Zusammenfassung der Evaluierungsstudien

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Evaluationsbericht
DIE POLYTECHNISCHE SCHULE
Zusammenfassung der Studien
Schlussfolgerungen
und
Perspektiven
Mai 2002
Impressum:
Herausgeber:
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Abteilung I/9a
DPTS Franz Haider
Autor:
BSI OSR Othmar Weißenlehner
Stellungnahmen und Beratung:
MinR Dr. Günther Grogger, Zentrum für Schulentwicklung Graz
Gestaltung und Lay-out:
Eveline Löffler
Erste Auflage: Juni 2002
Im Internet unter : www.polynet.at
Vorwort
Im Schulgesetz 1962 wurde die Polytechnische Schule als Polytechnischer Lehrgang
eingeführt. Dieser Lehrgang war als neuntes Schuljahr, als Abschluss der Pflichtschulzeit und
als Vorbereitung auf die duale Berufsausbildung konzipiert. Mit dem Projekt „Poly2000“
wurde eine Reform dieses Schulangebotes vorgenommen, welche schlussendlich zur
Neuformulierung der Aufgaben im SCHOG im Jahr 1996 führte. Auch die Umbenennung in
Polytechnische Schule wurde vorgenommen.
Die neue Aufgabenstellung sind die Erweiterung und Vertiefung der Allgemeinbildung, die
umfassende Vorbereitung für eine Berufsentscheidung sowie die Vermittlung von
Berufsgrundbildung. In verschiedenen Studien wurde die neue Polytechnische Schule
evaluiert und das Ergebnis ist äußerst erfreulich. Die Schülerzahlen sind seit 1997 steigend
und 90,5 % aller Schülerinnen und Schüler haben nach Schulabschluss eine Lehrstelle oder
einen Platz in einer weiterführenden Schule. In den Studien wird bestätigt, dass die Schule
ihre Kernaufgaben sehr gut erfüllt und dass durch die Reform ein Imagegewinn zu
verzeichnen
ist.
Die
Schulqualität
wurde
entscheidend
verbessert
und
die
Rahmenbedingungen sind durch einen modernen zukunftsorientierten Lehrplan mit
schulautonomen Gestaltungsmöglichkeiten neu gesteckt worden.
Diese Erfolge sind jedoch nur möglich, weil sehr engagierte Lehrerinnen und Lehrer mit den
Jugendlichen arbeiten. Ich danke allen für diesen großen Einsatz und für die wertvolle Arbeit
zum Wohle der jungen Menschen und für die Zukunft unseres Landes.
Elisabeth Gehrer
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
Inhaltsverzeichnis:
1 SUMMERY _____________________________________________________ 7
2 EINLEITUNG __________________________________________________ 10
3 DIE GESETZLICHEN RAHMENBEDINGUNGEN
DER POLYTECHNISCHEN SCHULE (PTS) __________________________ 11
3.1
Die Aufgaben der Polytechnischen Schule ____________________________________________ 11
3.2
Der Lehrplan der Polytechnischen Schule ____________________________________________ 12
3.3
Berufsorientierung - Berufsfindung _________________________________________________ 15
3.4
Berufsgrundbildung ______________________________________________________________ 17
3.5
Erweiterung und Vertiefung der Allgemeinbildung ____________________________________ 18
3.6
Didaktisches Konzept _____________________________________________________________ 19
4 EVALUIERUNG DER POLYTECHNISCHEN SCHULE __________________ 21
4.1
Evaluierung als Teil der Qualitätsentwicklung der Polytechnischen Schule_________________ 21
4.2
Evaluierung der Polytechnischen Schule als besonderer Auftrag
des Regierungsprogrammes ________________________________________________________ 22
4.3
Bundesweite Evaluierungsmaßnahmen ______________________________________________ 22
4.3.1
Abgeschlossene Studien und Erhebungen __________________________________________ 22
4.3.2
Weitere Studien ______________________________________________________________ 23
5 KERNAUSSAGEN DER EVALUIERUNGSSTUDIEN
ZUR POLYTECHNISCHEN SCHULE________________________________ 25
6 WESENTLICHE ASPEKTE DER EVALUIERUNG DER NEUEN
POLYTECHNISCHEN SCHULE ____________________________________ 27
6.1
Kernaussagen der Berufsüberleitungsstudie von Härtel / Kämmerer ______________________ 27
6.1.1
Zur Wirksamkeit der Berufsorientierungs- und Berufsfindungsmaßnahmen _______________ 27
6.1.2
Über die Wirksamkeit der Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen ________________ 28
6.2
Lernbereitschaft und Motivation von Schülerinnen und Schülern
an Polytechnischen Schulen ________________________________________________________ 34
6.3
Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern der Polytechnischen Schule
im Vergleich zu ihren Jahrgangskolleginnen und -kollegen bezüglich
Leistungsgruppeneinstufung in Deutsch, Englisch und Mathematik_______________________ 35
6.4
Vermittlung von Schlüsselqualifikationen als Anliegen der Polytechnischen Schule __________ 36
7 ENTWICKLUNG DER SCHÜLERZAHLEN AN
POLYTECHNISCHEN SCHULEN 1994/95 – 2000/01 ___________________ 38
8 DIE POLYTECHNISCHE SCHULE AUS DER SICHT
DER BETROFFENEN ____________________________________________ 42
8.1
Schülereinschätzungen zur Polytechnischen Schule ____________________________________ 42
8.2
Konkrete Aussagen von Jugendlichen zur Polytechnischen Schule ________________________ 43
8.3
Einschätzungen der Lehrerinnen und Lehrer zur Neuen Polytechnischen Schule____________ 46
8.4
Elternmeinungen zur Polytechnischen Schule _________________________________________ 47
8.5
Meinungen von Partnern der Polytechnischen Schule __________________________________ 47
9 PERSPEKTIVEN UND ZIELE ZUR WEITERENTWICKLUNG DER
POLYTECHNISCHEN SCHULE ____________________________________ 49
10 LITERATURVERZEICHNIS _______________________________________ 52
11 ANHANG _____________________________________________________ 54
1 SUMMERY
Grundsätzliche Ziele der neuen Polytechnischen Schule (PTS)
In der 17. Novelle des Schulorganisationsgesetzes (BGBl. 30.12.1996) wurden die
Aufgaben der Polytechnischen Schule neu definiert:

Erweiterung und Vertiefung der Allgemeinbildung

Vorbereitung der Berufsentscheidung durch praktische Berufsorientierung
(Berufsfindung)

Vermittlung einer Berufsgrundbildung in Fachbereichen

Berücksichtigung der Interessen, Neigungen, Begabungen und Fähigkeiten
der Schülerinnen und Schüler

Qualifizierung für Übertritt in Lehre und Berufsschule

Befähigung für den Übertritt in weiterführende Schulen
(Berufsüberleitung)
Der neue Lehrplan (ab 1997/98) wurde so gestaltet, dass neben allgemein bildenden
auch neue berufsgrundbildende Schwerpunktsetzungen erfolgen können.
Berufsgrundbildung
Die Berufsgrundbildung in der Polytechnischen Schule vermittelt auf große
Berufsfelder (Gruppen von verwandten Lehrberufen) bezogene grundlegende
Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten, die in der weiteren Ausbildung und im
späteren Leben als breite Basis nutzbar sind und einen Beitrag zur Berufsorientierung leisten.
Die Berufsgrundbildung wird in Form von alternativen Fachbereichen angeboten.
Technische Fachbereiche:
METALL, ELEKTRO, HOLZ, BAU
Wirtschaftlich, sozial, kommunikative Fachbereiche:
HANDEL–BÜRO, DIENSTLEISTUNGEN, TOURISMUS
Regionalen Gegebenheiten aus dem Bereich der weiterführenden Schulen und der
Wirtschaft sowie den Interessen und Begabungen der Schüler/innen kann durch die
Führung autonomer Fachbereiche entsprochen werden.
Didaktisches Konzept
Die didaktischen Konzepte der Polytechnischen Schule sind auf handlungsorientiertes Lernen und fächerübergreifende Zusammenhänge ausgerichtet, um
schülerzentriert die Schülerinnen und Schüler zu eigenständigem Lernen und zum
Entwickeln von persönlichen Zukunftsperspektiven zu motivieren.
Der interessensorientierte Unterricht an der Polytechnischen Schule ist weiters
handlungs- und kompetenzorientiert, kooperativ und ganzheitlich.1)
1
Weißenlehner, O.: Berufsgrundbildung in der Polytechnischen Schule am Übergang Schule – Beruf. In:
Erziehung und Unterricht 9-10/2000. Wien 2000
-7-
Kernaussagen der Evaluierungsstudien zur Polytechnischen Schule
„Die Polytechnische Schule kann ihre Kernaufgabe einer optimalen Berufsorientierung und Berufsüberleitung Jugendlicher sehr gut erfüllen.“ 2)

Die Bestrebungen der Polytechnischen Schule – beginnend mit dem Schulversuch POLY 2000 – haben zu einer verstärkten Orientierung und Berufsgrundbildung in Verbindung mit praxisorientierten Ausbildungselementen und Betriebskontakten (auch in schwierigen Situationen der Lehrplatzsuche) geführt.

Nahezu alle (über 99 %) aller Schüler/innen wissen zu Ende des Schuljahres,
was sie tun wollen.

90 % der PTS-Absolventinnen und -Absolventen haben bereits in der letzten
Schulwoche ihren Ausbildungsplatz gesichert oder zumindest gute Chancen auf
eine Lehrstelle.

In allen wesentlichen Bereichen (Berufsorientierung und Berufsüberleitung)
konnten die Erfolge seit 1997/98 weiter verbessert werden.
Durch die Reform Imagegewinn der Polytechnischen Schule 2) 3) 4)

Starker regionaler Imagegewinn, große Akzeptanz bei Lehrberechtigten

Akzeptanz der Polytechnischen Schule bei Eltern gestiegen

Rückmeldungen von Berufsschullehrerinnen und –lehrern bestätigen
deutlichen Anstieg des Wissens oder bessere Arbeitshaltungen bei PTSAbsolventinnen und -Absolventen
Verbesserung der Schulqualität 2) 4)

Die Lernmotivation der Schüler/innen hat messbar zugenommen

PTS-Schüler/innen sind leistungsfähig. Etwa die Hälfte gehörte in der 8.
Schulstufe der 1. und 2. Leistungsstufe an.

