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S. Kaminsky/A. Breitsprecher
„wir. ALLEIN.“
Eigenproduktion des - tik- Jugendstudios
© Theaterverlag-Pegasus
1
Die Musik, der in dem Stück verwendeten Lieder, ist beim Verlag zu
erhalten.
Personen
Julia
Floh
Sven
Alex
Tom
Jörg
Tanja
Paul
Zeit
Gegenwart
1. Szene
Auf der Bühne ein Chaos aus Kisten, Büchsen, Matten, Klamotten, Papier etc.
Dazwischen Tom, Tanja, Paul, Alex, Sven, Jörg und Julia. Sie schlafen.
Tom erwacht und sieht auf den alten Wecker.
Tom :
Scheiße!
Song: Guten Morgen, alles Scheiße
Tom :
Brennende Sonne knallt durch die Fensterscheiben
auf unsere dicken Schädel herab.
Und beißendes Licht vertreibt die schönsten Träume.
Das war´s. Goodbye, geliebte Nacht.
Paul :
Wenn Mami und Daddy sich nicht leiden können,
und die Schule wieder richtig scheiße ist,
wenn dein Chef dich plötzlich rausschmeißt,
du deine Chance verpennst,
oder dich dein letzter Freund verläßt.
Tom :
Oder wenn so´n geilerTyp kommt
und gleich mit dir pennt,
2
wenn die Freundin mit dir Schluß macht,
du vom Hochhaus springst,
wenn sie dich beim Klauen erwischen
und behandeln wie Müll,
dann fang´ einfach an zu lächeln,
und denk´ dir ganz still:
Beide :
Guten Morgen, alles Scheiße.
Wißt ihr was, ihr könnt uns mal!
Guten Morgen, immer lächeln.
Ist doch sowieso egal.
Alle :
Guten Morgen, alles Scheiße.
Wißt ihr was, ihr könnt uns mal!
Guten Morgen, immer lächeln.
Ist doch sowieso egal.
Tom/Tanja/Alex: Wir haben keine Freunde.
Wir haben kein Geld.
Wir haben keine Zukunft,
dafür ist es schon zu spät.
Paul/Sven/Julia/: Wir wollen nicht nur verlieren,
Jörg
auch mal Gewinner sein.
Doch man läßt uns ja nicht leben.
Wir können nur noch schreien:
Alle :
Guten Morgen, alles Scheiße.
Wißt ihr was, ihr könnt uns mal!
Guten Morgen, immer lächeln.
Ist doch sowieso egal.
Guten Morgen, alles Scheiße.
Wißt ihr was, ihr könnt uns mal!
Guten Morgen, immer lächeln.
Ist doch sowieso egal.
Guten Morgen, alles Scheiße.
Wir müssen wieder raus.
Tom :
Guten Morgen, alles Scheiße.
Sonst gehen die Lichter aus!
black
3
2. Szene
Alle auf der Bühne. Sven amüsiert sich über Tanja, die versucht, Büchsen zu
einem Turm aufzustapeln. Julia ist indifferent.
Sven nimmt einen Lappen und wirft die Büchsen um.
Paul :
Arschloch.
(Sven entdeckt eine Zeitung und beginnt die Prostituiertenangebote vorzulesen.)
Alex :
Hör auf.
(Sven liest weiter) Du sollst damit aufhören, klar?
Sven :
Du siehst süß aus, wenn du wütend bist, Alex.
Alex :
(reißt Sven die Zeitung aus der Hand) Fick dich!
Tom :
Jetzt reicht´s, ja?
(Alex wendet sich verachtungsvoll ab.)
Jörg :
(seine eigene Zeitung zusammenlegend) Ey, Leute, so geht das hier
nicht mehr weiter! Was´n los mit euch? Seit zwei Monaten sitzt ihr
nur noch rum, schlaft, sauft oder brüllt euch an. Wie lange soll´n
das
noch so weitergehen? Wenn wir aus dem Laden hier nicht bald was
machen, hat sich das Ding erledigt! (zu Julia) Julia, ich hatte dich
gebeten, die Miete einzuzahlen. Und? Du hast es vergessen.
Geil. Mensch, weißt du, was passiert, wenn wir nicht bezahlen?
Wir fliegen raus!
(Julia wirft ihm einen vernichtenden Blick zu. Alles schweigt und starrt Julia
an.)
Jörg :
(verängstigt) Dir ist wohl alles egal, was?
Alex :
Halt die Schnauze, Jörg!
(Julia wendet sich ab. Aufatmen.)
Jörg :
Paß mal auf, Alex, wenn du endlich mehr Geld reinbringen wür4
dest, wäre das alles kein Problem. Aber die Dame ist sich wohl zu
fein für ehrliche Arbeit.
(Alex erhebt sich und will sich auf Jörg stürzen.)
Paul :
Was iss´n hier los, Mann? Sag doch, was du willst!
Jörg :
Wir brauchen endlich einen, der den verdammten Laden in die
Hand nimmt.
(zu Julia) Denn auf mich hört ja sowieso keiner.
(Und wieder sieht Julia ihn an und alle schweigen.)
Julia :
Stimmt.
(Julia hat Jörg mit ihrem Blick besiegt.)
Sven :
Du meinst also, wir brauchen einen Chef.
(zu Tanja) Tanja, der Job ist doch wie geschaffen für dich. „Vom
Heim ins Management“ - geiler Slogan.
Paul :
Hör zu, Arschloch, wer meine kleine Schwester anmacht, kriegt ein
paar in die Fresse!
Sven :
Der liebe Paul kann ja richtig böse werden.
Tom :
(dazwischen) Schluß jetzt. Ich sagte Schluß!
Jörg :
Seht ihr, genau das meine ich. Genau das!
Paul :
Und wen schlägst du vor?
Jörg :
Tom.
(Paul setzt sich von Tom weg auf die andere Seite.)
Sven :
Tom ist okay.
Tom :
(mit Blick auf Paul) Ich weiß nicht...
Tanja :
Was´n los, Paule?
Paul :
Ich glaube, das ist keine so gute Idee, wenn hier einer den Chef
macht. Wollen wir nicht lieber versuchen...
5
Jörg :
Wir haben es lange genug versucht. Und es hat nicht geklappt!
Also ich bin für Tom. (hinter Tom)
Sven :
Klingt gut. Sehen wir also auf zu Tom. (hinter Tom)
Alex :
(zu Paul) Komm, ist doch jetzt nicht das Problem, oder?
(hinter Tom)
Tom :
Also okay, ich mach´ den Job. Aber nach meinen Regeln.
(Tanja nach Blickkontakt mit Paul hinter Tom.)
