafenbehörden wissen, dass sie
angemessen und rasch für die sich daraus ergebenden
Kosten entschädigt werden.
09/04/2002
Schließlich zielt Änderungsantrag 3 im Wesentlichen
darauf ab, unverzüglich die erforderlichen Mittel zur
Verfügung zu stellen, damit die Mitgliedstaaten Pläne
für die Bereitstellung ausreichender Mittel und
Ausrüstungen in den Zufluchthäfen erstellen können, um
Schiffen in Seenot zu helfen und sie zu bergen sowie bei
Verschmutzungen einzugreifen. Bei der Umsetzung
dieser Pläne kommt dem Vorschlag von Herrn Sterckx,
eine Frist von 18 Monaten festzuschreiben, große
Bedeutung zu, denn damit wäre sichergestellt, dass diese
Vorschläge keine frommen Wünsche bleiben, sondern in
allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union geltendes
Recht werden.
2-220
Watts (PSE). – (EN) Herr Präsident, wir als Parlament
und als Europäische Union unternehmen Schritte, um
aufgrund der tragischen Verluste der Herald of Free
Enterprise, der Scandinavian Star, der Estonia und - erst
kürzlich - der Erika die Sicherheit auf See zu verbessern.
Wir nehmen eine Reihe von Maßnahmen in Angriff, die
solche Vorkommnisse künftig verhindern sollen.
Dadurch retten wir Leben und schützen die Meere. Ich
begrüße daher die Bemühungen der Kommission und
des zuständigen Kommissionsmitglieds, die Sicherheit
auf See zu verbessern, sowie die Bereitschaft des Rates
zur Durchführung des Mitentscheidungsverfahrens.
Meine Anerkennung gilt vor allem dem Berichterstatter
für seine Entschlossenheit, den Vorschlag, der bereits
einen guten Ansatz bietet, weiter auszubauen und zu
präzisieren.
Die drei wichtigsten Elemente sind die Einrichtung eines
Überwachungsund
Informationssystems,
die
Verwendung von Transpondern auf jedem Schiff und die
Überwachung durch die jeweilige Schifffahrtsbehörde –
ein wesentlicher Bestandteil unseres Maßnahmenpakets,
des Erika-Pakets. Damit soll sichergestellt werden, dass
Schiffe, die nicht den Normen entsprechen, keine
Schlupflöcher mehr finden, und alle Schiffe überprüft
und überwacht werden und sich nicht mehr den
einschlägigen internationalen Bestimmungen entziehen
können. Das ist unsere Antwort auf Schiffe, die nicht
den Normen entsprechen und unter Billigflaggen fahren.
Zweitens stimmt der Vorschlag mit meinem Bericht über
die Hafenstaatkontrolle überein, vor allem, was den
Schiffsdatenschreiber betrifft. Auf diese Weise werden
wir – wie der Berichterstatter bereits erwähnte – nicht
nur zeigen, dass wir unsere Lektion gelernt haben,
sondern auch verhindern, dass Probleme überhaupt erst
auftreten.
Wir bieten Schiffen in Seenot wirkliche Hilfe, damit sie
in Notsituationen richtig reagieren können und schließen
damit eine Lücke in der Sicherheitskette.
Wie der Berichterstatter möchte auch ich sicherstellen,
dass diese Zielvorgaben und andere Maßnahmen des
Erika-Pakets eingehalten werden. Vermutlich ist dies die
größte Herausforderung, der wir als Gemeinschaft
gegenüber stehen. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass
diese neuen und gleichermaßen bedeutsamen
09/04/2002
Rechtsvorschriften nicht nur von den Schiffsbetreibern,
sondern auch von den Mitgliedstaaten selbst befolgt
werden, die sich in den vergangenen Jahren
bedauerlicherweise
nur
widerstrebend
an
Gemeinschaftsrecht gehalten haben. Ich hoffe, die
Berichterstatter zum Thema Erika-Paket werden bald mit
dem
zuständigen
Kommissionsmitglied
zusammentreffen, um Vorschläge vorzulegen, wie das
Parlament am besten gewährleisten kann, dass die
Mitgliedstaaten die strengeren Auflagen einhalten.
Ich hoffe – und damit komme ich zum Schluss –, dass
unsere
Änderungsanträge
ohne
Einschränkung
angenommen
werden,
so
dass
ein
Mitentscheidungsverfahren überflüssig ist und diese
Vorschriften, die die Sicherheit auf See wesentlich
verbessern, schnellstmöglich Rechtskraft erlangen.
2-221
Pohjamo (ELDR). – (FI) Herr Präsident! Ich möchte
Herrn Sterckx für seine gründliche Arbeit und die
Erstellung des guten Berichts danken. Der vorliegende
zum Erika-II-Paket gehörende Vorschlag für eine
Richtlinie enthält wesentliche Fragen zur Erhöhung der
Sicherheit auf See und zur Verringerung von
Umweltschäden
infolge
von
Unfällen.
Der
Schiffsverkehr ist unter anderem wegen seiner
Umweltfreundlichkeit eine günstige Verkehrsform. Dies
ist in den Randgebieten der EU und im Handelsverkehr
zwischen der EU und Drittländern von besonders großer
Bedeutung. Allerdings hat sich das Unfallrisiko mit
zunehmendem Verkehr stark erhöht.
Der Ausschuss hat erneut einige Vorschläge zur
Erhöhung der Sicherheit angenommen, die im
Gemeinsamen Standpunkt des Rates nicht enthalten
sind. Von besonderem Gewicht ist dabei die
Bereitstellung von Einrichtungen zur Rettung und
Ölbekämpfung in den Küstengebieten. Ebenso wichtig
ist die Organisation von notwendigen Such- und
Rettungsdiensten. Neben der weiteren Verschärfung der
Vorschriften sollte gewährleistet werden, dass die
angestrebten Lösungen realistisch und auch umsetzbar
sind. Im Interesse aller liegt jedoch, dass der Vorschlag
rasch angenommen wird und wir echte Fortschritte für
die Sicherheit auf See erzielen.
Da die Richtlinie zügig angenommen werden und in
Kraft treten sollte, ist es nicht zweckmäßig, den
Beschluss der Versammlung der Internationalen
Seefahrtsorganisation im Dezember abzuwarten. Die
Anlagen
der
Richtlinie
können
in
einem
Komitologieverfahren geändert werden, um sie
entsprechend den Beschlüssen der IMO anzugleichen.
Mit diesem Verfahren lassen sich international
vereinbarte Fristen problemlos und zügig in der
Richtlinie ergänzen. Ich möchte weiterhin darauf
verweisen, dass die allein innerhalb der Union
unternommenen Lösungen zur Erhöhung der Sicherheit
auf See nicht ausreichend sind. Es bedarf weltweiter
Vereinbarungen beispielsweise zur Regelung von
Haftungsfragen.
2-222
89
Varaut (NI). – (FR) Ich möchte zuerst den
Berichterstatter zu seiner ausgezeichneten Arbeit
beglückwünschen. Wie er bin auch ich der Meinung,
dass wir uns auf einen ausgezeichneten Text
hinbewegen. Allerdings haben wir einen weiten Weg
zurücklegen müssen, denn nach dem Drama der Amoco
Cadiz, das allen Europäern und insbesondere allen
Franzosen im Gedächtnis geblieben ist, war lange nichts
geschehen, sondern die Dinge hatten sich im Gegenteil
verschlechtert, da die Erdölgesellschaften beschlossen
hatten, sich aus dem Transportgeschäft zurückzuziehen,
damit ihr Name nicht mehr auf den Rümpfen der
havarierten Schiffe zu sehen sei und sie nicht mehr mit
all diesen Tankerhavarien und Verschmutzungen in
Verbindung gebracht würden. Dies hatte zu
dramatischen Folgen geführt, da der Transport von Erdöl
auf dem Seeweg nun zu einem eigenständigen
Profitcenter geworden war, das wie alle Profitcenters
seine Kosten senken und Profite erwirtschaften musste
sowie dem Druck der Auftraggeber, d. h. der
Erdölgesellschaften, ausgesetzt war. Dies hatte
unbestreitbare Folgen für die Qualität des Transports
und die Sicherheit. So hatte sich das durchschnittliche
Alter der Schiffe innerhalb von 15 Jahren verdoppelt,
während es einen offensichtlichen Zusammenhang
zwischen dem Durchschnittsalter der Schiffe und der
Unfallhäufigkeit gibt
Obwohl unser Parlament besonders legitimiert ist, sich
mit diesen Fragen zu befassen, nicht nur weil sie die
Umwelt betreffen, sondern auch weil sie naturgemäß
länderübergreifend sind, und obwohl wir uns auf einen
guten Text hinbewegen, möchte ich auf dennoch einen
speziellen Punkt aufmerksam machen. Natürlich sind die
Kontrolle des Schiffsverkehrs, die Erfassung von Daten
und die Identifizierung sehr gute Dinge, doch wäre es
aus dem gleichen Geist des Widerstandes gegenüber
wirtschaftlichem Druck auch sehr angebracht, das
Auslaufen der Schiffe aus dem Hafen bei schwierigen
Seeverhältnissen nicht nur dem Ermessen des Kapitäns
zu
überlassen,
der
sich
naturgemäß
unter
wirtschaftlichem Druck befinden kann, sondern auch
den
Hafenbehörden
ein
Entscheidungsrecht
zuzugestehen, die unabhängig von jeglichen finanziellen
Erwägungen feststellen können, ob es angebracht ist,
sich auf die See zu begeben oder nicht.
2-223
Jarzembowski (PPE-DE). - Herr Präsident, liebe Frau
Vizepräsidentin! Ich glaube, es wird entscheidend sein,
dass der Rat schnell beschließt, was wir morgen in
zweiter Lesung beschließen werden.
Der Berichterstatter ist ja sehr vorsichtig gewesen. Er hat
in der zweiten Lesung nicht überzogen, weil wir schnell
Ergebnisse haben wollen, denn ehrlich gesagt: Der
Untergang der Erika II ist schon sehr lange her. Insofern
müssen wir rasch Maßnahmen ergreifen, und ich möchte
darauf hinweisen, dass die Transponder nicht nur für
Überwachung, sondern vor allem auch für
Rettungsmaßnahmen geeignet sind. Falls sich also ein
Schiff tatsächlich in Seenot befindet und nicht mehr
90
genügend absetzen kann, kann es über die Transponder
schneller erreicht und gerettet werden.
Unsere Forderungen sind bezüglich der Ausrüstung mit
Transpondern wie auch der Ausrüstung von
Schiffdatenschreibern mit Rücksicht auf den Rat
eigentlich sehr zaghaft. Wir wollen hoffen, dass die IMO
im Herbst einen schnelleren Zeitplan beschließt, den wir
auch rasch umsetzen können.
Frau Kommissarin, entscheidend ist - der Kollege
Sterckx war so nett, Ihnen für die Regelung der
Entschädigung für Häfen, die Zuflucht bieten, drei Jahre
zu geben -, dass wir schneller reagieren. Die Erika hätte
nicht untergehen müssen, hätte sie in den Hafen
einlaufen können, und sie ist deshalb ein Spiegelbild.
Wir wollen Fluchthäfen, um Schiffe zu sichern, aber
damit die Häfen die Schiffe auch einlaufen lassen,
brauchen
wir
Entschädigungsleistungen.
Frau
Kommissarin, kommen Sie rascher zu einer Regelung,
dann wird die Bereitschaft von Häfen, auch Schiffe in
schwierigen Situationen einlaufen zu lassen, sehr viel
größer sein, und ein Fall wie Erika II kann verhindert
werden.
09/04/2002
Lassen Sie mich sagen, dass die Kommission während
der gesamten Analyse und Beratung dieses Vorschlags –
bei diesem und den vorangegangenen Vorschlägen – auf
die aktive Unterstützung des Parlaments zählen konnte
und ganz besonders auf den konstruktiven Beitrag des
Berichterstatters, Herrn Sterckx. Ich glaube, dass die
Zusammenarbeit zwischen beiden Institutionen Früchte
getragen hat, und wir stehen heute kurz vor der
definitiven Einigung über einen Text, dem es anfangs
nicht an heiklen Themen mangelte, beispielsweise das
Auslaufverbot bei schlechtem Wetter oder die
Zufluchtshäfen, über die wir gerade gesprochen haben,
oder auch die Pflicht der Verwendung von Transpondern
oder Schiffsdatenschreibern. In diesem Zusammenhang
möchte ich nochmals die Hartnäckigkeit von Herrn
Watts loben, denn durch sie ist der Beschluss des Rates
auf der Grundlage der Vermittlung in der Frage der
Richtlinie zur Hafenstaatkontrolle möglich geworden.
Zu den Zufluchtshäfen möchte ich bemerken, dass die
Entschädigungszahlungen für die eventuell verursachten
Schäden ein grundlegendes Element sind – ich stimme
da mit Herrn Jarzembowski überein –, um zu erreichen,
dass die Staaten der Union Zufluchtshäfen zur
Verfügung stellen. Das ist wirklich eine Schlüsselfrage.
(Beifall)
2-224
De Palacio, Kommission. – (ES) Herr Präsident, meine
Damen und Herren, ich glaube, wir alle, die wir uns um
die Sicherheit auf See und den Schutz unserer Meere
sorgen – und bei der Sicherheit auf See steht der Schutz
der Seeleute natürlich an erster Stelle –, wohnen heute
dem krönenden Abschluss einer weiteren Maßnahme im
Rahmen der Pakete Erika I und Erika II bei, die aus einer
Gesamtheit von Aktionen bestehen, die der
Europäischen Union ausreichende und geeignete
Instrumente in die Hand geben, um eine wirkliche
Prävention zu gewährleisten und Unfälle auf See zu
verhindern.
Der Untergang der Erika rief der Welt die ständige
Gefahr ins Bewusstsein, die der Seetransport von
Erdölprodukten darstellt, und verdeutlichte die
Notwendigkeit, den Schiffsverkehr an den europäischen
Küsten besser zu kennen und zu überwachen. Die von
der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen sind weit
darüber hinausgegangen und haben sich nicht auf
Vorschläge für den Erdölsektor beschränkt, sondern sie
wurden auf den gesamten Seeverkehr ausgedehnt. Der
heutige Vorschlag für die Richtlinie zur Überwachung
des Schiffsverkehrs trägt dieser Sorge Rechnung. Er
sieht eine globale Strategie zur Gewährleistung einer
hohen Verkehrssicherheit entlang den europäischen
Küsten vor, und sein Ziel – ich sage es noch einmal – ist
die Prävention durch eine genauere Identifizierung und
eine stärkere Überwachung der Schiffe. Des Weiteren ist
er auf ein verbessertes Eingreifen der Küstenbehörden
im Fall eines Unfalls oder einer Unfallgefahr gerichtet,
denn wie Herr Hatzidakis sagte, sind die Kontrolle der
Häfen, die Einrichtung von Zufluchtshäfen, die Hilfe für
Schiffe in Seenot absolute Schlüsselelemente.
Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss
kommen und nochmals dem Berichterstatter, Herrn
Sterckx, und allen Verantwortlichen im entsprechenden
Ausschuss für die großartige Arbeit danken. Wir teilen
viele Ihrer Sorgen und werden alle eingereichten
Änderungsanträge
akzeptieren.
In
diesem
Zusammenhang weise ich auf die Fortsetzung des
Berichts nach drei Jahren und die Beurteilung der
Situation, die Frage der Überwachung der Zufluchtsorte
und die Hilfe für Schiffe hin. Mit einem Wort, wir
akzeptieren alle eingereichten Änderungsanträge, und
ich hoffe, dass sie auch vom Rat gebilligt werden, so
dass wir nicht in die Vermittlung gehen müssten.
In Kürze werden wir die letzte Maßnahme vorlegen, die
uns zum Abschluss dieses Pakets noch fehlt, durch das
wir die Sicherheit im Seeverkehr spürbar verbessern
können. Nach der Verabschiedung der Maßnahmen zum
Personenverkehr durch die Kommission werden wir die
Maßnahmen in Bezug auf die Schiffsbesatzungen
vorlegen, denn die Menschen sind immer ein
entscheidender Faktor.
(Beifall)
2-225
Der Präsident. – Vielen Dank, Frau Kommissarin De
Palacio!
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.
2-226
Gemeinschaftspatent
2-227
09/04/2002
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt der
Bericht von Frau Palacio Vallelersundi (A5-0059/2002)
im Namen des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt
über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates
(KOM(2000) 412 - C5-0461/2000 - 2000/0177(CNS))
über das Gemeinschaftspatent.
2-228
Palacio Vallelersundi (PPE-DE), Berichterstatterin. –
(ES) Herr Präsident, ich darf eingangs sagen, dass mich
dieser Bericht mit Genugtuung erfüllt, denn er bildet den
Abschluss einer langen Arbeit des Ausschusses für
Recht und Binnenmarkt, den ich die Ehre hatte, über
einen großen Teil dieser Wegstrecke zu leiten. Darüber
hinaus bin ich Berichterstatterin für diesen Bericht.
Wir legen heute den Bericht des Europäischen
Parlaments über das Gemeinschaftspatent vor. Ich muss
zunächst sagen, dass das Europäische Parlament in
diesem Fall eine Kompetenz für einen einfachen Bericht
hat. Dies ist die erste, ich will nicht sagen, Anomalie,
aber letztendlich die erste Frage, die ich aus der Sicht
des Parlaments hervorheben will.
Vor uns liegt ein Vorschlag der Europäischen
Kommission, der vom August 2000 stammt. Er liegt also
schon geraume Zeit zurück. Er wurde vom Europäischen
Rat von Lissabon aufgegriffen, der betonte, dass es
wichtig sei, bis Ende 2001 ein Gemeinschaftspatent zu
schaffen; diese Wichtigkeit wurde auf dem Europäischen
Rat von Barcelona erneut verdeutlicht, und der Rat
wurde somit gedrängt, am 21. Mai dieses Jahres im Rat
„Binnenmarkt“ eine politische Position zu beziehen.
Diese Daten bilden die Eckpunkte einer Debatte, die
schwierig war, denn die Zustimmung zu diesem
Gemeinschaftspatent ist keine Bagatelle. Wir
unternehmen jetzt unseren zweiten Versuch, und ich
hoffe und vertraue darauf, dass wir dieses Mal zu einem
Gemeinschaftspatent kommen. Wir benötigen ein
Gemeinschaftspatent, das das gesamte Gebiet der Union
abdeckt, das zusätzlich zum europäischen Patent und zu
den nationalen Patenten existiert und in der Welt
wettbewerbsfähig ist. Dies sind die drei Achsen, die der
Europäischen Kommission als Referenzbasis und dem
Rechtsausschuss gleichzeitig als Ausgangspunkt dienten.
Aber für uns, und vor allem, da wir nur einen einfachen
Bericht haben, war es entscheidend, im Rechtsausschuss
einen Konsens zu finden. Ich glaube, das ist uns
gelungen. Ich hoffe, dass das Plenum morgen mit seiner
Stimme die Position des Rechtsausschusses im
Wesentlichen stützt, zu der wir nach stundenlangen
Debatten und Diskussionen über die folgenden drei
Hauptpunkte gelangt sind, die die drei Achsen dieses
Gemeinschaftspatents bilden:
Zum Ersten die Rolle der nationalen Ämter: Wenn wir
das Gemeinschaftspatent haben, wird die Rolle der
nationalen Ämter zweifellos sehr eingeschränkt sein, es
sei denn, dass wir ihnen zusätzliche Arbeitsaufgaben
übertragen. Der Bericht des Rechtsausschusses sieht die
Möglichkeit vor, die nationalen Ämter an der ersten
91
Phase der Bearbeitung des Gemeinschaftspatents – der
Phase der Untersuchung – zu beteiligen, wenn sie ein
ausreichendes Qualitätsniveau gewährleisten. Dies ist
die erste Konsensachse des Rechtsausschusses.
Zum Zweiten, die Frage der Gerichtsbarkeit: Der
Vorschlag der Kommission ist ambitiös und hat im
Übrigen derzeit keine Rechtsgrundlage im Vertrag, er
würde auf einem Ansatz des Vertrags von Nizza
basieren, der noch nicht in Kraft getreten ist und in dem
es
um
die
Schaffung
eines
zentralen
Gemeinschaftsgerichts von der ersten Instanz an geht.
