9. Januar 2007 Art. 911-913 Grosser Rat 70. Sitzung 9. Januar 2007

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Grosser Rat
70. Sitzung
9. Januar 2007, 10.00 Uhr
Vorsitzende:
Esther Egger-Wyss, Obersiggenthal
Protokollführung:
Adrian Schmid, Ratssekretär
Präsenz:
Anwesend 135 Mitglieder
(Art. 911-924)
Abwesend mit Entschuldigung 5 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Benjamin Giezendanner, Rothrist; Brigitte Hoffmann, Küttigen;
Elsbeth Kaufmann-Tanner, Schöftland; Andreas Senn, Würenlingen; Otto Wertli, Aarau
Behandelte Traktanden
Seite
911
Mitteilungen
1861
912
Neueingänge
1861
913
Postulat der CVP-Fraktion betreffend klare Führung und Strategie für die Informations- und
Kommunikationstechnologien des Staates ICT im Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
1861
914
Interpellation Theres Lepori, Berikon, betreffend Zahl der Militärdienstuntauglichen im Kanton Aargau im
Jahre 2005; Einreichung und schriftliche Begründung
1862
915
Interpellation Nicole Meier Doka, Baden, betreffend Folgerungen/Umsetzungen der Resultate zur
Fachhochschulstudie über die Jugendarbeit im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
1862
916
Interpellation Martin Sommerhalder, Schmidrued-Walde, betreffend 2000 Watt-Gesellschaft und deren
Auswirkungen; Einreichung und schriftliche Begründung
1863
917
Inpflichtnahmen; Dr. Stephan Hartmann, Unterentfelden, als Ersatzrichter des Obergerichts; Jürg Vögtli,
Erlinsbach, als Ersatzrichter des Verwaltungsgerichts; Dr. Paul Gilgen, Rheinfelden, als Mitglied des
Handelsgerichts; Patrik Schwitter, Bremgarten, als Mitglied des Kuratoriums; Damian Keller, Endingen, als
Verwaltungsrat der Aargauischen Gebäudeversicherungsanstalt AGVA
1863
918
Gesetz über die Umsetzung der neuen Bundesgesetzgebung im Strafrecht und Strafprozessrecht; 1.
Beratung; Fortsetzung der Detailberatung und Gesamtabstimmung
1863
919
Motion der SP-Fraktion vom 22. August 2006 betreffend Herabsetzung des (aktiven) Stimmrechtsalters von
18 auf 16 Jahre; Ablehnung
1869
920
Motion der SP-Fraktion vom 22. August 2006 betreffend Rechtsschutz bei Entscheiden hinsichtlich der
Zusicherung des Gemeindebürgerrechts; Ablehnung
1874
921
Motion der SP-Fraktion vom 22. August 2006 betreffend Zuständigkeit des Gemeinderats für Entscheide
hinsichtlich der Zusicherung des Gemeindebürgerrechts; Ablehnung
1877
922
Motion Lilian Studer, Wettingen, vom 5. September 2006 betreffend Schutz für Kinder und Jugendliche vor
übersexualisierter und sexistischer Werbung; Ablehnung
1880
923
Interpellation Milly Stöckli, Muri, vom 5. September 2006 betreffend offenen Vollzug hochgefährlicher
Straftäter trotz Verwahrung; Beantwortung und Erledigung
1884
924
Motion Thomas Leitch-Frey, Wohlen (Sprecher), Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, Windisch, Thierry Burkart,
Baden, Sämi Richner, Auenstein, Susanne Hochuli, Reitnau, Erika Müller-Killer, Lengnau, vom 5.
September 2006 betreffend Ergänzung § 33 des Geschäftsverkehrsgesetzes; Überweisung an den
Regierungsrat
1886
1860
9. Januar 2007
Art. 911-913
Vorsitzende: Ich begrüsse Sie herzlich zur 70. Sitzung der
Legislaturperiode und zur ersten Sitzung im neuen Jahr.
4. Vom 13. Dezember 2006 an das SECO – Bern, zur 04.476
Parlamentarischen Initiative. Schutz der Bevölkerung und
der Wirtschaft vor dem Passivrauchen.
911
5. Vom 20. Dezember 2006 an die Schweizerische
Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren, Bern, zur
Interkantonalen Vereinbarung über die Zusammenarbeit im
sonderpädagogischen Bereich.
Mitteilungen
Vorsitzende: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich
wünsche Ihnen im neuen Jahr gute Gesundheit, Glück und
Zufriedenheit. Meine Weihnachtswünsche an Freunde und
Bekannte begleitete ich mit folgendem Spruch: "Selbst ein
Weg von 1'000 Meilen beginnt mit einem Schritt." Ich freue
mich mit Ihnen auf innovative, mutige, spannende und
herausfordernde Schritte im neuen Jahr zugunsten unseres
Kantons und seiner Bevölkerung.
Die Staatskanzlei stellt auf Verlangen die Vernehmlassungen
samt den Unterlagen des Bundes zur Verfügung. Die
Vernehmlassungen können auch im Internet (www.ag.ch)
abgerufen werden.
Nun möchte ich nochmals um Ihre Aufmerksamkeit bitten.
Wir haben heute um 16 Uhr einen sehr erfreulichen Teil; wir
können unseren Ratskeller einweihen. Dazu möchte ich Sie
zum Abschluss der Renovationsarbeiten im Grossen Rat
über einiges informieren.
912
Der Fraktion der Grünen ist für die Fraktionssitzungen das
Sitzungszimmer 2 zugewiesen worden. Neben den
Kommissionszimmern 1 (Parterre), 2 und 3 im ersten Stock
heisst der grosse Sitzungssaal im 1. Stock neu Otto KälinSaal, nach dem Gestalter der wunderschönen Reliefs. Das
neugeschaffene Begegnungscenter im Untergeschoss wird
als Ratskeller bezeichnet. Im Ratskeller und nicht mehr im
1. Stock finden Sie das Ratscafé, wo Sie wie bisher durch
Herrn und Frau Uhlmann bedient werden. Im Ratskeller sind
zudem acht Arbeitsplätze für Ratsmitglieder und vier
Arbeitsplätze für Medienleute eingerichtet. Im Verlauf der
kommenden Wochen werden die bisherigen PCs durch
Labtops ersetzt. Der kleine Fotokopierer befindet sich hinter
der Garderobe, am früheren Standort der Telefonkabinen
(am Seitenaufgang in den Ratssaal), damit Sie nicht immer
für alle Kopien in den Keller gehen müssen.
2. Kantonaler Richtplan; Anpassung des Richtplans;
Festsetzung Windisch/Brugg-West, Verkehrssanierung,
Nordumfahrung Windisch (Kapitel V 2.2, Beschluss 3.1,
Nr. 24) und Verbindung Brugg-West (Kapitel V 2.2,
Beschluss 3.1, Nr. 61). Vorlage des Regierungsrats vom 13.
Dezember 2006. - Geht an die Kommission UBV.
Die Akten im Zusammenhang mit der Ratssitzung
(Traktandenlisten, Botschaften, Zonenpläne usw.) werden in
der Garderobe auf dem Zeitungstisch aufgelegt. Das
Kommissionszimmer 1 wird damit ab sofort wieder seinem
alten Zweck als Sitzungsraum zugeführt.
Regierungsrätliche Vernehmlassung an Bundesbehörden:
1. Vom 13. Dezember 2006 an die Oberzolldirektion, Bern,
zur
Änderung
des
Bundesgesetzes
über
die
Tabakbesteuerung.
2. Vom 13. Dezember 2006 an das SECO/DSTO, Bern, zum
Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Schweizerische
Landeswerbung.
3. Vom 13. Dezember 2006 an das Bundesamt für Polizei,
Bern,
zur
Einführung
biometrischer
Ausweise;
Genehmigung und Umsetzung einer Weiterentwicklung des
Schengen-Besitzstandes im Bereich Ausweis- und
Ausländerrecht.
Neueingänge
1. Dekret über die Grundbuchvermessung; Änderung.
Vorlage des Regierungsrats vom 6. Dezember 2006. - Geht
an die Kommission VWA.
3. Gesetz über die Hochschul- und Innovationsförderung
(Hochschul- und Innovationsförderungsgesetz, HIG);
Botschaft an den Grossen Rat zur 1. Beratung. Vorlage des
Regierungsrats vom 20. Dezember 2006. - Geht an die
Kommission BKS.
4. Dekret über die Löhne des kantonalen Personals
(Lohndekret) vom 30. November 1999; Änderung. Vorlage
des Regierungsrats vom 20. Dezember 2006. - Geht an die
Kommission AVW.
913
Postulat der CVP-Fraktion betreffend klare
Führung und Strategie für die Informations- und
Kommunikationstechnologien des Staates ICT im
Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
Von der CVP-Fraktion wird folgendes Postulat eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, die bewusste und
sachkundige Führung und Förderung der neuen
Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) im
gesamten Einflussbereich des Kantons Aargau während der
laufenden Legislatur zu vertiefen und das umfassende
Vorhaben als Pendenz im Rahmen der nächsten Botschaft
zur
Aufgabenund
Finanzplanung
AFP
einer
überzeugenden, führungsstarken Lösung zuzuführen.
Begründung:
ICT ist heute und noch viel mehr in der Zukunft eine
zentrale Führungsaufgabe der Exekutive mit Unterstützung
des Parlaments. Die im Gleichschritt mit der Entwicklung
1861
Art. 914-915
der Technologie gewachsene Organisation und teilweise
Zuweisung innerhalb der staatlichen Führungsorganisation
an Stabsorgane hat soweit gute Resultate gezeitigt. Der klare
Führungsbedarf und das Preis/Leistungsverhältnis wird mit
den zunehmenden Ansprüchen aus der Bevölkerung und den
vorhandenen technischen Möglichkeiten aber zusehends
schlechter, solange der Bereich ICT nicht entschieden und
zentral geführt wird. Das könnte zum Beispiel durch die
Zuweisung der entsprechenden Verantwortung durch den
Regierungsrat an das DVI, das Departement Volkswirtschaft
Inneres, verbessert werden. Die heute geltende Lösung mit
der Aufteilung der ICT nach Departementen oder gar
Abteilungen ist in Zukunft nicht mehr tauglich.
Besonderer Aufmerksamkeit bedarf in Anbetracht des
Prinzips der Gewaltentrennung die ICT der richterlichen
Behörden und Organe.
Zudem ist die Frage der ICT - Vernetzung von Kanton,
Gemeindeverbänden und Gemeinwesen zu prüfen und
allenfalls neu zu regeln. Mit der umfassenden
Wachstumsinitiative hat der Regierungsrat wichtige
Reformschritte im Aargau eingeleitet. Weitere müssen
folgen, will sich unser Kanton als überzeugender Wohn- und
Wirtschaftsstandort weiter profilieren.
914
Interpellation Theres Lepori, CVP, Berikon,
betreffend Zahl der Militärdienstuntauglichen im
Kanton Aargau im Jahre 2005; Einreichung und
schriftliche Begründung
Von
Theres
Lepori,
CVP,
Berikon,
und
14
mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird
folgende
Interpellation eingereicht:
9. Januar 2007
4. Besteht allenfalls ein Zusammenhang mit dem z.T.
exzessiven Alkoholkonsum von Jugendlichen, dem weit
verbreiteten Rauchen oder Kiffen?
5.
Bestehen
allenfalls
bereits
Konzepte
für
Gegenmassnahmen, evtl. im Verbund mit andern Kantonen?
915
Interpellation Nicole Meier Doka, CVP, Baden,
betreffend Folgerungen/Umsetzungen der Resultate zur
Fachhochschulstudie über die Jugendarbeit im Kanton
Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Nicole Meier Doka, CVP, Baden,
mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird
Interpellation eingereicht:
und 20
folgende
Text und Begründung:
Die FHNW Hochschule für Soziale Arbeit hat im Auftrag
des Departements für Bildung, Kultur und Sport (BKS) eine
Studie zur Jugendarbeit im Kanton Aargau durchgeführt. Im
November 2006 wurden die Resultate der Öffentlichkeit
vorgestellt
(www.ag.ch/jugend/de/pub/produkte_jugend.php). Aus den
Resultaten lässt sich folgendes Fazit ziehen: Zwar wird im
Kanton Aargau mit grossem, meist ehrenamtlichen
Engagement in Sachen Jugendarbeit Beachtenswertes
geleistet. In 116 Aargauer Gemeinden haben die
Jugendlichen aber weder Zugang zur offenen Jugendarbeit
noch zur Verbandsjugendarbeit. Die Autoren der Studie
halten fest: „Jugendarbeit ist kein Luxus. Jugendarbeit stellt
Kindern und Jugendlichen Erfahrungsräume, Lern- und
Entwicklungsmöglichkeiten zur Verfügung, die weder die
Familie, noch die Schule, noch die Vereine anbieten."
Text und Begründung:
Innerhalb von elf Jahren hat sich die Zahl der
Militärdienstuntauglichen in der Gesamtschweiz verdoppelt.
Wurden 1994 erst 21% der stellungspflichtigen Männer bei
der Aushebung oder während der Rekrutenschule für
militärdienstuntauglich erklärt, waren es 2006 bereits
während des Rekrutierungsverfahrens 39% der 33'000
Stellungspflichtigen. Während der drei Rekrutenschulen, die
2005 gestartet sind, kamen weitere 4.5% hinzu. Damit wurde
mit einer Untauglichkeitsrate von 43,5% im Jahr 2005
erstmals deutlich die 40-Prozent-Marke überschritten.
Jugendarbeit übernimmt demnach einen grossen Teil der
Sozialisation. Sie bietet Lebens-, Integrations- und
Entwicklungsraum. Dank der Jugendarbeit findet der
Austausch zwischen unterschiedlichen Gruppierungen (nach
Milieu/Geschlecht/Alter) und Interessen statt. In den
laufenden Diskussionen über zunehmende Gewalttätigkeiten
bei Jugendlichen wurde der Stellenwert der Jugendarbeit
kaum thematisiert. Die Studie zeigt aber klar auf, dass die
Jugendarbeit "als Ort informeller Bildung eine erhöhte
bildungs- und kulturpolitische Beachtung verdient". Die
Verfassenden der Studie empfehlen dem Regierungsrat denn
auch
Diese Tatsache löst bei mir folgende Fragen aus:
1. Wie sieht die Zahl der Dienstuntauglichen im Kanton
Aargau aus? Welche Tendenzen sind zu erkennen?
- Die räumliche Ausdehnung des Angebots
Berücksichtigung der jeweiligen lokalen Verhältnisse
unter
- Die Ausdifferenzierung und Erweiterung des Angebots
2.
Wie
kann
sich
der
Regierungsrat
dieses
gesamtschweizerische Bild erklären? Wurde die Messlatte
der Anforderungen an die künftigen Soldaten in den
vergangenen 11 Jahren derart nach oben versetzt oder gibt es
andere Erkenntnisse?
3. Welche Hauptgründe bewirken eine Dienstuntauglichkeit?
Sind es vor allem Gründe konditioneller Art oder gibt es
mehr Krankheitsbilder physischer Art? Liegen sie evtl. auch
im psychischen Bereich bzw. bei der Belastbarkeit?
- Die Fortsetzung und Verstärkung der Professionalisierung
- Die Ausstattung der Fachstelle Jugendarbeit mit einem
überregionalen Auftrag zur Fachberatung der Jugendarbeit
im Kanton Aargau
- Die gesetzliche Verankerung von Jugendarbeit als
Regelangebot der kommunalen Infrastruktur für Kinder und
Jugendliche
1862
9. Januar 2007
Basierend auf diesen Erkenntnissen danke ich dem
Regierungsrat für die Beantwortung folgender Fragen:
1. Welchen Stellenwert attestiert der Regierungsrat der
Jugendarbeit im Kanton Aargau?
2. Welche Folgerungen zieht der Regierungsrat aus den
Resultaten der Studie?
3. Sieht der Regierungsrat einen Zusammenhang zwischen
dem fehlenden Angebot der Jugendarbeit in den Gemeinden
und der zunehmenden Gewaltbereitschaft von Jugendlichen?
4. Wo sieht der Regierungsrat Handlungsbedarf? Ist er
bereit, die Empfehlungen, die sich aus den Studienresultaten
ergeben, umzusetzen und wenn nötig mit zusätzlichen
finanziellen Mitteln zu unterstützen?
5. Wenn Ja, in welchem Zeitrahmen soll dies Umsetzung
stattfinden?
916
Interpellation Martin Sommerhalder, SVP,
Schmidrued-Walde, betreffend 2000 Watt-Gesellschaft
und deren Auswirkungen; Einreichung und schriftliche
Begründung
Art. 916-918
Bremgarten, als Mitglied des Kuratoriums; Damian
Keller, Endingen, als Verwaltungsrat der Aargauischen
Gebäudeversicherungsanstalt AGVA
Vorsitzende: Der Grosse Rat hat am 12. Dezember 2006
einen Ersatzrichter des Obergerichts, einen Ersatzrichter des
Verwaltungsgerichts, einen Handelsrichter, ein Mitglied des
Kuratoriums und ein Mitglied des Verwaltungsrats der
Aargauischen Gebäudeversicherungsanstalt AGVA gewählt:
- Dr. Stephan Hartmann, Unterentfelden, als Ersatzrichter
des Obergerichts
- Jürg Vögtli, Erlinsbach, als Ersatzrichter des
Verwaltungsgerichts
- Dr. Paul Gilgen, Rheinfelden, als Handelsrichter
- Patrik Schwitter, Bremgarten, als Mitglied des Kuratoriums
- Damian Keller, Endingen, als Verwaltungsrat der AGVA
Die Gewählten werden in Pflicht genommen.
918
Gesetz über die Umsetzung der neuen
Bundesgesetzgebung
im
Strafrecht
und
Strafprozessrecht; 1. Beratung; Fortsetzung der
Detailberatung und Gesamtabstimmung
(vgl. Art. 910 hievor)
Von Martin Sommerhalder, SVP, Schmidrued-Walde, und 33
mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird
folgende
Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
In
dem
Planungsbericht
energieAARGAU
Gesamtenergiestrategie hält der Regierungsrat an der 2000
Watt-Gesellschaft fest. Nach heutigen Erkenntnissen ist eine
2000 Watt-Gesellschaft nicht möglich, ohne einen
wirtschaftlichen Zusammenbruch auszulösen. Heute
brauchen wir pro Kopf 6'000 Watt, also wäre eine
Einschränkung um 2/3 gefordert. Der Regierungsrat wird
deshalb eingeladen, folgende Fragen beantworten zu wollen:
Vorsitzende: Diese Beratung wird Vizepräsident Heinrich
Schöni weiterführen. Er hat dieses Geschäft vorbereitet,
wurde jedoch das letzte Mal durch mehr oder weniger
unglückliche Umstände unterbrochen.
Detailberatung (Fortsetzung)
1. Gesetz über die Strafrechtspflege (Strafprozessordnung,
StPO) vom 11. November 1958 (Fortsetzung)
§ 10 Abs. 1
Zustimmung
1. Welche Einschränkungen werden dadurch in der Industrie
notwendig und welche volkswirtschaftlichen Folgen sind zu
erwarten?
2. Welche finanziellen Auswirkungen sind bei der übrigen
Privatwirtschaft und bei den KMU zu erwarten?
3. Was erwartet jeden einzelnen Bürger in Bezug auf seine
Selbständigkeit, Mobilität, sein Privatauto, Motorrad?
4. Welche Heizsysteme werden in Zukunft noch bewilligt?
5. Was für finanzielle Auswirkungen kommen auf jeden
einzelnen Hauseigentümer, privaten Bauherrn in Bezug auf
die 2000 Watt-Strategie zu?
917
Inpflichtnahmen; Dr. Stephan Hartmann,
Unterentfelden, als Ersatzrichter des Obergerichts; Jürg
Vögtli,
Erlinsbach,
als
Ersatzrichter
des
Verwaltungsgerichts; Dr. Paul Gilgen, Rheinfelden, als
Mitglied des Handelsgerichts; Patrik Schwitter,
1863
§ 11 Abs.2
Vorsitzender: Ich habe einen Antrag von Reto Miloni,
Hausen. Er will das geltende Recht beibehalten.
Landammann Wernli Kurt, parteilos: Herr Miloni beantragt,
an der bisherigen Lösung (Synopse links) festzuhalten. Ich
möchte eine Vorbemerkung machen. Wenn wir am
bisherigen Recht festhalten, würde man das Bundesrecht
missachten, da es nach dem neuen Strafrecht keine
Einschliessungen, keine Erziehungshilfen und keinen
Sanktionsaufschub mehr gibt. Diese Änderungen bedingen
zwingend eine Anpassung an das neue Recht. Somit ist es
lediglich eine Anpassung an das neue Recht und deshalb
können wir nicht an der bisherigen Lösung festhalten. Neu
ist einzig - und das wird den Antrag von Herrn Miloni
ausgelöst haben - die Erhöhung der Kompetenz der
Jugendanwaltschaft bei Freiheitsstrafen von bisher 14 Tagen
auf neu drei Monate sowie die Kompetenz, ambulante
Massnahmen anzuordnen.
Art. 918
Die Gründe für die Erhöhung auf drei Monate sind folgende:
Für die Vereinfachung und Flexibilisierung des
Sanktionsvollzugs wird der Jugendanwaltschaft in § 200
Abs. 1 lit. e und lit. f der Strafprozessordnung die
Kompetenz eingeräumt, Bussen und persönliche Leistungen
- das sind Arbeitsleistungen - in Freiheitsentzug
umzuwandeln. Dies bedingt aber eine Erhöhung der
Kompetenz beim Freiheitsentzug auf den bei der
Umwandlung möglichen Strafrahmen. Nach neuem Recht
kann eine Busse in einen Freiheitsentzug von bis zu 30
Tagen und eine persönliche Leistung in einen
Freiheitsentzug von bis zu drei Monaten bzw. ein
Freiheitsentzug von bis zu drei Monaten in eine persönliche
Leistung umgewandelt werden. Dementsprechend soll der
Jugendanwaltschaft auch die Kompetenz eingeräumt werden,
Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten anzuordnen.
Andernfalls müsste die Umwandlung dem Jugendgericht
zum Entscheid unterbreitet werden. Das würde einen
unverhältnismässigen Mehraufwand zur Folge haben, und
wir suchen auch nach Vollzugslösungen, die nicht teurer
werden. Gründe für die ambulante Massnahme stellen in der
Regel folgende dar: zumindest im Vergleich zum
Freiheitsentzug gibt es keinen sehr schwerwiegenden
Eingriff in die persönliche Freiheit der Jugendlichen. Sie
werden zudem häufig zusammen mit der Aufsicht oder der
persönlichen Betreuung, die bereits nach geltendem Recht in
die Zuständigkeit der Jugendanwaltschaft fallen, angeordnet.
Es dient deshalb auch der Verfahrensökonomie, wenn für die
Anordnung von ambulanten Massnahmen nicht noch das
Jugendgericht bemüht werden muss. Ich bitte Sie, an der
Vorlage des Regierungsrats und der Kommission
festzuhalten.