Hohe Übereinstimmung Fachbereich – Lehrplatz; nur 13,7% der Schüler/innen
ergreifen eine Berufsausbildung, die dem gewählten Fachbereich nicht
entspricht

Weckung und Förderung von Begabungsreserven bei Schülerinnen und
Schülern durch handlungs- und praxisorientierten Unterricht
Härtel, P. [; Kämmerer, E.]: Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen – Wege der Absolvent/innen nach
der PTS. Wien 2001
3)
Blochberger, B. [; Hackl, B.]: Polytechnische Schulen und Schlüsselqualifikationen am Übergang zwischen
Schule und Beruf. Wien 2001
4)
Grogger, G.: Evaluation der neuen Polytechnischen Schule. In: ZSE-Report 54. Graz 2001
2)
-8-
Positive Entwicklung der Rahmenbedingungen 5)





Moderner, zukunftsorientierter Lehrplan
weit reichende schulautonome Gestaltungsmöglichkeiten bei fixen Kernelementen
Engagierte Lehrerteams
Verbesserung der Lehrerqualifikation und Schulausstattung
Intensivierung der Kontakte und Kooperation mit der Wirtschaft
„Die Ergebnisse der Erhebung zeigen, dass die Polytechnische Schule nach
der Reform ihren Hauptaufgaben in hohem Maße erfolgreich nachkommt.“ 6)
„Die Polytechnische Schule erfüllt in hohem Maße die Aufgabe, junge
Menschen zu einer persönlichen Orientierung über künftige Wege in
Ausbildung und Beruf zu führen.“ 7)
„Österreichweit haben 90,5 % aller PTS Schülerinnen und Schüler noch vor
Abschluss des Schuljahres ihren Berufsausbildungsweg gesichert. (Schuljahr
1999/2000)“ 6)
„Insgesamt hat sich die Anzahl jener Absolventen/innen der PTS erhöht, die
zum Zeitpunkt des Schulschlusses eine Lehrstelle fix oder verlässlich in
Aussicht haben (seit 1998 um 1,4% Punkte).“ 6)
Von 1994 – 2000 stieg die Schülerzahl an den Polytechnischen Schulen um
14,3 %. 8)
Entwicklung der Schülerzahlen an Polytechnischen Schulen
1994/95 – 2000/01
25000
20000
Gesamt
Burschen
Mädchen
15000
10000
5000
0
94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01
5)
Svecnik, E.: Der Stellenwert überfachlicher Kompetenzen in Österreichischen Lehrplänen der Sekundarstufe II.
Lehrplananalysen als Beitrag zur Klärung der Begrifflichkeiten. Zentrum für Schulentwicklung, Bereich II, ZSE
Report 54, Graz 2001
6)
Härtel, P. [; Kämmerer, E.]: Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen – Wege der Absolvent/innen nach
der PTS. Wien 2001
7)
Blochberger, B. [; Hackl, B.]: Polytechnische Schulen und Schlüsselqualifikationen am Übergang zwischen
Schule und Beruf. Wien 2001
8)
Quelle: Kenndaten des österreichischen Schulwesens, bm:bwk
-9-
2 EINLEITUNG
In einer Zeit des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels, der Änderungen in
der jugendlichen Sozialisation1 hat die Polytechnische Schule die Herausforderung
angenommen, junge Menschen am Übergang Schule – Beruf zu begleiten und mit
ihnen ihre Handlungsfähigkeit im Hinblick auf eine „Berufseinstiegsreife“ zu
entwickeln. (Weissenlehner, 2000, S.1092)
Schon mit der Einführung dieser Schulart als Polytechnischer Lehrgang mit dem
Schulorganisationsgesetz 1962 und der Konkretisierung ab 1966 zählte die
Vorbereitung auf die duale Berufsausbildung zu den Kernaufgaben. Neben dem
Unterrichtsfach „Berufskunde“ war es vor allem die „Praktische Berufsorientierung“ in
Realbegegnungen, die Jugendlichen Orientierung und Einblick in die künftige
Ausbildungs- und Berufswelt vermitteln sollte.
Die lange vorherrschende Situation des Mangels an Bewerbern für offene Lehrstellen
bot den Absolventen bis weit in die 80er Jahre hinein einen offenen und weitgehend
problemlosen Zugang zur Lehre, wobei allerdings aus dem Polytechnischen
Lehrgang selbst häufig auf Imagedefizite, später auch auf rückläufige Schülerzahlen
hingewiesen wurde.
Mit den breit angelegten Schulversuchen „POLY 2000“ griff man seitens engagierter
Vertreter der Polytechnischen Lehrgänge aus allen Bundesländern und des
zuständigen Ministeriums in der 1. Hälfte der 90iger Jahre diese Situation auf und
entwickelte Konzepte und Modelle zur Neugestaltung dieser Schulart. Die
Schulversuche „PL 2000“ verfolgten etwa folgende Ziele:
 Erweiterung und Vertiefung der Allgemeinbildung
 Vorbereitung der Berufsentscheidung durch praktische Berufsorientierung
 Vermittlung einer Berufsgrundbildung
 Berücksichtigung der Interessen, Neigungen, Begabungen und Fähigkeiten
der Schülerinnen und Schüler
 Qualifizierung für den Übertritt in Lehre und Berufsschule
 Befähigung für den Übertritt in weiterführende Schule
1
Kinder und Jugendliche kommen heute mit anderen Vorerfahrungen und Erwartungshaltungen als etwa vor 20
Jahren in unsere Schulen. Die Kinder und Jugendlichen sind unsicherer, individualistischer, anspruchsvoller,
kritischer geworden, hin- und hergerissen zwischen widersprüchlichen realen und medial vermittelten
Erfahrungen und weniger bereit, sich Anordnungen Erwachsener zu fügen.
- 10 -
3 DIE GESETZLICHEN RAHMENBEDINGUNGEN
DER POLYTECHNISCHEN SCHULE (PTS)
3.1 Die Aufgaben der Polytechnischen Schule
Die Schulversuche „PL 2000“ führten 1996 zur Neuformulierung der Aufgaben der
Polytechnischen Schule in der 17. Novelle des Schulorganisationsgesetzes
(BGBl.Nr. 766 vom 30.12.1996) und zur Verordnung eines neuen Lehrplanes, der ab
dem Schuljahr 1997/98 voll zum Tragen kam.
Die Bildungsaufgabe der Polytechnischen Schule wurde im § 28 SchOG definiert:
(1) Die Polytechnische Schule schließt an die 8. Schulstufe an und umfasst
eine Schulstufe. Sie hat auf das weitere Leben insbesondere auf das
Berufsleben dadurch vorzubereiten, als sie die Allgemeinbildung der Schüler in
angemessener Weise zu erweitern und zu vertiefen, durch Berufsorientierung auf
die Berufsentscheidung vorzubereiten und eine Berufsgrundbildung zu vermitteln
hat. Die Schüler sind je nach Interesse, Neigung, Begabung und Fähigkeit für
den Übertritt in Lehre und Berufsschule bestmöglich zu qualifizieren sowie für
den Übertritt in weiterführende Schulen zu befähigen. Die Polytechnische Schule
ist für Schüler, die die 8. Schulstufe erfolgreich abgeschlossen haben, die 9.
Schulstufe.
(2) Die Schüler können in den Pflichtgegenständen Deutsch, Lebende
Fremdsprache
und
Mathematik
durch
Differenzierungsmaßnahmen
(Leistungsgruppen, Interessensgruppen) sowie durch einen nach Wahl des
Schülers erweiterten Unterricht im technischen Bereich oder wirtschaftlich/sozial/
kommunikativen Bereich oder in einem sonstigen den Interessen der Schüler
und der Wirtschaftsstruktur der Region entsprechenden Bereich in besonderer
Weise gefördert werden.
(3) Schüler ohne erfolgreichen Abschluss der 8. Schulstufe sind hinsichtlich
ihrer Befähigung für das Arbeits- und Berufsleben besonders zu fördern und zu
einem bestmöglichen Bildungsabschluss zu führen.
Die neue Polytechnische Schule wurde für jene Schülerinnen und Schüler, die eine
positive 8. Schulstufe abgeschlossen haben als 9. Schulstufe konzipiert. Sie ist aber
- unter Anwendung eines besonderen Förderprogrammes - für alle im letzten Jahr
ihrer Schulpflicht als Vorbereitung für den Übertritt in die Berufsausbildung offen.
- 11 -
3.2 Der Lehrplan der Polytechnischen Schule
Auf Grund der gesetzlichen Aufgaben der Polytechnischen Schulen und wegen der
Bestimmungen zur Schulautonomie war eine Novellierung des Lehrplanes unter
Einbeziehung der aktuellen Gesichtspunkte der Lehrplanentwicklung erforderlich.
Laut § 29 SchOG hat der Lehrplan zu enthalten:
(1)Im Lehrplan (§ 6) der Polytechnischen Schule sind vorzusehen:
a) als Pflichtgegenstände:
Religion, Lebenskunde, Deutsch, eine lebende Fremdsprache, Mathematik,
Politische Bildung, Wirtschaftskunde, Naturkunde und Ökologie, Gesundheitslehre, Berufsorientierung, Leibesübungen;
b) als alternative Pflichtgegenstände:
die im Hinblick auf die Berufsgrundbildung sowie zur Erweiterung und Vertiefung der Allgemeinbildung erforderlichen Unterrichtsgegenstände; diese können
in Fachbereiche zusammengefasst werden, die Berufsfeldern entsprechen.
(2) Für körperbehinderte und sinnesbehinderte Schüler hat die Schulbehörde erster
Instanz unter Bedachtnahme auf die Behinderung und die Förderungsmöglichkeiten sowie die grundsätzliche Erfüllung der Aufgabe der Polytechnischen
Schule (§ 28) Abweichungen vom Lehrplan festzulegen.
Der neue Lehrplan wurde so gestaltet, dass einerseits neue berufsgrundbildende
Schwerpunktsetzungen erfolgen können und andererseits die Unterrichtsarbeit an
den Schulen auf die Interessen der Schülerinnen und Schüler sowie auf regionale
Erfordernisse flexibel reagieren kann.
Im Lehrplan ist für die alternativen Pflichtgegenstände zum besseren Erkennen des
Wesentlichen
ein
Kernbereich
festgelegt.
Schülerinnen
und
Schüler
mit
Lernschwächen werden vor allem im Kernbereich gefördert, wodurch sie ausgehend
vom individuellen Bildungsstand zu einem bestmöglichen Bildungsabschluss geführt
werden können.
Mögliche
innere
und
äußere
Differenzierungsmaßnahmen
berücksichtigen