Tom :
Julia?
(Julia stellt sich dicht hinter Tom. Die anderen weichen ihr aus.)
Paul :
(dumpf) Wir können es ja mal versuchen. (bleibt sitzen)
Tom :
Ab jetzt sind wir eine Gemeinschaft.
Ab jetzt hat jeder seine Funktion!
Ab jetzt hat jeder seinen Platz!
(Tom zieht sein Kostüm aus, die Gruppe tut es ihm gleich - ausgenommen Julia. Sie werden zu „Zombies“ und gehen auf ihre Positionen für den„Spiegel“.
Paul muß der Gruppe folgen und zieht ebenfalls sein Kostüm aus.
Julia schaut sich verwundert und unsicher um.)
black
„Spiegel“
Julia inmitten von „Personen“, die wie Säulen im Raum verteilt stehen. Sie
schaut sie verwundert an und berührt schließlich eine Person - und löst eine
Kettenreaktion aus. Die berührte Person „erwacht“ und funktioniert wie ein
Spiegel. Julia erschrickt und probiert den Spiegel aus. Unsicher weicht sie ihr
aus (die Person erstarrt sofort wieder zur Säule). Aber jetzt erwacht eine neue
Säule, versperrt ihr den Weg und wird ihr Spiegel. Immer wenn sich Julia
abwendet, erstarrt der Spiegel und eine andere Säule beginnt sich zu bewegen.
Julia bekommt Angst und versteckt sich hinter Kisten. In ihrer Panik wirft sie
eine Kiste in die Gruppe und aktiviert sie - alle kopieren nun Julias
Bewegungen. Sie steigert sich in eine panische Angst. Indem sie einen Schritt
nach vorn macht, versperrt sie sich selbst den Ausgang - sie beginnt zu
6
schreien... Julia ist erschöpft und resigniert. Sie erstarrt selbst zu einer Säule.
Der letzte Schimmer Hoffnung erlischt, wenn die Säulen noch einmal Julias
Versuch, sich allein zu bewegen, zerstören - Sie ist gefangen.
black
3. Szene
Julia zwischen Kisten als Säule allein im Raum. Sven auf.
Sven :
Was ist denn mit dir los?
Julia :
(„erwacht“) Das geht dich einen Scheißdreck an!
(Julia schafft sich Platz, indem sie alle Kisten nach hinten wirft und tritt.)
Jörg :
(auf) Das darf doch wohl nicht wahr sein. Julia, kannst du mir mal
erklären, was das soll? Julia, ich rede mit dir.
Julia :
(gefaßt) Ich brauche Platz.
Jörg :
Aber so geht das doch nicht...
(Jörg geht auf Julia zu, die ihn zurückstößt. Betroffenes Schweigen. Jörg und
Julia starren sich an. Tom, Paul und Tanja auf.)
Tom :
Sven?
Sven :
Hi, Tom.
Tom :
Jörg?
Jörg :
(unsicher) Tag Chef.
(Julia gibt ihn aus ihrem Blick frei.)
Kleines Mißverständnis.
Tom :
Es sieht irgendwie so...anders aus.
Jörg :
Ja?!
Tom :
Ja.
7
(Alex mit Floh von draußen auf.)
Alex :
So, da wären wir. Das ist Julia...
(Julia starrt Floh eiskalt an. Alex wird unsicher.)
Alex :
Das ist Tom, unser Boß. Die anderen lernst du sowieso noch
kennen. Und das ist Caro. Sie wird jetzt für ein paar Tage hier
wohnen. (will ab) Ist irgend etwas? (ab.)
(Stille. Alle schauen Floh an.)
Sven :
(um Floh herum) Hübsch. Wirklich hübsch, aber haben wir das
besprochen?
Jörg :
Wir sind doch schon so viele.
Sven :
Eben. (schubst Floh leicht) Hübsch.
Tom :
Sie hätte uns wenigstens informieren können.
Tanja :
Schon, aber vielleicht können wir ja...
Julia :
Haben wir das besprochen?
(Stille.)
Paul :
Also, das finde ich jetzt echt Scheiße, was ihr hier macht!
Jörg :
Haben wir das besprochen?
(Steigerung aller von „Haben wir das besprochen“. Dabei gehen sie drohend
auf Floh zu, bis...)
Alex :
(auf und dazwischen) Schluß!
(Die Gruppe weicht zurück.)
Seid ihr total übergeschnappt?
(zu Floh) Alles okay? (Floh nickt.) Habt ihr irgendein Problem?
Sven :
Allerdings.
8
Alex :
Ach ja?
Sven :
Haben wir das besprochen?
Alex :
Paß mal auf, daß du ein Scheißkerl bist, wissen wir alle!
Die Kleine bleibt hier, klar?
Julia :
Wer legt das fest?
(Stille.)
Floh :
Jörg :
Tom :
(will ab, leise) Ich.
Aber Alex, wenn sie hier wohnen will, dann braucht sie doch auch
eine Matratze. Tom, wir haben doch noch die rote im Keller.
Ist doch okay, oder? (Tom nickt; zu Floh) Jörg. Rot ist eigentlich
viel zu grell für eine Matratze, aber wir haben keine andere.
Ich werde dir mal noch ´ne Decke in Schwarz mitbringen, und
wenn du die rüber legst...
Jörg!
Jörg :
(gehetzt) Ich leite hier das Organisatorische...und Frühstück gibt’s
um sieben. (ab.)
Sven :
Und sei bloß pünktlich, da kennt er kennt er keinen Spaß!
Alex :
(resigniert; zu Floh) Komm, ich zeig dir, wo du pennen kannst.
Paul :
Warte mal. (zu Floh) Wie heißt´n du eigentlich richtig?
Floh :
Carolin.
Paul :
Bist du schon lange auf der Straße?
Floh :
Erst ein paar Tage.
Tanja :
Warum bist du nicht einfach wieder nach Hause gegangen?
(Floh schweigt.)
Paul :
(einlenkend) Also mich kannst du Paule nennen. Und das ist meine
kleine Schwester Tanja. (grinst unbeholfen)
9
Sven :
(steigt auf eine Kiste) Also Floh würde irgendwie besser passen.
Wie ist denn die Luft da unten?
Alex :
Komm runter.
Sven :
Können Flöhe nicht springen? Hey, hüpf mal!
Alex :
Schnauze!
Tom :
Floh?
Floh :
Ja?
Tom :
(lacht) Okay, Floh. Dann werden wir dich mal durch unseren
Palast führen. Rücken wir also zusammen. (ab.)
(Paul, Tanja und Alex ebenfalls ab.)
Sven :
Ich werde mal Jörg sagen, er soll bloß die halbe Matratze
aufblasen. (ab.)