Abstimmung:
9. Januar 2007
kriminalisiert werden. Für einen solchen Fall sei es wichtig,
dass die Schulpflege die Möglichkeit hat, Sanktionen zu
ergreifen. Bei schwierigen Fällen könne die Schulpflege
sicher mit dem Jugendgericht Rücksprache nehmen und sich
beraten lassen. Die Kommission stimmte mit 10 zu 3
Stimmen für die Beibehaltung der strafrechtlichen Funktion
der Schulpflege aus.
Abstimmung:
Der Antrag Miloni wird mit 120 gegen 5 Stimmen abgelehnt.
Vorsitzender: Ich habe zum gleichen Absatz einen
Eventualantrag von Reto Miloni. Er stellt den
Eventualantrag, anstelle von "10 Tagen" sollen "3 Tage"
persönliche Strafe eingesetzt werden. Dazu habe ich keine
Wortmeldungen.
Landammann Wernli Kurt, parteilos: Vielleicht muss ich das
doch noch kurz erläutern. Die vorgeschlagene Lösung mit 10
Tagen entspricht genau der maximalen Dauer, die das
Bundesgesetz für die Sanktionsform der persönlichen
Leistung bei Jugendlichen, die das 15. Altersjahr noch nicht
vollendet haben, vorsieht. Es ist deshalb kein Grund
ersichtlich, weshalb man nun den Schulpflegen nur eine
reduzierte Kompetenz einräumen sollte. Die Beschränkung
der Kompetenz der Schulpflegen auf drei Tage würde auch
hier
zu
einer
wesentlichen
Mehrbelastung der
Jugendanwaltschaft führen, was auch wieder einen
zusätzlichen Personalbedarf bedingt. Es ist deshalb sinnvoll,
die Kompetenz auf 10 Tage zu erweitern.
Abstimmung:
Der Eventualantrag wird mit 105 gegen 14 Stimmen
abgelehnt.
Der Antrag Miloni wird mit 113 gegen 4 Stimmen abgelehnt.
§ 13 Abs. 1
Vorsitzender: Hier habe ich einen Antrag von Reto Miloni,
Hausen, der wiederum geltendes Recht beibehalten will.
Schoch Adrian, SVP, Fislisbach, Präsident der Kommission
für Justiz: Bei diesem Paragrafen befasste sich die
Kommission mit der Kompetenzfrage der Schulpflegen. Es
handelt sich um die strafrichterliche Kompetenz der
Schulpfleger. Ein Teil der Kommission war der Meinung,
die Schulpflege sollte als Strafbehörde entlassen werden. Der
Botschaft konnten die Bedenken zu dieser Thematik
entnommen werden. Die strafrichterliche Kompetenz gehört
nicht
zur
Kernaufgabe
der
Schulpflege.
Die
Aufgabenbereiche der Schulpflege wurden durch die
Einsetzung von Schulleitungen verändert Die Schulpflege
hat heute eine eher strategische Aufgabenstellung und hat
sich dadurch weiter von den Schulen resp. den Schülern
entfernt. Die Jugendanwaltschaft sollte diese Aufgaben
vollumfänglich übernehmen. Es ist für einen jugendlichen
Delinquenten auch viel eindrücklicher, wenn er mit einer
Vorladung vor die Jugendanwaltschaft zitiert wird, als wenn
er für ein fünfminütiges Gespräch vor der Schulpflege
erscheinen muss. Die Gegenargumentation zeigte jedoch
genau das Gegenteil. Ein Schüler, der aus einer Dummheit
heraus eine strafbare Handlung begeht, sollte nicht gleich
Nadler-Debrunner Kathrin, SP, Lenzburg: Die SP ist
dennoch der Auffassung, dass die Kompetenzfrage hier
nochmals eingehender angeschaut werden müsste. Wir sind
der Meinung, dass die Schulpflege als Strafbehörde entlassen
werden sollte. Wir stellen daher den Prüfungsantrag, den
§ 13 und allfällige weitere Paragrafen seien so zu
überarbeiten, dass die Schulpflege nicht mehr Strafbehörde
ist. Bei der Behandlung des Dekrets wurde diese Frage
bereits aufgeworfen und auf das heute vorliegende Gesetz
verwiesen. Daher wünschen wir, dass ein Vorschlag auf die
nächste Beratung erarbeitet wird. Diese Arbeit gehört seit
der Einsetzung von Schulleitungen nicht zum Kerngeschäft
und steht im Widerspruch zu den heute hauptsächlich
strategischen Aufgabenbereichen. Die Schulpflege hat für
die Schule als Ganzes einzutreten und die verschiedenen
Partner: Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler sowie die
Eltern partnerschaftlich einzubeziehen und zum Wohle aller
zu wirken. Strafrichterliche Kompetenzen laufen diesem
Auftrag zuwider. Zudem ist es wichtig, dass die strafbaren
Handlungen von Jugendlichen professionell untersucht und
beurteilt werden. Daher sollte die Jugendanwaltschaft diese
Aufgabe vollumfänglich übernehmen. Ich bitte Sie daher,
den vorliegenden Prüfungsantrag zu überweisen.
Landammann Wernli Kurt, parteilos: Materiell habe ich in
weiten Teilen die gleiche Auffassung wie Fran Nadler. Aber,
es geht um folgende Situation. Der Verzicht auf die
1864
9. Januar 2007
Schulpflegen als Strafbehörde bedingt eine erhebliche
Aufstockung des Personals der Jugendanwaltschaft und
insbesondere eine umfassende Revision dieser Behörde.
Beides ist kurzfristig nicht möglich. Im Zusammenhang mit
der
Einführung
des
gesamtschweizerischen
Strafprozessrechts, das im Moment in der eidgenössischen
Behandlung ist (der Ständerat hat es bereits verabschiedet),
wird es eine sehr umfassende Revision der gesamten
Strafverfolgungsbehörden geben. Dann wird zwingend auf
die Schulpflege als Strafbehörde zu verzichten sein, weil das
eidgenössische Recht dies nicht mehr zulassen wird. Wir
sind an den entsprechenden Projektarbeiten. Wir wissen um
diese umfassende Revision. Sie wird mit grosser
Wahrscheinlichkeit auf das Jahr 2010 oder 2011 in Kraft
treten. Aber aus diesen Gründen bitte ich Sie, die bisherige
Lösung als gewissermassen Übergangslösung noch
beizubehalten. Wenn wir nun vorauseilend die Schulpflege
als Strafbehörde aufheben, dann müssten wir bereits jetzt bei
der Jugendanwaltschaft entsprechende Massnahmen
einleiten, die möglicherweise mit der zukünftigen
eidgenössischen Lösung nicht kompatibel sind. Deshalb
ersuche ich Sie, die bisherige Lösung noch beizubehalten.
Wir haben das bereits einlässlich geprüft, Frau Nadler. Und
deshalb bin ich der Auffassung, dass eine weitere Prüfung
keine Neuerung ergibt.
Abstimmung:
Der Prüfungsantrag wird mit 86 gegen 29 Stimmen
abgelehnt.
§ 13 Abs. 2 - 4, § 14 Abs. 1 lit. a - c und e, lit. f und g, § 17
Abs. 2 und 3, § 18 Abs. 2 - 4, § 19 Abs. 1bis, § 20 Marginalie,
Abs. 3, § 29 Abs. 3, § 31 Abs. 1, § 32 Abs. 2, § 36 Abs. 1,
§ 40 Abs. 1 und 3 lit. c und f, § 56 Abs. 3, § 58 Abs. 1 lit. a
und c, § 59 Abs. 1, § 60a, § 61 Marginalie, Abs. 1, § 62
Marginalie und Abs. 2
Zustimmung
§ 95 Abs. 1
Miloni Reto, Grüne, Hausen: Sie haben das nun erlebt. Wir
haben unter den verschiedensten Titeln eine besondere
Hektik an den Tag gelegt, wenn es darum ging, die
verschärften Anwendungen anzuwenden und den
Schulbehörden und auch den Bezirksamtmännern erhöhte
Kompetenzen zuzuordnen. Ich staune eigentlich schon ein
bisschen, dass aus dem Departement Blocher - SVP -,
welches, wie wir immer wieder lesen können, die Begriffe
Selbstbestimmung, Freiheit und Eigenverantwortung sehr
hoch einschätzt, hier Verschärfungen kommen, welche sich
letztlich sehr stark in Einschränkungen der persönlichen
Freiheit ausdrücken können. Unter diesem Titel sollen nun
sogar Massenuntersuchungen in diesem Kanton möglich
werden. Lassen Sie sich bitte diesen Begriff
"Massenuntersuchungen" einmal auf der Zunge zergehen.
Ich habe in der Kommission gefragt, was darunter zu
verstehen sei, was Massuntersuchungen denn darstellen.
Markus Häfliger der Abteilung Strafrecht des DVI hat klar
zu Protokoll gegeben, dass hier keine eingrenzenden
Beschränkungen vorgesehen seien. Und das, meine Damen
und Herren, geht nun doch sehr weit. Wir haben nun die
Kompetenzen der Bezirksamtmänner bis zu drei Monaten
1865
Art. 918
Freiheitsentzug erhöht, wir haben die Schulbehörden
gewissermassen zu Strafbehörden avancieren lassen und jetzt
wollen wir in diesem Kanton Massenuntersuchungen
ermöglichen. Ich verlange in meinem Prüfungsantrag, dass
dieser Begriff und seine Bedeutung einzugrenzen seien,
sonst "Gnade Gott Rechtsstaat".
Landammann Wernli Kurt, parteilos: Der Begriff der
Massenuntersuchung ist aus dem DNA-Profilgesetz des
Bundes wortwörtlich übernommen worden und dort genau
umschrieben. Ich zitiere Artikel 3, Abs. 2 DNA-ProfilGesetz lautet: "Bei Massenuntersuchungen, die zur
Aufklärung eines Verbrechens vorgenommen werden, kann
Personen, die bestimmte in Bezug auf die Tatbegehung
festgestellte Merkmale aufweisen, zum Zweck der DNAAnalyse eine Probe z.B. ein Wangenschleimhautabstrich
genommen werden, um sie als mögliche Täter erkennen oder
ausschliessen zu können."
Meine Damen und Herren, diese Definition ist für die
Kantone verbindlich. Das eidgenössische Gesetz liefert die
Definition. Wir können sie nicht ändern und Sie können auch
nicht erwarten, dass wir jetzt bei diesem Prüfungsantrag eine
eigene
Definition
ableiten.
Diese
Verknüpfung
beziehungsweise diese Verbindlichkeit wird auch zum
Ausdruck gebracht, indem der § 95 Abs. 1 der
Strafprozessordnung ausdrücklich auf § 7 Abs. 3 des DNAProfil-Gesetzes verweist. Sie sehen das auch in § 95 Abs. 1.
Nach dieser Bestimmung müssen die Kantone die
Zuständigkeit
für
die
Anordnung
von
Massenuntersuchungen auf richterliche Behörden übertragen
und nicht etwa auf die Polizei oder die übrigen
Strafverfolgungsbehörden. Entsprechend wird in § 95 Abs. 1
der Präsident der Beschwerdekammer des Obergerichts für
die Anordnung eingesetzt. Es ist also kein Willkürstaat,
sondern eine ganz klare Bestimmung, die sich ganz klar an
die eidgenössische Gesetzesordnung hält. Wir weichen in
keinem Punkt davon ab. Deshalb bitte ich Herrn Miloni,
Verständnis zu haben, dass wir ihm mit der Beantwortung
des Prüfungsantrags höchstens das liefern können, was ich
jetzt ausgeführt habe.
Miloni Reto, Grüne, Hausen: Ich bin mit der Antwort nicht
zufrieden. Ich hatte in der Kommission gefragt, inwiefern
das einzugrenzen sei. Was heisst Massenuntersuchung? Ist es
eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, ist es eine Strasse, ist
es eine Gemeinde, ist es ein ganzer Kanton? Unter diesen
Verdachtsmomenten, die Sie angeführt haben, ist klar
erkennbar, dass diese Einschränkung nach oben nicht
besteht. Ich muss hier festhalten, dass ich in der ganzen
Revision dieser Strafprozessordnung auch ein Versagen des
Bundesrats sehe, welches Herrn Blocher zuwenig
zurückgebunden hat. Ich sehe ein Versagen unseres
nationalen Parlaments und ich kann nicht akzeptieren, dass
wir hier unter Verweis auf den zwingenden Vollzug des
Bundesrechts einfach unsere kantonalen, demokratischen
Grundsätze aufs Spiel setzen - im Übrigen immer noch mit
einem Seitenhieb auf die Prozessökonomie. Alles, was ich
möchte, ist, dass zu Handen einer zweiten Lesung die
Eingrenzung des Begriffs Massenuntersuchung als
Prüfungsantrag genauer formuliert wird.
Landammann Wernli Kurt, parteilos: Herr Miloni, Sie haben
nun zum zweiten Mal auf Herrn Bundesrat Blocher
Art. 918
9. Januar 2007
verwiesen. Sie liegen völlig falsch. Das DNA-Profil-Gesetz
besteht schon viel länger, als Herr Bundesrat Blocher im
Bundesrat ist. Es besteht, so glaube ich, seit mindestens
sechs Jahren. Mit andern Worten, es ist bereits viel früher
erlassen worden, als es darum ging, die DNA-Analysen an
die Hand zu nehmen und entsprechende rechtliche
Grundlagen zu schaffen. Das hat der Bund mit diesem
Gesetz getan. Natürlich ist es letztlich nicht der Bundesrat,
sondern das Parlament, welches das Gesetz beschlossen hat.
Entsprechend haben wir bereits seit längerer Zeit Erfahrung
in der Anwendung von DNA-Analysen. Wir machen das
somit nicht erst seit dem 1. Januar, sondern schon viel
länger. Ich darf noch einmal darauf verweisen, dass es nicht
um eine Massensituation geht. Der Titel mag ja etwas
verwirrend lauten. Es geht um tatverdächtige Situationen bei
Personen, die in einem ganz bestimmten Kriminalfall erfasst
werden müssen, um sie eventuell gar vom Tatverdacht, der
bestehen könnte, auszuschliessen. Das ist durchaus auch eine
wichtige Situation, die wir entsprechend der eidgenössischen
Strafsituation zwingend anwenden müssen. Ich sage es
nochmals: Der Entscheid liegt nicht bei der Polizei, sondern
beim Präsidenten der Beschwerdekammer des Obergerichts.
Die richterliche Überwachung ist somit gewährleistet.
§ 203 Abs. 2, § 204, § 213 Abs. 1, § 222 Abs. 1, § 237 Abs. 2,
§ 238 Abs. 1 lit. a, § 239 Abs. 2, § 240 Abs. 1, 2bis, § 241
Abs. 1 Einleitungssatz, Ziff. 2 und 4 und Abs. 2, § 241a Abs.
2, § 241b Marginalie, Abs. 1 lit. a und Abs. 2, § 242 Abs. 2
und 3, § 243 Marginalie, Abs. 1 Einleitungssatz und lit. b
und Abs. 2, § 244, § 246, § 247, § 248 Abs. 2, § 248c, § 249
Abstimmung:
4. Gesetz über die Einwohnergemeinden (Gemeindegesetz)
vom 19. Dezember 1978
Der Prüfungsantrag Miloni wird mit 82 gegen 28 Stimmen
abgelehnt.
§ 98 Abs. 1 Ziff. 3 und Abs. 3, § 107 Marginalie, Abs. 1 und
3, § 110, § 119 Abs. 3bis, § 136 Abs. 1 und 3, § 137 Abs. 2,
§ 138 Abs. 3
Zustimmung
§ 149 Abs. 2
Vorsitzender: Hier habe ich einen Antrag "Übernahme
geltendes Recht" von Reto Miloni.
Zustimmung
2. Gesetz über die politischen Rechte (GPR) vom 10. März
1992
§ 73 Abs. 1
Zustimmung
3.
Gerichtsorganisationsgesetz
(Gesetz
über
die
Organisation der ordentlichen richterlichen Behörden)
(GOG) vom 11. Dezember 1984
§ 14 Abs. 3
Zustimmung
§ 38 Abs. 1
Schoch Adrian, SVP, Fislisbach, Präsident der Kommission
für Justiz: Es wurde von der Kommission der Antrag
gestellt, die Bussenkompetenz des Gemeinderats auf Fr.
2'000.-- zu erhöhen. Es kommen nachfolgend noch weitere
Paragrafen. Es geht immer um dieselbe Frage. Die
Kommission ist der Meinung, dass diese Bussenkompetenz
des Gemeinderats erhöht werden sollte.
Zustimmung
§ 112 Marginalie, Abs. 4
Landammann Kurt Wernli, parteilos: Herr Miloni möchte,
dass der Staatsanwalt, wenn wir die alte Rechtsform wählen,
noch Auftritt vor dem Gericht hat, wenn es um eine Frage
von Zuchthaus oder Gefängnis von über 18 Monaten geht.
Wir haben das an die neue Regelungssituation angepasst.
Das geltende Recht zieht diese Grenze zwingend immer bei
Zuchthaus, Gefängnis von über 18 Monaten. Im neuen
Bundesrecht und daran lehnen wir uns auch wieder an, wird
die Grenze für die möglichen bedingten Freiheitsstrafen von
18 auf 24 Monate angehoben. Dementsprechend passen wir
jetzt auch diese zwingende Vorschrift für die
Staatsanwaltschaft auf zwei Jahre (24 Monate) an, um die
Konzeption des bisherigen Rechts anzupassen. Es ist auch
hier eine Anpassung, wie wir sie bei allen anderen Bereichen
vorgenommen haben.
Abstimmung:
Zustimmung
5. Zivilrechtspflegegesetz (Zivilprozessordnung, ZPO) vom
18. Dezember 1884
§ 74 Abs. 2, § 313 Abs. 2, § 425 Abs. 1
Zustimmung
6. Gesundheitsgesetz (GesG) vom 10. November 1987
§ 66 Abs. 1
Zustimmung
7. Gesetz über die Bekämpfung
(Tuberkulosegesetz) vom 10. Juli 1951
der
Tuberkulose
Der Antrag Miloni wird mit 106 gegen 6 Stimmen abgelehnt.
§ 20
§ 166, § 167 Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. 4, Abs. 2bis, § 170 lit. b
und d, § 181 Abs. 1 Ziff. 8 und Abs. 2, § 183 Abs. 2, § 187,
§ 188, § 190 Abs. 3, § 195 Ziff. 5, § 200, § 201 Abs. 1 und 2,
Zustimmung
1866
9. Januar 2007
Art. 918
8. Schulgesetz vom 17. März 1981
Zustimmung
§ 75, § 77 Abs. 3
§ 31 Abs. 2
Zustimmung
9. Aargauisches Fachhochschulgesetz (AFHG) vom 27. Mai
1997
Vorsitzender: Erhöhung von 1'000 auf 2'000 Franken. Der
Regierungsrat stimmt zu.
Zustimmung
§ 33 Abs. 1 und 2
Zustimmung
10. Brandschutzgesetz (Gesetz über den vorbeugenden
Brandschutz) vom 21. Februar 1989
16. Gesetz über die Kinderzulagen für Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer vom 23. Dezember 1963
§ 33 Abs. 1 Einleitungssatz
Zustimmung
§ 26 Abs. 1
Zustimmung
17. Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die
Krankenversicherung (EG KVG) vom 5. September 1995
11. Steuergesetz (StG) vom 15. Dezember 1998
§ 33 Abs. 1 Einleitungssatz
§ 235 Abs. 2, § 255 Abs. 1, § 256 Abs. 1
Zustimmung
Zustimmung
18. Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe und soziale
Prävention (Sozialhilfe- und Präventionsgesetz, SPG) vom
6. März 2001
12.
Gesetz
über
die
Gebäudeversicherung
(Gebäudeversicherungsgesetz, GebVG) vom 15. Januar
1934
§ 59 Abs. 1
§ 77 Abs. 1
Zustimmung
Zustimmung
19. Waldgesetz des Kantons Aargau (AWaG) vom 1. Juli
1997
13. Gesetz über Raumplanung, Umweltschutz und Bauwesen
(Baugesetz, BauG) vom 19. Januar 1993
§ 36 Abs. 1 Einleitungssatz
§ 160 Abs. 1, § 162 Abs. 2
Zustimmung
Zustimmung
§ 38 Abs. 2
14.
Einführungsgesetz
zum
eidgenössischen
Gewässerschutzgesetz (EG GSchG) vom 11. Januar 1977
Vorsitzender: Wiederum die Erhöhung um 1'000 Franken
auf 2'000 Franken. Der Regierungsrat stimmt zu.
§ 44 Abs. 2
Zustimmung
Landammann Wernli Kurt, parteilos: Beim § 44 Abs. 2 geht
es vor allem auch darum, dass wir die Anpassung der
Bussenkompetenz auch in diesem Bereich auf diese 2'000
Franken erhöhen. Bei der nachmaligen Durchforstung aller
Erlasse haben wir gesehen, dass das vergessen wurde.
Deshalb auch hier die einheitliche Anpassung auf 2'000
Franken.
20. Gesetz über die Ausübung der Fischerei vom 15. Mai
1862
Zustimmung
Zustimmung
§ 44 Abs. 3
§ 13 Abs. 1 Einleitungssatz
Zustimmung
Zustimmung
15. Energiegesetz des Kantons Aargau (EnergieG) vom
9. März 1993
21. Gesetz über die Feier der Sonn- und Festtage vom
7. November 1861
§ 29 Abs. 1
§ 8 Abs. 2, § 10 Abs. 2
1867
§ 12 Abs. 1
Vorsitzender: Erhöhung von 20-40 auf 100-200. Der
Regierungsrat stimmt zu.
Art. 918
Zustimmung
22. Gesetz über den Vollzug des Strassenverkehrsrechtes
vom 6. März 1984
§ 11
Zustimmung
II. Schlussbestimmungen
1. Übergangsrecht
2. Publikation und Inkrafttreten
Zustimmung
9. Januar 2007
Dubach
Dössegger
DösseggerHeuberger
Egger-Wyss
Egli
EichenbergerWalther
Eliassen Vecko
Emmenegger
Favre-Bitter
Feri
FischerTaeschler
Flury
Flückiger-Bäni
Forrer
Frei
Fricker
Friker-Kaspar
Frunz
Fuchs-Holliger
Furer
Füglistaller
Manfred
Hans
Irène
Zofingen
Seon
Seon
Ja
Abwesend
Abwesend
Esther
Dieter
Corina
Obersiggenthal
Windisch
Kölliken
Ja
Ja
Abwesend
Eva
Nussbaumen
b.Baden
Kurt
Baden
Bernadette Wallbach
Yvonne
Wettingen
Doris
Seengen
Nein
Oliver
Sylvia
Walter
Cécile
Roger
Vreni
Eugen
Udo
Pascal
Lieni
Ja
Ja
Ja
Ja
Abwesend
Ja
Ja
Ja
Ja
Abwesend
Lenzburg
Schöftland
Oberkulm
Keine Bemerkungen
Gebenstorf
Oberhof
Gesamtabstimmung:
Oberentfelden
Obersiggenthal
Der Entwurf des Gesetzes über die Umsetzung der neuen
Oberentfelden
Bundesgesetzgebung im Strafrecht und Strafprozessrecht
Staufen
wird, wie aus den Beratungen hervorgegangen, in erster
RudolfstettenLesung mit 106 gegen 4 Stimmen zum Beschluss erhoben.
