Evaluationsbericht DIE POLYTECHNISCHE SCHULE Zusammenfassung der Studien Schlussfolgerungen und Perspektiven Mai 2002 Impressum: Herausgeber: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Abteilung I/9a DPTS Franz Haider Autor: BSI OSR Othmar Weißenlehner Stellungnahmen und Beratung: MinR Dr. Günther Grogger, Zentrum für Schulentwicklung Graz Gestaltung und Lay-out: Eveline Löffler Erste Auflage: Juni 2002 Im Internet unter : www.polynet.at Vorwort Im Schulgesetz 1962 wurde die Polytechnische Schule als Polytechnischer Lehrgang eingeführt. Dieser Lehrgang war als neuntes Schuljahr, als Abschluss der Pflichtschulzeit und als Vorbereitung auf die duale Berufsausbildung konzipiert. Mit dem Projekt „Poly2000“ wurde eine Reform dieses Schulangebotes vorgenommen, welche schlussendlich zur Neuformulierung der Aufgaben im SCHOG im Jahr 1996 führte. Auch die Umbenennung in Polytechnische Schule wurde vorgenommen. Die neue Aufgabenstellung sind die Erweiterung und Vertiefung der Allgemeinbildung, die umfassende Vorbereitung für eine Berufsentscheidung sowie die Vermittlung von Berufsgrundbildung. In verschiedenen Studien wurde die neue Polytechnische Schule evaluiert und das Ergebnis ist äußerst erfreulich. Die Schülerzahlen sind seit 1997 steigend und 90,5 % aller Schülerinnen und Schüler haben nach Schulabschluss eine Lehrstelle oder einen Platz in einer weiterführenden Schule. In den Studien wird bestätigt, dass die Schule ihre Kernaufgaben sehr gut erfüllt und dass durch die Reform ein Imagegewinn zu verzeichnen ist. Die Schulqualität wurde entscheidend verbessert und die Rahmenbedingungen sind durch einen modernen zukunftsorientierten Lehrplan mit schulautonomen Gestaltungsmöglichkeiten neu gesteckt worden. Diese Erfolge sind jedoch nur möglich, weil sehr engagierte Lehrerinnen und Lehrer mit den Jugendlichen arbeiten. Ich danke allen für diesen großen Einsatz und für die wertvolle Arbeit zum Wohle der jungen Menschen und für die Zukunft unseres Landes. Elisabeth Gehrer Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Inhaltsverzeichnis: 1 SUMMERY _____________________________________________________ 7 2 EINLEITUNG __________________________________________________ 10 3 DIE GESETZLICHEN RAHMENBEDINGUNGEN DER POLYTECHNISCHEN SCHULE (PTS) __________________________ 11 3.1 Die Aufgaben der Polytechnischen Schule ____________________________________________ 11 3.2 Der Lehrplan der Polytechnischen Schule ____________________________________________ 12 3.3 Berufsorientierung - Berufsfindung _________________________________________________ 15 3.4 Berufsgrundbildung ______________________________________________________________ 17 3.5 Erweiterung und Vertiefung der Allgemeinbildung ____________________________________ 18 3.6 Didaktisches Konzept _____________________________________________________________ 19 4 EVALUIERUNG DER POLYTECHNISCHEN SCHULE __________________ 21 4.1 Evaluierung als Teil der Qualitätsentwicklung der Polytechnischen Schule_________________ 21 4.2 Evaluierung der Polytechnischen Schule als besonderer Auftrag des Regierungsprogrammes ________________________________________________________ 22 4.3 Bundesweite Evaluierungsmaßnahmen ______________________________________________ 22 4.3.1 Abgeschlossene Studien und Erhebungen __________________________________________ 22 4.3.2 Weitere Studien ______________________________________________________________ 23 5 KERNAUSSAGEN DER EVALUIERUNGSSTUDIEN ZUR POLYTECHNISCHEN SCHULE________________________________ 25 6 WESENTLICHE ASPEKTE DER EVALUIERUNG DER NEUEN POLYTECHNISCHEN SCHULE ____________________________________ 27 6.1 Kernaussagen der Berufsüberleitungsstudie von Härtel / Kämmerer ______________________ 27 6.1.1 Zur Wirksamkeit der Berufsorientierungs- und Berufsfindungsmaßnahmen _______________ 27 6.1.2 Über die Wirksamkeit der Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen ________________ 28 6.2 Lernbereitschaft und Motivation von Schülerinnen und Schülern an Polytechnischen Schulen ________________________________________________________ 34 6.3 Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern der Polytechnischen Schule im Vergleich zu ihren Jahrgangskolleginnen und -kollegen bezüglich Leistungsgruppeneinstufung in Deutsch, Englisch und Mathematik_______________________ 35 6.4 Vermittlung von Schlüsselqualifikationen als Anliegen der Polytechnischen Schule __________ 36 7 ENTWICKLUNG DER SCHÜLERZAHLEN AN POLYTECHNISCHEN SCHULEN 1994/95 – 2000/01 ___________________ 38 8 DIE POLYTECHNISCHE SCHULE AUS DER SICHT DER BETROFFENEN ____________________________________________ 42 8.1 Schülereinschätzungen zur Polytechnischen Schule ____________________________________ 42 8.2 Konkrete Aussagen von Jugendlichen zur Polytechnischen Schule ________________________ 43 8.3 Einschätzungen der Lehrerinnen und Lehrer zur Neuen Polytechnischen Schule____________ 46 8.4 Elternmeinungen zur Polytechnischen Schule _________________________________________ 47 8.5 Meinungen von Partnern der Polytechnischen Schule __________________________________ 47 9 PERSPEKTIVEN UND ZIELE ZUR WEITERENTWICKLUNG DER POLYTECHNISCHEN SCHULE ____________________________________ 49 10 LITERATURVERZEICHNIS _______________________________________ 52 11 ANHANG _____________________________________________________ 54 1 SUMMERY Grundsätzliche Ziele der neuen Polytechnischen Schule (PTS) In der 17. Novelle des Schulorganisationsgesetzes (BGBl. 30.12.1996) wurden die Aufgaben der Polytechnischen Schule neu definiert: Erweiterung und Vertiefung der Allgemeinbildung Vorbereitung der Berufsentscheidung durch praktische Berufsorientierung (Berufsfindung) Vermittlung einer Berufsgrundbildung in Fachbereichen Berücksichtigung der Interessen, Neigungen, Begabungen und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler Qualifizierung für Übertritt in Lehre und Berufsschule Befähigung für den Übertritt in weiterführende Schulen (Berufsüberleitung) Der neue Lehrplan (ab 1997/98) wurde so gestaltet, dass neben allgemein bildenden auch neue berufsgrundbildende Schwerpunktsetzungen erfolgen können. Berufsgrundbildung Die Berufsgrundbildung in der Polytechnischen Schule vermittelt auf große Berufsfelder (Gruppen von verwandten Lehrberufen) bezogene grundlegende Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten, die in der weiteren Ausbildung und im späteren Leben als breite Basis nutzbar sind und einen Beitrag zur Berufsorientierung leisten. Die Berufsgrundbildung wird in Form von alternativen Fachbereichen angeboten. Technische Fachbereiche: METALL, ELEKTRO, HOLZ, BAU Wirtschaftlich, sozial, kommunikative Fachbereiche: HANDEL–BÜRO, DIENSTLEISTUNGEN, TOURISMUS Regionalen Gegebenheiten aus dem Bereich der weiterführenden Schulen und der Wirtschaft sowie den Interessen und Begabungen der Schüler/innen kann durch die Führung autonomer Fachbereiche entsprochen werden. Didaktisches Konzept Die didaktischen Konzepte der Polytechnischen Schule sind auf handlungsorientiertes Lernen und fächerübergreifende Zusammenhänge ausgerichtet, um schülerzentriert die Schülerinnen und Schüler zu eigenständigem Lernen und zum Entwickeln von persönlichen Zukunftsperspektiven zu motivieren. Der interessensorientierte Unterricht an der Polytechnischen Schule ist weiters handlungs- und kompetenzorientiert, kooperativ und ganzheitlich.1) 1 Weißenlehner, O.: Berufsgrundbildung in der Polytechnischen Schule am Übergang Schule – Beruf. In: Erziehung und Unterricht 9-10/2000. Wien 2000 -7- Kernaussagen der Evaluierungsstudien zur Polytechnischen Schule „Die Polytechnische Schule kann ihre Kernaufgabe einer optimalen Berufsorientierung und Berufsüberleitung Jugendlicher sehr gut erfüllen.“ 2) Die Bestrebungen der Polytechnischen Schule – beginnend mit dem Schulversuch POLY 2000 – haben zu einer verstärkten Orientierung und Berufsgrundbildung in Verbindung mit praxisorientierten Ausbildungselementen und Betriebskontakten (auch in schwierigen Situationen der Lehrplatzsuche) geführt. Nahezu alle (über 99 %) aller Schüler/innen wissen zu Ende des Schuljahres, was sie tun wollen. 