( Julia bleibt als einzige zurück und tritt eine Kiste weg.)
black
4. Szene
Floh allein auf der Bühne mit ihrem Teddy. Hinter ihr eine Mauer aus Kisten.
Flo´s Mutter Beate (Stimme Julia) und deren Freund Ralph (Stimme Tom) im
Off.
Julia
:
Carolin...Carolin!
Floh
:
Ja, Mama, ich komme! (tritt in Spot vor Mauer) Ja?
Julia
:
Caro, Schatz, da bist du ja. Also, wie du wieder aussiehst. Kleidet
sich so eine junge Dame? Nun steck wenigstens das Hemd in die
Hose, hm?
Floh
:
Mutti, ich kann mich allein anziehen.
10
Julia
:
Das sehe ich! Was soll man dazu noch sagen? Naja, wir waren
schließlich auch mal jung, nicht wahr? (Julia und Tom lachen.)
Wie dem auch sei, Caro, ich möchte dich mit Ralph bekannt machen. Ralph ist 36 Jahre alt, arbeitet in einer großen Firma, hat
eine
Tochter und ein Auto und ist ein sehr netter Mensch. Sei also
lieb und sag guten Tag.
schön
Floh
:
(unsicher) Tag.
Tom
:
Hallo Caro. Du bist aber ein großes Mädchen. Deine Mutter hat
mir schon viel von dir erzählt.
Floh
:
Ja?
Tom
:
Ja. Ich glaube, wir können zwei sehr gut Freunde werden,
stimmt’s?
(Julia und Tom lachen.)
Floh
:
Julia :
Warum sollten wir?
Schatz, ich bin der Meinung, daß es besser für dich wäre, wenn du
wieder einen richtigen Vater hättest. Bei dem du Halt finden
Der dir bei den Hausaufgaben hilft.
kannst.
Floh
:
Ich hab´ doch Papa.
Julia
:
Dein Vater und ich sind seit sechs Monaten geschieden.
Floh
:
Ich will aber keinen anderen!
Julia
nicht
:
Carolin, es gibt Entscheidungen, die du in deinem Alter noch
treffen kannst, auch wenn du gern möchtest.
Floh
:
Aber ich hab´ doch das Recht...
Julia
:
Mein Gott, Kind, sei doch nicht so egoistisch. Möchtest du nicht,
daß deine Mutter auch ein bißchen glücklich ist?
Floh
:
Klar möchte ich das. Aber warum brauchen wir auf einmal einen
Vater? Es hat doch bis jetzt auch ohne alles geklappt. Jeder von
uns hat seine Sachen gemacht...
11
Julia
:
Da wir gerade davon sprechen, Schätzchen: Ralph und ich haben
beschlossen, dich wieder zum Ballettunterricht zu schicken.
Floh
:
Zum Ballett?
Julia
dich
:
Da staunst du, was? Ralphs Tochter macht das auch. Die kann
dann immer gleich mitnehmen.
Floh
:
Seit wann interessierst du dich denn für meine Freizeit?
Julia
:
Caro, das ist nur zweimal in der Woche. Vor Auftritten natürlich
öfter.
(Julia und Tom lachen.)
Floh
:
Verstehst du nicht, ich will nicht tanzen!
Julia
:
Nun laß dich doch nicht dauernd bitten. Würde dir außerdem ganz
gut tun.
Tom
:
Beate, das Kind. (lacht)
Floh
:
Mutti, kann ich mit dir allein sprechen?
Julia
:
Du brauchst vor Ralph keine Geheimnisse zu haben.
Floh
:
(eindringlich) Bitte.
Julia
:
Nun benimm dich nicht wie ein kleines Kind. Zu tanzen wäre
wirklich besser für dich. Besser für uns alle.
Floh
:
Für euch alle, ja? Für wen: Für dich etwa und den Typen da, oder
die fünf anderen, die du seit drei Wochen hierher schleppst und
genauso blöde Fragen stellen wie der da?
Julia
:
(fassungslos) Caro...
Floh
:
Kriegst du nicht mit, was hier läuft? Laß dich doch von dem nicht
einfach platt machen. Willst du uns aufs Spiel setzen, nur wegen
dem da? So blind kannst du doch nicht sein!
Tom
:
(„schlägt“ Floh) Meine Tochter redet nicht so mit ihrer Mutter!
die
12
Floh
:
Ich bin nicht Ihre Tochter!
Julia
:
Sie weiß nicht, was sie sagt. Was soll ich nur mit ihr machen?
Floh
:
(resigniert) Laß mich gehen.
Tom
:
Ihr fehlt die nötige Strenge. Ein Vater.
(zu Floh) Du hast doch schon mal getanzt früher.
Floh
:
(trocken) Früher. Ja.
Tom
:
Warum hast du damit aufgehört?
Floh
:
Was geht´n Sie das an?
Julia
:
Nun sag´s ihm schon.
Floh
:
Ich hatte eben keine Lust mehr.
Julia
:
Ihre Figur...
(Stille.)
Floh
:
Kann ich jetzt gehen?
Tom
:
(hart) Du bleibst! Nun laß dich doch nicht gleich hängen. So wirst
du nie etwas im Leben erreichen. Du darfst nicht immer so schnell
aufgeben.
Floh
:
Ist gut jetzt, ja?
Tom
:
Carolin, ich habe ruhig versucht, mit dir zu reden. Du bist noch
nicht in der Lage, dich wie eine Erwachsene zu benehmen, also
werden wir andere Seiten aufziehen. Du nimmst dir bitte morgen
nichts vor, wir werden dich beim Ballett anmelden.
Floh
:
(gebrochen) Ich kann das nicht.
Tom
:
Floh
:
Das ist doch kein Problem, wenn du ein bißchen zu dick bist. Das
kriegen wir schon weg. Gemeinsam.
Mutti. Mutti, bitte!
13
Tom :
nachwerden
Position!
Was du in der Zwischenzeit versäumt hast, kannst du wieder
holen. Dir fehlt nur die nötige Selbstdisziplin, ein Ziel. Wir
es finden! So, und nun die zweite Position. Die zweite
Floh
:
Ich kann das nicht.
Tom
:
Selbstdisziplin!
(Floh stellt sich ungeschickt in die zweite Position)
Tom
:
Steh gerade! Kopf hoch, Brust raus...sehr schön! (beginnt zu
zählen)
(Floh tänzelt langsam und verkrampft. Steigernde Improvisation, bis Floh
plötzlich inne hält, und anfängt, zu lächeln.)
Tom
:
Floh :
(nervös) Eins, zwei, drei....