Friedlisberg
Gautschy
Renate
Gontenschwil
Name
Vorname Wohnort
Abstimmung
Gebhard-Schöni Esther
Möriken-Wildegg
Abbt-Mock
Alexandra Islisberg
Ja
Giezendanner
Benjamin
Rothrist
Christina
Glarner
Andreas
Oberwil-Lieli
Ackermann
Adrian
Kaisten
Ja
Graf
Nils
Frick
Agustoni
Roland
Magden
Ja
Groux
Rosmarie
Berikon
Alder
Rolf
Brugg AG
Ja
Guignard
Marcel
Aarau
Amacher Dzung Ruth
Wettingen
Ja
Haber
Johanna
Menziken
AndermattAstrid
Lengnau
Ja
Haeny
Urs
Oberwil-Lieli
Bürgler
Haller
Christine
Reinach
BachmannRegula
Magden
Ja
Heller
Daniel
Erlinsbach
Steiner
Hochuli
Heinrich Aarau
Bader Biland
Sybille
Tägerig
Ja
Hochuli
Susanne Reitnau
Benker-Rohr
Doris
Möhlin
Ja
Hofer
Liliane
Zofingen
Berger
Erwin
Boswil
Ja
Hoffmann
Brigitte
Küttigen
Bhend
Martin
Oftringen
Ja
Hollinger
Franz
Brugg
Bialek
Roland
Buchs AG
Abwesend
Hunn
Jörg
Riniken
Biffiger
Gregor
Berikon
Ja
HuonderTrudi
Egliswil
Binder
Andreas Baden
Ja
Aschwanden
Bodmer
Thomas
Wettingen
Ja
Härri
Max
Birrwil
Breitschmid
Manfred Hermetschwil
Ja
Hürzeler
Alex
Oeschgen
Brizzi
Simona
Ennetbaden
Ja
Jean-Richard
Peter
Aarau
Brun Klemm
Ursula
Rheinfelden
Ja
Jost
Rudolf
Villmergen
Brunner
Andreas Oberentfelden
Ja
KaufmannElsbeth
Schöftland
Bryner
Peter
Möriken-Wildegg Abwesend
Tanner
BrünisholzLothar
Zofingen
Ja
Keller
Stefan
Baden
Kämpfer
Kerr
Rüesch
Katharina
Aarau
Burgherr-Leu
Thomas
Wiliberg
Ja
Keusch
Linus
Villmergen
Burkart
Thierry
Baden
Ja
Killer-Hodel
Hans
Untersiggenthal
Böni
Fredy
Möhlin
Abwesend
Klöti
Rainer
Auenstein
Bürge
Josef
Baden
Ja
Ernst
Bütler
Lukas
Beinwil (Freiamt) Ja
Knecht
Hansjörg Leibstadt
Chopard-Acklin Max
Nussbaumen b.
Ja
Kohler
Ueli
Baden
Baden
LehmannRegina
Reitnau
Deppeler-Lang Walter
Tegerfelden
Ja
Wälchli
Rückkommen
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Abwesend
Ja
Ja
Ja
Ja
Abwesend
Abwesend
Ja
Abwesend
Ja
Abwesend
Ja
Abwesend
Ja
Ja
Ja
Ja
Abwesend
Ja
Abwesend
Abwesend
Nein
Abwesend
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
1868
9. Januar 2007
Art. 919
Leimbacher
Leitch-Frey
Lepori-Scherrer
Leuenberger
Leuenberger
Liechti-Wagner
Lüpold
Lüscher
Lüscher
Lüscher
Markwalder
MattenbergerSchmitter
Meier Doka
Miloni
MollReutercrona
Morach
Moser
Müller-Killer
NadlerDebrunner
Nebel
Nussbaumer
Marty
Ochsner
Plüss-Mathys
Richner
Roth
Rüegger
RüetschiHartmann
Schibli
Schmid-Schmid
Schoch
Scholl
Scholl
SchreiberRebmann
Schweizer
Schöni
Senn
Sommerhalder
Markus
Thomas
Theres
Beat
Urs
Alice
Thomas
Brunette
Edith
Rudolf
Walter
Marianna
Villigen
Wohlen
Berikon
Schöftland
Widen
Wölflinswil
Möriken-Wildegg
Magden
Staufen
Laufenburg
Würenlos
Birr
Ja
Ja
Ja
Ja
Abwesend
Abwesend
Abwesend
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Nicole
Reto
Andrea
Wettingen
Hausen AG
Fenkrieden
Ja
Nein
Abwesend
Annerose
Ernst
Erika
Kathrin
Obersiggenthal
Würenlos
Lengnau
Lenzburg
Ja
Ja
Ja
Ja
Franz
MarieLouise
Bettina
Richard
Sämi
Barbara
Kurt
Beat
Bad Zurzach
Obersiggenthal
Abwesend
Ja
Oberlunkhofen
Lupfig
Auenstein
Erlinsbach
Rothrist
Suhr
Abwesend
Ja
Ja
Ja
Abwesend
Ja
Erika
Heidi
Adrian
Bernhard
Herbert H.
Patricia
Wohlenschwil
Muri
Fislisbach
Möhlin
Zofingen
Wegenstetten
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Nein
Annalise
Heinrich
Andreas
Martin
Ja
Ja
Abwesend
Ja
Spielmann
Stierli-Popp
Alois
Walter
Zufikon
Oftringen
Würenlingen
SchmiedruedWalde
Aarburg
FischbachGöslikon
Muri
Wettingen
Muri
Windisch
Seengen
Unterentfelden
Sins
Killwangen
Rheinfelden
Kleindöttingen
Kleindöttingen
Baden
Ja
Ja
Abwesend
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Strebel
Herbert
Studer
Lilian
Stöckli-Ammann Milly
StüssiJürg
Lauterburg
Suter
Ruedi
Unternährer
Beat
Villiger-Matter Andreas
Voser
Peter
Vulliamy
Daniel
Vögeli
Erich
Vögtli
Theo
Walser
Rolf
1869
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Wanner
Weber
Wehrli-Löffel
Wernli
Wertli
Wittwer
Wullschleger
Wyss
Maja
Guido
Peter
Bernhard
Otto
Hansjörg
Stephan
Kurt
Zollinger-Keller Ursula
Würenlos
Spreitenbach
Küttigen
Rothrist
Aarau
Aarau
Strengelbach
LeuggernGippingen
Untersiggenthal
Ja
Ja
Abwesend
Ja
Abwesend
Abwesend
Ja
Ja
Ja
Vorsitzender: Ich danke Ihnen und übergebe das Wort
wieder meiner Kollegin Grossratspräsidentin Esther Egger.
919
Motion der SP-Fraktion vom 22. August 2006
betreffend Herabsetzung des (aktiven) Stimmrechtsalters
von 18 auf 16 Jahre; Ablehnung
(vgl. Art. 700 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 8. November 2006:
Der Regierungsrat
Begründung ab:
lehnt
die
Motion
mit
folgender
Vor rund 15 Jahren ist im Bund und im Kanton Aargau das
Stimmrechtsalter von 20 auf 18 Jahre gesenkt worden.
Seither sind auf verschiedenen Stufen Vorstösse
unternommen worden, das Stimmrechtsalter weiter
herabzusetzen.
Im Nationalrat ist die Überweisung einer Motion betreffend
Stimmrechtsalter 16 Jahre im Jahr 2000 abgelehnt worden.
Auch in einigen Kantonen sind entsprechende Vorstösse
lanciert worden - bisher erfolglos. So hat etwa Basel-Stadt
im Rahmen seiner Verfassungsrevision die Einführung von
Stimmrechtsalter 16 abgelehnt. Demgegenüber sind in
einzelnen Kantonen die Entscheidungen noch nicht definitiv
gefallen. Beispielsweise befindet Glarus im kommenden Jahr
an der Landsgemeinde über ein Begehren auf Senkung des
Stimmrechtsalters auf 16 Jahre.
Bisher hat kein Kanton das Stimmrechtsalter auf 16 Jahre
gesenkt. In der Schweiz kennen einzig die Landeskirchen
teilweise diese Altersgrenze bei den politischen Rechten. So
führt beispielsweise die Römisch-Katholische Landeskirche
des Kantons Aargau in ihrem revidierten Organisationsstatut
das Stimmrechtsalter 16 Jahre auf den 1. Januar 2007 ein.
Die Herabsetzung des Stimmrechtsalters auf 18 Jahre ist erst
vor relativ kurzer Zeit erfolgt. Nach Ansicht des
Regierungsrats ist die Zeit für eine weitere Senkung noch
nicht reif. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben
gezeigt, dass das Interesse junger Bürgerinnen und Bürger an
der Ausübung der politischen Rechte nicht allzu gross ist.
Bei ihnen liegt die Stimmbeteiligung jeweils unter dem
Durchschnitt (vgl. auch Amtliches Bulletin des Nationalrats,
Sitzung vom 5. Juni 2000, N 497). Dies schliesst nicht aus,
dass es dennoch einige Jugendliche zwischen 16 und
Art. 919
18 Jahren gibt, die ein aktives Wahlrecht wahrnehmen
möchten.
Der Regierungsrat erachtet ein Auseinanderfallen der
Mündigkeit und des Stimmrechtsalters als nicht
zweckmässig. Zwar ist erstere nicht zwingende
Voraussetzung für das Fällen von politischen Entscheiden
oder das Ausüben des aktiven Wahlrechts. Die sogenannte
politische Reife kann durchaus bereits mit 16 Jahren gegeben
sein. Indes soll eine Person, die noch nicht mündig ist und
demzufolge nicht in allen Teilen die Verantwortung für ihr
Handeln übernehmen kann, auch keine politische
Verantwortung, die auch in einer Nichtteilnahme an
Abstimmungen und Wahlen liegen kann, tragen. Politische
Aktivitäten in einem weiteren Sinne sind damit nicht
ausgeschlossen, bestehen doch vielfältige Möglichkeiten, auf
politische Anliegen aufmerksam zu machen.
Aus den dargelegten Gründen ist der Regierungsrat gegen
die Herabsetzung des aktiven Stimmrechtsalters auf
16 Jahre. Die Motion ist somit abzulehnen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'045.--.
Egli Dieter, SP, Windisch: Mitbestimmung ist ein
demokratisches Grundrecht, ein öffentliches Gebilde, das
nach demokratischen Regeln funktioniert. Ausschluss vom
Abstimmungs- und Wahlgeschehen muss sich sehr gut
begründen. Umso mehr, wenn dieser Ausschluss nur
aufgrund einer Tradition existiert, weil es eben schon immer
so gewesen ist. In der regierungsrätlichen Antwort auf unser
Begehren herrscht eine sehr vorsichtige Haltung vor, eine
solche, die fragt, warum? Ich möchte das umdrehen und Sie
fragen, warum nicht? Denn, meine Damen und Herren,
Jugendliche sind entscheidungsfähig, auch mit 16 Jahren
schon. Das ist eine Binsenwahrheit, das sehen und erleben
wir doch tagtäglich. Auch wenn sie im juristischen Sinne
vielleicht nicht entscheidungsfähig sind, wir bürden ihnen
immer mehr Entscheide und Verantwortungen auf. Die
Jugendlichen von heute leben in einer Welt, in der sie
andauernd entscheiden müssen, in der sie andauernd ja oder
nein sagen müssen zu Angeboten und Versuchungen, welche
die Gesellschaft für sie bereit hält, teilweise blitzschnell und
in sehr komplexen Situationen. Sie müssen sich für oder
gegen einen Trend entscheiden, für oder gegen die Eltern,
für oder gegen Sex, für oder gegen Gewalt, für oder gegen
Disziplin. Jede Lehrerin und jeder Lehrer würde sich
wahrscheinlich beleidigt oder sogar schuldig fühlen, die
Schule hätte die Sechzehnjährigen nicht darauf vorbereitet
zu entscheiden. Wir entlassen die Jugendlichen nach der
Schule in ein Wirtschaftssystem. Sie müssen sich für eine
Lehrstelle entscheiden, sie müssen sich eine Unmenge von
realistischen und unrealistischen Fähigkeiten aneignen, sie
müssen Fragen beantworten und Tests über sich ergehen
lassen, die wohl für manch einen oder manch eine von uns
eine wirkliche Knacknuss gewesen wäre. Sie müssen
entscheiden, wie sie mit all den Frustrationen umgehen,
welche die Lehrstellensuche mit sich bringt. Warum also
sollten Jugendliche nicht auch in politischen Fragen
entscheiden können? Ich kann Ihnen hier nicht beweisen,
dass Jugendliche politisch interessiert sind oder wie stark sie
es sind. Ich habe aber eine Probe aufs Exempel gemacht und
acht Siebzehnjährige Lehrlinge und Schüler gefragt, ob sie
9. Januar 2007
abstimmen würden, wenn sie könnten. Drei bejahten, vier
verneinten und einer wusste es nicht. Ich gebe zu, dass mich
dieses Resultat nicht zu Begeisterungsstürmen hinriss.
Immerhin aber erreichte meine Testgruppe einen
Prozentsatz,
der
die
Stimmbeteiligung
mancher
Abstimmungen im Aargau übertrifft. Überhaupt, wenn wir
die Frage, wie viele Jugendliche sich politisch interessieren,
zur Richtschnur für die Festsetzung des Stimmrechtsalters
machen, dann handeln wir gefährlich. In diesem Falle stellen
wir nämlich die Effizienzüberlegung vor das Gebot der
Partizipation. Nach dieser Logik müsste jede Abstimmung
mit einer sehr kleinen Beteiligung ungültig sein. Es geht bei
diesem Begehren nicht darum, dass wir so viele neue
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wie möglich
produzieren, sondern es geht darum, dass wir diejenigen, die
sich für politische Fragen interessieren, zu den jeweiligen
Entscheidungen zulassen. Ich glaube in diesem
Zusammenhang an die Integration. Wenn wir die Sechzehnund Siebzehnjährigen an der Verantwortung beteiligen, dann
nehmen sie diese auch wahr. Der Regierungsrat sagt nun in
seiner Antwort indirekt, dass alle auch für die
Nichtbeteiligung bei Wahlen und Abstimmungen die
Verantwortung tragen sollen, um dann die nicht mündigen
Sechzehn- und Siebzehnjährigen von dieser Pflicht
grosszügig zu befreien. Dies ist eine - mit Verlaub - etwas
zynische Haltung und ein sehr hoher Anspruch. Wenn alle,
die sich nicht an Abstimmungen und Wahlen beteiligen, ihre
Verantwortung wirklich tragen würden, dann würden wohl
einige demokratische Prozesse schneller ablaufen, als sie das
heute tun. Manchmal wird sogar uns Grossräten die
Fähigkeit abgesprochen, für unsere Entscheidungen
Verantwortung zu tragen. Manchmal sprechen wir uns diese
Verantwortung sogar selber ab. Immer aber betonen wir,
dass die Jugendlichen und Kinder die Entscheidungen, die
wir heute fällen, dann später einmal ausbaden müssen.
Warum sollen wir also die Jugendlichen nicht schon früher
in die politische Verantwortung einbinden? Die Diskussion
über den Zusammenhang von Mündigkeit und
Stimmrechtsalter ist müssig und theoretisch. Ein sinnvolles
Stimmrechtsalter lässt sich weder wissenschaftlich beweisen,
noch
juristisch
herleiten.
Diejenigen
deutschen
Bundesländer, die das Stimmrechtsalter von 16 Jahren auf
Gemeinde oder Landesebene kennen, wie z.B. Hessen oder
Sachsen-Anhalt, haben aber gute Erfahrungen damit
gemacht. Die Politik dort ist nicht extremer oder
desinteressierter geworden und übrigens auch nicht linker
oder rechter, das kann ich hier auch sagen. Es geht also heute
nicht um einen juristischen oder staatsrechtlichen, sondern
um einen politischen Entscheid. Ich bitte Sie im Namen der
SP-Fraktion, ein Zeichen zu setzen an diejenigen
Jugendlichen, die politisch interessiert sind. Dass es diese
gibt, beweisen nicht zuletzt die existierenden und aktiven
Jugendparlamente nicht nur im Aargau. Dass der
Regierungsrat bereit ist, sich auf die demographische
Entwicklung einzulassen, das hat er letzte Woche
entschieden. Bringen Sie also unseren Kanton auf die
jugendpolitische Entwicklung in der Schweiz, dann wären
wir nicht nur in der Steuerpolitik spitze. Das wäre doch ein
versöhnlicher Jahresstart. Ich bitte Sie also, diese Motion zu
überweisen.
Keller Stefan, Grüne, Baden: Es freut mich zu hören, dass
der Regierungsrat in seiner Antwort auf die Motion
eingesteht, dass die politische Reife bereits mit 16 Jahren
1870
9. Januar 2007
gegeben sein kann. Wir alle hier im Saal dürfen uns zudem
einig sein, dass auch mit dem Erreichen des 20., 30. oder
40. Altersjahr noch keineswegs in jedem Fall automatisch
eine politische Reife gewährleistet ist. Die Festsetzung des
Stimmrechtsalters ist also eine rein willkürliche, zufällige
Angelegenheit. Als Wirtschaftsmotoren werden die Jungen
gerne und ohne Altersgrenzen eingesetzt - um nicht zu sagen
- missbraucht. Es gibt kaum ein familiärer Autokauf, bei
dem die Kids nicht massgeblich als Meinungsbildner
beteiligt sind. Nicht umsonst sind bereits in Micky MausHeften ganzseitige Autoanzeigen zu finden. Dasselbe gilt
selbstverständlich für eine ganze Reihe anderer
Konsumgüter des täglichen Gebrauchs. So sind wir Eltern
doch meist auf die Beratung unserer Kids beim Kauf von
Computern, DVD-Playern oder sonstiger Heimelektronik
angewiesen. Mit anderen Worten, wir akzeptieren unsere
Jungen als kompetente Gesprächspartner. Der Regierungsrat
beruft sich in seiner ablehnenden Haltung unter anderem
darauf, dass das Stimmrechtsalter von 16 Jahren bei anderen
Kantonen noch nicht eingeführt sei. Aber ist das denn ein
Argument? Ausgerechnet der Kanton Aargau, der im
Fachhochschulbereich, in der Spitalplanung und nicht zuletzt
mit der Steuergesetzrevision stramm vorangeht und neue
Massstäbe setzt. Soll der Kanton Aargau etwa nur dann
fortschrittlich sein, wenn er einen unmittelbaren
wirtschaftlichen
Nutzen
zu
erkennen
glaubt?
Selbstverständlich gibt es viele Jugendliche, die nicht oder
nur wenig an Politik interessiert sind, und es gibt genau so
viele Erwachsene, die ebenso wenig Interesse zeigen, ohne
dass ihnen deswegen gleich das Stimmrecht entzogen wird.
Wo also liegt der Unterschied? Mit der Herabsetzung des
aktiven Stimmrechtsalters auf 16 Jahre setzen wir ein
Zeichen. Erstens würdigen wir die Arbeit vieler Jungen, die
sich bereits mit 14, 15 oder 16 Jahren aktiv politisch
betätigen. Zweitens fördern wir damit in Jugendverbänden,
Elternhäusern und Schulen das politische Bewusstsein und
drittens beleben wir damit die politischen Diskussionen. Eine
Mehrheit der Grünen will ein jugendfreundliches
Standortmarketing betreiben und befürwortet daher die
Überweisung als Motion.
Meier Doka Nicole, CVP, Wettingen: Huhn oder Ei, was war
zuerst? Oder anders gefragt, sind es Jugendliche, die sich
aufgrund fehlender politischer Partizipationsmöglichkeiten
das Stimmrechtsalter von 16 Jahren wünschen, oder ist es die
Einführung des Stimmrechtsalters von 16 Jahren, welches
fortan Jugendliche vermehrt zur politischen Partizipation
ermuntert? Lasst uns Verantwortung übernehmen! Sie haben
eine Antwort. Fakt ist, dass das Stimmrechtsalter von 16
Jahren auf verschiedenen Ebenen indiziert, diskutiert und
teilweise bereits auch umgesetzt wurde. Auf nationaler Stufe
hat die staatspolitische Kommission dem Nationalrat
empfohlen, eine Motion zu überweisen, die das aktive
Stimmrechtsalter für Schweizer/Schweizerinnen auf 16 Jahre
festlegen sollte. Vor sechs Jahren war die Zeit leider noch
nicht reif, das Begehren wurde abgelehnt. In Deutschland
hingegen wurde das Stimmrechtsalter in verschiedenen
Ländern erfolgreich umgesetzt, so in Hessen, Nordrheinwestfalen oder Niedersachsen. Zürich, Bern, Luzern oder
Baselstadt sind einige jener Kantone, die diese Frage bis
heute behandelten oder in Bälde behandeln werden. Auch
auf kirchlicher Ebene gilt sowohl bei der römischkatholischen Kirche wie auch bei der reformierten
Landeskirche seit Januar 2007 das Stimmrechtsalter von
1871
Art. 919
16 Jahren. Vorbild für den Kanton Aargau soll uns aber in
der heutigen Diskussion insbesondere der Kanton Glarus
sein, der uns auch in Sachen Gebietsreform eine Nasenlänge
voraus ist. Die Glarner Regierung, an der Front FDPRegierungsrätin und Innendirektorin Marianne Dürst,
empfiehlt der Landesgemeinde im Mai 2007 das aktive
Stimm- und Wahlrecht auf 16 Jahre zu senken. Was spricht
nun aber für die Herabsetzung des Stimmrechtsalters auf
16 Jahre? Die frühestmögliche politische Partizipation ist für
eine vertiefte Integration in Gesellschaft und Staat wichtig.
Im direkten Anschluss an die Schulzeit können erlernte
theoretische Kenntnisse der Politik sofort praktisch
angewandt werden. Mit 18 Jahren ist hingegen einiges
wieder bereits vergessen, das Interesse verblasst. Nach
Abschluss der obligatorischen Schulzeit treffen Jugendliche
mit 16 Jahren Entscheide mit grosser Tragweite für ihr
Leben, sei dies in Beruf, Ausbildung oder auch in religiösen
Belangen. Mit 16 Jahren ist die intellektuelle Fähigkeit zur
Mitsprache und die grundsätzliche Urteilsfähigkeit gegeben.
Diese hohe Selbstverantwortung wird den Jugendlichen
beispielsweise im Freizeit- und Konsumbereich, also da, wo
Jugendliche Geld bringen, nicht abgesprochen. Ich betone,
der Austausch zwischen den Generationen und eine damit
verbundene Jugendpolitik ist wichtig. Der vorliegende
Vorstoss ist hierbei nur ein Stein im Ganzen. Klar ist, eine
aktive Jugendpolitik, die auch in die Bereiche der Bildung,
der Sozialisation, Stichwort Gewaltprävention oder der
Familienpolitik fliesst, braucht begleitende Anstrengungen
und flankierende Massnahmen. Auf die Politik
bezugnehmend, wäre dies im Bildungsbereich z.B. die
effektive Implementierung des Staatskundeunterrichts an den
Schulen. (Ein vor Jahren überwiesener Vorstoss, der im BKS
brachliegt.) In diesem Zusammenhang hat sich der Bundesrat
übrigens in der vergangenen Wintersession über das
Staatskundedefizit der Schweizer Jugendlichen besorgt
gezeigt. Lasst uns Verantwortung übernehmen! Politisch
motivierte Jugendliche bekennen Farbe. Die junge CVP und
auch andere Jungparteien unterstützen das Anliegen. Ebenso
tut dies auch das Aargauische Jugendparlament Juvenat.