unterschiedliche Leistungsfähigkeit, Lernmotivation und Berufsperspektiven und
führen – im Besonderen bei Schülerinnen und Schülern mit Körper-, Sinnes- und
Lernbehinderungen sowie bei Schülerinnen und Schülern mit nichtdeutscher
Muttersprache - zu einer bestmöglichen Integration und einem optimalen
individuellen Lernfortschritt.
- 12 -
Durch aufeinander abgestimmte alternative Pflichtgegenstände wurden im Hinblick
auf große Berufsfelder „Fachbereiche“ geschaffen (Metall, Elektro, Holz, Bau, Handel
und Büro, Dienstleistungen, Tourismus).
Zusätzlich wird bei den alternativen Pflichtgegenständen (im Fachbereich) ein
Erweiterungsbereich mit auf den Kernbereich aufbauenden Lehrinhalten ausgewiesen, wodurch leistungsfähige Schülerinnen und Schüler weitere Qualifikationen
erlangen können.
Im Lehrplan der Polytechnischen Schule wurden zukunftsweisend entsprechend offener und dynamischer Berufsfelder - technische und
wirtschaftlich/sozial/kommunikative Fachbereiche geschaffen, die einen
Unterricht im Bereich der Berufsorientierung und Berufsgrundbildung
sowie in einer erweiterten Kompetenzvermittlung ermöglichen.
Durch
Freiräume
im
Rahmen
schulautonomer
Bestimmungen
wird
unter
gemeinsamer Verantwortung der Schulpartner (Schüler, Eltern, Lehrer) und
Einbindung der Schulerhalter die Entwicklung von Zielsetzungen im Rahmen eines
Schulprofiles angeregt.
Die Optionen in der Verwirklichung autonomer Stundentafeln an den Schulstandorten
sind
vielfältig
und
werden
intensiv
genützt.
Dadurch
können
verstärkt
Schülerinteressen und regionale Möglichkeiten der Arbeitswelt berücksichtigt
werden.
Es wurden und werden an vielen Standorten autonome Fachbereiche (z.B.
Informationstechnologie,
Bekleidungswesen,
Mechatronik,
Gesundheit
und
Medientechnik/-design,
Körperpflege,
Wohnen
Mode
und
und
Einrichten,
Ökotechnik) mit ent-sprechenden Lehrplänen entwickelt, wodurch den Trends in der
Berufswelt und der Schaffung neuer Lehrberufe Rechnung getragen wird.2
2
vgl. Grogger in ZSE-Report 55, 2001, S 17
- 13 -
AUTONOME STUNDENTAFEL
A. Pflichtgegenstände
Wochenstunden
Religion .
Berufsorientierung und Lebenskunde
Politische Bildung und Wirtschaftskunde
2
2-3
2-3
Deutsch
2-4
1
Lebende Fremdsprache
Mathematik
Naturkunde und Ökologie, Gesundheitslehre
Leibesübungen
Zwischensumme (A)
2-4
2-4
2-3
2-4
17 - 21
B. Alternative Pflichtgegenstände
Technisches Seminar 2,3
Technisches Zeichnen 4
Fachkunde
Werkstätte
Betriebswirtschaftliches Seminar.5
Human-kreatives Seminar 6
Buchführung 7
Textverarbeitung
Fachpraktische Übungen
Ernährung, Küchenführung, Service
Kreatives Gestalten
Zweite lebende Fremdsprache 8
Zusätzliche alternative Pflichtgegst.
Zwischensumme (B) 13-17
C. Verbindliche Übung
Summe (A,B, C) 34
D. Freigegenstände
E. Unverbindliche Übungen
F. Förderunterricht
FACHBEREICHE
Metall
Elektro
Holz
Bau
HandelBüro
Tourismus
Autonom
3-5
3-5
Dienstleistungen
3-5
2-3
3-5
2-3
2-3
5-9
-
3-5
2-3
2-3
5-9
-
2-3
3-5
2-3
5-9
-
2-3
3-5
2-3
5-9
-
3-5
2-3
0-5
0-5
0-3
0-9
0-5
0-5
0-5
-
-
-
0-4
0-4
0-4
-
2-4
2-4
2-4
0-4
0-4
3-5
0-4
3-5
1-3
0-4
3-5
2-3
0-4
0-5
0-5
0-3
0-3
0-6
13-17
13-17
13-17
13-17
13-17
13-17
13-17
13-17
0-1
34
34
34
34
34
34
34
34
0 -4
0 -4
1
2
3
4
5
6
einschließlich Fachsprache.
Technisches Seminar und Grundlagen der Elektrotechnik im Fachbereich ELEKTRO.
Betriebswirtschaftliches Seminar und angewandte Informatik.
7
Buchführung und Wirtschaftsrechnen im Fachbereich HANDEL-BÜRO.
9
Die Festlegung erfolgt durch schulautonome Lehrplanbestimmungen.
Technisches Seminar und Grundlagen der Mechanik im Fachbereich METALL.
Techn. Zeichnen und Konstruktionsübungen im Fachbereich HOLZ bzw. BAU.
Human-kreatives Seminar und fachpraktische Übungen.
8
Die Fremdsprache ist in Klammer einzusetzen.
Nach der Verordnung des neuen Lehrplanes im September 1997 stellte Frau
Bundesministerin Elisabeth Gehrer fest:
„Es liegt nun an den Lehrerinnen und Lehrern, die ihr Engagement in der
30-jährigen Geschichte der Polytechnischen Schule nachhaltig bewiesen
haben, an den motivierten Schülerinnen und Schülern und interessierten
Eltern unter der Mitwirkung der Verantwortungsträger für weiterführende
Ausbildungen die neuen Möglichkeiten und Chancen zu nutzen.“
- 14 -
3.3 Berufsorientierung - Berufsfindung
An der Polytechnischen Schule ist die praktische Berufsorientierung im Hinblick auf
die
Berufsfindung
angesichts
der
anstehenden
Entscheidungen
für
einen
Ausbildungsweg und auf Grund der Vielfalt an Lehrberufen ein zentrales Anliegen.
Aufbauend auf den Berufsorientierungsunterricht in der Sekundarstufe I wird den
Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geboten, am Beginn des Schuljahres
während
einer
Orientierungsphase3
praxisnah
und
projektorientiert
die
Anforderungen und Möglichkeiten der Arbeitswelt zu erkunden.
Die Berufsorientierung findet an der Polytechnischen Schule ganzjährig statt;
einerseits als eigenes Pflichtfach, andererseits als Unterrichtsprinzip in allen
Gegenständen und besonders in den Fachbereichen.
Kooperationen mit der regionalen Wirtschaft, Berufsschulen und ausserschulischen
Institutionen (BIZ, AMS,...) stellen den notwendigen Praxisbezug her, wobei offene
Lernformen
und
Projektunterricht
zum
Einsatz
kommen.
Exkursionen,
berufspraktische Tage (Schnupperlehre), Vorträge ausserschulischer Fachkräfte
sowie der Einsatz moderner Kommunikationsmedien und Technologien stellen den
Bezug zur Arbeitswelt her und leisten einen wesentlichen Beitrag zu einer
umfassenden Berufsorientierung.
Die allgemeinen Bildungs- und Lehrplanaufgaben in dieser Hinsicht lauten:4
Der Schüler soll
 in Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein gefördert werden;
 sich seiner Neigungen, Interessen, Fähigkeiten und persönlichen Erfahrungen
bewusst werden;
 persönliche Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit besonders im Berufsfindungsprozess entwickeln;
 sich Kenntnisse über Berufs- und Arbeitswelt aneignen und sich aktiv mit der
gesellschaftlichen Bedeutung von Beruf und Arbeit auseinander setzen;
 lebensbegleitendes Lernen, kontinuierliches Neuorientieren und Qualifizieren
als Erfordernis bei sich ständig verändernden Berufsanforderungen erkennen.
3
4
Nach § 11 (1) des Schulunterrichtsgesetzes: Bis zu acht Wochen
vgl. Lehrplan der PTS 1997, S.20
- 15 -
Konkrete Ziele der Berufsorientierung - Berufsfindung
Berufsorientierung
+ ist prinzipielle Bildungsaufgabe aller Unterrichtsgegenstände;
+ unterstützt die persönliche Berufsentscheidung,
+ ist prozessorientiert,
+ macht Informationen über die Arbeitswelt zugänglich,
+ beinhaltet Raum für Reflexion von Erfahrungen,
+ bietet Möglichkeit für Erprobungen und Erkundungen,
+ soll arbeitnehmerisches und unternehmerisches Denken kennenund einschätzen lernen,
+ versetzt in die Lage, persönliche Lebens- und Berufsperspektiven
zu entwickeln,
+ befähigt, sich selbstständig und erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt
um eine Lehrstelle zu bewerben,
+ schafft allenfalls auch Motivation, Berufsausbildung in einer
weiterführenden Schule anzustreben.
Berufsorientierung
an
der
Polytechnischen
Schule
ist
in
erster
Linie
Erfahrungslernen.
In den ersten Wochen des Schuljahres – in der Orientierungsphase – sollen die
Schülerinnen und Schüler auf der Basis der Berufsorientierungsaktivitäten der
Sekundarstufe I die verschiedenen Fachbereiche anschaulich kennen lernen. Durch
die Wahl eines Fachbereiches ist eine erste Stufe in der Berufsentscheidung erreicht.
Unterrichtserfahrungen im gewählten Fachbereich einerseits und Erkenntnisse aus
den berufspraktischen Tagen oder Wochen (Schnupperlehre) und anderen
Realbegegnungen andererseits helfen bei der konkreten Entscheidung für einen
bestimmten Beruf (Lehrberuf).
Eine vielerorts übliche zweite berufspraktische Woche und Maßnahmen zur
Verbesserung der Selbstpräsentation sollen die Suche nach einem Ausbildungsplatz
erleichtern.
- 16 -
In dieser Phase der Berufsüberleitung werden die Schülerinnen und Schüler von
Lehrerinnen und Lehrern an Polytechnische Schulen durch persönliche Beratung und
Betreuung aktiv unterstützt.
3.4 Berufsgrundbildung
Die Berufsgrundbildung in der Polytechnischen Schule vermittelt auf
Berufsfelder
(Gruppen
von
verwandten
Lehrberufen)
bezogene
grundlegende Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten, die in der
weiteren Ausbildung und im späteren Leben als breite Basis nutzbar sind
und einen Beitrag zur Berufsorientierung leisten.5
Die Berufsgrundbildung wird in Form von alternativen Fachbereichen angeboten.
Der Lehrplan der Polytechnischen Schule sieht folgende Fachbereiche vor:
A) Technische Fachbereiche:
METALL
ELEKTRO
HOLZ
BAU
B) Wirtschaftlich/sozial/
kommunikative Fachbereiche:
HANDEL – BÜRO
DIENSTLEISTUNGEN
TOURISMUS
C) Schulautonome Fachbereiche: z.B.:
INFORMATIONSTECHNIK
MECHATRONIK
MODE UND BEKLEIDUNG
u.a.
Schulautonome Fachbereiche können geführt werden, falls regionale Gegebenheiten