Oh nein. (stürzt Mauer hinter sich um.)
(Floh steht unglücklich vor den umgeworfenen Kisten. Alex hat sie beobachtet.
Stille. Jörg auf.)
Jörg
:
(sieht die umgeworfenen Kisten) War Julia hier?
Alex
:
Nein.
Jörg
:
Ich dachte, wegen der Kisten.
Alex :
(trocken) Ja.
Jörg :
So, Floh, dann paß mal auf...
Alex
:
Jörg, du störst.
Jörg
:
Aber ich muß doch...
Alex
:
Ja, ich weiß, noch gewissenhafter sein als Tom. Verpiß dich!
Jörg
:
Alex, so kannst du nicht mit mir reden.
14
Alex
:
Klar kann ich! Jörg, dreimal Scheiße: Du redest Scheiße, du siehst
Scheiße aus, du bist Scheiße!
Jörg
:
Alex, warum sagst ausgerechnet du mir das? Dreimal Scheiße am
Tag würde ich sagen. Oder hast du mehr geschafft?
(Alex will auf Jörg los.)
Jörg
:
Okay, ich gehe ja schon. Alte Geschichten sollte man ruhen lassen oder liegen? Alex, besser du hältst in Zukunft deine Fresse! (ab.)
Floh
:
Was wollte der denn von dir?
Alex
:
Schnauze! Sorry...Los, leg dich hin, ich erzähl dir ein Märchen.
Es war einmal ein kleines Mädchen. Ihre Mutter war gestorben,
eigentlich hatte sie auch keinen Vater mehr. Als eines Tages auch
ihre Großmutter starb, gab es niemanden mehr, auf den sie sich verlassen konnte. So beschloß das Mädchen, in die weite Welt zu ziehen - und fand sich auf der Straße wieder, mit nichts als ihren Kleidern auf dem Leib, einem Stückchen Brot in der Hand... und der
Hoffnung. Aber sie dachte sich:’Die Straße ist bestimmt der Anfang der Welt, und du mußt nur den Mut haben, weiterzugehen.’
Floh
:
Wie hieß das Mädchen?
Alex
:
und
Solche Mädchen haben keine Namen.
Nach einer Weile kam ihr ein alter, häßlicher Mann entgegen. Und
als er das Brot sah, erzählte er, daß er seit drei Tagen nicht
gegessen
hatte. Da schenkte sie ihm das ganze Stück und ging weiter.
Sie
hörte noch, wie der Alte mit vollem Mund etwas von Dankbarkeit
und Gott murmelte, aber davon verstand sie nichts. Sie hatte dem
Hungernden zu essen gegeben, das mußte reichen.
So traf sie ein altes Weib. Das hinkte entsetzlich. ‘Kein Wunder’,
dachte das Mädchen,’in dem Alter und barfuß.’„Hey, Alte, wollen
doch mal sehen, ob dir meine Schuhe passen!“
„Du bist ein braves Kind“, krächzte die Alte. „Der Himmel...“
“Klar doch“ meinte das Mädchen und lief weiter. Sie verließ die
Stadt in Richtung Wald. Der Weg war schon ziemlich kalt unter ihren nackten Füßen. ‘Aber dieser Herbst ist ja fast noch ein
Sommer’,
sagte sie sich, ‘und bis zum Winter besorge ich mir neue
Schuhe.’
Da traf sie ein kleines Kind, daß sich verlaufen hatte und vor Kälte
zitterte. Sie zeigte ihm den Weg zurück zur Stadt und legte ihm
noch
den Mantel über ihre schmalen Schultern. Es war ja Sommer.
15
vom
Das Kind sagte nichts, lächelte bloß. Das verstand das Mädchen.
Dann war sie allein. (Spot auf Alex) Und da sie nichts mehr hatte,
schaute sie zum Himmel, zu den Sternen. Und die Sterne fielen
Himmel und wurden harte blanke Taler.
(Alex singt.)
Song: Ich geh nur nach Hause...
Ich geh nur nach Hause, wenn niemand da ist.
Ich geh nur nach Hause, wenn’s dunkel ist.
Ich geh nur nach Hause, wenn mein Daddy nicht da ist.
Und wenn er da ist, hab ich Pech.
Ich geh nur nach Hause, wenn niemand da ist.
Ich geh nur nach Hause, wenn’s dunkel ist.
Ich geh nur nach Hause, wenn mein Daddy nicht da ist.
Und wenn er da ist, muß ich auf den Strich.
Und wenn ich dann da steh in Mini und Weste,
ob am Taxistand, an der Autobahn,
und mit der Tasche winke,
das kotzt mich so an.
Mein Gang ist perfekt, die Beine gespreizt.
Ich weiß, daß das antörnt. Ich weiß, daß das reizt.
Schläge nehme ich in Kauf,
ich bin so cool drauf.
Hey, Daddy, was soll der Quatsch?
Warum hast du´s dir so leicht gemacht?
Hey, Daddy, laß die Schmeicheleien.
Ich will ich sein. Ich will ich sein!
Ich geh´ nur nach Hause,...
Ich hatte soviel vor, wollte Karriere machen.
Wie Westernhagen auf der Bühne stehen.
Doch ich hock´ auf der Straße...
Kommt, erzählt mir was von eurer heilen Welt.
Von Mutti und Papa und von Taschengeld.
16
Von eurem schicken Haus, in dem ihr glücklich seid.
Und von Freundschaft, die nach Egoismus schreit!
Ich geh´ nur nach Hause,...
(Alex steht verloren im Raum. Floh schläft. Paul auf.)
Paul :
Die Kleine schläft schon?
(Alex nickt. Paul legt Floh die Decke über. Alex und Paul ab.)
black
„Teddy“
Floh und Julia auf der Bühne, zwischen ihnen das Chaos, ein Wall aus Kisten.
Floh spielt mit dem Teddy. Julia bahnt sich einen Weg auf die andere Seite zu
Floh. Floh gibt ihr den Teddy. Beide spielen wie kleine Kinder.
Die Gruppe erscheint laut und rücksichtslos. Julia wirft den Teddy von sich und
schließt in panischer Angst die Mauer aus Kisten. Aber es ist zu spät. Floh
sieht nur Julias für sie unverständliche Reaktion, wundert sich und geht durch
die für sie unsichtbare Gruppe ab. Die Gruppe nimmt entlang der Mauer
Aufstellung. Jeder nimmt eine Kiste und hebt sie drohend gegen Julia. Julia
überwindet ihre Angst, richtet sich auf und „wird“ zur eigentlichen Julia. Die
Gruppe stoppt. Einer nach dem anderen läßt, geführt durch Julia Blick, die Kiste
fallen. Wenn der letzte „Stein“ gefallen ist, lassen alle synchron die Hände
sinken.