Auch die regierungsrätliche Jugendkommission hat sich an
ihrer letzten Sitzung ebenfalls mit grosser Mehrheit für die
Unterstützung der Motion ausgesprochen. Dies im Sinne
einer aktiveren Jugendpolitik, die in Zukunft auch vermehrt
in anderen Bereichen Unterstützung finden soll.
Noch eine Randbemerkung: Gemäss Pflichtenheft hat die
Jugendkommission die Aufgabe, den Regierungsrat in allen
Belangen, welche die Jugend betreffen, zu beraten. Einmal
mehr hat sich der Regierungsrat in diesem Punkt nicht von
der Jugendkommission beraten lassen. Schade, die Juko
sollte eben genau keine Alibiübung sein und die
regierungsrätliche Antwort wäre um einiges differenzierter
ausgefallen. Lasst uns Verantwortung übernehmen! Geben
wir jenen Jugendlichen, die sich das wünschen, die
Möglichkeit, das aktive Stimm- und Wahlrecht auszuüben.
Dem Argument, dass auch mit dem Stimmrechtsalter von 16
Jahren nicht mehr Jugendliche abstimmen werden, kann ich
nichts abgewinnen. Wer sich interessiert, soll mitentscheiden
dürfen. Schliesslich wird jenen 60 bis 70%
Stimmberechtigten über 18 Jahren, die sich in der Schweiz
nicht an Wahlen und Abstimmungen beteiligen, das
Stimmrecht auch nicht abgesprochen. Wir haben es in der
Hand, Jugendliche zur frühzeitigen politischen Partizipation
Art. 919
zu motivieren. Stimmen wir daher ja zum Stimmrechtsalter
von 16 Jahren. Die CVP unterstützt mit grosser Mehrheit
und auch im Sinne der Jungen CVP die Motion. Wir bitten
Sie, dem Regierungsrat nicht zu folgen und die Motion zu
überweisen.
Hunn Jörg, SVP, Riniken: Die damalige Herabsetzung des
Stimmrechtsalters und in der Folge auch des
Mündigkeitsalters von 20 auf 18 Jahre betrachte ich heute
noch mit grosser Zurückhaltung. Ein Alter, in dem noch
niemand eine Ausbildung abgeschlossen hat und in dem
noch niemand wirtschaftlich selbständig ist. Mit 18 Jahren
sind alle Jugendlichen noch von ihren Eltern abhängig. Die
damit verbundenen kleineren und grösseren Probleme im
Vormundschaftsrecht, bei den Unterhaltsbeiträgen, bei
Kreditverträgen oder auch beim Schulbesuch, Stichwort
Absenzen, sind hinlänglich bekannt. Aber ich respektiere
selbstverständlich die Volksentscheide. Obwohl kein
tatsächliches Bedürfnis für ein tieferes Stimmrechtsalter
erkennbar ist, kommt nun die SP mit einem Vorschlag, der
eine nicht ganz unproblematische Differenz zum
Mündigkeitsalter schaffen würde und zudem auch eine
Differenz zum Stimmrechtsalter in eidgenössischen
Angelegenheiten. Ich habe mir die Mühe genommen, die
Stimmbeteiligung von Jugendlichen zwischen 18 und 20
Jahren bei den jüngsten Abstimmungen in einigen
Gemeinden zu ermitteln. Die Stimmbeteiligung liegt bei
diesen Jahrgängen im bescheidenen Bereich zwischen 10
und 15%. Bei den unter 18 Jährigen dürfte das Interesse
noch kleiner sein. D.h. selbstverständlich nicht, dass junge
Leute nicht am politischen Prozess teilnehmen sollen.
Interessierte Jugendliche können ihre Meinung durchaus
einbringen. Die Plattformen stehen zur Verfügung. Nur
besteht angesichts der bescheidenen Interessenlage kein
weiteres Bedürfnis, das Stimmrechtsalter noch weiter
herabzusetzen.
Ich habe seit rund 30 Jahren täglich mit Lernenden im Alter
zwischen 16 und 20 Jahren zu tun und meine, deren
Interessen einigermassen zu kennen. Sie wissen in diesem
Alter kaum Bescheid über die politischen Aktivitäten und
haben meistens auch gar keine Ahnung, über was jeweils
abgestimmt wird. In diesem Alter beschäftigen sich die
jungen Leute mit allem anderen als mit Politik. Das ist auch
richtig so. Gönnen wir Ihnen die unbekümmerte und
unbeschwerte Zeit ohne politische Probleme und ohne
politische Verantwortung. Mit dem Übergang zum
eigenverantwortlichen Erwachsensein und mit der
Entwicklung ihrer Persönlichkeit sind sie schon genug
belastet. Es ist früh genug, wenn die Jugendlichen nach
diesem Reifeprozess mit 18 Jahren politisch mitbestimmen
können. Die SVP-Fraktion teilt die Meinung der Regierung
und lehnt die Motion der SP ab. Ich bitte Sie, das ebenfalls
zu tun.
Studer Lilian, EVP, Wettingen: Es mag Sie vielleicht
erstaunen, aber obwohl ich das Präsidium der Jungen EVP
innehabe und man bei uns auch schon sehr jung Mitglied
werden kann, stimme ich beim Anliegen betreffend
Herabsetzung des aktiven Stimmrechtsalters von 18 auf
16 Jahre mit der Regierung überein. Die EVP tut dasselbe.
Ein Drama wäre es sicherlich nicht, wenn wir die Motion
heute doch überweisen würden. Sicherlich hätte es sogar
sehr positive Effekte. Ich möchte meine Gedanken zu
9. Januar 2007
meinem und unserem momentanen Entscheid kurz erläutern.
Es ist enorm wichtig zu sehen, dass die unter 18 Jährigen im
politischen Geschehen etwas zu sagen haben. Oft werden
Entscheidungen über die Köpfe der betroffenen Kinder und
Jugendlichen hinweg getroffen. Ein Forum, welches diese
Alterssparte miteinbezieht, fehlt meines Erachtens, wie wenn
wir es immer besser wüssten. Doch um Dinge miteinander
anzupacken, fehlt uns häufig die Zeit, die Ressourcen und
der aktive Wille. Hier müsste man meiner Meinung nach
ansetzen. Die Mitbeteiligung sollte gewährleistet werden.
Jedoch müssen wir alle eingestehen, dass heute das Interesse
der Jugendlichen an der Politik nicht enorm ist. Nun ist die
Frage, ob wir zuerst das Stimmrechtsalter herabsetzen,
obwohl das Bedürfnis dazu noch nicht reif und mit einem
grossen Aufwand verbunden ist, oder sollten wir nicht zuerst
den Staatskundeunterricht an Schulen und das Interesse bei
diesem Alterssegment stärken? Wenn das zweite, das
Interesse da ist, dann sollte das erste, die Herabsetzung des
Stimmrechtsalters, auch unbedingt ermöglicht werden. Doch
diese Diskussion ist ohne weitere Massnahmen zu verfrüht.
Wir müssen auch bedenken, dass Jugendliche mit 16, 17
Jahren gesetzlich noch nicht mündig sind. Es ist sogar sehr
wichtig, dass wir ihnen in diesem Alter noch nicht die ganze
Verantwortung abgeben, gerade darum gibt es den
Mündigkeitsschutz. Für uns Erwachsene bedeutet dies, dass
wir gegenüber den Jugendlichen eine grosse Verantwortung
besitzen und tragen und diese auch übernehmen müssen.
Fazit: Ich wünsche mir, dass wir die Mitbeteiligung der
Jugendlichen am politischen Geschehen fördern und das
Interesse wecken. Diese Motion ist aber zu verfrüht, die EVP
lehnt die Überweisung ab.
Burkart Thierry, FDP, Baden: Seitens der FDP haben wir
Verständnis für das Anliegen, Jugendliche für die Politik zu
interessieren oder sie daran partizipieren zu lassen. Dass
Partizipation an der Politik aber nicht nur heisst, das aktive
Stimmrechtsalter hinunterzusetzen, zeigen auch Institutionen
wie z.B. der Juvenat, das Aargauer Jugendparlament, wo ich
Mitgründer und Gründungspräsident war. Und auch heute
macht es mir immer noch Freude, wenn ich die Jugendlichen
da lustvoll politisieren sehe. Wir meinen aber, dass das
Auseinanderfallen
von
aktivem
und
passivem
Stimmrechtsalter nicht ganz unproblematisch ist und das
Festlegen des aktiven und passiven Stimmrechts- und
Wahlrechtsalters auf 18 Jahre nicht gerade zufällig ist, wie
das von den Befürwortern kolportiert wurde. Es gibt einen
Zusammenhang: Erstens, mit der bundespolitischen
Vorgabe, wie es von Jörg Hunn gesagt wurde, anderseits
aber - und das ist noch viel wichtiger - mit dem
Mündigkeitsalter. Das Mündigkeitsalter gibt jenen einen
persönlichen Schutz, die nicht mündig sind. Sie können
somit keine Kaufverträge abschliessen und auch keine
Bürgschaften eingehen. Das hat mit einem persönlichen
Schutz zu tun, damit Nichtmündige sich nicht übernehmen
und vom Staat geschützt werden. D.h., dort, wo sie einen
persönlichen Schutz des Staates in Anspruch nehmen
können, kann es unseres Erachtens nicht angehen, dass sie
für das allgemeine Wohl bereits Verantwortung in diesem
Sinne übernehmen, wie das die Motionärin möchte. Wir sind
der Überzeugung, dass, wie gesagt, die Partizipation von
Jugendlichen etwas Erforderliches ist, etwas Notwendiges
und wir hier noch einiges unternehmen können und müssen.
Aber die Senkung des aktiven Stimmrechtsalters und nur des
1872
9. Januar 2007
Art. 919
aktiven Stimmrechtsalters unter das Mündigkeitsalter ist
unseres Erachtens nicht zielbringend. Wir lehnen deshalb die
Motion ab.
zweifelt auch niemand an der Mündigkeit der Jugendlichen.
Über ¾ aller Jugendlichen besitzen heute ein eigenes
Bankkonto mit Kartenverfügungsrecht.
Chopard-Acklin Max, SP, Obersiggenthal: Was würde
geschehen, wenn das aktive Stimmrechtsalter von 16 Jahren
im Kanton Aargau eingeführt würde? Mit Sicherheit würde
sich insgesamt die Anzahl jener Personen erhöhen, die sich
an der direkten Demokratie in unserem Kanton beteiligen.
Politische Entscheide würden also breiter abgestützt. Zu
erwarten ist auch, dass mit dem Stimmrecht von 16 Jahren
dem oft beklagten fehlenden Interesse von Jugendlichen an
politischen Prozessen entgegengetreten werden könnte. Denn
die Jugendlichen würden dann nicht mehr nur stellvertretend
politisch verwaltet, sondern sie würden in die
Entscheidungen miteinbezogen. Das Stimmrecht von 16
Jahren könnte also integrierend wirken und wäre daher ein
Gewinn für unsere demokratische Gesellschaft.
Noch
eine
Bemerkung
zum
ablehnenden
Behauptungsargument, die Jungen würden sowieso nicht
abstimmen gehen: Ich frage Sie, ist es nicht etwas unfair, mit
dem Erwachsenenargument des Zweifelns an der politischen
Reife und dem Willen zur Stimmbeteiligung der
Sechzehnjährigen einer ganzen Gesellschaftsgruppe die
Mitbestimmung zu verweigern. Denn das tun Sie letztlich.
Schliesslich gibt es in jeder Alterskategorie Menschen, die
beeinflussbar, desinteressiert, nicht gewillt oder nicht fähig
sind,
sich
mit
komplexen
Abstimmungsvorlagen
auseinanderzusetzen. Es gibt in jeder Altersklasse
Stimmberechtigte, die ihr Stimmrecht, aus welchen Gründen
auch immer, nicht ausüben. Ich persönlich bedaure dies.
Aber auch das ist ein demokratisches Recht in einer liberalen
Gesellschaft. Solche Argumente dürfen für die Ablehnung
des Stimmrechts also nicht ausschlaggebend sein. Sie sind
einfach vorgeschoben. Bitte überweisen Sie die Motion.
Es ist doch so, dass wir mit den politischen Entscheiden von
heute die Zukunft von morgen gestalten. Gerade die Jugend
ist deshalb besonders stark davon betroffen, was wir hier
entscheiden. Sie sollte deshalb die Chance haben, sich selbst
gleichberechtigt einbringen zu können und ihre eigene
Zukunft mit Hilfe des Stimmrechts ab 16 Jahren
mitzugestalten. Klar ist auch, dass Jugendliche ohne
Stimmrecht in der etablierten Politik zu wenig ernst
genommen werden. Dies, geschätzte Kolleginnen und
Kollegen, sollte sich ändern. Vor einigen Jahren entstand in
der Folge der kantonalen Abstimmung über den
Jugendförderungsartikel, der vom Aargauer Volk
angenommen wurde, ein Leitbild zur künftigen
Jugendpolitik im Kanton Aargau. Ich glaube, auch Thierry
Burkart hat daran gearbeitet. Dieses Leitbild ist aus der
Zusammenarbeit der überparteilichen regierungsrätlichen
Jugendkommission und der kantonalen Fachstelle Jugend
entstanden. Im Vorwort desselben schrieb Herr
Regierungsrat Huber folgendes: "Das Leitbild fordert die
Erwachsenen auf, das Gespräch mit den Jugendlichen zu
suchen, ihnen mit Respekt und Toleranz zu begegnen,
ebenso werden Jugendliche ermutigt, sich aktiv an der
Gestaltung unserer Gesellschaft zu beteiligen." In den
aufgeführten Leitsätzen heisst es weiter unter dem Titel,
Partizipation und Integration von Jugendlichen in einen der
aufgeführten Zielpunkte dieses Leitbildes, Zitat: "Die
Jugendlichen sollen selbstverständliche und umfassende
Einbindung der Jugendlichen in vom Volk gewählten
Gremien erfahren." Das war ein Leitbild, welches vom
Regierungsrat so verabschiedet und dem Grossen Rat nach
Hause geschickt wurde. Es gab eine Pressekonferenz. Dieses
Leitbild wurde so vorgestellt und geschrieben. Geschätzte
Grossratskolleginnen und Grossratskollegen, das Vorwort
eines Leitbildes sollte nicht nur das Verpackungspapier sein,
das man nach dem ersten Öffnen des Päckleins entsorgt. Und
der Inhalt eines Leitbildes sollte auch nicht in irgendwelchen
Schubladen der Verwaltung verstauben. Ich bin dafür, dass
wir die Jugendlichen ernst nehmen wie auch die kantonale
Jugendkommission, indem wir sie in der Verantwortung mit
einbinden und diesen Worten mit dem Stimmrecht von 16
Jahren Taten folgen lassen. Denn, vergessen wir nicht,
Jugendliche im Alter von 16 Jahren treffen bereits
eigenverantwortlich viele wichtige Entscheide für ihr Leben,
sei es im Beruf, in der Ausbildung oder auch in der Religion,
Lilian Studer. Wenn es um wirtschaftliche Interessen geht,
1873
Miloni Reto, Grüne, Hausen: Ich möchte kurz auf die
spannende Argumentation eingehen, die Jörg Hunn hier
dargelegt hat, indem er erwähnt hat, die noch nicht
vollendete
wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit
der
Jugendlichen stehe diesem Stimmrechtsalter oder bzw. der
Verleihung des aktiven und passiven Stimmrechts im Wege.
Stellen Sie sich einmal das Gegenteil vor, Jörg Hunn. Im
Alter entschwindet die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
unserer Pensionäre und zum Teil sind sie auch mit Diabetes
und Prostata befasst und nicht mehr unbedingt in der Lage,
einfach ihre Wahlzettel auszufüllen. Wir müssen aufpassen,
dass wir die Argumentation nicht auf einer Seite herleiten,
die letztlich vielleicht gerade in ihren Gefilden sich negativ
in den Wahlbeteiligungen ausdrücken könnte. Von daher
glaube ich, muss man schon aufpassen mit dieser - ich sage
mal - doppelbödigen Moral, die sich ja auch ein bisschen bei
Thierry Burkart durchgesetzt hat, indem er gewissermassen
fast mit repressiver Toleranz den Schutz der Jugend in
Anspruch nimmt vor der Politik. Ich meine, das hat Max
Chopard nachdrücklich ausgeführt, die Jugend habe diesen
Schutz nicht nötig.
Landammann Wernli Kurt, parteilos: Es ist eigentlich alles
bereits gesagt. Die befürwortenden und die ablehnenden
Argumente liegen auf dem Tisch. Ich habe mit einer
Argumentation - und das auch im Namen des Regierungsrats
- etwas Mühe und zwar, wenn man die Reife, die
Selbstständigkeit, die wirtschaftliche Selbstständigkeit, die
Mündigkeit in Verbindung mit dem Stimmrechtsalter bringt.
Vor 15 Jahren hat dieses Parlament - ich war damals
Mitglied dieses Parlaments - das Stimmrechtsalter von 20
auf 18 Jahre gesenkt. Das Volk hat zugestimmt und das ist
jetzt in der Verfassung verankert. Das Gleiche geschah auch
auf Bundesebene und die gleichen Argumente, meine Damen
und Herren, lagen auf dem Tisch. Das Mündigkeitsalter ist
noch nicht sehr lange von 20 auf 18 Jahre gesenkt worden.
Auch damals gab es in dieser Frage Befürworter und Gegner.
Also müssen wir ehrlicherweise zugestehen, dass es nicht
eine Frage der Reife, der Selbstständigkeit und der
Mündigkeit ist, sondern schlicht und ergreifend eine
politische Frage. Wollen wir es oder wollen wir es nicht. Ich
gebe zu, dass sich der Regierungsrat in dieser Sache nicht
Art. 920
9. Januar 2007
sehr fundiert gemacht hat, weil wir wissen, dass die
Argumente ja von Ihrer Seite eingebracht werden. Ob wir
jetzt eine grosse Katalogisierung von befürwortenden und
gegnerischen Argumenten vorgenommen hätten, die Frage
wäre wahrscheinlich gleich behandelt worden. Aber ich bin
der Meinung - ob wir jetzt zustimmen oder ablehnen -, dass
sich in der politischen Landschaft sowieso nichts ändert. Da
sind wir uns hoffentlich einig. Es ist also letztlich die Frage,
wollen Sie diesen Schritt wagen oder nicht. Der
Regierungsrat ist eher der Meinung, dass die Zeit in dieser
Frage noch nicht reif sei. Das bezieht sich aber nicht auf die
Jugendlichen. Also entscheiden Sie politisch.
a) Volksinitiative "für demokratische Einbürgerungen"
Abstimmung:
Nach Ansicht der Initianten hat das Bundesgericht mit dem
Verbot von Urneneinbürgerungen die demokratische
Ordnung des Landes auf den Kopf gestellt. Die SVP will
diesen Entscheid mit ihrem Vorstoss korrigieren und
künftige "Fehlinterpretationen" in Einbürgerungsfragen
verhindern.
Gleichzeitig
sollen
damit
auch
Masseneinbürgerungen gestoppt werden.
Die Motion wird mit 80 gegen 47 Stimmen abgelehnt.
920
Motion der SP-Fraktion vom 22. August 2006
betreffend Rechtsschutz bei Entscheiden hinsichtlich der
Zusicherung des Gemeindebürgerrechts; Ablehnung
(vgl. Art. 701 hievor)
Am 6. April 2004 lancierte die Schweizerische Volkspartei
(SVP)
die
Volksinitiative
"für
demokratische
Einbürgerungen". Der Initiativtext sieht folgende Änderung
der Bundesverfassung vor:
Art. 38 Abs. 4 (neu)
4 Die Stimmberechtigten jeder Gemeinde legen in der
Gemeindeordnung
fest,
welches
Organ
das
Gemeindebürgerrecht erteilt. Der Entscheid dieses Organs
über die Erteilung des Gemeindebürgerrechts ist endgültig.
Die Behandlung im Parlament ist noch ausstehend. Der
Bundesrat lehnt die Initiative ab.
b) Parlamentarische Initiative Pfisterer
Antrag des Regierungsrats vom 8. November 2006:
Der Regierungsrat lehnt die Motion mit folgender
Begründung ab beziehungsweise ist bereit, die Motion als
Postulat entgegenzunehmen:
1. Ausgangslage: Im Kanton Aargau entscheiden politische
Organe über Einbürgerungen. Auf Gemeindeebene
entscheidet
die
Gemeindeversammlung
oder
der
Einwohnerrat über die Gesuche von Ausländerinnen und
Ausländern, auf Kantonsebene entscheidet der Grosse Rat
über die Gesuche von ausländischen Staatsangehörigen. Auf
Bundesebene ist
das
Einbürgerungsverfahren
ein
Verwaltungsverfahren.
Durch die neueren Bundesgerichtsurteile hat die Problematik
an Brisanz gewonnen. Einbürgerungen sind gemäss
Bundesgericht
materiell
Verwaltungsverfahren.
Entscheidinstanzen auf Gemeinde- und Kantonsebene sind
jedoch nicht Verwaltungsbehörden, sondern politische
Organe.
Eine
Überprüfung
von
negativen
Einbürgerungsentscheiden
der
Gemeindeversammlung
beziehungsweise
des
Einwohnerrats
durch
eine
kantonsinterne Rechtsmittelinstanz lässt sich nicht zwingend
aus dem in der Motionsbegründung zitierten BGE I 238
(recte: BGE 129 I 238) herleiten. Das Bundesgericht gibt
bloss zu bedenken, "dass eine sachgerechte Anfechtung und
Überprüfung von Ermessensentscheiden nur möglich ist,
wenn die zuständige Instanz die Gründe für ihren Entscheid
darlegt". Das Bundesgericht sagt in diesem Entscheid nicht,
dass die Überprüfung durch eine obere kantonale Instanz
erfolgen müsse.
2. Rechtsentwicklung auf Bundesebene: Zurzeit sind auf
Bundesebene
im
Nachgang
zum
erwähnten
Bundesgerichtsentscheid aus dem Jahr 2003 verschiedene
Geschäfte zu Einbürgerungsfragen hängig.
Am 3. Oktober 2003 reichte Ständerat Thomas Pfisterer eine
parlamentarische Initiative zum Bürgerrechtsgesetz in Form
einer allgemeinen Anregung ein. Die Initiative fordert, das
Bürgerrechtsgesetz für die ordentliche Einbürgerung in dem
Sinne zu ändern, dass erstens die Kantone selbständig
entscheiden können, ob Einbürgerungen dem Volk im
Rahmen
von
Gemeindeversammlungen
oder
Urnenabstimmungen oder der Volksvertretung (Parlament)
unterbreitet werden. Zweitens soll die Gesetzgebung so
angepasst werden, dass das Bundesgericht keinen Entscheid
auf eine ordentliche Einbürgerung fällen, sondern lediglich
Rügen
auf
Verletzung
verfassungsmässiger
Verfahrensgarantien prüfen kann. Die parlamentarische
Initiative wurde von 31 Ständerätinnen und Ständeräten
mitunterzeichnet.