und die berufliche Interessenslage einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern
einer anderen Berufsgruppe entsprechen.
In
den
letzten
Jahren
wird
an
zahlreichen
informationstechnischer Fachbereich angeboten.
5
vgl. Lehrplan der Polytechnischen Schule 1997, S.4
- 17 -
Polytechnischen
Schulen
ein
Eine bundesweite Arbeitsgruppe hat Vorschläge für eine gewisse Standardisierung
auch für diesen Bereich ausgearbeitet.
Da die überwiegende Zahl der Absolventinnen und Absolventen der Polytechnischen
Schulen
als
Lehrlinge
eine
duale
Berufsausbildung
anstreben,
hat
die
Berufsgrundbildung auch zum Ziel, dass Schülerinnen und Schüler
a) theoretisch und praktisch Erlerntes auf neue Situationen anwenden,
b) Vorteile und Eigenarten einer Dualität von Arbeit und Ausbildung
erkennen und nutzen lernen und
c) durch praktisches, beruflich anwendbares Lernen auf einen frühen
Berufseintritt vorbereitet werden.
3.5 Erweiterung und Vertiefung der Allgemeinbildung
Der Unterricht an der Polytechnischen Schule baut auf die Vorbildung der ersten 8
Schuljahre auf, erweitert und vertieft die fachlichen Kompetenzen der Schülerinnen
und
Schüler,
fördert
Schlüsselqualifikationen,
und
unterstützt
verstärkt
ihre
ihre
persönlichen
Methodenkompetenz
und
und
sozialen
hat
umfassende Handlungskompetenz zum Ziel.6
Im Lehrplan werden folgende besondere Ziele angesprochen:
Die Schüler sollen
 für das weitere Leben bedeutsame Fähigkeiten und Kenntnisse vertiefen und
erweitern,
 sich mit wesentlichen Fragen ihres künftigen Lebens auseinander setzen,
 sich auf neue Techniken, insbesondere Kommunikations- und Informationstechniken vorbereiten,
 ihre Kreativität entwickeln,
 ihr Urteils- und Entscheidungsvermögen ausbauen,
 theoretisch und praktisch Erlerntes auf neue Situationen anwenden können,
 persönliche und berufliche Handlungsfähigkeit (Selbst-, Sozial- und Sachkompetenz) entwickeln,
 sich auf Mobilität und lebensbegleitendes Lernen einstellen
6
vgl. Weißenlehner 2000, S.1092 ff
- 18 -
eine
Mit diesen Zielstellungen entspricht die Polytechnische Schule den „konkreten
künftigen Zielen der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung“ des Rates
der Europäischen Union:
- Weiterentwicklung der Grundfertigkeiten, Verstärkung der
Lese-, Schreib- und Rechenfertigkeit
- Zugang zu den Informations- und Kommunikationstechnologien
und der grundsätzlichen Idee des „lifelong learning“
(Vordokument 5680/01 EDUC 18,
des Rates der Europäischen Union
Lissabon 2001)
3.6 Didaktisches Konzept
Wesentliches Anliegen des Lehrplanes ist, die didaktischen Konzepte auf
handlungsorientiertes
Lernen
und
fächerübergreifende
Zusammenhänge
auszurichten, um die Schülerinnen und Schüler zu eigenständigem Lernen und zum
Entwickeln von persönlichen Zukunftsperspektiven zu motivieren.
Eine
handlungsorientierte
Didaktik
ist
schülerzentriert.
Daher
nimmt
die
Polytechnische Schule die Jugendlichen ernst und baut auf ihren Interessen und
Bedürfnissen auf.7
problemorientiert
handlungsorientiert
autonomieorientiert
Ein solcher Unterricht ist
kompetenzorientiert
kooperativ
ganzheitlich
7
vgl. Jäger 2001, S.37
- 19 -
Als spezielles Motto für das PTS spezifische didaktische Konzept wurde der Slogan
„PRAXIS LERNEN“ kreiert und in folgendem LOGO publiziert:
Das Logo wurde 1998 von der
Polytechnischen Schule Leibnitz
entwickelt.
- 20 -
4 EVALUIERUNG DER POLYTECHNISCHEN SCHULE
4.1 Evaluierung als Teil der Qualitätsentwicklung der
Polytechnischen Schule
Die Entwicklung des Polytechnischen Lehrganges zur Polytechnischen Schule in den
letzten 10 Jahren ist ein bemerkenswertes Beispiel für einen (wissenschaftlich)
begleiteten österreichweiten Schulentwicklungsprozess.
Ausgehend von einer Bestandsaufnahme bei einer gesamtösterreichischen Tagung
im Oktober 1990 in St. Pölten und der Reflexion dieser Ergebnisse in einer
bundesweiten Arbeitsgruppe zur Polytechnischen Schule entwickelten engagierte
Vertreter der Polytechnischen Lehrgänge - gemeinsam mit dem bm:bwk – Konzepte
und
Modelle
zur
Neugestaltung
dieser
Schulart.
Dies
führte
zu
den
Schulversuchen „PL 2000“.8
Die Ziele und Vorhaben dieser Versuche wurden im Rahmen einer laufenden
Qualitätsdiskussion überprüft, verbessert und führten schließlich 1996/97 zu
konkreten
Maßnahmen
(SchOG-Novelle,
Lehrplanverordnung,
umfangreiche
Weiterbildungsmaßnahmen, Verbesserung der Ausstattung) und zur Realisierung
der neuen Polytechnischen Schule.
Da die Reform der Polytechnischen Schule neben der konkreten Entwicklung an den
einzelnen Schulen ein gesamtösterreichischer Prozess ist, wurden vom bm:bwk
umfassende Evaluierungsmaßnahmen vorgesehen.
8
vgl. Weißenlehner 2001, S.981 ff
- 21 -
4.2 Evaluierung der Polytechnischen Schule als besonderer
Auftrag des Regierungsprogrammes
„Besonders wichtig sind dabei die Sicherung der Qualität und der finanziellen
Rahmenbedingungen sowie die Weiterentwicklung der Bildungsangebote mit
zukunftsweisenden Inhalten.“9
Diesem Grundsatz entsprechend wurde im Regierungsprogramm 2000 die
„Evaluierung der Polytechnischen Schule“ verankert und weiters bestimmt:
„... dabei soll vor allem darauf geachtet werden, ob das Ziel eines
Berufsfindungsjahres erreicht werden konnte (Evaluierungszeitraum bis 2002)“.10
4.3 Bundesweite Evaluierungsmaßnahmen
4.3.1 Abgeschlossene Studien und Erhebungen
In den letzten 10 Jahren wurden im Auftrag des bm:bwk mehrere Studien zur
Evaluierung der neuen Polytechnischen Schule durchgeführt.
Die Abteilung Evaluation und Schulforschung des ZSE in Graz führte unter der
Leitung von MinR Dr. Günther Grogger mehrere Projekte zur Evaluation des
Schulversuchs PL 2000 und der neuen Polytechnischen Schule durch. Die
Ergebnisse bundesweiter Befragungen von Lehrer/innen und Schüler/innen liegen in
Form von Arbeitspapieren und ZSE-Reports vor. Die Ergebnisse zur Evaluation der
Polytechnischen Schule wurden im ZSE-Report 55 (September 2001) veröffentlicht.
Bereits zum Abschluss des Schuljahres 1997/98 wurde Dr. Peter Härtel von der
Volkswirtschaftlichen Gesellschaft der Steiermark und Dr. Erwin Kämmerer vom
Pädagogischen Institut des Bundes in der Steiermark mit einer österreichweiten
Erhebung zur Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen beauftragt. Zum
Abschluss des Schuljahres 1999/2000 wurde die österreichweite Erhebung
9
Regierungsprogramm 2000
Regierungsprogramm 2000, Kapitel Bildung, Punkt 2 „Sicherung der Vielfalt des Bildungsangebotes“
10
- 22 -
Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen“ (Wege der Absolventinnen und
Absolventen nach der PTS) durch Härtel / Kämmerer wiederholt.
1999/2000 untersuchte Dr. Johann Steinringer (Institut für Bildungsforschung der
Wirtschaft) im Zusammenhang mit der Polytechnischen Schule „Anforderungen an
Lehranfänger in verschiedenen Berufsgruppen“.
Die Studie „Polytechnische Schulen und Schlüsselqualifikationen am Übergang
zwischen Schule und Beruf“ (Univ. Prof. Dr. Bernd Hackl und Birgit Blochberger,
Universität Wien) und die Lehrplananalyse von Mag. Erich Svecnik (Zentrum für
Schulentwicklung Graz) in „Der Stellenwert überfachlicher Kompetenzen in
österreichischen Lehrplänen der Sekundarstufe II“ (ZSE-Report 54) untersuchen die
Qualität des Unterrichts an Polytechnischen Schulen bzw. deren Steuerungsmedien.
4.3.2 Weitere Studien
Diese österreichweiten Studien zur Evaluierung der Polytechnischen Schule werden
durch
Erhebungen
in
den
Bundesländern
und
durch
regionale
und
standortspezifische Maßnahmen ergänzt.
Als Instrument zur Verbreitung von Standards und als Möglichkeit der
Evaluierung werden schon seit 1996 PTS-Schülerwettbewerbe auf Schul-,
Regional- und Landesebene in vielen Bundesländern sowie seit einigen Jahren auch
PTS-Bundeswettbewerbe für die Fachbereiche abgehalten. Die Schülerinnen und
Schüler messen sich an vorwiegend praktischen Aufgabenstellungen, die den
Kernanforderungen des Lehrplanes der Polytechnischen Schule entsprechen, in
METALL,
ELEKTRO,
HOLZ,
BAU,
HANDEL/BÜRO,
DIENSTLEISTUNGEN/
TOURISMUS und seit 2001 auch in INFORMATIONSTECHNIK.
Neben der Förderung des Leistungsgedankens bei jungen Menschen sind diese
schulbezogenen Veranstaltungen positive Öffentlichkeitsarbeit für die Polytechnische
Schule.
- 23 -
Die Regional-, Landes- und Bundeswettbewerbe werden als schulbezogene
Veranstaltungen von Arbeitsgruppen zur Polytechnischen Schule in Kooperation mit
den Interessenvertretungen, Berufsbildungseinrichtungen und verschiedenen Medien
und Sponsoren durchgeführt.
Die ausserschulischen Juroren bestätigen, dass die Schülerinnen und Schüler in
ihren Fachbereichen auf breiter Basis Kenntnisse und Fertigkeiten entwickelt haben,
die dem 1. Lehrjahr entsprechen.
- 24 -
5 KERNAUSSAGEN DER EVALUIERUNGSSTUDIEN ZUR
POLYTECHNISCHEN SCHULE
„Die Polytechnische Schule kann ihre Kernaufgabe - die
Berufsüberleitung Jugendlicher - sehr gut erfüllen.“11