90 % der PTS-Absolventinnen und -Absolventen haben bereits in der letzten Schulwoche ihren Ausbildungsplatz gesichert oder zumindest gute Chancen auf eine Lehrstelle. In allen wesentlichen Bereichen (Berufsorientierung und Berufsüberleitung) konnten die Erfolge seit 1997/98 weiter verbessert werden. Durch die Reform Imagegewinn der Polytechnischen Schule 2) 3) 4) Starker regionaler Imagegewinn, große Akzeptanz bei Lehrberechtigten Akzeptanz der Polytechnischen Schule bei Eltern gestiegen Rückmeldungen von Berufsschullehrerinnen und –lehrern bestätigen deutlichen Anstieg des Wissens oder bessere Arbeitshaltungen bei PTSAbsolventinnen und -Absolventen Verbesserung der Schulqualität 2) 4) Die Lernmotivation der Schüler/innen hat messbar zugenommen PTS-Schüler/innen sind leistungsfähig. Etwa die Hälfte gehörte in der 8. Schulstufe der 1. und 2. Leistungsstufe an. Hohe Übereinstimmung Fachbereich – Lehrplatz; nur 13,7% der Schüler/innen ergreifen eine Berufsausbildung, die dem gewählten Fachbereich nicht entspricht Weckung und Förderung von Begabungsreserven bei Schülerinnen und Schülern durch handlungs- und praxisorientierten Unterricht Härtel, P. [; Kämmerer, E.]: Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen – Wege der Absolvent/innen nach der PTS. Wien 2001 3) Blochberger, B. [; Hackl, B.]: Polytechnische Schulen und Schlüsselqualifikationen am Übergang zwischen Schule und Beruf. Wien 2001 4) Grogger, G.: Evaluation der neuen Polytechnischen Schule. In: ZSE-Report 54. Graz 2001 2) -8- Positive Entwicklung der Rahmenbedingungen 5) Moderner, zukunftsorientierter Lehrplan weit reichende schulautonome Gestaltungsmöglichkeiten bei fixen Kernelementen Engagierte Lehrerteams Verbesserung der Lehrerqualifikation und Schulausstattung Intensivierung der Kontakte und Kooperation mit der Wirtschaft „Die Ergebnisse der Erhebung zeigen, dass die Polytechnische Schule nach der Reform ihren Hauptaufgaben in hohem Maße erfolgreich nachkommt.“ 6) „Die Polytechnische Schule erfüllt in hohem Maße die Aufgabe, junge Menschen zu einer persönlichen Orientierung über künftige Wege in Ausbildung und Beruf zu führen.“ 7) „Österreichweit haben 90,5 % aller PTS Schülerinnen und Schüler noch vor Abschluss des Schuljahres ihren Berufsausbildungsweg gesichert. (Schuljahr 1999/2000)“ 6) „Insgesamt hat sich die Anzahl jener Absolventen/innen der PTS erhöht, die zum Zeitpunkt des Schulschlusses eine Lehrstelle fix oder verlässlich in Aussicht haben (seit 1998 um 1,4% Punkte).“ 6) Von 1994 – 2000 stieg die Schülerzahl an den Polytechnischen Schulen um 14,3 %. 8) Entwicklung der Schülerzahlen an Polytechnischen Schulen 1994/95 – 2000/01 25000 20000 Gesamt Burschen Mädchen 15000 10000 5000 0 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 5) Svecnik, E.: Der Stellenwert überfachlicher Kompetenzen in Österreichischen Lehrplänen der Sekundarstufe II. Lehrplananalysen als Beitrag zur Klärung der Begrifflichkeiten. Zentrum für Schulentwicklung, Bereich II, ZSE Report 54, Graz 2001 6) Härtel, P. [; Kämmerer, E.]: Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen – Wege der Absolvent/innen nach der PTS. Wien 2001 7) Blochberger, B. [; Hackl, B.]: Polytechnische Schulen und Schlüsselqualifikationen am Übergang zwischen Schule und Beruf. Wien 2001 8) Quelle: Kenndaten des österreichischen Schulwesens, bm:bwk -9- 2 EINLEITUNG In einer Zeit des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels, der Änderungen in der jugendlichen Sozialisation1 hat die Polytechnische Schule die Herausforderung angenommen, junge Menschen am Übergang Schule – Beruf zu begleiten und mit ihnen ihre Handlungsfähigkeit im Hinblick auf eine „Berufseinstiegsreife“ zu entwickeln. (Weissenlehner, 2000, S.1092) Schon mit der Einführung dieser Schulart als Polytechnischer Lehrgang mit dem Schulorganisationsgesetz 1962 und der Konkretisierung ab 1966 zählte die Vorbereitung auf die duale Berufsausbildung zu den Kernaufgaben. Neben dem Unterrichtsfach „Berufskunde“ war es vor allem die „Praktische Berufsorientierung“ in Realbegegnungen, die Jugendlichen Orientierung und Einblick in die künftige Ausbildungs- und Berufswelt vermitteln sollte. Die lange vorherrschende Situation des Mangels an Bewerbern für offene Lehrstellen bot den Absolventen bis weit in die 80er Jahre hinein einen offenen und weitgehend problemlosen Zugang zur Lehre, wobei allerdings aus dem Polytechnischen Lehrgang selbst häufig auf Imagedefizite, später auch auf rückläufige Schülerzahlen hingewiesen wurde. Mit den breit angelegten Schulversuchen „POLY 2000“ griff man seitens engagierter Vertreter der Polytechnischen Lehrgänge aus allen Bundesländern und des zuständigen Ministeriums in der 1. Hälfte der 90iger Jahre diese Situation auf und entwickelte Konzepte und Modelle zur Neugestaltung dieser Schulart. Die Schulversuche „PL 2000“ verfolgten etwa folgende Ziele: Erweiterung und Vertiefung der Allgemeinbildung Vorbereitung der Berufsentscheidung durch praktische Berufsorientierung Vermittlung einer Berufsgrundbildung Berücksichtigung der Interessen, Neigungen, Begabungen und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler Qualifizierung für den Übertritt in Lehre und Berufsschule Befähigung für den Übertritt in weiterführende Schule 1 Kinder und Jugendliche kommen heute mit anderen Vorerfahrungen und Erwartungshaltungen als etwa vor 20 Jahren in unsere Schulen. Die Kinder und Jugendlichen sind unsicherer, individualistischer, anspruchsvoller, kritischer geworden, hin- und hergerissen zwischen widersprüchlichen realen und medial vermittelten Erfahrungen und weniger bereit, sich Anordnungen Erwachsener zu fügen. - 10 - 3 DIE GESETZLICHEN RAHMENBEDINGUNGEN DER POLYTECHNISCHEN SCHULE (PTS) 3.1 Die Aufgaben der Polytechnischen Schule Die Schulversuche „PL 2000“ führten 1996 zur Neuformulierung der Aufgaben der Polytechnischen Schule in der 17. Novelle des Schulorganisationsgesetzes (BGBl.Nr. 766 vom 30.12.1996) und zur Verordnung eines neuen Lehrplanes, der ab dem Schuljahr 1997/98 voll zum Tragen kam. Die Bildungsaufgabe der Polytechnischen Schule wurde im § 28 SchOG definiert: (1) Die Polytechnische Schule schließt an die 8. Schulstufe an und umfasst eine Schulstufe. Sie hat auf das weitere Leben insbesondere auf das Berufsleben dadurch vorzubereiten, als sie die Allgemeinbildung der Schüler in angemessener Weise zu erweitern und zu vertiefen, durch Berufsorientierung auf die Berufsentscheidung vorzubereiten und eine Berufsgrundbildung zu vermitteln hat. Die Schüler sind je nach Interesse, Neigung, Begabung und Fähigkeit für den Übertritt in Lehre und Berufsschule bestmöglich zu qualifizieren sowie für den Übertritt in weiterführende Schulen zu befähigen. Die Polytechnische Schule ist für Schüler, die die 8. Schulstufe erfolgreich abgeschlossen haben, die 9. Schulstufe. (2) Die Schüler können in den Pflichtgegenständen Deutsch, Lebende Fremdsprache und Mathematik durch Differenzierungsmaßnahmen (Leistungsgruppen, Interessensgruppen) sowie durch einen nach Wahl des Schülers erweiterten Unterricht im technischen Bereich oder wirtschaftlich/sozial/ kommunikativen Bereich oder in einem sonstigen den Interessen der Schüler und der Wirtschaftsstruktur der Region entsprechenden Bereich in besonderer Weise gefördert werden. (3) Schüler ohne erfolgreichen Abschluss der 8. Schulstufe sind hinsichtlich ihrer Befähigung für das Arbeits- und Berufsleben besonders zu fördern und zu einem bestmöglichen Bildungsabschluss zu führen. Die neue Polytechnische Schule wurde für jene Schülerinnen und Schüler, die eine positive 8. Schulstufe abgeschlossen haben als 9. Schulstufe konzipiert. Sie ist aber - unter Anwendung eines besonderen Förderprogrammes - für alle im letzten Jahr ihrer Schulpflicht als Vorbereitung für den Übertritt in die Berufsausbildung offen. - 11 - 3.2 Der Lehrplan der Polytechnischen Schule Auf Grund der gesetzlichen Aufgaben der Polytechnischen Schulen und wegen der Bestimmungen zur Schulautonomie war eine Novellierung des Lehrplanes unter Einbeziehung der aktuellen Gesichtspunkte der Lehrplanentwicklung erforderlich. Laut § 29 SchOG hat der Lehrplan zu enthalten: (1)Im Lehrplan (§ 6) der Polytechnischen Schule sind vorzusehen: a) als Pflichtgegenstände: Religion, Lebenskunde, Deutsch, eine lebende Fremdsprache, Mathematik, Politische Bildung, Wirtschaftskunde, Naturkunde und Ökologie, Gesundheitslehre, Berufsorientierung, Leibesübungen; b) als alternative Pflichtgegenstände: die im Hinblick auf die Berufsgrundbildung sowie zur Erweiterung und Vertiefung der Allgemeinbildung erforderlichen Unterrichtsgegenstände; diese können in Fachbereiche zusammengefasst werden, die Berufsfeldern entsprechen. (2) Für körperbehinderte und sinnesbehinderte Schüler hat die Schulbehörde erster Instanz unter Bedachtnahme auf die Behinderung und die Förderungsmöglichkeiten sowie die grundsätzliche Erfüllung der Aufgabe der Polytechnischen Schule (§ 28) Abweichungen vom Lehrplan festzulegen. Der neue Lehrplan wurde so gestaltet, dass einerseits neue berufsgrundbildende Schwerpunktsetzungen erfolgen können und andererseits die Unterrichtsarbeit an den Schulen auf die Interessen der Schülerinnen und Schüler sowie auf regionale Erfordernisse flexibel reagieren kann. Im Lehrplan ist für die alternativen Pflichtgegenstände zum besseren Erkennen des Wesentlichen ein Kernbereich festgelegt. Schülerinnen und Schüler mit Lernschwächen werden vor allem im Kernbereich gefördert, wodurch sie ausgehend vom individuellen Bildungsstand zu einem bestmöglichen Bildungsabschluss geführt werden können. Mögliche innere und äußere Differenzierungsmaßnahmen berücksichtigen unterschiedliche Leistungsfähigkeit, Lernmotivation und Berufsperspektiven und führen – im Besonderen bei Schülerinnen und Schülern mit Körper-, Sinnes- und Lernbehinderungen sowie bei Schülerinnen und Schülern mit nichtdeutscher Muttersprache - zu einer bestmöglichen Integration und einem optimalen individuellen Lernfortschritt. - 12 - Durch aufeinander abgestimmte alternative Pflichtgegenstände wurden