Im Dezember 2004 wurde den Kantonen, den politischen
Parteien und interessierten Organisationen und Verbänden
ein ausgearbeiteter Gesetzesentwurf zur Stellungnahme
unterbreitet.
Unter
Berücksichtigung
des
Vernehmlassungsergebnisses wurden der Gesetzesentwurf
sowie der erläuternde Bericht von der Staatspolitischen
Kommission des Ständerats (SPK-S) überarbeitet.
Die Vorlage der SPK-S vom 27. Oktober 2005 beinhaltet
den Grundsatz, dass die Zuständigkeit zur Festlegung der
Einbürgerungsverfahren im Kanton und in der Gemeinde
grundsätzlich den Kantonen zukommt. Im Weiteren schreibt
der
Gesetzesentwurf
fest,
dass
ablehnende
Einbürgerungsentscheide einer Begründung bedürfen und
dagegen ein Beschwerderecht auf kantonaler Ebene möglich
sein muss. Welches Entscheidorgan eine Einbürgerung
vornimmt und durch welches Verfahren eine Begründung
eines Ablehnungsentscheids beizubringen ist, lässt der
Gesetzesentwurf bewusst offen. Vorgesehen wird einzig,
dass ein Einbürgerungsgesuch den Stimmberechtigten nur
dann zur Abstimmung unterbreitet werden darf, wenn
1874
9. Januar 2007
vorgängig ein begründeter Ablehnungsantrag vorliegt.
Schliesslich werden die Kantone verpflichtet, die
Privatsphäre der Einbürgerungswilligen so zu schützen, dass
nur
die
für
die
Beurteilung
der
Einbürgerungsvoraussetzungen notwendigen Daten bekannt
gegeben werden dürfen und bei deren Auswahl der
Adressatenkreis zu berücksichtigen ist.
Der Bundesrat hat der Vorlage der SPK-S am 2. Dezember
2005, der Ständerat am 14. Dezember 2005 zugestimmt. Der
Nationalrat hat die Vorlage noch nicht behandelt.
c) Parlamentarische Initiative Joder
Nationalrat Rudolf Joder (SVP) reichte am 3. Oktober 2003
eine parlamentarische Initiative ein. Er verlangt, dass die
Gemeinden und Kantone bei der Zusicherung ihres eigenen
Bürgerrechts autonom sind und sowohl das zuständige
Einbürgerungsorgan als auch das entsprechende Verfahren
festlegen können. Im Gegensatz zur parlamentarischen
Initiative Pfisterer soll jedoch eine inhaltliche Überprüfung
durch gerichtliche Instanzen ganz ausgeschlossen werden.
Am 3. Oktober 2005 entschied der Nationalrat mit 104 zu 73
Stimmen - entgegen dem Antrag seiner Staatspolitischen
Kommission - der Initiative keine Folge zu geben.
d) Parlamentarische Initiative Markwalder
Eine zweite im Nationalrat eingereichte parlamentarische
Initiative vom 8. Oktober 2004 hat eine etwas andere
Stossrichtung.
Gemäss
Initiativtext
soll
das
Bürgerrechtsgesetz
im
Bereich
der
ordentlichen
Einbürgerung derart ergänzt werden, dass die Kantone in der
Bestimmung des Einbürgerungsverfahrens mit Ausnahme
der Volksabstimmung grundsätzlich frei sind. Letztere sollen
hingegen unzulässig sein. Einbürgerungsentscheide im
Rahmen von Gemeindeversammlungen sind sodann nur
zulässig, wenn die verfassungsrechtlichen Anforderungen
erfüllt
sind
und
die
Begründung
der
Einbürgerungsentscheide sichergestellt werden kann.
Schliesslich sollen Personen, deren Einbürgerungsgesuch
abgelehnt worden ist, berechtigt sein, beim Bundesgericht
wegen Verletzung ihrer verfassungsmässigen Rechte
Beschwerde zu führen. Mit Blick auf die durch die
parlamentarische
Initiative
Pfisterer
ausgelösten
Gesetzgebungsarbeiten
hat
die
zuständige
Nationalratskommission die Prüfung der Initiative
Markwalder vorläufig ausgesetzt.
Art. 920
gewährleisten. Da sich der Gehalt der Standesinitiative über
weite Strecken mit jener der parlamentarischen Initiative
Pfisterer deckt, hat der Ständerat als Erstrat der Initiative am
13. Dezember 2004 Folge gegeben.
bb) Standesinitiative des Kantons Luzern
Die am 28. Juni 2004 eingereichte Standesinitiative des
Kantons Luzern verlangt, dass die Kantone einheitliche, faire
und
transparente
Verfahren
garantieren,
Einbürgerungsentscheide durch Gemeindeversammlungen
und Gemeindeparlamente weiterhin möglich bleiben und das
Schweizer Bürgerrecht nicht gerichtlich erzwungen werden
kann. Angesichts der im Rahmen der parlamentarischen
Initiative Pfisterer anstehenden Gesetzgebungsarbeiten ist
die Vorprüfung der Standesinitiative vorläufig ausgesetzt
worden.
cc) Standesinitiative des Kantons Aargau
Die am 10. November 2004 eingereichte Standesinitiative
des Kantons Aargau verlangt eine Änderung von Art. 38
Abs. 4 der Bundesverfassung. Auf diesem Weg soll es den
Stimmberechtigten jeder Gemeinde erlaubt sein, in der
Gemeindeordnung festzulegen, welches Organ das
Gemeindebürgerrecht erteilt. Zudem soll der über die
Erteilung des Gemeindebürgerrechts gefällte Entscheid
dieses Organs endgültig sein. Auch hier ist die Vorprüfung
der Standesinitiative vorläufig ausgesetzt worden.
Die parlamentarische Initiative Pfisterer und die SVPVolksinitiative werden voraussichtlich im Frühling oder
Sommer 2007 im Parlament abschliessend behandelt. Es ist
anzunehmen, dass die Volksabstimmung über die SVPInitiative im Jahr 2008 erfolgen wird.
Weil die parlamentarische Initiative Pfisterer in einem
direkten Zusammenhang mit der SVP-Volksinitiative steht,
wird der gestützt darauf erstellte Gesetzesentwurf
gegebenenfalls erst nach der Volksabstimmung in Kraft
treten können.
3. Fazit: Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass
der Regierungsrat den Zeitpunkt für eine Revision der
einschlägigen kantonalen Gesetzesbestimmungen für
verfrüht hält. Vorerst ist die Rechtsentwicklung auf
Bundesebene abzuwarten. Aufgrund der ausstehenden
Entscheide auf Bundesebene lehnt der Regierungsrat deshalb
die Motion ab. Er ist aber bereit, diese im Hinblick auf die
Revision des kantonalen Rechts nach den Entscheiden auf
Bundesebene als Postulat entgegenzunehmen.
e) 3 Standesinitiativen
Drei Standesinitiativen aus den Kantonen Schwyz, Luzern
und Aargau formulieren im Kerngehalt dieselben Anliegen
wie die parlamentarischen Initiativen aus dem National- und
dem Ständerat.
aa) Standesinitiative des Kantons Schwyz
Die am 10. November 2003 eingereichte Standesinitiative
des Kantons Schwyz verlangt, dass die Erteilung des
Bürgerrechts ein politischer Akt bleibt und nicht gerichtlich
erzwungen werden kann. Die kantonale Verfahrenshoheit
soll gewährleistet bleiben. Schliesslich soll das Verfahren
fair ausgestaltet werden und die Würde und
Persönlichkeitsrechte der einbürgerungswilligen Personen
1875
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'517.--.
Vorsitzende: Auch diese Motion wird vom Regierungsrat
abgelehnt bzw. aber als Postulat entgegengenommen. Diese
Entgegennahme wird bestritten.
Hunn Jörg, SVP, Riniken: Die SVP-Fraktion teilt die
Meinung des Regierungsrats. Angesichts der hängigen
Geschäfte in Einbürgerungsfragen auf Bundesebene ist es
verfrüht, über die vorgeschlagene Änderung des kantonalen
Bürgerrechtsgesetzes zu debattieren. Es erscheint uns
wichtig, das Ergebnis der Abstimmung über die
Volksinitiative der SVP für demokratische Einbürgerungen
Art. 920
abzuwarten. Ausserdem würde es ohne bundesgesetzliche
Vorgabe bestimmt zu einem Referendum kommen, wenn der
Grosse
Rat
jetzt
im
Bürgerrechtsgesetz
eine
Beschwerdeinstanz
gegen
Beschlüsse
der
Gemeindeversammlung oder des Einwohnerrats einführen
sollte. Unter diesen Voraussetzungen braucht es auch kein
Postulat. Der Vorstoss belastet nur unnötig die Verwaltung
und den Regierungsrat. Wird das Bundesrecht geändert, was
zu erwarten ist, muss der Kanton mit oder ohne Postulat sein
Gesetz anpassen. Dann kann aufgrund klarer Vorgaben über
die Ausgestaltung des kantonalen Bürgerrechtsgesetzes
befunden werden. Erlauben Sie mir in diesem
Zusammenhang noch drei Bemerkungen. 1. Es gibt heute
grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf die Einbürgerung
in der Schweiz, weder in der Verfassung noch im Gesetz. In
Artikel 5 des Bürgerrechtsgesetzes heisst es lediglich, dass
Ausländer, welche die Voraussetzungen erfüllen, ein Gesuch
um Aufnahme ins Kantons- und Gemeindebürgerrecht
stellen können. Es heisst nirgends, dass sie Anspruch auf
eine Aufnahme haben. Deshalb bedarf es im heutigen
Zeitpunkt auch keiner kantonalen Beschwerdeinstanz, der
die Aufgabe zufallen soll, das Volk bzw. die
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zurechtzuweisen. 2.
Wenn wir an der Entscheidungskompetenz des Souveräns zu
zweifeln beginnen, so wie das Professor Georg Kreis in einer
kürzlich erschienenen AZ-Gastkolumne tut, dann sind unsere
Demokratie und das Vertrauen des Volkes in unsere
Behörden in höchster Gefahr. 3. Mit der am 10. November
2004 eingereichten Standesinitiative des Kantons Aargau
verlangen wir, dass das zuständige Organ für die Erteilung
des Gemeindebürgerrechts in der Gemeindeordnung nicht im
kantonalen Bürgerrechtsgesetz festzulegen ist und dass der
Entscheid dieses Organs endgültig sein soll. Wir können
diesen Beschluss doch jetzt nicht einfach umkehren.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, bitte lehnen Sie die
Motion und auch das unnötige Postulat ab.
Eichenberger-Walther Corina, FDP, Kölliken: Auch die
FDP-Fraktion lehnt die Überweisung dieses Vorstosses
sowohl als Motion als auch als Postulat einstimmig ab. Wie
Sie bereits von meinem Vorredner gehört haben, ist in der
Bürgerrechtsgesetzgebung auf eidgenössischer Ebene im
Moment sehr viel im Fluss. Ich verweise auf verschiedene
parlamentarische Vorstösse in Bern sowie auf die
Volksinitiative der SVP für demokratische Einbürgerungen.
Es wäre deshalb falsch, diesen nun durch Überweisung
dieses Vorstosses als Postulat vorzugreifen und Vorgaben zu
machen, die ohnehin auf Bundesebene legiferiert werden
müssen und erst in einem zweiten Schritt allenfalls in die
kantonale Gesetzgebung einfliessen. Die FDP-Fraktion ist
einstimmig der Meinung, dass Einbürgerungen in der
Tradition der Demokratie, wie sie bis heute im Aargau
üblich ist, erfolgen sollen. Der Akt der Einbürgerung soll
also nicht zum Verwaltungsakt werden, sondern weiter durch
die Gemeindeversammlung entschieden werden. Allerdings
sollen allenfalls Mängel im Verfahren, Verletzungen,
verfassungsmässiger Verfahrensgarantien gerügt und
gerichtlich überprüft werden können. Dies kann aber im
Kanton
erst
entschieden
werden,
wenn
die
Bürgerrechtsgesetzgebung im Bund klar definiert ist. Lehnen
Sie deshalb die Überweisung des Vorstosses als Motion und
als Postulat ab.
Leimbacher Markus, Villigen: Ich kann vorab festhalten,
9. Januar 2007
dass die SP-Fraktion mit der Umwandlung unserer Motion in
ein Postulat einverstanden ist. Ich stelle mir aber hier die
Frage, weshalb sich denn eigentlich Widerstand gegen unser
Ansinnen unter anderem gerade aus jener Fraktion
breitmacht, die gerade in den letzten Monaten leidvolle
Erfahrungen
mit
Einbürgerungen
anlässlich
von
Gemeindeversammlungen machen musste und welche heute
mit
verschiedenen
bundesgerichtlichen
Verfahren
konfrontiert ist. Gerade der Gemeindeammann von Möhlin
und gleichzeitig Grossrat weiss davon ein leidvolles Lied zu
singen. Wir wollen eigentlich nur eines, nämlich die
Möglichkeit
schaffen,
dass
nach
einem
Einbürgerungsentscheid, mit dem eine Betroffene oder ein
Betroffener nicht einverstanden ist, nicht sofort und
unmittelbar das Bundesgericht bemüht werden muss,
sondern dass zuvor eine kantonale Instanz dazwischen
geschaltet wird. Dies ist nach der heutigen gesetzlichen
Regelung in § 16 Abs. 1 des Gesetzes über das Kantons- und
Gemeindebürgerrecht explizit eben nicht möglich. Der für
den Aargau unverdächtige noch Ständerat Dr. Thomas
Pfisterer, der als ehemaliger Regierungsrat die aargauischen
Verhältnisse bestens kennt, und als ehemaliger
Bundesrichter auch mit der Rechtslage vertraut sein sollte,
hat bereits vor über drei Jahren eine parlamentarische
Initiative zum Bürgerrechtsgesetz in Form einer allgemeine
Anregung eingereicht. Diese fordert eine Änderung des
Bürgerrechtsgesetzes unter anderem auch in dem Sinne, dass
das Bundesgericht keinen Entscheid mit Bezug auf eine
ordentliche Einbürgerung fällen kann, sondern lediglich
Rügen
auf
Verletzung
verfassungsmässiger
Verfahrensgarantien prüfen kann. Dies bedeutet im Klartext
nichts anderes, dass, was das Bundesgericht schon lange
verlangt, ablehnende Einbürgerungsentscheide einer
Begründung
bedürfen
und
dass
dagegen
ein
Beschwerderecht auf kantonaler Ebene möglich sein muss.
Einer entsprechenden Gesetzesvorlage haben der Bundesrat
und der Ständerat bereits zugestimmt. Wir wollen mit
unserer Motion nichts anderes, als das, was in Bundesbern
auch vorbereitet wird. Unter diesem Gesichtspunkt erstaunt
es, dass der Regierungsrat unsere Motion nicht
entgegennehmen will, mit der Begründung der Zeitpunkt für
eine Revision der einschlägigen Gesetzesbestimmungen sei
verfrüht, so wörtlich. Dennoch sind wir aufgrund der
politischen Realitäten in diesem Kanton mit einer
Umwandlung unseres Vorstosses in die unverbindlichere
Form des Postulates einverstanden. Wir verbinden dies mit
der Erwartung, dass diese Angelegenheit nach dem
Entscheid des Nationalrats rasch an die Hand genommen
wird und dass unser Vorstoss nicht einfach in der Schublade
verschwindet.
Landammann Wernli Kurt, parteilos: Ich glaube, wir sind
uns in einem Punkt einig, dass die jetzige
Einbürgerungspraxis mit Problemen behaftet ist. Es ist
erwähnt worden, es gibt bereits einige noch pendente
Verfahren vor Bundesgericht, andere sind abgeschlossen.
Das hat dazu geführt, dass jetzt auf Bundesebene mehrere
solche Anliegen deponiert sind, seien sie als
parlamentarische Initiative, seien sie als Standesinitiativen
oder sogar als Volksinitiativen eingereicht. Die Frage ist im
Moment nicht gelöst. Wie präzis die Fragen gelöst werden
können oder sollen, dazu kann ich Ihnen keine verbindliche
Angabe machen. Aber es ist klar, dass der
Bundesgesetzgeber das Einbürgerungsverfahren, die
1876
9. Januar 2007
Voraussetzungen für die Einbürgerung und die
entsprechenden Regelungen in den Grundlagen festlegen
muss. Er wird das auch tun. Die Kantone sind hier
Vollzugsinstanz. Deshalb stellt sich natürlich schon die
Frage, sollen wir jetzt vorgreifen, gewissermassen eine
Änderung der Einbürgerungsgesetzgebung auf kantonaler
Ebene vornehmen, wenn zu erwarten ist, dass der
Bundesgesetzgeber hier hoffentlich bald klare Grundlagen
liefert. Das hat dazu geführt, dass wir nicht bereit sind, die
Motion entgegenzunehmen, aber es wird sich nicht ändern
lassen, dass wir nach erfolgter Bundesgesetzgebung alle
Optionen prüfen müssen. Dabei kann durchaus auch eine
solche Lösung, wie sie jetzt die Motion der SP-Fraktion
vorschlägt, in Frage kommen. Deshalb ist der Regierungsrat
auch bereit, diesen Vorstoss als Postulat, d.h. als
Prüfungsauftrag im Gesamten entgegenzunehmen, ohne dass
wir aber deswegen bereits sagen, das wird dann die Lösung
sein. Dies ist abhängig von der Bundessituation, und deshalb
wird der Entscheid erst dann zu fällen sein.
Abstimmung:
Die Motion wird mit 60 gegen 53 Stimmen abgelehnt.
921
Motion der SP-Fraktion vom 22. August 2006
betreffend Zuständigkeit des Gemeinderats für
Entscheide
hinsichtlich
der
Zusicherung
des
Gemeindebürgerrechts; Ablehnung
(vgl. Art. 702 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 8. November 2006:
Der Regierungsrat lehnt die Motion mit folgender
Begründung ab beziehungsweise ist bereit, die Motion als
Postulat entgegenzunehmen:
1. Ausgangslage: Im Kanton Aargau entscheiden politische
Organe über Einbürgerungen. Auf Gemeindeebene
entscheidet
die
Gemeindeversammlung
oder
der
Einwohnerrat über die Gesuche von Ausländerinnen und
Ausländern, auf Kantonsebene entscheidet der Grosse Rat
über die Gesuche von ausländischen Staatsangehörigen. Auf
Bundesebene ist
das
Einbürgerungsverfahren
ein
Verwaltungsverfahren.
Durch die neueren Bundesgerichtsurteile hat die Problematik
an Brisanz gewonnen. Einbürgerungen sind gemäss
Bundesgericht
materiell
Verwaltungsverfahren.
Entscheidinstanzen auf Gemeinde- und Kantonsebene sind
jedoch nicht Verwaltungsbehörden, sondern politische
Organe.
Schon vor den beiden wegleitenden Bundesgerichtsurteilen
vom 9. Juli 2003 haben einige Kantone die Kompetenz zu
Einbürgerungen auf Gemeindeebene ganz oder teilweise an
die Exekutivbehörde delegiert. Die Exekutivbehörde ist
zuständig in den Kantonen Appenzell-Ausserrhoden (für
ausländische Jugendliche der zweiten Generation), BaselStadt (für Gesuche mit Rechtsanspruch), Freiburg (für
Ausländer der zweiten Generation), Genf, Glarus (für
ausländische Jugendliche der zweiten Generation),
1877
Art. 921
Graubünden (rund 50 % der Fälle), Neuenburg, Nidwalden
(für Kinder und Jugendliche), Solothurn (in rund 4 % der
Fälle), Tessin (für ausländische Jugendliche der zweiten
Generation), Zug (für Ausländer der zweiten Generation)
und Zürich (für ausländische Jugendliche der zweiten
Generation).
Seit dem 9. Juli 2003 haben sich in den Kantonen Bern,
Waadt und einem Teil der Gemeinden des Kantons Zürich
ebenfalls Änderungen in Bezug auf die Verlagerung der
Kompetenz für Einbürgerungsentscheide ergeben. 67 von
insgesamt 171 zürcherischen Gemeinden haben die
Einbürgerungskompetenz vollumfänglich an die Exekutive
delegiert, wovon 6 an eine Bürgerrechtskommission, was mit
der neuen Kantonsverfassung möglich geworden ist.
Bei der Frage der zuständigen Instanz für Einbürgerungen ist
eine verstärkte Entwicklung weg vom Souverän, hin zu
Fachgremien
beziehungsweise
Exekutivbehörden
feststellbar.
Dennoch
ist
das
System
der
Gemeindeversammlung (oder des Gemeindeparlaments bei
grösseren Gemeinden) als zuständige Instanz für
Einbürgerungen weiterhin stark verbreitet.
2. Rechtsentwicklung auf Bundesebene: Zurzeit sind auf
Bundesebene
im
Nachgang
zu
den
erwähnten
Bundesgerichtsentscheiden aus dem Jahr 2003 verschiedene
Geschäfte zu Einbürgerungsfragen hängig.
a) Volksinitiative "für demokratische Einbürgerungen"
Am 6. April 2004 lancierte die Schweizerische Volkspartei
(SVP)
die
Volksinitiative
"für
demokratische
Einbürgerungen". Der Initiativtext sieht folgende Änderung
der Bundesverfassung vor:
Art. 38 Abs. 4 (neu)
4 Die Stimmberechtigten jeder Gemeinde legen in der
Gemeindeordnung
fest,
welchesOrgan
das
Gemeindebürgerrecht erteilt. Der Entscheid dieses Organs
über die Erteilungdes Gemeindebürgerrechts ist endgültig.
Nach Ansicht der Initianten hat das Bundesgericht mit dem
Verbot von Urneneinbürgerungen die demokratische
Ordnung des Landes auf den Kopf gestellt. Die SVP will
diesen Entscheid mit ihrem Vorstoss korrigieren und
künftige "Fehlinterpretationen" in Einbürgerungsfragen
verhindern.
Gleichzeitig
sollen
damit
auch
Masseneinbürgerungen gestoppt werden.
Die Behandlung im Parlament ist noch ausstehend. Der
Bundesrat lehnt die Initiative ab.
b) Parlamentarische Initiative Pfisterer
Am 3. Oktober 2003 reichte Ständerat Thomas Pfisterer eine
parlamentarische Initiative zum Bürgerrechtsgesetz in Form
einer allgemeinen Anregung ein. Die Initiative fordert, das
Bürgerrechtsgesetz für die ordentliche Einbürgerung in dem
Sinne zu ändern, dass erstens die Kantone selbständig
entscheiden können, ob Einbürgerungen dem Volk im
Rahmen
von
Gemeindeversammlungen
oder
Urnenabstimmungen oder der Volksvertretung (Parlament)
unterbreitet werden. Zweitens soll die Gesetzgebung so
Art. 921
angepasst werden, dass das Bundesgericht keinen Entscheid
auf eine ordentliche Einbürgerung fällen, sondern lediglich
Rügen
auf
Verletzung
verfassungsmässiger
Verfahrensgarantien prüfen kann. Die parlamentarische
Initiative wurde von 31 Ständerätinnen und Ständeräten
mitunterzeichnet.
Im Dezember 2004 wurde den Kantonen, den politischen
Parteien und interessierten Organisationen und Verbänden
ein ausgearbeiteter Gesetzesentwurf zur Stellungnahme
unterbreitet.