Julia schaut demonstrativ zur Tür. („Raus!“) Der Blick der Gruppe geht von
Julia zur Tür - sie verstehen. Alle außer „Tom“ gehen ab. Tür zu.
Julia ist erleichtert und resigniert. Sie geht zum Teddy und nimmt ihn traurig in
ihren Arm.
„Tom“ - ein kurzes, scharfes „Ey!“. Julia erschrickt, wirft den Teddy weg und
macht sich „kampfbereit“.
black
5. Szene
Tanja vom Aufräumen erschöpft. Im Hintergrund steht eine aus Kisten gebaute
Schrankwand. Sven auf.
17
Sven :
(sieht die Schrankwand; verwirrt) Morgen.
Tanja :
Guten Morgen. Na, gut geschlafen?
Sven :
Du scheinbar nicht. (blickt zur Schrankwand) Was iss´n das?
Tanja :
Dein Fach ist rechts oben.
Sven :
Nicht schlecht. War Ordnung bei euch im Heim so´n Pflichtfach?
„Ordnung macht Laune!“ oder so?
(Tanja wendet sich ab.)
Sven :
Nun sei doch nicht gleich wieder sauer. In so einem Heim zu leben,
daß kann doch jedem mal passieren.
Tanja :
Du bist ein verdammter Wichser, Sven.
Sven :
Na, das „verdammt“ wollen wir mal überhört haben. Ist der Kaffee
schon fertig? Das duftet...Wo hast du eigentlich so gut Kaffee
kochen gelernt? Laß mich raten...
Jörg :
(auf; sieht sich um) Morgen.
Sven :
(hat den Kaffee ausgespuckt) Tanja, der Kaffee ist zum kotzen.
Tanja :
Hat dir doch sonst immer geschmeckt.
Sven :
Aber nicht heute! (spuckt auf den Fußboden)
Tanja :
Mach das weg. Verdammt noch mal, du sollst das wegmachen!
Jörg :
(ruhig) Jeder hat seine Aufgabe.
Tanja :
Was?
Jörg :
Jeder hat seine Funktion, Tanja.
Tanja :
Dann darf ich das jetzt wegwischen, oder wie?
(Tanja sieht beide verständnislos an - und versteht. Sie wischt widerstrebend
auf und gibt den Lappen Jörg, der ihn fallen läßt. Tanja und Jörg stehen sich
wortlos gegenüber - sie kämpfen. Floh auf. Tanja bückt sich und greift nach
dem Lappen.)
18
Floh :
Scheiße!
(Floh schlägt Tanja den Lappen aus der Hand und setzt sie auf eine Kiste.)
Floh :
(schaut erst Jörg an, dann zu Sven) Was bist´n du für ein
Arschloch?
Dieser Typ macht Tanja völlig fertig und du schaust
seelenruhig
zu! Du bist ja so cool. Was muß eigentlich passieren, damit
du dein
verdammtes Maul aufmachst?
Sven :
Hier kämpft jeder für sich allein.
Floh :
mal,
Ach so. Okay. (ganz naiv zu Jörg) Bist du mir jetzt böse? Guck
du kannst die Tanja doch nicht einfach fertigmachen, nur weil dich
hier keiner ernst nimmt. Damit machst du dich doch noch lächerlicher, hm?
(Jörg verliert. Gegen Floh kommt er nicht an. Jörg will ab.)
Floh :
Jörg, dein Lappen. (wirft ihm den Lappen zu.)
(Jörg will auf Floh los, doch Sven beschützt sie. Jörg ab.)
Floh :
Jeder kämpft für sich allein?!
Sven :
Weißte, Kleine, du bist verdammt clever.
(Tom auf.)
Sven :
Aber das war erst der Anfang. Tag, Chef.
Tom :
Was ist los?
Floh :
Was los ist? Jörg macht hier den totalen Affen. Der kann Tanja
nicht so runtermachen, nur weil der scheiß Fußboden dreckig ist!
Tom :
Beruhige dich. Ich klär´ das. (zu Tanja) Ihr habt mich gewählt, nach
meinen Regeln. Und du warst auch dafür, oder? (Tanja schweigt.)
Na also. Nun habe ich Jörg beauftragt, die Arbeiten zu verteilen.
Du mußt einfach nur machen, was Jörg dir sagt. Alle müssen das
tun...
(Sven ab. Floh sieht ihm nach.)
19
Tom :
...oder gehen. Alles klar?
(zu Floh) Es geht doch! (ab.)
(Tanja nimmt einen Teller und wirft ihn Tom hinterher. Tom auf.)
Tom :
Ist was passiert?
Tanja :
Nichts. Ist mir runtergefallen.
Tom :
Kein Problem, Tanja. Kann doch mal passieren. (ab.)
black
„Oben und unten“
Die Gruppe sitzt auf Kisten zusammengedrängt in der Mitte der Bühne. Sie
fühlen sich als Gruppe, bis „Tom“ plötzlich aufspringt und seine Kiste nach
hinten schleudert. Voller Haß starrt er auf Julia, die inmitten der Gruppe sitzt.
Die anderen folgen seinem Beispiel.
Wenn „Paul“ seine (die letzte) Kiste nach hinten geworfen hat, stellen sich alle
hinter „Tom“. Ihre Blicke fixieren die allein sitzende Julia - die Andere.
Die Wölfe haben ihr Fressen gefunden...
„Paul“ reißt Julia ihre Kiste weg. Sie springt auf und die Gruppe beginnt,
langsam auf sie zuzukommen. Der sinnlose Haß steigert sich, Julia weicht
zurück und steht vor einer Wand - hilflos.
„Tom“ löst sich aus der Gruppe und geht lächelnd auf sie zu. Er schlägt nach
ihr, aber seine Hände knallen knapp neben ihrem Gesicht an die Wand. Er
streichelt ihre Wange und drückt zu, reißt sich aber im letzten Moment
zusammen - die anderen sind auch noch dran. „Tom“ kehrt zur Gruppe zurück.
Nun nähert sich „Paul“ Julia, packt sie und schleudert sie in die Gruppe. „Tom“
hält Julia fest, bis „Paul“ neben ihr steht. Er hat viel Zeit - und greift zu. Julia
wehrt sich, wird aber von den anderen festgehalten. „Paul“ widmet sich in Ruhe
seinem Opfer. Wenn er befriedigt ist, faßt „Sven“ Julia am Genick und drückt
sie vor „Paul“ nach unten.