Die Polytechnische Schule erfüllt in hohem Maße die Aufgabe, junge
Menschen zu einer persönlichen Orientierung über künftige Wege in
Ausbildung und Beruf zu führen.

Über 99 % aller Schülerinnen und Schüler wissen zu Ende des
Schuljahres, was sie tun wollen.

90 % der Absolventinnen und Absolventen haben bereits in der letzten
Schulwoche ihren Ausbildungsplatz gesichert.

In allen wesentlichen Bereichen konnten die guten Erfolge seit 1997/98
weiter verbessert werden.
Durch Reformmaßnahmen wurde das Image der Polytechnischen
Schule verbessert

Starker
regionaler
Imagegewinn,
große
Akzeptanz
bei
Lehr-
berechtigten12, 13

Akzeptanz der Polytechnischen Schule bei Eltern gestiegen14

Rückmeldungen von Berufsschullehrern bestätigen deutlichen Anstieg
des Wissens oder bessere Arbeitshaltungen bei Absolventinnen und
Absolventen der Polytechnischen Schule15, 16
11
Härtel/Kämmerer 2001, S 13
vgl. Grogger in: ZSE Report 55, S 23
13
vgl. Blochberger/Hackl 2001, S 100
14
vgl. Blochberger/Hackl 2001, S 100
15
vgl. Grogger in: ZSE Report 55, S 23
16
vgl. Blochberger/Hackl 2001, S 100
12
- 25 -
Verbesserung der Schulqualität

Die Lernmotivation der Schülerinnen und Schüler hat messbar
zugenommen.17

Schülerinnen
und
Schüler
der
Polytechnischen
Schule
sind
leistungsfähig. Etwa die Hälfte gehörte in der 8. Schulstufe der 1. und
2. Leistungsstufe an.18

Hohe Übereinstimmung Fachbereich – Lehrplatz19

Weckung und Förderung von Begabungsreserven bei Schülerinnen
und Schülern durch handlungs- und praxisorientierten Unterricht
Positive Entwicklung der Rahmenbedingungen

Moderner, zukunftsorientierter Lehrplan20

weit reichende schulautonome Gestaltungsmöglichkeiten bei fixen
Kernelementen

Engagierte Lehrerteams

Verbesserung der Lehrerqualifikation und Schulausstattung

Intensivierung der Kontakte und Kooperation mit der Wirtschaft
17
vgl. Grogger in: ZSE Report 55, S 58
vgl. Grogger in: ZSE Report 55, S 52
19
vgl. Härtel/Kämmerer 2001, S 17
20
vgl. Svecnik in: ZSE Report 54, S 9
18
- 26 -
6 WESENTLICHE ASPEKTE DER EVALUIERUNG DER
NEUEN POLYTECHNISCHEN SCHULE
6.1 Kernaussagen der Berufsüberleitungsstudie
von Härtel / Kämmerer
Diese Studie sollte die Effekte und Ergebnisse der gezielten Reform und
Konkretisierung der Polytechnischen Schule - im Zusammenhang mit den
Entwicklungen der Schnittstellen zwischen Schule und Beruf – überprüfen und wurde
zweimal als Vollerhebung - jeweils in der letzten Schulwoche der Schuljahre 1997/98
und 1999/2000 - durchgeführt. Die Rücklaufquote betrug ca. 76 %, womit eine hohe
prozentuelle Erfassung von Klassen sowie Schülerinnen und Schüler gewährleistet
wurde.
„Die Ergebnisse der Erhebung zeigen, dass die Polytechnische
Schule nach der Reform ihren Hauptaufgaben in hohem Maße
erfolgreich nachkommt.“21
6.1.1 Zur Wirksamkeit der Berufsorientierungs- und Berufsfindungsmaßnahmen
„Die Polytechnische Schule erfüllt in hohem Maße die Aufgabe,
junge Menschen zu einer persönlichen Orientierung über künftige
Wege in Ausbildung und Beruf zu führen.“22
Nahezu alle (über 99 %) der Schülerinnen und Schüler wissen zu Ende des
Unterrichtsjahres, was sie tun wollen.
21
22
vgl. Härtel/Kämmerer 2001, S 12
Härtel/Kämmerer 2001, S 14
- 27 -
Nur knapp 1 % der Absolventinnen und Absolventen der Polytechnischen Schule
haben keine konkreten Vorstellungen über ihren künftigen Bildungs- und Berufsweg.
Hochgerechnet auf die ca. 20000 Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen
Schule im Schuljahr 1999/2000 sind es somit nur wenig mehr als 200 Schülerinnen
und Schüler, die nach Absolvierung der Schulpflicht keine Orientierung bzw.
Vorentscheidung über den weiteren Bildungs- und Berufsweg aufweisen. Dabei ist
der Prozentanteil der Mädchen gegenüber den Burschen signifikant höher.
6.1.2 Über die Wirksamkeit der Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen
Ca. 71,5 % der Absolventinnen und Absolventen der Polytechnischen Schule haben
bereits mit Ende des Unterrichtsjahres eine fixe Lehrstelle. Weitere 12 % aller
Schülerinnen und Schüler können mit einer zugesagten Lehrstelle rechnen. Somit
haben insgesamt über 83 % der Schülerinnen und Schüler vor Abschluss des
Schuljahres einen Ausbildungsplatz.
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
in Prozent
B
K
NÖ
OÖ
S
St
T
V
W
Ö
79,9
85,2
83,8
84,4
87,4
87,3
84,1
84
63,4
83,2
Kombination „Fixe Lehrstelle + Gute Aussichten“
vgl. Härtel/Kämmerer „Berufsüberleitungsstudie 2001“, Grafik 10
7,3 % der Absolventinnen und Absolventen der Polytechnischen Schule besuchen im
darauf folgenden Schuljahr eine weiterführende Schulart der Sekundarstufe II.
- 28 -
16
14
12
10
8
6
4
2
0
in Prozent
B
K
NÖ
OÖ
S
St
T
V
W
Ö
6
5,7
7,9
6,1
7,2
4,3
7,9
8,1
15,3
7,3
Eintritt in weiterführende Schule
vgl. Härtel/Kämmerer „Berufsüberleitungsstudie 2001“, Grafik 13
Insgesamt haben österreichweit 1999/2000 90,5 % aller Schülerinnen und Schüler der
Polytechnischen Schule noch vor Abschluss des Schuljahres ihren Berufsausbildungsweg gesichert. 23
Dies sind um 1,3 % mehr als bei der Vergleichserhebung 1997/98.
Die Berufsüberleitungsrate bei den Mädchen konnte sogar um 4,7 % gesteigert
werden.
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
in Prozent
B
K
NÖ
OÖ
S
St
T
V
W
Ö
86
90,9
91,7
90,4
94,6
91,4
92
92,1
78,8
90,5
Kombination „Fixe Lehrstelle + Gute Aussichten + Weiterführende Schule“
vgl. Härtel/Kämmerer „Berufsüberleitungsstudie“, Grafik 19
23
vgl. Härtel/Kämmerer 2001, S 39
- 29 -
LEHRAUSBILDUNG
WEITERER
SCHULBESUCH
Mädchen
Burschen
Mädchen
Burgenland (B)
65,5
85,6
9,5
Kärnten (K)
69,3
91,1
Niederösterreich (NÖ)
74,8
Oberösterreich (OÖ)
Burschen
INSGESAMT
Mädchen
Burschen
4,7
75,0
90,2
12,5
3,2
81,7
94,3
87,9
14,2
5,0
89,0
92,9
75,5
89,9
10,4
3,4
85,9
93,3
Salzburg (S)
82,3
90,7
10,0
5,5
92,3
96,1
Steiermark (St)
72,1
91,7
9,1
2,8
80,7
94,5
Tirol (T)
78,3
87,9
11,4
5,6
89,7
93,5
Vorarlberg (V)
74,7
89,2
14,9
4,2
89,6
93,4
Wien (W)
58,7
66,2
17,4
14,1
76,1
80,3
Österreich (Ö)
74,0
87,8
12,0
4,9
86,0
92,7
(Angaben in Prozent)
vgl. Härtel/Kämmerer „Berufsüberleitungsstudie 2001“, Grafik 11, 12, 14, 15 und 19
Wie oben stehende Tabellen ausweisen, haben zum Schulschluss bereits ca. 88 %
der Burschen aber nur 74 % der Mädchen eine Lehrstelle. Demgegenüber werden
12 % der Absolventinnen von Polytechnischen Schulen im darauf folgenden Schuljahr eine andere Form der Sekundarstufe II – meist wieder auf der 9. Schulstufe –
besuchen. Bei den Burschen beträgt dieser Prozentsatz österreichweit im
Durchschnitt knapp 5 %.
„In praktisch allen Bundesländern konnten in wesentlichen Punkten Verbesserungen
(im Vergleich zur Untersuchung von 1997/98, Anmerkung des Autors) erzielt werden,
wobei auf die besondere Problematik von Ballungsräumen hinzuweisen ist. Die
erschwerte Situation der Berufsüberleitung (z.B. in Wien) konnte durch eine deutlich
gestiegene Überleitung in weiterführende Schulen (+ 21 %) teilweise kompensiert
werden.“24
Diese Werte zeigen deutlich, dass die bereits in der Berufsüberleitungsstudie 1998
festgestellte Schlussfolgerung, „dass der konkrete Berufsüberleitungseffekt von der
24
Härtel/Kämmerer 2001, S 17
- 30 -
Polytechnischen Schule in die Lehre deutlich günstiger liegt, als derjenige anderer
Schnittstellen zwischen Schule und Lehre“ 25, weiter bekräftigt wurde.
Die Absolventinnen und Absolventen der Polytechnischen Schulen stellen an
den Berufsschulen die größte Schüler/innengruppe (Wirtschaftskammer NÖ,
2000).
60
50
40
30
20
10
0
Lehranfänger
PTS
HS
BHS
LWS
BMS
AHS
Sonst.
ASO
52,3
14,4
7,6
5,9
5,8
3,3
2,7
1,2
(Angaben in Prozent)
vgl. Wirtschaftskammer NÖ, Statistik 2000
Zuvor besuchte Schule
absolut
Prozent
3.099
52,3%
854
14,4%
1.340
22,6%
 davon berufsbildende höhere Schule
450
7,6%
 davon Landwirtschaftliche Schule
352
5,9%
 davon berufsbildende mittlere Schule
344
5,8%
 davon allgemein bildende höhere Schule
194
3,3%
Sonstige Schulen
162
2,7%
69
1,2%
Polytechnische Schule
Hauptschule
Weiterführende Schulen der Sekundarstufe II
Sonderschule
25
Lehranfänger 2000
Härtel/Kämmerer 1998, S 36
- 31 -
Der Forderung nach „sorgsamen Umgang mit der Lebenszeit junger Menschen durch
Anerkennung von Vorwissen und abgelegten Prüfungen“ im Regierungsprogramm
2000 wurde im Hinblick auf alle Schülerinnen und Schüler, die eine Polytechnische
Schule erfolgreich abgeschlossen haben, Rechnung getragen.
Im § 31b (1a) des Schulunterrichtsgesetzes ist festgelegt, dass für Lehrlinge mit
erfolgreichem Abschluss der Polytechnischen Schule an Berufsschulen der
Beobachtungszeitraum für die Leistungsgruppen im betriebswirtschaftlichen und
fachtheoretischen Unterricht entfällt und sie in die höhere Leistungsgruppe
einzustufen sind, sofern sie den entsprechenden Fachbereich besucht haben.
In der Studie Härtel/Kämmerer (2001, S.14) wird darauf hingewiesen, dass
„zusätzliche qualitative Ergebnisse und Expertengespräche“ den Schluss zulassen,
dass ein beträchtlicher Anteil jener Personen, die vor Abschluss der Polytechnischen
Schule geringe Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben „mit persönlichen
Problemen behaftet sind – Lernschwierigkeiten, Mobilitätshemmnisse, sonstige
Beeinträchtigungen oder soziale Schwierigkeiten“. Dabei bestehen beträchtliche
Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Absolventen. Zusätzlich tritt für
weibliche Jugendliche – auch bei guten persönlichen Voraussetzungen – wegen des
angespannten
Lehrstellenmarktes für
Mädchen
eine
Verschärfung
bei
Lehrplatzsuche ein.
Waren es 1998 noch etwa 2280 Jugendliche mit wenig Chancen, so wurden 2000
noch ca.1850 ermittelt.26
Der Prozentsatz der Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen
Schule,
die
zum
Schulschluss
wenig
Chancen
auf
einen
Ausbildungsplatz haben, ist seit 1997/98 um ca. 19 Prozent
gesunken.
26
Härtel 2000, S 36
- 32 -
der
Während in den meisten Bundesländern die Zahl der Jugendlichen, die unmittelbar
nach Abschluss der Polytechnischen Schule wenig Chancen haben, unter dem
österreichweiten Durchschnitt liegt, sind es vor allem in Wien und im Burgenland
deutlich mehr.
Dies ist einerseits auf die besondere Situation der Polytechnischen Schule in Wien
und andererseits auf die schwierige Lage auf dem Lehrstellenmarkt vor allem in den
betreffenden Gebieten zurückzuführen.
20
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
in Prozent
B
K
NÖ
OÖ
S
St
T
V
W
Ö
13,4
9,4
9,6
8,9
5,2
8,2
8
6,5
19,1
9,3
Schülerinnen und Schüler mit wenig Chancen
vgl. Härtel/Kämmerer „Berufsüberleitungsstudie 2001“, Grafik 16
Vergleicht man die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit negativem Abschluss der
Polytechnischen Schule (2000: österreichweit 10,4 %) mit jenen, die wenig Chancen
auf einen Ausbildungsplatz haben (2000: österreichweit 9,3 %), so kann man
erkennen, dass es an der Polytechnischen Schule durchschnittlich sogar gelingt,
auch etwas mehr als 10 % der Jugendlichen mit negativen Abschlüssen - noch
vor Abschluss des Schuljahres - in eine Berufsausbildung zu integrieren.
- 33 -
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
in Prozent
B
K
NÖ
OÖ
S
St
T
V
W
Ö
12,7
9,4
6,8
9,3
14,2
8
12,4
16,1
15,5
10,4
Schüler ohne erfolgreichen PTS-Abschluss
vgl. Härtel/Kämmerer „Berufsüberleitungsstudie 2001“, Grafik 18
6.2 Lernbereitschaft und Motivation von Schülerinnen und
Schülern an Polytechnischen Schulen
Die Evaluierungsstudie des Zentrums für Schulentwicklung zeigt auf, dass sich die
Lernmotivation und die Mitarbeit im Unterricht bei Schülerinnen und Schülern an
Polytechnischen Schulen gegenüber ihrer früher besuchten Schule verbessert
hat.
Auch der „persönliche Kontakt zu den Lehrern“ wird im Vergleich zur Hauptschule
und AHS als gut eingestuft.
Die etwas geringere Qualität des „Sozialkontaktes“ lässt sich durch die besondere
Organisationsform der PTS als einjährige Schulform – wo sich Schülerinnen und
Schüler aus verschiedenen Zubringerschulen in den Klassen und Gruppen
zusammenfinden und sich neu kennen lernen – erklären.
- 34 -
60
50
40
30
20
10
0
LMO
MIT
SFR
PTS
52
57
53
HS
50
56
51
AHS
47
51
56,5
Mittelwerte der Lernbereitschaftsskalen im Vergleich mit der Eichstichprobe
aus der 8. Schulstufe, getrennt nach Hauptschule und AHS nach G.Grogger
ZSE Report 55, Seite 59
„Die Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen Schule weisen in den Skalen
„Guter persönlicher Kontakt zu den Lehrern und Lernmotivation“ (LMO) gegenüber
den Schülerinnen und Schülern der AHS signifikant höhere Werte auf. Die „Mitarbeit
im Unterricht“ (MIT) und „Schulfreude“ (SFR) der Schülerinnen und Schüler der
Polytechnischen Schule sind vergleichbar mit jenen der Schülerinnen und Schüler
der AHS und Hauptschule der Eichstichprobe.“27
6.3 Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern der
Polytechnischen Schule im Vergleich zu ihren
Jahrgangskolleginnen und -kollegen bezüglich
Leistungsgruppeneinstufung in Deutsch, Englisch und
Mathematik
In der Evaluierungsstudie zur neuen Polytechnischen Schule des Zentrums für
Schulentwicklung Graz wurde die Leistungsgruppenzugehörigkeit der Schülerinnen
und Schüler der Polytechnischen Schule in der zuvor besuchten Hauptschule
erhoben.
Das Ergebnis dieser Untersuchung ist bemerkenswert und widerlegt das noch immer
kolportierte Vorurteil, dass die Polytechnische Schule eine „Restschule“ sei.
- 35 -
Etwas weniger als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen
Schule waren auf der 8. Schulstufe der Hauptschule in keinem leistungsdifferenzierten Unterrichtsgegenstand in der untersten Gruppe eingestuft.
Etwa jeder fünfte Jugendliche war auf der zuvor besuchten 8. Schulstufe höchstens
ein Mal in einer mittleren Leistungsgruppe und wurde in Deutsch, Englisch und
Mathematik in keiner untersten Leistungsgruppe unterrichtet.
„Das bedeutet, dass ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler
leistungsstark ist und dass diese Schülerinnen und Schüler berechtigt
waren, ohne Verpflichtung zur Ablegung einer Aufnahmeprüfung in eine
berufsbildende mittlere oder höhere Schule einzutreten.“28
6.4 Vermittlung von Schlüsselqualifikationen als Anliegen der
Polytechnischen Schule
Im Lehrplan der Polytechnischen Schule dominiert die Förderung der persönlichen
Entwicklung der Jugendlichen (z.B. Entscheidungsfähigkeit, Erschließung der
individuellen Begabungen). Es folgen gleichrangig die Vermittlung berufsbezogener
Qualifikationen sowie prosozialer Einstellungen, die „die Stellung der Polytechnischen Schule als eine Schulart am Übergang sowohl zwischen Kindheit und
Erwachsenenwelt als auch für viele Schülerinnen und Schüler zwischen schulischem
und beruflichem Leben auszeichnen“.29
Daher sind im Lehrplan der Polytechnischen Schule sehr häufig Hilfen zu
Lebensgestaltung und – da viele Jugendliche nach der PTS den rein schulischen
Bildungsweg verlassen – die Förderung des selbstständigen Wissenserwerbes
gefordert.
27
vgl. Grogger in ZSE Report 55, S 58
vgl. Grogger in: ZSE-Report 55, S 52
29
Svecnik in: ZSE-Report 54, S 10
28
- 36 -
Andere
kognitive
„Transfertätigkeit
Schlüsselqualifikationen
und
vernetztes
Denken“,
mit
besonderer
Bedeutung
wie
„Problemlösungsfähigkeiten“
und
„kritisches Denken“, die im Lehrplan eine hervorragende Stellung einnehmen,
„spielen jedoch im Verständnis der Lehrerinnen und Lehrer eine noch eher
untergeordnete Rolle“.30
Ganz im Sinne der Berufsvorbereitung ist die Vermittlung von Arbeitstugenden (z.B.
Genauigkeit bei der Arbeit, rationelles Arbeiten) erklärtes Ziel vieler Polytechnischer
Schulen.
Zusammenfassend zeigt die Studie von Svecnik (2001, S.10), dass die Einschätzung
der wichtigsten überfachlichen Kompetenzen durch die Lehrer mit den Vorgaben im
Lehrplan in weiten Bereichen übereinstimmt.
80
70
60
50
40
30
20
10
0
PERS
KOG
SPL
SOZ
POL
VORB
PTS
78
61
50
56
50
78
AHS
70
77
67
43
73
63
Vergleich der Gewichtung überfachlicher Kompetenzen PTS – AHS
vgl. Svecnik in: ZSE Report 54, S 9
Legende:
PERS
KOG
SPL
SOZ
POL
VORB
30
- Persönlichkeitsbildender Bereich
- Kognitiver Bereich
- Sprachlicher Bereich
- Sozialer Bereich
- Gesellschaftlich – politischer Bereich
- Konkrete Vorbereitung auf das berufliche und private Leben nach der Schule
Svecnik in: ZSE-Report 54, S 10
- 37 -
7 ENTWICKLUNG DER SCHÜLERZAHLEN
AN POLYTECHNISCHEN SCHULEN 1994/95 – 2000/01
In der ersten Hälfte der 90iger Jahre war die Schülerzahl an Polytechnischen
Lehrgängen von 18.461 auf 17.500 zurückgegangen. Bedingt durch die erfolgreichen
Schulversuche „Poly 2000“ einerseits und leicht steigende Geburtenjahrgänge
andererseits ist die Zahl der Schülerinnen und Schüler österreichweit deutlich
angestiegen. Dieser Trend wurde mit der Reform der Polytechnischen Schule ab
1997/98 fortgesetzt. Die Schülerzahlen überschritten im Schuljahr 1999/2000 die
20.000 Grenze.
Von 1994 – 2000 stieg die Schülerzahl an den
Polytechnischen Schulen um 14,5 %.
25000
20000
15000
10000
5000
0
94/95
95/96
96/97
97/98
98/99
99/00
00/01
Gesamt
17505
17474
18965
19523
19816
20050
19981
Burschen
12214
12374
13058
13067
13164
13252
13229
Mädchen
5291
5100
5907
6456
6652
6798
6752
Quelle: Österreichische Schulstatistik
- 38 -
Der Rückgang der Geburtenjahrgänge im Vergleichszeitraum 1980 – 1985 betrug
20500
hingegen 3,78 %.
96000
20000
94000
19500
92000
19000
18500
90000
18000
88000
17500
86000
17000
84000
16500
16000
94/95
95/96
96/97
97/98
98/99
99/00
PTS
17505
17474
18965
19523
19816
20050
GEBURTEN
90872
93942
94840
90118
89234
87440
82000
Vergleich Schülerzahlen an PTS mit Geburtenzahlen
Legende:
PTS
- Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler an
Polytechnischen Schulen in allen Bundesländern
Quelle: Österreichische Schulstatistik
GEBURTEN - Zahlen entsprechen den relevanten Geburtsjahren 1980 bis 1985
Quelle: Kenndaten des österreichischen Schulwesens, bm:bwk
Die Polytechnische Schule konnte die relativ hohe Schülerzahl halten, obwohl ab
1997 die Zahl der Geburtenjahrgänge jener Jugendlichen stark rückläufig war, die die
Schulpflicht erfüllt haben.
Die positive Schülerzahlenentwicklung an der Polytechnischen Schule wurde in der
Studie von Blochberger/Hackl (Uni Wien) mehrfach begründet.
Folgende Aussagen der Studie belegen, dass insbesondere die positive Entwicklung
in der Berufsüberleitung Erfolge zeigen: 31
31
Blochberger/Hackl 2001, S 13 ff.
- 39 -

Unterstützung der Schüler/innen (durch die PTS-Lehrer/innen, Anmerkung
des Autors) in der Bewältigung der „Schnitt- oder Nahtstelle“ zwischen Schule
und Beruf/Lehrstelle

Indirekte „Vermittlungshilfe“ bei der Lehrstellensuche
– Reaktionen auf Strategieänderungen in der Lehrlingsausbildung größerer
Betriebe in der Region (die Polytechnischen Schule ist unmittelbar von
diversen Veränderungen und Schwankungen im Wirtschaftsbereich
betroffen; es muss dies erkannt und zugleich versucht werden, neue
Strategien zu finden (zB. neue Betriebe zu suchen)
– Reiches Angebot an Hilfestellungen im Bewerbungsprozess (Bewerbungstraining, Verfassen von Bewerbungsunterlagen, Firmenkontakte, etc.))
– Gelingende
Vermittlungsunterstützungen
werden
mit
höheren
Schüler/innenzahlen belohnt
– „Vermittlung“ tendenziell schwieriger zu vermittelnder Schüler/innen (z.B.
Lehrstellen in traditionellen Frauenberufen der Region, etc.)
– Durch Direktkontakt zwischen Betrieben und PTS fällt AMS niedrigere
Quote Lehrstellen suchender Jugendlicher der PTS positiv auf

Soziale Betreuung der Schüler/innen

Aufbau eines neuen/positiveren Selbstbildes der Schüler/innen

Aufbau von Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Schüler/innen

Entwicklung entsprechender Lehrer/innenqualifikationen

Fachliche Qualifikation der Schüler/innen samt externer Überprüfung in Form
von Landes- sowie Bundeswettbewerben

Kooperation der Polytechnischen Schule mit Wirtschaftstreibenden (Projekte
werden gemeinsam mit Betrieben gestaltet)
Wenn im Österreich–Schnitt deutlich über 85 % der Absolventinnen und Absolventen
der Polytechnischen Schule, die einen Lehrberuf ergreifen, diesen entsprechend
dem in der Polytechnischen Schule gewählten Fachbereich auch finden, „stellt dies
der zielorientierten Berufsvorbereitung ein außerordentlich gutes Zeugnis aus“ 32,
insbesondere auch im Hinblick auf den an sich angespannten Lehrstellenmarkt.
32
Härtel/Kämmerer 1998, S 14
- 40 -
METALL
3,2%
ELEKTRO
7,6%
HOLZ
23,5%
BAU
H/B
DL
TOUR
18,0%
AUTO
13,0%
18,0%
10,2%
6,5%
Verteilung der Schüler/innen der PTS auf die einzelnen Fachbereiche
Quelle: Interne Erhebung des BMBWK zum Abschluss des Schuljahres 1999/2000.
Legende:
METALL
ELEKTRO
HOLZ
BAU
- Fachbereich Metall
- Fachbereich Elektro
- Fachbereich Holz
- Fachbereich Bau
H/B - Fachbereich Handel/Büro
DL
- Fachbereich Dienstleistungen
TOUR - Fachbereich Tourismus
AUTO - Schulautonome Fachbereiche
„Der schon 1998 hohe Prozentsatz jener, die einen Beruf ergreifen, der ihrem
gewählten Fachbereich in der Polytechnischen Schule entspricht, konnte noch leicht
verbessert werden.
Nur 13,7 % der Schülerinnen und Schüler ergreifen einen Beruf, der dem gewählten
Fachbereich nicht entspricht.“33
33
Härtel/Kämmerer 2001, S 17
- 41 -
8 DIE POLYTECHNISCHE SCHULE AUS DER SICHT DER
BETROFFENEN
8.1 Schülereinschätzungen zur Polytechnischen Schule
Das Zentrum für Schulentwicklung Graz hat im Rahmen der Studie zur Evaluierung
der Polytechnischen Schule auch Informationen über den Stellenwert der
Polytechnischen Schule aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler eingeholt.
Auf die Frage
„Stell dir vor, Bekannte von dir stehen vor der Entscheidung, ihre Tochter
bzw. ihren Sohn an einer Polytechnischen Schule oder an einer anderen
Schule anzumelden. Wenn sie dich fragen, was für oder gegen den
Schulbesuch an der Polytechnischen Schule spricht, welche Argumente
würdest du nennen?“
haben nur knapp 5 % der ca. 2000 befragten Jugendlichen nicht geantwortet.
Etwa 75 % der antwortenden Schülerinnen und Schüler haben sowohl Pro- als auch
Kontra-Argumente angeführt.
„97,4 % aller Schülerinnen und Schüler äußerten sich positiv
über ihre Schule.“34
In der folgenden Grafik werden die Pro- und Kontra-Argumente zur Qualität des
Unterrichts an der Polytechnischen Schule aus der Sicht der betroffenen
Schülerinnen und Schüler dargestellt.
34
Grogger in: ZSE-Report 55, S 115
- 42 -
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
UG
UI
FO
GESAMT
PRO
80,5
85,9
46,9
74,4
KONTRA
19,5
14,1
53,1
25,6
Legende:
UG
UI
FO
- Unterrichtsgestaltung
- Unterrichtsinhalte
- Schulische Anforderungen
8.2 Konkrete Aussagen von Jugendlichen zur Polytechnischen
Schule
In der Studie „Polytechnische Schulen und Schlüsselqualifikationen am Übergang
zwischen Schule und Beruf“ (Blochberger et al., 2001) werden zahlreiche Interviews
mit Schülerinnen und Schülern der Polytechnischen Schulen und weiterer Personen
im Umfeld dokumentiert.
Einige bemerkenswerte Aussagen, die die Erkenntnisse anderer Studien anschaulich
bestätigen, sind im Folgenden als Originalzitate wiedergegeben.35
„Also ich habe schon gewusst, was ich werden will; aber im Poly
dann habe ich durch die Berufsorientierung erkannt, ich will etwas
anderes werden, und da habe ich jetzt ziemlich sicher schon eine
Lehrstelle.“ (Schüler)
35
Blochberger/Hackl 2001, Anhang 226 - 242
- 43 -
„Ja ich wollte eigentlich ins POLY gehen, weil ich wollte das mit den
Fachbereichen. Und ich habe gewusst, dass man da schon so richtig
auf den Beruf vorbereitet wird und dass man da halt schon mehr
Erfahrungen für den Beruf hat.“ (Schüler)
„Ich bin im POLY weil ich noch ein Jahr in die Schule gehen muss.“
(Schüler)
„Ich wollte wirklich nicht mehr weiter in die Schule gehen, also keine
weiterführende Schule besuchen.“ (Schüler)
„Es sind ziemlich viele Freunde von mir ins POLY gegangen und die
haben gesagt: POLY ist eine voll super Schule, da wird man halt voll
gut auf den Beruf vorbereitet.“ (Schülerin)
„Im POLY rennt es ganz anders ab als in normalen Schulen. Eh als in
der HS, das kann man nicht vergleichen, weil der Unterricht ganz
anders gestaltet ist. Im POLY lernst du etwas, was dir in der
Berufsschule hilft oder in der Arbeit selbst.“ (Schüler)
„Ich habe Freunde gehabt, die sind ins POLY gegangen, ich habe die
Schule schon gekannt und die Lehrer und so, und das hat mir
getaugt.“ (Schüler)
„Da habe ich mir gedacht, dass ich ein Jahr in eine Holzfachschule
gehe. Aber mein Bruder hat gesagt, da wäre es gescheiter, wenn ich
gleich ins POLY gehe.“ (Schüler)
- 44 -
„Im POLY habe ich dann meine Berufsrichtung gefunden, weil sonst
hört man immer nur Berufe beim Reden und immer dieselben. Und
im POLY muss man sich selbst damit beschäftigen. Und das hat mir
wirklich geholfen.“ (Schüler)
„Ja da lernt man einfach wirklich andere Berufe kennen als jetzt zum
Beispiel bei den Mädchen Frisörin oder bei den Burschen KFZMechaniker. Da gibt es nämlich eh keine Lehrstellen. Und da lernst
du auch andere Berufe kennen, die keiner kennt und die dir aber
vielleicht voll taugen.“ (Schüler)
„Ich wollte Kindergärtnerin werden, habe aber die Eignungsprüfung
nicht geschafft. Jetzt muss ich ein Jahr in die PTS gehen, dann
möchte ich die Aufnahmeprüfung noch einmal probieren.“
(Schülerin)
„Wenn ich das (Berufsorientierung, Anmerkung des Autors) im POLY
nicht als Pflicht machen hätte müssen, könnte es sein, dass ich jetzt
in einem Betrieb bin, in den ich nicht passe und wo ich dann
versauere oder so. (Schüler)
Na gut, ich glaube, ich hätte dann meine Eltern, die wissen schon
auch einiges und könnten mir helfen. Aber ich will das eigentlich
selber schaffen, weil ich will nicht immer meine Eltern dabei haben.
Und da hat mir das POLY geholfen.“ (Schülerin)
„Ich hab halt schon von vielen übers POLY gehört, dass man halt
sehr gut auf den Beruf vorbereitet wird und da tun sie (die Lehrer und
Lehrerinnen, Anmerkung des Autors) sich auch was an.“ (Schülerin)
- 45 -
8.3 Einschätzungen der Lehrerinnen und Lehrer zur Neuen
Polytechnischen Schule
Im Rahmen der Evaluierungsstudie des Zentrums für Schulentwicklung wurden ca.
540 Lehrerinnen und Lehrer von 86 Schulstandorten36 hinsichtlich ihrer persönlichen
Einschätzung von verschiedenen Aspekten der Unterrichtsarbeit an der neuen
Polytechnischen Schule im Vergleich zum alten Polytechnischen Lehrgang befragt.
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
PU
FU
OL
Res
AkR
LM
KL
schlechter
1
4
3
1
2
1
3
2
8
6
gleich
8
32
44
19
17
27
47
24
44
49
besser
91
64
52
80
81
72
50
73
47
45
Grogger in: ZSE Report 55, S 38 f
Legende:
PU
FU
OL
Res
AkR
LM
KL
MdS
LdS
SL
36
- Praxisorientierter Unterricht
- Fächerübergreifender Unterricht
- Offene Lernformen
- Resonanz bei Eltern
- Akzeptanz in der Region
- Lehrermotivation
- Kooperation im Lehrerteam
- Motivierbarkeit der Schüler
- Leistungen der Schüler
- Soziales Lernen
Österreichweit bestehen ca. 2200 Lehrerdienstposten an rund 300 PTS Standorten.
- 46 -
MdS LdS
SL
8.4 Elternmeinungen zur Polytechnischen Schule
„Die aus der Sicht der Eltern an die Polytechnische Schule gerichteten
Eingangserwartungen zielen primär auf eine positiv verlaufende Berufsorientierung
und Berufsvorbereitung ab. Im Laufe des Besuches der Polytechnischen Schule stellt
sich zudem die Erwartung nach tatkräftiger Unterstützung bei der Lehrstellenfindung
ein.“37
Die Untersuchungen im Rahmen der Studie von Blochberger/Hackl weisen nach,
dass „ein Großteil der Eltern der Polytechnischen Schule vertraut“ und dass die
Lehrerinnen und Lehrer „die richtigen Schritte setzen, um ihren Kindern (bei der
Berufsüberleitung, Anmerkung des Autors) zu helfen“.38
Positiv bemerken darüber hinaus die Eltern „eine realistische Einschätzung (der
Berufschancen, Anmerkung des Autors) und die Vermittlung eines realitätsnahen
Bildes von Arbeit und Beruf.
Somit hätten die Schülerinnen und Schüler letztlich sogar einen Vorteil gegenüber
jenen, die zwar aufbauend eine mindestens dreijährige Schule besuchten, jedoch
kein angemessenes unmittelbares Verhältnis zur „Arbeit“ entwickeln konnten.“ 39
8.5 Meinungen von Partnern der Polytechnischen Schule
Auf ein Ersuchen des Vorsitzenden des österreichweit tätigen Vereines „Poly
AKTIV“ um Erklärung der im Sommer 2001 vorgebrachten Kritik an der
Polytechnischen Schule in Ballungszentren antwortete in einem Schreiben vom
23. Oktober 2001 der Präsident der Wirtschaftskammern Österreichs, Herr Dr.
Christoph Leitl:
„Sie sind auf dem richtigen Weg, die Polytechnische Schule zu einer
anerkannten Schulform zu machen, in die man gerne seine Kinder
schickt.“
37
Blochberger/Hackl 2001, S 100
Blochberger/Hackl 2001, S 100
39
Blochberger/Hackl 2001, S 100
38
- 47 -
Eine AMS-Mitarbeiterin zur Polytechnischen Schule befragt:
Frage:
Welche Erfahrungen haben Sie mit der Polytechnischen Schule im Hinblick auf die
Berufsfindung?
Antwort:
„Also
in
unserem
Bezirk
bleiben
von
100
Polytechnischen
Schülerinnen und Schüler bei der Lehrstellensuche zwei, drei –
höchstens fünf – übrig. Also, sie bleiben eher in anderen Schulen
über.“40
Frage:
Dass vom Poly maximal so fünf übrig bleiben führen Sie worauf zurück ?
Antwort:
„Weil sich die Polytechnischen Schulen sehr darum kümmern,
erstens um die Schnupperplätze – also das ist eines der wichtigsten
Dinge, weil dort wirklich die Lehrplätze quasi schon fixiert werden –
und dann tatsächlich auch um Arbeitsplätze (Lehrstellen, Anmerkung
des Autors), was in anderen Schulen nicht so ist. Deshalb denke ich
mir, die Schüler haben an anderen Schulen weniger Unterstützung
als eben im POLY.“41
40
41
Blochberger/Hackl 2001, Anhang 12
Blochberger/Hackl 2001, Anhang 12
- 48 -
9 PERSPEKTIVEN UND ZIELE ZUR WEITERENTWICKLUNG DER POLYTECHNISCHEN SCHULE
Berufsfindungs- und Berufsüberleitungsprojekte
Das hohe Niveau in der Erfüllung dieses Auftrages muss durch weitere Projekte
gesichert und ausgebaut werden:

Ausbau der Polytechnischen Schulen zu regionalen Kompetenzzentren für
Berufsfindung und Berufsüberleitung (Berufsfindungsbegleitung).
Dies erfordert eine Intensivierung der Kooperationen zwischen Polytechnischen Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufsschule, BMHS),
Lehrbetrieben und ausserschulischen Institutionen.

Weitere Umsetzung von Projekten, die vom Europäischen Sozialfonds
(ESF-Ziel 3) anerkannt sind:
-
Instrument 2.4.a: Bewerbungsmanagement und Berufsorientierung für
Mädchen in neuen Berufsfeldern.
-
Instrument 4.2d: IKT Fort- und Weiterbildung für Lehrer/innen mit dem Ziel,
Jugendlichen Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln zu können, um einen
verbesserten Berufseinstieg zu gewährleisten.

Intensivierung
und
Verbesserung
Berufseinstiegschancen
Ballungszentren
und
speziell
für
der
für
Berufsüberleitung
Mädchen,
„benachteiligte“
für
für
und
Jugendliche
Jugendliche
mit
in
geringen
Ausbildungschancen.
Bildungsmanagement im Schulsystem
Nach
den
schulgesetzlichen
Bestimmungen
erlangen
Absolventinnen
und
Absolventen Polytechnischer Schulen schon jetzt Berechtigungen für den Übertritt in
die Berufsschule bzw. in berufsbildende mittlere oder höhere Schulen:
a) An Berufsschulen entfällt der Beobachtungszeitraum für die Leistungsgruppen im betriebswirtschaftlichen und fachtheoretischen Unterricht
(SchUG § 31b. Abs. 1a)
b) Aufnahme ohne Aufnahmeprüfung in die 1. Klasse BMHS (SchOG § 55
Abs. 1 bzw. § 68 Abs. 1) und AHS (SchOG § 49 Abs. 3)
- 49 -
c) Übertritt in die 2. Klasse einer BMS im entsprechenden Fachbereich (Erlass
des bm:bwk – GZ 17.600/72-II/2a/97)
Im Sinne einer Sicherung der Vielfalt des Bildungsangebotes und eines „sorgsamen
Umganges mit der Lebenszeit junger Menschen durch Anerkennung von Vorwissen
und abgelegten Prüfungen“ (Regierungsprogramm 2000, S. 55) müssen weitere
vertikale Kooperationen im Bildungssystem angestrebt werden:

Flexible Lösungen bezüglich „Schulbesuch – Höchstdauer“

Abschlüsse
und
verbesserte
Anrechnungen
in
der
angestrebten
Berufsausbildung nach intensiver Berufsorientierung und Berufsgrundbildung

Verstärkt
praxisorientierter
und
handlungszentrierter
Unterricht
in
Kooperation mit Lehrbetrieben, Berufsschulen und BMHS

Verbesserung der Nahtstelle am Übergang „Schule – Beruf“ unter
Berücksichtigung unterschiedlicher Rahmenbedingungen im städtischen
bzw. ländlichen Raum im Hinblick auf die jeweilige Bildungs- und
Wirtschaftsumgebung und den unterschiedlichen Leistungspotenzialen der
Schülerinnen und Schüler

Erarbeitung von Kooperationsformen und Verfahren zur optimierten
Abstimmung an Nahtstellen und Übergängen, die auf die positiven
Erfahrungen
bei
der
Berufsüberleitung
und
erprobten
Inhalte
der
Polytechnischen Schule aufbauen.
Informationstechnologie
Die ständig wachsenden Bedürfnisse in allen Berufsbereichen erfordern eine
permanente Weiterentwicklung der IT–Ausbildung.

Die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im IT–Bereich sind auf
aktuelle wirtschaftliche Standards (Europäischen Computerführerschein,...)
ausgerichtet

Einsatz des Computers in allen Unterrichtsfächern und fächerübergreifend
nach modernen methodisch-didaktischen Konzepten

Projektmanagement über Internetplattformen sowie Austausch von Projekten
für die Unterrichtsarbeit

Einbeziehung von „e-learning“ für Lehrer/innen und Schüler/innen
- 50 -
Grundkompetenzen (Schlüsselqualifikationen)
Die Entwicklung, Förderung und Erwerb von Schlüsselqualifikationen gehören zu den
Hauptanliegen der Polytechnischen Schulen.

Entwicklung von Lehr- und Lernmethoden für den kompetenzorientierten
Unterricht zur Förderung der Flexibilität jedes Einzelnen

Ausarbeitung
von
„good
practice“
Modellen
zum
Erwerb
von
Schlüsselkompetenzen

Förderung und Sicherung von Grundfertigkeiten als Vorqualifikation für die
Berufsausbildung und als Schlüssel für ein eigenständiges Lernen
Lehrerfort- und –weiterbildung
Aufbauend auf das neue Akademiestudiengesetz (BGBl. I, Nr. 94/1999) und die
Akademiestudienordnung (BGBl. Nr. II/2000) haben Lehrerinnen und Lehrer die
Möglichkeit, sich für den Unterricht an der Polytechnischen Schule zu qualifizieren.

Diplomstudien für das Lehramt an der Polytechnischen Schule und
Akademielehrgänge für einzelne Unterrichtsgegenstände und Fachbereiche

Weiterentwicklung der bedarfsorientierten (praxisnahen) Fort- und Weiterbildung für einen handlungs-, kompetenz- und projektorientierten Unterricht

Modulares Ausbildungskonzept zur Qualifizierung für den Unterricht an
Polytechnischen Schulen an Pädagogischen Instituten und künftigen
Pädagogischen Hochschulen (auch bundesländerübergreifend)
Rahmenbedingungen
Wichtige Rahmenbedingungen für Polytechnische Schulen zur Beibehaltung und
Verbesserung der Qualitätsstandards müssen weiter optimiert werden.

Ausreichende Ressourcen zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben und
Erfüllung der Lehrplanziele der Polytechnischen Schule sind sicherzustellen

Reformierung der Standortstrukturen nach schülergerechten Überlegungen
und im Sinne einer optimalen Interessensdifferenzierung

Einheitliche
Ausstattungsstandards
bedingen
die
Optimierung
der
Qualitätsstandards

Weitere
Anrechnungen
und
Berechtigungen
gewährleisten
schülergerechte Durchlässigkeit und berufliche Ausbildung
- 51 -
eine
10 LITERATURVERZEICHNIS
Blochberger, B. [; Hackl, B.]: Polytechnische Schulen und
Schlüsselqualifikationen am Übergang zwischen Schule und Beruf. Wien
bm:bwk 2001
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Polytechnischen Schule. Wien bm:bwk 2002
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (bm:bwk): Die
neue Polytechnische Schule, Wien 1998
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (bm:bwk):
Verordnungsblatt über den Lehrplan der Polytechnischen Schule (BGBl.Nr. II
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Graz 2001
Haider, F.[;et al.]: Statistische Entwicklung der Polytechnischen Schule. bm:bwkStatistik, Wien 2001
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Unterricht, Heft 9-10, Wien 2000
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Havlicek, K.[; et al.]:Berufsorientierung und Berufsfindung auf der neunten
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Klimmer, S. [; Schlögl, P.]: Kompetenzen von Schulpflichtabgänger/innen.
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Steinringer,J. [;et al.]: Was will die Wirtschaft zum Lehranfang. Institut für
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Übergang Schule – Beruf. In: Erziehung und Unterricht, Heft 9-10, Wien
2000
Weißenlehner, O.: Die Polytechnische Schule in NÖ – Die Umsetzung der PTSReform. In: Erziehung und Unterricht, Heft 9-10, Wien 2001
Wirtschaftskammer NÖ (Hrsg.): Statistik 2000
- 53 -
11 ANHANG
- 54 -
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