im Hinblick auf große Berufsfelder „Fachbereiche“ geschaffen (Metall, Elektro, Holz, Bau, Handel und Büro, Dienstleistungen, Tourismus). Zusätzlich wird bei den alternativen Pflichtgegenständen (im Fachbereich) ein Erweiterungsbereich mit auf den Kernbereich aufbauenden Lehrinhalten ausgewiesen, wodurch leistungsfähige Schülerinnen und Schüler weitere Qualifikationen erlangen können. Im Lehrplan der Polytechnischen Schule wurden zukunftsweisend entsprechend offener und dynamischer Berufsfelder - technische und wirtschaftlich/sozial/kommunikative Fachbereiche geschaffen, die einen Unterricht im Bereich der Berufsorientierung und Berufsgrundbildung sowie in einer erweiterten Kompetenzvermittlung ermöglichen. Durch Freiräume im Rahmen schulautonomer Bestimmungen wird unter gemeinsamer Verantwortung der Schulpartner (Schüler, Eltern, Lehrer) und Einbindung der Schulerhalter die Entwicklung von Zielsetzungen im Rahmen eines Schulprofiles angeregt. Die Optionen in der Verwirklichung autonomer Stundentafeln an den Schulstandorten sind vielfältig und werden intensiv genützt. Dadurch können verstärkt Schülerinteressen und regionale Möglichkeiten der Arbeitswelt berücksichtigt werden. Es wurden und werden an vielen Standorten autonome Fachbereiche (z.B. Informationstechnologie, Bekleidungswesen, Mechatronik, Gesundheit und Medientechnik/-design, Körperpflege, Wohnen Mode und und Einrichten, Ökotechnik) mit ent-sprechenden Lehrplänen entwickelt, wodurch den Trends in der Berufswelt und der Schaffung neuer Lehrberufe Rechnung getragen wird.2 2 vgl. Grogger in ZSE-Report 55, 2001, S 17 - 13 - AUTONOME STUNDENTAFEL A. Pflichtgegenstände Wochenstunden Religion . Berufsorientierung und Lebenskunde Politische Bildung und Wirtschaftskunde 2 2-3 2-3 Deutsch 2-4 1 Lebende Fremdsprache Mathematik Naturkunde und Ökologie, Gesundheitslehre Leibesübungen Zwischensumme (A) 2-4 2-4 2-3 2-4 17 - 21 B. Alternative Pflichtgegenstände Technisches Seminar 2,3 Technisches Zeichnen 4 Fachkunde Werkstätte Betriebswirtschaftliches Seminar.5 Human-kreatives Seminar 6 Buchführung 7 Textverarbeitung Fachpraktische Übungen Ernährung, Küchenführung, Service Kreatives Gestalten Zweite lebende Fremdsprache 8 Zusätzliche alternative Pflichtgegst. Zwischensumme (B) 13-17 C. Verbindliche Übung Summe (A,B, C) 34 D. Freigegenstände E. Unverbindliche Übungen F. Förderunterricht FACHBEREICHE Metall Elektro Holz Bau HandelBüro Tourismus Autonom 3-5 3-5 Dienstleistungen 3-5 2-3 3-5 2-3 2-3 5-9 - 3-5 2-3 2-3 5-9 - 2-3 3-5 2-3 5-9 - 2-3 3-5 2-3 5-9 - 3-5 2-3 0-5 0-5 0-3 0-9 0-5 0-5 0-5 - - - 0-4 0-4 0-4 - 2-4 2-4 2-4 0-4 0-4 3-5 0-4 3-5 1-3 0-4 3-5 2-3 0-4 0-5 0-5 0-3 0-3 0-6 13-17 13-17 13-17 13-17 13-17 13-17 13-17 13-17 0-1 34 34 34 34 34 34 34 34 0 -4 0 -4 1 2 3 4 5 6 einschließlich Fachsprache. Technisches Seminar und Grundlagen der Elektrotechnik im Fachbereich ELEKTRO. Betriebswirtschaftliches Seminar und angewandte Informatik. 7 Buchführung und Wirtschaftsrechnen im Fachbereich HANDEL-BÜRO. 9 Die Festlegung erfolgt durch schulautonome Lehrplanbestimmungen. Technisches Seminar und Grundlagen der Mechanik im Fachbereich METALL. Techn. Zeichnen und Konstruktionsübungen im Fachbereich HOLZ bzw. BAU. Human-kreatives Seminar und fachpraktische Übungen. 8 Die Fremdsprache ist in Klammer einzusetzen. Nach der Verordnung des neuen Lehrplanes im September 1997 stellte Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer fest: „Es liegt nun an den Lehrerinnen und Lehrern, die ihr Engagement in der 30-jährigen Geschichte der Polytechnischen Schule nachhaltig bewiesen haben, an den motivierten Schülerinnen und Schülern und interessierten Eltern unter der Mitwirkung der Verantwortungsträger für weiterführende Ausbildungen die neuen Möglichkeiten und Chancen zu nutzen.“ - 14 - 3.3 Berufsorientierung - Berufsfindung An der Polytechnischen Schule ist die praktische Berufsorientierung im Hinblick auf die Berufsfindung angesichts der anstehenden Entscheidungen für einen Ausbildungsweg und auf Grund der Vielfalt an Lehrberufen ein zentrales Anliegen. Aufbauend auf den Berufsorientierungsunterricht in der Sekundarstufe I wird den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geboten, am Beginn des Schuljahres während einer Orientierungsphase3 praxisnah und projektorientiert die Anforderungen und Möglichkeiten der Arbeitswelt zu erkunden. Die Berufsorientierung findet an der Polytechnischen Schule ganzjährig statt; einerseits als eigenes Pflichtfach, andererseits als Unterrichtsprinzip in allen Gegenständen und besonders in den Fachbereichen. Kooperationen mit der regionalen Wirtschaft, Berufsschulen und ausserschulischen Institutionen (BIZ, AMS,...) stellen den notwendigen Praxisbezug her, wobei offene Lernformen und Projektunterricht zum Einsatz kommen. Exkursionen, berufspraktische Tage (Schnupperlehre), Vorträge ausserschulischer Fachkräfte sowie der Einsatz moderner Kommunikationsmedien und Technologien stellen den Bezug zur Arbeitswelt her und leisten einen wesentlichen Beitrag zu einer umfassenden Berufsorientierung. Die allgemeinen Bildungs- und Lehrplanaufgaben in dieser Hinsicht lauten:4 Der Schüler soll in Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein gefördert werden; sich seiner Neigungen, Interessen, Fähigkeiten und persönlichen Erfahrungen bewusst werden; persönliche Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit besonders im Berufsfindungsprozess entwickeln; sich Kenntnisse über Berufs- und Arbeitswelt aneignen und sich aktiv mit der gesellschaftlichen Bedeutung von Beruf und Arbeit auseinander setzen; lebensbegleitendes Lernen, kontinuierliches Neuorientieren und Qualifizieren als Erfordernis bei sich ständig verändernden Berufsanforderungen erkennen. 3 4 Nach § 11 (1) des Schulunterrichtsgesetzes: Bis zu acht Wochen vgl. Lehrplan der PTS 1997, S.20 - 15 - Konkrete Ziele der Berufsorientierung - Berufsfindung Berufsorientierung + ist prinzipielle Bildungsaufgabe aller Unterrichtsgegenstände; + unterstützt die persönliche Berufsentscheidung, + ist prozessorientiert, + macht Informationen über die Arbeitswelt zugänglich, + beinhaltet Raum für Reflexion von Erfahrungen, + bietet Möglichkeit für Erprobungen und Erkundungen, + soll arbeitnehmerisches und unternehmerisches Denken kennenund einschätzen lernen, + versetzt in die Lage, persönliche Lebens- und Berufsperspektiven zu entwickeln, + befähigt, sich selbstständig und erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt um eine Lehrstelle zu bewerben, + schafft allenfalls auch Motivation, Berufsausbildung in einer weiterführenden Schule anzustreben. Berufsorientierung an der Polytechnischen Schule ist in erster Linie Erfahrungslernen. In den ersten Wochen des Schuljahres – in der Orientierungsphase – sollen die Schülerinnen und Schüler auf der Basis der Berufsorientierungsaktivitäten der Sekundarstufe I die verschiedenen Fachbereiche anschaulich kennen lernen. Durch die Wahl eines Fachbereiches ist eine erste Stufe in der Berufsentscheidung erreicht. Unterrichtserfahrungen im gewählten Fachbereich einerseits und Erkenntnisse aus den berufspraktischen Tagen oder Wochen (Schnupperlehre) und anderen Realbegegnungen andererseits helfen bei der konkreten Entscheidung für einen bestimmten Beruf (Lehrberuf). Eine vielerorts übliche zweite berufspraktische Woche und Maßnahmen zur Verbesserung der Selbstpräsentation sollen die Suche nach einem Ausbildungsplatz erleichtern. - 16 - In dieser Phase der Berufsüberleitung werden die Schülerinnen und Schüler von Lehrerinnen und Lehrern an Polytechnische Schulen durch persönliche Beratung und Betreuung aktiv unterstützt. 3.4 Berufsgrundbildung Die Berufsgrundbildung in der Polytechnischen Schule vermittelt auf Berufsfelder (Gruppen von verwandten Lehrberufen) bezogene grundlegende Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten, die in der weiteren Ausbildung und im späteren Leben als breite Basis nutzbar sind und einen Beitrag zur Berufsorientierung leisten.5 Die Berufsgrundbildung wird in Form von alternativen Fachbereichen angeboten. Der Lehrplan der Polytechnischen Schule sieht folgende Fachbereiche vor: A) Technische Fachbereiche: METALL ELEKTRO HOLZ BAU B) Wirtschaftlich/sozial/ kommunikative Fachbereiche: HANDEL – BÜRO DIENSTLEISTUNGEN TOURISMUS C) Schulautonome Fachbereiche: z.B.: INFORMATIONSTECHNIK MECHATRONIK MODE UND BEKLEIDUNG u.a. Schulautonome Fachbereiche können geführt werden, falls regionale Gegebenheiten und die berufliche Interessenslage einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern einer anderen Berufsgruppe entsprechen. In den letzten Jahren wird an zahlreichen informationstechnischer Fachbereich angeboten. 5 vgl. Lehrplan der Polytechnischen Schule 1997, S.4 - 17 - Polytechnischen Schulen ein Eine bundesweite Arbeitsgruppe hat Vorschläge für eine gewisse Standardisierung auch für diesen Bereich ausgearbeitet. Da die überwiegende Zahl der Absolventinnen und Absolventen der Polytechnischen Schulen als Lehrlinge eine duale Berufsausbildung anstreben, hat die Berufsgrundbildung auch zum Ziel, dass Schülerinnen und Schüler a) theoretisch und praktisch Erlerntes auf neue Situationen anwenden, b) Vorteile und Eigenarten einer Dualität von Arbeit und Ausbildung erkennen und nutzen lernen und c) durch praktisches, beruflich anwendbares Lernen auf einen frühen Berufseintritt vorbereitet werden. 3.5 Erweiterung und Vertiefung der Allgemeinbildung Der Unterricht an der Polytechnischen Schule baut auf die Vorbildung der ersten 8 Schuljahre auf, erweitert und vertieft die fachlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler, fördert Schlüsselqualifikationen, und unterstützt verstärkt ihre ihre persönlichen Methodenkompetenz und und sozialen hat umfassende Handlungskompetenz zum Ziel.6 Im Lehrplan werden folgende besondere Ziele angesprochen: Die Schüler sollen für das weitere Leben bedeutsame Fähigkeiten und Kenntnisse vertiefen und erweitern, sich mit wesentlichen Fragen ihres künftigen Lebens auseinander setzen, sich auf neue Techniken, insbesondere Kommunikations- und Informationstechniken vorbereiten, ihre Kreativität entwickeln, ihr Urteils- und Entscheidungsvermögen ausbauen, theoretisch und praktisch Erlerntes auf neue Situationen anwenden können, persönliche und berufliche Handlungsfähigkeit (Selbst-, Sozial- und Sachkompetenz) entwickeln, sich auf Mobilität und lebensbegleitendes Lernen einstellen 6 vgl. Weißenlehner 2000, S.1092 ff - 18 - eine Mit diesen Zielstellungen entspricht die Polytechnische Schule den „konkreten künftigen Zielen der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung“ des Rates der Europäischen Union: - Weiterentwicklung der Grundfertigkeiten, Verstärkung der Lese-, Schreib- und Rechenfertigkeit - Zugang zu den Informations- und Kommunikationstechnologien und der grundsätzlichen Idee des „lifelong learning“ (Vordokument 5680/01 EDUC 18, des Rates der Europäischen Union Lissabon 2001) 3.6 Didaktisches Konzept Wesentliches Anliegen des Lehrplanes ist, die didaktischen Konzepte auf handlungsorientiertes Lernen und fächerübergreifende Zusammenhänge auszurichten, um die Schülerinnen und Schüler zu eigenständigem Lernen und zum Entwickeln von persönlichen Zukunftsperspektiven zu motivieren. Eine handlungsorientierte Didaktik ist schülerzentriert. Daher nimmt die Polytechnische Schule die Jugendlichen ernst und baut auf ihren Interessen und Bedürfnissen auf.7 problemorientiert handlungsorientiert autonomieorientiert Ein solcher Unterricht ist kompetenzorientiert kooperativ ganzheitlich 7 vgl. Jäger 2001, S.37 - 19 - Als spezielles Motto für das PTS spezifische didaktische Konzept wurde der Slogan „PRAXIS LERNEN“ kreiert und in folgendem LOGO publiziert: Das Logo wurde 1998 von der Polytechnischen Schule Leibnitz entwickelt. - 20 - 4 EVALUIERUNG DER POLYTECHNISCHEN SCHULE 4.1 Evaluierung als Teil der Qualitätsentwicklung der Polytechnischen Schule Die Entwicklung des Polytechnischen Lehrganges zur Polytechnischen Schule in den letzten 10 Jahren ist ein bemerkenswertes Beispiel für einen (wissenschaftlich) begleiteten österreichweiten Schulentwicklungsprozess. Ausgehend von einer Bestandsaufnahme bei einer gesamtösterreichischen Tagung im Oktober 1990 in St. Pölten und der Reflexion dieser Ergebnisse in einer bundesweiten Arbeitsgruppe zur Polytechnischen Schule entwickelten engagierte Vertreter der Polytechnischen Lehrgänge - gemeinsam mit dem bm:bwk – Konzepte und Modelle zur Neugestaltung dieser Schulart. Dies führte zu den Schulversuchen „PL 2000“.8 Die Ziele und Vorhaben dieser Versuche wurden im Rahmen einer laufenden Qualitätsdiskussion überprüft, verbessert und führten schließlich 1996/97 zu konkreten Maßnahmen (SchOG-Novelle, Lehrplanverordnung, umfangreiche Weiterbildungsmaßnahmen, Verbesserung der Ausstattung) und zur Realisierung der neuen Polytechnischen Schule. Da die Reform der Polytechnischen Schule neben der konkreten Entwicklung an den einzelnen Schulen ein gesamtösterreichischer Prozess ist, wurden vom bm:bwk umfassende Evaluierungsmaßnahmen vorgesehen. 8 vgl. Weißenlehner 2001, S.981 ff - 21 - 4.2 Evaluierung der Polytechnischen Schule als besonderer Auftrag des Regierungsprogrammes „Besonders wichtig sind dabei die Sicherung der Qualität und der finanziellen Rahmenbedingungen sowie die Weiterentwicklung der Bildungsangebote mit zukunftsweisenden Inhalten.“9 Diesem Grundsatz entsprechend wurde im Regierungsprogramm 2000 die „Evaluierung der Polytechnischen Schule“ verankert und weiters bestimmt: „... dabei soll vor allem darauf geachtet werden, ob das Ziel eines Berufsfindungsjahres erreicht werden konnte (Evaluierungszeitraum bis 2002)“.10 4.3 Bundesweite Evaluierungsmaßnahmen 4.3.1 Abgeschlossene Studien und Erhebungen In den letzten 10 Jahren wurden im Auftrag des bm:bwk mehrere Studien zur Evaluierung der neuen Polytechnischen Schule durchgeführt. Die Abteilung Evaluation und Schulforschung des ZSE in Graz führte unter der Leitung von MinR Dr. Günther Grogger mehrere Projekte zur Evaluation des Schulversuchs PL 2000 und der neuen Polytechnischen Schule durch. Die Ergebnisse bundesweiter Befragungen von Lehrer/innen und Schüler/innen liegen in Form von Arbeitspapieren und ZSE-Reports vor. Die Ergebnisse zur Evaluation der Polytechnischen Schule wurden im ZSE-Report 55 (September 2001) veröffentlicht. Bereits zum Abschluss des Schuljahres 1997/98 wurde Dr. Peter Härtel von der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft der Steiermark und Dr. Erwin Kämmerer vom Pädagogischen Institut des Bundes in der Steiermark mit einer österreichweiten Erhebung zur Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen beauftragt. Zum Abschluss des Schuljahres 1999/2000 wurde die österreichweite Erhebung 9 Regierungsprogramm 2000 Regierungsprogramm 2000, Kapitel Bildung, Punkt 2 „Sicherung der Vielfalt des Bildungsangebotes“ 10 - 22 - Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen“ (Wege der Absolventinnen und Absolventen nach der PTS) durch Härtel / Kämmerer wiederholt. 1999/2000 untersuchte Dr. Johann Steinringer (Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft) im Zusammenhang mit der Polytechnischen Schule „Anforderungen an Lehranfänger in verschiedenen Berufsgruppen“. Die Studie „Polytechnische Schulen und Schlüsselqualifikationen am Übergang zwischen Schule und Beruf“ (Univ. Prof. Dr. Bernd Hackl und Birgit Blochberger, Universität Wien) und die Lehrplananalyse von Mag. Erich Svecnik (Zentrum für Schulentwicklung Graz) in „Der Stellenwert überfachlicher Kompetenzen in österreichischen Lehrplänen der Sekundarstufe II“ (ZSE-Report 54) untersuchen die Qualität des Unterrichts an Polytechnischen Schulen bzw. deren Steuerungsmedien. 4.3.2 Weitere Studien Diese österreichweiten Studien zur Evaluierung der Polytechnischen Schule werden durch Erhebungen in den Bundesländern und durch regionale und standortspezifische Maßnahmen ergänzt. Als Instrument zur Verbreitung von Standards und als Möglichkeit der Evaluierung werden schon seit 1996 PTS-Schülerwettbewerbe auf Schul-, Regional- und Landesebene in vielen Bundesländern sowie seit einigen Jahren auch PTS-Bundeswettbewerbe für die Fachbereiche abgehalten. Die Schülerinnen und Schüler messen sich an vorwiegend praktischen Aufgabenstellungen, die den Kernanforderungen des Lehrplanes der Polytechnischen Schule entsprechen, in METALL, ELEKTRO, HOLZ, BAU, HANDEL/BÜRO, DIENSTLEISTUNGEN/ TOURISMUS und seit 2001 auch in INFORMATIONSTECHNIK. Neben der Förderung des Leistungsgedankens bei jungen Menschen sind diese schulbezogenen Veranstaltungen positive Öffentlichkeitsarbeit für die Polytechnische Schule. - 23 - Die Regional-, Landes- und Bundeswettbewerbe werden als schulbezogene Veranstaltungen von Arbeitsgruppen zur Polytechnischen Schule in Kooperation mit den Interessenvertretungen, Berufsbildungseinrichtungen und verschiedenen Medien und Sponsoren durchgeführt. Die ausserschulischen Juroren bestätigen, dass die Schülerinnen und Schüler in ihren Fachbereichen auf breiter Basis Kenntnisse und Fertigkeiten entwickelt haben, die dem 1. Lehrjahr entsprechen. - 24 - 5 KERNAUSSAGEN DER EVALUIERUNGSSTUDIEN ZUR POLYTECHNISCHEN SCHULE „Die Polytechnische Schule kann ihre Kernaufgabe - die Berufsüberleitung Jugendlicher - sehr gut erfüllen.“11 Die Polytechnische Schule erfüllt in hohem Maße die Aufgabe, junge Menschen zu einer persönlichen Orientierung über künftige Wege in Ausbildung und Beruf zu führen. Über 99 % aller Schülerinnen und Schüler wissen zu Ende des Schuljahres, was sie tun wollen. 90 % der Absolventinnen und Absolventen haben bereits in der letzten Schulwoche ihren Ausbildungsplatz gesichert. In allen wesentlichen Bereichen konnten die guten Erfolge seit 1997/98 weiter verbessert werden. Durch Reformmaßnahmen wurde das Image der Polytechnischen Schule verbessert Starker regionaler Imagegewinn, große Akzeptanz bei Lehr- berechtigten12, 13 Akzeptanz der Polytechnischen Schule bei Eltern gestiegen14 Rückmeldungen von Berufsschullehrern bestätigen deutlichen Anstieg des Wissens oder bessere Arbeitshaltungen bei Absolventinnen und Absolventen der Polytechnischen Schule15, 16 11 Härtel/Kämmerer 2001, S 13 vgl. Grogger in: ZSE Report 55, S 23 13 vgl. Blochberger/Hackl 2001, S 100 14 vgl. Blochberger/Hackl 2001, S 100 15 vgl. Grogger in: ZSE Report 55, S 23 16 vgl. Blochberger/Hackl 2001, S 100 12 - 25 - Verbesserung der Schulqualität Die Lernmotivation der Schülerinnen und Schüler hat messbar zugenommen.17 Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen Schule sind leistungsfähig. Etwa die Hälfte gehörte in der 8. Schulstufe der 1. und 2. Leistungsstufe an.18 Hohe Übereinstimmung Fachbereich – Lehrplatz19 Weckung und Förderung von Begabungsreserven bei Schülerinnen und Schülern durch handlungs- und praxisorientierten Unterricht Positive Entwicklung der Rahmenbedingungen Moderner, zukunftsorientierter Lehrplan20 weit reichende schulautonome Gestaltungsmöglichkeiten bei fixen Kernelementen Engagierte Lehrerteams Verbesserung der Lehrerqualifikation und Schulausstattung Intensivierung der Kontakte und Kooperation mit der Wirtschaft 17 vgl. Grogger in: ZSE Report 55, S 58 vgl. Grogger in: ZSE Report 55, S 52 19 vgl. Härtel/Kämmerer 2001, S 17 20 vgl. Svecnik in: ZSE Report 54, S 9 18 - 26 - 6 WESENTLICHE ASPEKTE DER EVALUIERUNG DER NEUEN POLYTECHNISCHEN SCHULE 6.1 Kernaussagen der Berufsüberleitungsstudie von Härtel / Kämmerer Diese Studie sollte die Effekte und Ergebnisse der gezielten Reform und Konkretisierung der Polytechnischen Schule - im Zusammenhang mit den Entwicklungen der Schnittstellen zwischen Schule und Beruf – überprüfen und wurde zweimal als Vollerhebung - jeweils in der letzten Schulwoche der Schuljahre 1997/98 und 1999/2000 - durchgeführt. Die Rücklaufquote betrug ca. 76 %, womit eine hohe prozentuelle Erfassung von Klassen sowie Schülerinnen und Schüler gewährleistet wurde. „Die Ergebnisse der Erhebung zeigen, dass die Polytechnische Schule nach der Reform ihren Hauptaufgaben in hohem Maße erfolgreich nachkommt.“21 6.1.1 Zur Wirksamkeit der Berufsorientierungs- und Berufsfindungsmaßnahmen „Die Polytechnische Schule erfüllt in hohem Maße die Aufgabe, junge Menschen zu einer persönlichen Orientierung über künftige Wege in Ausbildung und Beruf zu führen.“22 Nahezu alle (über 99 %) der Schülerinnen und Schüler wissen zu Ende des Unterrichtsjahres, was sie tun wollen. 21 22 vgl. Härtel/Kämmerer 2001, S 12 Härtel/Kämmerer 2001, S 14 - 27 - Nur knapp 1 % der Absolventinnen und Absolventen der Polytechnischen Schule haben keine konkreten Vorstellungen über ihren künftigen Bildungs- und Berufsweg. Hochgerechnet auf die ca. 20000 Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen Schule im Schuljahr 1999/2000 sind es somit nur wenig mehr als 200 Schülerinnen und Schüler, die nach Absolvierung der Schulpflicht keine Orientierung bzw. Vorentscheidung über den weiteren Bildungs- und Berufsweg aufweisen. Dabei ist der Prozentanteil der Mädchen gegenüber den Burschen signifikant höher. 6.1.2 Über die Wirksamkeit der Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen Ca. 71,5 % der Absolventinnen und Absolventen der Polytechnischen Schule haben bereits mit Ende des Unterrichtsjahres eine fixe Lehrstelle. Weitere 12 % aller Schülerinnen und Schüler können mit einer zugesagten Lehrstelle rechnen. Somit haben insgesamt über 83 % der Schülerinnen und Schüler vor Abschluss des Schuljahres einen Ausbildungsplatz. 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 in Prozent B K NÖ OÖ S St T V W Ö 79,9 85,2 83,8 84,4 87,4 87,3 84,1 84 63,4 83,2 Kombination „Fixe Lehrstelle + Gute Aussichten“ vgl. Härtel/Kämmerer „Berufsüberleitungsstudie 2001“, Grafik 10 7,3 % der Absolventinnen und Absolventen der Polytechnischen Schule besuchen im darauf folgenden Schuljahr eine weiterführende Schulart der Sekundarstufe II. - 28 - 16 14 12 10 8 6 4 2 0 in Prozent B K NÖ OÖ S St T V W Ö 6 5,7 7,9 6,1 7,2 4,3 7,9 8,1 15,3 7,3 Eintritt in weiterführende Schule vgl. Härtel/Kämmerer „Berufsüberleitungsstudie 2001“, Grafik 13 Insgesamt haben österreichweit 1999/2000 90,5 % aller Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen Schule noch vor Abschluss des Schuljahres ihren Berufsausbildungsweg gesichert. 23 Dies sind um 1,3 % mehr als bei der Vergleichserhebung 1997/98. Die Berufsüberleitungsrate bei den Mädchen konnte sogar um 4,7 % gesteigert werden. 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 in Prozent B K NÖ OÖ S St T V W Ö 86 90,9 91,7 90,4 94,6 91,4 92 92,1 78,8 90,5 Kombination „Fixe Lehrstelle + Gute Aussichten + Weiterführende Schule“ vgl. Härtel/Kämmerer „Berufsüberleitungsstudie“, Grafik 19 23 vgl. Härtel/Kämmerer 2001, S 39 - 29 - LEHRAUSBILDUNG WEITERER SCHULBESUCH Mädchen Burschen Mädchen Burgenland (B) 65,5 85,6 9,5 Kärnten (K) 69,3 91,1 Niederösterreich (NÖ) 74,8 Oberösterreich (OÖ) Burschen INSGESAMT Mädchen Burschen 4,7 75,0 90,2 12,5 3,2 81,7 94,3 87,9 14,2 5,0 89,0 92,9 75,5 89,9 10,4 3,4 85,9 93,3 Salzburg (S) 82,3 90,7 10,0 5,5 92,3 96,1 Steiermark (St) 72,1 91,7 9,1 2,8 80,7 94,5 Tirol (T) 78,3 87,9 11,4 5,6 89,7 93,5 Vorarlberg (V) 74,7 89,2 14,9 4,2 89,6 93,4 Wien (W) 58,7 66,2 17,4 14,1 76,1 80,3 Österreich (Ö) 74,0 87,8 12,0 4,9 86,0 92,7 (Angaben in Prozent) vgl. Härtel/Kämmerer „Berufsüberleitungsstudie 2001“, Grafik 11, 12, 14, 15 und 19 Wie oben stehende Tabellen ausweisen, haben zum Schulschluss bereits ca. 88 % der Burschen aber nur 74 % der Mädchen eine Lehrstelle. Demgegenüber werden 12 % der Absolventinnen von Polytechnischen Schulen im darauf folgenden Schuljahr eine andere Form der Sekundarstufe II – meist wieder auf der 9. Schulstufe – besuchen. Bei den Burschen beträgt dieser Prozentsatz österreichweit im Durchschnitt knapp 5 %. „In praktisch allen Bundesländern konnten in wesentlichen Punkten Verbesserungen (im Vergleich zur Untersuchung von 1997/98, Anmerkung des Autors) erzielt werden, wobei auf die besondere Problematik von Ballungsräumen hinzuweisen ist. Die erschwerte Situation der Berufsüberleitung (z.B. in Wien) konnte durch eine deutlich gestiegene Überleitung in weiterführende Schulen (+ 21 %) teilweise kompensiert werden.“24 Diese Werte zeigen deutlich, dass die bereits in der Berufsüberleitungsstudie 1998 festgestellte Schlussfolgerung, „dass der konkrete Berufsüberleitungseffekt von der 24 Härtel/Kämmerer 2001, S 17 - 30 - Polytechnischen Schule in die Lehre deutlich günstiger liegt, als derjenige anderer Schnittstellen zwischen Schule und Lehre“ 25, weiter bekräftigt wurde. Die Absolventinnen und Absolventen der Polytechnischen Schulen stellen an den Berufsschulen die größte Schüler/innengruppe (Wirtschaftskammer NÖ, 2000). 60 50 40 30 20 10 0 Lehranfänger PTS HS BHS LWS BMS AHS Sonst. ASO 52,3 14,4 7,6 5,9 5,8 3,3 2,7 1,2 (Angaben in Prozent) vgl. Wirtschaftskammer NÖ, Statistik 2000 Zuvor besuchte Schule absolut Prozent 3.099 52,3% 854 14,4% 1.340 22,6% davon berufsbildende höhere Schule 450 7,6% davon Landwirtschaftliche Schule 352 5,9% davon berufsbildende mittlere Schule 344 5,8% davon allgemein bildende höhere Schule 194 3,3% Sonstige Schulen 162 2,7% 69 1,2% Polytechnische Schule Hauptschule Weiterführende Schulen der Sekundarstufe II Sonderschule 25 Lehranfänger 2000 Härtel/Kämmerer 1998, S 36 - 31 - Der Forderung nach „sorgsamen Umgang mit der Lebenszeit junger Menschen durch Anerkennung von Vorwissen und abgelegten Prüfungen“ im Regierungsprogramm 2000 wurde im Hinblick auf alle Schülerinnen und Schüler, die eine Polytechnische Schule erfolgreich abgeschlossen haben, Rechnung getragen. Im § 31b (1a) des Schulunterrichtsgesetzes ist festgelegt, dass für Lehrlinge mit erfolgreichem Abschluss der Polytechnischen Schule an Berufsschulen der Beobachtungszeitraum für die Leistungsgruppen im betriebswirtschaftlichen und fachtheoretischen Unterricht entfällt und sie in die höhere Leistungsgruppe einzustufen sind, sofern sie den entsprechenden Fachbereich besucht haben. In der Studie Härtel/Kämmerer (2001, S.14) wird darauf hingewiesen, dass „zusätzliche qualitative Ergebnisse und Expertengespräche“ den Schluss zulassen, dass ein beträchtlicher Anteil jener Personen, die vor Abschluss der Polytechnischen Schule geringe Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben „mit persönlichen Problemen behaftet sind – Lernschwierigkeiten, Mobilitätshemmnisse, sonstige Beeinträchtigungen oder soziale Schwierigkeiten“. Dabei bestehen beträchtliche Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Absolventen. Zusätzlich tritt für weibliche Jugendliche – auch bei guten persönlichen Voraussetzungen – wegen des angespannten Lehrstellenmarktes für Mädchen eine Verschärfung bei Lehrplatzsuche ein. Waren es 1998 noch etwa 2280 Jugendliche mit wenig Chancen, so wurden 2000 noch ca.1850 ermittelt.26 Der Prozentsatz der Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen Schule, die zum Schulschluss wenig Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben, ist seit 1997/98 um ca. 19 Prozent gesunken. 26 Härtel 2000, S 36 - 32 - der Während in den meisten Bundesländern die Zahl der Jugendlichen, die unmittelbar nach Abschluss der Polytechnischen Schule wenig Chancen haben, unter dem österreichweiten Durchschnitt liegt, sind es vor allem in Wien und im Burgenland deutlich mehr. Dies ist einerseits auf die besondere Situation der Polytechnischen Schule in Wien und andererseits auf die schwierige Lage auf dem Lehrstellenmarkt vor allem in den betreffenden Gebieten zurückzuführen. 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 in Prozent B K NÖ OÖ S St T V W Ö 13,4 9,4 9,6 8,9 5,2 8,2 8 6,5 19,1 9,3 Schülerinnen und Schüler mit wenig Chancen vgl. Härtel/Kämmerer „Berufsüberleitungsstudie 2001“, Grafik 16 Vergleicht man die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit negativem Abschluss der Polytechnischen Schule (2000: österreichweit 10,4 %) mit jenen, die wenig Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben (2000: österreichweit 9,3 %), so kann man erkennen, dass es an der Polytechnischen Schule durchschnittlich sogar gelingt, auch etwas mehr als 10 % der Jugendlichen mit negativen Abschlüssen - noch vor Abschluss des Schuljahres - in eine Berufsausbildung zu integrieren. - 33 - 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 in Prozent B K NÖ OÖ S St T V W Ö 12,7 9,4 6,8 9,3 14,2 8 12,4 16,1 15,5 10,4 Schüler ohne erfolgreichen PTS-Abschluss vgl. Härtel/Kämmerer „Berufsüberleitungsstudie 2001“, Grafik 18 6.2 Lernbereitschaft und Motivation von Schülerinnen und Schülern an Polytechnischen Schulen Die Evaluierungsstudie des Zentrums für Schulentwicklung zeigt auf, dass sich die Lernmotivation und die Mitarbeit im Unterricht bei Schülerinnen und Schülern an Polytechnischen Schulen gegenüber ihrer früher besuchten Schule verbessert hat. Auch der „persönliche Kontakt zu den Lehrern“ wird im Vergleich zur Hauptschule und AHS als gut eingestuft. Die etwas geringere Qualität des „Sozialkontaktes“ lässt sich durch die besondere Organisationsform der PTS als einjährige Schulform – wo sich Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Zubringerschulen in den Klassen und Gruppen zusammenfinden und sich neu kennen lernen – erklären. - 34 - 60 50 40 30 20 10 0 LMO MIT SFR PTS 52 57 53 HS 50 56 51 AHS 47 51 56,5 Mittelwerte der Lernbereitschaftsskalen im Vergleich mit der Eichstichprobe aus der 8. Schulstufe, getrennt nach Hauptschule und AHS nach G.Grogger ZSE Report 55, Seite 59 „Die Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen Schule weisen in den Skalen „Guter persönlicher Kontakt zu den Lehrern und Lernmotivation“ (LMO) gegenüber den Schülerinnen und Schülern der AHS signifikant höhere Werte auf. Die „Mitarbeit im Unterricht“ (MIT) und „Schulfreude“ (SFR) der Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen Schule sind vergleichbar mit jenen der Schülerinnen und Schüler der AHS und Hauptschule der Eichstichprobe.“27 6.3 Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern der Polytechnischen Schule im Vergleich zu ihren Jahrgangskolleginnen und -kollegen bezüglich Leistungsgruppeneinstufung in Deutsch, Englisch und Mathematik In der Evaluierungsstudie zur neuen Polytechnischen Schule des Zentrums für Schulentwicklung Graz wurde die Leistungsgruppenzugehörigkeit der Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen Schule in der zuvor besuchten Hauptschule erhoben. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist bemerkenswert und widerlegt das noch immer kolportierte Vorurteil, dass die Polytechnische Schule eine „Restschule“ sei. - 35 - Etwas weniger als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen Schule waren auf der 8. Schulstufe der Hauptschule in keinem leistungsdifferenzierten Unterrichtsgegenstand in der untersten Gruppe eingestuft. Etwa jeder fünfte Jugendliche war auf der zuvor besuchten 8. Schulstufe höchstens ein Mal in einer mittleren Leistungsgruppe und wurde in Deutsch, Englisch und Mathematik in keiner untersten Leistungsgruppe unterrichtet. „Das bedeutet, dass ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler leistungsstark ist und dass diese Schülerinnen und Schüler berechtigt waren, ohne Verpflichtung zur Ablegung einer Aufnahmeprüfung in eine berufsbildende mittlere oder höhere Schule einzutreten.“28 6.4 Vermittlung von Schlüsselqualifikationen als Anliegen der Polytechnischen Schule Im Lehrplan der Polytechnischen Schule dominiert die Förderung der persönlichen Entwicklung der Jugendlichen (z.B. Entscheidungsfähigkeit, Erschließung der individuellen Begabungen). Es folgen gleichrangig die Vermittlung berufsbezogener Qualifikationen sowie prosozialer Einstellungen, die „die Stellung der Polytechnischen Schule als eine Schulart am Übergang sowohl zwischen Kindheit und Erwachsenenwelt als auch für viele Schülerinnen und Schüler zwischen schulischem und beruflichem Leben auszeichnen“.29 Daher sind im Lehrplan der Polytechnischen Schule sehr häufig Hilfen zu Lebensgestaltung und – da viele Jugendliche nach der PTS den rein schulischen Bildungsweg verlassen – die Förderung des selbstständigen Wissenserwerbes gefordert. 27 vgl. Grogger in ZSE Report 55, S 58 vgl. Grogger in: ZSE-Report 55, S 52 29 Svecnik in: ZSE-Report 54, S 10 28 - 36 - Andere kognitive „Transfertätigkeit Schlüsselqualifikationen und vernetztes Denken“, mit besonderer Bedeutung wie „Problemlösungsfähigkeiten“ und „kritisches Denken“, die im Lehrplan eine hervorragende Stellung einnehmen, „spielen jedoch im Verständnis der Lehrerinnen und Lehrer eine noch eher untergeordnete Rolle“.30 Ganz im Sinne der Berufsvorbereitung ist die Vermittlung von Arbeitstugenden (z.B. Genauigkeit bei der Arbeit, rationelles Arbeiten) erklärtes Ziel vieler Polytechnischer Schulen. Zusammenfassend zeigt die Studie von Svecnik (2001, S.10), dass die Einschätzung der wichtigsten überfachlichen Kompetenzen durch die Lehrer mit den Vorgaben im Lehrplan in weiten Bereichen übereinstimmt. 80 70 60 50 40 30 20 10 0 PERS KOG SPL SOZ POL VORB PTS 78 61 50 56 50 78 AHS 70 77 67 43 73 63 Vergleich der Gewichtung überfachlicher Kompetenzen PTS – AHS vgl. Svecnik in: ZSE Report 54, S 9 Legende: PERS KOG SPL SOZ POL VORB 30 - Persönlichkeitsbildender Bereich - Kognitiver Bereich - Sprachlicher Bereich - Sozialer Bereich - Gesellschaftlich – politischer Bereich - Konkrete Vorbereitung auf das berufliche und private Leben nach der Schule Svecnik in: ZSE-Report 54, S 10 - 37 - 7 ENTWICKLUNG DER SCHÜLERZAHLEN AN POLYTECHNISCHEN SCHULEN 1994/95 – 2000/01 In der ersten Hälfte der 90iger Jahre war die Schülerzahl an Polytechnischen Lehrgängen von 18.461 auf 17.500 zurückgegangen. Bedingt durch die erfolgreichen Schulversuche „Poly 2000“ einerseits und leicht steigende Geburtenjahrgänge andererseits ist die Zahl der Schülerinnen und Schüler österreichweit deutlich angestiegen. Dieser Trend wurde mit der Reform der Polytechnischen Schule ab 1997/98 fortgesetzt. Die Schülerzahlen überschritten im Schuljahr 1999/2000 die 20.000 Grenze. Von 1994 – 2000 stieg die Schülerzahl an den Polytechnischen Schulen um 14,5 %. 25000 20000 15000 10000 5000 0 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 Gesamt 17505 17474 18965 19523 19816 20050 19981 Burschen 12214 12374 13058 13067 13164 13252 13229 Mädchen 5291 5100 5907 6456 6652 6798 6752 Quelle: Österreichische Schulstatistik - 38 - Der Rückgang der Geburtenjahrgänge im Vergleichszeitraum 1980 – 1985 betrug 20500 hingegen 3,78 %. 96000 20000 94000 19500 92000 19000 18500 90000 18000 88000 17500 86000 17000 84000 16500 16000 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 PTS 17505 17474 18965 19523 19816 20050 GEBURTEN 90872 93942 94840 90118 89234 87440 82000 Vergleich Schülerzahlen an PTS mit Geburtenzahlen Legende: PTS - Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler an Polytechnischen Schulen in allen Bundesländern Quelle: Österreichische Schulstatistik GEBURTEN - Zahlen entsprechen den relevanten Geburtsjahren 1980 bis 1985 Quelle: Kenndaten des österreichischen Schulwesens, bm:bwk Die Polytechnische Schule konnte die relativ hohe Schülerzahl halten, obwohl ab 1997 die Zahl der Geburtenjahrgänge jener Jugendlichen stark rückläufig war, die die Schulpflicht erfüllt haben. Die positive Schülerzahlenentwicklung an der Polytechnischen Schule wurde in der Studie von Blochberger/Hackl (Uni Wien) mehrfach begründet. Folgende Aussagen der Studie belegen, dass insbesondere die positive Entwicklung in der Berufsüberleitung Erfolge zeigen: 31 31 Blochberger/Hackl 2001, S 13 ff. - 39 - Unterstützung der Schüler/innen (durch die PTS-Lehrer/innen, Anmerkung des Autors) in der Bewältigung der „Schnitt- oder Nahtstelle“ zwischen Schule und Beruf/Lehrstelle Indirekte „Vermittlungshilfe“ bei der Lehrstellensuche – Reaktionen auf Strategieänderungen in der Lehrlingsausbildung größerer Betriebe in der Region (die Polytechnischen Schule ist unmittelbar von diversen Veränderungen und Schwankungen im Wirtschaftsbereich betroffen; es muss dies erkannt und zugleich versucht werden, neue Strategien zu finden (zB. neue Betriebe zu suchen) – Reiches Angebot an Hilfestellungen im Bewerbungsprozess (Bewerbungstraining, Verfassen von Bewerbungsunterlagen, Firmenkontakte, etc.)) – Gelingende Vermittlungsunterstützungen werden mit höheren Schüler/innenzahlen belohnt – „Vermittlung“ tendenziell schwieriger zu vermittelnder Schüler/innen (z.B. Lehrstellen in traditionellen Frauenberufen der Region, etc.) – Durch Direktkontakt zwischen Betrieben und PTS fällt AMS niedrigere Quote Lehrstellen suchender Jugendlicher der PTS positiv auf Soziale Betreuung der Schüler/innen Aufbau eines neuen/positiveren Selbstbildes der Schüler/innen Aufbau von Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Schüler/innen Entwicklung entsprechender Lehrer/innenqualifikationen Fachliche Qualifikation der Schüler/innen samt externer Überprüfung in Form von Landes- sowie Bundeswettbewerben Kooperation der Polytechnischen Schule mit Wirtschaftstreibenden (Projekte werden gemeinsam mit Betrieben gestaltet) Wenn im Österreich–Schnitt deutlich über 85 % der Absolventinnen und Absolventen der Polytechnischen Schule, die einen Lehrberuf ergreifen, diesen entsprechend dem in der Polytechnischen Schule gewählten Fachbereich auch finden, „stellt dies der zielorientierten Berufsvorbereitung ein außerordentlich gutes Zeugnis aus“ 32, insbesondere auch im Hinblick auf den an sich angespannten Lehrstellenmarkt. 32 Härtel/Kämmerer 1998, S 14 - 40 - METALL 3,2% ELEKTRO 7,6% HOLZ 23,5% BAU H/B DL TOUR 18,0% AUTO 13,0% 18,0% 10,2% 6,5% Verteilung der Schüler/innen der PTS auf die einzelnen Fachbereiche Quelle: Interne Erhebung des BMBWK zum Abschluss des Schuljahres 1999/2000. Legende: METALL ELEKTRO HOLZ BAU - Fachbereich Metall - Fachbereich Elektro - Fachbereich Holz - Fachbereich Bau H/B - Fachbereich Handel/Büro DL - Fachbereich Dienstleistungen TOUR - Fachbereich Tourismus AUTO - Schulautonome Fachbereiche „Der schon 1998 hohe Prozentsatz jener, die einen Beruf ergreifen, der ihrem gewählten Fachbereich in der Polytechnischen Schule entspricht, konnte noch leicht verbessert werden. Nur 13,7 % der Schülerinnen und Schüler ergreifen einen Beruf, der dem gewählten Fachbereich nicht entspricht.“33 33 Härtel/Kämmerer 2001, S 17 - 41 - 8 DIE POLYTECHNISCHE SCHULE AUS DER SICHT DER BETROFFENEN 8.1 Schülereinschätzungen zur Polytechnischen Schule Das Zentrum für Schulentwicklung Graz hat im Rahmen der Studie zur Evaluierung der Polytechnischen Schule auch Informationen über den Stellenwert der Polytechnischen Schule aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler eingeholt. Auf die Frage „Stell dir vor, Bekannte von dir stehen vor der Entscheidung, ihre Tochter bzw. ihren Sohn an einer Polytechnischen Schule oder an einer anderen Schule anzumelden. Wenn sie dich fragen, was für oder gegen den Schulbesuch an der Polytechnischen Schule spricht, welche Argumente würdest du nennen?“ haben nur knapp 5 % der ca. 2000 befragten Jugendlichen nicht geantwortet. Etwa 75 % der antwortenden Schülerinnen und Schüler haben sowohl Pro- als auch Kontra-Argumente angeführt. „97,4 % aller Schülerinnen und Schüler äußerten sich positiv über ihre Schule.“34 In der folgenden Grafik werden die Pro- und Kontra-Argumente zur Qualität des Unterrichts an der Polytechnischen Schule aus der Sicht der betroffenen Schülerinnen und Schüler dargestellt. 34 Grogger in: ZSE-Report 55, S 115 - 42 - 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 UG UI FO GESAMT PRO 80,5 85,9 46,9 74,4 KONTRA 19,5 14,1 53,1 25,6 Legende: UG UI FO - Unterrichtsgestaltung - Unterrichtsinhalte - Schulische Anforderungen 8.2 Konkrete Aussagen von Jugendlichen zur Polytechnischen Schule In der Studie „Polytechnische Schulen und Schlüsselqualifikationen am Übergang zwischen Schule und Beruf“ (Blochberger et al., 2001) werden zahlreiche Interviews mit Schülerinnen und Schülern der Polytechnischen Schulen und weiterer Personen im Umfeld dokumentiert. Einige bemerkenswerte Aussagen, die die Erkenntnisse anderer Studien anschaulich bestätigen, sind im Folgenden als Originalzitate wiedergegeben.35 „Also ich habe schon gewusst, was ich werden will; aber im Poly dann habe ich durch die Berufsorientierung erkannt, ich will etwas anderes werden, und da habe ich jetzt ziemlich sicher schon eine Lehrstelle.“ (Schüler) 35 Blochberger/Hackl 2001, Anhang 226 - 242 - 43 - „Ja ich wollte eigentlich ins POLY gehen, weil ich wollte das mit den Fachbereichen. Und ich habe gewusst, dass man da schon so richtig auf den Beruf vorbereitet wird und dass man da halt schon mehr Erfahrungen für den Beruf hat.“ (Schüler) „Ich bin im POLY weil ich noch ein Jahr in die Schule gehen muss.“ (Schüler) „Ich wollte wirklich nicht mehr weiter in die Schule gehen, also keine weiterführende Schule besuchen.“ (Schüler) „Es sind ziemlich viele Freunde von mir ins POLY gegangen und die haben gesagt: POLY ist eine voll super Schule, da wird man halt voll gut auf den Beruf vorbereitet.“ (Schülerin) „Im POLY rennt es ganz anders ab als in normalen Schulen. Eh als in der HS, das kann man nicht vergleichen, weil der Unterricht ganz anders gestaltet ist. Im POLY lernst du etwas, was dir in der Berufsschule hilft oder in der Arbeit selbst.“ (Schüler) „Ich habe Freunde gehabt, die sind ins POLY gegangen, ich habe die Schule schon gekannt und die Lehrer und so, und das hat mir getaugt.“ (Schüler) „Da habe ich mir gedacht, dass ich ein Jahr in eine Holzfachschule gehe. Aber mein Bruder hat gesagt, da wäre es gescheiter, wenn ich gleich ins POLY gehe.“ (Schüler) - 44 - „Im POLY habe ich dann meine Berufsrichtung gefunden, weil sonst hört man immer nur Berufe beim Reden und immer dieselben. Und im POLY muss man sich selbst damit beschäftigen. Und das hat mir wirklich geholfen.“ (Schüler) „Ja da lernt man einfach wirklich andere Berufe kennen als jetzt zum Beispiel bei den Mädchen Frisörin oder bei den Burschen KFZMechaniker. Da gibt es nämlich eh keine Lehrstellen. Und da lernst du auch andere Berufe kennen, die keiner kennt und die dir aber vielleicht voll taugen.“ (Schüler) „Ich wollte Kindergärtnerin werden, habe aber die Eignungsprüfung nicht geschafft. Jetzt muss ich ein Jahr in die PTS gehen, dann möchte ich die Aufnahmeprüfung noch einmal probieren.“ (Schülerin) „Wenn ich das (Berufsorientierung, Anmerkung des Autors) im POLY nicht als Pflicht machen hätte müssen, könnte es sein, dass ich jetzt in einem Betrieb bin, in den ich nicht passe und wo ich dann versauere oder so. (Schüler) Na gut, ich glaube, ich hätte dann meine Eltern, die wissen schon auch einiges und könnten mir helfen. Aber ich will das eigentlich selber schaffen, weil ich will nicht immer meine Eltern dabei haben. Und da hat mir das POLY geholfen.“ (Schülerin) „Ich hab halt schon von vielen übers POLY gehört, dass man halt sehr gut auf den Beruf vorbereitet wird und da tun sie (die Lehrer und Lehrerinnen, Anmerkung des Autors) sich auch was an.“ (Schülerin) - 45 - 8.3 Einschätzungen der Lehrerinnen und Lehrer zur Neuen Polytechnischen Schule Im Rahmen der Evaluierungsstudie des Zentrums für Schulentwicklung wurden ca. 540 Lehrerinnen und Lehrer von 86 Schulstandorten36 hinsichtlich ihrer persönlichen Einschätzung von verschiedenen Aspekten der Unterrichtsarbeit an der neuen Polytechnischen Schule im Vergleich zum alten Polytechnischen Lehrgang befragt. 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 PU FU OL Res AkR LM KL schlechter 1 4 3 1 2 1 3 2 8 6 gleich 8 32 44 19 17 27 47 24 44 49 besser 91 64 52 80 81 72 50 73 47 45 Grogger in: ZSE Report 55, S 38 f Legende: PU FU OL Res AkR LM KL MdS LdS SL 36 - Praxisorientierter Unterricht - Fächerübergreifender Unterricht - Offene Lernformen - Resonanz bei Eltern - Akzeptanz in der Region - Lehrermotivation - Kooperation im Lehrerteam - Motivierbarkeit der Schüler - Leistungen der Schüler - Soziales Lernen Österreichweit bestehen ca. 2200 Lehrerdienstposten an rund 300 PTS Standorten. - 46 - MdS LdS SL 8.4 Elternmeinungen zur Polytechnischen Schule „Die aus der Sicht der Eltern an die Polytechnische Schule gerichteten Eingangserwartungen zielen primär auf eine positiv verlaufende Berufsorientierung und Berufsvorbereitung ab. Im Laufe des Besuches der Polytechnischen Schule stellt sich zudem die Erwartung nach tatkräftiger Unterstützung bei der Lehrstellenfindung ein.“37 Die Untersuchungen im Rahmen der Studie von Blochberger/Hackl weisen nach, dass „ein Großteil der Eltern der Polytechnischen Schule vertraut“ und dass die Lehrerinnen und Lehrer „die richtigen Schritte setzen, um ihren Kindern (bei der Berufsüberleitung, Anmerkung des Autors) zu helfen“.38 Positiv bemerken darüber hinaus die Eltern „eine realistische Einschätzung (der Berufschancen, Anmerkung des Autors) und die Vermittlung eines realitätsnahen Bildes von Arbeit und Beruf. Somit hätten die Schülerinnen und Schüler letztlich sogar einen Vorteil gegenüber jenen, die zwar aufbauend eine mindestens dreijährige Schule besuchten, jedoch kein angemessenes unmittelbares Verhältnis zur „Arbeit“ entwickeln konnten.“ 39 8.5 Meinungen von Partnern der Polytechnischen Schule Auf ein Ersuchen des Vorsitzenden des österreichweit tätigen Vereines „Poly AKTIV“ um Erklärung der im Sommer 2001 vorgebrachten Kritik an der Polytechnischen Schule in Ballungszentren antwortete in einem Schreiben vom 23. Oktober 2001 der Präsident der Wirtschaftskammern Österreichs, Herr Dr. Christoph Leitl: „Sie sind auf dem richtigen Weg, die Polytechnische Schule zu einer anerkannten Schulform zu machen, in die man gerne seine Kinder schickt.“ 37 Blochberger/Hackl 2001, S 100 Blochberger/Hackl 2001, S 100 39 Blochberger/Hackl 2001, S 100 38 - 47 - Eine AMS-Mitarbeiterin zur Polytechnischen Schule befragt: Frage: Welche Erfahrungen haben Sie mit der Polytechnischen Schule im Hinblick auf die Berufsfindung? Antwort: „Also in unserem Bezirk bleiben von 100 Polytechnischen Schülerinnen und Schüler bei der Lehrstellensuche zwei, drei – höchstens fünf – übrig. Also, sie bleiben eher in anderen Schulen über.“40 Frage: Dass vom Poly maximal so fünf übrig bleiben führen Sie worauf zurück ? Antwort: „Weil sich die Polytechnischen Schulen sehr darum kümmern, erstens um die Schnupperplätze – also das ist eines der wichtigsten Dinge, weil dort wirklich die Lehrplätze quasi schon fixiert werden – und dann tatsächlich auch um Arbeitsplätze (Lehrstellen, Anmerkung des Autors), was in anderen Schulen nicht so ist. Deshalb denke ich mir, die Schüler haben an anderen Schulen weniger Unterstützung als eben im POLY.“41 40 41 Blochberger/Hackl 2001, Anhang 12 Blochberger/Hackl 2001, Anhang 12 - 48 - 9 PERSPEKTIVEN UND ZIELE ZUR WEITERENTWICKLUNG DER POLYTECHNISCHEN SCHULE Berufsfindungs- und Berufsüberleitungsprojekte Das hohe Niveau in der Erfüllung dieses Auftrages muss durch weitere Projekte gesichert und ausgebaut werden: Ausbau der Polytechnischen Schulen zu regionalen Kompetenzzentren für Berufsfindung und Berufsüberleitung (Berufsfindungsbegleitung). Dies erfordert eine Intensivierung der Kooperationen zwischen Polytechnischen Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufsschule, BMHS), Lehrbetrieben und ausserschulischen Institutionen. Weitere Umsetzung von Projekten, die vom Europäischen Sozialfonds (ESF-Ziel 3) anerkannt sind: - Instrument 2.4.a: Bewerbungsmanagement und Berufsorientierung für Mädchen in neuen Berufsfeldern. - Instrument 4.2d: IKT Fort- und Weiterbildung für Lehrer/innen mit dem Ziel, Jugendlichen Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln zu können, um einen verbesserten Berufseinstieg zu gewährleisten. Intensivierung und Verbesserung Berufseinstiegschancen Ballungszentren und speziell für der für Berufsüberleitung Mädchen, „benachteiligte“ für für und Jugendliche Jugendliche mit in geringen Ausbildungschancen. Bildungsmanagement im Schulsystem Nach den schulgesetzlichen Bestimmungen erlangen Absolventinnen und Absolventen Polytechnischer Schulen schon jetzt Berechtigungen für den Übertritt in die Berufsschule bzw. in berufsbildende mittlere oder höhere Schulen: a) An Berufsschulen entfällt der Beobachtungszeitraum für die Leistungsgruppen im betriebswirtschaftlichen und fachtheoretischen Unterricht (SchUG § 31b. Abs. 1a) b) Aufnahme ohne Aufnahmeprüfung in die 1. Klasse BMHS (SchOG § 55 Abs. 1 bzw. § 68 Abs. 1) und AHS (SchOG § 49 Abs. 3) - 49 - c) Übertritt in die 2. Klasse einer BMS im entsprechenden Fachbereich (Erlass des bm:bwk – GZ 17.600/72-II/2a/97) Im Sinne einer Sicherung der Vielfalt des Bildungsangebotes und eines „sorgsamen Umganges mit der Lebenszeit junger Menschen durch Anerkennung von Vorwissen und abgelegten Prüfungen“ (Regierungsprogramm 2000, S. 55) müssen weitere vertikale Kooperationen im Bildungssystem angestrebt werden: Flexible Lösungen bezüglich „Schulbesuch – Höchstdauer“ Abschlüsse und verbesserte Anrechnungen in der angestrebten Berufsausbildung nach intensiver Berufsorientierung und Berufsgrundbildung Verstärkt praxisorientierter und handlungszentrierter Unterricht in Kooperation mit Lehrbetrieben, Berufsschulen und BMHS Verbesserung der Nahtstelle am Übergang „Schule – Beruf“ unter Berücksichtigung unterschiedlicher Rahmenbedingungen im städtischen bzw. ländlichen Raum im Hinblick auf die jeweilige Bildungs- und Wirtschaftsumgebung und den unterschiedlichen Leistungspotenzialen der Schülerinnen und Schüler Erarbeitung von Kooperationsformen und Verfahren zur optimierten Abstimmung an Nahtstellen und Übergängen, die auf die positiven Erfahrungen bei der Berufsüberleitung und erprobten Inhalte der Polytechnischen Schule aufbauen. Informationstechnologie Die ständig wachsenden Bedürfnisse in allen Berufsbereichen erfordern eine permanente Weiterentwicklung der IT–Ausbildung. Die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im IT–Bereich sind auf aktuelle wirtschaftliche Standards (Europäischen Computerführerschein,...) ausgerichtet Einsatz des Computers in allen Unterrichtsfächern und fächerübergreifend nach modernen methodisch-didaktischen Konzepten Projektmanagement über Internetplattformen sowie Austausch von Projekten für die Unterrichtsarbeit Einbeziehung von „e-learning“ für Lehrer/innen und Schüler/innen - 50 - Grundkompetenzen (Schlüsselqualifikationen) Die Entwicklung, Förderung und Erwerb von Schlüsselqualifikationen gehören zu den Hauptanliegen der Polytechnischen Schulen. Entwicklung von Lehr- und Lernmethoden für den kompetenzorientierten Unterricht zur Förderung der Flexibilität jedes Einzelnen Ausarbeitung von „good practice“ Modellen zum Erwerb von Schlüsselkompetenzen Förderung und Sicherung von Grundfertigkeiten als Vorqualifikation für die Berufsausbildung und als Schlüssel für ein eigenständiges Lernen Lehrerfort- und –weiterbildung Aufbauend auf das neue Akademiestudiengesetz (BGBl. I, Nr. 94/1999) und die Akademiestudienordnung (BGBl. Nr. II/2000) haben Lehrerinnen und Lehrer die Möglichkeit, sich für den Unterricht an der Polytechnischen Schule zu qualifizieren. Diplomstudien für das Lehramt an der Polytechnischen Schule und Akademielehrgänge für einzelne Unterrichtsgegenstände und Fachbereiche Weiterentwicklung der bedarfsorientierten (praxisnahen) Fort- und Weiterbildung für einen handlungs-, kompetenz- und projektorientierten Unterricht Modulares Ausbildungskonzept zur Qualifizierung für den Unterricht an Polytechnischen Schulen an Pädagogischen Instituten und künftigen Pädagogischen Hochschulen (auch bundesländerübergreifend) Rahmenbedingungen Wichtige Rahmenbedingungen für Polytechnische Schulen zur Beibehaltung und Verbesserung der Qualitätsstandards müssen weiter optimiert werden. Ausreichende Ressourcen zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben und Erfüllung der Lehrplanziele der Polytechnischen Schule sind sicherzustellen Reformierung der Standortstrukturen nach schülergerechten Überlegungen und im Sinne einer optimalen Interessensdifferenzierung Einheitliche Ausstattungsstandards bedingen die Optimierung der Qualitätsstandards Weitere Anrechnungen und Berechtigungen gewährleisten schülergerechte Durchlässigkeit und berufliche Ausbildung - 51 - eine 10 LITERATURVERZEICHNIS Blochberger, B. [; Hackl, B.]: Polytechnische Schulen und Schlüsselqualifikationen am Übergang zwischen Schule und Beruf. Wien bm:bwk 2001 Blochberger, B.: Perspektiven weiterer Schulentwicklung an der Polytechnischen Schule. Wien bm:bwk 2002 Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (bm:bwk): Die neue Polytechnische Schule, Wien 1998 Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (bm:bwk): Verordnungsblatt über den Lehrplan der Polytechnischen Schule (BGBl.Nr. II Nr. 236/1997), Wien 1997 Grogger, G.: Evaluation der neuen Polytechnischen Schule. In: ZSE-Report 54. Graz 2001 Haider, F.[;et al.]: Statistische Entwicklung der Polytechnischen Schule. bm:bwkStatistik, Wien 2001 Härtel, P.: Berufsinformation für eine Arbeitswelt im Wandel. In: Erziehung und Unterricht, Heft 9-10, Wien 2000 Härtel, P. [;Kämmerer E.]:Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen – Wege der Absolvent/innen nach der PTS, Wien bm:bwk 2001 Härtel, P. [;Kämmerer E.]: Berufsüberleitung an Polytechnischen Schulen – Wege der Absolvent/innen nach der PTS, Wien bm:bwk 1998 Havlicek, K.[; et al.]:Berufsorientierung und Berufsfindung auf der neunten Schulstufe. In: Erziehung und Unterricht, Heft 9-10, Wien 2000 Jäger, P.: Die österreichische Polytechnische Schule im Wandel – Schulpädagogische Perspektiven, Wien bm:bwk 2001 Klimmer, S. [; Schlögl, P.]: Kompetenzen von Schulpflichtabgänger/innen. Ergebnisse einer Vorstudie von IBW und ÖIBF, Wien bm:bwk 2001 Münster, G.: Schulgesetze. In: Kodex des österreichischen Rechts, 6. Auflage, Wien 2001 Steinringer,J. [; et al.]: Von der Schule zum Beruf. Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft, Wien 1999 Steinringer,J. [;et al.]: Was will die Wirtschaft zum Lehranfang. Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft, Wien 2000 - 52 - Svecnik, E.[; Grogger, G.]: Der Stellenwert überfachlicher Kompetenzen in österreichischen Lehrplänen der Sekundarstufe II. Lehrplananalysen als Beitrag zur Klärung der Begrifflichkeiten. Graz: ZSE, Abteilung II, August 2001 Weißenlehner, O.: Berufsgrundbildung in der Polytechnischen Schule am Übergang Schule – Beruf. In: Erziehung und Unterricht, Heft 9-10, Wien 2000 Weißenlehner, O.: Die Polytechnische Schule in NÖ – Die Umsetzung der PTSReform. In: Erziehung und Unterricht, Heft 9-10, Wien 2001 Wirtschaftskammer NÖ (Hrsg.): Statistik 2000 - 53 - 11 ANHANG - 54 -