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EUROPÄISCHE KOMMISSION
PRESSEMITTEILUNG
Brüssel, 18. Juli 2013
Kartellrecht: EU-Kommission richtet Abmahnschreiben
an Altstoff Recycling Austria - Verdacht auf Missbrauch
der marktbeherrschenden Stellung in der
Abfallwirtschaft
Die Europäische Kommission hat die Altstoff Recycling Austria AG („ARA“) von ihrer
vorläufigen Auffassung unterrichtet, dass das Unternehmen seine beherrschende Stellung
auf dem Markt für die Organisation der Entsorgung von Verpackungsabfällen (vor allem
aus Kunststoff und Metall) in Österreich missbraucht und Konkurrenten daran gehindert
haben könnte, auf diesem Markt Fuß zu fassen oder zu expandieren. Ein solches Verhalten
würde, falls es im weiteren Verfahrensverlauf nachgewiesen würde, Wettbewerb und
Verbraucher schädigen und gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen. Die
Übermittlung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte greift dem Ergebnis des Verfahrens
nicht vor.
Nach EU-Recht sind Hersteller verpflichtet, bei der Nutzung ihrer Produkte entstehenden
Verpackungsabfall zurückzunehmen. Sie können aber spezialisierte Unternehmen (auch
"Sammel- und Verwertungssysteme") gegen eine Lizenzgebühr mit der Sammlung und
dem Recycling dieser Abfälle beauftragen. Seit seiner Gründung 1993 war ARA der
führende
Anbieter
dieser
Dienstleistung
für
Haushaltsund
gewerbliche
Verpackungsabfälle in Österreich.
Die Kommission vermutet, dass ARA mögliche Wettbewerber am Zugang zur Infrastruktur
für die Sammlung von Haushaltsabfällen gehindert hat. Diese Infrastruktur besteht aus
Abfalltonnen und -säcken sowie den verbundenen Sammeldienstleistungen, die auf
vertraglicher Basis von den Unternehmen, die die Sammlung des Abfalls übernehmen
(„Sammelunternehmen“), und den Gemeinden im Namen von und für ARA im gesamten
Land erbracht werden. Da nach österreichischem Recht ein landesweites Netz von
Sammeldiensten vorgeschrieben und die Errichtung von Doppelstrukturen zur
Abfallsammlung nicht möglich ist, sind Wettbewerber auf den Zugang zur bestehenden
ARA-Infrastruktur angewiesen. ARA könnte potenziellen Wettbewerbern diesen Zugang
bisher verweigert haben.
Darüber hinaus könnte ARA auch Wettbewerber vom Markt für die Organisation der
Entsorgung gewerblicher Verpackungsabfälle ferngehalten haben. Da die Anforderung
einer landesweiten Flächendeckung mit Hilfe einer begrenzten Anzahl regionaler
Sammelzentren erfüllt werden kann, haben sich einige Wettbewerber auf diesem Markt
etabliert. Allerdings ist die Kommission zu der vorläufigen Auffassung gelangt, dass ARA
sein Monopol auf dem Markt für Haushalts-Verpackungsabfälle dazu genutzt hat, um seine
Position auf dem Markt für gewerbliche Verpackungsabfälle auszuweiten.
IP/13/711
Tatsächlich hat ARA einigen Organisationen und Unternehmen angeboten, die Sammlung
von Abfällen vor Ort analog zum Sammelsystem für Haushalte direkt über ARAAbfalltonnen und ARA-Sammelunternehmen durchzuführen. Allerdings dürfen in die
abgestellten ARA-Abfalltonnen nur ARA-lizenzierte Abfälle eingefüllt werden. Den Kunden
wiederum ist daran gelegen, nicht für jede Abfallsorte mehrere Tonnen auf dem eigenen
Gelände zu haben. Um Komplikationen bei der Abfalltrennung zu vermeiden, haben die
betroffenen Organisationen veranlasst, dass ihre Lieferanten sich für ARA als Sammel- und
Verwertungssystem entscheiden. Dadurch hat ARA Wettbewerber von diesem
Marktsegment ausgeschlossen.
Ein solches Verhalten würde, wenn nachgewiesen, gegen Artikel 102 des Vertrags über die
Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen, der die missbräuchliche
Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung verbietet.
Hintergrund
Die österreichische Regierung hat dem Parlament vor kurzem einen Entwurf über ein
neues Abfallwirtschaftsgesetz vorgelegt. Einige Bestimmungen des Gesetzesentwurfs sind
darauf ausgelegt, den Markt für die Organisation der Entsorgung von Verpackungsabfällen
für den Wettbewerb zu öffnen. Im Prinzip war Wettbewerb auch bisher schon zulässig.
Allerdings wurde er möglicherweise durch das Verhalten von ARA verhindert, wie die
Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte darlegt. Deshalb muss unbedingt
gewährleistet werden, dass sich die rechtlich gegebene Möglichkeit eines Marktzutritts
letztendlich in tatsächlichem Wettbewerb niederschlägt.
Die Mitteilung der Beschwerdepunkte ist ein förmlicher Schritt bei Untersuchungen der
Kommission im Falle mutmaßlicher Verstöße gegen die EU-Kartellvorschriften. Mit dieser
Mitteilung setzt die Kommission die Parteien schriftlich von den Vorwürfen gegen sie in
Kenntnis. Die Unternehmen können dann die Untersuchungsakte der Kommission
einsehen, schriftlich antworten und eine mündliche Anhörung beantragen, in der sie
gegenüber Vertretern der Kommission und der mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden
zu der Sache Stellung nehmen können.
Wenn die Parteien ihre Verteidigungsrechte wahrgenommen haben und die Kommission
dennoch zu dem Schluss kommt, dass hinreichende Beweise für eine Zuwiderhandlung
vorliegen, kann sie einen Beschluss erlassen, mit dem sie die wettbewerbswidrige
Verhaltensweise untersagt und gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen von bis
zu 10 % ihres weltweiten Jahresumsatzes verhängt.
Weitere Informationen werden unter der Nummer der Wettbewerbssache 39759 im
öffentlich zugänglichen Register auf der Website der GD Wettbewerb veröffentlicht. Über
neue Beschlüsse im Bereich Wettbewerbspolitik informiert der elektronische
Informationsdienst Competition weekly news summary.
Kontakt:
Antoine Colombani (+32 2 297 45 13 - Twitter: @ECspokesAntoine )
Marisa Gonzalez Iglesias (+32 2 295 19 25)
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