Jetzt reißt sich Julia los und fällt in den Kreis der Gruppe. Diese ist ärgerlich,
daß ihr Opfer noch so viel Kraft besitzt, und will auf Julia los - STOP.
Die machtlose Julia steht auf und wird zur unbezwingbaren Julia, die sie im
normalen Leben ist.. Die Gruppe richtet sich mit dem entsprechenden Respekt
auf.
Der Machtwechsel hat stattgefunden.
20
Julia rächt sich. Sie drückt „Paul“ weg, der jetzt genauso hilflos ist, wie sie
vorher. Sie nimmt Tanjas Kostüm und wirft es der „Tanja“ auf der Bühne zu,
die es überzieht - und plötzlich wieder „lebendig“ ist. Julia umarmt Tanja...und
stößt sie in die Gruppe zurück. Die Gruppe hat ihr Fressen gefunden, ist
zufrieden mit ihrem neuen Spielzeug und trollt sich.
Julia wendet sich voller Verachtung ab.
black
(Tanja singt.)
Song: „Manchmal...“
Manchmal,
mitten in der Nacht,
wach´ ich auf,
fühl´ mich allein.
Und ich spüre Kälte,
schau´ ins Dunkel hinein
und hör´ die Stille schrein.
Lange Schatten gleiten
drohend über die Wand.
Ich weiß nicht, woher.
Weiß nicht, wohin.
Bilder ohne Sinn .
Was mich so ängstlich macht,
ist die Stille in der Nacht.
Und keiner da,
der mich halten kann.
Was mich so ängstlich macht,
ist die Sorge in der Nacht,
am nächsten Morgen
noch allein zu sein.
Doch das Dunkel hüllt mich ein,
die Hoffnung, nur ein Schein.
Ich bin allein.
Manchmal,
mitten an einem Tag,
bin ich wach,
fühl´ mich allein.
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black
6. Szene
Nachts. Jörg und Tom allein auf der Bühne. Jörg rechnet.
Paul auf. Er ist angetrunken.
Jörg :
Hi. (arbeitet weiter)
(Paul tritt Jörgs „Schreibtisch“-Kiste weg und kommt auf ihn zu.)
Paul :
Die Sache mit Tanja heute morgen war doch nicht dein Ernst, oder?
Jörg :
Sie war doch selbst Schuld. Ich mache nur meinen Job.
Paul :
(zertritt Jörgs Unterlagen) Ach ja?
Jörg :
(verängstigt) Die sind doch aber wichtig.
Paul :
Weißt du, was wirklich mal wichtig wäre? (bedroht Jörg)
Tom :
Ey!
(Paul stößt Jörg grob weg.)
Tom :
(zu Paul) Schlechten Tag gehabt heute?
Paul :
Kann nicht klagen. Morgens verlierst du deinen Job, danach heult
dir deine Schwester die Ohren voll, und abends triffst du dieses
Arschloch. Geiler Tag!
Jörg :
Wenn du jetzt arbeitslos bist, kannst du gar keinen finanziellen Beitrag leisten. Ist es da zuviel verlangt, wenn deine kleine
Schwester...
Paul :
(will auf Jörg los) Geiler Tag!
Tom :
(dazwischen) Jörg, verpiß dich!
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(Jörg ab. Tom holt zwei Bier. Stille.)
Paul :
Hat mich rausgeschmissen, der Wichser. „Zu viele
Leute“...Scheiße.
Aber immer nett und freundlich - so wie du. Ihr Chefs seid doch alle
gleich: Die Drecksarbeit machen immer andere. Du machst meine
kleine Schwester nicht fertig, du läßt sie fertigmachen und bist
noch
ehrlich erschrocken, wenn das, was du sagst, wirklich passiert.
Tom :
Du vergißt, wer mich zum Chef gemacht hat.
Paul :
Ich war dagegen, als einziger... und hatte recht.
Tom :
Ich habe mich nicht gedrängelt, das weißt du. Aber dein Schwesterlein stand schon hinter mir, neben Jörg! Verstehst du?
Paul :
Hat die doch gar nicht verstanden. Dachte, wir spielen Verstecken
und ich bin dran.
Tom :
Paul, so dumm, wie du denkst, ist Tanja nicht. Sie hat, ohne
nachzudenken, kapiert, was du völlig übersehen hast: Deine kleine
Schwester kann sich nicht mit jedem anlegen, der sich ihr in den
Weg stellt. Und solange du mit deinen Fäusten ihr diesen Weg
ständig frei machst, wird sie es auch nicht lernen. Die einzige Möglichkeit, ohne die Hilfe ihres großen Bruders klarzukommen, bin
ich. Einer, der ein bißchen Ordnung schafft.
Paul :
Sie haben dir einen schönen Sockel gebaut, und du bist treu und
brav raufgeklettert. Und jetzt lieben und hassen sie dich.
Und sie haben Angst vor dir, denn was einer wert ist in der Gruppe
heißt nur noch, was er in deinen Augen wert ist.
Und diese Scheiße nennst du also Ordnung?
Tom :
Ihr stellt immer nur Fragen. Von mir will jeder Idiot Antworten
hören! Fragen stellen ist einfach, doch Antworten erfordern
Durchblick. Und irgendeiner sollte diesen verdammten
Durchblick
haben, oder? Die Leute sitzen doch solange mit offenem
Mund da,
bis der liebe Tom kommt und sagt, daß sie ihn wieder
zumachen
können.
Paul :
Du siehst, sie lieben dich...
Tom :
Das ist nicht fair. „Also, das finde ich echt Scheiße, was ihr hier
macht.“ Waren das deine Worte, als die Kleine hier rein kam?
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Wenn du sie nicht wieder wegschicken willst, mußt du auch sagen,
wie hier acht Leute durchkommen sollen. Wie geht das ohne mein
scheiß bißchen Ordnung?
Paul :
Tom :
(unmotiviert) Arschloch.
Von mir aus. Aber ich bin ein realistisches Arschloch, und du bist
ein Träumer. Du könntest jederzeit gehen, wann du willst... aber du
bleibst gefälligst hier! Hör zu, ich halte in nächster Zeit Jörg kurz,
und du siehst zu, daß du wieder auf die Beine kommst. Dann werden wir mal sehen. Ach ja, wenn du dich schon besaufen mußt,
dann wenigstens nicht allein.
(Beide grinsen. Tom ab, Paul legt sich hin und schläft ein.)
black
7. Szene
Paul schläft, Floh bringt ihm eine Tasse Kaffee. Sven laut und unbarmherzig
auf.
Sven :
Scheiß Nacht. Hab von Jörg geträumt.
Floh :
Pssst.
(Floh weckt Paul. Er trinkt - und verzieht das Gesicht.)