Nach einer langen Debatte befindet sich der
Rechtsausschuss nunmehr voll und ganz auf dem Weg
der Europäischen Kommission, aber er geht diesen Weg
nicht so weit: Es wird noch eine erste nationale Instanz
vorgeschlagen, wenn auch mit vielen schon
vergemeinschafteten Elementen. Ich glaube, das ist eine
Richtschnur für Überlegungen, welcher der Rat folgen
muss, wenn wir unser Patent so gestalten wollen, wie
wir es benötigen.
Zum
Dritten,
die
Verfahrenssprachen:
Zum
gegenwärtigen Zeitpunkt lautet der Vorschlag der
Kommission, das System des europäischen Patents
beizubehalten, das bedeutet drei Verfahrenssprachen
(englisch,
französisch
und
deutsch).
Als
Berichterstatterin und in Anbetracht der Realität, dass
die englische Sprache viel mehr als die Sprache eines
Staats der Europäischen Union ist, sie ist die lingua
franca der Forschung, habe ich nur das Englische
vorgeschlagen. Letztendlich sind wir aus Gründen der
kulturellen und linguistischen Vielfalt, die das Parlament
vertritt, zu einem Konsens gelangt, indem wir uns für
das System von Alicante ausgesprochen haben, das
heißt, für fünf Verfahrenssprachen. Ich glaube, dass das
Parlament auch hier ein wichtiges politisches Signal
setzt, das dem Rat zu denken geben muss, wenn es um
die Suche nach einem Konsens geht. Ich sage dies auch
angesichts der jüngsten Informationen, die ich über die
Arbeit der Gruppe des Rates erhalten habe.
2-229
Lehne (PPE-DE). - Herr Präsident, meine sehr
verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte
ich mich insbesondere auch namens meiner Fraktion
ganz herzlich bei der Berichterstatterin für ihren Bericht
bedanken. Es hat ja ganz zwangsläufig, weil es ein
kompliziertes und wichtiges Thema ist, einige Zeit
gedauert, aber wir haben einen für die Mehrheit in
diesem Haus tragfähigen Kompromiss gefunden. Er wird
nicht alle Beteiligten glücklich machen, aber das haben
Kompromisse so an sich. Dies ist trotzdem ein gutes
Ergebnis.
Ich möchte im Hinblick auf die begrenzte Zeit, die ich
habe, nur auf einen Aspekt eingehen, der aus meiner
Sicht bei den Beratungen ganz entscheidend gewesen ist,
und das ist die Frage des Gerichtssystems. Die
Kommission hatte uns ursprünglich vorgeschlagen, dass
es, sozusagen parallel zu den bestehenden nationalen
Strukturen, ein rein europäisches Gerichtssystem geben
soll. Ich habe immer gesagt – und das will ich auch jetzt
92
betonen –, dass ich das für einen völlig falschen Weg
halte.
Wir sollten nicht den Fehler begehen, den schon die
Vereinigten Staaten von Amerika bei ihrer
Gerichtsstruktur begangen haben, indem sie neben ein
staatliches Gerichtssystem ein bundesstaatliches
Gerichtssystem gestellt haben, und zwar nach dem
Motto: Die bundesstaatlichen Gerichte entscheiden über
Bundesrecht und die staatlichen Gerichte über staatliches
Recht. Dies macht keinen Sinn, dies ist für den
Steuerzahler nicht erklärbar, dies kostet viel Geld und
führt
zu
einer
Auseinanderentwicklung
der
Rechtsprechung.
Wir sind vielmehr der Meinung, dass europäische
Gerichte natürlich auch nationale Gerichte sind und dass
nationale Gerichte ganz selbstverständlich auch
europäisches Recht wie eigenstaatliches Recht
anzuwenden haben. Darum ist es ein ganz
entscheidender Fortschritt, was in diesem Bericht von
Anna Palacio Vallelersundi steht, dass nämlich die
Kompetenzen, die es auf nationaler Ebene gibt, auch in
Zukunft weiter für das europäische Recht genutzt
werden können und die erste Instanz nationale Gerichte
umfassen wird. Damit die Rechtsprechung einheitlich
bleibt und wir in Europa keine Auseinanderentwicklung
haben, wird es in zweiter Instanz dann ein
übergeordnetes europäisches Gericht geben. Ich halte
das für einen guten Vorschlag.
Herr Präsident, ich möchte mich dafür entschuldigen,
dass ich leider gleich diese Parlamentssitzung verlassen
muss, weil ich noch eine andere Verpflichtung habe und
an einer anderen Sitzung teilnehmen muss. Ich bitte, das
zu entschuldigen, und darf mich herzlich für die
Aufmerksamkeit bedanken.
2-230
Medina Ortega (PSE). – (ES) Herr Präsident, ich
möchte mich dem Glückwunsch meines Kollegen Lehne
an Frau Palacio Vallelersundi für ihre Arbeit zur
Angleichung dieses Berichts anschließen.
Wie Frau Palacio Vallelersundi bemerkte, hat das
Europäische Parlament hier nur eine beratende Funktion,
womit wir wirklich der Kommission und dem Rat
ausgeliefert sind. Aber ich glaube, dass das Europäische
Parlament zu diesem Zeitpunkt gute Ratschläge erteilt.
Zum Ersten, wie Frau Palacio Vallelersundi erklärte, in
Bezug auf die in einer Gemeinschaft wie der unseren
wichtige Rolle der nationalen Patentämter.
Zum Zweiten, wie Herr Lehne sagte, auf dem Gebiet der
Rechtsprechung. Kürzlich erklärten mir Anwälte großer
US-Unternehmen, der Vorteil des nordamerikanischen
föderalen Systems liege darin, dass die Gerichte der
Bundesstaaten eher zugunsten der lokalen Unternehmen
und der Verbraucher Recht sprechen, während die
großen Gesellschaften das Bundesgericht vorziehen, das
mehr zu ihren Gunsten entscheide. Wahrscheinlich
müssen wir prüfen, ob die Übertragung von Befugnissen
an ein spezielles Gemeinschaftsgericht nicht vielleicht
09/04/2002
ein Ungleichgewicht hervorrufen und zudem dazu
führen würde, was in den USA forum shopping genannt
wird und bedeutet, dass jeder Anwalt oder Rechtsexperte
die Angelegenheit vor das Gericht bringt, das für ihn am
günstigsten ist.
Ich möchte auf einen weiteren Aspekt eingehen. Wir
sind nämlich zu diesem neuen europäischen Patent auf
indirektem Weg durch den Beitritt zu einem bereits
bestehenden internationalen Abkommen gelangt. Dies
schafft
Probleme,
darunter
vor
allem
das
Sprachenproblem, das für die Europäische Union recht
bedeutsam ist.
Die Europäische Gemeinschaft ist kein föderaler Bund,
sondern nähert sich einer Art von Konföderation, in der
die nationalen Kulturen und Traditionen große
Bedeutung haben. Konkret bedeutet für ein Land wie
Spanien und für die 500 Millionen Menschen, die
Spanisch sprechen, die Unterwerfung unter eine
Sprache, die nicht ihre eigene ist, eine sehr wesentliche
Einschränkung, wenn es um die Entwicklung der
Forschung geht, nicht nur in unserem Land, sondern in
allen Ländern, die sich bei der Patentierung von
Erfindungen auf das spanische Patentamt gestützt haben.
Das Europäische Parlament kann nur eine Empfehlung
geben, und zwar durch die Erwägung 2 zum Artikel 5.
Es wird empfohlen, wie Frau Palacio Vallelersundi
aufzeigt, auf das System von Alicante zurückzugreifen,
das schon erprobt ist und jetzt gut mit fünf Sprachen
funktioniert,
eine
breite
Beteiligung
auf
Gemeinschaftsebene gestattet und dabei nicht teuer ist.
Wir sehen, dass sich dieses System gut an die
Forderungen der Europäischen Union anpasst.
Ich halte die Vorschläge des Parlaments und die
Einigung, die wir im Rechtsausschuss erreicht haben, für
vernünftig. Deshalb wird unsere Fraktion alle im
Rechtsausschuss angenommenen Änderungsanträge
unterstützen. Ansonsten halten wir es zu diesem
Zeitpunkt
nicht
für
ratsam,
über
weitere
Änderungsanträge abzustimmen, da dadurch das im
Ausschuss erzielte Gleichgewicht auseinanderfallen
würde.
2-231
Manders (ELDR). – (NL) Herr Präsident, sehr geehrter
Herr Kommissar, verehrte Mitglieder, liebe Kolleginnen
und Kollegen! Auch im Namen unserer Fraktion darf ich
der Berichterstatterin für ihre gesamte Arbeit danken,
und ich möchte es auf drei Punkte bringen: eine recht
praktische Lösung, ein weniger politischer Ansatz, wie
ich inzwischen von zahlreichen Kolleginnen und
Kollegen vernommen habe.
Erstens das Sprachenproblem, und dazu haben wir einen
Änderungsantrag eingebracht, Änderungsantrag 31, weil
es nämlich überaus wichtig ist, dass das
Gemeinschaftspatent für die Wirtschaft in Europa
kommt, das einen großen gemeinsamen Markt bildet,
und wir bedauern es deshalb, dass dies auf dem Gipfel
von Laeken auf den 21. Mai verschoben worden ist. Die
09/04/2002
Diskussion um die Sprachenregelung zeugt, wie ich
bereits sagte, eher von einem politischen Sentiment als
von
Realitätssinn.
In
Lissabon
sind
wir
übereingekommen, Europa zum wettbewerbsfähigsten
wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu
entwickeln, und meiner Meinung nach werden wir dieses
Vorhaben, wenn es darauf ankommt, nicht umsetzen,
wie die Fülle von Änderungsanträgen zu diesem Thema
beweist.
Die Übersetzungskosten werden den Preis für das Patent
unverhältnismäßig in die Höhe treiben, was die
Unternehmen in diesem Binnenmarkt in ihrer
Wettbewerbsstellung gegenüber Unternehmen auf
anderen großen Märkten wie den Vereinigten Staaten
und Japan benachteiligt. Die europäische Wirtschaft hat
selbst erklärt, das Gemeinschaftspatent nicht nutzen zu
wollen, wenn es zu kostspielig ist.
Im Weiteren möchte ich kurz auf die gerichtliche
Zuständigkeit eingehen. Im Gegensatz zu Herrn Lehne
sind wir der Meinung, dass es nicht zielführend wäre,
wenn es in Europa zu einem Flickwerk käme und jedes
Gericht das Gemeinschaftspatent anders auslegt. Wir
brauchen, so meinen wir, nur ein, ein zentrales Gericht,
das in erster Instanz urteilt, und dann den Europäischen
Gerichtshof für die Berufung.
Damit komme ich zum letzten Punkt, zur rechtlichen
Frage. Unserer Auffassung als Liberale zufolge wäre es
sinnvoll, wenn Europa unabhängig von dem
Übereinkommen ein einziges europäisches Patent
einführte, also ohne Beitritt zu dem Übereinkommen,
damit das Europäische Parlament seinen demokratischen
Einfluss auf das europäische Patent wahrt und die EURechtsvorschrift diesem Patent angepasst werden kann.
Herr Präsident, vielen Dank, dass ich Gelegenheit zu
diesen Ausführungen hatte, ich danke allen für die
Aufmerksamkeit.
93
Patentrecht zu beeinträchtigen. Wie Herr Lehne sagte,
sollten wir uns davor hüten, den falschen Weg
einzuschlagen, weil dies die Auflockerung der
gemeinschaftlichen Gerichtssysteme in und die
Herausbildung paralleler Strukturen auf nationaler und
gemeinschaftlicher Ebene zur Folge hätte. Das wäre sehr
schade. Ich hoffe also, dass die Vorschläge zur
Zuständigkeit akzeptiert werden.
Ein weiteres Problem ist die Sprachenregelung, und in
diesem Punkt vertrete ich bei allem Respekt für Frau
Palacio Vallelersundi einen anderen Standpunkt, den
meine Fraktion teilt. Unserer Ansicht nach sollte die im
Europäischen Patentamt derzeit geltende Regelung
erhalten werden. Wir sind allerdings auch der Ansicht,
dass die Bürger die Möglichkeit haben sollten,
Patentansprüche in ihrer Muttersprache anzumelden. Wir
sind außerdem der Meinung, dass eine Übersetzung in
alle anderen Sprachen vorgenommen werden sollte,
allerdings nicht für das gesamte Verfahren, sondern, wie
in Änderungsantrag 20 Absatz c vorgeschlagen: „Das
Gemeinschaftspatent wird in der Sprache, in der es
eingereicht wurde, und in der Amtssprache, in der das
Verfahren durchgeführt wurde, erteilt, begleitet von
Übersetzungen der Patentansprüche und von einer
kurzen Zusammenfassung in den anderen Amtssprachen
der
Gemeinschaft“.
Außerdem
sollten
die
Übersetzungen, wie in Absatz d von Änderungsantrag 20
vorgeschlagen,
vom
Übersetzungsdienst
der
Europäischen Union angefertigt und die Kosten von der
Europäischen Union übernommen werden.
Die Erhaltung des Grundsatzes der sprachlichen
Gleichbehandlung ist ein wichtiges öffentliches Gut der
Europäischen Union dar, für das die Union finanziell
aufkommen sollte. Diese Kosten dürfen nicht zu Lasten
der Patentinhaber gehen. Deshalb sind die Einwände in
Bezug auf die Mehrkosten des europäischen Patents
unzutreffend.
2-232
2-233
MacCormick (Verts/ALE). – (EN) Herr Präsident, ich
schließe mich den sehr anerkennenden Worten meiner
Vorredner für die Berichterstatterin, Frau Palacio
Vallelersundi, an, zumal wir bereits ihre Arbeit als
Vorsitzende des Ausschusses für Recht und
Binnenmarkt sehr zu schätzen wussten.
Schröder, Ilka (GUE/NGL). - Herr Präsident, liebe
Kolleginnen und Kollegen! Für mich ist die Frage,
welche nationalen Gerichte wann für ein europäisches
Patent zuständig sind, nicht die entscheidende Frage an
diesem Bericht. Es geht mir vielmehr darum, welchem
Zweck dieser Entwurf dient, und was ein solches
Patentregime genau bewirkt.
Ich stimme den drei Punkten, auf die wir uns ihrer
Ansicht nach konzentrieren sollten, zu, obwohl ich in
einem Punkt anderer Meinung bin. Wir sind uns alle
darin einig, dass die Rolle der nationalen Patentämter
erhalten bleiben muss. Was den zweiten Punkt, also die
Zuständigkeiten, betrifft, so bestand für viele von uns
das Geniale an der Entwicklung der Europäischen
Gemeinschaft u. a. darin, dass die Rechtsprechung im
Wesentlichen
dezentralisiert
blieb
und
die
Gemeinschaftsgerichte in Angelegenheiten des Privatund
Wirtschaftsrechts
eine
beratende
oder
untergeordnete Rolle spielen, solche Fälle also im
Wesentlichen in den Zuständigkeitsbereich der lokalen
Gerichte fallen. Diesen Grundsatz gilt es unbedingt zu
erhalten, und zwar nach Möglichkeit, ohne das
Dieser Bericht und weitere geplante Änderungen des
Patentregimes in der EU sollen Patentanmeldungen
attraktiver machen, indem der Patentschutz unmittelbar
in der EU gilt und damit ausgeweitet wird.
Ein Patent suggeriert, dass die entsprechende
Patenthalterin all das erfunden hat, was sie da
patentieren will. In der Regel greift sie aber auf allerlei
Wissen zurück, das Menschen vor ihr entwickelt und
weiterentwickelt haben und das sie nur nutzen kann, und
zwar kostenlos, wenn es nicht unter das Patentregime
fällt. Gerade bei den aktuellen Bestrebungen, immer
mehr Software patentierbar zu machen, wird diese
Absurdität besonders deutlich. Sogar Algorithmen in
94
Computerprogrammen sollen nicht mehr frei verfügbar
sein. Damit wird jedem Entwickler die Grundlage für ein
neues Computerprogramm aus den Händen genommen.
Oft wird von Seiten der Patentregimebefürworter und befürworterinnen das Argument vorgebracht, Patente
würden Tüftlerinnen zugute kommen, die nicht für einen
Konzern arbeiten, sondern ihre Erfindungen privat oder
zumindest mit wenigen finanziellen Ressourcen machen.
Ein Patent würde diese Leute davor schützen, dass
Unternehmen ihre Erfindung nutzen, ohne ein Entgelt an
die Erfinderinnen zu zahlen, und sie damit auch nicht für
ihre Arbeit zu entlohnen.
Das Problem an diesem Gedanken ist nur: Dieses Bild
entspricht bei weitem nicht der Patentrealität. In der
BRD zumindest halten Konzerne die meisten Patente
und bauen diese immer weiter aus. Privatpersonen ist der
Zugriff oft durch hohe Patentnutzungsgebühren
verwehrt. Wie die Bezeichnung geistiges Eigentum
andeutet, heißt Patentierung nichts anderes als die
Inwertsetzung von immateriellen Dingen wie Ideen,
Erfindungen und sogar Entdeckungen. Dass die
Verfechterinnen und Verfechter des Kapitalismus sich
damit selbst ein Bein stellen, zumindest, wenn sie an ihr
Credo von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit
glauben, interessiert mich dabei nicht. Denn mein Ziel
ist ein freier Zugang zu und Austausch von
Informationen
und
Wissen
und
deren
Weiterentwicklung.
Das genau ist Voraussetzung für ein selbstbestimmtes
Leben und einen emanzipatorischen Politikansatz. Im
Gegensatz dazu zielt aber der Bericht von Frau Palacio
darauf ab, einen immer größeren Anteil des weltweiten
Wissens der Warenform zu unterwerfen, um ihn so für
die Industrie zum Gewinnbringer zu machen.
2-234
Vanhecke Frank (NI). – (NL) Wenn der heute
vorliegende Bericht in meinem Land, in Flandern,
beträchtliches Interesse geweckt hat, so liegt dies
erstaunlicherweise
weniger
am
Kern
des
Gemeinschaftspatents,
als
vielmehr
an
der
vorgeschlagenen Sprachenregelung, bei der in der
Europäischen Union bedauerlicherweise wieder einmal
zwischen Sprachen ersten und zweiten Ranges
unterschieden wird. Die Berichterstatterin schlägt
nämlich, im Grunde analog zum Standpunkt des Rates,
vor, das Verfahren, die Arbeitsweise des Markenamts
nun auch auf das Gemeinschaftspatent zu übertragen.
Ich möchte in aller Deutlichkeit erklären, dass dies für
uns, für Flandern, nicht akzeptabel ist und dass sämtliche
Arbeitssprachen der Europäischen Union gleich
behandelt werden müssen, was mit Sicherheit auch für
Niederländisch gilt, meine Muttersprache, die von mehr
als 21 Millionen Europäern gesprochen wird.
Selbstverständlich sind damit hohe Mehrkosten
verbunden. Das ist mir schon klar. Aber das ist eben der
Preis, den wir zahlen müssen, wenn wir die Vielfalt, die
den Reichtum unseres Kontinents ausmacht, bewahren
wollen. Im Übrigen stelle ich ganz konkret fest, dass die
09/04/2002
Mitgliedstaaten dieser so genannten großen Sprachen
auch bereit sind, diese erheblichen Kosten der
Europäischen Union aufzubürden, wenn ihre Sprache
eventuell zu kurz kommen sollte.
Das OVV, das Beratungszentrum Flämischer
Vereinigungen, eine große repräsentative Organisation,
die
als
Dachverband
zahlreicher
flämischer
kulturpolitischer Vereinigungen meines Landes fungiert,
fordert übrigens eben dies und folgert diesbezüglich,
dass dann, wenn die Europäische Union versagt, ich
zitiere „Europa zunehmend ein volksfremder Besatzer zu
werden
droht,
anstatt
sich
zu
einem
Kooperationsverband
auf
der
Grundlage
der
Gleichberechtigung mit Achtung vor der nationalen
Identität aller Mitglieder zu entwickeln, wie es nun
einmal in den Grundverträgen niedergeschrieben ist“. So
lautet die ernste Warnung eines großen und angesehenen
kulturpolitischen Verbandes. Ihr sollte auch die
Europäische Union Gehör schenken.
2-235
Inglewood (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, ich
schließe mich den Glückwünschen der Kollegen aus
dem Ausschuss für Recht und Binnenmarkt an Frau
Palacio Vallelersundi, unsere ehemalige Vorsitzende, für
ihre umfangreiche Arbeit zu diesem Thema an. Es war
eine wahre Herkulesarbeit, dennoch, so fürchte ich, ist es
ihr nach Ansicht der britischen Konservativen nicht
gelungen, eine zufrieden stellende Lösung für diese im
Ausschuss für Recht und Binnenmarkt so heftig
debattierte Problematik zu finden. Ich möchte jedoch
nochmals betonen, dass das meiner Ansicht nach nicht
ihre Schuld ist. Vielmehr ist das wohl, wie bereits einige
meiner Vorredner feststellten, darauf zurückzuführen,
dass eine Reihe sehr schwieriger Probleme den Kern
dieses Vorschlags bilden. Vor allem macht er deutlich,
dass sich unsere Sprachenpolitik so gut wie gar nicht mit
den Bedürfnissen derjenigen, die mit Patenten arbeiten,
vereinbaren lässt. Ich vermute, dass dies nur eines von
einer Vielzahl von Problemen ist, denen wir uns in nicht
allzu ferner Zukunft in der Union gegenübersehen
werden.
Meiner Ansicht nach ist ein Gemeinschaftspatent, das
eine sehr nützliche Entwicklung im Rahmen des Rechtes
für geistiges Eigentum sein könnte, wenig sinnvoll,
wenn es dem Patentnutzer nicht hilft. Wie ich aus der
Branche höre, könnten die Vorschläge der Kommission
hilfreich sein, doch die des Parlaments seien es nicht.
Da diese Angelegenheit nicht in den Bereich der
Mitentscheidung fällt, wäre es am sinnvollsten, wenn
das Parlament die geforderte Stellungnahme abgibt und
es dann dem Rat überlässt, nach einer Lösung zu suchen.
Ich gebe bereitwillig zu, dass das kein sonderlich
glanzvoller Vorschlag ist, aber er ist pragmatisch. Unter
den gegebenen Umständen stellt er meiner Ansicht nach
das richtige Vorgehen dar.
09/04/2002
Wie Herr Lehne habe auch ich jetzt noch eine andere
Sitzung und hoffe, dass Sie mich ebenfalls entschuldigen
werden.
95
den KMU günstigere Bedingungen anzubieten, damit
sich der Schutz von geistigem Eigentum zu einer echten
Möglichkeit für die Förderung von Innovation
entwickelt.
2-236
McCarthy (PSE). – (EN) Herr Präsident, auch ich
möchte
Frau
Palacio
Vallelersundi,
unserer
Berichterstatterin, für ihren ausgezeichneten Bericht
sowie vor allem für ihre konsequenten und energischen
Anstrengungen danken, mit denen sie sich im Ausschuss
für Recht und Binnenmarkt um einen Konsens zum
Gemeinschaftspatent bemüht hat. Und das sind genau
die Fähigkeiten, die wir jetzt, da sie den
Ausschussvorsitz aufgegeben hat, sehr vermissen.
Dabei hat ihr der Rat, dem es nicht gelungen ist, auf
diesem Gebiet zu einen Ergebnis und zu einer
einstimmigen Einigung zu kommen, die Arbeit nicht
eben erleichtert. Es liegt auf der Hand, dass wir ein
Gemeinschaftspatent brauchen, das ein Schlüsselelement
bei der Umsetzung der Lissabonner Agenda zur
Förderung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in
der EU darstellt. Doch wie Lord Inglewood bereits sagte,
muss ein solches System für die Wirtschaft attraktiv
sein, andernfalls hat es wenig Sinn.
Die Industrie hat den Mitgliedstaaten, der Kommission
und dem Parlament gegenüber eindeutig klar gemacht,
dass sie an einheitlichen Urteilen im Rahmen einer
Gemeinschaftsgerichtsbarkeit und einer gemeinsamen
Rechtsprechung interessiert ist, und zwar insbesondere
im Hinblick auf die Vollstreckung. Vor allem ist sie an
einem preiswerten und nutzerfreundlichen System
interessiert. Das Gemeinschaftspatent nützt KMU und
insbesondere Erfindern nur dann etwas, wenn es
überschaubar bleibt und mit einem vertretbaren
Verwaltungsaufwand verbunden ist. Ich möchte das
Problem am Beispiel von John Hamson aus meinem
Wahlkreis veranschaulichen. Er ist Ingenieur und
Erfinder und kann sich keine teuren Patentanwälte
leisten. Er besitzt ein britisches Patent. In mehreren
Schreiben an mich schildert er seine Probleme mit dem
Europäischen Patentamt sowie die zahlreichen Hürden,
die er überwinden muss, um ein europäisches Patent zu
erhalten. Ich möchte sie nicht wiederholen, und das ist
auch gar nicht als Kritik am Europäischen Patentamt
gemeint. Tatsache ist jedoch, dass er sehr viel Geld
ausgegeben hat und noch immer kein europäisches
Patent besitzt. In seinem letzten Schreiben, das ich vor
einigen Wochen erhielt, zieht er folgendes Fazit: „Mit
diesem Verfahren sollen
Einzelpersonen,
die
Erfindungen gemacht haben, eindeutig abgeschreckt
werden, während große Unternehmen, die über die
erforderliche
juristische
und
patentrechtliche
Sachkenntnis zur Bewältigung des äußerst komplizierten
Verwaltungsaufwandes verfügen, begünstigt werden.“
Wir sind es der Branche, den kleinen und mittleren
Unternehmen und unabhängigen Erfindern schuldig,
dass wir ein einfaches und kostengünstiges
Gemeinschaftspatent schaffen, das wiederum die
Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in der EU
ankurbelt. Wir müssen in der Lage sein, der Branche und
Wie Lord Inglewood glaube auch ich nicht, dass der Rat
eine Lösung für diese Probleme hat. Letztlich wird sich
wohl Herr Bolkestein um eine Lösung bemühen müssen.
Unsere Berichterstatterin jedenfalls hat übermenschliche
Anstrengungen unternommen, um das zu erreichen. Es
ist nicht ihre Schuld, dass wir keinen Konsens erzielen
konnten. Ich muss allerdings sagen, dass es zur
Sprachenregelung keinen Kompromiss geben wird. Ich
überlasse die Suche nach einer Lösung, die meine
Wähler in Nordwestengland zufrieden stellen wird,
daher Herrn Bolkestein.
2-237
Thors (ELDR).  (SV) Herr Präsident! Frau McCarthy
meint, es sei Sache der Kommission, einen solchen
Kompromiss
zu
finden.
Ich
möchte
dazu
Änderungsantrag 32 einbringen, der ein einfaches
System enthält, nach dem Vorschläge auf Englisch oder
einer anderen Sprache der Gemeinschaft eingereicht
werden. Die Zusammenfassung der Anträge sollte dann
in alle Amtssprachen der Gemeinschaft übersetzt
werden.
Lassen Sie mich unterstreichen, dass dieser
Änderungsantrag den Bürgern die Möglichkeit gibt, sich
darüber zu informieren, welche Monopole ihre
Möglichkeiten einschränken. Ferner will ich noch darauf
hinweisen, dass es für die Verbesserung der innovativen
Infrastruktur in Europa noch andere Faktoren gibt, die
ebenso wichtig sind wie das Gemeinschaftspatent. So
halte ich beispielsweise die Erfindungen der
Universitäten und deren Nutzung für äußerst wichtig.
Gegenwärtig haben wir in Europa sehr komplizierte
Vorschriften, die es den Universitäten unmöglich
machen, ihre Möglichkeiten zu nutzen.
Ich appelliere an die Kommission, dieses Problem zu
untersuchen, das relativ viele Länder sowie das Recht
der Universitäten und der Wissenschaftler auf ihre
Erfindungen
betrifft.
Wir
sind
dabei,
ein
wettbewerbsfähiges System zu schaffen, von dem nicht
unbedingt nur europäische Erfinder profitieren können.
Der Kampf zwischen den Patentsystemen spielt beim
Gemeinschaftspatent eine zentrale Rolle.
2-238
Maes (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident, sehr geehrte
Mitglieder der Kommission, verehrte Kolleginnen und
Kollegen! Wir treten grundsätzlich für die
Gleichberechtigung aller Sprachen ein. Das hat für uns
Vorrang. Selbstverständlich befürworten wir ein
Gemeinschaftspatent. Es ist ein Dienst an der
Gemeinschaft der Bürgerinnen und Bürger Europas, und
deshalb müssen sich meiner Meinung nach alle Bürger
Europas auch mit einem Patentantrag in ihrer
Muttersprache an die Organe der Union wenden und in
ihrer Sprache eine Antwort erhalten können.
Diskriminierung auf Grund der Sprache verstieße gegen
das Gemeinschaftsrecht und die Grundrechtecharta. In
96
der Auswahl von fünf Sprachen können wir deshalb
keinen ehrbaren Kompromiss erkennen. Wir ersuchen
das Parlament, den Rat und die Kommission, unseren
Änderungsanträgen zuzustimmen, auf Grund derer es
jedem möglich wäre, ein Patent in seiner Muttersprache
zu beantragen und auch eine Antwort in seiner Sprache
zu erhalten, und zwar mit Übersetzungen in die anderen
Amtssprachen der Gemeinschaft.
Unserer Meinung nach würde die Behandlung innerhalb
des Amtes in den drei Arbeitssprachen deshalb diesen
Prinzipien nicht widersprechen, weil zugleich eine
Kosteneinsparung erzielt und verhindert würde, dass das
ganze Verfahren nur in Englisch durchgeführt wird.
2-239
Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident! Es ist
unzulässig, um jeden Preis ein Gemeinschaftspatent zu
schaffen und dabei vor allem die Interessen der kleinen
und mittleren Länder sowohl bei der Sprachenregelung
als auch bei der Rolle der nationalen Ämter in Frage zu
stellen. Hinzu kommen noch grundlegende Fragen im
Zusammenhang
mit
dem
Bestehen
von
Gemeinschaftspatenten und das gravierende Problem der
möglichen Auswirkung der Patente auf wesentliche
Bereiche wie etwa das Leben, das natürliche Erbe oder
die Arzneimittel, in denen im Dienste vor allem der
Interessen der großen Multinationalen bereits
inakzeptable Wege eröffnet wurden.
Die Anwendung der für europäische Patente
bestehenden
Münchener
Regelung
auf
Gemeinschaftspatente ist unannehmbar, da nur drei
Sprachen zur Anwendung kommen und sie damit im
Widerspruch zu dem Grundsatz der Gleichbehandlung
aller Amtssprachen steht und zu inakzeptablen
Diskriminierungen beim Verfahren und zu Problemen
der Rechtssicherheit führt. Vollkommen unvertretbar ist
aber die in diesem Bericht vorgeschlagene
Sprachenregelung - die so genannte Alicante-Regelung
für die Handelsmarke, die lediglich die Benutzung von
fünf Sprachen der größten Länder vorsieht und damit
dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung zwischen
Unternehmen widerspricht, ein Verzeichnis der
Hauptsprachen
entwickelt,
für
die
Zukunft
Präzedenzfälle schafft und die Benutzung aller
Amtssprachen in Frage stellt.
Vor diesem Hintergrund haben wir unseren
Änderungsantrag eingereicht, in dem wir dafür eintreten,
dass auf der nächsten Diplomatischen Konferenz zur
Revision des Übereinkommens über die Erteilung
europäischer Patente für das Gemeinschaftspatent
gleichberechtigt die Benutzung aller Amtssprachen der
Europäischen Union festgeschrieben wird, um für alle
die Benutzung ihrer eigenen Sprache während des
gesamten Verfahrens und die Rechtssicherheit des
Patents zu gewährleisten.
Eine zweite Frage betrifft die Software und die
Notwendigkeit, dass sie weiterhin unabhängig von
jedwedem europäischen Gemeinschaftspatent existiert,
wie wir es auch in unserem Vorschlag empfohlen haben.
09/04/2002
Die freie Entwicklung von Software, vor allem der so
genannten freien Software, ist eine wesentliche
Voraussetzung, um die Innovation und Verbreitung zu
fördern und damit die Kontinuität ihrer Entwicklung und
ihre öffentliche Nutzung zu sichern und einen
Wertzuwachs zu erreichen. Deshalb muss sichergestellt
werden, dass Software wie bisher frei von jeder
Einschränkung
durch
ein
europäisches
Gemeinschaftspatent bleibt.
2-240
Fourtou (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, das
Gemeinschaftspatent darf nicht zu einer verpassten
Gelegenheit werden. Alle wollen es, aber keiner vermag
dieses Dossier zum Abschluss zu bringen. Zwei Daten
kennzeichnen dieses Hin und Her: 1975 und 1989, die
für fehlgeschlagene Versuche stehen.
In Lissabon haben die Staats- und Regierungschefs diese
Angelegenheit zu einer Priorität erklärt. Das
Gemeinschaftspatent sollte bis Ende 2001 verfügbar
sein. Auf den Ratstagungen von Feira, Stockholm und
Göteborg wurden die Notwendigkeit und die
Dringlichkeit nochmals unterstrichen. Wie ist der Stand
heute? Der Rat hat immer noch keine Einigung erzielt.
Das Parlament schlägt über den federführenden
Ausschuss für Recht einen politischen Kompromiss vor,
zu dem ich Frau de Palacio beglückwünsche, der mir
jedoch nicht wirklich den Erwartungen der künftigen
Nutzer zu entsprechen scheint, denn er bringt im
Vergleich zur gegenwärtigen Regelung keine
wesentlichen Verbesserungen.
Die Unternehmer und die Erfinder fordern eine Senkung
der Patentkosten, damit das europäische Patent
wettbewerbsfähig wird. Sie wollen ebenfalls, dass
Rechtssicherheit bei größtmöglicher Gerechtigkeit
gewährleistet wird. Der Vorschlag der Europäischen
Kommission ist eine pragmatische Antwort auf diese
Erwartungen. Er beinhaltet eine Kostensenkung vor
allem durch die drei Arbeitssprachen vorsehende
Sprachregelung des Europäischen Patentamtes, die ein
Mindestmaß an internationaler Wettbewerbsfähigkeit
garantiert und dabei mit unserer sprachlichen Spezifik
vereinbar ist, sowie durch die Anerkennung der
besonderen Rolle der nationalen Patentämter bei
spezifischen Aufgaben der Information und technischen
Hilfe für Erfinder und KMU und ferner durch ein
Rechtsprechungssystem, das die Einheitlichkeit der
Rechtsprechung
durch
die
Einrichtung
eines
Gemeinschaftsgerichts
für
geistiges
Eigentum
gewährleistet.
Diese drei grundlegenden Punkte haben die Zustimmung
der Wirtschaftsbeteiligten gefunden. Wir sollten nicht
das Risiko eingehen, ein Gemeinschaftspatent zu
schaffen, das diese nicht nutzen würden, weil es zu weit
von ihren Erwartungen entfernt ist. Dieses Signal
müssen wir dem Rat mit unserer morgigen Abstimmung
übermitteln.
2-241
Koukiadis (PSE). – (EL) Herr Präsident, Frau de
Palacio hat ihre Fähigkeiten als Juristin und Politikerin
09/04/2002
unter Beweis gestellt und in ihrem Bericht sinnvoll
vereint. Dazu beglückwünsche sie.
Insbesondere in der heutigen, von Wissen und
Innovation geprägten Zeit benötigt Europa, in dem der
freie Wettbewerb herrscht, ein Gemeinschaftspatent,
damit es prosperieren kann. Diese Notwendigkeit wird
zwar allseits anerkannt, die Art und Weise allerdings,
mit der bis heute Gegenargumente hervorgebracht
werden, führt uns wieder einmal eine wesentliche
Feststellung vor Augen, nämlich, wie überaus schwierig
es ist, die begrenzten nationalen Interessen mit dem
engen gemeinschaftlichen Interesse, das letztendlich den
jeweiligen nationalen Belangen dienen soll, in Einklang
zu bringen.
Die Grundlagen für die Erteilung des europäischen
Patents wurden mit dem Übereinkommen von München
gelegt. Dessen ungeachtet wurde das Patent nach seiner
Erteilung als Objekt des nationalen Rechts angesehen
und unterlag nationalen Vorschriften. Nachdem in
Luxemburg die Bemühungen um eine Übereinkunft
gescheitert sind, wird nun versucht, das europäische
Patent zu vergemeinschaften.
Ich möchte auf drei Punkte eingehen. Der erste betrifft
das Sprachenproblem. Hierzu ist alles gesagt worden,
und meiner Meinung nach ist es gelungen, einen
Kompromissvorschlag zu finden. Dennoch wäre es
sinnvoll, sich dafür einzusetzen, dass zumindest alle
Ansprüche eines Gemeinschaftspatents in sämtliche
Amtssprachen der Europäischen Union übersetzt
werden. Diese Lösung trägt angesichts der immensen
Kosten, die bei der Erteilung eines in 15 Ländern
geltenden europäischen Patents entstehen, beträchtlich
zu deren Senkung bei. Was die Aufgabenverteilung der
Behörden betrifft, so ist die Lösung zu begrüßen, nach
der dem Europäischen Patentamt eine zentrale Rolle
zukommt und die nationalen Patentämter einen Teil der
Sachbearbeitertätigkeit übernehmen. Somit werden die
Vorteile einer starken Europäischen Patentorganisation
mit den Stärken der entsprechenden nationalen
Behörden, die ipso facto in der geografischen Nähe, der
Ortskenntnis,
der
Kenntnis
der
örtlichen
Ausdrucksweise, der Vermittlung einer Zusammenarbeit
zwischen privatem und öffentlichem Sektor bestehen,
vereint.
Der enge Kontakt zu den entsprechenden einschlägigen
nationalen Behörden trägt ganz entscheidend dazu bei,
den Informationsfluss sicherzustellen, im Sinne der
Gemeinschaft zu wirken und das in dem jeweiligen
Patent enthaltene technologische Wissen zu verbreiten.
Darüber hinaus wird kleinen und mittleren Unternehmen
der Zugang zu Patentinformationen erleichtert. Wenn
wir in diesem wesentlichen Punkt übereinstimmen,
werden wir uns, davon bin ich überzeugt, auch über die
Art der Sachbearbeitertätigkeiten, die die nationalen
Patentämter übernehmen können, einigen.
Abschließend noch ein Wort zur Rechtsprechung. Die
angestrebte Lösung, nach der für sämtliche Klagen in
erster Instanz die Patentgerichte der Mitgliedstaaten und
97
in zweiter Instanz das Gemeinschaftsgericht für geistiges
Eigentum zuständig sind, stellt einen glücklichen
Kompromiss zwischen zentripetalen und zentrifugalen
Tendenzen dar. Auf diese Art und Weise werden ein
müheloser Zugang zu den Gerichten, eine rasche
Rechtsprechung sowie für die Kläger erschwingliche
Kosten gewährleistet. Zudem wird die Beteiligung von
Klein- und Mittelunternehmen an Innovationen
gefördert. Und das entspricht generell den Zielen der
europäischen Beschäftigungspolitik.
2-242
Thyssen (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Das Recht
an gewerblichem und geistigem Eigentum gilt als
sinnvolles Instrument für die Wirtschaft und die
Gesellschaft im Allgemeinen, und dass wir es in einem
Binnenmarkt über einen gemeinsamen Leisten schlagen
wollen, halte ich für eine Selbstverständlichkeit. Deshalb
begrüße ich den Vorschlag der Kommission, ein
Gemeinschaftspatent ins Leben zu rufen. Ich möchte
auch der Berichterstatterin meine Anerkennung für die
von ihr insgesamt geleistete Arbeit zollen, gehe
allerdings
in
einem
Punkt,
nämlich
der
Sprachenregelung, nicht mit ihr konform.
Ein gemeinsamer Leisten setzt meiner Meinung nach
auch die Achtung der Prinzipien der Gemeinschaft
voraus, auch und gerade auf der Ebene des
Sprachgebrauchs. Und die Tatsache, dass es in den
Aussprachen nie an Diskussionen über die
Sprachenregelung gemangelt hat, halte ich für
aufschlussreich. Ich habe auch meinen französischen,
meinen italienischen, meinen deutschen und meinen
spanischen Kollegen ganz genau zugehört und dann
festgestellt, dass jeder für eine Regelung plädiert, bei der
man sich gerade noch seiner eigenen Sprache vollwertig
bedient.
Schon seit 1958 haben die Bürgerinnen und Bürger der
Mitgliedstaaten das Recht, in ihrer Korrespondenz mit
den EU-Institutionen sowie vor Gerichten der
Gemeinschaft ihre eigene Amtssprache zu verwenden. In
Amsterdam haben wir dies sogar vertraglich
festgeschrieben. Aber während man dem Bürger auf der
einen Seite den Eindruck vermittelt, dass sich seine
Sprachenrechte in dieser Hinsicht verbessern, werden sie
auf der anderen Seite immer weiter ausgehöhlt, was ganz
sicher auf den Bereich geistige Eigentumsrechte zutrifft.
Zunächst war es das Markenamt, dann hatten wir die
Muster und Modelle, und jetzt haben wir auch die
Patentverordnung. Inzwischen wurde auch noch der
Versuch unternommen, sogar allgemein verbindliche
Normen, die unser Buchführungsrecht bereichern,
ebenfalls nicht mehr in alle Amtssprachen zu übersetzen.
Dieses Bemühen ist zum Glück fehlgeschlagen
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich rufe Sie deshalb
auf, morgen bewusst abzustimmen, um dem Rat und der
Kommission ein Zeichen zu geben, die Artikel zur
Sprachenregelung noch einmal gründlich zu überdenken.
Wir müssen wirklich verhindern, dass zu den nicht
vertretbaren Diskriminierungen auf Grund der Sprache
ein weiteres Kapitel hinzukommt, wenn die Verordnung
98
über das Gemeinschaftspatent in Kraft tritt. Ich
appelliere deshalb an Sie, die Änderungsanträge zur
Sprachenregelung ganz genau zu prüfen und zu
unterstützen.
2-243
Bartolozzi (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, verehrte
Kolleginnen und Kollegen! Nachdem jahrelang auf die
Einführung eines wirksamen Gemeinschaftspatents
hingearbeitet wurde, müssen wir hervorheben, dass
einige Probleme immer noch nicht geklärt sind: die
Sprachenregelung, die Rolle der nationalen Patentämter
im Vergleich zum Europäischen Patentamt und das
Gerichtssystem. Trotz wiederholter Appelle der Staatsund Regierungschefs und der verschiedenen Tagungen
des Europäischen Rates, zuletzt in Barcelona, kommt
man hier nicht weiter.
Im Ausschuss für Recht und Binnenmarkt sind wir in
Bezug auf die Sprachenregelung auf dieselben Probleme
gestoßen. Nach langen Diskussionen hat der Ausschuss
für eine Sprachenregelung optiert, die bereits bei der
Gemeinschaftsmarke erprobt wurde und wonach die
Anmeldung in jeder Amtssprache der Gemeinschaft
erfolgen kann. Trotzdem soll der Anmelder auch eine
zweite, so genannte Verfahrenssprache angeben, die er
aus einer Palette von fünf Sprachen – Englisch,
Französisch, Deutsch, Italienisch und Spanisch auszuwählen hätte und deren Gebrauch er bei Verfahren,
insbesondere bei Einspruchs- und Widerrufsverfahren
sowie Verfahren zur Nichtigerklärung, akzeptieren
würde. Wird die Anmeldung in einer anderen als den
fünf genannten Sprachen eingereicht, so würde das Amt
deren Übersetzung in die vom Anmelder angegebene
Verfahrenssprache veranlassen.
Das ist meiner Ansicht nach keine ideale Lösung. Aus
Wirtschaftlichkeitsgründen wäre es besser gewesen, nur
eine Sprache, nämlich Englisch, zuzulassen. Dies wird
auch von der europäischen Industrie gefordert. Dazu
kam es jedoch nicht, weshalb wir das Modell von
Alicante als einzig mögliche, wenn auch nicht optimale
Lösung begrüßen.
In Bezug auf das Gerichtssystem empfiehlt der
Rechtsausschuss eine Gerichtsbarkeit erster Instanz auf
nationaler Ebene, um auf nationale Gerichte mit
Erfahrung in Fragen des Patentsrechts als Gerichte für
Gemeinschaftspatentenverfahren
zurückgreifen
zu
können, während Entscheidungen zweiter Instanz dem
Gemeinschaftsgericht für geistiges Eigentum obliegen
sollen.
Dabei
handelt
es
sich
um
eine
Kompromisslösung. Wir hätten einer einzigen, d. h.
zentralen erst- und zweitinstanzlichen Rechtsprechung
den Vorzug gegeben, da dies mehr Einheitlichkeit bei
der Auslegung gewährleistet hätte. Aber auch hier sind
wir auf starke Widerstände gestoßen.
Schließlich wird den nationalen Patentämtern
zugesichert, dass sie weiterhin eine wichtige Rolle in
den Verfahren zur Erteilung des Europäischen Patents
übernehmen können.
09/04/2002
Kurz und gut, die gefundene Lösung ist unseres
Erachtens nicht voll zufriedenstellend, doch wurde diese
komplexe Frage endlich unter Dach und Fach gebracht.
Ich glaube, auch die Berichterstatterin, Frau Palacio –
die ich selbstverständlich zu der geleisteten Arbeit
beglückwünsche – teilt im Grunde ihres Herzens diese
Bedenken. Allerdings wird das Europäische Parlament
in diesem Verfahren nur konsultiert und ist kein
Mitgesetzgeber. Wir geben also grünes Licht und hoffen,
dass der Ministerrat schnellstens zu einer Einigung
gelangt, ohne sich hinter irgendwelchen Ausreden zu
verstecken.
2-244
Bolkestein, Kommission. – (EN) Die Kommission
begrüßt den Bericht von Frau Palacio Vallelersundi. Zu
einem Zeitpunkt, da der Rat noch angestrengt nach einer
Lösung für das Gemeinschaftspatent sucht, kommt die
Stellungnahme des Parlaments in dieser schwierigen und
komplizierten Angelegenheit sehr gelegen. Der Bericht
von Frau Palacio Vallelersundi beschäftigt sich mit allen
Schlüsselproblemen, die beim Gemeinschaftspatent eine
Rolle spielen.
Einige
der
vorgeschlagenen
Änderungsanträge
beinhalten Grundsätze, die die Kommission bereit ist,
wohlwollend zu prüfen. Das betrifft erstens den in
Änderungsantrag 8 verankerten Grundsatz, Tests
zuzulassen, deren Zweck einzig und allein in der
Erreichung der Marktzulassung nach Ablauf der
Patentschutzzeit besteht, also die so genannte BowlerAusnahme. Die Kommission hat in ihrer Überarbeitung
bereits eine ähnliche Möglichkeit vorgeschlagen. Ohne
mich auf eine exakte Wortwahl festlegen zu wollen,
kann ich dem Parlament mitteilen, dass die Kommission
dieses Problem unter Berücksichtigung der Tatsache,
dass für Gemeinschaftspatente und die nationalen
Patente der Mitgliedstaaten identische Rechte gelten
sollten,
sorgfältig
prüfen
wird.
Doch
Änderungsantrag 18 zum gleichen Thema geht zu weit
und kann daher nicht akzeptiert werden.
Zweitens betrifft das die Änderungsanträge 1, 6, 7, 21,
27 und 39, in denen es um die nationalen Patentämter
geht. Die Kommission erkennt die wichtige Rolle der
nationalen Patentämter an. Zudem ist die Kommission
prinzipiell ebenfalls der Ansicht, dass sie in die
Bearbeitung
von
Anmeldungen
des
Gemeinschaftspatents einbezogen werden sollten, wobei
die folgenden vier Bedingungen zu erfüllen sind. Erstens
müssen für die nationalen Patentämter und deren
Mitarbeit genau definierte Rahmenbedingungen
festgelegt werden, damit die Qualität und Einheitlichkeit
von Gemeinschaftspatenten gewährleistet werden
können. Derartige Rahmenbedingungen könnten aus
Partnerschaftsverträgen
mit
dem
Europäischen
Patentamt resultieren, die bestimmte Qualitätskriterien
und Mechanismen für die Qualitätskontrolle vorsehen.
Zweitens könnte sich die Mitarbeit der nationalen
Patentämter sogar auf die Recherche nach dem Stand der
Technik erstrecken, wie Frau Palacio Vallelersundi
vorhin vorgeschlagen hat. Drittens sollte es einem
09/04/2002
Anmelder stets freistehen, um die Bearbeitung seiner
Anmeldung ausschließlich durch das Europäische
Patentamt zu bitten.
Schließlich sollten für nationale Patentämter und deren
Einbeziehung eindeutige quantitative Grenzen gelten.
Ich muss selbst nach dieser Klarstellung dennoch
betonen, dass Entscheidungen zur Mitarbeit der
nationalen Patentämter nicht allein Sache der
Gemeinschaft sind. Sie lässt sich also nicht einfach
durch Vorschriften regeln, sondern sollte im Rahmen der
Europäischen Patentorganisation verhandelt werden.
Ein drittes Beispiel ist Änderungsantrag 9 zur Verteilung
der Einnahmen aus den Verlängerungsgebühren. Zwar
kann die Kommission dem Grundsatz zustimmen, dass
ein Teil der Gebühreneinnahmen an die Mitgliedstaaten
bzw. deren Patentämter zur Förderung von
Innovationsmaßnahmen abgeführt werden könnte,
dennoch vertritt sie den Standpunkt, dass diese
Angelegenheit im Rahmen der Europäischen
Patentorganisation geklärt werden sollte, wobei noch zu
entscheiden wäre, ob sich die Höhe der Zuwendung
tatsächlich nach der Bedeutung des Patentamtes richten
sollte.
Einige der Änderungsanträge befinden sich nicht im
Einklang mit den Zielen des Gemeinschaftspatents und
können daher nicht akzeptiert werden. Die
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft auf
globaler Ebene ist heute die Triebkraft für ein
Gemeinschaftspatent. Es hat wenig Sinn, ein Instrument
zu schaffen, das für unsere Erfinder und unsere Industrie
nicht erschwinglich genug ist und das kein
ausreichendes Niveau an Rechtssicherheit bietet. Die
Kommission ist nach wie vor von der Erschwinglichkeit
der Sprachen- und Übersetzungsregelungen überzeugt.
Davon sind zwei verschiedene Probleme betroffen.
Zum einen geht es um die Sprache für die Bearbeitung
von Patentanmeldungen und die Erteilung von Patenten
einschließlich der Übersetzung der Anmeldungen. Das
Europäische Patentamt ist mit der Dreisprachigkeit
bisher gut gefahren, und es besteht kein Anlass, diese
Regelung durch eine Verringerung der Anzahl der
Sprachen oder, wie von einigen vorgeschlagen, durch
Erhöhung ihrer Anzahl zu ändern. Hinzu kommt, dass
bereits zwei weitere Arbeitssprachen die Arbeit des
Europäischen Patentamtes beträchtlich erschweren
würden und der Kosteneffizienz keinesfalls zuträglich
wären. Das Europäische Patentübereinkommen gestattet
EU-Bürgern im Prinzip, die ursprüngliche Anmeldung in
ihrer Muttersprache vorzulegen. Für Anmelder, die ihre
Anmeldung in eine der Arbeitssprachen des
Europäischen Patentamtes übersetzen müssen, ist ein
finanzieller Ausgleich vorgesehen. Hinzufügen sollte ich
noch, dass Entscheidungen zur Sprachenregelung des
Europäischen Patentamtes nicht allein von der
Gemeinschaft getroffen werden können. Das war das
erste Problem.
Das zweite Problem betrifft die Übersetzung von
Patenten, nachdem diese erteilt wurden. Wenn mit den
99
Änderungsanträgen beabsichtigt wird, dass ein Patent
vollständig in sämtliche Amtssprachen der Gemeinschaft
zu übersetzen ist, deren Zahl bald auf 19 oder 20 - je
nachdem, ob Maltesisch Amtssprache wird - ansteigen
wird, so würde dies die Kosten für ein Patent derart in
die
Höhe
treiben,
dass
keiner
das
Gemeinschaftspatentsystem mehr nutzen würde. Ich
möchte das Parlament daran erinnern, dass wir schon
einmal an diesem Punkt waren. Es gibt ein
Übereinkommen von Luxemburg, das die Übersetzung
des vollständigen Patentes in sämtliche Amtssprachen
der Gemeinschaft vorschrieb. Dieses Übereinkommen ist
nie zur Anwendung gekommen. Ich bin sicher, dass wir
denselben Fehler nicht noch einmal machen wollen.
Ich möchte Ihnen einige Beispiele bezüglich der Kosten
geben. In einer Gemeinschaft von 15 Mitgliedstaaten
würden sich die Übersetzungskosten auf 17 000 Euro
belaufen. Bei der Evaluierung der Kosten muss nicht
zuletzt auch die Erweiterung berücksichtigt werden. Die
Übersetzung in 19 Gemeinschaftssprachen (ohne
Maltesisch) würde sich auf ca. 31 500 Euro je Patent
belaufen.
Aus all diesen Gründen kann die Kommission die
Änderungsanträge 2, 22, 31, 32 Absatz 2, Artikel 32
Absatz 3 und 36 nicht akzeptieren. Die Kommission
würde gern Änderungsantrag 34 befürworten.
Das bedeutet nicht, dass die Kommission grundsätzlich
die Forderung nach Übersetzung eines Teils eines
Patents oder der Patentanmeldung oder anderer
Informationen ablehnt. Schließlich gibt es neben dem
vollständigen Patent noch die Zusammenfassung und die
Ansprüche. Es geht hier also gegebenenfalls um
unterschiedliche
Übersetzungsbedürfnisse.
Die
Kommission könnte die Übersetzung von Teilen eines
Patents akzeptieren, vorausgesetzt, es besteht ein
entsprechender Bedarf, die Rechtssicherheit bleibt
unangetastet und das Gemeinschaftspatentsystem bleibt
erschwinglich, einfach und kostengünstig.
Ausgehend davon sind Änderungsantrag 25 sowie Teile
der Änderungsanträge 19 (Absatz 1), 30, 32 (Absatz 1)
sowie 32 (Absatz 4) eingehender zu prüfen. Dagegen
können Teile der Änderungsanträge 19 (Absatz 1), 19
(Absatz 2), 19 (Absatz 3) sowie 19 (Absatz 4) und Teile
der Änderungsanträge 20, 28 sowie 31 (Absatz 4) nicht
akzeptiert werden.
Erstens gibt es keinen Grund, weshalb ein Patent in die
Sprache übersetzt werden sollte, in der es ursprünglich
angemeldet worden war. Es liegt bereits in dieser
Sprache vor.
Zweitens sollte weder der Gemeinschaftshaushalt zur
Finanzierung von Übersetzungen benutzt werden, noch
sollten
Anmelder
verpflichtet
sein,
die
Übersetzungsdienste der europäischen Institutionen in
Anspruch zu nehmen.
Drittens sollte das Patent vom Europäischen Patentamt
im Blatt für Gemeinschaftspatente und nicht im
100
Amtsblatt
der
Europäischen
veröffentlicht werden.
09/04/2002
Gemeinschaften
Viertens bietet Artikel 44 (Absatz 3) in der von der
Kommission vorgeschlagenen Form ausreichende
Garantien für den Schutz gutgläubiger Dritter. Es gibt
keinen Grund, einem Patentinhaber, der seine Patente
schützen will, weitere Formalitäten aufzuerlegen.
Andererseits kann Artikel 11 (Absatz 3) nicht gestrichen
werden, weil er im Einklang mit Artikel 44 (Absatz 3)
steht; er findet lediglich auf den Zeitraum vor der
Erteilung eines Gemeinschaftspatents Anwendung.
Die Sprachenregelung für die Gerichte ist an anderer
Stelle festzulegen und nicht in diesem Zusammenhang.
Die Kommission hat auch Probleme mit den
Änderungsanträgen 23, 24 und 38, die die Beziehungen
zum Europäischen Patentamt betreffen. Die Kommission
hält an einem nutzerfreundlichen System fest, das es
Anmeldern ermöglicht, vom Europäischen Patentamt in
einem einzigen Verfahren ein europäisches Patent und
ein Gemeinschaftspatent zu erhalten. Dies wird durch
den Beitritt zum Europäischen Patentübereinkommen
ermöglicht. Damit würde die EU auch eine ausreichende
juristische und politische Kontrolle über das Europäische
Patentamt erlangen, das schließlich keine Einrichtung
der Gemeinschaft ist.
Was das von einigen Abgeordneten angesprochene
gerichtliche System angeht, so ist die Kommission
bereit, die Änderungsanträge 26 und 29 dem Grundsatz
nach zu prüfen, allerdings vor dem Hintergrund der in
Nizza beschlossenen Bestimmungen des neuen EGVertrags, und zwar konkret der Artikel 225a und 229a.
Der Vertrag sieht die Möglichkeit der Bildung von
gerichtlichen Kammern zur Verhandlung von Fällen im
ersten Rechtszug vor, gegen deren Entscheidungen vor
dem Gericht erster Instanz Berufung eingelegt werden
kann. Die Einrichtung eines solchen Systems ist
natürlich erst nach In-Kraft-Treten des Vertrags von
Nizza möglich. Sie bedarf eines gesonderten Vorschlags
der Kommission.
Große Schwierigkeiten bereiten der Kommission jedoch
die Änderungsanträge 3, 4, 5 und 10 bis 17. Von Anfang
an müssen ein hohes Maß an Sachkenntnis und eine
einheitliche Rechtsprechung gewährleistet sein. Das
spricht
für
eine
zentralisierte
Gemeinschaftsrechtsprechung. Jedoch kann das von dem
in diesen Änderungsanträgen vorgeschlagenen System
nicht geleistet werden, da einige nationale Gerichte zu
wenig Fälle zu verhandeln hätten, als dass es ihnen
möglich wäre, die erforderliche Sachkenntnis zu
erwerben und aufrechtzuerhalten. Dies könnte zu einer
abweichenden Rechtsprechung und damit zu einer quasi
systematischen Berufung bei einem übergeordneten
Gericht führen. Das wiederum würde die Prozesskosten
in die Höhe treiben, und die Prozessparteien müssten
länger auf eine endgültige Entscheidung warten.
Ich halte es zudem für höchst zweifelhaft, dass die
Artikel des EG-Vertrags, auf die sich diese
Änderungsanträge
zulassen.
beziehen,
ein
solches
System
Was die Berichterstattung zur Anwendung der
Verordnung betrifft, so ist die Kommission bereit,
spätestens fünf Jahre nach In-Kraft-Treten der
Verordnung ihren ersten Bericht zu erarbeiten. Sollte es
nach Ansicht der Kommission notwendig sein, zu einem
früheren Zeitpunkt einen Bericht vorzulegen, so wird sie
dies veranlassen. Zudem dürfte mit den in den
Vorschlägen
der
Kommission
enthaltenen
Formulierungen in Bezug auf die mit dem Erwerb und
der Verlängerung von Patenten verbundenen Kosten die
Kostenfrage umfassend geklärt sein. Es versteht sich von
selbst, dass die Kommission selbst Änderungen
vorschlagen wird, wann immer sie dies für notwendig
hält. Deshalb kann die Kommission Änderungsantrag 33
leider nicht akzeptieren.
Schließlich müssen auch die Änderungsanträge 35 und
37 nach Ansicht der Kommission abgelehnt werden. Die
Kommission hat einen Vorschlag über die
Patentierbarkeit von Software bezogenen Erfindungen
erarbeitet, der dem Parlament und dem Rat derzeit
vorliegt. Deshalb sollte diese Frage in Verbindung damit
und nicht in Verbindung mit dem vorliegenden
Vorschlag diskutiert werden.
Ich möchte den Abgeordneten für ihre Unterstützung
und Zusammenarbeit im Hinblick auf diese wichtige
Verordnung danken. Ich hoffe, dass Europa bald in der
Lage sein wird, der Industrie ein wettbewerbsfähiges,
einheitliches, erschwingliches und von Rechtssicherheit
geprägtes Gemeinschaftspatent anzubieten und damit
auch international besser abzuschneiden.
2-245
Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kommissar!
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.
2-246
Elektrische und elektronische Geräte
2-247
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die
gemeinsame Aussprache über zwei Empfehlungen für
die zweite Lesung:
- A5-0100/2000 von Herrn Florenz (11304/2/2001 - C50636/2001 - 2000/0158(COD)) im Hinblick auf den
Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und
des Rates über Elektro- und Elektronik-Altgeräte;
- A5-0097/2002 von Herrn Florenz im Namen des
Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und
Verbraucherpolitik betreffend den Gemeinsamen
Standpunkt des Rates (11356/1/2001 - C5-0637/2001 2000/0159(COD)) zur Beschränkung der Verwendung
bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und
Elektronikgeräten
09/04/2002
2-248
Florenz (PPE-DE), Berichterstatter. – Herr Präsident,
Frau Kommissarin! Als Berichterstatter bedaure ich es
eigentlich, dass ein doch relativ interessanter Bericht
über die Frage, wie wir in Zukunft Elektronikschrott in
Europa recyceln werden, mitten in der Nacht
debattieren.
Wenn ich zu Hause in meinem Wahlkreis erzähle, dass
wir bis 24.00 Uhr über solche Themen reden, glaubt mir
das kein Mensch. Aber die Verwaltung scheint ja wohl
keine anderen Wege zu finden. Oft werde ich gefragt,
warum wir eigentlich eine solche Richtlinie brauchen.
Müssen wir wieder einmal ein europäisches Werk haben,
um die Frage von Elektronikschrott zu beantworten? Die
Antwort ist relativ einfach. Sieben bis acht Millionen
Tonnen an Schrott haben wir jedes Jahr in der
Europäischen Gemeinschaft zu verzeichnen, und jedes
Jahr kommt eine Million Tonnen dazu. Das alleine ist
Argument genug zu erkennen, dass es sich hier wirklich
nicht nur um Schrott handelt, sondern um Wertstoffe, die
wir zukünftigen Generationen nicht vorenthalten dürfen,
und die schon gar nicht auf die Mülldeponie gekippt
werden dürfen.
Damit komme ich gleich zur ersten Forderung des
Europäischen Parlaments. Wir haben in den diversen
Beratungen
und
Ausschussentscheidungen
ein
Wegwerfverbot in die Richtlinie hineingeschrieben, das
den Bürgern in Europa sagt, dass der Rasierapparat nicht
mehr in die Mülltonne geworfen werden darf, sondern in
Zukunft separat gesammelt werden muss, weil es eben
ein Wertstoff ist. Die Mitgliedstaaten, vorneweg mein
eigenes Land, sind da wenig ambitioniert und glauben,
dass eine solche Aufforderung an die Mitglieder und an
die Bürger Europas nicht notwendig ist. Ebenso wenig
engagiert sind die Mitgliedstaaten in der Frage, welche
Sammelziele wir in Zukunft anstreben wollen. Die
Mitgliedstaaten sind der Auffassung, dass eine
unverbindliche Quote, in diesem Fall 4 Kilo, der richtige
Weg sei. Ich kann dazu nur sagen: Warum sollte sich ein
Parlament wie dieses mit einem Bericht beschäftigen,
wenn das Ergebnis danach unverbindlich ist und unter
den jetzt schon erreichten Zielen liegt? Denn das
Vereinigte Königreich - man höre und staune - hat heute
schon weit mehr als das, was wir fordern, nämlich
verbindliche 6 Kilo.
Ein wichtiger Punkt ist natürlich die Frage: Wer zahlt
die Kosten? Da gehen auch in diesem Hause die
Auffassungen auseinander. Ich glaube, dass die
Kommission ursprünglich einen sehr guten Vorschlag
gemacht hat, von dem sie leider abgegangen ist.
Bezüglich der Kosten gibt es zwei Modelle, eines für
den historischen Abfall und ein anderes für neue Geräte.
Was den historischen Abfall angeht, sollten die Kosten
kollektiv übernommen werden, weil man das individuell
nicht mehr machen kann. Sie wissen, dass es eine Menge
an Waisenprodukten gibt; es gibt no name-Produkte, und
genau die kann man nicht mehr individuell zuordnen.
Deswegen muss hier eine kollektive Finanzierung
erfolgen.
101
Aber die Kosten sollen eben bis zur Sammelstelle,
beispielsweise in der Stadtmitte, von den Unternehmen
getragen werden. In diesem Haus gibt es vereinzelte
Abgeordnete, die glauben, dass in Zukunft auch die
Zahnbürste in der Nähe des Badezimmers von den
Unternehmen, den Produzenten abgeholt werden muss.
Natürlich ist das ein bisschen übertrieben, aber ich will
darauf hinweisen, dass das ein enormer Kostenaufwand
ist: von der Sammelstelle bis zur Haustür fallen nämlich
genau 50 % der Kosten an. Ich bin davon überzeugt,
dass dies in vielen Fällen dazu führen wird, dass mittlere
Unternehmen in ganz Europa sehr stark darunter leiden.
Deswegen meine ich, dass in Zukunft die Kosten für die
Unternehmen ab Sammelstelle und nicht an der Haustür
entstehen sollten.
Bei den kollektiven historischen Abfällen haben wir mit
der freiwilligen Visible Fee für die Unternehmen eine
Alternative der Kostenteilung vorgeschlagen. Das hilft
auch gerade bei der Beantwortung der Frage, ob es in
diesem Bereich eine Rückwirkung gibt. Gerade dann,
wenn die Kosten kollektiv getragen werden, aber auch
ausgewiesen werden, dürfte diese Frage der
Retroactivity, die wir anlässlich der Altauto-Richtlinie in
diesem Hause leidenschaftlich debattiert haben, wohl
beantwortet sein.
Bei der Finanzierung der Neuprodukte geht es nach
meiner Vorstellung und auch nach der Vorstellung
dieses Hauses um eine individuelle Kostenverteilung.
Das hat viele gute Gründe, und darin steckt eigentlich
auch das Innovations- und Motivationspotential, denn
die Unternehmen müssen in Zukunft wissen, dass sie
ihren
Kühlschrank
wieder
auf
ihren
Hof
zurückbekommen. Sie müssen endlich einen Weg
finden, ihn leichter und kostengünstiger zu demontieren.
Genau deswegen schlagen wir hier eine individuelle
Verantwortung
vor.
Wir
würden
hier
den
Mitgliedstaaten
keine
individuelle
Entscheidungsmöglichkeit zugestehen, sondern das
sollen die Unternehmen individuell für sich machen. Für
mich ist ganz wichtig, dass auch hier die Kosten bis zur
Sammelstelle gehen.
Wir erleben gerade bei der Umsetzung der AltautoVerordnung, wo dieses Parlament auch beschlossen hat,
dass die Unternehmen alles zahlen müssen, dass die
Unternehmen heute sagen - da gibt es ganz klanghafte
Namen in meinem Land: Wer alles zahlt, bestimmt auch
den Preis! Genau das ist verbraucherunfreundlich.
Deswegen möchte ich Sie wirklich davor warnen, zu
glauben, die Abholung bis vor der Haustür sei ein
verbraucherfreundlicher Akt, Frau Kollegin van Brempt,
es ist es nicht, denn die Unternehmen haben dann die
ganz alleinige Möglichkeit, zu entscheiden, was die
Sammelkosten und die Recyclingkosten tatsächlich
ausmachen. Ein Dritter ist dann kein Kontrolleur mehr.
Ich bin Unternehmer genug, um zu wissen, dass das
durchaus auch für Unternehmen eine Chance bietet,
wenn man dann sagt, wie der Rat und leider jetzt auch
Frau Wallström, dass die Kosten mindestens ab
Sammelstelle übernommen werden sollen. Dann wird es
102
eben wieder zu diesem Flickenteppich kommen, den wir
eigentlich mit dieser Richtlinie abschaffen wollten.
Wir haben gesagt, wir wollen die unterschiedlichen
Regeln in Europa auf Dauer zusammenführen mit dem
Ziel, vergleichbare Regeln zu bekommen. Das war eines
meiner großen Ideale, warum ich nach Europa gegangen
bin, weil ich gesagt habe, dieser riesengroße
Binnenmarkt muss seine Synergiekräfte sammeln und
wir gehen hin und machen, weil wir so gute Menschen
sind, hier wieder individuelle, gar 15 verschiedene
Möglichkeiten in diesem Binnenmarkt. Das kann nicht
richtig sein.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass diese
Richtlinie den Mitgliedsländern dient, die heute schon
fleißig Ziele erreichen und Systeme aufgebaut haben,
und dass wir alles daransetzen, dass diese
Mitgliedsländer, ich denke beispielsweise an die
Niederlande, aber auch an Belgien, diese Systeme, die
sie heute haben, behalten können. Ich wäre ja mit dem
Klammerbeutel gepudert, wenn ich diese Länder dann
bestrafen und sagen würde, ihr müsst jetzt das System
Europa übernehmen. Natürlich nicht, sie sollen die Ziele
erreichen, und wenn sie die Ziele und Quoten und
Vorgaben erreichen, dann sollen sie über eine Distanz
von etwa 10 Jahren ihre Finanzierungssysteme
beibehalten können.
Die Industrie hat in den letzten Tagen böse Briefe
geschrieben, weil im Ausschuss für Umweltfragen,
Volksgesundheit
und
Verbraucherschutz
eine
Entscheidung daneben gegangen ist, nämlich die Frage:
Wie kann man sich vor freeridern in Zukunft bei
Neuprodukten schützen? Sie kennen alle die
Superangebote kurz vor Weihnachten: Große
Unternehmen kaufen 10 000 Kühlschränke im
Pazifischen Raum, und das wird über einen verträumten
Agenten in wo auch immer vertrieben, und dann auf
einmal, wenn die Kühlschränke verkauft sind, ist dieser
Agent, dieser Importeur weg und die kleinen und
mittleren Unternehmen, die nachher dann die Zeche
zahlen, müssen darunter leiden. Die Industrie muss
selbst Garantien dafür entwickeln, wie sie sich vor
freeridern schützen kann in Form von Garantien. Da ist
die Industrie intelligent genug, um sich selbst vor
solchen freeridern oder - Verzeihung - auch Pleitegeiern
zu schützen. Das ist für mich im übrigen auch ganz
aktueller Schutz für mittelständische Unternehmen.
Hier gibt es eine euphorische Leidenschaft, Frau
Kollegin, das Wort „Wiederverwendung“ in diesem
Bereich sehr zu strapazieren. Wiederverwendung hört
sich im ersten Moment immer sehr gut an, aber ist
Wiederverwendung wirklich so gut, wie wir glauben?
Ein 10 Jahre alter Kühlschrank ist ein Stromräuber
ersten Grades. Eine 20 Jahre alte Waschmaschine
braucht Wasser, wie Sie sich kaum etwas vorstellen
können. Das ist nicht so automatisch die beste Lösung,
sondern das gehört kritisch auf den Prüfstand. Ich hoffe,
dass Sie mit mir einverstanden sind.
09/04/2002
Ich habe die Verwertungsquoten ganz bescheiden um
10 % angehoben, weil wir in absehbarerer Zeit ein
Deponieverbot bekommen. Ich habe die Recycling- und
die Wiederverwendungsquoten belassen, weil sie
Einstiegsquoten sind und weil die Industrie, auch die
kleineren
Industriebereiche,
sich
an
diesen
Einstiegsquoten orientieren müssen. Die Quoten um
20 % zu erhöhen - z. B. bei einem Handy wie diesem ist kein Kunststück und keine politische Meisterleistung,
sondern die Frage, was machen sie mit Recycelmaterial,
ist für mich die entscheidende und wichtigste Frage. Wir
streben ein Materialverbot in allerkürzester Zeit bei den
sechs gefährlichen Stoffen an. Wir haben das von 2008
auf 2006 vorgezogen. Frau Kommissarin, ich würde
mich freuen, wenn Sie diesen Initiativen folgen könnten,
und motivieren Sie Ihre Kollegen in den
Mitgliedsländern!
Sie
waren
bei
der
Elektronikschrottverordnung nicht besonders ambitiös.
2-249
Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kollege Florenz!
Ich habe großes Verständnis für Ihre Beschwerde, was
den Zeitpunkt dieser Aussprache betrifft. Ich erlaube mir
aber in aller Bescheidenheit den Hinweis, dass es nicht
die Verwaltung ist, auch nicht das Präsidium des
Parlaments, sondern dass es die Fraktionsvorsitzenden
sind, die in ihrer Weisheit die Tagesordnung festlegen.
Wenn die Großen des Reiches glauben, dass wir unter
Tag über NATO und Verteidigung reden sollen, wo wir
keine Zuständigkeiten haben, dann ist das eben so. Viele
von denen handeln nach dem Prinzip, Kenntnisse im
Detail trüben nur die Urteilskraft, und dann kommen
solche Tagesordnungen raus. Ich kann auch nichts dafür!
(Beifall)
2-250
Jackson (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, das
Anliegen dieser Richtlinie hat meine uneingeschränkte
Unterstützung, doch wir sollten den Vorschlag und
unsere
Änderungsanträge
unter
bestimmten
Gesichtspunkten prüfen.
Dürfen erstens bereits existierende erfolgreiche Systeme
zur Entsorgung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten
weiterbetrieben werden? Ich befürchte, dass dies
möglicherweise nicht der Fall ist. In den
Änderungsanträgen des Parlaments wird mit Nachdruck
auf die Verantwortung der einzelnen Hersteller
verwiesen. Damit soll gesichert werden, dass sich
niemand dieser Richtlinie entziehen kann. Doch das
bedeutet, dass existierende kollektive Systeme verändert
werden müssen. Als Lösung hat der Berichterstatter die
Möglichkeit der Beibehaltung derartiger kollektiver
Finanzierungsvereinbarungen für die Dauer von zehn
Jahren nach In-Kraft-Treten der Richtlinie eingeräumt.
Dadurch entstehen zwei Systeme innerhalb einer EU und
Wettbewerbsverzerrungen sind vorprogrammiert. Mir
graut schon jetzt vor den Problemen, die uns diese Frage
im Vermittlungsverfahren bereiten wird.
Sind wir uns zweitens wirklich der Kosten bewusst, die
diese Vorschläge mit sich bringen werden? Wohl kaum.
Die
im
ursprünglichen
Vorschlag
enthaltene
09/04/2002
Abschätzung der finanziellen Auswirkungen ist
zwangsläufig unangemessen. Die britische Regierung
hat aus dem Kühlschrank-Debakel gelernt und eine
Abschätzung
der
finanziellen
Auswirkungen
vorgenommen, derzufolge sich die Kosten für die
Umsetzung
dieser
Richtlinie
auf
jährlich
schätzungsweise 500 Mio. EUR belaufen werden.
Diesen Kosten stehen Einsparungen bei den
Deponiekosten in Höhe von jährlich maximal
15 Mio. EUR gegenüber. Liegen uns ähnliche
Kostenvoranschläge aus anderen Ländern vor? Nein.
Werden die Gesetze verabschiedet, ohne dass sich
jemand der damit verbundenen Kosten bewusst ist? Sehr
wahrscheinlich!
Sollten wir drittens die Interessen des Mittelstandes in
Betracht ziehen? Nicht, wenn es nach dem
Berichterstatter geht, denn er hat die in
Änderungsantrag 15 vorgesehene Möglichkeit der
Freistellung von Kleinstunternehmen von den
Anforderungen dieser Richtlinie für einen Zeitraum von
fünf Jahren, die diesen die Möglichkeit geben würde,
von
technischen
Neuentwicklungen
größerer
Unternehmen zu profitieren, gestrichen. Das bedauere
ich sehr, und ich werde diesen Änderungsantrag nicht
befürworten.
Unterstützen wir viertens mit unserem Tun
verantwortungsbewusste Unternehmen? Noch nicht. In
ihrer jetzigen Form lässt die Richtlinie durchaus zu, dass
einige Unternehmen für die so genannten Trittbrettfahrer
zur Kasse gebeten werden. Wir sind gespannt darauf,
was die Kommissarin zu Änderungsantrag 92 zu sagen
hat.
Verhalten wir uns fünftens fair gegenüber den
Kommunen.
Nein,
sie
werden
von
den
Änderungsanträgen ignoriert.
Ist es sechstens klug, die Recyclingziele anzuheben?
Nein, denn es wurden weder die damit verbundenen
Kosten abgeschätzt noch die praktische Umsetzbarkeit
des Vorschlags geprüft. Das Parlament setzt Ziele
gewohnheitsmäßig herauf, ganz gleich welche Ziele. Das
ist eine sehr schlechte Angewohnheit, die wir von den
Gewerkschaften kennen und die wir uns abgewöhnen
sollten.
2-251
Van Brempt (PSE). – (NL) Vielen Dank. Herr
Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der
Berichterstatter ist bereits ausführlich auf die Bedeutung
der Richtlinie eingegangen, und wie viele in diesem
Parlament gehe ich mit ihm konform. Ebenso unterstütze
ich seine wichtigen Ergänzungen zu der Richtlinie wie
die
Verpflichtung
zur
Sammlung
sämtlicher
elektronischer Abfälle, die vorgeschriebene höhere
Sammelquote von 6 Kilogramm, die, wie der
Berichterstatter schon erwähnte, durchaus realistisch ist,
und drittens den ja wohl nicht unbedeutenden
Kompromiss, den wir hier mit den einzelnen Fraktionen
in erster Lesung gefunden haben und den wir weiterhin
unterstützen sollten: die individuelle Herstellerhaftung.
103
Ohne noch einmal im Einzelnen auf diese drei Punkte
einzugehen, können wir, so meine ich, also dafür sorgen,
dass weniger neue Abfälle anfallen, was folglich die
denkbar beste Vermeidung darstellt, dass die Abfälle
umweltfreundlicher werden und einfacher zu verwerten
sind. Diese drei Punkte sind meiner Meinung nach für
dieses Parlament von maßgeblicher Bedeutung, und ich
möchte schon ein wenig vorgreifen und dem Rat
mitteilen, dass wir hoffentlich geschlossen oder doch
alle zusammen hinter diesen drei Prinzipien stehen
können, wenn wir in das Vermittlungsverfahren gehen.
Dennoch gibt es einige Punkte, bei denen ich die
Meinung des Berichterstatters nicht teile. Er selbst hat
sich ziemlich lange damit beschäftigt, nämlich mit der
Frage, wie weit diese individuelle Verantwortung reicht
und wer nun für die Abholung von den Sammelstellen
zahlen soll. Wenn wir nichts tun, dann wird, wie Frau
Jackson ausgeführt hat, die lokale Behörde für diese
Kosten aufkommen. Nun ja, das befürworte ich nicht.
Wenn wir das Haftungs- und das Verursacherprinzip
gewissenhaft anwenden wollen, dann werden wir uns
dafür einsetzen müssen, dass auch die Hersteller diese
Kosten tragen. Also müssen wir zumindest erreichen,
dass
diesbezüglich
Änderungsantrag
67
des
Berichterstatters keine Unterstützung findet.
Vermeidung von Abfällen bedeutet auch, dass Produkte
möglichst lange wiederverwendet werden müssen. Zwar
bin ich damit einverstanden, dass bestimmte
Kühlschränke, die viel zu viel verbrauchen, nicht
wiederverwendet werden sollten, aber in Anbetracht der
aktuellen Tendenz zu einer immer kürzeren Lebenszeit
dieser Produkte können wir durchaus für eine künftige
Wiederverwendung der heute hergestellten Produkte
sorgen. Das halte ich auch für eine ganz wichtige soziale
Zielsetzung, für die ich unbedingt eintrete, und deshalb
bitte ich um Unterstützung für Änderungsantrag 73.
Was den Verbraucher betrifft, finden wir es außerdem
wichtig, dass er darüber im Bilde ist, welche
gefährlichen Stoffe wie Quecksilber, Blei und
dergleichen mehr im Moment in den Produkten
enthalten sind.
Abschließend möchte ich doch noch eine strittige Frage
aufgreifen, nämlich die Glühlampen. Darauf gehe ich
deshalb noch einmal ein, weil insbesondere bei diesem
Aspekt erhebliche Lobbyarbeit betrieben wurde, und ich
kann mich mitunter des Eindrucks nicht erwehren, je
stärker die Lobby in diesem Parlament, desto mehr lässt
sich auch herausholen. Ich halte es nachgerade für
irrational,
Glühlampen
aus
der
Richtlinie
auszuklammern, während eine Menge anderer, sogar
weniger verunreinigender Produkte durchaus darin
aufgeführt sind.
Herr Präsident, zum Schluss möchte ich Sie wie auch
den Berichterstatter doch insoweit bestärken, als diese
Aussprache viel zu spät am Abend mit wenig Publikum
stattfindet. Ein Kollege sagte mir heute, es sei doch zum
Verrücktwerden: die zweifellos wichtigste Richtlinie, die
104
09/04/2002
wir in dieser Woche im Plenum zur Abstimmung stellen,
behandeln wir zu einer unmöglichen Zeit.
Richtlinie meiner eigenen Gebietskörperschaft und
widerspenstigen Regierung Feuer unterm Hintern macht.
2-252
2-253
Davies (ELDR). – (EN) Herr Präsident, eine Reise
durch die Union gleicht bisweilen einer Reise mit der
Zeitmaschine. In Großbritannien, das sich mit dem
Recycling noch immer sehr schwer tut, klingt die
Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte wie
Zukunftsmusik. Doch wenn man nach Dänemark oder in
die Niederlande kommt, wo Elektro- und ElektronikAltgeräte routinemäßig erfasst werden, stellt man fest,
dass die Richtlinie der Union wirklich nur ein Versuch
der Harmonisierung, des Aufbaus auf bewährten
Praktiken ist. Nur diejenigen unter uns, Herr Bowe, die
noch immer in der Vergangenheit leben, halten dies für
eine schwierige und ehrgeizige Aufgabe. Diese
Richtlinie wird natürlich eine wichtige Rolle in der
Abfallpolitik spielen, und das ist gut so. Die Fraktion der
Liberalen und Demokratischen Partei Europas setzt sich
für ein verstärktes Recycling, gutes Produktdesign,
größtmögliche Ressourceneffizienz und die Senkung der
Umweltbelastung ein. Wir befürworten den Grundsatz
der Herstellerverantwortung.
de Roo (Verts/ALE). – (NL) Vielen Dank, Herr
Präsident. Auch ich möchte Karl-Heinz Florenz, den
Berichterstatter, loben. Mein Dank gilt ebenso den
anderen Schattenberichterstattern für die reibungslose
Zusammenarbeit.
Das
nenne
ich
moderne
Umweltpolitik. Die Unterstützung beispielhafter
Unternehmen und nicht unser übliches Prozedere: auf
einen europäischen Durchschnitt zusteuern und den
zurückbleibenden Ländern noch einmal drei Jahre
zusätzlich zugestehen.
Noch gibt es zahlreiche Fragen, die Parlament und Rat
im Rahmen des Vermittlungsverfahrens klären müssen.
Die Tatsache, dass uns langwierige Debatten
bevorstehen, haben wir dem Berichterstatter zu
verdanken, dem es gelungen ist, die politischen Parteien
in diesem Haus unter einen Hut zu bringen, so dass es
uns morgen mit großer Sicherheit gelingen dürfte, bei
vielen Änderungsanträgen eine qualifizierte Mehrheit zu
erzielen.
Insbesondere
begrüße
ich
seinen
jüngsten
Kompromissvorschlag zur Finanzierung der Entsorgung
von Waisenprodukten. Meiner Ansicht nach sollten
große legitime Hersteller nicht für die von anderen
Unternehmen wie „Free Rider“ oder kleine
Organisationen verursachten Kosten aufkommen
müssen. Ich freue mich, dass die umweltverträgliche
Wiederverwendung von Rohstoffen gefördert wird und
danke meinen Kollegen hier im Hohen Haus dafür, dass
sie mich in meinem Kampf gegen die Entwicklung
dieser so genannten „intelligenten“ Vorrichtungen
unterstützt haben.
Meine Worte mögen zwar zum Teil auf taube Ohren
stoßen, dennoch möchte ich die Abgeordneten bitten,
nach Möglichkeit einige der von mir eingebrachten
Änderungsanträge zu unterstützen. Änderungsantrag 82
nimmt sich der Sorge von Kabelherstellern an und stellt
klar, dass die finanzielle Verantwortung für Elektro- und
Elektronik-Altgeräte beim Hersteller des Endgerätes und
nicht beim Zulieferer liegt. Ich nahm an, dass wir uns in
diesem Punkt einig waren.
Änderungsantrag 71 ist ein Aufruf zur Unterstützung der
Kunststoff-Recycling-Branche. Abschließend stelle ich
nicht ohne eine gewisse Schadenfreude fest, dass ich, der
ich mich seit 30 Jahren für ein verstärktes Recycling in
meinem Heimatland einsetze, hoffe, dass diese
Fast das gesamte Parlament entscheidet sich morgen für
die individuelle Herstellerverantwortung. Das ist neu.
Blicken
wir
neun
Jahre
zurück:
die
Verpackungsrichtlinie. Wir als Grüne standen damals
mit unserem Plädoyer allein da. Beim Recycling von
Autos haben wir uns für die Herstellerhaftung
entschieden, noch nicht für die individuelle
Verantwortung. Und jetzt, morgen, ist es endlich soweit.
Individuelle Herstellerverantwortung. Weshalb schließen
sich die beiden großen Fraktionen nun der Linie der
Grünen an? Ein Grund besteht darin, dass Unternehmen,
die vorangehen, jetzt auch Lobbyarbeit betrieben haben.
Electrolux aus Schweden gebührt an dieser Stelle ein
Lob. Philips war vor einem Jahr noch dagegen, kuscht
jetzt aber. Das berühmte Umweltprinzip lautet: der
Verursacher zahlt. Nicht: die Verursacher zahlen. Und
schon gar nicht: die Verbraucher zahlen, wie beim
niederländischen System.
Die Niederlande praktizieren ein kollektives System:
alle,
jeder
Verbraucher,
zahlen
einen
Entsorgungsbeitrag. Dieses System macht die Hersteller
bequem. Verantwortung für einzelne Hersteller ist
gleichbedeutend mit Innovation und Erneuerung. Und
damit ist der Umwelt besser gedient, und letzten Endes
kommt es auch dem Verbraucher billiger. Wenn ein
Unternehmen heute ein Produkt herstellt, das doppelt so
lange hält, dann halbieren sich auch die
Recyclingkosten. Wenn sie keine gefährlichen Stoffe
mehr einbauen, dann brauchen sie später auch die
Kosten für ihre Entfernung nicht zu zahlen.
Die neue Regelung tritt, wenn es nach dem Parlament
geht, im Jahr 2006 in Kraft oder 2007, wenn es nach
dem Rat geht. Meiner Meinung nach gehört auch das
niederländische System auf den Prüfstand. Dann
bekommen wir nicht das zweigeteilte Europa, von dem
Frau Jackson gesprochen hat, und brauchen nicht die
zehn Jahre abzuwarten, die wir als Kompromiss
vereinbart haben. Allerdings müssen wir morgen den Rat
überzeugen, denn er hat stümperhaft gearbeitet. Die
Länder können sich zwischen einem individuellen und
einem kollektiven System entscheiden. Das funktioniert
nicht. Wir haben einen gemeinsamen Markt und
brauchen demzufolge auch ein einheitliches System für
ganz Europa.
2-254
09/04/2002
Sjöstedt (GUE/NGL).  (SV) Herr Präsident! Unsere
Fraktion steht den Hauptpunkten dieses Vorschlags
positiv gegenüber. Die Abfallfrage ist eines der größten
Umweltprobleme, die wir zu lösen haben. Uns überzeugt
dabei die Idee einer ganzheitlichen Lösung mit dem Ziel,
die Gesamtabfallmenge zu reduzieren, den Anteil
recycelter Erzeugnisse zu erhöhen und gleichzeitig die
Verbreitung
gefährlicher
Stoffe
bei
der
Abfallbehandlung zu verringern.
Eine gut durchdachte Richtlinie kann auch positive
Impulse für eine bessere Produktgestaltung durch die
großen Hersteller haben. Schon bei der ersten Lesung
haben wir einen relativ breiten Kompromiss im
Parlament erreicht, und meiner Ansicht nach war es von
Vorteil, dass wir den Großteil dieser Kompromisse auch
in der zweiten Lesung beibehalten konnten. Das gibt uns
auch im Vermittlungsverfahren eine starke Position
gegenüber dem Ministerrat. Ich möchte dem
Berichterstatter für die gute Zusammenarbeit und die
offene Einstellung danken.
Was die Richtlinie zu gefährlichen Stoffen betrifft, so
sind wir mit einem Punkt darin besonders zufrieden. Das
ist die Einführung eines Verbots gefährlicher Stoffe wie
Blei und Kadmium bereits 2006. Das darf aber auch kein
Hindernis für die Länder darstellen, die schneller
vorangehen wollen und bereits eine fortgeschrittenere
Gesetzgebung auf diesen Gebieten besitzen.
Eine Grundsatzfrage hinsichtlich der WEEE-Richtlinie
ist für uns die direkte Produkthaftung, die so deutlich
wie möglich sein muss. Zum einen ist es eine Frage des
Prinzips, dass die Hersteller ihre Kosten selbst bezahlen
und zum anderen stellt eine direkte und vollständige
Produkthaftung eine wirkliche Triebkraft für die
Produktentwicklung dar, damit die einzelnen
Erzeugnisse so leicht wie möglich zu recyceln sind.
Der Vorschlag des Rates kann in einigen weiteren
Punkten verbessert werden. So sollten beispielsweise
auch kleine Hersteller unter die Richtlinie fallen und das
Problem der so genannten „Free Riders“ gelöst werden,
wofür Änderungsantrag 92 meiner Meinung nach gute
Möglichkeiten bietet. Selbstverständlich unterstützen wir
auch die Forderung nach einer höheren Recyclingquote
sowie nach konkreten Mindestquoten pro Einwohner für
getrennt gesammelte Elektro- und Elektronik-Altgeräte.
2-255
Blokland (EDD). – (NL) Vielen Dank, Herr Präsident.
Herrn Florenz möchte ich zu seinem Bericht gratulieren.
Im Großen und Ganzen bin ich mit seinem Ansatz
einverstanden. Allerdings gibt es einige Punkte, bei
denen wir die Realität nicht aus dem Auge verlieren
sollten. Damit meine ich die Glühlampen, Bildröhren
und Flammschutzmittel.
Glühlampen haben nur begrenzt Auswirkung auf die
Umwelt. Die getrennte Sammlung ist im Hinblick auf
den Umweltschutz nicht wirkungsvoll. Das Verbot von
Blei im Glas von Glühlampen halte ich deshalb nicht für
vernünftig. Die Glühlampen werden dadurch sehr
105
zerbrechlich, was insbesondere bei der Herstellung
Schwierigkeiten verursacht.
Aus Sicherheitsgründen bin ich dafür, in Bildröhren Blei
zu verwenden. Würden wir hier Blei verbieten, so
können wir damit rechnen, dass weitaus mehr Unglücke
passieren.
Gleiches gilt im Grunde für Flammschutzmittel. Ich bin
für das Verbot bromierter Flammschutzmittel, die
nachweislich schädlich sind. Ein Verbot sämtlicher
Flammschutzmittel geht mir allerdings einen Schritt zu
weit.
Die Entfernung von Gasen mit einem hohen
Erderwärmungspotenzial ist kaum effizient. Der Beitrag,
der damit zur Bekämpfung des Treibhauseffekts geleistet
würde, liegt nahezu bei null.
Außerdem möchte ich auf die Gefahr hinweisen, dass
Elektronik-Altgeräte unter dem Deckmantel der
Wiederverwendung in Nicht-EU-Länder entsorgt
werden. Die Mitgliedstaaten müssen deshalb dafür Sorge
tragen, dass in Drittländer lediglich geeignete elektrische
und elektronische Geräte ausgeführt werden, die
tatsächlich auch zur Wiederverwendung bestimmt sind.
Abschließend, Herr Präsident, möchte ich von der
Europäischen Kommission, von Frau Wallström, wissen,
wann die Novelle der Batterierichtlinie zu erwarten ist.
Die Europäische Kommission hat stets als Argument
angeführt, dieser Änderungsvorschlag könne präsentiert
werden, sobald der Vorschlag für die Richtlinie über
Elektro- und Elektronik-Altgeräte vorliegt. Hoffentlich
muss ich nun zum letzten Mal bei der Europäischen
Kommission darauf drängen.
2-256
García-Orcoyen Tormo (PPE-DE). – (ES) Herr
Präsident, die beiden Vorschläge, die Gegenstand der
Aussprache am heutigen Abend sind – wobei auch ich
der Ansicht bin, dass sie angesichts ihrer Bedeutung zu
ziemlich später Stunde stattfindet –, sind aus
verschiedenen Gründen interessant. Zum Ersten, weil sie
die Fähigkeit und den Willen des Elektro- und
Elektroniksektors, weiterhin eine Haltung des aktiven
Kompromisses mit dem Umweltschutz einzunehmen,
aber auch, weil sie die Fähigkeit und den Willen dieser
europäischen Institutionen und des Parlaments im
Besonderen, ein realistisches und kohärentes Konzept zu
schaffen, das von der Industrie angenommen werden
kann, auf die Probe stellen werden.
Der Berichterstatter, Herr Florenz, hat eine schwierige
Aufgabe gehabt und dabei versucht, zu einem soliden
und wirksamen Vorschlag zu gelangen, der von allen
betroffenen Parteien akzeptiert werden kann. Wie wir
nun in dieser Aussprache feststellen, handelt es sich um
eine komplexe Pionierinitiative auf diesem Gebiet, die
meiner Meinung nach noch viele Lücken und
problematische Punkte für ihre praktische Anwendung
offenbart. Zwei davon bereiten mir besondere Sorgen:
einerseits die Verbrauchsmaterialien, über die heute
106
09/04/2002
Abend bereits gesprochen wurde. Ich glaube, wenn wir
dieses Konzept in einem zu weit gefassten Sinne
verwenden,
werden
dadurch
alle
diejenigen
Mitgliedstaaten Nachteile erleiden, die bereits ein
Rücknahmesystem errichtet haben, indem die bereits
bestehenden Wiederverwendungskreise durchbrochen
werden, womit wir dem Recycling gegenüber der
Wiederverwendung Vorrang einräumen würden, bevor
wir uns die Frage vorgelegt haben, ob wir dem aus Sicht
der Umwelt besseren System den Vorzug geben.
Verbraucher zu sichern, noch ist er in jedem Falle
technisch durchführbar.
Zum Zweiten möchte ich die freerider erwähnen. Ich
glaube, dass der eingereichte Kompromissantrag eine
angemessene Lösung darstellt, da es nicht logisch
erschien, dass beim Thema der individuellen finanziellen
Verantwortung die Hersteller für die Produkte die
Verantwortung tragen sollten, die vom Markt
verschwinden, oder für diejenigen, die nicht mehr
identifiziert werden können. Meiner Meinung nach
müssen wir gegenüber den Herstellern, die ihrer
Verantwortung in Bezug auf die Abfälle nicht
nachkommen, eine harte Haltung einnehmen, um die
verantwortungsvollen Hersteller zu schützen, die keine
Veranlassung haben, die Kosten der freerider zu
übernehmen.
Deswegen meine ich, dass wir mehr Zeit brauchen. Wir
sollten uns nach der morgigen Abstimmung die Zeit
nehmen und darüber nachdenken, wie wir diese
Richtlinie möglichst umweltfreundlich, kostengünstig
und für die Öffentlichkeit attraktiv gestalten können.
2-257
Bowe (PSE). – (EN) Herr Präsident, ich schließe mich
den Glückwünschen meiner Vorredner für die vom
Berichterstatter geleistete Arbeit an. In seinem Bericht,
den er für parlamentarische Verhältnisse recht schnell
über die Bühne gebracht hat, steckt sehr viel Arbeit.
Wenn man das ganze Ausmaß der Konsequenzen dieses
Berichts bedenkt, dann hat der Berichterstatter wirklich
Erstaunliches zu Wege gebracht. Vor uns liegt das
weitreichendste Recycling-Programm, das es je in
Europa gegeben hat.
Wollen wir
wirklich Verbrauchszubehör und
Baugruppen in diesen Vorschlag aufnehmen, obwohl sie
den Recyclingprozess belasten und erhebliche
technische Probleme mit sich bringen? Ist nicht jedem
von uns klar, dass Kleinbetriebe in der Europäischen
Union mehr Zeit und Unterstützung brauchen, um diesen
Anforderungen ordnungsgemäß gerecht zu werden?
2-258
Thors (ELDR).  (SV) Herr Präsident! In dem Stadtteil
in Helsinki, wo ich aufgewachsen bin, fährt in dieser
Woche ein Müllauto herum, das gegen eine Gebühr auch
WEEE-Abfall entgegennimmt. In dieser Gegend wird
ein Kilo pro Person und Jahr gesammelt.
In einem anderen Teil Finnlands bezahlt man eine
besondere Öko-Gebühr für die Annahme und Beratung.
Hier arbeitet das Abfallunternehmen „Rosk'n Roll” nach
marktwirtschaftlichen Prinzipien, das übrigens der
Größe nach an 15. Stelle in der Müllbranche Europas
steht. In dieser Region werden jährlich acht Kilogramm
WEEE-Abfall pro Person gesammelt.
Ich glaube wir können aus diesem praktischen Beispiel
etwas lernen, ebenso wie aus der Frage der
Altölbeseitigung unter Seebedingungen. Wir brauchen
Marktwirtschaft und gemeinsame Systeme. Es darf sich
nicht lohnen, etwas wegzuwerfen.
Leider leben wir in einer Wegwerfgesellschaft, in der
wir immer mehr Abfall erzeugen. Ich freue mich, dass
dieser Vorschlag dazu beitragen wird, dass die Zeiten, da
Kühlschränke, Fernsehgeräte, Toaster, Handys und
sonstige Elektrogeräte auf der Müllhalde landeten, bald
endgültig vorbei sein dürften. Wir alle streben eine neue
Ära an, in der umweltfreundliche Elektrogeräte
vollständig recycelt oder wiederverwendet werden. Dazu
müssen wir alle als Verbraucher einen Beitrag leisten.
Das Recycling muss uns in Fleisch und Blut übergehen.
Ich unterstütze den Vorschlag des Berichterstatters, da er
meines Erachtens diese Anforderungen erfüllt.
Gleichzeitig muss ich aber feststellen, dass der
Vorschlag zum Brom bzw. zu den Flammschutzmitteln
in der Praxis die Umweltbelange nicht berücksichtigt, da
dies zu einer umfassenden Ansammlung von Abfällen
führen kann, solange wir die Kunststoffe nicht auf
andere Weise verwenden dürfen. Nach meiner Ansicht
bringt der Änderungsantrag zu den Flammschutzmitteln
keine Vorteile für die Umwelt.
Doch werden uns diese Vorschläge dabei helfen, und
stellen die Änderungsanträge des Parlaments eine
weitere Verbesserung dar?
2-259
Im Großen und Ganzen kann ich diese Frage mit „Ja“
beantworten, allerdings mit Einschränkungen. Eine zu
starre Anwendung des Prinzips der individuellen
Verantwortung ist für kleine und mittlere Unternehmen
europaweit mit schwerwiegenden Problemen verbunden
und verhindert die Durchführung vernünftiger
kollektiver Programme. Der Versuch, die Bürger notfalls
unter Strafandrohung zu zwingen, Elektro-Altgeräte
bereits in den Haushalten getrennt zu erfassen, ist weder
eine sinnvolle Methode, um sich die Mitarbeit der
Ahern (Verts/ALE). - (EN) Herr Präsident, ich begrüße
diese Richtlinie und danke dem Berichterstatter für seine
angestrengte Arbeit.
Dank dieser Richtlinie müssen Elektro- und ElektronikAltgeräte künftig gesammelt und recycelt werden und
dürfen nicht mehr - wie in meinem Land - auf dem Müll
landen und die Umwelt belasten. Die Hersteller müssen
Verantwortung für ihre Produkte übernehmen und
gewährleisten,
dass
künftige
Produkte
nach
ökologischen Gesichtspunkten entworfen werden. So ist
es heute möglich, sämtliche Einbauteile von
Fernsehgeräten vollständig aus Kunststoffen und nicht
wie bisher aus Kunststoffen und Metall herzustellen, was
09/04/2002
das Recycling erleichtert. Hersteller, die sich für ein
umweltfreundliches Design bei wettbewerbsfähigen
Preisen entscheiden, sollten dafür belohnt werden. Die
Verbraucher müssen in diesen Prozess einbezogen
werden; nur so wird der Richtlinie Erfolg beschieden
sein. Dazu müssen die Verbraucher problemlosen
Zugang zu Sammelsystemen haben, und die Abgabe der
Altgeräte muss kostenlos sein.
Macht man die Hersteller für ihre Produkte
verantwortlich,
so
zieht
dies
Konstruktionsverbesserungen nach sich, die sich
wiederum direkt auf die Kosten auswirken. Die zur Zeit
noch etwas lockeren Vorgaben des Gemeinsamen
Standpunktes müssen verschärft werden, um die so
genannten Trittbrettfahrer, die sich der Verantwortung
für ihre Altgeräte entziehen, abzuschrecken. Ich begrüße
in diesem Zusammenhang den Änderungsantrag zu
Waisenprodukten.
Ganz besonders wichtig ist, dass in allen Mitgliedstaaten
vergleichbare Regelungen durchgesetzt
werden.
Andernfalls versinken wir im Chaos.
2-260
Flemming (PPE-DE). - Herr Präsident! Meine
Gratulation an den Berichterstatter Florenz für diesen
Meilenstein der Umweltpolitik. Ich möchte zu zwei
großen Ängsten Stellung nehmen: erstens, dass bereits
bestehende Sammelsysteme zerstört werden könnten. Ich
sehe das nicht so wie Frau Jackson, sondern ich glaube,
dass sie weiterhin bestehen können. Wenn man dann
nach zehn Jahren etwas ändern muss, ist das wohl
zumutbar.
Zweitens haben Städte und Gemeinden schreckliche
Angst, dass es sie entsetzlich viel kosten wird. Es muss
die Gemeinde aber gar nichts kosten, denn
selbstverständlich werden die Kosten über die
Abfallgebühren von den Konsumenten hereingeholt
werden können. Kosten mindestens ab der Sammelstelle
vom Hersteller zu übernehmen, das halte ich für eine
sehr gefährliche Sache. Nachdem es spät ist, lassen Sie
mich literarisch werden: Ich halte das fast für eine
uneuropäische Vorgehensweise.
Ein letztes Wort zu Finnland: Dass dort so ein
Durcheinander herrscht, tut mir für die Finnen leid, aber
in Finnland geht ja überhaupt einiges schief. Sie wollen
ja sogar auch noch ein neues Atomkraftwerk bauen!
2-261
Corbey (PSE). – (NL) Herr Präsident, verehrte
Kolleginnen und Kollegen! Die Richtlinie über Elektrikund Elektronik-Altgeräte soll meiner Meinung nach an
erster Stelle der Umwelt zugute kommen. Sämtliche
Änderungsanträge zur Stärkung des Umweltziels
unterstützen wir. Mit EU-Rechtsvorschriften gegen
kollektive Systeme ist der Umwelt allerdings nicht
gedient.
Die
Hersteller
müssen
individuell
verantwortlich sein, das steht außer Frage. Für die
Hersteller müssen wir Anreize zum Ökodesign schaffen,
auch damit bin ich einverstanden. Aber die individuelle
Finanzierung ist dafür kein geeignetes Mittel.
107
Verschiedene Haartrockner, elektrische Zahnbürsten,
Stabmixer,
Wasserkocher,
Fernsehgeräte
usw.
unterscheiden sich kaum hinsichtlich der Möglichkeit,
sie wiederzuverwenden. Die individuelle Finanzierung
bringt folglich fast keinerlei Gewinn für die Umwelt.
Kollektive Systeme hingegen sind weniger bürokratisch
und eher praktikabel. Und deshalb sehe ich keinen
Grund,
weshalb
kollektive
Systeme
eine
Ausnahmestellung einnehmen sollten.
Ein weiterer Punkt betrifft den Entsorgungsbeitrag.
Weshalb sollte er nicht sichtbar sein? Ich verstehe den
ideologischen Hintergrund insofern, als Umweltkosten
in den Preis einfließen sollen, aber muss das unbedingt
unsichtbar sein? Herrscht nicht mehr Transparenz, wenn
er doch vermerkt wird? Sichtbarkeit schärft auf jeden
Fall das Bewusstsein des Verbrauchers, und das ist nicht
ohne Bedeutung, weil es für die Erreichung der
Umweltziele
unbedingt
der
Mitwirkung
des
Verbrauchers bedarf.
2-262
Korhola (PPE-DE). – (FI) Herr Präsident! Ich möchte
dem Berichterstatter, Karl-Heinz Florenz, meinen
herzlichen Glückwunsch aussprechen. Unter seiner
Leitung konnte das Parlament die Auffassungen von
Verbraucherorganisationen, Umweltorganisationen und
selbst Hersteller unter einen Hut bringen. Der damit
erreichte seltene Konsens ist eine Ressource, die alle
Seiten auch angesichts künftiger Gesetzesvorhaben
pflegen sollten.
Die Richtlinie ist ein wichtiger Ausdruck für die
Verantwortung der Hersteller. Mit Befriedigung stelle
ich fest, dass ich das in vielen Teilen mit meinen
Änderungsanträgen noch stärker herausstellen konnte.
Die Zuweisung der Verantwortung an die Hersteller hat
eine große Wirkung in Bezug auf die Quantität und
Qualität des anfallenden Elektro- und Elektronikschrotts
– eine weitaus größere als jeder Beschluss, den das
Parlament über Schrott fassen könnte. Sie gibt Impulse
für ein umweltfreundlicheres Design und entsprechende
Innovationen, noch bevor die Produkte auf den Markt
kommen, und so wird die Umweltbelastung, die das
Produkt während seines gesamten Lebensbogens
verursacht, verringert.
Entsprechend wird ein Ansporn für die Entwicklung von
alternativen Verfahren zur Behandlung des Abfalls
geschaffen, so dass auch die daraus resultierende
ökologische Belastung möglichst gering ist.
Ein Änderungsantrag meinerseits zu dieser Frage wurde
bereits in der ersten Lesung des Parlaments
angenommen, und der Rat hat ihn in einer verbesserten
Formulierung erneut in den Gemeinsamen Standpunkt
aufgenommen.
Die Europäische Union ist dabei, eine Rechtsvorschrift
zu schaffen, die der übrigen Welt deutlich macht, dass
der Widerspruch zwischen der Berücksichtigung von
Umweltbelangen und der Wirtschaft nicht unumgänglich
108
ist, sondern mit einer gut durchdachten Gesetzgebung in
Einklang gebracht werden kann. Deshalb scheint es
töricht, wenn der Rat eine kollektive Finanzierung
zulassen will, d. h. praktisch eine Abfallsteuer, nicht nur
für den alten, sondern auch für den künftigen Müll.
Zunächst wäre dann kein Ansporn für ein
umweltfreundliches Design vorhanden, was die gesamte
Richtlinie praktisch verwässern würde. Zweitens würde
sie die Möglichkeit des freeriding eröffnen, was ehrliche
und vernünftige Hersteller bestrafen würde. Drittens
würde sie die Steuerlast der Bürger erhöhen, da eine
Senkung bestehender Steuern nicht zu erwarten ist. Der
Gemeinsame Standpunkt des Rates ist nichts weiter als
fiskalische Habsucht, unter der sowohl die Verbraucher
als auch die Hersteller und die Umwelt zu leiden hätten.
Glücklicherweise sieht es so aus, dass das Parlament auf
der Seite der Letztgenannten steht.
Meines Erachtens hat das Parlament im Zusammenhang
mit dieser Richtlinie eine so gute Arbeit geleistet, dass es
sich zu untersuchen und zu klären lohnen würde, welche
Verfahrensweisen wir uns generell für die Zukunft
aneignen sollten. Wenn auch für Gesetzesvorhaben
Denkmale errichtet würden, dann könnte das gerne hier
getan werden.
09/04/2002
unterbreiteten Änderungsanträge. Vor allem begrüße ich
den vom Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit
und Verbraucherpolitik vorgeschlagenen weiteren
Ausbau der individuellen Finanzierung und den
Vorschlag, die kollektiven Systeme auf die Fälle zu
beschränken, in denen sie aus praktischen Gründen
notwendig sind. Ein solches Vorgehen könnte die
Internalisierung der Entsorgungskosten in den
Produktpreis fördern und als Anreiz für ein verwertungsund recyclingfreundliches Design dienen. Dies ist ein
erster Schritt auf dem Weg zu einer umfassenderen
Integration von ökologischen Überlegungen in das
Produktdesign und in Verbrauchsmuster.
Wir müssen zudem geeignete Lösungen für die
Finanzierung der Entsorgung von historischen
Altgeräten finden, die vor dem Inkrafttreten dieser
Richtlinie auf den Markt gebracht wurden. Eine
Möglichkeit wäre die Anwendung einer „Visible-Fee“Gebühr. Dies sollte jedoch im Einklang mit Artikel 88
und 89 EGV geschehen.
Ich begrüße das Vorhaben, die Sammlungsvorgabe auf
6 kg pro Person und Jahr anzuheben, obwohl der
Zeitplan realistischer sein sollte und die für die
Erfassung und Bearbeitung der Daten erforderliche Zeit
berücksichtigt werden muss.
2-263
Wallström, Kommission. – (EN) Herr Präsident, ich
möchte eingangs Herrn Florenz für die im Ausschuss für
Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik
geleistete Arbeit sowie für die Zusammenarbeit mit der
Kommission danken.
Ich darf Sie kurz daran erinnern, weshalb wir uns mit
dem speziellen Problem der Elektro- und ElektronikAltgeräte befassen. Mit einer Zuwachsrate, die das
Dreifache des Durchschnitts beträgt, ist diese
Produktgruppe der am schnellsten wachsende
Bestandteil des Abfallstroms. Jeder Einzelne von uns
erzeugt durchschnittlich etwa 14 kg dieses Schrotts pro
Jahr, und bis 2010, wenn diese Richtlinie vollständig in
Kraft sein wird, werden mehr als 8 % des gesamten
Aufkommens an Siedlungsabfällen auf Elektro- und
Elektronik-Altgeräte entfallen. Nach ihrer Annahme und
Umsetzung wird die Richtlinie über Elektro- und
Elektronik-Altgeräte dafür sorgen, dass diese Art der
Abfälle nicht mehr auf Deponien und in
Verbrennungsanlagen
entsorgt,
sondern
umweltverträglich
wiederverwendet
und
wiederverwertet wird.
Die Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung
bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und
Elektronikgeräten wird dafür sorgen, dass auf den
verschiedenen Stufen des Lebenszyklus derartiger
Geräte einschließlich ihrer Entsorgung nach Möglichkeit
keine Substanzen auftreten, die eine Gefahr für die
menschliche Gesundheit und die Umwelt darstellen.
Die vom Europäischen Parlament geleistete Arbeit
bestätigt
den
ursprünglichen
Vorschlag
im
Wesentlichen, und ich begrüße die Mehrzahl der
Ich unterstütze außerdem den Vorschlag, das in der
Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung
bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und
Elektronikgeräten vorgesehene Stoffverbot bereits 2006
einzuführen. Dies sollte jedoch unter Berücksichtigung
der in Artikel 95 EGV formulierten Grundsätze erfolgen.
Ich möchte jetzt auf einige der in der Debatte
angesprochenen Punkte eingehen. Ich kann Ihnen
versichern, dass wir sämtliche Aspekte dieses
Vorschlags einschließlich der Kosten sorgfältig evaluiert
haben. Unseren Schätzungen zufolge werden sich die
Kosten bei einer Gesamtvorgabe von 4 kg Elektroschrott
pro Person auf 500 bis 900 Mio. EUR belaufen. Wir
legen unseren Schätzungen und Evaluierungen bereits
existierende Systeme zugrunde, von denen es nicht viele
gibt. Das niederländische System ist das einzige
Beispiel, das wir heranziehen und von dem wir lernen
können. Diese Zahlen beruhen auf praktischen
Erfahrungen, die beispielsweise in den Niederlanden
gemacht wurden. Wenn das Parlament die
Sammelvorgabe erhöhen will, dann ist das natürlich eine
politische Entscheidung, gegen die wir nichts
einzuwenden haben.
Ein Wort zur Subsidiarität. Wir haben versucht, ein
ausgewogenes Verhältnis zwischen der Harmonisierung
bestimmter Elemente des Vorschlags und der
Anwendung des Subsidiaritätsprinzips bei anderen
Elementen zu erzielen. Deshalb ist die Organisation der
Sammlungssysteme auch weiterhin Sache der
Mitgliedstaaten. Unserer Ansicht nach muss auch nicht
auf Gemeinschaftsebene geregelt werden, wer für die
Finanzierung der Sammelstelle bis zu dem Zeitpunkt, da
die Altgeräte dort ankommen, zuständig ist. Deshalb
09/04/2002
lehnen wir sowohl Änderungsantrag 69 als auch
Änderungsantrag 83 ab.
Ein Wort zu den kleinen und mittleren Unternehmen.
Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und
Verbraucherpolitik hat sich gegen eine zeitweilige
Freistellung der KMU von den aus der Richtlinie
resultierenden
Finanzierungsverpflichtungen
ausgesprochen. Diesen Standpunkt können wir
akzeptieren, weil unserer Ansicht nach die Praxis gezeigt
hat, dass diesen Unternehmen keine übermäßig hohen
Kosten entstehen und dass eine solche Freistellung nicht
notwendig ist und sogar zu Marktverzerrungen führen
kann.
Herr Blokland, ich hoffe, dass wir schon sehr bald in der
Lage sein werden, einen Vorschlag zu den Batterien
vorzulegen. Ich arbeite jedenfalls intensiv daran.
Insgesamt wurden 82 Änderungsanträge zur Richtlinie
über Elektro- und Elektronik-Altgeräte sowie
18 Änderungsanträge zur Richtlinie zur Beschränkung
der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in
Elektro- und Elektronikgeräten eingereicht. Von den
Änderungsanträgen zum Vorschlag über Elektro- und
Elektronik-Altgeräte kann die Kommission 32
vollständig, zwei teilweise und 20 dem Grundsatz nach
akzeptieren.
Die
Kommission
kann
die
Änderungsanträge 9, 11-19, 24, 27-37, 39, 40, 43, 44,
45, 50, 57, 65, 76 und 77 akzeptieren. In
Änderungsantrag 23 befürwortet die Kommission den
neuen Absatz 1 sowie Absatz 1(b), den letzten
Unterabsatz vollständig sowie Absatz 1(b), dritter und
vierter Unterabsatz, und Absatz 2 dem Grundsatz nach.
Von Änderungsantrag 73 akzeptiert die Kommission den
ersten Teil. Bei den Änderungsanträgen 1, 3, 5, 6, 7, 10
können der erste, dritte und vierte Satz vollständig
akzeptiert werden. Bei den Änderungsanträgen 20, 21
und 41 kann der erste Satz vollständig übernommen
werden. Die Änderungsanträge 42, 48, 49, 51-55, 66, 78
und 92 können dem Grundsatz nach akzeptiert werden.
Bei der Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung
bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und
Elektronikgeräten kann die Kommission vier
Änderungsanträge vollständig, einen teilweise und
sieben dem Grundsatz nach akzeptieren. Vollständig
akzeptiert werden können die Änderungsanträge 3, 4, 10
und 17. Änderungsantrag 5 kann teilweise - erster
Absatz - akzeptiert werden, und bei den
Änderungsanträgen 2, 6, 7, 8, und 9 kann der erste
Absatz vollständig und die Änderungsanträge 13 und 15
können dem Grundsatz nach akzeptiert werden.
Ich bedanke mich bei allen Abgeordneten für diese
wichtige Aussprache.
2-264
Der Präsident. – Vielen Dank, Frau Kommissarin!
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.
109
2-265
Gefährliche Stoffe und Zubereitungen:
Pentabromdiphenylether
2-266
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die
Empfehlung für die zweite Lesung (A5-0090/2002) von
Frau Ries im Namen des Ausschusses für Umweltfragen,
Volksgesundheit und Verbraucherpolitik betreffend den
Gemeinsamen Standpunkt des Rates (12332/1/2001 C5-0638/2001 - 2001/0018(COD)) im Hinblick auf den
Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und
des Rates zur 24. Änderung der Richtlinie 76/769/EWG
des Rates über Beschränkungen des Inverkehrbringens
und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und
Zubereitungen (Pentabromdiphenylether).
2-267
Ries (ELDR), Berichterstatterin. – (FR) Herr Präsident,
Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am
27. Oktober 2000 verabschiedete der Ministerrat seinen
Gemeinsamen
Standpunkt
zu
diesem
Richtlinienvorschlag über das Inverkehrbringen und die
Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe, im
vorliegenden
Fall
Pentabromdiphenylether,
ein
Flammschutzmittel, das – wie ich erinnern möchte – zu
95 % zur Herstellung von Polyurethanweichschaum
verwendet wird. pentaBDE ist bioakkumulativ und sehr
stabil. Es hat die Eigenschaft, aus den Schaumstoffen
auszutreten und über die Umgebungsluft in unser Blut
und unser Nervensystem einzudringen.
Daher begrüße ich, dass der Gemeinsame Standpunkt –
wie dies unser Parlament im Übrigen mit seiner
Abstimmung in erster Lesung vorschlug - pentaBDE in
all seinen Formen verbietet, einschließlich der Fälle, in
denen es als Restprodukt bei der Herstellung einer
verwandten chemischen Verbindung, d. h. von
Octabromdiphenylether, anfällt. Dieses Verbot soll ab
Juli 2003 gelten.
Was alle weiteren Punkte betrifft, so muss ich sagen,
dass der Text ziemlich weit von unseren Vorstellungen
entfernt ist. So hat der Rat gemäß der Stellungnahme der
Kommission nicht den Vorschlag des Parlaments
akzeptiert, den Geltungsbereich der Verordnung auf alle
auf dem Markt befindlichen Polybromdiphenylether
auszudehnen, d. h. auf octaBDE und decaBDE. Ich füge
hinzu, dass diesbezüglich von einer Mehrzahl von
Mitgliedstaaten zwei Gegenargumente angeführt
werden: erstens sollen die Endergebnisse der
gegenwärtig laufenden Risikoeinschätzung abgewartet
werden und zweitens soll vor jedem Verbot eines
Flammschutzmittels sichergestellt werden, dass ebenso
wirksame Ersatzprodukte zur Verfügung stehen.
Ich möchte daran erinnern, dass sich das Parlament in
der ersten Lesung und unser Ausschuss für Umwelt bei
seiner Abstimmung am 21. März genau von diesen
Überlegungen hat leiten lassen, zumindest was
Decabromdiphenylether betrifft. Zur Erläuterung füge
ich hinzu, dass das Parlament mit der Forderung nach
einem bis spätestens 1. Januar 2006 aufgeschobenen
Verbot für dieses Substanz, das von den endgültigen
110
Ergebnissen der Risikoanalyse abhängig ist, den
neuesten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen
Rechnung trägt, die vom Vereinigten Königreich, dem
berichterstattenden Mitgliedstaat für den Umwelt-Teil
der Risikoanalyse, übermittelt wurden. Die britischen
Sachverständigen haben in ihren Schlussfolgerungen den
zuständigen Behörden vorgeschlagen, die Notwendigkeit
der Anwendung des Vorsorgeprinzips auch für octaBDE
und decaBDE in Erwägung zu ziehen.
Das Europäische Parlament kommt ferner dem Wunsch
des Rates und der Kommission nach, dass die in der
Verordnung von 1993 zur Bewertung und Kontrolle der
Umweltrisiken chemischer Altstoffe festgelegten
Regeln,
das
Vorhandensein
von
Substitutionserzeugnissen und das schwierig zu findende
Gleichgewicht
zwischen
nachgewiesenen
Sicherheitseigenschaften im Brandfall und der
festgestellten Umwelt- und Gesundheitsschädlichkeit
berücksichtigt werden müssen.
Diesbezüglich möchte ich darauf verweisen, dass
decaBDE, das 80 % der bromierten Brandschutzmittel
ausmacht, ein besonders widerstandsfähiges und
wirksames Flammschutzmittel ist. Allein im Jahr 2000
wurden im Vereinigten Königreich durch diese Stoffe
155 Menschenleben gerettet und tausende von schweren
Brandwunden vermieden.
Aus diesem Grund will der Umweltausschuss das
Vorsorgeprinzip nicht sofort vollständig, sondern – wie
ich bereits sagte – schrittweise anwenden. Dies ist
Gegenstand von Änderungsantrag 4, der einstimmig
angenommen wurde, und daher lehne ich auch wie in
erster Lesung und bei der Abstimmung im Ausschuss die
von meinen Kollegen Schörling und Sjöstedt
eingebrachten Änderungsanträge 9 und 10 ab.
Befürworten
kann
ich
hingegen
ihren
Änderungsantrag 7, der mehr redaktionelle Klarheit
bringt, indem decaBDE ausdrücklich in den
Erwägungsgründen erwähnt wird.
Was octaBDE und dessen bevorstehendes Verbot
betrifft, das mir gerechtfertigt erscheint, so liegen keine
neuen Erkenntnisse vor, die unsere Bedenken zerstreuen
und es daher dem Parlament ermöglichen würden, seine
am 6. September 2001 verabschiedete Position zu
ändern. Die von den französischen Behörden
übermittelten
Zwischenergebnisse,
welche
die
Schädlichkeit von octaBDE für die Gesundheit und die
Umwelt belegen, bleiben aktuell.
Für unsere Forderung nach einer Begrenzung des
Inverkehrbringens dieses Flammschutzmittels sowie für
die erneute Einbringung der Änderungsanträge 1, 2 und
3 spricht noch eine weitere Tatsache: octaBDE wird nur
bei der Herstellung einer relativ geringen Anzahl von
Produkten verwendet und kann in vielen Fällen durch
Decabromdiphenylether ersetzt werden. Aus diesem
Grund fordern meine Kollegen und ich den Vorrang des
Vorsorgeprinzips vor allen anderen Überlegungen.
09/04/2002
Zum Schluss noch ein Wort an Sie, Frau Kommissarin.
Die Kommission entwickelt Programme und startet eine
Vielzahl von Initiativen, um ein immer höheres Niveau
des Schutzes der menschlichen Gesundheit und der
Umwelt zu gewährleisten. Das beste Beispiel dafür ist
die von Ihren Dienststellen angeregte neue Strategie für
chemische Erzeugnisse. In diesem Zusammenhang
würde ein starkes und beruhigendes Signal von der
Verpflichtung ausgehen, möglichst rasch eine Politik der
Risikoverringerung
in
Bezug
auf
alle
Polybromdiphenylether in die Wege zu leiten.
Selbstverständlich habe ich die diesbezüglichen
Fortschritte der Kommission in ihrer Erklärung zum
Protokoll des Gemeinsamen Standpunkts zur Kenntnis
genommen, in der Sie sich verpflichten, die
Notwendigkeit eines weiteren Vorschlags zur
Beschränkung des Inverkehrbringens und der
Verwendung der beiden anderen polybromierten
Diphenylether,
nämlich
Octaund
Decabromdiphenylether, unverzüglich prüfen, doch
unter den gegebenen Umständen, in erster Linie
angesichts der Notwendigkeit, auch hier das Ende der
Risikobewertung abzuwarten, besteht hier die Gefahr
weiterer Verzögerungen, obwohl doch dringend
Maßnahmen ergriffen werden müssten. Denn wo keine
gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen,
muss eine politische Entscheidung getroffen werden.
Daher scheint es mir angebracht, nicht das Ende einer
endlosen Geschichte von Risikoanalysen abzuwarten,
sondern gemeinsam eine ausgewogene Lösung zu
suchen, wobei es darauf ankommt, die unmittelbare
Sicherheit der Bürger gegenüber Brandgefahren und die
langfristigen positiven Auswirkungen auf die öffentliche
Gesundheit und die Umwelt miteinander in Einklang zu
bringen.
2-268
Flemming (PPE-DE). – Herr Präsident! Zweite Lesung,
Beschränkung gewisser gefährlicher Stoffe und
Zubereitungen. Ich glaube, man sollte sich schon fragen,
wofür wir dieses ungeheuer wichtige Produkt denn nun
eigentlich brauchen. Nun: PentaBDE wird ausschließlich
zur Herstellung eines Weichschaums für Möbel und
Polsterungen verwendet. Ein sicherlich unendlich
wichtiger Bereich. Der Gemeinsame Standpunkt des
Rates stimmt im Allgemeinen mit dem geänderten
Vorschlag der Kommission überein, und der Rat begrüßt
auch erfreulicherweise den Änderungsantrag, der auf die
Streichung der Ausnahme für OctaBDE mit einem
PentaBDE-Gehalt von weniger als 5 % abzielt.
Sehr erfreulich ist auch, dass der Rat teilweise einen
Änderungsantrag übernommen hat, in dem gefordert
wird, dass OctaBDE mit einem PentaBDE-Gehalt von
mehr als 0,1 % nicht länger zugelassen werden kann,
weil die Verwendung von PentaBDE eingeschränkt
wird.
In der zweiten Lesung im Ausschuss wurden alle vier
von
der
Berichterstatterin
eingebrachten
Änderungsanträge von meiner Fraktion voll und ganz
unterstützt, wie auch bereits in der ersten Lesung, mit
09/04/2002
dem Ziel, auch ein Verbot von OctaBDE zu erreichen.
Wir
werden
selbstverständlich
auch
die
Änderungsanträge 1, 2, 3 und 4 unterstützen. Nachdem
ich hier nur Frau Ria Oomen-Ruijten vertrete, erlauben
Sie mir, dass ich ihre Wortwahl bezüglich der übrigen
Änderungsanträge verwende, die meine Fraktion nicht
unterstützen wird: Sie meinte, dass die übrigen
Änderungsanträge eigentlich nur Unsinn wären.
2-269
Bowe (PSE). – (EN) Herr Präsident, ich danke der
Berichterstatterin für die von ihr geleistete Arbeit. Ihre
Zusammenarbeit mit anderen Berichterstattern war sehr
hilfreich. Das ist ein interessantes Problem. Die
Substanzen, um die es hier geht, sind gefährlich; sie sind
toxisch. Gleichzeitig jedoch sind sie auch äußerst
nützlich und wichtig, denn als Flammschutzmittel
schützen sie Menschenleben. Diese Tatsache steht völlig
außer Frage. Wir müssen sehr sorgfältig prüfen, wie wir
mit diesen Substanzen umgehen wollen. Klar ist, dass
pentaBDE und möglicherweise auch octaBDE nicht
wirklich notwendig sind und dass die Gefahr, die sie für
die Umwelt und die menschliche Gesundheit darstellen,
ihre fortgesetzte Verwendung als Flammschutzmittel
nicht rechtfertigen.
Ich fordere das Parlament jedoch auf, einen Moment
innezuhalten und ernsthaft darüber nachzudenken,
welche Alternativen es zu diesen sehr nützlichen
Flammschutzmitteln gibt. Können wir decaBDE noch in
einer sinnvollen Weise einsetzen? Werden die
Risikobewertungen letztlich zu einem Verbot für
decaBDE führen? Wir wissen es einfach nicht, weil noch
keine Risikobewertungen stattgefunden haben. Die
Kommission muss die Mitgliedstaaten drängen, hier
schnellstmöglich tätig zu werden. Diese Sache muss
endlich geklärt werden. Wir wollen genau wissen, was
wir mit diesen Substanzen tun können. Zurzeit ist diese
Frage noch ungeklärt. Ich hoffe, dass wir in dieser Frage
unseren Verstand einsetzen und erkennen, wie wichtig
diese Substanzen als Flammschutzmittel für den Schutz
von Menschenleben sind.
2-270
Schörling (Verts/ALE).  (SV) Herr Präsident! Frau
Kommissarin, sehr geehrte Kollegen! Für mich ist es
inakzeptabel, dass die meisten Umweltthemen so spät
am Abend behandelt werden. Die Umweltpolitik und die
Umweltvorschriften könnten hier im Parlament wirklich
etwas „Prime Time" vertragen. Es ist eine große
Verantwortung, Beschlüsse über Gesundheit und
Umwelt zu fassen, die für eine lange Zeit in der Zukunft
gelten sollen. Diese Richtlinie und der Bericht über
bromierte Flammschutzmittel sind ein gutes Beispiel für
eine solche Verantwortung.
Nach der ersten Lesung im September 2001 hat die
Kommission im November vorigen Jahres die
Risikobewertung der EU bezüglich OktaBDE und
DekaBDE geprüft.
Nach Auffassung des Europäischen Büros für chemische
Stoffe ist die Risikobewertung und die Situation für
OktaBDE und DekaBDE nun dieselbe für PentaBDE,
die zu einem vollständigen Verbot geführt hat.
111
Diese Stoffe sind persistent und bioakkumulierend. Die
neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse über OktaBDE
und DekaBDE sind so beunruhigend, was ihre
Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt betrifft, dass
das Büro den Mitgliedstaaten empfohlen hat, einen
politischen Beschluss zu fassen und das Vorsorgeprinzip
zur Anwendung zu bringen.
Wir Abgeordnete des Europäischen Parlaments müssen
als Mitgesetzgeber unsere Verantwortung wahrnehmen.
Nach der Prüfung und der neuen Risikobewertung
müssen wir auch das Vorsorgeprinzip anwenden. Aus
diesem Grunde legen die Fraktionen der Grünen, der
Vereinigten
Europäischen
Linken
und
der
Sozialdemokratischen Partei Europas erneut die
Änderungsanträge 7 - 10 vor, die ein Verbot der
Verwendung von DekaBDE fordern. Es gibt keinen
Grund, noch länger zu warten, denn wir haben bereits
Ersatzstoffe dafür. DekaBDE wird in 80 % aller
bromierten Flammschutzmittel verwendet.
Angesichts der neuen Erkenntnisse können wir nicht
mehr länger die Umwelt und die menschliche
Gesundheit gefährden und hoffen daher, dass die
Fraktionen den Änderungsanträgen zustimmen und auch
Frau Kommissarin Wallström die Anwendung des
Vorsorgeprinzips befürwortet.
2-271
Sjöstedt (GUE/NGL).  (SV) Herr Präsident! Der
Vorschlag des Berichterstatters sowie die vom
Ausschuss angenommenen Änderungsanträge zeugen
von einer strengeren Haltung als die im Gemeinsamen
Standpunkt des Rates, was ich für positiv halte. Ich
meine jedoch, genau wie Frau Schörling, dass wir heute
bereits Argumente besitzen, um noch weiterzugehen und
nicht nur PentaBDE und OktaBDE sondern auch
DekaBDE zu verbieten.
Wenn wir auf die Risikobewertung warten, besteht die
Gefahr, dass wir zu viel Zeit verstreichen lassen.
Außerdem haben wir die notwendigen Argumente
bereits heute, denn wir wissen, dass diese gefährlichen
Stoffe im menschlichen Körper akkumuliert werden und
in großem Ausmaß in unserer Lebensumwelt
vorkommen. Eigentlich besitzen wir alle Erkenntnisse,
um schon jetzt einen Beschluss fassen zu können.
Für diese bromierten Flammschutzmittel, die in der
Zukunft zu einem großen Gesundheitsproblem werden
können, gibt es auch schon Ersatzstoffe. Ebenso wie
Herr Bowe meine auch ich, wir sollten einen
intelligenten Beschluss fassen. Das bedeutet in diesem
Fall, dass wir es wagen, uns an die Spitze zu stellen und
die Stoffe zu verbieten, von denen wir wissen, dass sie
gefährlich sind.
2-272
Hulthén (PSE).  (SV) Herr Präsident! Die bromierten
Flammschutzmittel stellen eine ernsthafte Gefahr für die
menschliche Gesundheit und die Umwelt dar. Nach
Jahrzehnten der industriellen Nutzung finden wir sie
überall,
in
Fisch,
Vogeleiern,
Eisbären,
112
landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Muttermilch.
Man könnte meinen, dies sei einem Propagandaartikel
einer
fundamentalistischen
Umweltorganisation
entnommen, aber dem ist nicht so. Einer der
Unterzeichner dieses Artikels ist der Generaldirektor des
Schwedischen Zentralamtes für Katastrophenschutz.
Sogar diese Behörde, die u. a. für den Brandschutz
zuständig ist, ist also bereit zu erklären, dass die
Flammschutzmittel ausgespielt haben.
Solchen Stimmen sollte man meiner Ansicht nach
Aufmerksamkeit schenken. Das stärkste Argument, das
in der Debatte gegen ein Verbot von OktaBDE und
DekaBDE angeführt wird, ist, dass die Menschen einer
Gefahr ausgesetzt werden, wenn nicht ausreichend
Flammschutzmittel in Gebäuden, Möbeln usw.
verwendet werden. Gleichzeitig wissen wir aber, dass es
Ersatzstoffe gibt, dass andere Materialien verwendet
werden können und die Produktion anders als bisher
gestaltet werden kann. Irgendwie ist es fast absurd, dass
wir gezwungen sind, Chemikalien zu einzusetzen, um
die heute in unseren Gebäuden verwendeten chemischen
Stoffe zu bekämpfen. Denn der Grund für ihre leichte
Brennbarkeit ist eben die Verwendung von Chemikalien
in unseren Produkten.
Die Kommission sollte wirklich intensiv darüber
nachdenken und gleichzeitig ernsthafte Anstrengungen
unternehmen, um auch OktaBDE und DekaBDE zu
verbieten. Die Frage ist, wie lange wir nach der
Auswertung auf ein Verbot oder eine Beschränkung der
Verwendung von OktaBDE und DekaBDE warten
müssen. Die Kommission hat erklärt, sie sei bereit,
schnell zu handeln. Aber wie zügig wird die
Kommission wirklich agieren?
2-273
Wallström, Kommission.  (SV) Herr Präsident!
Zunächst einmal möchte ich den Abgeordneten für ihr
Interesse an diesem Vorschlag danken. Meine besondere
Anerkennung gilt natürlich der Berichterstatterin Frau
Ries für ihre konstruktive Arbeit.
Dies ist eine wirklich bedeutsame Richtlinie, da mit ihr
ein
Verbot
der
Verwendung
von
Pentabromdiphenylether, PentaBDE, erreicht wird, das
sich in einer Risikobewertung als Umweltrisiko erwiesen
hat. Dieser Stoff wird in der Natur akkumuliert und
wurde, wie das hier bereits angesprochen wurde, auch in
Muttermilch nachgewiesen. Die Richtlinie ist sehr
weitgehend, denn sie bezieht sich auf sämtliche
Anwendungsbereiche von PentaBDE und alle Arten von
Erzeugnissen, die diesen Stoff enthalten. Grundlage
dafür ist das Vorsorgeprinzip. Die vorgeschlagene
Richtlinie wird die Brandgefahr oder Gefährdung der
Umwelt nicht erhöhen, denn es gibt bereits geeignete
Ersatzstoffe.
Ich verstehe und teile Ihre Beunruhigung hinsichtlich
anderer verwandter Stoffe, die nicht in den
ursprünglichen Geltungsbereich des Richtlinienentwurfs
aufgenommen wurden. Lassen Sie mich auf diese Frage
sowie auf das Problem des Timing näher eingehen.
09/04/2002
Die Kommission analysiert aktiv die mit den beiden
verwandten Stoffen OktaBDE und DekaBDE
verbundenen Risiken sowie die möglichen Brandrisiken
bei einem Verbot dieser Stoffe, wobei unser Ziel die
Verringerung
der
Gesamtrisiken
ist.
Die
Risikobewertung für OktaBDE und DekaBDE ist
demnächst fertig und wir rechnen damit, vor Jahresende
Informationen über die Konsequenzen eines Verbots
dieser Stoffe vorliegen zu haben. Das betrifft sowohl die
Begrenzung chemischer Risiken als auch eine mögliche
Verstärkung der Risiken aufgrund von Bränden.
Ausgehend von den Ergebnissen dieser Analysen wird
die Kommission dann zu Beginn des kommenden Jahres,
d. h. Anfang 2003, einen neuen Entwurf vorlegen.
Ferner werden wir auch allen betroffenen Parteien
deutliche Anweisungen zum beschleunigten Abschluss
der Bewertungen erteilen, um diese möglichst noch vor
Jahresende vorliegen zu haben. Aus diesen Gründen ist
es der Kommission im Moment nicht möglich, die
Änderungsanträge des Parlaments anzunehmen, die den
Geltungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie auch
auf das vollständige und direkte Verbot von OktaBDE
und DekaBDE ausdehnen würden. Das betrifft somit die
Änderungsanträge 1, 2, 3, 7, 8, 9 und 10.
Ebenso wenig können wir den Änderungsantrag
befürworten, der ein vollständiges Verbot von DekaBDE
ab dem 1. Januar 2006 vorschlägt, falls die
Risikobewertung ergeben sollte, dass diese Stoffe mit
Risiken behaftet sind. Denn wenn es sich als notwendig
erweisen sollte, können geeignete Maßnahmen schon
wesentlich früher in Kraft treten.
Ich kann Ihnen versichern, dass die Kommission bei der
ersten möglichen Gelegenheit bezüglich dieser Stoffe
unter Beachtung des Vorsorgeprinzips reagieren wird.
Darüber hinaus ist Ihnen hoffentlich auch bekannt, dass
die Kommission in ihrem Vorschlag für eine Richtlinie
über Beschränkungen des Inverkehrbringens und der
Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe in Elektround Elektronikgeräten ein Verbot dieser drei Stoffe Penta-, Okta- und Dekadiphenylether – angeregt hat.
Das betrifft den auch während dieser Sitzung
diskutierten Bericht des Abgeordneten Florenz. Lassen
Sie mich auch unterstreichen, dass die Kommission
dafür sorgen wird, dass der Anfang nächsten Jahres
fertiggestellte Vorschlag zu OktaBDE und DekaBDE
mit unserem Vorschlag über Beschränkungen des
Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser
gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten
vereinbar ist.
Da die Risikobewertung für OktaBDE und DekaBDE
bereits weit fortgeschritten ist, wird es der Kommission
möglich sein, erforderlichenfalls bereits wesentlich
früher als 2006 Maßnahmen zu ergreifen. Wenn die
Risikobewertung abgeschlossen und der Zugang zu
Ersatzstoffen gesichert ist, sollte festgestellt werden
können, in welchen Fällen eine Verwendung mit Risiken
behaftet ist. Dann können sofort geeignete Maßnahmen
ergriffen werden. Da diese Arbeit in Kürze
09/04/2002
abgeschlossen ist, sollte mit der Umsetzung der dann
beschlossenen Maßnahmen schon vor dem Jahr 2006
begonnen werden können.
Ausgehend von den Zusagen, die ich jetzt im Namen der
Kommission
gegeben
habe,
sehe
ich
der
schnellstmöglichen Annahme dieses äußerst dringlichen
Gesetzentwurfs mit Spannung entgegen. Ich danke Ihnen
für diese Aussprache.
2-274
Der Präsident. – Vielen Dank, Frau Kommissarin
Wallström!
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.
Bevor ich die Aussprache schließe, möchte ich unsere
Dienste darauf hinweisen, dass im Abänderungsantrag 4
die Formel für Diphenylether-Octabromderivat falsch
ist. Da steht C12H2Br10O. Die zwei Wasserstoffe müssen
raus.
(Die Sitzung wird um 23.37 Uhr geschlossen.) 6
6
Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll.
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09/04/2002
INHALT
SITZUNG AM DIENSTAG, 9. APRIL 2002
.................................................................5
Genehmigung des Protokolls der
vorangegangenen Sitzung .....................5
Beschluss über die Dringlichkeit ..........5
Entlastungen 2000 ..................................7
Europäische Agentur für Flugsicherheit
............................................................... 30
Nachruf .................................................. 35
Abstimmungen ..................................... 35
Verteidigungs- und Rüstungspolitik ... 46
Lage im Nahen Osten ........................... 65
Gemeinschaftliches Überwachungsund Informationssystem für den
Schiffsverkehr....................................... 86
Gemeinschaftspatent ........................... 90
Elektrische und elektronische Geräte
............................................................. 100
Gefährliche Stoffe und Zubereitungen:
Pentabromdiphenylether ................... 109
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