Unter
Berücksichtigung
des
Vernehmlassungsergebnisses wurden der Gesetzesentwurf
sowie der erläuternde Bericht von der Staatspolitischen
Kommission des Ständerats (SPK-S) überarbeitet.
Die Vorlage der SPK-S vom 27. Oktober 2005 beinhaltet
den Grundsatz, dass die Zuständigkeit zur Festlegung der
Einbürgerungsverfahren im Kanton und in der Gemeinde
grundsätzlich den Kantonen zukommt. Im Weiteren schreibt
der
Gesetzesentwurf
fest,
dass
ablehnende
Einbürgerungsentscheide einer Begründung bedürfen und
dagegen ein Beschwerderecht auf kantonaler Ebene möglich
sein muss. Welches Entscheidorgan eine Einbürgerung
vornimmt und durch welches Verfahren eine Begründung
eines Ablehnungsentscheids beizubringen ist, lässt der
Gesetzesentwurf bewusst offen. Vorgesehen wird einzig,
dass ein Einbürgerungsgesuch den Stimmberechtigten nur
dann zur Abstimmung unterbreitet werden darf, wenn
vorgängig ein begründeter Ablehnungsantrag vorliegt.
Schliesslich werden die Kantone verpflichtet, die
Privatsphäre der Einbürgerungswilligen so zu schützen, dass
nur
die
für
die
Beurteilung
der
Einbürgerungsvoraussetzungen notwendigen Daten bekannt
gegeben werden dürfen und bei deren Auswahl der
Adressatenkreis zu berücksichtigen ist.
Der Bundesrat hat der Vorlage der SPK-S am 2. Dezember
2005, der Ständerat am 14. Dezember 2005 zugestimmt. Der
Nationalrat hat die Vorlage noch nicht behandelt.
c) Parlamentarische Initiative Joder
Nationalrat Rudolf Joder (SVP) reichte am 3. Oktober 2003
eine parlamentarische Initiative ein. Er verlangt, dass die
Gemeinden und Kantone bei der Zusicherung ihres eigenen
Bürgerrechts autonom sind und sowohl das zuständige
Einbürgerungsorgan als auch das entsprechende Verfahren
festlegen können. Im Gegensatz zur parlamentarischen
Initiative Pfisterer soll jedoch eine inhaltliche Überprüfung
durch gerichtliche Instanzen ganz ausgeschlossen werden.
Am 3. Oktober 2005 entschied der Nationalrat mit 104 zu 73
Stimmen - entgegen dem Antrag seiner Staatspolitischen
Kommission - der Initiative keine Folge zu geben.
d) Parlamentarische Initiative Markwalder
Eine zweite im Nationalrat eingereichte parlamentarische
Initiative vom 8. Oktober 2004 hat eine etwas andere
Stossrichtung.
Gemäss
Initiativtext
soll
das
Bürgerrechtsgesetz
im
Bereich
der
ordentlichen
Einbürgerung derart ergänzt werden, dass die Kantone in der
Bestimmung des Einbürgerungsverfahrens mit Ausnahme
der Volksabstimmung grundsätzlich frei sind. Letztere sollen
hingegen unzulässig sein. Einbürgerungsentscheide im
9. Januar 2007
Rahmen von Gemeindeversammlungen sind sodann nur
zulässig, wenn die verfassungsrechtlichen Anforderungen
erfüllt
sind
und
die
Begründung
der
Einbürgerungsentscheide sichergestellt werden kann.
Schliesslich sollen Personen, deren Einbürgerungsgesuch
abgelehnt worden ist, berechtigt sein, beim Bundesgericht
wegen Verletzung ihrer verfassungsmässigen Rechte
Beschwerde zu führen. Mit Blick auf die durch die
parlamentarische
Initiative
Pfisterer
ausgelösten
Gesetzgebungsarbeiten
hat
die
zuständige
Nationalratskommission die Prüfung der Initiative
Markwalder vorläufig ausgesetzt.
e) 3 Standesinitiativen
Drei Standesinitiativen aus den Kantonen Schwyz, Luzern
und Aargau formulieren im Kerngehalt dieselben Anliegen
wie die parlamentarischen Initiativen aus dem National- und
dem Ständerat.
aa) Standesinitiative des Kantons Schwyz
Die am 10. November 2003 eingereichte Standesinitiative
des Kantons Schwyz verlangt, dass die Erteilung des
Bürgerrechts ein politischer Akt bleibt und nicht gerichtlich
erzwungen werden kann. Die kantonale Verfahrenshoheit
soll gewährleistet bleiben. Schliesslich soll das Verfahren
fair ausgestaltet werden und die Würde und
Persönlichkeitsrechte der einbürgerungswilligen Personen
gewährleisten. Da sich der Gehalt der Standesinitiative über
weite Strecken mit jener der parlamentarischen Initiative
Pfisterer deckt, hat der Ständerat als Erstrat der Initiative am
13. Dezember 2004 Folge gegeben.
bb) Standesinitiative des Kantons Luzern
Die am 28. Juni 2004 eingereichte Standesinitiative des
Kantons Luzern verlangt, dass die Kantone einheitliche, faire
und
transparente
Verfahren
garantieren,
Einbürgerungsentscheide durch Gemeindeversammlungen
und Gemeindeparlamente weiterhin möglich bleiben und das
Schweizer Bürgerrecht nicht gerichtlich erzwungen werden
kann. Angesichts der im Rahmen der parlamentarischen
Initiative Pfisterer anstehenden Gesetzgebungsarbeiten ist
die Vorprüfung der Standesinitiative vorläufig ausgesetzt
worden.
cc) Standesinitiative des Kantons Aargau
Die am 10. November 2004 eingereichte Standesinitiative
des Kantons Aargau verlangt eine Änderung von Art. 38
Abs. 4 Bundesverfassung. Auf diesem Weg soll es den
Stimmberechtigten jeder Gemeinde erlaubt sein, in der
Gemeindeordnung festzulegen, welches Organ das
Gemeindebürgerrecht erteilt. Zudem soll der über die
Erteilung des Gemeindebürgerrechts gefällte Entscheid
dieses Organs endgültig sein. Auch hier ist die Vorprüfung
der Standesinitiative vorläufig ausgesetzt worden.
Die parlamentarische Initiative Pfisterer und die SVPVolksinitiative werden voraussichtlich im Frühling oder
Sommer 2007 im Parlament abschliessend behandelt. Es ist
anzunehmen, dass die Volksabstimmung über die SVPInitiative im Jahr 2008 erfolgen wird.
Weil die parlamentarische Initiative Pfisterer in einem
direkten Zusammenhang mit der SVP-Volksinitiative steht,
1878
9. Januar 2007
wird der gestützt darauf erstellte Gesetzesentwurf
gegebenenfalls erst nach der Volksabstimmung in Kraft
treten können.
3. Fazit: Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass
der Regierungsrat den Zeitpunkt für eine Revision der
einschlägigen kantonalen Gesetzesbestimmungen für
verfrüht hält. Vorerst ist die Rechtsentwicklung auf
Bundesebene abzuwarten. Aufgrund der ausstehenden
Entscheide auf Bundesebene lehnt der Regierungsrat deshalb
die Motion ab. Er ist aber bereit, diese im Hinblick auf die
Revision des kantonalen Rechts nach den Entscheiden auf
Bundesebene als Postulat entgegenzunehmen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'045.--.
Vorsitzende: Diese Entgegennahme wird bestritten.
Hunn Jörg, SVP, Riniken: Grundsätzlich gilt hier das
Gleiche wie beim vorher behandelten Geschäft. Bevor der
Kanton sein Bürgerrechtsgesetz ändert, soll die
Rechtsentwicklung auf Bundesebene abgewartet werden. Die
SVP-Fraktion lehnt deshalb sowohl die Motion wie auch das
Postulat ab. Weil der Vorstoss der SP ins zentrale Gefüge
unserer
direkten
Demokratie
eingreift
und die
Mitbestimmungsrechte
der
Stimmbürgerinnen
und
Stimmbürger schmälern will, drängen sich hier ein paar
weitere Bemerkungen und Standpunkte auf.
Unter Zuhilfenahme der bundesgerichtlichen Erwägungen zu
den Urteilen vom 9. Juli 2003 versucht die SP mit ihren
Vorstössen die Einbürgerungen von ausländischen
Staatsangehörigen zu einem alltäglichen Verwaltungsakt zu
degradieren. Die Aufnahme ins Schweizer Bürgerrecht soll
auf die gleiche Stufe gestellt werden wie die Erteilung einer
Baubewilligung - ein Gemeinderatsbeschluss mit
Beschwerderecht an eine obere Instanz. Für die SVP ist das
eine unbesonnene und unverantwortliche Abwertung des
Bürgerrechts.
Aber
nicht
nur
das,
die
Kompetenzbeschneidung des Volkes hätte zwangsläufig
negative Auswirkungen auf den besonderen Stellenwert der
Gemeindeversammlung und des Einwohnerrats. Wer in eine
Gemeinschaft aufgenommen werden will, hat sich darum zu
bemühen und braucht deren Zustimmung, umso mehr, wenn
die Bewerberinnen und Bewerber durch ihre Zugehörigkeit
umfangreiche Mitbestimmungsrechte erhalten, mit denen sie
erheblichen Einfluss nehmen können. Die Kompetenz und
die Verantwortung über die Bestandeserweiterung müssen
nach unserem demokratischen Verständnis den Angehörigen
der Gemeinde, der Gemeinschaft uneingeschränkt zustehen.
Der Entscheid über die Aufnahme in den Kreis der Stimmund Wahlberechtigten und damit in das höchste politische
Organ unseres Staates ist so wichtig, dass er nicht an die
Verwaltung delegiert werden darf. Die Einbürgerung muss
ein politischer Akt bleiben. Den Stimmbürgerinnen und
Stimmbürgern Überforderung vorzuwerfen, so wie das die
Motionärin tut, ist eine Anmassung. Erstens stimmt das
erfahrungsgemäss nicht und zweitens könnte dieses
Argument bei jeder anderen Vorlage auch gebracht werden.
Heisst das etwa im Endeffekt, dass die Sozialdemokraten die
direkte
Demokratie
mangels
Kompetenz
der
Stimmberechtigten abschaffen wollen? Gerade bei
Einbürgerungsgeschäften haben die Bürgerinnen und Bürger
1879
Art. 921
häufig eine viel sensiblere Wahrnehmung als die Mitglieder
der Exekutivbehörde. Der bescheidene Effizienzgewinn
durch Auslassung der Gemeindeversammlung vermag die
demokratischen Nachteile einer Kompetenzverlagerung
niemals aufzuheben. Ich bitte Sie, die Motion und auch das
Postulat abzulehnen.
Eichenberger-Walther Corina, FDP, Kölliken: Ich spreche
im Namen einer einstimmigen FDP-Fraktion und beantrage
Ihnen auch hier, den Vorstoss sowohl als Motion als auch als
Postulat nicht zu überweisen. Ich knüpfe an mein Votum
zum vorherigen Vorstoss an, und verweise nur noch auf die
verschiedenen Verfahren und Vorstösse, die auf
Bundesebene hängig sind. Eingebürgert zu werden, heisst
nicht einfach Formulare ausfüllen, eine staatskundliche
Prüfung
ablegen,
ein
Gespräch
mit
der
Einbürgerungskommission,
beziehungsweise
dem
Gemeinderat führen. Viel mehr heisst eingebürgert werden,
den Willen bekunden, in einem neuen Staat eine neue
Heimat zu finden, und damit in dieser neuen Heimat vor
allem in dieser Gesellschaft und Gemeinschaft ein neues
Mitglied, ein Teil zu werden und damit Verantwortung für
diese Gemeinschaft und diesen Staat zu übernehmen,
integriert sein in seine Gesellschaft und Bevölkerung,
Schule, Kultur, Sprache, Bräuche etc. Mit anderen Worten,
dies alles kann nicht aufgrund eines Verwaltungsaktes
geschehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine
Einbürgerung, d.h. das Verfahren der Einbürgerung steht und
fällt
mit
der
geleisteten
Vorarbeit
der
Einbürgerungskommission oder des Gemeinderates, falls
dieser in der Gemeinde zuständig ist. Diese gründliche
Arbeit und Vorbereitung verhindert Fälle des zufälligen
Entscheidens in der Gemeindeversammlung oder in einer
Urnenabstimmung. Abklärungen vorgängig, wie gut die
Einzubürgernden auch wirklich in die Gesellschaft integriert
sind, führen dazu, dass die Entscheide, die nicht reif sind zur
Einbürgerung eben gar nicht zur Abstimmung kommen.
Fände die Einbürgerung nur über den Erlass einer Verfügung
im Gemeinderat statt, was zugegebenermassen administrativ
viel einfacher wäre, würden höchstens formelle
Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt. Die materiellen
Probleme wie Integration, Akzeptanz bestehen weiter. Der
Gemeinderat könnte dann in schwierige Positionen kommen,
und die mit der Einbürgerung zusammenhängenden
Probleme, der Skepsis in der Bevölkerung würden dadurch
sicher nicht aus der Welt geschafft. Lehnen Sie deshalb die
Überweisung dieses Vorstosses sowohl als Motion als auch
als Postulat ab.
Leimbacher Markus, SP, Villigen: Auch hier ist es so, dass
wir mit der Umwandlung der Motion in ein Postulat
einverstanden sind. Wir verbinden dies mit der Erwartung,
dass dieser Vorstoss nicht einfach auf Nimmerwiedersehen
in der Schublade verschwindet, das soll ja vorkommen,
sondern zügig an die Hand genommen wird. Die Gründe, die
für die Überweisung unseres Vorstosses sprechen, sind
mannigfaltig. Ich weise nur auf einige wenige hin:
1. Die Zahl der Einbürgerungsgesuche ist in den
vergangenen Jahren stark gestiegen. Dies führt zwangsläufig
dazu,
dass
die
Traktandenlisten
der
Gemeindeversammlungen, beziehungsweise der Sitzungen
des Einwohnerrates mit entsprechenden Anträgen überladen
sind.
Art. 922
9. Januar 2007
Antrag des Regierungsrats vom 29. November 2006:
2. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sind aufgrund
der oft nur rudimentären Informationen über die einzelnen
Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller häufig überfordert, sie
können sich über diese kaum ein korrektes und faires Bild
machen. Sie sind damit auch kaum in der Lage, sich für oder
halt auch gegen eine Bewerberin oder einen Bewerber zu
entscheiden. Ich frage Sie alle, wer kann denn schon alleine
auf Grund des Geburtsdatums, der Angabe des Berufs und
vielleicht
anhand
eines
häufig
verschwommenen
schwarzweissen Passfotos eine stichhaltige Beurteilung über
eine oder einen Einbürgerungswilligen abgeben. Ich
jedenfalls in guten Treuen nicht.
3. Die Gemeindeversammlungen sind ganz generell anfällig
für emotionale Argumente, die an Ort und Stelle nicht
überprüft werden können. Ich denke da beispielsweise an die
Feststellung, jemand beziehe ein IV-Rente, was heute leider
geradezu ein Killerargument ist.
4. Ständerat Dr. Thomas Pfisterer hat bereits vor über drei
Jahren
eine
parlamentarische
Initiative
zum
Bürgerrechtsgesetz eingereicht. Diese fordert eine Änderung
des Bürgerrechtsgesetzes in dem Sinne, dass die Kantone
selbständig entscheiden sollen können, ob Einbürgerungen
dem Volk im Rahmen von Gemeindeversammlungen oder
Urnenabstimmungen oder der Volksvertretung sprich
Parlament unterbreitet werden. Immerhin 31 Ständerätinnen
und Ständeräte haben diese Initiative mitunterzeichnet. Es ist
also breit abgestützt und damit schon gar nicht ein Produkt
der Linken.
5. In der Zwischenzeit haben andere Kantone, beispielsweise
Appenzell-Ausserrhoden, Basel-Stadt, Freiburg, Genf,
Glarus, Graubünden, Neuenburg, Nidwalden, Solothurn,
Tessin, Zug und Zürich zumindest einen Teil der
Entscheidkompetenzen in Bezug auf Einbürgerungen an die
Exekutivbehörden übertragen. All diese Kantone haben
erkannt, dass es Sinn macht, unabhängig der Entwicklung in
Bundesbern eine eigene Regelung zu treffen.
Zusammenfassend: Es würde dem Aargau gut anstehen,
ebenfalls von sich aus eine eigenständige Regelung zu
treffen. In diesem Sinne scheint mir die von uns eingereichte
Motion an sich auch der richtige Weg zu sein. Wir können
aber akzeptieren, dass der Regierungsrat einen anderen
gehen will, indem er nämlich zwar zusichert, dass er eine
Revision des kantonalen Rechts vornehmen will, aber vorerst
die Entscheidungen auf Bundesebene, die ja kurz
bevorstehen, abwarten will. Unter diesem Gesichtspunkt
bitten wir Sie, der Überweisung unseres Vorstosses in der
unverbindlicheren Form des Postulats zuzustimmen.
Abstimmung:
Das Postulat wird mit 69 gegen 56 Stimmen abgelehnt.
922
Motion Lilian Studer, EVP, Wettingen, vom
5. September 2006 betreffend Schutz für Kinder und
Jugendliche vor übersexualisierter und sexistischer
Werbung; Ablehnung
(vgl. Art. 739 hievor)
Der Regierungsrat
Begründung ab:
lehnt
die
Motion
mit
folgender
1. Der Regierungsrat lehnt sexistische Werbung klar ab.
Unbestritten ist für den Regierungsrat auch, dass das heutige
Umfeld stark sexualisiert ist, wobei die Werbung nur einen
Teil davon ausmacht. In Übereinstimmung mit der
Motionärin ist der Regierungsrat der Ansicht, dass im
gesellschaftlichen Diskurs die Stellungnahme von
Erwachsenen wichtig ist. Angesprochen ist dabei
insbesondere auch die Verantwortung der Eltern, der Schule,
der Unternehmen und der Medien.
Wenn übersexualisierte oder sexistische Werbung
pornographische Züge annimmt, wird sie strafrechtlich
verfolgt. Das Bezirksgericht Zürich hat beispielsweise
Betreiber von Privatfernsehstationen wegen Werbespots für
Pornofilme gebüsst. Im Bereich der Plakatwerbung
funktioniert eine gute Selbstkontrolle. Die Firma APG
(Allgemeine Plakatgesellschaft), welche einen Grossteil der
Plakatwerbung im Kanton Aargau anbringt, legt freiwillig
Plakate mit kritischem Inhalt den Behörden grösserer
Schweizer Städte vor und berücksichtigt deren Entscheid
auch beim Aushang im Kanton Aargau. In den vergangenen
Jahren sind denn auch im Kanton Aargau keine
Plakatwerbungen mit pornographischem Inhalt angebracht
worden.
2. Ein Verbot übersexualisierter und sexistischer Werbung
würde voraussetzen, dass die beiden Begriffe juristisch
erfasst werden können. Der Regierungsrat bezweifelt aber,
dass eine griffige Definition entwickelt werden könnte. Im
Einzelfall wäre regelmässig umstritten, ob der Tatbestand
erfüllt ist oder nicht. Würde übersexualisierte oder
sexistische Werbung verboten, wäre deshalb mit einer
Beschwerdeflut zu rechnen. Für die Umsetzung dieses
Auftrags müsste in der kantonalen Verwaltung eine neue
Organisationseinheit geschaffen werden, welche Werbung
kontrolliert und entscheidet, ob diese den Tatbestand erfüllt
oder nicht. Sei dies im Rahmen einer Bewilligungspflicht für
Werbung allgemein mit entsprechenden Folgekosten für die
Wirtschaft und den Staat oder in einer Kontrolle der
Werbung nach Publikation mit einer unter Umständen
kontraproduktiven Wirkung. Der Streit über eine bestimmte
Werbekampagne oder ein bestimmtes Plakat erhöht
zwangsläufig die Beachtung in der Öffentlichkeit.
3. Einschränkungen des Grundrechts der Wirtschaftsfreiheit
müssen verhältnismässig, das heisst unter anderem geeignet
und erforderlich sein, um das angestrebte Ziel zu erreichen.
Die Schweiz kennt wenig staatliche Einschränkungen der
Werbefreiheit.
Mit
der
Schweizerischen
Lauterkeitskommission
existiert
aber
eine
gut
funktionierende Selbstregulierung der Werbebranche. Die
Entscheide der Lauterkeitskommission werden praktisch
durchwegs beachtet. Die Kommission hat unter anderem
Grundsätze zur geschlechterdiskriminierenden Werbung
entwickelt. Im Oktober 2006 taxierte sie eine Inserate- und
Plakatkampagne des Casinos Baden als sexistisch und
herabwürdigend. Der Entscheid führte dazu, dass die
Kampagne
nicht
weitergeführt
wurde
und
die
Geschäftsleitung gemäss Zeitungsberichten beschlossen hat,
1880
9. Januar 2007
in zukünftigen Kampagnen zurückhaltender zu sein sowie
auf zweideutige Sujets zu verzichten.
4. Nationalrätin Doris Stump hat im Juni dieses Jahrs eine
Motion
eingereicht,
die
ein
Verbot
von
geschlechterdiskriminierender und sexistischer Werbung
zum Ziel hat. Der Nationalrat hat darüber noch nicht beraten.
Der Bundesrat empfiehlt dem Nationalrat die Ablehnung der
Motion, weil sich aus seiner Sicht die bestehende
Selbstregulierung bewährt hat und ein Werbeverbot oder die
nachträgliche Sanktionierung von Werbemassnahmen einen
Eingriff
in
die
verfassungsrechtlich
geschützte
Wirtschaftsfreiheit darstellt.
Der Regierungsrat beantragt aus den genannten Gründen, die
Motion abzulehnen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'045.--.
Studer Lilian, EVP, Wettingen: Frauen, die ihren Rock
hochziehen, Frau fast nackt auf fast nacktem Mann sitzend,
in einer bestimmten sexistischen Pose auf einem Tisch
räkelnd, eine Frau in Büstenhalter für eine Bar posierend und
dies alles für ein Produkt. Ich könnte noch viele weitere
solche Beispiele aufzählen. Ich treffe solche Bilder immer
wieder direkt vor meiner Haustüre an. Ich möchte Ihnen zu
bedenken geben, dass solche Bilder - also sexistische
geschlechter-diskriminierende
und
übersexualisierte
Werbung - ohne weiteres in der Öffentlichkeit an
Plakatwänden zu sehen sind. Bei uns im Grossratsgebäude
gelten ja auch gewisse Regeln in der Art wie wir uns geben,
in der Bekleidung. Wie steht es mit diesen Regeln vor der
Grossratstüre, also in der Öffentlichkeit, wo wir auch
Verantwortung tragen? Gelten da nicht auch gewisse Regeln
und somit ein sexueller Anstand unserer gesellschaftlichen
Wertvorstellung? Ich möchte es vielleicht so formulieren:
Liegt es nicht in unserem Hoheitsgebiet, in der
Öffentlichkeit unserer Gesellschaft, den Respekt und ihren
wahren Wert weiter zu vermitteln und auch Menschen zu
erlauben, Bilder nicht zu sehen, nicht sehen zu müssen.
Unterschätzen Sie nicht, wie viele Frauen und eben auch
Männer, Kinder und Jugendliche das als Massstab nehmen
und beeinflusst werden, was sie vorgeführt bekommen. Ob
nun gleich ein Nachahmungseffekt oder sonstige ersichtliche
Problematiken darauf stattfinden oder aber negative
Einstellung und Gedanken zu den Geschlechterrollen - ich
denke da gerade an junge Frauen, die häufig an Essstörungen
leiden oder an Selbstannahme - oder negative Einstellungen
und Gedanken zum eigenen Verhalten zum Sex sich bilden.
Cool und sexy zu sein, das ist heute das akzeptierte Diktat.
Viele legen aber auch bezüglich unserer übersexualisierten
und sexistischen oder geschlechterdiskriminierenden
Gesellschaft eine Gleichgültigkeit an den Tag. Aufgrund der
Überflut wird alles erlaubt und jeder wird mit seinen
Problemen in dieser Hinsicht alleine gestellt. Nach dem
Übergriff in Rhäzüns wurde von Fachexperten klar
geäussert, dass sexuelle Gewalt unter Kindern und
Jugendlichen ein zunehmendes Problem ist. Nun ist es
einfach zu sagen, die sexistischen und übersexualisierten
Plakatwerbungen seien daran schuld. Wenn es so einfach
wäre. Doch ist es Tatsache, dass Kinder und Jugendliche in
einem zunehmenden übersexualisierten Umfeld aufwachsen.
Was sie vorgesetzt bekommen, prägt und überfordert sie
1881
Art. 922
auch. Wenn nun wir schockiert sind über sexuelle Übergriffe
unter Kindern und Jugendlichen, müssen wir uns auch
bewusst sein, dass wir eine so genannte sexuelle Gewalt mit
unserer Gesellschaft zulassen. Denn diese Problematik ist
vor allem ein kulturelles, ökonomisches und auch politisches
Problem und nicht einfach ein physisches und psychisches.
Der Regierungsrat lehnt die Motion mit der Begründung ab,
dass die Selbstregulierung funktioniere und es schwierig
wäre, sexistische und übersexualisierte Werbung zu
definieren. Wenn die gesellschaftliche Wertvorstellung des
sexuellen Anstands überschritten wird, kann dies als
Definition eigentlich viel aussagen und gebraucht werden.
Dass auch die Selbstregulierung nicht funktioniert, hat auch
als Beispiel ein bestimmtes aargauisches Plakat bewiesen.
Das Plakat hing schon überall, bevor es wirklich
zurückgezogen wurde. Auch jetzt noch erzielt es wegen der
Publizität dieses Rückzugs grandiose Werbewirkung. Auch
kann z.B. die Lauterkeitskommission - also die
Selbstregulierungsinstanz - keine Plakate verbieten oder
eben nur als lauter oder nicht lauter deklarieren. Sie tagt
auch erst, wenn eine Beschwerde eingereicht wurde, also die
Plakate schon längstens öffentlich sind. Es ist etwas
Wunderschönes, Menschen zu beobachten und zu
betrachten, denn Menschen sind schön und faszinierend.
Darum verstehe ich auch, dass man auf Plakat- oder
Werbeplakaten auch Sujets von Menschen benutzt. Doch es
ist nicht eine Frage des Geschmacks oder der Ästhetik - ich
glaube solche Bilder können wir genügend in Heften
anschauen -, sondern des Respekts der Menschen, in ihrem
Wert und eben in ihrer Wahrheit, Schönheit und nicht
einfach als Sexobjekt und als Ware dargestellt zu werden,
jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit. Ich danke Ihnen für
Ihre Unterstützung und somit Überweisung der Motion.
Lepori-Scherrer Theres, CVP, Berikon: Auch ich bin für die
Überweisung der Motion und zwar aus drei Gründen.
1. Grundsätzlich stehe ich für den liberalen Markt ein, muss
dabei aber festhalten, dass das Streben nach
Wirtschaftswachstum und Förderung nicht alle Mittel
heiligen darf. 2. Die sexistische Überreizung in unserer
Kultur bzw. in unserer Gesellschaft zeigt diverse negative
Auswirkungen. Nicht nur, aber doch vor allem Jugendliche
kommen sichtlich damit nicht klar. Ich weise da auf die doch
zahlreichen sexuellen Übergriffe hin. Die Dunkelziffer der
Einkaufs- und Diebestouren von jungen Frauen ab 14 Jahren,
die sich der Sex- und Reizwäsche verschrieben haben, ist
ernorm. 3. Die sexistische Werbung - und die gibt es an sehr
vielen Ecken und Enden - empfinde ich klar als
Diskriminierung der Frau. Mit dem Regierungsrat stimme
ich überein, dass eine griffige Definition von “sexistisch”
wirklich sehr schwierig sein wird. Trotzdem bin ich
persönlich für die Überweisung der Motion. Zum Schluss
möchte ich noch eine grundsätzliche Bemerkung anbringen:
Die oft gehörte Aussage, ein Verbot bewirke nichts,
disqualifiziert die Werbebranche als wirkungslos, was
wiederum für die Überweisung der Motion sprechen würde.
Meier Doka Nicole, CVP, Wettingen: Theres Lepori hat
vorhin eine persönliche Meinung dargelegt. Ich vertrete die
Meinung der CVP. Die CVP verurteilt sexistische und
pornografische Werbung. Sexualität und der Umgang mit
Sexualität gehören aber in und zu unserer Gesellschaft.
Sexualität kann und sollte nicht totgeschwiegen werden.
Art. 922
Gefordert sind wir als Eltern und Bezugspersonen, gefordert
ist auch die Schule, um über Sexualität zu informieren und
aufzuklären. Die Auseinandersetzung mit der Flut an
sexuellen Reizen ist zugegebenermassen zunehmend
schwierig. Eine Tabuisierung und ein Verbot sexistischer
Werbung, wie es die Motion fordert, sind für die CVP aber
der falsche Weg. Ob eine Werbung sexistisch ist oder nicht,
ist nach Meinung der CVP subjektives Empfinden, eine
allgemeine Definition des Begriffs ein Ding der
Unmöglichkeit. Für die Umsetzung eines Verbots wäre aber
genau eine solche Begriffsdefinition Voraussetzung. Die
CVP ist der Auffassung, dass die Selbstregulierung bei der
Werbung gut funktioniert. Das Beispiel Grand Casino Baden
zeigt, dass Werbung, die für die Bevölkerung unter der
Toleranzgrenze liegt, auch auf Druck der Bevölkerung
zurückgezogen wird. Unternehmungen, die übrigens mit
Bildern unter der Toleranzgrenze werben, disqualifizieren
sich selber und haben mit einem Imageschaden zu rechnen.
Die CVP unterstützt die Meinung von Bundesrat und
Regierungsrat, dass sich die bestehende Selbstregulierung
bewährt. Ein Werbeverbot bzw. die nachträgliche Sanktion
von Werbemassnahmen erachten auch wir als Eingriff in die
verfassungsrechtlich geschützte Wirtschaftsfreiheit. Aus
diesen Gründen lehnen wir die vorliegende Motion ab.
9. Januar 2007
und mit mir ein Teil der SP sind der Meinung, dass
verbindlichere Grenzen gesetzt werden sollen. Die
Überweisung der Motion wäre ein erster Schritt in diese
Richtung.
Amacher Dzung Ruth, SP, Wettingen: Sex sells. Mit
freizügigen Frauenkörpern als Blickfang werden alle
möglichen Produkte mehr oder weniger erfolgreich
vermarktet. Diese Bilder sind überall in unserer Gesellschaft
allgegenwärtig. Was aber lösen diese Bilder bei den
Konsumentinnen und Konsumenten und bei den Kindern
aus? Sie suggerieren unterschwellig, dass Frauen eine Ware
sind, die überall und zu jeder Zeit verfügbar ist. Diese
Haltung übernehmen unbewusst auch die Heranwachsenden.
Erfolgreiche Models gelten heut als Stars und junge Frauen
versuchen ihren Idolen punkto Schlankheit und Aussehen
nachzueifern. Essstörungen sind eine häufige Folge dieser
Art Werbung. Aber wie kommen die Mädchen mit dem via
Werbung, TV und MTV vermittelten Image als stets
verfügbare sexy Frau zurecht und welche Auswirkungen hat
sie in den Köpfen der heranwachsenden Knaben und der
jungen Männer? Die Vergewaltigungen in Seebach sind nur
ein sichtbarer Teil dieser Auswirkungen.
Stöckli-Ammann Milly, SVP, Muri: Die SVP-Fraktion lehnt
die Motion von Lilian Studer - wie der Regierungsrat ebenfalls ab. Wie der Regierungsrat sind auch wir der
Ansicht, dass sexistische Werbung nicht geduldet werden
soll. Wenn die Werbung nun auch noch pornografische Züge
annimmt, wird diese ja strafrechtlich verfolgt, was wir sehr
unterstützen. Jedoch ist es gefährlich, für alles und jedes nun
Verbote zu erwirken. Wir haben in der Schweiz die
Meinungsfreiheit. Mit immer mehr Einschränkungen kehrt
die Zensur durch die Hintertür zurück. Ein schottischer
Philosoph fragte einmal nach der Ursache, dass in der
Demokratie die vielen von den wenigen so leicht regiert
werden können. Die Antwort darauf war ebenso einfach wie
überzeugend. Jede Regierung gründet allein auf Meinung.
Öffentliche Meinung ist Macht. Natürlich sind die Zeiten
vorbei, in der die Regierung durch Meinungsverbote und
Zensur sich die Macht sichern konnte. Aber wir steuern
heute einer Art Meinungsverbot zu, die gesellschaftsfähig
geworden ist - die Werbeverbote. Werbung für Genussmittel
wie Tabak und Alkohol wird zunehmend eingeschränkt.
Offensichtlich hat sich die öffentliche Meinung geändert,
denn in den 70er Jahren wurde die Guttempler-Initiative für
ein Verbot der Suchtmittelreklame und in den 90er Jahren
die Doppelinitiative für Werbeverbot von Tabak und
Alkohol verworfen. Was wird als nächstes kommen? Ein
Verbot gegen fettiges und ungesundes Essen? Ist nicht auch
Politik etwas Gefährliches? Ist nicht auch die Werbung für
Parteien zu verhindern? Die Welle der Werbeverbote könnte
allerdings zu einem unheilvollen, gesellschaftlichen Verbot
werden. Nicht nur Genussmittel, auch Werbeverbote machen
süchtig. In der Schweiz, in der die Meinungsfreiheit herrscht,
vertritt die SVP klar die Haltung freier Werbung. Wie bereits
am Anfang erwähnt, können sich die Werber auch nicht alles
erlauben. Aber Vorsicht mit Werbeverboten, denn die
Zensur kehrt mit immer neuen Untersagungen durch die
Hintertür zurück. Sollte die Motionärin eine Umwandlung in
ein Postulat beantragen, wird dies die SVP-Fraktion
ebenfalls nicht unterstützen.
Gegen Rassismus gibt es Gesetze und wer dagegen verstösst
muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Versuchen
dagegen Frauen sich gegen sexistische Darstellungen zu
wehren, dann ernten sie bestenfalls ein müdes Lächeln und
es wird ihnen unterschoben, prüde und körperfeindlich zu
sein. Diesen Vorwurf möchte natürlich in unserer
aufgeklärten Zeit keine Frau auf sich nehmen und so schauen
wir lieber weg. Eine Umfrage unter Frauen hat ergeben, dass
sie, konfrontiert mit sexistischen Plakaten, denen sie leider
nicht ausweichen können, versuchen, einfach nicht
hinzusehen. Diese Reaktion zeigt, dass etwas an diesen
Plakaten nicht stimmt und sich viele Frauen durch die
Abbildung von entblössten Frauenkörpern in verfänglichen
Posen, die bloss der Verkaufsförderung dienen, abgewertet
fühlen. Gemäss dem Regierungsrat ist Pornografie verboten,
aber die Grenze zwischen Porno und Erotik verschwimmen
immer mehr, denn Porno als gut verkäufliche Ware mit
dreistelligen Zuwachwachsraten ist "in" geworden. Die
Frage stellt sich, ob wirklich alles immer erlaubt sein soll,
was zu marktwirtschaftlichem Erfolg führt. Ich persönlich
Feri Yvonne, SP, Wettingen: Das oberste Ziel jeder Werbung
ist es, die Konsumenten und Konsumentinnen zum Kauf
anzuregen. Dabei wird eine symbolische Beziehung
hergestellt zwischen dem Alltagsleben und der Welt der
angepriesenen Ware. Werbung ist somit weit mehr als nur
ein Instrument der Verkaufsförderung: Werbung ist Identität
und Sinn stiftend. Sie produziert Lebensgefühl und
beeinflusst die Richtung unseres Denkens. Werbung trägt
eine gesellschaftliche Verantwortung. Um sich mit der
vorliegenden Motion vertiefter zu befassen, müssen wir uns
zuerst folgende Frage beantworten: Was macht Werbung
sexistisch? Dazu zähle ich Ihnen einige wenige Punkte auf:
1. Frauen oder Männer werden im Bild oder Text auf
bestimmte Rollen oder Eigenschaften reduziert oder in
überholten Geschlechterrollen fixiert.
2. Bilder und Texte beleidigen Frauen oder Männer als
Gruppe und stellen sie in abwertender Weise dar.
3. Es werden gesundheitsschädigende Schönheits- oder
Schlankheitsnormen propagiert, die vor allem Mädchen und
junge Frauen beeinflussen.
1882
9. Januar 2007
4. Das Bild hat keinen Zusammenhang mit dem Produkt und
dient nur als Blickfang.
5. Das Verhältnis von Frauen zu Männern ist in Bild oder
Text geprägt von Abhängigkeit und Unterwürfigkeit.
Mit Werbung werden Vorstellungen davon produziert, wie
Männer und Frauen so genannt "sind". In der Werbewelt
bedeutet das nach wie vor: Die Technik und das Heldentum
gehört den Männern, die Schönheit den Frauen. Zunehmend
sind alte Rollenbilder nicht mehr eindeutig inszeniert,
sondern werden in subtile Doppelbotschaften verpackt. Weil
sie aber trendig und modern aufgemacht sind, werden sie
meist gar nicht in ihrer sexistischen Struktur
wahrgenommen. Es gibt viele Beispiele in der Werbung,
welche unsere Bilder beeinflussen: Einer Frau ist der richtige
Haarspray wichtiger als der bevorstehende Geschäftstermin.
Junge Frauen mit überschlanken Körpern geben das Gefühl,
nicht zu genügen und leiden unter Essstörungen. Jungen
Männern wird beigebracht, dass riskantes Verhalten mit
männlicher Coolness gleichgesetzt wird.
Sexistisch wird oft mit sexy gleichgesetzt. Doch nicht jede
Abbildung von nackter Haut ist automatisch sexistisch. Erst
wenn die Frau in der Werbung mittels provokanten Posen
auf ihren Köper und ihre Sexualität reduziert wird, trifft sich
sexistisch mit Sex. Allgemein lässt sich feststellen, dass
Frauen häufiger Gegenstand von sexistischer Werbung sind
als Männer. Nicht zuletzt deshalb, weil Frauenkörper als
Blickfang-Werbung für fast jedes Produkt erfolgreich
eingesetzt werden. Darin widerspiegelt sich eine
Gesellschaft, die sich an männlichen Normen orientiert. Die
Stadt Zürich macht es vor: Schon 1998 gab das damalige
Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann ein erstes
Informationsblatt heraus: "Frauenfeindliche Werbung und
was dagegen zu tun ist." Kriterien für diskriminierende und
frauenverachtende Werbung wurden formuliert, und die
Leser und Leserinnen fanden Tipps, wie sie sich dagegen zur
Wehr setzen können. In den seither vergangenen Jahren hat
die Fachstelle für Gleichstellung das Thema nicht aus den
Augen gelassen: Sie hat Tagungen mit Fachleuten aus der
Werbebranche organisiert und Workshops angeboten, sie hat
informiert, referiert und öffentlich Stellung bezogen.
Der Regierungsrat hätte entsprechende Ideen aufnehmen,
reagieren und eine Entgegennahme als Postulat vorschlagen
können. Da er dies nicht tut, finde ich es richtig, die Motion
zu überweisen. Das Thema ist ein schwieriges und muss sehr
differenziert angegangen werden. Zwei A4-Seiten dazu als
Beantwortung genügen nie und nimmer. Ich bitte Sie, die
Motion zu unterstützen.
Eliassen Vecko Eva, Grüne, Obersiggenthal: Eigentlich
wollte ich nichts sagen, weil ich dachte, ich hätte nichts
Neues zu sagen. Sexistische Werbung auf Kosten der Frauen
ist wie die Wertschätzung von Hausarbeit, Lohngleichheit
ein Dauerbrennerthema, bei dem wir noch mitten im
dunkelsten Mittelalter stecken. Ich werde nicht darauf
eingehen, dazu ist genug gesagt worden. Aber als Mitglied
einer Familie, die in der 3. Generation in der Werbung tätig
ist und von der Werbung gross geworden ist und lebte - ich
selbst habe mehrjährige Berufserfahrung in der Werbung muss ich Ihnen eine Illusion rauben. Die Selbstregulierung
funktioniert in der Werbung nicht. Dafür ist viel zu viel Geld
im Spiel. Sie können heute unverfroren mit allem und für
1883
Art. 922
alles werben. Werbeagenturen werden eingesetzt, um Firmen
von sozialen Fehltritten weiss zu waschen, um ökologische
Fehlinformationen zu verbreiten, um politische Meinungen
zu verklickern - denken Sie z.B. an Werbung für
Pharmaprodukte, für Atomkraft usw. Hier Selbstregulierung
auch nur zu erhoffen, ist ein Wunschtraum. Träumen Sie
weiter!
Landammann Wernli Kurt, parteilos: Es scheint mir fast
etwas anmassend, nach sieben Damen als Mann zu diesem
Thema etwas zu sagen. Ich finde es nicht einmal zum
Lachen, um ganz ehrlich zu sein. Der Regierungsrat lehnt
ganz klar sexistische Werbung ab. Es gibt hier keine
Ausnahmesituation. Ich möchte das klar bekräftigen. 1. Was
uns zur Ablehnung geführt hat, sind einerseits juristische
Überlegungen. Wie können wir diese Frage der sexistischen
Werbung oder sogar der übersexualisierten Werbung klar
definieren? Es ist bereits gesagt worden, das dürfte nicht so
einfach sein bzw. wir sind nach Überlegungen zur
Überzeugung gekommen, dass möglicherweise am Schluss
nur die Richter entscheiden, was effektiv darunter zu
verstehen ist. 2. Wir haben feststellen lassen - durch
öffentliche Wahrnehmungen, nicht wissenschaftlich erhärtet,
das gebe ich zu -, dass im Kanton Aargau eigentlich die
Plakatwerbung keinen Anlass zu Beschwerden geboten hat.
Die Allgemeine Plakatgesellschaft pflegt wirklich die
Selbstkontrolle, ich weiss das aus der persönlichen
Äusserung des Geschäftsführers - man legt Wert darauf. Das
ist allerdings nicht die einzige Gesellschaft und
Organisation, die Werbung auf öffentlichem Grund betreibt,
aber doch die grossmehrheitlich Tätige. Dritter Grund und
das ist der Hauptgrund, meine Damen und Herren,
sexistische Werbung findet im kleinsten Ausmass auf
öffentlichem Grund und Plakatwerbung statt. Die meiste
Werbung oder anders ausgedrückt sexistische Darstellungen
erfolgen in allen anderen Medien. Fernsehen, Zeitschriften,
Produkte, die uns täglich ins Haus flattern, beinhalten
sexistische oder übersexualisierte Werbung oder sexistische
Darstellungen. Da ist der Regierungsrat schlicht nicht
kompetent, dies in die Schranken zu weisen. Das müsste ja
wahrscheinlich dann auf eidgenössischer Ebene an die Hand
genommen werden und dementsprechend hat auch der
Bundesrat sogar ablehnend Bescheid gesagt, dass man das
nicht tun könne. Das ist der Hauptgrund, weil die reine
Fokussierung auf den öffentlichen Grund - und das ist die
Plakatwerbung, etwas vereinfacht dargestellt - uns die
Lösung nicht bringt. Es sind die Fernsehfilme, es ist die
Werbung in allen Fernsehkanälen, und ich nehme an, Sie
haben auch solche Filme und Ansichten schon gesehen, um
Bescheid zu wissen. Dagegen kann nicht einmal der
Bundesrat etwas ausrichten, weil alle diese Fernsehkanäle
natürlich nicht in der Schweiz produzieren. Also Sie sehen,
wir sind da an den Grenzen der eigenen Beeinflussbarkeit
und das führt dazu, dass sich eine einseitige
Werbebeschränkung auf den Aargau fokussiert ein Segment,
das nicht einmal grosse Auswirkung zeigt, das das Problem
mit Sicherheit nicht lösen würde. Deshalb ist der
Regierungsrat
der
Meinung,
die
Motion
nicht
entgegenzunehmen.
Studer Lilian, EVP, Wettingen: Es stimmt, da gebe ich Ihnen
recht Herr Regierungsrat, wenn diese Plakatwerbungen sehr
zentriert sind und man sie nicht an vielen Orten wirklich zu
Gesicht bekommt. Aber ich sage Ihnen, meistens stehen
Art. 923
diese Plakatwände dort, wo eben sehr viele junge Menschen
anwesend sind. Dort haben diese Plakatwerbungen auch die
meisten Effekte und darum platziert man sie ja meistens
auch häufig an diesen Orten - das kenne ich aus eigener
Erfahrung, ich wohne an einem solchen Ort, wo sehr viele
junge Jugendliche sich aufhalten und wo diese
Plakatwerbungen ersichtlich sind. Darum bitte ich Sie, genau
zu überlegen, diese Motion nicht zu überweisen.
Abstimmung:
9. Januar 2007
nötigen Bestimmungen sind vom Gesetzgeber noch nicht
verabschiedet worden.
Zu Frage 1: Beide vorerwähnten Verwahrungsarten werden
grundsätzlich im Stufenvollzug durchgeführt. Dessen Ziel ist
es, eine mögliche Resozialisierung schrittweise zu erreichen,
indem bei nachweislicher Bewährung der verurteilten Person
auch Vollzugslockerungen ermöglicht werden können. Nur
wenn eine Stufe über längere Zeit erfolgreich durchlaufen
worden ist, kann eine nächste erreicht werden. Die einzelnen
Stufen werden nachfolgend dargestellt:
Die Motion wird mit 93 gegen 28 Stimmen abgelehnt.
923
Interpellation Milly Stöckli, SVP, Muri, vom 5.
September
2006
betreffend
offenen
Vollzug
hochgefährlicher
Straftäter
trotz
Verwahrung;
Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 747 hievor)
Antwort des Regierungsrats vom 22. November 2006:
Vorbemerkung: Das geltende Strafrecht unterscheidet zwei
Arten von Verwahrungen. Die Verwahrung von
Gewohnheitstätern nach Art. 42 Strafgesetzbuch (StGB) und
die Verwahrung von psychisch Kranken gemäss Art. 43 Ziff.
1 Abs. 2 StGB. Beide Verwahrungen können für jegliche Art
von Verbrechen oder Vergehen ausgesprochen werden. Die
Verwahrung nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB setzt voraus,
dass der Straftäter infolge seines abnormen Geisteszustands
die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Weise
gefährdet. Sie kommt zum Zuge bei hoch gefährlichen
Tätern, die keiner Behandlung zugänglich sind, oder bei
denen trotz Behandlung die ernsthafte Gefahr schwerer
Straftaten, namentlich von Gewaltdelikten, weiter bestehen
bleibt. Die Verwahrung nach Art. 42 StGB ist für
rückfällige, unverbesserliche Rechtsbrecher vorgesehen,
gegenüber denen Strafen und bessernde Massnahmen als
wirkungslos erscheinen. Beide Verwahrungsmassnahmen
werden auf unbestimmte Dauer ausgesprochen und in
geeigneten Einrichtungen (Strafanstalten, psychiatrischen
Kliniken,
therapeutischen
Einrichtungen
und
Wohngemeinschaften etc.) vollzogen. Die Vollzugsbehörde
beschliesst nach Art. 45 StGB die Aufhebung der
Verwahrung, wenn ihr Grund weggefallen ist. Ist der Grund
nicht vollständig weggefallen, kann die probeweise (Art. 43
StGB) beziehungsweise die bedingte (Art. 42 StGB)
Entlassung angeordnet werden. Die Entlassung wird in aller
Regel mit Schutzaufsicht und Weisungen verbunden.
Die Vollzugsbehörde hat mindestens einmal jährlich zu
überprüfen, ob die Gründe für die Verwahrung noch gegeben
sind. Damit ist die Verwahrung nach geltendem Recht,
obwohl sie an sich zeitlich unbefristet ausgesprochen ist,
nicht zwingend darauf ausgerichtet, einen Straftäter
endgültig zu inhaftieren und vor der Gesellschaft
wegzuschliessen. Auch mit dem Inkrafttreten des geänderten
Strafgesetzbuches per 1. Januar 2007 gibt es in Bezug auf
das Verwahrungsrecht (Art. 64 ff. nStGB) keine
wesentlichen
Änderungen.
Die
im
Zuge
der
Verwahrungsinitiative für die lebenslange Verwahrung
1. Stufe: Geschlossener Vollzug
Vollzug in einer geschlossenen Anstalt. Keine Urlaube.
Vollzugsvergünstigungen nur innerhalb der Anstalt.
2. Stufe: Urlaube, Beziehungspflege und gesellschaftliche
Integration
Bei klaglosem Verhalten im Vollzug Bewilligung von
Beziehungsurlauben mit abgestufter Dauer, soweit zu
erwarten ist, dass der Verwahrte die Urlaubsauflagen einhält,
während des Urlaubes das in ihn gesetzte Vertrauen nicht
missbraucht, insbesondere keine weiteren Delikte begeht.
3. Stufe: Offener Vollzug
Versetzung in eine offene Einrichtung nach erfolgreicher
Absolvierung von mehreren mehrstündigen Urlauben, soweit
erwartet werden kann, der Verurteilte werde mit den
gewährten zusätzlichen Freiheiten umgehen können.
4. Stufe: Arbeitsexternat, berufliche Integration
Bewilligung einer externen Arbeit auf dem freien Markt ab
der Einrichtung im offenen Vollzug der 3. Stufe. Frei- und
Ruhezeit werden in der Vollzugseinrichtung verbracht.
Urlaub an den Wochenenden.
5. Stufe: Bedingte/probeweise Entlassung
Entlassung in Freiheit auf Probe. Probezeit verbunden mit
Schutzaufsicht und Auflagen, beispielsweise betreffend einer
therapeutischen, medikamentösen und suchtspezifischen
Behandlung.
Zu Frage 2: Die Vollzugsbehörde prüft anhand der
Strafakten inklusive psychiatrischer Gutachten, ob aufgrund
bestimmter
kriminologischer,
persönlicher
und
psychiatrischer Merkmale sowie der Tatmotive der
verurteilten Person Anhaltspunkte für eine Gemeingefahr
vorliegen. Als gemeingefährlich werden definitionsgemäss
diejenigen Straftäter bezeichnet, welche eine schwere Gefahr
für die physische oder psychische Integrität Dritter
darstellen. Diese Umschreibung ist sehr weit. Es wurde
daher auf der Ebene des Strafvollzugskonkordats der
Nordwest- und Innerschweiz ein Kriterienkatalog erstellt,
der hilft, im Einzelfall die Frage der Gemeingefährlichkeit
zu beurteilen. Kann die Frage der Gemeingefahr nicht ohne
Weiteres geklärt werden oder steht die gesetzlich verankerte
(vgl. Art. 45 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) periodische Überprüfung
an, welche unter anderem die Frage zu beantworten hat, ob
die Aufrechterhaltung der Verwahrungsmassnahme noch
notwendig erscheint, holt die Vollzugsbehörde gemäss § 59 f
der Verordnung über den Vollzug von Strafen und
Massnahmen (Strafvollzugsverordnung, SMV) vom 9. Juli
2003 die Beurteilung und Empfehlung der kantonalen
Fachkommission zur Überprüfung der Gemeingefährlichkeit
1884
9. Januar 2007
ein. Dieser Kommission gehören Vertreter der
Strafverfolgung, der Justiz, der Opferhilfe, der Psychiatrie
sowie des Strafvollzuges an. Die Beurteilung des von einem
bestimmten
Gefangenen
ausgehenden
Gefährdungspotenzials durch die Kommission erfolgt
aufgrund der vom Strafvollzugskonkordat der Nordwest- und
Innerschweiz verabschiedeten verbindlichen Richtlinien. Im
Regelfall wird die verurteilte Person durch die Kommission
persönlich angehört. In Zweifelsfällen geht immer das
Sicherheitsbedürfnis der Öffentlichkeit vor.
Vollzugslockerungen, insbesondere auch Urlaube, können
den Gefangenen nur dann gewährt werden "wenn sie nicht
oder nicht mehr als gemeingefährlich beurteilt werden, oder
der Schutz der öffentlichen Sicherheit oder besonders
gefährdeter Dritter durch wirksame begleitende Massnahmen
ausreichend sichergestellt werden kann" (§ 61 SMV).
Urlaube - wie auch weitere Vollzugslockerungsschritte werden den Verwahrten, wenn überhaupt, nur nach dieser
Regelung
gewährt,
unter
Berücksichtigung
des
Vollzugsverlaufs sowie der Flucht- und Rückfallgefahr.
Entscheidungsgrundlagen hierzu bilden unter anderem
Berichte der Anstaltsleitung, von Arzt, Therapeut und
Psychiater. Die Urlaubsprogramme werden von den Organen
der Vollzugseinrichtung zusammen mit dem Gefangenen
detailliert erstellt, der Vollzugsbehörde vorgelegt und die
Bezugspersonen vor Urlaubsantritt eingehend informiert.
Der Urlaubsverlauf wird nachträglich überprüft und im Zuge
der Vollzugsplanung regelmässig ausgewertet.
Es ist zu beachten, dass auch beim Verwahrungsvollzug von
Gesetzes wegen nicht nur der Sicherungs- sondern - soweit
möglich - auch der Resozialisierungsgedanke zu verfolgen
ist. Entsprechend der aktuellen rechtlichen Grundlagen sind
die Vollzugsbehörden verpflichtet, die Chancen der
Resozialisierung und die hierfür angezeigten Massnahmen
regelmässig zu beurteilen. Die verurteilte Person hat
Anspruch darauf, dass ihre Gefährlichkeit und die
Möglichkeit von Vollzugslockerungen (Urlaub, offener
Vollzug, Arbeitsexternat und vorzeitige Entlassung) geprüft
werden.
Zu den Fragen 3 und 4: Zum in der Interpellation
angesprochenen Fall eines Zürcher Verwahrungsgefangenen
gilt es vorab festzuhalten, dass entsprechend der offiziellen
Pressemitteilung der Direktion der Justiz des Kantons Zürich
von Ende August 2006 der Verwahrungsgefangene A.G. im
Februar und März 2006 während eines unbegleiteten
Hafturlaubs Kontakt zu Prostituierten aufgenommen hatte
und dabei polizeilich kontrolliert wurde. Strafanzeigen haben
die beiden Frauen nicht eingereicht. Nachdem bekannt
wurde, dass A.G. in der Verwahrung steht, wurde Ende April
2006 von Amts wegen eine Anzeige wegen Verdachts auf
sexuelle Nötigung eröffnet. Aufgrund des klaren Verstosses
gegen die Urlaubsauflagen wurden von der Zürcher
Vollzugsbehörde jegliche Vollzugslockerungen gestrichen
und A.G. in den geschlossenen Verwahrungsvollzug
zurückversetzt.
Der Vorfall in Zürich hat den Vollzugsverantwortlichen
aufgezeigt, dass alle bewilligten Vollzugserleichterungen
immer wieder kritisch zu hinterfragen und zu überprüfen
sind.
Im
Nachgang
zum
Tötungsdelikt
eines
Verwahrungsgefangenen auf dem Zollikerberg im Herbst
1885
Art. 923
1993 hat sich bei den verantwortlichen Organen ein erhöhtes
Risikobewusstsein entwickelt. Dies ist u.a. daran erkennbar,
dass die Zahl der jährlich ausgesprochenen Verwahrungen
innerhalb der letzten 20 Jahre kaum zugenommen hat,
jedoch seit 1994 Entlassungen mit äusserster Zurückhaltung
bewilligt werden. Ende 2005 waren in den Institutionen des
Strafvollzugskonkordats der Nordwest- und Innerschweiz
insgesamt 70 Verwahrungsgefangene platziert (1994 waren
es 30 Verwahrte).
Die Abläufe in der Beurteilung der Gemeingefährlichkeit
sind im Kanton Aargau sachgerecht und zweckmässig
organisiert. Vollzugserleichterungen, namentlich Urlaube
oder Versetzungen in ein offenes Regime, werden bei
Verwahrungsgefangenen so lange als nötig mit flankierenden
Massnahmen versehen und von den Beteiligten laufend
kontrolliert. Die Vollzugsbehörde entscheidet im
Zweifelsfall im Interesse der Sicherheit der Öffentlichkeit
und bewilligt dementsprechend in solchen Fällen keine
Vollzugslockerungen. Eine Änderung der aufgezeigten,
bewährten Abläufe und der restriktiven Bewilligungspraxis
für allfällige Vollzugslockerungen drängt sich daher nicht
auf.
Von den derzeit 15 Verwahrungsgefangenen aufgrund
aargauischer Strafurteile sind gegenwärtig im Einvernehmen
mit der Fachkommission 3 Personen im offenen Vollzug
platziert. Hievon zwei seit 3 beziehungsweise 3 ½ Jahren.
Diesen beiden sind nach positivem Vollzugsverlauf seit
längerem wiederkehrende, unbegleitete Urlaube zu sorgfältig
ausgewählten Bezugspersonen bewilligt worden. Ein
Verwahrungsgefangener ist vor Monatsfrist ins offene
Regime übergetreten. Er wird sich ausserhalb der Institution
nur in Begleitung des Betreuungspersonals aufhalten
können. Bei weiteren drei Verwahrungsgefangenen im
geschlossenen Regime sind Bewilligungen für begleitete
Ausgänge aufgrund von Therapieabbrüchen und von
Verletzungen von Urlaubsauflagen ohne deliktisches
Verhalten seit mehreren Monaten sistiert.
Zukünftiges Verhalten ist nie mit allerletzter Sicherheit
vorhersehbar. Eine diesbezügliche Prognose kann nie mit
einer hundertprozentigen Genauigkeit erfolgen. Die
Mitarbeitenden der Vollzugsbehörden wie auch der
Vollzugseinrichtungen
sind
sich
ihrer
grossen
Verantwortung bewusst. Sie unternehmen alles, um den
Straf- und Massnahmenvollzug auf die Gewährleistung der
öffentlichen Sicherheit auszurichten.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'281.--.
Stöckli-Ammann Milly, SVP, Muri: Unfassbar kann ich nur
sagen! Die heutige Praxis widerspricht klar dem
Volkswillen. Im Kanton Aargau befinden sich derzeit drei
der fünfzehn verwahrten Gefangenen im offenen
Strafvollzug. Warum werden Verwahrte überhaupt in den
offenen Vollzug gelassen? Die Antwort des Regierungsrats,
dass Vollzugslockerungen, insbesondere Urlaube von
Gefangenen nur dann gewährt werden können, wenn sie
nicht mehr als gemeingefährlich beurteilt werden, befriedigt
in keiner Weise. Auch wenn eine Kommission, deren
Vertreter der Strafverfolgung, der Justiz, der Opferhilfe, der
Psychiatrie sowie dem Strafvollzug angehören, macht den
Art. 924
9. Januar 2007
Strafvollzug immer zu einem - in allem Masse - hohen
Risiko für die Bevölkerung. Auch wenn der
Resozialisierungsgedanke soweit als möglich bei einem
Verwahrten in Betracht gezogen wird, so ist die Sicherheit
der Allgemeinheit in den Vordergrund zu stellen. Das
Verhalten eines Verwahrten kann nicht mit allerletzter
Sicherheit vorausgesehen werden. Eine Prognose kann daher
nie mit einer 100%-igen Genauigkeit erfolgen. Dass drei
Personen im offenen Vollzug platziert sind und ein
Verwahrungsgefangener ins offene Regime übergetreten ist
und dieser sich nun ausserhalb der Institution in Begleitung
eines Betreuers aufhalten kann, ist für mich unfassbar. Wenn
auch nur selten, so kam es leider bereits in der
Vergangenheit vor, dass Tötungsdelikte oder andere schwere
sexuelle Vergehen von Verwahrungsgefangenen begangen
wurden. Dass man im Nachhinein die Urlaubstage und
jegliche Vollzugslockerungen vorübergehend streicht, hilft
weder den Opfern noch deren Angehörigen. Diese leiden
lebenslang an diesen Folgen. Mit dem klaren Ja zur
Verwahrungsinitiative deklarierten die Stimmbürgerinnen
und Stimmbürger ihren Willen, gefährliche Gewalttäter
lebenslang zu verwahren und dabei auch keinen Urlaub
zuzulassen. Die heutige Praxis im Aargau widerspricht
diesem Willen klar. Ich bin nicht zufrieden mit der Antwort
des Regierungsrats. Nein, noch mehr! Ich bin sehr enttäuscht
und ich hoffe, ich hoffe wirklich, dass nie, nie etwas
geschieht, was der Regierungsrat nachher verantworten
muss.
Vorsitzende: Die Interpellantin ist nicht befriedigt von der
Antwort. Das Geschäft ist erledigt.
924
Motion Thomas Leitch-Frey, SP, Wohlen
(Sprecher), Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch,
Thierry Burkart, FDP, Baden, Sämi Richner, EVP,
Auenstein, Susanne Hochuli, Grüne, Reitnau, Erika
Müller-Killer, CVP, Lengnau, vom 5. September 2006
betreffend
Ergänzung
§
33
des
Geschäftsverkehrsgesetzes;
Überweisung
an
den
Regierungsrat
(vgl. Art. 757 hievor)
diesbezügliche Antragstellung der Redaktionskommission,
in der Redaktionslesung auch klären beziehungsweise
auflösen lassen, ohne dass ein Grundsatzantrag auf
Durchführung einer 3. Lesung gestellt wurde. Die nach
neuem
Recht
zuständige
regierungsrätliche
Redaktionskommission hat denselben Auftrag und geht
grundsätzlich gleich vor wie die frühere grossrätliche
Redaktionskommission.
Die
entsprechenden
Verfahrensabläufe haben sich bewährt und wurden bisher nie
- auch nicht im Rahmen der kürzlich abgeschlossenen
Parlamentsreform - in Frage gestellt.
2. Zeitlich würde die Durchführung einer 3. Lesung
bedeuten, dass das Geschäft zur Ausarbeitung einer
3. Botschaft an den Regierungsrat zurückgehen müsste. Das
heisst, selbst im günstigsten Fall vergingen weitere 2 Monate
bis zur Traktandierung des Geschäfts im Grossen Rat. Die
damit einhergehenden Verzögerungen liessen sich oftmals
nicht mehr aufholen. Regelmässig ist aber der Zeitdruck
bereits nach Durchführung der 2. Beratung und der
Schlussabstimmung hoch, wie sich beispielsweise auch bei
der Änderung vom 29. August 2006 des Steuergesetzes
gezeigt hat.
Es kommt hinzu, dass die Durchführung einer weiteren
Beratung mit erheblichen Kosten verbunden ist. Diese sind
erheblich höher als bei Auflösung einer materiellen
Differenz gestützt auf einen schriftlichen Antrag des
Regierungsrats im Rahmen der Redaktionslesung.
3. Was das Verfahren angeht, so bliebe das Verhältnis der
3. Beratung zur Redaktionslesung ungeklärt. Nicht geregelt
wäre, ob eine solche gleichwohl durchgeführt werden
müsste, oder ob darauf verzichtet werden könnte, denn der
Fall gemäss § 35 Abs. 2 Satz 3 GVG ergibt sich erst
aufgrund der redaktionellen Überprüfung. Nach geltendem
Recht entstehen derartige Unklarheiten nicht, denn die
Durchführung einer 3. Beratung muss gemäss § 35 Abs. 5
GVG unmittelbar nach Schluss der 2. Beratung durch den
Grossen Rat beschlossen werden.
4. Die Berücksichtigung aller relevanten Elemente ergibt,
dass mit der Umsetzung der Motion nichts gewonnen ist.
Das Kosten-/Nutzen-Verhältnis ist negativ. Auf die
Ergänzung des GVG sollte demgemäss verzichtet werden.
Antrag des Regierungsrats vom 22. November 2006:
Der Regierungsrat
Begründung ab:
lehnt
die
Motion
mit
folgender
1. Gemäss § 35 Geschäftsverkehrsgesetz (GVG) in der alten
Fassung vom 19. Juni 1990, in Kraft bis zum 31. Juli 2005,
ging die Vorlage nach Annahme in der Schlussabstimmung
an die grossrätliche Redaktionskommission. Diese
Kommission hatte den Auftrag, den endgültigen Wortlaut
festzulegen und Widersprüche formaler Natur zu beseitigen,
unter Kenntnisgabe an das Plenum. Stellte sie in einer
Vorlage Widersprüche, Unklarheiten oder offensichtliche
Lücken fest, die materielle Änderungen nötig machen,
unterbreitete sie nach Rücksprache mit der vorberatenden
Kommission (regelmässig über deren Präsidentin
beziehungsweise Präsidenten) dem Rat schriftlich
entsprechende Anträge. Regelmässig haben sich solche
Widersprüche, Unklarheiten und Lücken, gestützt auf eine
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 986.--.
Vorsitzende: Die Motion wird abgelehnt vom Regierungsrat
und diese Ablehnung wird bestritten.
Leitch-Frey Thomas, SP, Wohlen: Früher ging eine Vorlage
nach Annahme der Schlussabstimmung an die grossrätliche
Redaktionskommission. Diese bestimmte den endgültigen
Wortlaut und beseitigte Widersprüche formaler Natur. Sie
unterbreitete nach Rücksprache mit der vorberatenden
Kommission notwendige, materielle Änderungen schriftlich
dem Grossen Rat. Heute ist die regierungsrätliche
Redaktionskommission für diese Aufgabe zuständig. Somit
gab es eine Verschiebung von der Legislative zur Exekutive.
Gegen formale Korrekturen ist nichts einzuwenden,
allerdings muss der Grosse Rat die Möglichkeit haben,
allfällige materielle Änderungen diskutieren zu können und
1886
9. Januar 2007
dies kann er eben nur, wenn, wie in der Motion verlangt,
§ 33 des Geschäftsverkehrsgesetzes entsprechend ergänzt
wird. Wenn Sie der Überweisung der Motion zustimmen,
erhöhen Sie somit die Handlungsfähigkeit des Parlaments.
Im Übrigen haben wir ja betont, dass dieses Instrument nur
in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen soll. Das
Parlament wird, in Kenntnis der vom Regierungsrat
beschriebenen Folgen, seine Entscheidung, die ja auch noch
eine 2/3 Mehrheit braucht, treffen und nicht leichtfertig einer
3. Lesung zustimmen. Das Parlament soll aber falls nötig das
letzte Wort haben. Die Möglichkeit, dass es zu einer
3. Lesung kommen könnte, wird den Druck erhöhen, künftig
noch sorgfältiger zu legiferieren, so dass es gar nicht mehr
zu materiellen Änderungen kommt. Wir bitten Sie, die
Motion zu überweisen.
Art. 924
ergeben, dass wahrscheinlich Widersprüchliches legiferiert
worden wäre. Seit wir diese Änderung haben, war das bisher
ein einziges Mal der Fall. Der Grosse Rat hat die Frage auch
korrekt und sauber gelöst. Wenn Sie jetzt für eine
redaktionelle Überprüfung bei materiellen Änderungen, aber
auch sonst, generell sagen, wir machen eine 3. Lesung, dann
übernehmen Sie die Verantwortung für eine weitere
Verzögerung der Gesetzessituation. Im Kanton Aargau
dauert normalerweise eine Gesetzesänderung zwei Jahre.
Das ist für einfache Änderungen eine sehr lange Frist. Wenn
Sie jetzt eine 3. Lesung beschliessen wollen, dann würden
Sie diese Zeitdauer noch einmal verlängern, obwohl wir und das ist die einhellige Auffassung des Regierungsrats das Problem auf einfache Art bei der redaktionellen
Überprüfung durch den Grossen Rat lösen können, ohne dass
man eine 3. Lesung beschliessen muss. Wir wären der
einzige Kanton, der dieses Instrument so ausdehnt. Das ist
der Hauptgrund, weshalb ich hier auch an Sie appelliere:
Verzögern Sie nicht noch einmal das ganze
Gesetzgebungsverfahren, das wir doch sehr weit ausgedehnt
haben. Ich denke, dass das der Sache letztlich nicht hilft.
Landammann Wernli Kurt, parteilos: Zunächst möchte ich
etwas klar stellen. Es geht hier nicht um eine Machtfrage
zwischen dem Regierungsrat und dem Grossen Rat. Ich
hoffe, dass Sie diese Äusserung akzeptieren. Mit der
Verlagerung
der
Redaktionsüberprüfung
an
den
Regierungsrat waren Sie einverstanden. Sie wollten das
sogar bei der Änderung der Geschäftsordnung. Abstimmung:
Dementsprechend wollen wir versuchen, diese Aufgabe auch
ernsthaft und sauber zu erledigen. Das letzte Wort bei der Die Motion wird mit 91 gegen 30 Stimmen überwiesen.
redaktionellen Lesung hat so oder so der Grosse Rat. Wir
legen Ihnen diese Änderungen ja vor, auch wenn es allenfalls Vorsitzende: Ich schliesse damit die Morgensitzung und
so genannte materielle Änderungen sind, die aus wünsche Ihnen allen einen guten Appetit.
widersprüchlichen Darstellungen in der Gesetzesfestlegung
entstanden sind. Materielle Änderungen kommen ja nicht (Schluss der Sitzung um 12.31 Uhr)
einfach so daher, sondern es hat sich aus der Überprüfung
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