Floh :
Alles klar? (Paul nickt; Floh unsicher weiter) Ein bißchen stark geworden, was? (Paul nickt wieder; entschuldigend) Ich trinke morgens nur
heiße Milch. Willst du welche?
Paul :
Ist schon gut.
Floh :
Na ist doch Scheiße mit deinem Job. (erschrickt über das Gesagte)
(Paul lächelt und streichelt sie.)
Sven :
Ey, Loser...Lebst jetzt also auch von der Stütze, ja? Ich kann keine
Verlierer leiden. Loser sind nichts, nicht einmal nutzlos. Das System
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braucht sie - als Beispiel für die anderen, als Symbol des sozialen Abstiegs. Und die Leute werden lenkbar durch die Angst, ein Loser zu werden wie du.
Paul :
Halte dich gefälligst aus Sachen heraus, die dich nichts angehen, Sven.
Sven :
Und ob das mich was angeht. Was meinst du, weshalb ich so erfolgreich
bin? Kein Werbeplakat mit der idiotischen Verherrlichung von „Schönheit und Erfolg“ ist wirksam, ohne den obdachlosen Penner davor. Die
Angst der Menschen, zu werden, wie ihr, läßt sie die Produkte kaufen...
Genug Platz am Trog für ängstliche Schweine!
Floh :
Sven, hör auf!
Paul :
Nee, laß mal. (steht auf) Für wen hältst du dich eigentlich?
Sven :
Aber das lächerlichste an Losern ist, daß sie es selbst nicht wahrhaben
wollen. Du bist draußen, Mann!
(Paul nimmt eine Kiste und wirft sie nach Sven, der sie auffängt.)
Sven :
Ich hab ´n Job für dich. Mein Chef sucht Leute. (stellt die Kiste ab)Aber
lerne erstmal die Spielregeln. Du mußt viel ruhiger werden.
(gibt Paul seine Visitenkarte) Erwachsen.
(zu Floh) Das hat ja bei Dir noch ein bißchen Zeit.
(Sven und Floh sehen sich einfach nur an. Paul ab.)
- Direkter Übergang zur 8. Szene -
8. Szene
Sven und Floh sitzen sich gegenüber. Betretenes Schweigen.
Floh :
Alex hat mir vor zwei Tagen ein Märchen erzählt...
Sven :
Sowas.
Floh :
Ja! Das Märchen vom Sterntaler. Kennst du das?
Sven :
Vielleicht.
Floh :
Ich bin eingeschlafen. Ich habe nur noch mitbekommen, wie das
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kleine Mädchen seinen Mantel verschenkt hatte...
Sven :
Hatte es seine Mütze schon weggegeben?
Floh :
Nein, ich glaube nicht.
Sven :
mehr
Dann ist der Schluß ganz einfach: Und als das Mädchen nichts
hatte, außer seiner Mütze, setzte es sich damit vor eine Filiale der
Deutschen Bank und mußte froh sein, wenn ihm die Bankangestellten von Zeit zu Zeit ein paar Pfennige zuwarfen. So saß es den ganzen Winter über in der Kälte. Und wenn es daran nicht gestorben ist,
so sitzt es dort noch heute.
Floh :
Dankeschön, Scheißkerl! Kannst du nicht einmal ernsthaft sein?
Sven :
Es gibt nichts, was es nicht wert wäre, in Frage gestellt zu werden.
Floh :
Lebensweisheit?
Sven :
Ein bißchen hart, zugegeben. Aber ich träume nicht. Ich sehe das
Leben, wie es ist, und akzeptiere es - ohne Grundsätze, das ist ehrlicher. „Du sollst nicht stehlen, du sollst nicht fremdgehen...“
Floh :
Besser is´.
Sven :
(verunsichert) „Du sollst nicht lügen...“ Ohne Lüge zu leben,
Versicherungsmakler sein und trotzdem reich werden: Wer soll das
auf die Reihe kriegen?
Floh :
Sag’s mir!
Sven :
Mein Alter. Ja, wirklich reich. Nicht gleich Kudamm, aber so kurz
davor. ‘Kurz vor Vertragsabschluß’, wie mein Alter sagen würde.
Sowieso geil: Mein Alter steht sein ganzes Leben immer kurz vor
dem
Abschluß - aber immer optimistisch!
Manchmal, nach der ersten Flasche Cognac, wird der Alte rührselig:
Er würde ja ganz anders, nicht der coole, ewig lächelnde Generalvertreter... Aber er lügt! Das Haus, seine Kohle und der teure Cognac,
der ihm zu Kopf steigt, wissen, daß er lügt. Und wenn ich gerade gut
drauf bin, sage ich ihm das auch. Er macht die zweite Flasche auf
und meint:„Sven, du bist immer so sachlich.“ Ich grinse ihn an und
antworte:“Deine Erziehung, Papa.“
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Dann ist es glücklicherweise vorbei. Er grinst zurück, dreht die
Musik
lauter und wir lachen über Mutters: “Aber Jürgen, die Nachbarn...“
Das ist besser. Wenn ich eins gelernt habe, dann, daß es besser ist,
nicht weiter nachzudenken, sonst läßt man sich gehen. Geschmacklos. Peinlich für die anderen, die Verständnis heucheln müssen.
Falle niemals anderen zur Last...
Aber mein Alter ist schon okay. Er weiß, wo´s lang geht im Leben.
Floh :
Nicht schlecht, deine Eltern.
Sven :
Willst du sie haben? Ich schenke sie dir zu Weihnachten.
Floh :
Mit oder ohne Haus?
Sven :
Du lernst langsam.
Floh .
Das liegt am Lehrer. (sie kommen sich näher; ausweichend) Warum
mußt du eigentlich hier wohnen? Du hast doch alles.
Sven :
Wer redet hier von müssen? Wenn ich keinen Bock mehr habe, ziehe
ich wieder in meine eigene Wohnung.
Floh :
Du hast ´ne eigene Bude?
Sven :
Ja.
Floh :
Du bist ziemlich clever.
Sven :
Wenn man in einer Werbeagentur arbeitet... Azubi, aber mein Chef
meint, ich habe die richtige Einstellung zu dem Job. Und wenn die
Kohle stimmt. Das ist übrigens unser neuester Slogan. Mein Chef hat
bloß korrigiert in „Wenn das Geld stimmt“ - ich mag Kompromisse,
wenn sie etwas über das Leben erzählen.
Das Leben ist sowieso spannend. So viele Träume und soviel Vergeblichkeit. Ich sponsor´ die Party hier mit 500,- im Monat, damit
Jörg was zum Rechnen hat. Macht Spaß. Nichts gegen die Leute, aber
so schöne bunte Bilder von Freiheit und Freundschaft, und dann
chekken sie, daß sie was zum Fressen brauchen und sich gegenseitig ankotzen, weil sie ständig aufeinanderhocken. Geiles Gesellschaftsspiel.
Und dann kommst du und bringst alle Spielregeln durcheinander.
Floh :
Ich spiele grundsätzlich nach meinen Regeln.
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Sven :
Sag mal, warum schaffst ausgerechnet du es, daß ich da mitspiele?
Floh :
Deine Erziehung...
Sven :
Wenn du jetzt Papa sagst...
(Sie nähern sich zu einem Kuß.)
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„Einer von uns“
Die Gruppe als Mauer, die die Bühne in zwei Hälften teilt. Auf der einen Seite
Julia. Die Personen der Gruppe stehen abwechselnd mit dem Gesicht oder
Rücken zu ihr. Julia versucht, die Mauer zu durchdringen - vergeblich.
Floh auf der anderen Seite auf. Sie sieht Julia und geht freudig auf sie zu. Floh
passiert die Mauer - einfach so. Sie bleibt vor Julia stehen, die sie schnell von
der Mauer wegzieht und an sich drückt.
Die Gruppe wird aktiviert. Die Blicke gehen zu Julia. Die Gruppe formiert sich.
Ihre Blicke zwingen Julia, die Kleine preiszugeben. Sie schiebt Floh behutsam
weg und stellt sich in die Gruppe. Da Floh nur Julia sehen kann, wundert sie
sich über ihr Verhalten, hockt sich gegenüber der Gruppe hin und schaut Julia
fragend an.
Die Gruppe hat eine Idee. Sie geben Julia wieder frei und fixieren sie mit ihren
Blicken, während sie sich an die Wände des Raumes verteilen. Plötzlich geht
der Gruppenblick von Julia auf Floh. Julia begreift...
Sie versucht, Aggressionen in sich aufzubauen und geht auf Floh zu, um dem
Wunsch der Gruppe zu entsprechen: Floh zu schlagen. Floh nimmt die Hände
vor ihr Gesicht. Julia stoppt und weicht ängstlich zurück.
Der Blick der Gruppe geht zurück auf Julia - Sie sind sehr unzufrieden mit ihr.
Langsam kommt die Gruppe auf sie zu, bildet schließlich zwei Mauern, die sich
langsam auf sie zu bewegen. Julia muß ihre Haltung „Ich kann nicht“ in „Ich
muß“ ändern. Sie entflieht den Mauern, indem sie sich auf Floh stürzt.
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9. Szene
Floh am Boden.
Julia :
Nun steh schon auf! (wendet sich ab)
Floh :
Du sagst nichts, bist einfach nur da. Und alle akzeptieren dich,
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nehmen dich ernst. Als ob du etwas weißt... ein Geheimnis. Dann
wieder denke ich, dir müßte verdammt kalt sein.
(provozierend) Julia, du frierst!
(Julia will Floh durch ihren Blick bezwingen, doch der Blick prallt an Floh
ab.)
Floh :
Ich mag dich.
Julia :
Du siehst nicht, was ich sehe. Das ist deine Chance.
(Alex auf. Julia wendet sich ab.)
Alex :
(unsicher) Hi, Floh.
(Julia ab.)
Alex :
Ich muß mit dir reden. Über Sven.
(Floh sieht sie mit einem „Julia-Blick“ an, Alex senkt den Kopf.)
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10. Szene
Sven und Floh allein. Sie nähern sich einander vorsichtig und voller Vertrauen. Schließlich lehnen sie sich Rücken gegen Rücken aneinander. Die Gruppe
tritt auf und stellt sich hinter beide. Floh und Sven fahren auseinander.
Alex :
Floh, besser, du wartest draußen.
Floh :
Ich bin nicht deine Tochter.
Julia :
Carolin!
(Floh versteht und geht durch die Gruppe ab.)
Tom :
Sven, setz dich.
(Tom setzt Sven auf eine Kiste und stellt sich hinter ihn.)
Paul :
Sven, verstehe uns nicht falsch.. Wir müssen wissen, was mit euch
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los ist. Du hast dich da auf eine Sache eingelassen, die du nicht
kontrollieren kannst, für die wir aber alle verantwortlich sind. Mir
geht’s
hier nicht um Tanja oder mich, ist vergessen. Du hast sie sehr gern,
hm? (blickt auf Tom, schnell) Du weißt genau, daß das nicht geht!
Laß uns versuchen...
Jörg :
Wir haben es lange genug versucht!
(Paul weicht zur gegenüberliegenden Seite Svens zurück.)
Eine Runde aussetzen, Sven. Du hast die wichtigste Spielregel
nicht
Grundauf die
beachtet: Wir sind eine Gemeinschaft! Du respektierst keine
sätze, akzeptierst nur dich selbst. Es war klar, daß du damit
Schnauze fallen würdest.
(Sven will auf, Tom hält ihn fest.)
Ich hab´ mich nie mit dir angelegt, habe gewartet bis zu diesem
Moment. Ich finde, du solltest eine Entscheidung treffen, Sven, und
zwar bald. (stellt sich zu Paul)
Tanja :
Ich verstehe nicht, warum. Die kleine Floh, sie ist doch noch so...
jung. Das finde ich gemein.
Tom :
(scharf) Tanja!
Tanja :
(schreit) Das finde ich gemein! (geht zu Jörg und Paul)
Alex :
Hast es also endlich geschafft, ja? Hast bekommen, was du wolltest. Wie fühlt man sich, wenn man es mit kleinen Mädchen macht?
Du hast mich schon immer angekotzt. Mit deinem Geld und deiner
Arroganz. Du erinnerst mich an die da draußen...
Du hast Floh in den Dreck gezogen, so wie du alles Schöne in den
Dreck ziehst. Sie war schön. Und jetzt? Jetzt ist sie nur noch deine
Matratze. Nur noch ein Stück Dreck.
Sven :
Alex, verdammt, halt die Fresse!
(Alex will auf Sven los. Julia tritt einen Schritt nach vorn, Alex stoppt und
sieht
Julia an.)
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Alex :
Okay. (geht zur neuen Gruppe)
Tom :
Aber Julia...
(Julia geht auf Tom zu bringt ihn mit ihrem Blick zum Schweigen. Er senkt
den Kopf und weicht zur Gruppe aus. Julia stellt sich provokativ auf die gegenüberliegende Seite der Gruppe, die sich vor Sven aufbaut hat. Tom stellt
sich vor die Gruppe als machtloser Vollstrecker eines Gruppenwillens.)
Alex :
(fordernd) