17. Sitzung - beim Kanton Aargau

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Art. 217-218
23. September 1997
17. Sitzung
23. September 1997, 09.30 Uhr
Vorsitzender:
Dr. Andreas Brunner, Oberentfelden
Protokollführer:
Marc Pfirter, Staatsschreiber
Tonaufnahme/Redaktion:
Norbert Schüler
Präsenz:
Anwesend 175 Mitglieder
Abwesend mit Entschuldigung 24 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Rolf Alder, Brugg; Bettina Bacher-Zimmermann,
Merenschwand; Fritz Baumgartner, Rothrist; Peter Beyeler, Rütihof; Dr. Andreas Binder, Baden; Edith Bopp-Saxer, Seengen; Hans Ulrich Fehlmann, Oberbözberg; Patrick Fischer, Bremgarten; Hans Hagenbuch-Spillmann, Oberlunkhofen; Rudolf Hug, Oberrohrdorf; Margrit Kuhn, Wohlen; Monika Kuhn, Wohlen; Doris Leuthard, Merenschwand; Thomas Lüpold, Möriken; Josef Muff,
Wohlen; Dr. Dragan Najman, Baden; Maurice Perrinjaquet, Menziken; Marianne Piffaretti-Bopp, Wohlen; Regine Roth-Gloor, Möhlin; Gisela Sommer, Wettingen; Dr. Heinz Suter, Gränichen; Dr. Theo Vögtli, Kleindöttingen; Ernst
Werthmüller, Holziken; Anita Wilhelm, Neuenhof
Protokoll:
Die Protokolle der 2. - 7. Sitzung sind vom Büro genehmigt.
Vorsitzender: Ich begrüsse Sie herzlich zur 17. Ratssitzung
der laufenden Legislaturperiode.
217
Mitteilungen
Vorsitzender: Das Büro hat den Sitzungskalender für das
Jahr 1998 festgelegt. Die Sitzungsdaten wurden den Ratsmitgliedern vergangene Woche per Post zugestellt.
Unvereinbarkeit mit dem Grossratsmandat: Anlässlich der
konstituierenden Sitzung vom 29. April 1997 wurde dem
Plenum im Rahmen der Genehmigung der Grossratswahlprotokolle durch den Kommissionspräsidenten eröffnet, dass
das Büro die Frage der Unvereinbarkeit bei allen Ratsmitgliedern überprüfen und das Plenum über das Ergebnis
informieren werde. Inzwischen wurden bei den Ratsmitgliedern die Angaben zur Offenlegung der Interessenbindungen
eingeholt. Das Büro hat die Überprüfung sorgfältig durchgeführt. Es ist einstimmig zum Schluss gekommen, dass aufgrund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen zurzeit bei
keinem Ratsmitglied eine Unvereinbarkeit festgestellt werden kann. In zwei Fällen wird die Rechtslage als unklar
beurteilt. In einem Fall handelt es sich um ein Ratsmitglied,
das mit einem privatrechtlichen Anstellungsvertrag im öffentlichen Dienst tätig ist. Im zweiten Fall amtiert ein Ratsmitglied zusätzlich als Friedensrichter. Diese Unklarheiten
sollen mittels einer Motion, die von einem Mitglied des
Büros in den nächsten Wochen eingereicht wird, auf Beginn
der kommenden Legislaturperiode beseitigt werden.
Gründung des Oberrheinrates: Ferner hat das Büro in seiner
letzten Sitzung vor einer Woche den Grossratspräsidenten
ermächtigt, anlässlich der Gründung des Oberrheinrates das ist ein Beratungs- und Koordinationsorgan der Parlamente für die grenzüberschreitenden Fragen am Oberrhein mitzuwirken und die entsprechende Gründungsvereinbarung
unter dem Vorbehalt der nachträglichen Zustimmung durch
den Grossen Rat zu unterzeichnen. Die nachträgliche Begrüssung des Plenums ergibt sich, weil die letzten offenen
Fragen erst im Verlauf dieser Woche geklärt werden und die
Gründungsversammlung auf den 20. Oktober festgesetzt
wurde.
Terminplanung für das kommende Quartal: Ich teile Ihnen
ferner mit, dass das Regierungsprogramm an der ersten
Sitzung nach den Herbstferien für den Grossen Rat noch
nicht behandlungsreif sein wird. Aus diesem Grund hat das
Büro beschlossen, die Sitzung vom 21. Oktober abzusagen.
Den Fraktionen wird empfohlen, diesen Tag für Fraktionssitzungen zu nutzen. Die nächste Bürositzung wurde auf den
18. November festgesetzt.
Bezüglich Wortmeldungen werden alle Votantinnen und
Votanten um frühzeitige Anmeldung beim Vizepräsidenten
gebeten und kurzfristige Anmeldungen per Handzeichen auf
das absolut Notwendige zu beschränken. Sie helfen damit
der Ratsleitung, die Debatten effizient und strukturiert zu
leiten.
Regierungsrätliche Vernehmlassungen an Bundesbehörden:
Vom 10. September 1997 an das Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement betreffend Alpentransitabgabegesetz (ATAG).
218
Neueingänge
1. Kantonale Schule für Berufsbildung; Jahresbericht
1996/97. - Geht an die Kommission für Erziehung, Bildung
und Kultur.
2. Gemeinde Schneisingen; Teiländerung Bauzonen- und
Kulturlandplan, Bau- und Nutzungsordnung. Vorlage des
306
17. Grossratsitzung vom 23. September 1997 (Vormittag) / 1. Entwurfexemplar vom 22. Oktober 1997
Regierungsrates vom 3. September 1997. - Geht an die Bau-
und Planungskommission.
Korrektur Neueingänge vom 2. September 1997: Bereinigung des Kantonsstrassennetzes 1997. Vorlage des Regierungsrates vom 13. August 1997. - Geht an die Bau- und
Planungskommission (und nicht an die Verkehrskommission).
Die monatliche Kinderzulage sei der Preisentwicklung per
1. Januar 1998 anzupassen.
219 Motion der CVP-Fraktion betreffend Aufgabenund Ausgabenteilung Kanton/Gemeinden im Erziehungswesen; Einreichung und schriftliche Begründung
Von der CVP-Fraktion wird folgende Motion eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Grossen Rat bis im
Jahr 2001 die nötigen Gesetzes- und Dekretsänderungsvorschläge zu unterbreiten, die dem Ziel einer weitestgehenden
Aufgaben- und Ausgabenentflechtung sowie einer klaren
Kompetenzzuweisung auf den beiden politischen Ebenen
Kanton/Gemeinden im Bereich Bildung und Erziehung
dienen.
Begründung:
Aufgrund der historischen Gegebenheiten, der Verfassungsdiskussion der Siebzigerjahre, des raschen qualitativen und
quantitativen Wachstums in den vergangenen zwei Jahrzehnten sowie des pragmatischen Vorgehens in vielen Fällen ist im Bereich Bildung und Erziehung das Netz der
Aufgabenzuweisung und der Kompetenzen eng, unübersichtlich und zum Teil widersprüchlich geknüpft worden.
Entscheidungs-, Mitwirkungs- und Finanzierungsebene sind
oftmals nur mühsam erkennbar oder völlig vermischt. In
Teilbereichen entscheiden eidgenössische oder kantonale
Organe das Was, Wie und Wann. Der Vollzug und die
Finanzierung aber werden den Gemeinden oder andern
Trägerschaften wie Gemeindeverbände oder Vereine überlassen. Überschneidungen, mangelnde Führungsmöglichkeiten und geringe Flexibilität sind die Folge. Sie beeinträchtigen im Zeitalter gewandelter, hoher Ansprüche an die Ausgebildeten letztlich deren Kompetenz und erweisen sich als
Hindernisse für zeitgemässe Neuregelungen, z. B. betreffend
Führung, Organisation, Besoldung des Lehr- und Verwaltungspersonals!
Mit dem Leitbild Schule liegt ein Konzept vor, das die
Entscheidungskompetenzen und die Finanzflüsse im Bereich
Bildung und Erziehung klarer regeln will. Der bestehende
Handlungsbedarf soll nun energisch und rasch abgedeckt
werden. Auch die anstehenden Schulgesetzänderungen
verlangen ein klares Finanzierungskonzept und gezieltes
Bewirtschaftungssystem.
220 Motion der SP-Fraktion betreffend Anpassung der
Kinderzulagen an die Preisentwicklung; Einreichung
und schriftliche Begründung
Von der SP-Fraktion wird folgende Motion eingereicht:
Begründung:
Der Grosse Rat ist ermächtigt, die monatliche Kinderzulage
auf Beginn eines Kalenderjahres in dreijährigen Perioden
der Preisentwicklung anzupassen (§ 7 Abs. 3 des Gesetzes
über Kinderzulagen für Arbeitnehmer).
Kinderzulagen sind ein wesentlicher Lohnbestandteil, um
unter anderem die Ausbildung der Kinder zu unterstützen.
Mit der Anpassung an die Teuerungsentwicklung wird der
wirtschaftlichen Situation Rechnung getragen. Der Grosse
Rat hat bis jetzt regelmässig von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht.
221 Motion Christian Stebler, Hirschthal, betreffend
Änderung des Gesetzes über die politischen Rechte
(GPR) bezüglich Wahl von Behördenmitgliedern in stiller Wahl; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Christian Stebler, Hirschthal, und 17 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Motion eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat sei zu beauftragen, dem Grossen Rat
Bericht und Antrag zur Revision von § 33 GPR (SAR
131.100) zu unterbreiten, mit dem Ziel die Bestimmung so
zu ändern, dass die Stimmbürger die Namen vorgeschlagener Kandidaten vor ihrer Wahl kennen.
Begründung:
Das Aargauische Wahlgesetz lässt in seiner heutigen Form
eine Behördenwahl ohne eindeutige demokratische Legitimation zu. So ist es möglich, dass den Stimmbürgerinnen
und -bürgern die Personalien von Kandidatinnen oder Kandidaten erst nach deren stillen Wahl bekannt werden.
Nach geltender Ordnung können nach dem ersten Wahlgang
auch Kandidaten, die am ersten Wahlgang nicht teilgenommen haben, vorgeschlagen werden. Sind im zweiten Wahlgang nicht mehr wählbare Kandidaten vorgeschlagen als zu
wählen sind, werden die Vorgeschlagenen von der anordnenden Behörde bzw. vom Wahlbüro als in stiller Wahl
gewählt erklärt. Eine Veröffentlichung der Namen der Kandidaten vor der Wahl ist nicht vorgesehen.
Es ist denkbar, dass bei Publikation der angemeldeten Kandidaten, je nach Bewerbung, innerhalb einer festzulegenden
Frist noch weitere Kandidaturen eingereicht werden. Da dies
nach geltender Ordnung nicht mehr möglich ist, leidet die
demokratische Legitimation der in stiller Wahl bestätigten
Behördenmitglieder.
222 Postulat Leo Erne, Döttingen, betreffend Einführung der Fünf-Tage-Woche an den Aargauer Schulen;
Einreichung und schriftliche Begründung
Text:
307
Art. 217-218
Von Leo Erne, Döttingen, und 20 mitunterzeichnenden
Ratsmitgliedern wird folgendes Postulat eingereicht:
23. September 1997
Der Regierungsrat wird eingeladen, angesichts der Vernehmlassungsergebnisse im Rahmen der Teilrevision des
Text:
Schulgesetzes vom 17. März 1981 für die Fünf-Tage-Woche
die kantonsweite Einführung zu beantragen.
Begründung:
223 Postulat Reinhard Keller, Seon, betreffend Information der Öffentlichkeit über die Tätigkeit des Regierungsrates; Einreichung und schriftliche Begründung
Am 18. März 1997 hat sich der Grosse Rat im Rahmen der
Behandlung der Vorlage 7425 (Schulversuch Fünf-TageWoche) dafür ausgesprochen, die Fünf-Tage-Woche in
Anlehnung an das Leitbild Schule Aargau gemeindeweise
einzuführen. Er wählte dieses Vorgehen mit Rücksicht auf
einen möglichst grossen Handlungsspielraum für die Gemeinden. Die familienpolitischen und regionalpolitischen
Nachteile nahm er in Kauf.
Von Reinhard Keller, Seon, und 26 mitunterzeichnenden
Ratsmitgliedern wird folgendes Postulat eingereicht:
Im Entwurf vom 4. Juni 1997 für die 1. Etappe der Teilrevision des Schulgesetzes setzte der Regierungsrat in Paragraph
7 Abs. 3 den Beschluss um: Die Schulträger sollen entscheiden, ob der Unterricht allenfalls von Montag bis Freitag
dauern soll.
Die Verfassung des Kantons Aargau sagt in § 73 Abs. 1 klar
und deutlich: "Die Öffentlichkeit wird laufend über die
Tätigkeit der Behörden informiert."
Die am 25. August 1997 abgeschlossene Vernehmlassung
und viele Reaktionen aus der Bevölkerung lassen erkennen,
dass weite Kreise (beispielsweise Eltern, Familien, Schulpflegen, Jugendverbände, kleinere und mittlere Gemeinden
mit nachbarschaftlicher Zusammenarbeit) die kantonsweite
Einführung wünschen. Administrativer Leerlauf mit unnötigem Aufwand (Vielzahl von einzelnen Urnengängen),
Schein-Autonomie bei den Gemeinden angesichts der regionalen Verflechtungen und Einigkeit im Grundsatz werden
als Argumente genannt.
Die langjährigen Schulversuche haben gezeigt, dass auf
allen Stufen der Volksschule, inklusive Bezirksschule, eine
Umstellung mehr Vor- als Nachteile bringt. Eine überwiegende Mehrheit der Eltern-, Schüler- und Lehrerschaft in
allen Versuchsgemeinden äusserte sich positiv zur Umstellung des Schulbetriebes auf die Fünf-Tage-Woche und
möchte nicht mehr auf die alte Regelung zurückkommen.
Der Regierungsrat wird eingeladen, angesichts des offenkundigen Willens der hauptsächlich Betroffenen den Gesetzes-Entwurf für die kommende Behandlung im Grossen Rat
so zu modifizieren, damit die Einführung kantonsweit erfolgt. Ein Blick zurück zeigt, dass für die seinerzeitige Umstellung des Schulbeginns auf den Spätsommer letztlich der
Druck von unten entscheidend war.
Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die bereits auf Gemeindeebene eingeführten Fünf-Tage-Woche-Regelungen,
unabhängig vom Ausgang der Volksabstimmung, weiterhin
zu gewährleisten sind. Angesichts infrastruktureller Aufgaben in grösseren Gemeinden könnte der Regierungsrat eine
Übergangsphase auf dem Verordnungsweg regeln. Bei den
Kantonalen Schulen (Mittelschulen) könnte die Entscheidung den einzelnen Schulen überlassen werden.
Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, die Öffentlichkeit laufend über seine Tätigkeit in den Medien zu informieren.
Begründung:
Über die Grossratsverhandlungen orientieren die Medien
von sich aus regelmässig. Viele Gemeinderäte lassen periodisch Berichte über ihre wichtigsten Geschäfte in den Medien erscheinen. Doch der Regierungsrat hüllt sich in Schweigen. Die Bürgerin, der Bürger kann sich kein Bild davon
machen, mit welchen gewichtigen Themen, welchen politischen Schwerpunkten die Regierung Woche für Woche
beschäftigt ist. Jedoch: Mitdenken und Einfluss nehmen
können ist abhängig vom Stand der persönlichen Information. Deshalb drängt sich eine sofortige, regelmässige Informationstätigkeit der angesprochenen Behörde auf. Es geht
ausdrücklich nicht darum, grosse Informationskonzepte,
Leitbilder oder Langfristprogramme zu entwickeln. Es geht
schlicht darum, laufend das Wesentliche und der Öffentlichkeit Zugängliche aus den Verhandlungen des Regierungsrates darzustellen.
224 Interpellation der SP-Fraktion betreffend Durchgangsplätze im Kanton Aargau für Jenische; Einreichung und schriftliche Begründung
Von der SP-Fraktion wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Das gleichlautende Postulat der SP vom 21. März 1995
wurde am 21. November mit 83:33 Stimmen vom Grossen
Rat überwiesen. Leider wurde verpasst, die Frage der
Durchgangsplätze in der Richtplanung zu diskutieren und
dort aufzunehmen.
Wir stellen deshalb dem Regierungsrat folgende Fragen:
Wie gedenkt der Regierungsrat die unbestrittenen Anliegen
der Jenischen weiterzubehandeln?
Wo sieht der Regierungsrat Möglichkeiten für Durchgangsplätze?
Das Fehlen offizieller Durchgangsplätze bedeutet für Jenische, dass sie viel Zeit dazu verwenden müssen, Standplätze
zu suchen und dass ihnen dadurch oft zwei Tage Arbeitszeit
verloren gehen. Offizielle Durchgangsplätze sollen dieser
308
23. September 1997
Art. 219-222
Not Abhilfe schaffen und den Jenischen ermöglichen, ihrer
Erwerbsarbeit nachzugehen. Es ist höchste Zeit, dass auch
der Kanton Aargau dafür sorgt, dass dieses Verfassungsrecht
für die Jenischen verwirklicht wird. Es geht
nicht an, dass der Aargau Minderheiten weiterhin diskriminiert.
5. Wurden oder inwieweit werden bei der zukünftigen Planung bzw. den zukünftigen Entscheiden die hinterliegenden
Gemeinden in diese Verkehrsplanung einbezogen?
225 Interpellation Walter Böhlen, Niederrohrdorf,
betreffend Coop Supercenter in Baden Dättwil; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Walter Böhlen, Niederrohrdorf, und 19 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Vor einiger Zeit hat die HAVEG in Baden Dättwil die Tore
geschlossen. Seither ist das Geschäftshaus ungenutzt. Der
Coop wollte die Chance wahrnehmen und ein Coop Supercenter in diesem Gebäude einrichten. Mit diesem Vorhaben
hätten längerfristig zusätzliche Arbeitsplätze (ca. 50) geschaffen werden können. Im weiteren wäre eine Weiterbenutzung der vorhandenen Bausubstanz möglich gewesen.
Im kantonalen Richtplan ist dieses Gebiet, meines Wissens,
als Gewerbezone ausgeschieden. Trotzdem wurde das Vorhaben vom Stadtrat Baden und dem Baudepartement des
Kantons Aargau abgelehnt. Die Ablehnung wird unter anderem mit verkehrstechnischen Problemen begründet, was
sicher aus der heutigen Sicht eine gewisse Berechtigung hat.
Im gleichen Einzugsgebiet sind noch weitere nicht genutzte
Gebäude und Areale, für deren Nutzung eine Baueingabe
vorliegt. Weitere Bauprojekte werden sicher noch folgen.
2.
Die Kantonsstrasse, über welche dieses Einzugsgebiet erschlossen wird, ist ebenfalls die Hauptstrasse nach Baden
und die Zubringerstrasse zur Autobahn A1. Im regionalen
Verkehrskonzept wird darauf wenig Rücksicht genommen.
Es konzentriert sich im wesentlichen auf den öffentlichen
Verkehr und dies auf Kosten des Privatverkehrs. In Gewerbegebieten muss man mit vermehrtem Verkehrsaufkommen
rechnen. Die Verkehrsplanung sollte zusätzlich zur Zukunftsentwicklung des Gebietes Dättwil auch die Entwicklung in den umliegenden Gemeinden berücksichtigen.
226 Interpellation Damian Keller, Endingen, betreffend
Auszahlung von bewilligten Kantonsbeiträgen bei Gemeindebauvorschriften; Einreichung und schriftliche
Begründung
Von Damian Keller, Endingen, und 19 mitunterzeichnenden
Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Verschiedene Gemeindebauvorhaben werden, je nach Finanzkraft der betroffenen Gemeinde, mit kantonalen Mitteln
mitfinanziert. Es ist jedoch festzustellen, dass die bewilligten kantonalen Mittel zunehmend erst mehrere Jahre nach
der Realisierung ausbezahlt werden. Dies verärgert die
Gemeinden zu Recht.
Der Regierungsrat wird eingeladen, zu folgenden Fragen
Stellung zu nehmen:
1. In der Botschaft des Regierungsrates zur Staatsrechnung
1996 ist auf Seite 3 aufgeführt, dass die fälligen Verpflichtungen gegenüber den Gemeinden termingerecht erfüllt
werden. Wie ist diese Aussage mit den in der Praxis anzutreffenden Vorkommnissen zu rechtfertigen (siehe Beilagen
Gemeinden Endingen und Tegerfelden)?
Ist der Regierungsrat bereit, bei Bauvorhaben, bei welchen
der Kanton der Bauherr ist und die Gemeinde mitfinanziert,
Gegenrecht zu halten? Dies hiesse, dass der Kanton die von
der Gemeinde zu finanzierenden Mittel dann ausbezahlt
bekommt, wenn der Gemeindefinanzplan dies erlaubt, resp.
der Gemeindeversammlungsbeschluss dies vorsieht.
3. Ist der Regierungsrat bereit, Massnahmen zu ergreifen,
damit die Gemeinden innert spätestens 2 Jahren nach Fertigstellung der Baute die bewilligten Kantonsbeiträge ausbezahlt erhalten?
Ich bitte den Regierungsrat zu folgenden Fragen Stellung zu
nehmen:
Wenn Ja, wie gedenkt der Regierungsrat die praktische
Umsetzung vorzunehmen?
1. Welches sind die Gründe, dass das Baudepartement des
Kantons Aargau den ablehnenden Entscheid der Stadt Baden unterstützt?
Wenn Nein, ist der Regierungsrat bereit, die von den Gemeinden getätigte Finanzbevorschussung zu verzinsen?
2. Wie war der zeitliche Ablauf des Verfahrens?
3. Besteht für dieses Gebiet ein kantonales Verkehrskonzept?
3.1 Wenn nicht, bis wann liegt ein solches vor?
3.2 Wenn ja, wie kann es zu einer solchen Fehlplanung
kommen?
4. Wie wird die Zufahrt aus den Gemeinden Fislisbach,
Mellingen und dem Rohrdorferberg nach Baden und auf die
Autobahn A1 sichergestellt?
307
Beilage:
Gemeinde Endingen: Staatsbeitragszusicherung für Schulhausrenovation mit Schreiben vom 25. Januar 1995 für das
Jahr 2000
Gemeinde Tegerfelden: Staatsbeitragszusicherung für Regenbecken mit Schreiben vom 20. August 1997 für das Jahr
2007
227
Zur Traktandenliste
Art. 223-224
23. September 1997
Vorsitzender: Ich beantrage Ihnen, neu ein Traktandum 14
einzufügen. Das Büro wird noch heute über einige Änderungen auf Antrag der FDP-Fraktion bei den Kommissions-
zugehörigkeiten entscheiden. Diese Kommissionsersatzwahlen sollen Ihnen am Ende der Sitzung gemäss § 8 der Geschäftsordnung zur Kenntnis gebracht werden.
228 Gesetz zur Anpassung der Führungsstrukturen;
Redaktionslesung
Vorsitzender: Es liegen hiezu keine Wortmeldungen vor. Im
übrigen ergehen zu den Anträgen der Kommission keine
Änderungen.
(vgl. Art. 199 hievor)
Vorsitzender: Wir unterziehen das in der Sitzung vom
16. September 1997 in zweiter Beratung verabschiedete
Gesetz zur Anpassung der Führungsstrukturen der Redaktionslesung.
Ich begrüsse auf der Regierungsbank Herrn Dr. Ernst Roduner, Präsident des Obergerichts.
Christine Roth-Stiefel, Zetzwil, Präsidentin der Redaktionskommission: Die Redaktionskommission hat an ihrer Sitzung vom 16. September in Anwesenheit von vier Kommissionsmitgliedern den Wortlaut des Gesetzes zur Anpassung
der Führungsstrukturen festgelegt. Ein Mitglied war entschuldigt. Zu unserer Beratung standen Herr Dr. Rudolf
Rohr, Referent der Staatsrechnungskommission, Herr Urs
Martin, Adjunkt DSS Finanzdepartement, und Herr Stefan
Roth, Chef Justizabteilung, Departement des Innern, zur
Verfügung. Für das Protokoll war Herr Urs Meier, Staatsschreiber-Stellvertreter, zuständig. Herrn Meier danke ich an
dieser Stelle ganz besonders für seinen Einsatz. Ich möchte
aber hier auch mit aller Dringlichkeit festhalten, dass Kommission und Protokollführer mehr Zeit für ihre Arbeit benötigen als bei diesem Gesetz zur Verfügung stand.
Die Anträge der Redaktionskommission liegen Ihnen in
Form der grünen Synopse vor. Grundsätzlich versucht die
Kommission jeweils, soweit möglich, eine bestimmte Ordnung in der Darstellung einzuhalten. Aus diesem Grund
haben wir die Numerierung und die Darstellung an das
nächstfolgende Gesetz angepasst. Zu beachten ist auch, dass
diese beiden Gesetze aus Änderungen mehrerer Gesetze
bestehen und als eigene Gesetze ausser in der Volksabstimmung nie existieren werden.
Ich komme zu den einzelnen Anträgen, soweit sie erklärungsbedürftig sind.
1. Organisationsgesetz
§ 5a (neu) Abs. 2 : Selbstverständlich lautet der Antrag:
" ... gemäss § 26a des Finanzhaushaltgesetzes...".
§ 9 Abs. 1, Abs. 2: Der durch den Grossen Rat hinzugefügte
Satz 3 des Absatzes 2 gehört sinngemäss in den Abs. 1. Die
Redaktionskommission beantragt Ihnen zudem, den Absatz
2 zu beginnen mit: Der Regierungsrat... Erlauben Sie mir die
Bemerkung, dass dieser Antrag ebenfalls der "Aufholjagd",
die dieses Gesetz hinter sich hat, zum Opfer gefallen ist.
Zustimmung
2. Gesetz über den Finanzhaushalt des Kantons Aargau
(Finanzhaushaltsgesetz, FHG)
§ 26a (neu): Hier beantragt Ihnen die Redaktionskommission die gleiche Formulierung wie in § 5a (neu) des Organisationsgesetzes zu wählen.
Abstimmung:
Der redaktionell bereinigten Fassung des Gesetzes, wie sie
aus den Beratungen hervorgegangen ist, wird mit grosser
Mehrheit zugestimmt.
Vorsitzender: Das Gesetz ist somit beraten und geht in die
Abstimmung.
229 Gesetz über Massnahmen zur Erneuerung der
Justiz; Redaktionslesung
(vgl. Art. 181 hievor)
Vorsitzender: Wir unterziehen das in der Sitzung vom
9. September 1997 in zweiter Beratung verabschiedete
Gesetz über Massnahmen zur Erneuerung der Justiz der
Redaktionslesung.
Christine Roth-Stiefel, Zetzwil, Präsidentin der Redaktionskommission: Am 15. September haben drei Mitglieder der
Redaktionskommission die Vorlage beraten und stellen
Ihnen einstimmig ihre Anträge in der vorliegenden grünen
Synopse. Zwei Kommissionsmitglieder waren entschuldigt.
Ferner waren anwesend: Herr Dr. Ernst Roduner, Präsident
des Obergerichts, Frau Dr. Monika Fehlmann, Mitarbeiterin
in der Justizverwaltung, Herr lic. iur. Urs Hodel, Chef Justizverwaltung, Herr Dr. Beat Edelmann, Präsident der vorberatenden Kommission, Herr lic. iur. Stefan Roth, Departement des Innern und Herr Urs Meier, StaatsschreiberStellvertreter.
1. Gerichtsorganisationsgesetz (GOG): Wiederum beschränke ich mich auf die wesentlichen Anträge. Das Obergericht
wurde gebeten, im Zusammenhang mit der Bezeichnung des
Obergerichtspräsidenten die Begriffsbezeichnungen "Gesamtgericht" und "Obergericht" zu überprüfen. Es wurde
festgestellt, dass zwei verschiedene Begriffe verwendet
werden: einmal ist die Rede von "Präsident des Gesamtgerichtes (§§ 3 Abs. 2, 49 Abs. 1, 54 Abs. 1 und 59 Abs. 1
GOG) ein anderes Mal von "Präsident des Obergerichtes"
(§§ 14, Abs. 2 und 35 Abs. 1 GOD). Die Bezeichnung
"Präsident des Obergerichtes" sei vorzuziehen, weil sie sich
mit der gebräuchlichen Bezeichnung "Obergerichtspräsident" deckt und das Obergericht das umfassendere Gremium
ist. Die Redaktionskommission befand diese Argumentation
für richtig und stellt Ihnen die entsprechenden Anträge in
den §§ 3 Abs. 2, 49 Abs. 1, 54 Abs. 1 und 59 Abs. 1
§ 40 Abs. 1: Es handelt sich nicht um eine materielle Änderung, da Budget und Stellenplan die Zahl der Gerichtsschreiber festlegen.
4. Zivilrechtspflegegesetz
§ 167 Abs. 4: Das Komma zwischen den Punkten muss
gestrichen werden.
310
23. September 1997
Art. 225-227
§ 455 (neu): Gerne hätte die Redaktionskommission diesen
Paragraphen an den Anfang gestellt, dies ist aber aus syste5. Gesetz über die Strafrechtspflege (Strafprozessordnung,
StPO)
matischen Gründen nicht möglich.
§ 184 Abs. 2: Ich beantrage Ihnen, "wegen welcher" durch
"derentwegen" zu ersetzen. Der Satz lautet somit wie folgt:
"Der Kläger hat den Beklagten zu bezeichnen und die Handlungen oder Äusserungen zu nennen, derentwegen er Bestrafung verlangt."
Christine Roth-Stiefel, Zetzwil, Präsidentin der Redaktionskommission: Wir befinden uns hier in der Redaktionslesung
eines Gesetzes, das darin besteht, sechs verschiedene Gesetze zu ändern. Der Grosse Rat hat die zweite Lesung verabschiedet. Wir haben aus allen sechs Gesetzen nur einzelne
Paragraphen revidiert. Ich bitte Sie deshalb, auch im Sinne
des Grossratsbeschlusses über Teilrevisionen, nicht hier in
bestehende Gesetze zugunsten einer sprachlichen Gleichstellung einzugreifen. Gerne hätte die Redaktionskommission
auch bei anderen Formulierungen Änderungen beantragt, sie
hat dies aus denselben Gründen unterlassen. Ich bitte Sie um
Ablehnung des Antrages von Martin Christen!
Zustimmung
Martin Christen, Turgi: Im Auftrag der SP-Fraktion stelle
ich einen Antrag zu § 1a auf der ersten Seite bzw. bezieht
sich dieser Antrag auf alle übrigen Legaldefinitionen in
dieser Botschaft, d. h. auf die Legaldefinition auf Seite 4
und 5. Die SP-Fraktion stellt sich grundsätzlich gegen solche Legaldefinitionen, auch wenn es sich um Gesetzesrevisionen handelt. Darum stellen wir den Antrag, dass auf diese
Legaldefinition in dieser Form zu verzichten sei und dass
zweitens sämtliche Paragraphen geschlechtsneutral zu formulieren seien bzw. im Sinn der sprachlichen Gleichbehandlung und zwar aus folgenden Gründen: Legaldefinitionen sind nach Erachten der SP-Fraktionen und vieler Juristinnen und Juristen sicher nicht geschlechtergerecht. Hier in
diesem Fall stehen 102 männliche Personenbezeichnungen
drei weiblichen Personenbezeichnungen gegenüber; also ein
krasses Missverhältnis. Zweitens: Legaldefinitionen stehen
im Widerspruch zum Prinzip, dass Gesetzestexte aus sich
selbst heraus verständlich sein sollten. Wenn nur männliche
Personenbezeichnungen vorkommen, bekommt man den
Eindruck, dass nur männliche Personen diese Funktionen
ausüben könnten. Drittens: Das wortwörtliche Zitieren von
Gesetzestexten wird verunmöglicht mit solchen Legaldefinitionen. Im Prinzip sind ja bei den männlichen Funktionsbezeichnungen die Frauen immer mitgemeint und wenn wir
Gesetzestexte wortwörtlich zitieren, können wir bei Zitaten
das nicht berücksichtigen. Viertens: In der Abstimmungsbroschüre, die die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu
lesen haben, kommen ja nur männliche Formulierungen vor
und sehr viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger stossen
sich heute daran, dass Gesetzestexte nur männlich formuliert
sind. Viele Leute verstehen nicht, dass nur Männer Richter,
Oberrichter, Ersatzrichter sein sollen, dass offenbar Frauen
verhindert sein sollen. Fünftens: Stossend ist das besonders
bei Dingen, bei denen klar ist, dass auch Frauen beteiligt
sind, beispielsweise wenn es um Scheidungen geht. Hier
wird nur von "Klägern" und "Beklagten" gesprochen, so als
ob es im Kanton Aargau nur um homosexuelle "Ehen"
ginge. Das ist besonders stossend. Sechstens: Der Grosse
Rat muss sich keineswegs an die Richtlinie des Regierungsrates vom 11. August 1993 halten. Diese Richtlinie hat ja
nicht einmal den Stellenwert einer Verordnung. Der Grosse
Rat kann sich vollkommen über diese Richtlinie hinwegsetzen. Siebtens: Die Formulierungen in diesem Gesetzestext
hier widersprechen ganz klar dem Gleichheitsartikel Nr. 4 in
der Bundesverfassung. Achtens: Der achte Grund ist der,
dass in den Gerichten, besonders im Obergericht, des Kantons Aargau die Frauen untervertreten sind. Mit der Formulierung in diesen Gesetzen wird dieser Zustand sprachlich
zementiert und auch noch gerechtfertigt. Aus diesen Gründen ist die SP-Fraktion gegen diese Legaldefinition und
bittet Sie, diese Legaldefinition zu streichen und sämtliche
309
Paragraphen geschlechtsneutral im Sinne der sprachlichen
Gleichbehandlung zu formulieren.
Abstimmung:
Der Antrag Christen wird mit Mehrheit, bei 42 befürwortenden Stimmen, abgelehnt.
Vorsitzender: Im übrigen ergehen zu den Anträgen der
Kommission keine Änderungen. Der redaktionell bereinigten Fassung des Gesetzes, wie sie aus den Beratungen hervorgegangen ist, wird stillschweigend zugestimmt.
Christine Roth-Stiefel, Zetzwil, Präsidentin der Redaktionskommission: Ich danke allen beteiligten Mitgliedern des
Obergerichtes, der Verwaltung, der Kommission und des
Grossen Rates für Ihre Mitarbeit.
230 Darlehen des Kantons Aargau an den Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung; Verpflichtungskredit; Bewilligung; Eingehen einer Höherverschuldung;
Ermächtigung an Regierungsrat; fakultatives Referendum; Auftrag an Staatskanzlei
(Vorlage vom 2. Juli 1997 des Regierungsrates)
Martin Bossard, Kölliken, Referent der Staatsrechnungskommission: Das Geschäft Nummer 97.003605 hat es in
sich: zur Finanzierung des Defizits der Arbeitslosenkasse
zieht der Bund die Kantone zur Verantwortung und verlangt
von ihnen Darlehen. Er stützt sich dabei auf Artikel 90 des
Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG), wonach
Bund und Kantone verpflichtet sind, zur Deckung des Defizits der ALV Darlehen zu gewähren. Der Kanton Aargau
soll für die Jahre 1997 bis 2001 260,9 Mio. beisteuern. Die
Entwicklung der ALV wurde sowohl vom Regierungsrat als
auch von der Staatsrechnungskommission angesichts der
wirtschaftlichen Entwicklung als schwer voraussehbar und
bedenklich erachtet.
Insbesondere ist der wichtigste Faktor - die Zahl der ALVberechtigten Erwerbslosen - nicht absehbar. Trotz Silberstreifen am Horizont könnte die vom BIGA prognostizierte
Zahl von 115'000 (Seite 2 der Botschaft, unten) für das Jahr
2001 zu optimistisch sein, was sofort ein wesentlich höheres
Defizit der ALV nach sich ziehen würde.
Die Vorlage, die ich Ihnen jetzt präsentiere, befasst sich
deshalb vorsichtigerweise erst mit dem Zeitraum bis Ende
Art. 228-229
1999. Die Regierung verlangt darin einen Verpflichtungskredit von Fr. 150 Mio. als Rahmenkredit für die Deckung
Gesetzliche Grundlagen, Finanzierung: Einige Bemerkungen
zu den gesetzlichen Grundlagen und zur Finanzierung der
ALV. Die ALV wird durch einen Beitrag von 2 % bis zum
Maximallohn von Fr. 8'100 brutto/Monat finanziert, und
zwar hälftig durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Seit 1.
Januar 1996 wird zusätzlich ein Lohnprozent bis zum Monatslohn von Fr. 20'250 brutto erhoben. Dieses Prozent
dient zur Amortisation der bis Ende 1995 aufgelaufenen
Schulden der ALV und ist bis zum Jahr 2000 befristet.
Darüber hinaus sind die Kantone per Bundesgesetz verpflichtet, der ALV Darlehen zu gewähren. Die Kantone
haben nach Finanzkraft-Index und Anzahl Wohnbevölkerung zu zahlen. Dieser Zwang gab einzelnen Mitgliedern der
Staatsrechnungskommission Anlass, sich über die ALVPolitik des Bundes zu beschweren, die als verfehlt taxiert
wurde. Andere wiederum sahen in der Shareholder valueorientierten Arbeitgeber-Politik die Ursache für die Misere.
Die Schuldfrage konnte in der Folge nicht abschliessend
geklärt werden und spielt für die Beschlussfassung zu diesem Geschäft meines Erachtens auch keine Rolle. Fest steht
eigentlich nur, dass die Kantone im Prinzip nur frei sind, zu
wählen, ob sie das Geld a) in eigener Regie aufnehmen oder
b) durch den Bund aufnehmen lassen wollen. Der Kanton
Aargau arbeitete bis Ende 1996 nach Variante a), indem er
teils liquide Mittel, teils zusätzliches Fremdkapital verwendete. Die Eigenfinanzierung erwies sich aber mit der Zeit als
Nachteil: insbesondere finanztechnische, v.a. zeitliche Abstimmungsschwierigkeiten zwischen Bund und Kanton
veranlassten den Aargau, neu wie die meisten anderen Rantone den Wechsel zu Variante b) zu vollziehen und die
Regie dem Bund zu überlassen. Der ALV-Ausgleichefonds
verzinst die Darlehen zu einem festen, den Beschaffungskosten des Bundes entsprechenden Zinssatz, welcher den
Kantonen vom Bund 1:1 weitergegeben wird. Bei allen
Berechnungen wird im übrigen davon ausgegangen, dass am
28. September der Bundesbeschluss über die Finanzierung
der Arbeitslosenversicherung durch das Volk angenommen
wird, ansonsten alle Zahlen nach oben zu korrigieren wären.
Bisher gewährte Darlehen, Erwartungen für die Zukunft:
Der Kanton hat seit 1993 bereits drei Verpflichtungskredite
von insgesamt Fr. 185 Mio. bewilligt. Bis auf Fr. 1,3 Mio.
wurden diese Verpflichtungskredite ausgenutzt. Ein neuer
ist deshalb fällig. Auf der Basis der BIGA-Prognosen sind
bis Ende 1999 Darlehen von Fr. 155,9 Mio. durch den
Kanton AG aufzubringen. Davon laufen Fr. 23,1 Mio. noch
über die bisherigen Verpflichtungskredite, so dass rein
rechnerisch Fr. 132,8 Mio. zu beschaffen sind. Der Regierungsrat rechnet vorsichtig und addiert Fr. 17 Mio. Reserve.
Er schlägt Ihnen deshalb die runde Zahl von Fr. 150 Mio.
vor.
Auswirkungen auf die Staatsrechnung, finanzrechtliche
Situation: Gemäss Finanzhaushaltsdekret wird ein Darlehen
des Verwaltungsvermögens nicht der Verwaltungsrechnung
belastet, sofern es angemessen verzinst wird. Es wird in
diesem Fall in der Bestandesrechnung aktiviert. Solche
Darlehen müssen allerdings durch den Grossen Rat aufgrund
einer besonderen Vorlage beschlossen werden, wozu uns der
Regierungsrat heute auffordert. Der Ausgabenbeschluss
selber untersteht nicht dem fakultativen Referendum, da der
Kanton aufgrund des Bundesgesetzes keine Handlungsfrei-
23. September 1997
der vom Bund prognostizierten Tranchen.
heit hat. Hingegen untersteht die langfristige Fremdgeldaufnahme zur Finanzierung des Darlehens des Verwaltungsvermögens dem fakultativen Referendum (Kantonsverfassung § 63).
Diskussion in der Staatsrechnungskommission: Zum Ausdruck gebracht wurden Ohnmachtsgefühle gegenüber der
Bundesgesetzgebung, welche schliesslich auch einzelne
Mitglieder veranlassten, das Geschäft abzulehnen oder sich
der Stimme zu enthalten, "um ein Zeichen zu setzen. Auch
wurde die Gefahr erwähnt, dass aufgrund des jetzt geltenden
Finanzierungsschlüssels Kantone benachteiligt werden
könnten, welche "ihre Finanzen in Ordnung halten". Mit
diesen Bedenken konnte die Staatsrechnungskommission
der Vorlage ohne Änderungen zustimmen. Das Ergebnis der
Schlussabstimmung in der Kommission lautete 11 ja zu 2
nein bei einer Enthaltung und 3 Absenzen. Die Staatsrechnungskommission empfiehlt Ihnen somit dieses Geschäft zur
Annahme.
Daniel Knecht, Windisch: Ich möchte hier nicht in den Chor
derjenigen einstimmen, die dieses Geschäft sang- und klanglos absegnen, sondern darauf hinweisen, was wir wirklich
tun. Mit diesen Darlehen generieren wir unserem Kanton
und unseren Nachfolgern Altlasten, - Altlasten finanzieller
Natur. Wir gewähren hier Darlehen, nennen sie so und
gaukeln uns vor, dieses Geld komme vollumfänglich je
wieder zurück. Ich habe in diesem Rat bereits bei der Bewilligung der letzten Tranche 1994 darauf hingewiesen. Nun
haben wir eine neue Vorlage über 150 Millionen Franken
als erste Tranche eines Gesamtpaketes von 261 Mio. Franken oder rund 50 Millionen pro Jahr. Meine Damen und
Herren, das sind 5 Staats-Steuerprozente pro Jahr. Es ist mir
absolut klar, dass wir rechtlich zu diesen Zahlungen verpflichtet sind und ich will diese Vorlage hier auch nicht
bekämpfen. Nicht die Richtigen würden danach die Folgen
treffen. Ich möchte aber klar zum Ausdruck bringen, wie wir
in der Wirtschaft mit solchen Darlehen verfahren müssen
und wie es die Kostenwahrheit und die Ehrlichkeit auch
unserem Kanton, unserem Staat gebieten würde. Solche
Darlehen werden nicht aktiviert, sondern zu lasten der laufenden Rechnung abgeschrieben. Dies wäre auch bei uns
mindestens teilweise zu tun. Schauen wir einmal, wohin
solche Blauäugigkeit beim Bund geführt hat: als Beispiel
erwähne ich die Darlehen des Bundes an die SBB von weit
über 12 Milliarden Franken; sie werden nach wie vor als
Aktivposten geführt, - uns allen ist klar, dass dieses Geld
verloren ist. Unser Finanzminister hat nun die edle Aufgabe,
das Geld wieder irgendwo zu beschaffen, damit die Situation bereinigt werden kann. Meine Damen und Herren, müssen wir es auch in unserem Kanton so weit kommen lassen?
Ich werde mir vorbehalten, in dieser Angelegenheit auf
Kantonsebene vorstössig zu werden und rufe die eidgenössischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf, dieser
Kulissenschieberei ein Ende zu bereiten und auf nationaler
Ebene aktiv zu werden! Wir brauchen eine Arbeitslosenkasse. Wir müssen den Arbeitslosen helfen, ihr Schicksal zu
überbrücken, zu meistern und wieder aktiv zu werden. Wir
brauchen aber auch die Ehrlichkeit, uns selber gegenüber
einzugestehen, was das kostet. Wir dürfen diese Kosten
nicht einfach unseren Nachfahren aufbürden!
312
23. September 1997
Vorsitzender: Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Eintreten ist unbestritten.
Art. 230
Antrag 1 wird mit 109 Stimmen, ohne Gegenstimme, gutgeheissen.
Abstimmung:
Abstimmung:
Antrag 2 wird mit 88 Stimmen, ohne Gegenstimme, gutgeheissen.
Beschluss:
1.
Für die Gewährung von rückzahlbaren Darlehen für den
Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung gemäss
Artikel 90 des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung
(AVIG) wird ein Verpflichtungskredit als Rahmenkredit für
die Jahre 1997 - 1999 von 150 Mio. Franken bewilligt.
2.
Der Regierungsrat wird ermächtigt, zur Finanzierung dieser
Darlehen eine Höherverschuldung bis zum Betrag von 150
Mio. Franken einzugehen. Es wird festgestellt, dass dieser
Beschluss dem fakultativen Referendum gemäss § 63 Abs. 1
lit. d der Kantonsverfassung untersteht.
3.
Die Staatskanzlei wird mit der Publikation dieses Beschlusses im Amtsblatt beauftragt.
231
Einbürgerungen; Kenntnisnahme
Vorsitzender: Gemäss schriftlicher Mitteilung hat die Einbürgerungskommission an ihrer Sitzung vom 9. September
1997 gestützt auf § 29 Absatz 1 des Dekretes über die Geschäftsführung des Grossen Rates (GO) die Einbürgerung
von 154 ausländischen Staatsangehörigen gemäss vorliegender Liste (Nrn. 161, 168 - 180, 182 - 214, 216 - 223, 225
- 228, 230 - 271) beschlossen und die Einbürgerung von
vier Personen (Nr. 1541) abgelehnt.
Die Einbürgerungsakten lagen beim Sekretariat des Grossen
Rates auf.
Susanne Ernst, Aarau, Präsidentin der Einbürgerungskommission: Ich spreche zum Dossier 1541. Dieses Dossier
wurde schon vor der letzten Kommissionssitzung diskutiert
und zurückgestellt. Nachdem der strafrechtliche Leumund
wieder in Ordnung war, wurde das Dossier erneut der Einbürgerungskommission vorgelegt und dort auch diskutiert.
Einem Antrag auf Nichteinbürgerung wurde mit 6 : 0 Stimmen, bei drei Enthaltungen, zugestimmt. Dies können Sie
der blauen Liste entnehmen. Leider wurde es von der Kommission verpasst, die Einbürgerungsgesuchsteller in einem
Gespräch noch persönlich anzuhören. Nach kurzer Absprache mit den Kommissionsmitgliedern heute morgen, beantrage ich im Namen einer Mehrheit der Kommission, den
Fall 1541 zurück an die Kommission zu ziehen, und die
Familie über die in der Kommission aufgeworfenen Vorwürfe direkt zu befragen, bevor abschliessend über eine Einbürgerung beschlossen wird.
311
Ich entschuldige mich bei der Kommission für diese kurzfristige Umstellung. Ich hoffe, dies sei in den kommenden
vier Jahren nicht mehr nötig. Wir sind alle neu in dieser
Kommission und haben noch nicht alle Regeln intus; Fehler
können passieren, aber Fehler sollte man auch korrigieren
können. In diesem Fall ist es mir aber wichtig, nicht nach
Gerüchten, sondern anhand von Fakten entscheiden zu
können. Daher wollen wir die betroffene Familie anhören.
Vorsitzender: Wir haben hier den Fall, dass die Kommission
auf ihren eigenen Entscheid zurückkommen möchte.
Matthias Häusermann, Seengen: An der heutigen SVPFraktionssitzung haben wir über die vorliegenden Einbürgerungsgesuche diskutiert und einstimmig beschlossen, dem
Vorschlag der Kommission zuzustimmen. Das betrifft auch
das Gesuch 1541. In der Kommission kam zum Ausdruck,
man müsse dieses Gesuch nochmals behandeln. Falls wir
dieses Gesuch gutheissen, dann müssten wir in Zukunft alle
Gesuche gutheissen. Ich nenne zwei Gründe, die erstmals
mit 6 : 0 Stimmen zur Ablehnung dieses Gesuches geführt
haben: Der erste Grund betrifft eine Mitteilung des Polizeikommandos Aargau vom 28. November 1995. Darin heisst
es: "In unserem kriminalpolizeilichen Arbeitsregister ist
Vorgemerkter wegen Tatverdacht der Widerhandlung gegen
die Verordnung zum Erwerb und Tragen von Schusswaffen,
begangen vom 1. August 1994 bis 26. April 1995." Am 31.
März 1995 hat er aber in seinem Gesuch angegeben, es
bestünden keine hängigen Strafverfahren gegen ihn.
Der zweite Grund: Ein Schreiben der Schule vom 14. Februar 1995. Darin heisst es, dass ein Gespräch mit der Mutter
ergeben habe, der Videokonsum der Kinder habe erschreckende Masse angenommen. Die Kinder schauen also recht
harte Filme, die erst ab 18 Jahren zugelassen sind.
Es geht nicht an, dass man fünf Minuten vor einer Sitzung
vor die Kommission tritt mit dem Anliegen, den Kommissionsentscheid wieder an die Kommission zurückzuziehen.
Wir haben die Gesuche gelesen und festgestellt, dass dieses
Gesuch nicht einbürgerungswürdig ist und dass man es
ablehnen muss. Ich bitte die Kommission, der blauen Liste,
wie sie dem Grossen Rat vorliegt, zuzustimmen.
Christian Stebler, Hirschthal: Sie haben zur Behandlung der
Einbürgerungsgesuche eine Kommission eingesetzt, der ich
auch angehöre, und die ihre Arbeit ernst nimmt. Es gilt
jeweils, über 150 Dossiers durchzusehen und die Entscheide
auf allen Stufen von Behörden durchzugehen. Wir haben
also Berichterstattungen von verschiedensten Amtsstellen,
und diese sind im angesprochenen Fall nicht zugunsten des
Antragsstellers. Vielmehr werden erhebliche Bedenken
geäussert und auch der Verdacht auf Veruntreuung am
Arbeitsplatz usw. erwähnt, es wird eine Widerhandlung
gegen das Waffentragensgesetz aufgeführt. Ich glaube, es
gilt jetzt wirklich nicht auf einen einstimmigen Entscheid
der Kommission, die damals vollständig anwesend war,
zurückzukommen. Der heutige Ad hoc-Entscheid ist nicht
mit einer Kommissionsmehrheit zustandegekommen, weil
nämlich nicht alle Mitglieder dieser Kommission hier sind, ich kann Ihnen fünf Namen von anwesenden Kommissions-
Art. 230
mitgliedern aufzählen, die gegen ein Zurückkommen sind.
Das Procedere für die Einbürgerung dauert lange. Die Berwerberinnen und Bewerber haben lange Gelegenheit, sich an
Gesetz und Ordnung in unserem Lande zu halten und sich
zu bewähren. Die Erlangung der schweizerischen StaatsbürUrsula Padrutt-Ernst, Buchs: Es gibt verschiedene Rechtsgrundsätze. Einer davon ist, dass niemand aufgrund eines
Verdachtes vorverurteilt werden darf. Es gilt die Unschuldsvermutung bis zu einer rechtskräftigen Erledigung in einem
Straffall. Wenn nun eine Person aufgrund von Vermutungen
nicht eingebürgert werden soll, dann ist dies ein Verstoss
gegen die Unschuldsvermutung. Es ist daher richtig, dass in
einem solchen Fall weitere Abklärungen getroffen werden
und dass allenfalls ein solcher Fall zurückgestellt wird, bis
entweder ein rechtskräftiger Freispruch oder ein rechtskräftiges Urteil im Sinne einer Verurteilung vorliegt. Dieser
Rechtsgrundsatz ist auch hier zu beachten.
Ferner gilt ein weiterer Rechtsgrundsatz, nämlich der Anspruch auf rechtliches Gehör. Er resultiert aus Artikel 4 der
Bundesverfassung und besagt, dass niemand Nachteile in
Kauf nehmen muss, wenn ihm nicht Gelegenheit geboten
wird, vorgängig dazu Stellung zu nehmen. Auch hier hat der
Antragsteller Anspruch darauf, dass er von Ihrer Kommission angehört wird, bevor über ihn entschieden wird. Ich bitte
Sie, aus diesen Gründen dies noch in Ihrer Kommission
nachzuholen und diese Fehler zu korrigieren!
Jacqueline Keller Borner, Rütihof: Ich unterstütze den
Antrag der Kommissionspräsidentin auf Rückweisung dieses
Einbürgerungsgesuchs an die Kommission. Wir finden, der
Gesuchsteller und seine Familie haben das Recht, von der
Kommission angehört zu werden. Wir wollen doch nicht
aufgrund von Vermutungen und Gerüchten Einbürgerungen
verhindern. Das empfinden wir grundsätzlich als unverantwortlich und auch in diesem Falle gegenüber der betroffenen Familie, zumal ihrer Einbürgerung an ihrem Wohnort
von der Gemeindeversammlung zugestimmt worden ist. Ich
weise darauf hin, dass die Familie alle Kriterien für die
Einbürgerung erfüllt.
Vorsitzender: Wir haben nun folgende Situation: Wir haben
auf der blauen Liste, die Sie vor sich haben, einen Antrag
der Kommission. Dieser Kommissionsantrag wird unterstützt von Matthias Häusermann und von Christian Stebler.
Wir haben einen Rückweisungsantrag der Kommissionspräsidentin, den Fall 1541 nochmals an die Kommission zurückzuweisen.
23. September 1997
gerschaft darf nicht das Produkt von Überredungskünsten
irgendwelcher Bewerber oder deren Berater sein. Ich bitte
Sie, dem Antrag unserer Kommissionspräsidentin nicht
zuzustimmen!
Ulrich Röthenmund, Seon, Präsident der Begnadigungskommission: Die neu zusammengesetzte Begnadigunskommission für die Legislatur-Periode 1997/2001, die sich aus
12 neuen und 5 bisherigen Mitgliedern zusammensetzt, traf
sich am 12. Juni ein erstes Mal. Zur Vicepräsidentin wählte
die Kommission einstimmig Frau Eveline Kym-Mächler.
Durch die Herren Regierungsrat Silvio Bircher und Roland
Hengartner, Chef Sektion Straf- und Massnahmenvollzug
wurden die Mitglieder auf verständliche Art auf ihre Aufgabe vorbereitet.
Die 2. Sitzung fand am vergangenen Dienstag, im Anschluss
an die Grossratssitzung statt. Wir hatten zwei Gesuche zu
behandeln, eines in der Kompetenz der Kommission, das
andere in der Kompetenz des Grossen Rates.
Kompetenz der Kommission: Fall Nr. 1: Der Petent brachte
die vier Kinder aus seiner inzwischen geschiedenen Ehe zu
seinen Eltern nach Kosovo/Serbien. Im Eheschutz-Entscheid
und später im Ehescheidungsurteil war die Obhut und die
elterliche Gewalt über die vier Kinder der Mutter zugeteilt
worden. Der Petent wurde vom Bezirksgericht im September 1994, wegen Entziehen von Unmündigen zu 7 Monaten
unbedingt, und zur Verpflichtung zur Zahlung einer Genugtuungssumme an die Kindsmutter im Betrage von 10'000
Franken verurteilt. Die Mutter der Kinder musste sich in der
Zwischenzeit jedoch eingestehen, dass sie durch die neue
Heirat und die Geburt dreier weiterer Kinder nicht mehr in
der Lage ist, die vier Kinder aus erster Ehe umfassend zu
betreuen und zu erziehen. Die Kinder leben heute in Kosovo
und haben sich dort gut eingelebt. Sie besuchen dort die
Schule und sprechen kaum noch deutsch.
Die Jugend-, Ehe- und Familienberatungsstelle hält fest,
dass eine Rückkehr zur Mutter die Entwicklung der Jugendlichen negativ beeinflussen würde. Mit Urteil vom November 1996 hat denn auch das zuständige Bezirksgericht nach
detaillierten Abklärungen die Kinderzuteilung zugunsten
des Verurteilten, auch im Einverständnis der Mutter, geändert.
Abstimmung:
Die Begnadigungskommission stimmt dem Gesuch einstimmig zu. Der Antrag eines Kommissionsmitgliedes, die
Begnadigung bedingt mit einer Bewährung von 2 Jahren zu
gewähren, wurde mit 12 gegen 5 Stimmen abgelehnt.
Für den Antrag der Kommissionspräsidentin auf Rückweisung an die Kommission: 52 Stimmen.
Vorsitzender: Es liegen keine Wortmeldungen hiezu vor. Sie
haben die Begnadigung stillschweigend bestätigt.
Dagegen: 75 Stimmen.
Ulrich Röthenmund, Seon, Präsident der Begnadigungskommission: Fall Nr. 2: Kompetenz des Grossen Rates: Fall
Nr. 2: Die ehemals drogenabhängige Frau wurde wegen
Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz 1983 zu
einer Busse von Fr. 600.--, umgewandelt in 20 Tage Haft
verurteilt. 1986 wurde sie zudem wegen vorsätzlicher
Brandstiftung, wiederholtem und fortgesetztem Betrug,
fortgesetzter Urkundenfälschung, Fälschung von Ausweisen,
Hehlerei, fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst,
Sachbeschädigung und fortgesetzter Widerhandlung gegen
das Betäubungsmittelgesetz zu 4 Jahren Zuchthaus, einer
Busse von Fr. 300.-- und Anordnung ambulanter psychothe-
Vorsitzender: Sie haben allen weiteren Einbürgerungen
gemäss der vorliegenden blauen Liste stillschweigend zugestimmt. Das Geschäft ist somit erledigt.
232 Begnadigungsgesuche; Kenntnisnahme bzw. Zustimmung zur Behandlung von einem Gesuch durch
Begnadigungskommission; Gutheissung von einem Gesuch durch den Grossen Rat
314
23. September 1997
rapeuthischer/drogenspezifischer Behandlung sowie zur
Verpflichtung der Rückzahlung einer widerrechtlich erzielten Drogensumme von Fr. 20'000.-- in monatlichen Raten
von Fr. 300.-- verurteilt. Die Petentin war seit ihrer Kindheit
sehr unstet und unausgeglichen. Nach der Trennung von
Zusammenhang mit ihrer Drogensucht. Eine im Februar
1986 begonnene Therapie, in deren Verlauf der HlV-Positiv
Status festgestellt wurde, brach sie wieder ab. Das Gericht
hat der Anordnung einer vollzugsbegleitenden, drogenspezifischen Therapie Rechnung getragen und auch die Petentin
hatte nun eingesehen, dass es so nicht weiter gehen konnte;
trotz ihrer tödlichen Krankheit arbeitete sie gut und intensiv
mit.
Die Petentin ist nun seit 7 Jahren drogenfrei und lebt seit gut
7 Jahren in Ecuador, wo sie sich ein neues Leben aufgebaut
hat und ein kleines Geschäft, (Herstellung und Export von
Silberschmuck und Kunsthandwerk), betreibt. Seit der
Begehung des letzten Delikts sind über elf Jahre vergangen.
Die Gefahr bestünde, dies bestätigen sowohl die Ärzte als
auch der schweizerische Botschafter, dass die Petentin
wieder in ein psychisches Tief geraten und infolge neuerlicher Kontakte zu Drogen eventuell rückfällig würde. Es
würde eine ausserordentliche Härte für die Petentin bedeuten, wenn sie heute ihre Strafe absitzen müsste, obschon sie
beinahe zwei Drittel verbüsst hat.
Der Antrag der Kommission lautet einstimmig, der Petentin
sei die Reststrafe der mit dem Urteil des Obergerichtes vom
7. Mai 1987 verhängten Zuchthausstrafe von 4 Jahren gnadenhalber zu erlassen, bei einer Probezeit von 3 Jahren.
Ich bitte Sie, dem Antrag der Kommission zuzustimmen.
Urs Hümbeli, Hägglingen: Die Schweizer Demokraten
werden der Begnadigung zustimmen, sofern unsere Fragen
in dieser Angelegenheit zu unserer Zufriedenheit beantwortet werden. Zu unseren Fragen, Herr Regierungsrat: Wenn
die Dame heute begnadigt wird, muss sie laut Urteil 72
Monate lang 300 Franken für widerrechtlich erzielte Drogenerlöse zurückzahlen. Wie haben sich die zuständigen
Behörden abgesichert, dass diese Gelder in der Schweiz
auch eintreffen werden? Insbesondere, da die Dame schon
einmal geschuldete Gelder nicht zurückbezahlt hat und eine
Gefängnisstrafe dafür absitzen musste. Sie ist heute in Ecuador laut Protokoll in bescheidenen Verhältnissen. Gehen wir
richtig in der Annahme, dass alle Kantonseinwohner durch
ihre Lohnabzüge der zur Begnadigung vorgeschlagenen
Person die dreihundertfränkige Monatsrate finanzieren
müssen, da sie ja eine IV-Rente bezieht? Oder ist zu erwarten, dass diese Gelder unter "nicht eintreibbar" in der Staatsrechnung abgebucht werden müssen? Ich danke Ihnen im
voraus für die Antwort.
Ulrich Röthenmund, Seon, Präsident der Begnadigungskommission: Ich möchte auf die Frage von Herrn Hümbeli
wie folgt antworten: Die Verpflichtung der Rückzahlung der
widerrechtlich erzielten 20'000 Franken aus dem Drogenerlös sind nicht Gegenstand des Begnadigungsgesuches. Diese
20'000 Franken konnten von der Petentin, wie Herr Hümbeli
richtigerweise annimmt, die von einer bescheidenen IVRente und einem bescheidenen Einkommen knapp über dem
Existenzminimum lebt, in den monatlichen Raten von 300
Franken nicht bezahlt werden. Sollte es ihr aber in absehbarer Zeit finanziell wieder besser gehen, so werden die 20'000
313
Art. 231
ihrem Elternhaus verlor sie gerade in einer der schwierigsten
Phasen ihres Lebens (Pubertät und schwere Operation) den
äusseren Halt und geriet mit Drogen in Kontakt. Die begangenen
Delikte
stehen
in
engem
Franken selbstverständlich wieder erneut eingefordert.
Gestatten Sie mir eine persönliche Bemerkung: Es wäre mir
angenehm, wenn solche Fragen jeweils in der Kommission
diskutiert würden. Ich bitte Sie, dem Antrag der Kommission zuzustimmen.
Regierungsrat Silvio Bircher: Herr Röthenmund hat den
Kern der Sache dargelegt. Es geht jetzt um die Frage, ob sie
diese Reststrafe von etwas mehr als drei Monaten, nachdem
diese Frau jetzt sehr lange nicht mehr im Gefängnis war,
noch aussitzen muss. Die Begnadigungskommission wie
auch das Departement hat sich in Kenntnis der Sache zu
einem begnadungswürdigen Fall durchgerungen, weil die
Petentin nach Verbüssung dieser drei Monate aus ihrer
jetzigen Situation herausgerissen würde. Die Frage der
Schulden stellt sich ja so oder so, ob Sie begnadigen oder
nicht begnadigen. Sie werden diese Schuld weder tilgen
noch aufrechterhalten, ob Sie jetzt dieser Begnadigung
zustimmen oder nicht. Es ist also eine vom Begnadigungsakt
völlig losgelöste Frage, die sich übrigens bei sehr vielen
anderen Gerichtsfällen auch stellt, wo noch entsprechende
Schulden zu begleichen sind. Ich bitte im Namen des Regierungsrates, dieser Begnadigung zuzustimmen.
Abstimmung:
Das Begnadigungsgesuch wird mit Mehrheit gutgeheissen.
Vorsitzender: Das Geschäft ist erledigt.
233 Dekret über die psychologischen und ärztlichen
Schuldienste; Änderung vom 2. September 1997; Inkraftsetzung; Rückkommen und Neufestlegung
Vorsitzender: Zu diesem Geschäft liegt Ihnen ein Kurzbericht vom 16. September 1997 der Kommission für Erziehung, Bildung und Kultur vor.
Dr. Daniel Heller, Aarau, Präsident der Kommission für
Erziehung, Bildung und Kultur: Sowohl das zuständige
Departement als auch die vorberatende Kommission haben
übersehen, dass die vom Rat am 2. September 1997 beschlossene Dekretsänderung über die psychologischen und
ärztlichen Schuldienste auf den 1. August 1997 in Kraft
gesetzt werden sollte. Dies entspricht einer rückwirkenden
Inkraftsetzung. Eine solche ist rechtsstaatlich unzulässig und
war auch nie so beabsichtigt.
Die einstimmige Kommission für Erziehung, Bildung und
Kultur beantragt Ihnen heute erstens: auf das Dekret Ziffer
II Absatz 3 zurückzukommen, zweitens: einer Änderung
dieser Ziffer auf den 1. Januar 1998 zuzustimmen. Ich bitte
Sie, den beiden Anträgen zuzustimmen und danke Ihnen für
Ihr Verständnis.
Vorsitzender: Es liegen keine Wortmeldungen vor.
Dr. Daniel Heller beantragt zum einen, auf Ziffer II Absatz 3
der am 2. September 1997 erfolgten Änderung des Dekretes
über die psychologischen und ärztlichen Schuldienste vom
Art. 232
29. April 1986 (SAR 405.110) zurückzukommen, - und zum
andern, Ziffer II Absatz 3 dieser Dekretsänderung wie folgt
neuzufassen: "Diese Änderung wird in der Gesetzessammlung publiziert. Sie tritt am 1. Januar 1998 in Kraft."
23. September 1997
Rückkommen wird mit grosser Mehrheit beschlossen.
Abstimmung:
Antrag 2 wird mit Mehrheit gutgeheissen.
Abstimmung:
Beschluss:
Ziffer II. Absatz 3 der am 2. September 1997 erfolgten
Änderung des Dekretes über die psychologischen und ärztlichen Schuldienste vom 29. April 1986 (SAR 405.110) wird
wie folgt neugefasst: "Diese Änderung wird in der Gesetzessammlung publiziert. Sie tritt am 1. Januar 1998 in Kraft."
234 Motion Philipp Müller, Reinach, vom 27. Mai 1997
betreffend Ortszulagen von Lehrkräften; Umwandlung
in ein Postulat; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 20 hievor)
Antrag des Regierungsrates vom 27. August 1997:
Der Regierungsrat lehnt die Motion mit folgender Begründung ab bzw. ist bereit, die Motion als Postulat entgegenzunehmen:
Gestützt auf § 34 des Lehrerbesoldungsdekretes richteten
die Aargauer Gemeinden bis vor kurzem mit wenigen Ausnahmen ihren Lehrkräften eine Ortszulage aus. Zur Zeit der
Einführung dieser Ortszulage stellte der im Dekret festgelegte Maximalbetrag von Fr. 1'500.- eine bedeutende Zulage im
Vergleich zu der durch den Kanton ausgerichteten Besoldung dar und spielte eine wichtige Rolle. Bei interkantonalen Besoldungsvergleichen wurde der Maximalbetrag der
Ortszulage immer als Bestandteil der Besoldung betrachtet
und zu dieser addiert.
Die Ortszulagen wurden ursprünglich insbesondere bei
Lehrermangel als wichtiger Anreiz von Gemeinden eingesetzt, um trotz einer weniger attraktiven Lage oder weniger
günstigen schulorganisatorischen Bedingungen qualifizierte
Lehrkräfte gewinnen oder erhalten zu können. Mit der heute
fast ausnahmslos guten Verkehrserschliessung der Aargauer
Gemeinden und der zunehmenden Mobilität der Arbeitnehmer, welche eine Wohnsitznahme von Lehrpersonen in der
Gemeinde, in der sie unterrichten, nicht mehr erforderlich
macht, hat die Ortszulage in ihrer ursprünglichen Funktion
an Bedeutung eingebüsst. Der festgelegte Betrag ist im
Gegensatz zur Besoldung nicht indexgebunden und hat
damit im Laufe der Jahre an Bedeutung weitgehend eingebüsst. Teilweise gingen die Gemeinden dazu über, sie vermehrt als Anerkennung für besondere Leistungen und für
besonderes Engagement bei schulischen und kulturellen
Anlässen und Aktivitäten auszurichten. Im Rahmen der
Sparbemühungen von Gemeinden geraten die Ortszulagen in
jüngster Zeit vermehrt unter Druck und wurden bzw. werden
in einzelnen Gemeinden wieder abgeschafft.
Die Ausrichtung von Ortszulagen ist für die Gemeinden mit
einem relativ hohen administrativen Aufwand verbunden.
Über die Jahrzehnte betrachtet sind die Ortszulagen immer
wieder im Rahmen von Sparbemühungen in verschiedenen
Gemeinden abgeschafft und anschliessend in Zeiten erheblichen Lehrermangels erneut eingeführt worden. Ein Einbau
in die reguläre Besoldung, die durch den Kanton ausgerichtet wird, hätte zur Folge, dass Lehrpersonen, denen bisher
keine oder nur teilweise zum Maximalbetrag Ortszulagen
ausgerichtet werden, zu einer Lohnerhöhung kämen, unbesehen eines Wohnortswechsels oder zusätzlichen Wegaufwandes zum Arbeitsort oder zusätzlicher Anstrengungen im
kulturellen Umfeld der Schule.
Der Regierungsrat ist bereit, die Thematik "Abschaffung der
Ortszulagen" im Rahmen der generellen Überprüfung und
Neuordnung von Anstellung und Besoldung der Lehrkräfte
zu prüfen (Lehreranstellungsgesetz; Neuformulierung des
Berufsauftrages der Lehrpersonen; Arbeitsplatzanalyse und
mögliche Einführung eines Leistungslohnes für Lehrpersonen; Beteiligung der Gemeinden an den Lehrerlöhnen).
Der Regierungsrat ist deshalb bereit, das Anliegen im Rahmen eines Postulates zu prüfen.
Vorsitzender: Der Regierungsrat erklärt sich mit schriftlicher Stellungnahme vom 27. August 1997 bereit, den erwähnten Vorstoss in Postulatsform entgegenzunehmen.
- Als Motion wird er abgelehnt.
Philipp Müller, Reinach: Der Regierungsrat ist bereit, die
Motion als Postulat entgegenzunehmen. Ich bin mit der
Umwandlung meines Vorstosses in ein Postulat einverstanden und danke Ihnen.
Heiner Studer, Wettingen: Ich möchte Ihnen begründen,
warum ich die Überweisung dieses Vorstosses auch als
Postulat ablehne. Wir haben in diesem Rat am 6. März 1990
gegen den ganz klaren Widerstand des Regierungsrates,
unterstützt von allen Fraktionen, eine Motion in der gleichen Sache eines Ortsparteikollegen des Motionärs überwiesen. Wir haben dem Regierungsrat gegen seinen Willen
einen klaren Auftrag erteilt. Dr. Rudolf Rohr war der einzige, der sich - wie er damals sagte - als "letzter Mohikaner" dagegen wehrte, - in der Zwischenzeit hat es noch viele
andere "Mohikaner" in diesem Zusammenhang, er ist nicht
der einzige. Es ist nichts geschehen in diesen siebeneinhalb
Jahren mit einem klaren Auftrag. Ich verstehe, dass ein
neues Ratsmitglied nicht alles sieht, was vorher gegangen
ist. Aber wenn man dann in der gleichen Sache eine Motion
einreicht, dann ginge es noch. Aber dieses Postulat mit der
Begründung, mit welcher es der Regierungsrat übernimmt,
bringt nicht nur eine Relativierung dieser Überweisung,
sondern eine Kehrtwendung. Wir können es als Rat doch
nicht machen, dass wir durch alle politischen Farben klar
sagen, das soll im Kanton eingebaut werden. Der Kanton
soll aber auch - da sind wir einverstanden - Möglichkeiten
von Kompensationen unterbreiten, nicht nur die phantasieloseste, die Gemeinden sollen Anteile der Lehrerbesoldungen übernehmen, es gibt auch noch andere. Wir haben diesen Willen zum Ausdruck gebracht. Das Postulat wäre
offensichtlich unbestritten gewesen, es lag nur ein Diskussionsantrag vor. Der Regierungsrat sagt klar, wenn dieses
316
23. September 1997
Postulat in seinem Sinne überwiesen wird, wird die Frage in
einem grösseren Zusammenhang geprüft, - aber nur geprüft!
Wenn Sie also das Postulat überweisen, dann machen Sie
nur der Regierung eine Freude, indem wir auf das zurückkommen, was wir 1990 wollten.
Würde Herr Müller den Vorstoss zurückziehen, dann wäre
auch klar, dass ein klarer Auftrag besteht. Es braucht keinen
grösseren Zusammenhang, sondern Vorschläge der Kompensation, es ist klar, dass die Regierung nicht etwas bringen
kann, wo sie dann nichts zurückbekommt. Das ist der Grund
meiner Bitte, das Postulat nicht zu überweisen. Es geht mir
nicht um eine Auseinandersetzung, sondern um eine klare
Weichenstellung. Wenn wir das Postulat überweisen, so
müssen wir wissen, dass in dieser Sache zwar geprüft wird, das glaube ich dem Erziehungsdirektor -, aber es wird in den
nächsten Jahren nichts realisiert. Dies ist meine Begründung. Von daher wäre ich zuerst dankbar, wenn der Postulant die Folgerung daraus ziehen würde.
Urs Hümbeli, Hägglingen: Für die Schweizer Demokraten
ist es erstaunlich, dass dieser Vorstoss aus den Reihen der
FDP kommt, von einer Partei, die bei jeder Gelegenheit von
der Gemeindehoheit und von Sparen spricht. Herr Müller,
mit Ihrem Vorstoss erreichen Sie nur eine Kostenverlagerung von der Gemeinde zum Kanton. Die Schweizer Demokraten möchten nachdrücklich betonen, dass die Abschaffung der Ortszulagen keinesfalls als Abstrich der Wertschätzung verstanden werden darf. Doch die Ausrichtung einer
Ortszulage ist nach Ansicht der SD nicht mehr zeitgemäss.
In der Privatwirtschaft kennt man solche Zulagen schon
lange nicht mehr. Das Verwaltungsgericht des Kantons
Aargau hat entschieden, dass diese heute zur Diskussion
stehende Ortszulage weder ein Lohnbestandteil noch ein
wohlwollendes Recht sei. Es handelt sich hier um eine
freiwillige Leistung der Gemeinde. Somit sollten aus unserer
Sicht weiterhin die Einwohner einer Gemeinde über Beibehaltung und Abschaffung entscheiden können. Die Schweizer Demokraten werden weder die Motion - sie ist ja in der
Zwischenzeit verschoben - sowie die Abschwächung eines
Postulates ablehnen oder nicht unterstützen. (?) Diese Angelegenheit gehört nämlich in die Gemeindehoheit, die unseres
Erachtens keine weiteren Abstriche mehr verträgt.
Esther Egger-Wyss, Kirchdorf: Die CVP-Fraktion unterstützt das Anliegen der Motion Philipp Müller. Eine Motion
mit der gleichen Stossrichtung aus dem Jahre 1989 von
Martin Heiz, die ganz deutlich überwiesen wurde, ist immer
noch hängig. Eine Integration der Ortszulagen in die Lehrerbesoldung wurde auch im Jahre 1982 schon angegangen,
bis heute ist jedoch immer noch nichts passiert. Die jetzige
Regelung ist für Lehrkräfte wie für Gemeinden sehr unbefriedigend. Es geht doch nicht an, dass finanzkräftigere
Gemeinden sich wieder eine Vorzugsstellung in bezug auf
Lehrkräfte schaffen können. Zudem muss auch in diesem
Bereich der Bildungspolitik die vorgesehene Aufgabenentflechtung zwischen Kanton und Gemeinden konkret und
ehrlich angegangen werden. Die verschiedenen laufenden
Gesetzesrevisionen zeigen sehr gut auf, dass eine Kostenneutralität in den einzelnen Bereichen - und dies gilt auch
für die Bildung - nicht machbar ist. Die CVP unterstützt
eine Behandlung dieses Themas im Rahmen der Überprüfung und Neuordnung von Anstellung und Besoldung der
Lehrkräfte, wie dies der Regierungsrat vorschlägt. Die lange
Leidensgeschichte dieser Angelegenheit verlangt jedoch,
315
Art. 233
Nur wäre es das beste, wenn jetzt der Motionär, der zum
Postulanten wurde, dieses Postulat zurückziehen würde.
Dann wäre klar, dass das, was er in der Motion auch wollte,
nicht eine Prüfung! - sondern eine Realisierung käme.
dass eine Behandlung speditiv angegangen wird und nicht
aus den vorgesehenen Revisionen herausgelöst wird. Ein zu
langes Hinausschieben einer kantonalen und einheitlichen
Regelung können wir nicht akzeptieren. Auch wir erwarten,
wie die EVP, ein Handeln. Wir bezweifeln grundsätzlich,
dass dies die richtige Personalpolitik für einen Kanton ist.
Eine Abschaffung der Ortszulagen würde gegen Treu und
Glauben verstossen, trotz gegenteiligem Verwaltungsgerichtsentscheid. Der Arbeitgeber Staat soll und muss weiterhin glaubwürdig und attraktiv bleiben. Aus den genannten
Gründen beantragen wir Ihnen die Übernahme der Motion
als Postulat.
Andreas Schweizer, Untersiggenthal: Einen Satz in der
Antwort des Regierungsrates habe ich mir rot angestrichen.
Er lautet: "Bei interkantonalen Besoldungsvergleichen
wurde der Maximalbetrag der Ortszulage immer als Bestandteil der Besoldung betrachtet und zu dieser addiert". Es
ist also klar, die Ortszulage war und ist für uns auch heute
noch ein Lohnbestandteil. Jetzt wissen wir, dass landauf
landab die Ortszulagen gestrichen werden, aber das Anliegen, dass es ein Lohnbestandteil ist und bleibt, das bleibt
bestehen, wir haben das 1990 mit einer Motion bestätigt. Ich
unterstütze die Argumentationslinie von Heiner Studer. Die
Motion ist überwiesen, handeln ist angesagt. Wenn wir
heute das Postulat überweisen, dann gehen wir zurück vor
unseren Entscheid von 1990. Wir müssen dieses Postulat so
abweisen, weil wir sonst einen Rückwärtsgang einschalten
und unglaubwürdig werden. Die Motion ist überwiesen,
handeln ist angesagt, - ich bitte Sie, der Argumentation von
Heiner Studer zu folgen und das Postulat abzuweisen!
Philipp Müller, Reinach: Ich kann Herrn Studer beruhigen,
als Neuling habe ich auch ins Archiv geschaut und habe die
unrühmliche Geschichte der Ortszulagen in diesem Plenum
sehr aufmerksam nachgelesen. Wenn eine Motion zuerst aus
dem Jahre 1982, dann wiederum von meinem Vorgänger
Martin Heiz aus Reinach aus dem Jahre 1989 deutlich
überwiesen wird und nach acht Jahren noch nichts passiert
ist, dann spricht das nicht unbedingt für das Instrument
"Motion". Aus pragmatischen Überlegungen habe ich mich
dazu überwunden, diese Motion als Postulat abzuschwächen
und mich mit dem Vorschlag der Regierung einverstanden
zu erklären. Ich bin der Meinung, wenn wir auf der Motion
beharren, wie das erstaunlicherweise von meinem Vorredner, Herrn Schweizer, vertreten wurde, dann wird die ganze
Geschichte wiederum für Jahre auf die lange Bank geschoben und schliesslich abstürzen, was nicht im Sinne meiner
Vorredner sein dürfte. Wir sollten m. E. die Motion doch als
Postulat überweisen in dem Sinne, dass es bei den anstehenden Besoldungsrevisionen berücksichtigt und zum Thema
wird.
Regierungsrat Peter Wertli: Das Thema, das wir jetzt diskutieren, ist in der Tat kein neues Thema. Ich möchte feststellen, die Ortszulagen sind heute wirklich überholt. Es besteht
im Prinzip keine Notwendigkeit mehr, diese Zulagen als
Zulagen auszuzahlen, die ursprüngliche Sinn- und Zweckgebung ist entfallen. Auf der anderen Seite - da gebe ich
Art. 234
verschiedenen Votantinnen und Votanten recht - ist es
tatsächlich so, dass seinerzeit bei der Besoldungsrevision
diese Ortszulagen bei der Berechnung der Besoldungen der
einzelnen Lehrerkategorien miteinberechnet wurden, dass
die Relationen in Berücksichtigung der Ortszulagen geprüft
worden sind, dass auch - wie Herr Schweizer das gesagt hat
dung nun einzubauen. Frau Egger hat das ja aufgezeigt, es
ist wirklich kein neues Anliegen, es kommt offensichtlich
alle acht Jahre wieder: 1982 Vorstoss Dieter Deiss, den sie
damals knapp überwiesen haben, 1990 der Vorstoss Martin
Heiz, der deutlich überwiesen wurde. Ich muss heute 1997
feststellen, es ist wirklich schade, dass in guten Zeiten dieses
Kantons, als man jährlich schwarze Zahlen schrieb und
Überschüsse vorhanden waren, dieses Anliegen nicht verwirklicht und umgesetzt wurde. Nun geht es darum, zu
versuchen, das in schwierigerer Zeit umzusetzen. Wir wollen das tatsächlich tun, Herr Studer, unabhängig ob Postulat
oder Motion, wir wollen diese Aufgabe nun tatsächlich
anpacken. Wir haben das konkret in unser Paket der Gesetzesrevisionen eingebaut; es ist in der dritten Etappe der
Schulgesetzrevision mit den Vorarbeiten bereits in der
zweiten Etappe enthalten. Es ist zum zweiten eingebaut im
Auftrag der paritätischen Arbeitsgruppe, Aufgabenteilung
Kanton - Gemeinden. Herr Marcel Guignard, der da vorne
steht, ist Mitglied dieser paritätischen Arbeitsgruppe und
weiss, dass dieses Thema dort miteingebaut ist. Diese Arbeitsgruppe hat beispielsweise letzte Woche wieder getagt
und in der Projektleitung auch diese Thematik mitangesprochen.
23. September 1997
- im interkantonalen Quervergleich diese Ortszulagen mit
einberechnet werden. Von daher das Anliegen einerseits
vom Sinn und Zweck her nicht mehr aktuell, anderseits aber
eine Element, das bei der Besoldungsberechnung gespielt
hat, das alte Anliegen, dies in die kantonale BesolDamit ist der Vorstoss in Postulatsform stillschweigend an
den Regierungsrat überwiesen.
Weshalb nun die Meinung der Regierung, dies als Postulat
und nicht als Motion entgegenzunehmen? Es hat nichts
damit zu tun, das Anliegen nicht weiterverfolgen zu wollen.
Vielmehr sind wir in der Regierung der Meinung, dass wir
mit einem Postulat grösseren und besseren Spielraum erhalten, um hier wirklich eine sachgerechte Lösung finden zu
können. Wir müssen diese Thematik prüfen im Zusammenhang mit dem zu formulierenden Berufsauftrag der Lehrkräfte, auch im Zusammenhang mit der nun anlaufenden Arbeitsplatzbewertung der Lehrkräfte wie auch im Zusammenhang mit der gesamten Thematik Aufgabenteilung Kanton Gemeinden. Ich habe Ihnen den Zeithorizont aufgezeigt: wir
sind der Meinung, dass wir bis zur Jahrtausendwende die
Lösung haben müssen, damit dieses alte Anliegen, das
immer im Rhythmus wechselnd zu Problemen führt, gelöst
werden kann. Ich bitte Sie in dem Sinne der Vorstellung der
Regierung zu folgen, die Motion als Postulat zu überweisen,
um uns den Handlungsspielraum offenzuhalten, das Anliegen ändert sich dadurch nicht, wir wollen dieses Anliegen
einer Lösung zuführen.
Heiner Studer, Wettingen: Was der Herr Regierungsrat
soeben gesagt hat, ist wesentlich konkreter als diese
schwammigen Formulierungen am Schluss der Begründung.
Die Diskussion hat etwas erreicht, das uns der Herr Erziehungsdirektor auch zuhanden der Materialien gesagt hat, das ist dem Rat sehr wichtig, - dass die Sache beförderlich
behandelt werde und dass das Ziel klar angestrebt wird.
Aufgrund dieser deutlichen Schlussaussage ziehe ich meinen
Ablehnungsantrag zum Postulat zurück, somit ist es mit
dieser zusätzlichen Erklärung stillschweigend überwiesen.
Vorsitzender: Herr Heiner Studer hat seinen Antrag zurückgezogen, ein anderslautender Antrag wird nicht gestellt.
318
23. September 1997
235 Motion Harry Lütolf, Wohlen, vom 27. Mai 1997
betreffend Staatsvertrag über die (Fach-)Hochschulen
mit dem Bundesland Baden-Württemberg; Unwandlung
in ein Postulat; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 19 hievor)
Antrag des Regierungsrates vom 3. September 1997:
Der Regierungsrat lehnt die Motion mit folgender Begründung ab bzw. ist bereit, die Motion als Postulat entgegenzunehmen:
Wie in jüngster Zeit mehrfach betont, begrüsst der Regierungsrat grundsätzlich die Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sowohl im interkantonalen als
auch im internationalen Rahmen. Dabei sind allerdings die
übergeordneten Kompetenzen des Bundes in der Aussenund der jeweiligen Sachpolitik sowie der interkantonalen
Ebene zu beachten. Im vorliegenden Fall ist der Bund vor
allem in der Berufsbildungspolitik federführend; auf der
interkantonalen Ebene ist insbesondere die interkantonale
Vereinbarung über die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen, (SAR 400.700), massgeblich.
Im weiteren sind die Verhältnismässigkeit von Aufwand und
Ertrag sowie allenfalls das Gebot der Gleichbehandlung der
eigenen Kantonseinwohnerinnen und -einwohner mit denjenigen der Zusammenarbeitspartner im Auge zu behalten.
Die vom Vorstoss angestrebten Ziele sind insgesamt eher
auf nationaler Ebene (Bund) oder dann auf der Ebene der
1.2 Auswärtiges Vollstudium: Studentische Mobilität im
Sinne des auswärtigen Absolvierens eines ganzen Studiums
beinhaltet eine ganze Reihe von Zulassungs-, Abschluss(Anerkennungs-) und Finanzierungsfragen, die unten im
einzelnen unter Ziffern 2-4 behandelt werden.
1.3 Auswärtiges Teilstudium: Studentische Mobilität im
Sinne des Absolvierens von Teilen eines Studiums an einer
auswärtigen Hochschule berührt dagegen weniger Problempunkte. Diese betreffen vor allem die Zulassung zur auswärtigen Hochschule, die Anrechnung der auswärts erbrachten
Studienleistungen sowie eventuell die Studiengeldfrage.
Für die Förderung der studentischen Mobilität im Sinne des
auswärtigen Teilstudiums existieren bereits viele Einzelverträge zwischen Institutionen. Eine aargauische Fachhochschule (FH), die ihren Studierenden Mobilität in diesem
Sinne ermöglichen will, schliesst mit anderen gleichgelagerten FH, z.B. in Baden-Württemberg, eine Vereinbarung ab,
in der sie die gegenseitige Zulassung von Studierenden und
die Anrechnung von Studienleistungen festlegt.
Schweizerische Universitäten haben bisher auf verschiedenen Ebenen (ganze Hochschulinstitutionen, Fakultäten,
Institute) bereits über 30 solche Vereinbarungen abgeschlossen. Die umfangreiche Vereinbarung der Universität
Basel mit den Oberrheinischen Universitäten EUCOR öffnet
beispielsweise den Basler Studierenden das gesamte Studien- und Infrastrukturangebot der Vertragsuniversitäten.
Mit diesem Modell wird auch die Studiengeldfrage elegant
gelöst, indem das auswärtige Teilstudium über die Immatrikulation an der Stammhochschule geregelt wird. Ein Staatsvertrag Baden-Württemberg - Aargau könnte allenfalls einen
317
Art. 234
einzelnen Institutionen anzusiedeln. Einen Staatsvertrag
zwischen einem Kanton der Schweiz sowie einem Bundesland der Bundesrepublik Deutschland für die im Vorstoss
skizzierte Bildungszusammenarbeit erachtet der Regierungsrat unter Berücksichtigung aller Aspekte als Instrument mit
zu wenig Substantiierungsmöglichkeiten. Diese Haltung
wird nachfolgend in vier Punkten begründet.
1. Arten der Mobilität
1.1 Allgemeines: Die Förderung der Mobilität der Wohnbevölkerung ist ein wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel der
aargauischen Regierung. Im Zusammenhang mit dem vorgeschlagenen Staatsvertrag sind grundsätzlich zwei Arten der
Mobilität zu unterscheiden: die studentische Mobilität und
die Mobilität der akademisch qualifizierten Arbeitskräfte;
bei der studentischen Mobilität ist nochmals zu unterscheiden zwischen auswärtigem Vollstudium (unten Ziff. 1.2)
und auswärtigem Teilstudium (unten Ziff. 1.3).
Die Motion fordert insbesondere die Mobilität der Studierenden als "freien Zugang ... zu allen Hoch- und Fachhochschulen", dies zusammenfassend sowohl für den Zugang für
ein ganzes auswärtiges Studium (auswärtiges Vollstudium)
als auch für Mobilität von Studierenden während des Studiums (auswärtiges Teilstudium). In beiden Fällen ist in der
Regel der Aufenthalt zwecks Studium im fremden Land
nötig; dieser ist sowohl in der Bundesrepublik Deutschland
als auch in der Schweiz Bundessache und damit dem Einfluss einzelner Bundesländer und Kantone weitgehend
entzogen; materiell sind sie allerdings so geregelt, dass
praktisch für studentische Mobilität kaum fremdenpolizeiliche Probleme entstehen.
Rahmen für solche Institutionsvereinbarungen festlegen; für
das Zustandekommen von Institutionsvereinbarungen ist die
staatliche Vereinbarungsebene aber nicht notwendig.
1.4 Mobilität der Arbeitskräfte: Ganz anders liegt die Förderung der Mobilität qualifizierter Arbeitskräfte; diese bedingte die freie Zulassung der berufsbefähigten Diplomträger. Im
EWR-Vertrag war eine solche generelle Zulassung enthalten; in den derzeit laufenden bilateralen Verhandlungen mit
der EU ist ebenfalls diese Mobilität Gegenstand der Auseinandersetzungen. Einem Staatsvertrag zwischen einem
Kanton und einem Bundesland ist diese Mobilitätsförderung
aber entzogen.
2. Zulassung zum Studium
2.1 Zulassungsbedingungen: Studentische Mobilität in Form
eines auswärtigen Vollstudiums bedingt die auswärtige
Erstzulassung zum Studium (Erstimmatrikulation). Die
Bedingungen für die Erstzulassung sind sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in der Schweiz zwar den
jeweiligen Landes- bzw. kantonalen Gesetzgebern vorbehalten, Abitur und Maturität bei den Universitäten, Fachhochschulreife und Berufsmaturität bei den FH haben sich aber
in beiden Ländern als nationale Norm durchgesetzt (obwohl
der Zugang zu den FH in den Ländern der Bundesrepublik
Deutschland unterschiedlich geregelt ist; wegen des hohen
Abiturientenanteils sind die Unterschiede in der Praxis aber
dennoch kleiner geworden).
Bezüglich bilateraler Anerkennung ist es so, dass in der
Bundesrepublik Deutschland die Maturität dem Abitur als
Zugangsvoraussetzung praktisch gleichgestellt wird, während die Schweiz nach wie vor nicht generell Gegenrecht
Art. 235
hält. Nicht absehbar ist, dass zwischen schweizerischer
Berufsmaturität und Bundesdeutscher Fachhochschulreife
Aequivalenz - gegenseitige Anerkennung - festgelegt wird;
v.a. die unterschiedlichen Dauern der Vorbildung und die
Differenz bei der Allgemeinbildung dürften eine entsprechende Aequivalenz verhindern. Ein allfälliger Handlungsbedarf liegt aber wiederum nicht resp. nur bedingt bei einzelnen Bundesländern oder Kantonen; auch hier haben die
jeweiligen Bundesstaaten Kompetenzen, in der Schweiz
liegen die diesbezüglichen Zuständigkeiten in der Berufsbildung ganz beim Bund (BIGA), bei der allgemeinen Maturität gemeinsam beim Bund und bei der EDK.
2.2 Zulassungsbeschränkung: Erschwert wird die gegenseitige Zulassungsproblematik durch die Existenz von quantitativen Zulassungsbeschränkungen (Numerus clausus). In der
Bundesrepublik Deutschland wird für Hoch- und Fachhochschulen ein bundesweiter Numerus clausus praktiziert. Ein
Staatsvertrag zwischen einem Kanton und einem Bundesland könnte diese übergeordnete Zulassungsbeschränkung
nicht antasten und damit "freien Zugang" - wenn überhaupt nur im Rahmen einer Gleichstellung von aargauischen Studierenden mit solchen aus Baden-Württem-berg ermöglichen.
3. Anerkennung: Studentische Mobilität während des gesamten Studiums ist auch durch die Art und Weise bestimmt, wie Abschlüsse gegenseitig anerkannt werden. Auch
in diesem Bereich sind die Kompetenzen von Kantonen und
Bundesländern beschränkt.
Vorderhand bestehen auf internationaler Ebene fünf Europarats- und eine Unesco-Hochschulkonvention, die als RahKanton Aargau plant für seine zu errichtenden FH die Einführung von persönlichen Studiengeldern (gestützt auf § 23
AFHG).
Gegenrecht im Rahmen eines Staatsvertrages zwischen
Baden-Württemberg und dem Aargau würde bedeuten, den
deutschen Studierenden den Besuch der aargauischen FH
unentgeltlich - generell ohne Studiengelder zu erheben - zu
öffnen, was eine Ungleichbehandlung gegenüber den eigenen Studierenden bedeutete.
Aufgrund der eingereichten Motion hat der Regierungsrat
im Dekretsentwurf für die FH für Technik, Wirtschaft und
Gestaltung (Fachhochschuldekret I) aber die Möglichkeit
geschaffen, dass Schulen im Rahmen einer Gegenrechtsvereinbarung persönliche Studiengelder erlassen können.
Aus den dargelegten Gründen beantragt der Regierungsrat
dem Grossen Rat, die Motion nicht zu überweisen. Der
Regierungsrat ist aber bereit, im Hinblick auf die Erwägungen in Ziff. 1.3, den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen.
Harry Lütolf, Wohlen: Durch den Entscheid des Regierungsrates, die Motion nur als Postulat entgegenzunehmen,
hatte ich mich gezwungen gefühlt, vor Ihnen als "Verkäufer"
aufzutreten: ich wollte Ihnen meine Idee verkaufen und zwar
in einer Motionsverpackung. Quasi in letzter Minute konnte
ich aber noch umgestimmt werden. Ich stimme folglich der
Umwandlung in ein Postulat zu, lasse meinem Vorstoss
damit den Zahn der Verbindlichkeit ziehen, möchte hier
aber eine deutliche Erklärung abgeben. Mit meinem Vorstoss will ich ein Wahlkampfversprechen der Jungen CVP-
23. September 1997
menkonventionen nicht direkte Anwendung finden. Die
Arbeiten an der Weiterentwicklung und Vereinfachung
dieser Rahmenkonventionen finden derzeit durch die Beschlussfassung über das sogenannte LissabonnerAbkommen ihren Abschluss.
Auf konkreter, direkt anwendbarer Ebene existiert als wichtigstes Vertragswerk im Zusammenhang mit dem vorliegenden Vorstoss, das Abkommen zwischen der Regierung der
Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der
Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige
Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich,
welches die gegenseitige Anerkennung von Hoch- und
Fachhochschulabschlüssen als akademische Grade im einzelnen regelt.
Die Einschränkung der Anerkennung ("als akademische
Grade") bezieht sich auf den Umstand, dass die Anerkennung von Diplomen nur als Basis für weiterführende Studien dient sowie das Tragen des Titels erlaubt; betreffend
Berufsfähigkeit (Berufszugang) entwickelt das Abkommen
keine Wirkung. Die Anerkennung von Berufszulassungsdiplomen ist, wie oben unter Ziff. 1.4 erwähnt, Gegenstand der
bilateralen Verhandlungen mit der EU. Konkrete Diplome
der Berufsbefähigung sind etwa das medizinische Staatsexamen in Verbindung mit dem Diplom, welches als Zulassungskriterium zur ärztlichen Berufsausübung Anwendung
findet, oder die Rechtsanwaltsprüfung als Zulassung zur
Anwaltspraxis.
4. Finanzierung/Studiengelder/Entgelte: Deutsche Hochschulinstitutionen erheben keine persönlichen Studiengelder, sie sind gratis auch für auswärtige Zugelassene. Der
Aargau zu den Grossratswahlen einlösen. Die Junge CVP
Aargau forderte den Wirtschaftsraum "AABAWÜ", das
heisst "Aargau/Baden-Württemberg". Der Vorstoss ist eine
Konkretisierung dieser Forderung. In seiner differenzierten
und gut begründeten Antwort zeigt der Regierungsrat die
verschiedenen Schwierigkeiten auf, die bei der Umsetzung
der Motion zu erwarten sind. Zu wenig konsequent macht
aber der Regierungsrat den mutigen Schritt, die Probleme
anzugehen und diese aus dem Weg zu räumen. Er möchte
sich nicht verbindlich festlegen lassen. Der Grosse Rat aber
wäre die einzige Instanz, die ihm diesen Auftrag erteilen
könnte. Wenn der Regierungsrat in seiner Stellungnahme
schreibt, ein Staatsvertrag allein habe zu wenig Substanzierungsmöglichkeiten, so muss man ihm recht geben. Doch
Sinn und Zweck der Motion, wenn aus dem Wortlaut auch
nicht ganz ersichtlich, ist nicht allein der Abschluss eines
Vertrages bloss des Verträgeabschliessens willen. Sinn und
Zweck der Motion ist es, alle Steine aus dem Weg zu räumen, damit wir Aargauerinnen und Aargauer ohne Bürokratie an die Hoch- und Fachhochschulen im benachbarten
Bundesland gelangen können, und zwar genau so einfach,
wie es bei unseren Nachbarkantonen möglich ist. Es ist
wahr, dass sich im Bereich Bildung bundesstaatliche Kompetenzen zum Teil überschneiden. Doch sollte der Regierungsrat alles mögliche unternehmen, um den kantonalen
Handlungsspielraum auszunützen. Schon in der Bundesverfassung gewährt man den Kantonen im Bereich der Aussenpolitik einen gewissen Handlungsspielraum. Erst kürzlich
hat der Bundesrat dem Bundesparlament eine Botschaft zum
Zusatzprotokoll des Europarates über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zukommen lassen. Auch der Bund
320
23. September 1997
wird sich somit vermehrt verpflichten, "die kleine Aussenpolitik" der Kantone zu fördern. Ich bitte die Regierung, von
dieser Möglichkeit rege Gebrauch zu machen.
Ein wesentliches Verkaufsargument meiner Motion wäre
das Geschäftsverkehrsgesetz gewesen. Der Regierungsrat
will die Motion als Postulat entgegennehmen. Doch was
steht im Geschäftsverkehrsgesetz zum Thema "Postulat"?
Ich zitiere § 46: "Das Postulat verpflichtet den Regierungsrat, einen Bericht vorzulegen oder zu prüfen, ob eine Verfassungs-, Gesetzes- oder Dekretsvorlage, der Entwurf für
einen Beschluss zu unterbreiten oder irgend eine andere
Massnahme zu treffen sei." Es geht also um einen Prüfungsauftrag. Hier gäbe es aber nichts mehr zu prüfen, sondern es
kann und muss gehandelt werden! Erstens hat der Regierungsrat das Aktionsprogramm in seiner Stellungnahme in
Ziffer 1.3 selbst aufgezeigt, und zweitens gab es da noch ein
Postulat von Roland Brogli betreffend grenzüberschreitende
Zusammenarbeit im Bildungswesen zwischen den Regionen
im Kanton Aargau und Deutschland. Der Regierungsrat hat
dieses Postulat erst kürzlich entgegengenommen. In der
Beantwortung, die mir bei der Einreichung meiner Motion
noch nicht vorgelegen hat, liess der Regierungsrat folgendes
verlauten, ich zitiere: "Bei der Einführung der Fachhochschulen wird allerdings grenzüberschreitender Schulbesuch
sinnvollerweise vertraglich geregelt werden müssen." Und
weiter: "Im Bildungssektor kommt das Karlsruher Übereinkommen als rechtliche Grundlage für internationale Verträge lediglich bei kommunalen und privaten Schulen zum
Tragen, also z.B. bei den Berufsschulen." Und weiter: "Für
die kantonalen Berufs- und Mittelschulen müssen internationale Verträge laut Kantonsverfassung vom Grossen Rat
genehmigt werden und unterliegen gemäss Kantonsverfasmen Sie jetzt alles weitere, um den freien - ich betone - den
freien Zugang zu den Hoch- und Fachhochschulen zu ermöglichen. Ein Vertrag wäre ein erster Schritt in diese
Richtung. Wir bleiben am Ball!
Vorsitzender: Der Motionär ist mit der Umwandlung seines
Vorstosses in ein Postulat einverstanden. Weitere Wortmeldungen ergehen nicht. Der Vorstoss ist somit als Postulat
stillschweigend überwiesen.
236 Postulat der CVP-Fraktion vom 31. Oktober 1995
betreffend Gesamtkonzept für die Berufsbildung im
Aargau; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. GR-Prot. 1993/97, Art. 1295)
Antrag des Regierungsrates vom 20. August 1997:
Der Regierungsrat ist bereit, das Postulat mit folgender
Erklärung entgegenzunehmen:
Der Regierungsrat ist bereit, das Postulat mit folgender
Erklärung entgegenzunehmen:
1. Begründung für die beanspruchte Verlängerung der Frist
für die Beantwortung
Der Richtplan 94 (Berufszuteilung an die Berufsschulen)
wurde auf Lehrbeginn 1995/ 96 in Kraft gesetzt. Der rasante
Umbruch der Berufsbildungslandschaft liess damals schon
319
Art. 235
sung der fakultativen Volksabstimmung." Und schliesslich
steht geschrieben: "Ziel ist die Erarbeitung eines Konzepts
zur Realisierung von vertraglich geregeltem Schulbesuch für
die Berufsschulen, Gymnasien und Fachhochschulen in
grenzüberschreitenden Regionen von Deutschland, Frankreich und der Schweiz." Ich hoffe, die Regierung möge sich
bei der Umsetzung daran erinnern, weil sich hier ein gewisser Widerspruch zur Beantwortung meines Vorstosses
ergibt. Ich ermahne den Regierungsrat eindringlich, meinen
Vorstoss nicht als "Ladenhüter" verkommen zu lassen. Ich
möchte nicht ins Greisenalter kommen, bis das Postulat
umgesetzt ist. Die junge Generation hat ein eminentes und
natürliches Interesse, dass die Forderung des Vorstosses
rasch umgesetzt wird. Der Regierungsrat soll baldmöglichst
mit der Regierung von Baden-Württemberg Kontakt aufnehmen; vielleicht sind die ja gar nicht an einer Zusammenarbeit interessiert! Am Schluss der Verhandlungen wird
wohl ein Vertrag oder es werden Verträge abgeschlossen
werden müssen, so sieht es jedenfalls auch der Regierungsrat. Dann haben Sie es, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, im übrigen in den Händen, das Vertragswerk zu genehmigen. So steht es auch in der Kantonsverfassung. Wenn
Ihnen mein Vorstoss nicht ganz geheuer ist, z. B. was die
Kosten anbelangt, so bleiben Sie am Schluss am Drücker
und können das Ganze zerschmettern.
Wenn der Vorstoss nun als Postulat überwiesen wird, so
wünsche ich der Regierung schon jetzt eine schöne Reise in
die Landeshauptstadt Stuttgart zum allfälligen Vertragsabschluss. Zum Schluss danke ich dem Regierungsrat, dass er
die Stossrichtung dieser Motion wenigstens im Entwurf zum
Fachhochschuldekret I verankert hat. Bitte, unterneherkennen, dass es schwierig wird, eine längerfristige Planung vorzunehmen.
Auf Frühjahr 1996 wurde die Reform der ASM-Berufe
(Metall- und Maschinenbau) angekündigt, auf Ende 1996
sollte ebenfalls eine Reform der kaufmännischen Berufsausbildung anlaufen. Beim BIGA wurde der Berufsbildungsbericht zuhanden des Bundesrates erarbeitet. Die Kantone
waren hier ebenfalls involviert. Im weitem wurde die Gesamtkonzeption der Berufsbildung in den Leitsatz 11 des
Leitbildes "Schule Aargau" aufgenommen. Diese Forderung
fand auch in der Richtplanung des Baudepartementes ihren
Niederschlag. Mit der Beantwortung des Postulates wurde
zugewartet bis die Parlamentsbeschlüsse vom 29. Oktober
1996 bzw. vom 17. Dezember 1996 vorlagen. Die Vemehmlassung der ASM-Berufe hat sich ebenfalls verzögert. Die
Bereinigungsverhandlungen fanden erst im Juni 1997 statt.
Im übrigen mussten vom Amt für Berufsbildung vordringlichere Aufgaben bearbeitet werden, die die Kapazitäten
sprengten (Fachhochschule, Lehrstellensituation, Berufsbildungsbericht usw.).
2. Massnahmen, die bis jetzt getroffen wurden gemäss der
Aufträge der Parlamentsbeschlüsse (Leitbild Schule Aargau
und Richtplanung)
Bereits Ende 1995 setzte das Amt für Berufsbildung eine
Spurgruppe ein, um die Stossrichtung der diskutierten Gesamtkonzeption festzulegen. Im Frühjahr 1997 nahmen zwei
Projektgruppen (KV und gewerblich-industrielle Bereiche)
die Arbeit für eine Neuorganisation auf. Die ersten Resultate
Art. 235
beider Gruppen werden Ende August 1997 in einer Begleitgruppe (zusammengesetzt aus Berufsschulen, Verbänden,
Regionen) diskutiert. Ende 1997 sollen erste Grundsatzentscheide durch den Regierungsrat gemäss EG BBG vom 8.
November 1983 getroffen werden.
Auf Grund dieser Beschlüsse wird Anfang 1998 eine breite
Vemehmlassung durchgeführt. Bereits die Diskussionen im
Grossen Rat und in der Presse lassen erahnen, dass das
Geschäft politisch sehr brisant sein wird.
3. Zum Inhalt des Postulates
Wie bereits angedeutet, greift der Berufsbildungsbericht des
Bundesrates an das Parlament die einzelnen Punkte ebenfalls auf.
- Die ersten Lehrplanreformen sind bereits im Anlaufen. Es
ist aber festzuhalten, dass die Ausbildungsreglemente durch
die Berufsverbände erarbeitet und weitgehend bestimmt
werden. Die Kantone können nur bei kantonalen Reglementen generell selbst bestimmen.
- Bezüglich neuer Lehr- und Lernformen und weiterer Entwicklungen kann der Kanton in Anspruch nehmen, schon
weit fortgeschritten zu sein. Das Amt für Berufsbildung hat
zusammen mit der Pädagogischen Arbeitsstelle und den
Sozialpartnern zehn Thesen zum beruflichen Lernen erarbeitet.
- Der sinkenden Bereitschaft, junge Leute auszubilden,
wurde und wird mit besonderen Massnahmen entgegengetreten. Immerhin konnten im Kanton Aargau zwischen
237 Interpellation Herbert H. Scholl, Zofingen, vom
5. März 1996 betreffend künftige Zuweisung der Schülerinnen und Schüler zu den gewerblich-industriellen und
kaufmännischen Berufsschulen im Aargau; Beantwortung und Erledigung
(vgl. GR-Prot. 1993/97, Art. 1521)
Antwort des Regierungsrates vom 3. September 1997:
1. Zu den Begründungen in der Interpellation
1.1 Allgemeines: Der Interpellant stellt richtig fest, dass
sich der gesamte Berufsbildungsbereich in einer Umbruchphase befindet wie nie zuvor. Dazu hat vor allem die
Umstrukturierung unserer Wirtschaft beigetragen.
In kurzen Zeitabständen wurden u.a. die Berufsmaturität
eingeführt, die Berufslehren der Metall- und Maschinenbauberufe einer gründlichen Revision unterzogen, die
Reform der kaufmännischen Grundausbildung eingeleitet,
die Errichtung der Fachhochschulen vorbereitet. Gleichzeitig hat das BIGA den Berufsbildungsbericht erarbeitet,
der weitere Reformen in Aussicht stellt. Im Kanton Aargau wurde im Jahre 1993 der Richtplan 94 erarbeitet und
1995 in Kraft gesetzt. In der Folge mussten aufgrund der
rasanten Entwicklung bereits wieder Anpassungen vorgenommen werden. Das Thema Berufsbildung wurde auch
im "Leitbild Schule Aargau" (Beschluss vom 29. Oktober
23. September 1997
Januar und August 1997 durch besondere Anstrengungen
zusätzlich über 700 neue Ausbildungsplätze geschaffen
werden. Die Neueintritte ins 1. Lehrjahr werden gegenüber
1996 um ca. 450 ansteigen (ca. 25 Klassen).
- Das Amt für Berufsbildung plant in nächster Zeit, ein
neues Finanzierungsmodell für die Berufsschulen vorzulegen. Es wird an einen Pauschalbeitrag pro Lehrtochter und
Lehrling gedacht. Dadurch kann der administrative Aufwand
verringert werden. Die Schulvorstände entscheiden selbst
über die zu erneuernden Infrastrukturen der Berufsschulen.
- Das Postulat verlangt eine Konzentration der Berufsausbildung auf wenige Standorte. Wie bereits aufgeführt, wird
diese Forderung etliche Widerstände auslösen
(s. Schliessung Gewerbeschule Reinach usw.). Zweifellos
können gerade wegen der geforderten Ausbildungsformen
nicht mehr alle Berufsschulen weiterbestehen. Aber auch
hier ist eine klare Nutzen/Kosten-Analyse vorzunehmen. Es
wird schwierig werden, einerseits Schulen zu schliessen und
andererseits neue Kapazitäten an anderen Orten aufzubauen.
Die meisten Forderungen im Postulat sind bereits in Bearbeitung. Aus diesen Gründen ist der Regierungsrat bereit,
das Postulat entgegenzunehmen.
Vorsitzender: Der Regierungsrat hat sich mit Datum vom
20. August 1997 bereit erklärt, das Postulat mit schriftlicher
Erklärung entgegenzunehmen. Das Postulat bleibt unbestritten. Sie haben es somit stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen.
1996) und in der "Richtplanung Kanton Aargau" (Beschluss vom 17. Dezember 1996) aufgenommen. Beide
Beschlüsse zielen darauf ab, dem Regierungsrat den Auftrag zu erteilen, in der Legislaturperiode 1997 - 2001 ein
Standortkonzept für die Berufsschulen zu erstellen. Das
Amt für Berufsbildung hat diese Aufgabe bereits 1995 im Sinne einer rollenden Planung - übernommen. Im Jahre
1996 wurden zwei Projektgruppen für die Beurteilung der
kaufmännischen und gewerblichen Berufsschulen gebildet. Die Resultate wurden am 25. August 1997 einer
Begleitgruppe vorgelegt. Nach der Überarbeitung der
Vorgaben werden Ende 1997 die Ziele und Massnahmen
dem Regierungsrat vorgelegt. Anfang 1998 wird das Konzept in eine breite Vernehmlassung geschickt. Die schrittweise Umsetzung der Massnahmen sollte bereits ab Schuljahr 1999 erfolgen können.
1.2 Zu den Schülerzahlen: Der Interpellant listet Zahlen
auf, die nicht nach seriösen Kriterien erhoben wurden. Es
wurde nicht unterschieden nach Lehrberufen mit einem
Tag, anderthalb und zwei Tagen Unterricht. Die neuen
Lehr- und Lernformen, die Klassengrössen, der Berufsmittelschul-Unterricht und neue Berufe wurden kaum berücksichtigt. Besonders die freien Kapazitäten der Berufsschule Brugg mit 170 freien Plätzen lassen aufhorchen, ist
doch bekannt, dass gerade diese Schule eine ganze Abteilung mit rund 240 Lehrlingen (Abteilung Hochbauzeichner) in einem Provisorium unterbringen muss.
Die Schülerzahlen in der Berufsbildung sind starken
Schwankungen - auch innerhalb der einzelnen Berufsgruppen - unterworfen. Im Jahre 1994 sank die Gesamtschülerzahl mit 11'665 Schülerinnen und Schülern
auf einen Tiefstand (1985: 15'000), doch heute steigt sie
322
23. September 1997
wieder an. Im Schuljahr 1996/97 waren es 450 Auszubildende mehr als 1994. Mit Schulbeginn 1997 wird wiederum eine Steigerung von rund 350 Lehrverhältnissen
erwartet. Bei einer durchschnittlichen Klassengrösse von
17 Schülerinnen und Schülern macht das eine Steigerung
von 40 bis 50 Klassen aus. Dieses Wachstum wird nicht
auf alle Berufsschulen linear erfolgen, da sich die Berufsfelder unterschiedlich entwickeln. Da Berufsfelder an
Berufsschulen nicht nach Betrieben zugeteilt werden
können, entstehen an einzelnen Schulen Engpässe, an
anderen Reserven. Um solche Schwankungen aufzufangen, ist es von Vorteil, dass den Berufsschulen mehr als
ein Berufsfeld zugeteilt wird.
1.3 Berufsbildungszentrum Baden-Nord: Bereits bei der
Erarbeitung des Richtplans 94 stellte das Amt für Berufsbildung an die beiden Berufsschulen in Baden die Frage,
ob es sinnvoll sei, die Maschinenbauberufe an zwei Berufsschulen - bei einer räumlichen Entfernung von 900 m zu unterrichten. Auf diese aufgeworfene Frage wurde z. T.
heftig und unterschiedlich reagiert. Am 16. Januar 1995
haben der Stadtrat Baden und die Geschäftsleitung der
ABB Schweiz AG (14. Februar 1996) mit gleichlautenden
Beschlüssen folgenden Projektauftrag erteilt:
"Zusammenführung der gewerblich-industriellen Berufsschule Baden und der Berufsschule ABB zu einem gewerblich-industriellen Berufsbildungszentrum BadenNord unter der Trägerschaft der Stadt Baden".
Der Interpellant führt aus, dass Baden mit dem Zusammenschluss der beiden Schulen die Kapazitäten weiter
auszubauen gedenkt, was zusätzliche Auswirkungen auf
die bestehenden anderen Schulen haben werde. Die Vordavon rund 350 Absolventinnen und Absolventen der
Berufsmittelschule, im Bereich Baden-Nord".
Somit kann der Verdacht des Interpellanten, Baden plane
zusätzliche Kapazitäten, entkräftet werden.
Zu Frage 1: Der Aargau zählt heute 10 gewerblichindustrielle Berufsschulen. Die Grafische Fachschule
Aarau (GFA) und die Gartenbauschule Niederlenz (Lehrwerkstatt) sind wegen ihrer interkantonalen Aufgaben in
der Gesamtkonzeption auszuklammern. Mit dem Zusammenschluss der Schulen von Baden verbleiben noch 7
Schulen, die im Standortkonzept berücksichtigt werden
müssen. Klare Aussagen bezüglich "notwendig und sinnvoll" können erst Ende 1997 gemacht werden.
Bei den 10 kaufmännischen Schulen erreichen deren 3
eine kritische Grösse. Mit der Reform der kaufmännischen
Grundausbildung sind mindestens 2 bis 3 Parallelklassen
erforderlich. Es ist kaum anzunehmen, dass sich die Schülerzahlen dieser Schulen in den nächsten Jahren nach oben
bewegen. Mittel- und langfristig werden sich wohl 7 bis 8
Schulen halten können.
Zu Frage 2: Dies ist eher eine politische Frage und keine
Sachfrage. Aus regionalpolitischen Überlegungen müssen
wahrscheinlich Konzessionen gemacht werden. Es wäre
denkbar, einzelne Schulen als Zweigschulen einer grossen
Schule zu führen, um Ausbildungsmöglichkeiten in der
Region bestehen zu lassen. Sicher ist, dass die Lehrlingszahlen im kaufmännischen Bereich in den Rheinbezirken
nicht ausreichen, um drei Schulen aufrecht zu erhalten.
321
Art. 236
gaben des Erziehungsdepartementes (Amt für Berufsbildung) wurden klar formuliert: "Die Planung hat auf den
heutigen Schülerzahlen der beiden Schulen und den heute
zugeteilten Berufsfeldern zu basieren".
In der Planungsphase wurden zusätzliche Räume für
Einführungskurse (Forderung nach Vernetzung von Theorie und Praxis) vorgesehen. Eine definitive Zuteilung der
Berufsgruppen und der Einführungskurs-Räume wird aber
erst mit dem Gesamtkonzept erfolgen. Es sind noch zusätzliche Abklärungen mit den Berufsverbänden erforderlich. Sicher wird bei dieser Schule ein Schwerpunkt auf
die Metall-, Maschinenbau und elektrotechnischen Berufe
(ASM-SwissMechanic) gelegt.
Dieses Projekt hat in der Folge in verschiedenen Schulen
und Regionen Reaktionen und Ängste ausgelöst, da der
Verlust resp. die Schliessung ihrer Berufsschule befürchtet
wird. Tatsächlich wird es Änderungen bezüglich der Zuteilung der obenerwähnten Berufe geben. Mit den neuen
Ausbildungsreglementen ist es nicht mehr möglich, die
Maschinenbauberufe an 6 Schulen im Aargau zu unterrichten. Eine Reduktion auf weniger Standorte ist zwingend.
Die Befürchtungen, Baden baue eine "Mammutschule",
sind unbegründet. Die Projektleitung hat sich bezüglich
der Schülerzahlen an die Vorgabe gehalten. Die Berufsschule Burghalde zählt heute 1'119, die ABBBerufsschule 542 Schülerinnen und Schüler (total 1'661).
In der Eingabe der Stadt Baden vom 5. Juni 1997 an den
Regierungsrat ist ausgeführt: "Der Projektauftrag umfasst
die Planung einer Schule von rund 1'600 Auszubildenden,
Zu Frage 3: Bei der Erarbeitung des Richtplanes 94 stellte
das Amt für Berufsbildung die Frage nach einer gemeinsamen Schulführung, wenn eine gewerbliche und eine
kaufmännische Berufsschule im gleichen Gebäude untergebracht sind. Braucht es zwei Rektorate, zwei Schulvorstände, zwei Trägerschaften lautete die Diskussionsfrage.
Gemäss § 16 des EG BBG kann der Regierungsrat die
Führung der öffentlichen Berufsschulen Gemeinden,
Berufsverbänden, gemeinnützigen Organisationen und
Betrieben übertragen. Bekanntlich erfolgt im Kanton
Aargau die Finanzierung der Berufsschulen vollständig
durch die öffentliche Hand. Die Restkosten nach Abzug
der Bundes- und Kantonsbeiträge werden auf die Schülerinnen und Schüler aufgeteilt und den Wohnorts- bzw. den
Lehrortsgemeinden (ausserkantonale) übertragen. Die
Zusammensetzung des Schulvorstandes richtet sich nach
der Trägerschaft. Die kaufmännischen Vereine Rheinfelden und Wohlen haben in diesem Jahr die Trägerschaft
ihrer KV-Schulen an die Stadt bzw. die Gemeinde abgetreten.
In den Bereichen Schulleitung, Sekretariat, Informatik,
Freifächern und Weiterbildung sind Verbesserungen und
eine optimalere Nutzung von Synergien möglich.
Zu Frage 4: Infolge des Ansteigens der Mittelschülerzahlen wird es wohl kaum Kompensationsangebote durch
Berufsschulen geben können. Über den Standort der zentralen Lehrerbildungsstätte liegt gemäss "Richtplantext
vom 17. Dezember 1996" (S. 44) ein Grundsatzbeschluss
des Regierungsrates vor. Das Standortkonzept wird zei-
Art. 237
gen, ob die frei werdenden Räume, die durch die Schliessung von Lehrerbildungsstätten entstehen, mit Neuzuteilungen an die Berufsschulen jener Regionen kompensiert
werden können. Solche Neuzuteilungen müssten wieder
zu Lasten einer anderen Berufsschulen geschehen.
Zu Frage 5: Die Zuteilung der Auszubildenden an kaufmännischen Berufsschulen ist relativ unproblematisch,
weil alle Schulen ungefähr die gleiche Infrastruktur aufweisen. In der Regel erfolgt die Aufteilung bezirksweise.
Ausnahmen werden zwecks Optimierung von Klassengrössen gemacht. Weiter wird darauf geachtet, dass die
Anfahrtswege möglichst optimal sind.
Bei der Zuweisung an gewerblich-industrielle Schulen
sind viele Kriterien vorgegeben, müssen doch ca. 180
Berufe an 9 Berufsschulen im Kanton Aargau und an ca.
25 ausserkantonale Schulen zugeteilt werden. Beim Richtplan 94 wurde darauf geachtet, dass kleinere Berufsgruppen in "Zentrumsschulen" unterrichtet werden. Die z. T.
sehr teuren Infrastrukturen, Einrichtungen und Spezialräume erfordern hin und wieder Zuteilungen, die in einzelnen Regionen kaum verstanden werden.
Wenn die Region Freiamt beispielsweise argumentiert,
dass sie ca. 13 % aller Auszubildenden aufweist, aber nur
ca. 6 % an der Berufsschule unterrichtet werden, liegt das
an der breiten Streuung der verschiedenen Berufe. Seinerzeit erfolgte die Zuteilung der Berufe nach Möglichkeit an
238 Postulat der Geschäftsprüfungskommission (GPK)
vom 25. März 1997 betreffend den künftigen Vollzug der
Tierschutzgesetzgebung im Kanton Aargau; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. GR-Prot. 1993/97, Art. 2163)
Antrag des Regierungsrates vom 3. September 1997:
Ausgangslage: Der Vollzug des Tierschutzes erfolgt nach
der geltenden Rechtslage im wesentlichen durch das Kantonale Veterinäramt des Gesundheitsdepartementes und zwei
Abteilungen des Finanzdepartementes, die Abteilung Landwirtschaft und die Abteilung Wald, Sektion Jagd und Fischerei. Im Vordergrund der Zuständigkeit des Veterinäramtes stehen - soweit für das vorliegende Postulat relevant Tierhalteverbote und andere behördliche Massnahmen
gemäss den Artikeln 24 und 25 des eidgenössischen Tierschutzgesetzes (TSchG). Die Zuständigkeit der Abteilung
Landwirtschaft bezieht sich dabei insbesondere auf die
tiergerechte, landwirtschaftliche Nutztierhaltung gemäss den
Artikeln 12 - 26 der eidgenössischen Tierschutzverordnung
(TSchV). Die Zuständigkeit der Abteilung Wald, Sektion
Jagd und Fischerei, beschränkt sich auf Bewilligungen zum
Halten von jagdbaren und geschützten Wildtieren.
23. September 1997
jene Schulen, wo die meisten Ausbildungsplätze des betreffenden Berufes angeboten wurden. Diese Überlegungen sind bei der Neukonzeption wieder anzustellen.
Herbert H. Scholl, Zofingen: Wenn Sie die Interpellationsantwort gelesen haben, haben Sie folgendes festgestellt: Der
Regierungsrat bzw. das Erziehungsdepartement hat anderthalb Jahre gebraucht, um neben der Zusammenfassung von
Tatsachen, die uns allen schon bekannt sind, darauf hinzuweisen, dass nähere Auskunft Ende 1997 möglich sei. Sie
werden sich nicht wundern, wenn ich mich von dieser Antwort nicht als befriedigt erklären kann. So geht es natürlich
nicht, Herr Erziehungsdirektor! Das Problem ist aber ernsthafter Natur. Man stellt fest, dass Vorstände und Schulleitungen von gewerblich-industriellen und kaufmännischen
Berufsschulen zunehmend verunsichert sind. Es werden
Kräfte gebunden für die Planung von Standorten statt für die
Planung des künftigen Unterrichtes unserer Jugend. Deshalb
fordere ich den gesamten Regierungsrat nun auf, hier für
Abhilfe zu sorgen. Die bisherigen Planungsarbeiten haben
zu nichts geführt, wir müssen das ganz klar festhalten. Wir
erwarten noch dieses Jahr klare Aussagen, wo an welchen
Schulen welche Fächer und welche Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden. Jetzt sind Sie gefordert, Herr Regierungsrat, und ich glaube, Sie sind noch steigerungsfähig,
auch in dieser Angelegenheit.
Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich als nicht befriedigt. Er verlangt keine Diskussion. Das Geschäft ist erledigt.
Reorganisation: Wie im Postulat erwähnt, haben sich die
Vorsteherin des Gesundheitsdepartementes und der Vorsteher des Finanzdepartementes bereits eingehend mit der
Verwaltungsorganisation im Tierschutz befasst und sich
auch darüber mit der GPK ausgesprochen. In der Folge
wurde im Mai 1997 eine interdepartementale Arbeitsgruppe
eingesetzt mit dem Auftrag, die Organisationsstrukturen
nach geltendem Recht näher zu überprüfen und im Rahmen
von Modellvarianten dem Regierungsrat darüber Bericht zu
erstatten. Dieser Bericht liegt heute vor. Darin wird vorgeschlagen, den Vollzug des Tierschutzes mittelfristig einer
einzigen Organisationseinheit zu übertragen, wobei in einem
ersten Schritt die Detailstrukturen in ein Normkonzept
überführt werden sollen. Als allfällige Übergangslösung
wird angeregt, die Zuständigkeit des Finanzdepartementes
nach geltendem Recht auf den Vollzug der Artikel 24 und
25 TSchG auszudehnen. Im Sinne dieses Berichtes steht der
Regierungsrat einer Reorganisation des Tierschutzes offen
gegenüber. Andererseits möchte der Regierungsrat ebenso
klar zum Ausdruck bringen, dass er mit der Entgegennahme
des Postulates nicht dessen Begründung übernimmt.
Vorsitzender: Der Regierungsrat hat sich mit Datum vom
3. September 1997 bereit erklärt, das erwähnte Postulat mit
Erklärung entgegenzunehmen. Das Postulat bleibt unbestritten. Sie haben es stillschweigend an den Regierungsrat
überwiesen.
324
23. September 1997
239 Interpellation Anette Heuberger-Kellenberger,
Menziken, vom 2. Juli 1996 betreffend vertrauliche Behandlung von Unternehmerzahlen aus dem Spitalwesen;
Beantwortung und Erledigung
(vgl. GR-Prot. 1993/97, Art. 1758)
Antwort des Regierungsrates vom 13. August 1997:
Allgemeine Bemerkungen: Der Regierungsrat beabsichtigte,
die Interpellationsbeantwortung wegen ihrer grundsätzlichen
Bedeutung in einen grösseren Zusammenhang zu stellen.
Mit dem Inkrafttreten des Bundesstatistikgesetzes (BStatG
vom 1. Oktober 1992) und des neuen Krankenversicherungsgesetzes (KVG vom 18. März 1994) besteht eine
weitgehende Auskunftspflicht der Spitäler, Kliniken und
Heime gegenüber dem Gesundheitsdepartement und dem
Bundesamt für Statistik.
Die jährlich zu liefernden Statistikdaten gemäss Art. 49 Abs.
6 KVG in Verbindung mit Art. 9 der Bundesverordnung
über die Inkraftsetzung und Einführung des KVG sollen u.a.
die Datengrundlage für den Effizienzvergleich zwischen den
Spitälern liefern. Das bedeutet, dass die Spitalabteilung des
Gesundheitsdepartementes und das Statistische Amt als vom
Regierungsrat beauftragte Fachabteilungen berechtigt sind,
die betriebswirtschaftlichen Statistiken und Grundlagen der
Spitäler, Kliniken und Heime anzufordern und auszuwerten.
Nachdem die Krankenversicherungsgesetzgebung (KVG) in
Art. 43 eine betriebswirtschaftliche Bemessung der Tarife
Spitäler gegenüber ihren Verhandlungspartnern wie Krankenkassen, Unfallversicherungen etc.
Zu Frage 2: Bei öffentlichen und öffentlich subventionierten
Spitälern, Kliniken und Heimen lässt sich eine offene Informationspraxis nicht nur vertreten, sie ist sogar im Sinne
von mehr Kostentransparenz und der Wirtschaftlichkeitsprüfungspflicht notwendig.
Zu Frage 3: Die strikte Beachtung des Bundesgesetzes über
den Datenschutz und die Beachtung der kantonalen Weisungen über die Bearbeitung von Personaldaten in der Verwaltung vom 9. November 1987 sowie die Bestimmungen
im Geschäftsverkehrsgesetz (GVG) gewährleisten einen
ausreichenden Schutz vor missbräuchlicher Verwendung
von Daten.
Anette Heuberger-Kellenberger, Menziken: In der Antwort
des Regierungsrates heisst es zu Beginn: "Der Regierungsrat
beabsichtigt, die Interpellationsbeantwortung wegen ihrer
grundsätzlichen Bedeutung in einen grösseren Zusammenhang zu stellen." Von diesem angekündigten "grösseren
Zusammenhang" findet man jedoch in der Antwort gar
nichts. Es ist schon sehr fragwürdig, wenn der Regierungsrat
für diese Antwort über ein Jahr braucht. Ich bin von der
Antwort nur teilweise befriedigt.
Vorsitzender: Die Interpellantin ist nur teilweise befriedigt.
Das Geschäft ist erledigt.
240 Interpellation Herbert H. Scholl, Zofingen, vom 21.
Januar 1997 betreffend Schutz persönlicher Daten von
323
Art. 237
und Preise vorschreibt, müssen die Daten (sogenannte Kalkulationsgrundlagen) wie z.B. die Kostenrechnung, den
Vertragspartnern (Krankenkassen), den Leistungserbringern
direkt mitgeteilt werden. Mit dieser Mitteilungspflicht entsteht weder dem Staat Aargau noch dem betroffenen Betrieb
Schaden oder Wettbewerbsnachteile.
Gestützt auf das Bundesgesetz über den Datenschutz vom
19. Juni 1992 und die kantonalen Datenschutzbestimmungen müssen die Kalkulationsgrundlagen, so bald es der
Zweck der Bearbeitung erlaubt, anonymisiert werden. Laut
KVG und im weiteren Sinn laut Verordnung über das Krankenversicherungsgesetz dienen die so erhobenen Daten
dazu, Betriebskostenvergleiche zwischen den Spitälern
anzustellen und den Kostendeckungsgrad, die Wirtschaftlichkeit und die Qualität der Leistungen zu ermitteln. Dabei
sind die Grundsätze des Datenschutzes einzuhalten, namentlich:
- die Vertraulichkeit: "die mit der Durchführung der Erhebung betrauten Personen und Dienststellen sind verpflichtet
die Daten vertraulich zu behandeln";
- das Amtsgeheimnis: "die mit statistischen Arbeiten betrauten Personen müssen alle Daten geheim halten".
Gestützt auf Art. 23 (GVG) haben die Mitglieder grossrätlicher Kommissionen Akteneinsichtsrecht. Sie sind jedoch
dem Amtsgeheimnis unterstellt (Art. 24 GVG). Im übrigen
gelten die allgemeinen Ausstandsregeln.
Zu Frage 1: Der Regierungsrat befürwortet eine offene,
transparente Darlegung der Kosten und Leistungen der
Patientinnen und Patienten im Projekt "Medizinische
Statistik der Krankenhäuser"; Beantwortung und Erledigung
(vgl. GR-Prot. 1993/97, Art. 2094)
Antwort des Regierungsrates vom 27. August 1997:
Ausgangslage: Die geplante Medizinische Statistik ist Teil
eines grösseren Projekts, das den ganzen stationären Teil des
Gesundheitswesens in der Schweiz (Administrative Statistik,
Statistik der Sozialmedizinischen Institutionen, Fallkostenstatistik) abdeckt. Diese Statistiken ermöglichen dank einheitlichen Erhebungskriterien (bessere) Betriebsvergleiche.
Ausserdem verbessern diese Daten die Kenntnisse (bezüglich Strukturen, Leistungen und Kosten) und schaffen
Grundlagen für eine Optimierung der kantonalen Spitalplanungen sowie der interkantonalen Zusammenarbeit. Innerhalb des Kantons Aargau bilden diese Statistiken eine wichtige Grundlage für das strategische Controlling sowie die
Überwachung der Leistungsaufträge.
Im weiteren dient die Medizinische Statistik der Umsetzung
der Anforderung des neuen Krankenversicherungsgesetzes,
welches die Spitäler verpflichtet, eine Kostenstellenrechnung und eine Leistungsstatistik nach einheitlicher Methode
zu führen (KVG Art. 49 Abs. 6).
Lücken im Datenschutz, die in den ersten Konzeptentwürfen
des Bundesamtes für Statistik noch vorhanden waren, sind
in der Zwischenzeit geschlossen worden. Im definitiven
Detailkonzept wird dem Datenschutz voll Rechnung getra-
Art. 238-239
gen, was gemäss neuestem Informationsbulletin des Bundesamtes für Statistik auch vom eidgenössischen Datenschutzbeauftragten attestiert wird.
Die für alle Krankenhäuser obligatorische Medizinische
Statistik wird vom Regierungsrat deshalb positiv beurteilt.
Erstmals wird nach einer gesamtschweizerisch einheitlichen
Erhebungsmethodik vorgegangen, welche die Vergleichbarkeit der Daten erheblich verbessern wird und damit auch
verbesserte Führungsinformationen zur Verfügung stehen
werden.
Zu Frage 1: Im Sinne der Ziele und Massnahmen der Spitalkonzeption 2005 sowie des Regierungsprogramms 1997 2001 steht der Regierungsrat dem Projekt des Bundesamtes
für Statistik grundsätzlich positiv gegenüber.
Zu Frage 2: Die bei der Erhebung der Medizinischen Statistik anfallenden Daten betreffen den Gesundheitszustand und
zählen gemäss Schweizerischem Datenschutzgesetz zu
besonders schützenswerten Daten. Für den Datenschutz
gelten die folgenden Grundsätze:
- Vertraulichkeit: "die mit der Durchführung der Erhebungen betrauten Personen und Dienststellen sind verpflichtet,
die Daten vertraulich zu behandeln; sie sorgen dafür, dass
diese an einem sicheren Ort aufbewahrt werden" (Art. 7 der
Verordnung über die Durchführung von statistischen Erhebungen des Bundes).
- Amtsgeheimnis (inkl. der Kantone): "Die mit statistischen
Arbeiten betrauten Personen müssen alle Daten geheimhalten..." (Art. 14 Bundesstatistikgesetz) und "für die Bearbeitung durch kantonale Organe gelten die Artikel 14..." (Art.
17 Bundesstatistikgesetz).
Zu Frage 3: Aufgrund der angebrachten Verbesserungen ist
der Regierungsrat überzeugt, dass dem Datenschutz voll
Rechnung getragen wird. Im Kanton Aargau wurde das
Statistische Amt als kantonale Erhebungsstelle beauftragt,
welches in Bezug auf den Datenschutz bei statistischen
Erhebungen fundierte Erfahrungen hat. Deshalb erübrigt
sich eine solche Massnahme.
Zu Frage 4: Die Medizinische Statistik betrifft nur den
stationären Bereich (Akutspitäler). Deshalb sind frei praktizierende Ärztinnen und Ärzte nur im Rahmen einer belegoder konsiliarärztlichen Mitarbeit in einem stationären
Betrieb von der Medizinischen Statistik betroffen. Der
(Zusatz)Aufwand für die von der Erhebung betroffenen
Ärzteschaft darf nicht unterschätzt werden. Allerdings ist zu
berücksichtigen, dass bereits heute spitalintern Statistiken
geführt, Daten erhoben und Informationen dokumentiert
werden (Krankengeschichten, Operationsprotokolle usw.).
Neu ist also vor allem, dass die Datenerhebung nicht mehr
nach individuellen Kriterien, sondern in standardisierter
Form erfolgt.
Für das Controlling und die Überwachung der Leistungsaufträge der stationären Institutionen im Gesundheitswesen
(Basis: Spitalkonzeption 2005, Spitalliste der Kantons Aargau) wurde 1996 ein Controllingkonzept erarbeitet. Grundsätzlich dient dieses Controllingkonzept in Zukunft als Basis
für die Leistungsüberwachung. Der im Controllingkonzept
definierte Informationsbedarf deckt sich zum einem grossen
Teil mit den obligatorischen Bundesstatistiken (Administra-
23. September 1997
- technische Massnahmen: Die Daten dürfen für nicht personenbezogene Zwecke nur bekanntgegeben werden, wenn
aufgrund einer Anonymisierung der Datensätze keine Rückschlüsse auf die einzelne Person möglich sind.
Die im Grobkonzept des Bundesamtes für Statistik zuerst
vorgesehene Form der Erhebung wurde in der Zwischenzeit
als zu detailliert und in Bezug auf den Datenschutz als
ungenügend beurteilt.
Das Datenschutzkonzept wurde deshalb von den verantwortlichen Bundesstellen nochmals überarbeitet und sieht nun
verschiedene Massnahmen vor, die dem Datenschutz voll
gerecht werden:
- Anonyme Verbindungscode,
- "Entschärfung" der besonders schützenswerten Variablen
(z. B. Verzicht auf volles Geburtsdatum),
- Verschlüsselung der Daten bei ihrem Transfer auf elektronische Datenträger,
- restriktive Weitergabe der Daten (in der Regel nur in aggregierter Form; Personendaten für Forschungszwecke nur
punktuell und unter bestimmten Voraussetzungen),
- Vernichtung der Verbindungscodes nach 10 Jahren,
- Amtsgeheimnis.
Das angepasste Datenschutzkonzept wird gemäss dem Informationsbulletin des Bundesamtes für Statistik vom Juli
1997 im übrigen auch vom Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten des Bundes positiv beurteilt.
tive Statistik, Medizinische Statistik, Statistik der sozialmedizinischen Institutionen).
Zu Frage 5: Die Führung der Statistik ist auf eidgenössischer Ebene obligatorisch. Deshalb beteiligt sich auch der
Kanton Aargau an diesem Projekt. Die Einführung ist ab
1998 geplant, wobei das erste Jahr vorab zur Ausbildung der
beteiligten Personen sowie zur Sammlung der notwendigen
Erfahrungen dienen soll.
Zu Frage 6: Auskunftspflichtig sind alle Krankenhäuser. Für
die Umsetzung des Projektes wurde unter Federführung der
Spitalabteilung des Gesundheitsdepartementes eine Arbeitsgruppe gebildet, in welcher die Institutionen sowie die
VAKA (Vereinigung aargauischer Krankenhäuser) vertreten
sind. Die Privatspitäler wurden von der Spitalabteilung zur
Mitarbeit eingeladen, verzichteten im jetzigen Zeitpunkt
jedoch auf eine Stellungnahme oder auf eine Mitarbeit.
Zu Frage 7: Die Statistik bezieht sich nur auf die stationären
Betriebe. Frei praktizierende Ärztinnen und Ärzte sind nur
im Rahmen einer beleg- oder konsiliarärztlichen Mitarbeit in
einem stationären Betrieb betroffen.
Zu Frage 8: Die Kantonsspitäler haben die Ausbildung der
Ärzte spitalintern organisiert. In den Psychiatrischen Diensten ist keine spezifische Ausbildung notwendig, da die ICDCodierung auf freiwilliger Basis bereits seit 1994 durchgeführt wird.
Für die Ärzte und Ärztinnen der anderen Institutionen führt
"H+ Die Spitäler der Schweiz" (Verband der Schweizeri326
23. September 1997
Art. 240
schen Krankenhäuser) Kodierungsschulungen für Tutor(inn)en durch, welche ihr Wissen innerhalb ihres Spitals
den Kolleginnen und Kollegen weitergeben. Da die Ressourcen von "H+ Die Spitäler der Schweiz" beschränkt sind,
kann diese Ausbildung im Kanton Aargau erst gegen Ende
1997 erfolgen. Das Gesundheitsdepartement rechnet damit,
dass aus diesem Grund die Daten 1998 in noch nicht befriedigender Qualität vorliegen werden. Wenn wie geplant 1998
als Lern- und Ausbildungsjahr genutzt wird, kann diese - im
übrigen im Rahmen solcher Projekte normale - Qualitätslücke ab 1999 geschlossen werden. Die Kosten für die beiden
Ausbildungstage durch "H+ Die Spitäler der Schweiz"
werden vom Gesundheitsdepartement getragen; die spitalinterne Ausbildung wird über die Betriebsrechnung finanziert.
Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort
befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
Herbert H. Scholl, Zofingen: Die Thematik dieser Interpellation stellt ein schwieriges Problem dar, das uns die nächsten
Jahre hindurch beschäftigen wird. Einerseits sind wir alle
daran interessiert, dass die Kosten im Gesundheitswesen
nicht übermässig ansteigen, anderseits setzen wir uns alle
für den Datenschutz der Patientinnen und Patienten ein.
Beide Zielsetzungen sind schwer gleichzeitig zu erfüllen.
Ich erkläre mich von der sorgfältigen Antwort des Regierungsrates befriedigt und behafte den Regierungsrat darauf,
dass er alles daransetzen wird, trotz aller kostendämpfenden
Massnahmen im Gesundheitswesen den Datenschutz für die
Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. Es wird aber
Aufgabe auch unseres Rates sein, die weitere Entwicklung
in diesem schwierigen Gebiet zu verfolgen und zu kontrollieren.
Geschäftsprüfungskommission:
241 Kommissionswahlen in ständige Kommissionen;
Kenntnisnahme
Vorsitzender: Gemäss schriftlicher Mitteilung hat das Büro
mit Korrespondenzbeschluss vom 23. September 1997
gestützt auf § 12 Abs. 1 des Geschäftsverkehrsgesetzes
folgende Wahlen in eigener Kompetenz (unter Vorbehalt
von § 12 Abs. 4 des Geschäftsverkehrsgesetzes) vorgenommen:
Wahl von Rudolf Hug, Oberrohrdorf (anstelle von Hans
Ulrich Fischer, Meisterschwanden)
Gesundheitskommission:
Wahl von Walter Spörri, Widen (anstelle von Thomas Villiger, Beinwil/Freiamt)
Kommission für die selbständige Staatsanstalten:
Wahl von Christian Stebler, Hirschthal (anstelle von Walter
Spörri, Widen)
Das Wort hiezu wird nicht verlangt. Die genannten Personen sind somit gewählt und können ab sofort an den Kommissionssitzungen teilnehmen.
Aus der Mitte des Rates wird das Wort nicht verlangt.
Kenntnisnahme
242 Kommissionswahlen in nichtständige Kommissionen; Kenntnisnahme
Vorsitzender: Gemäss schriftlicher Mitteilung hat das Büro
mit Korrespondenzbeschluss vom 23. September 1997
gestützt auf § 12 Absatz 2 des Geschäftsverkehrsgesetzes
folgende Wahl in eigener Kompetenz (unter Vorbehalt von
§ 12 Absatz 4 des Geschäftsverkehrsgesetzes) vorgenommen:
Vorsitzender: Die Traktandenliste ist damit abgetragen. Ich
wünsche Ihnen schöne Herbstferien, alles Gute! Wir treffen
uns wieder am 28. Oktober zur nächsten Ratssitzung. Die
Sitzung ist geschlossen.
(Schluss der Sitzung um 11.10 Uhr.)
Nichtständige Kommission Nr. 5 "Katastrophenhilfegesetz":
Wahl von Patrick Fischer, Bremgarten (anstelle von Thomas
Villiger, Beinwil/Freiamt)
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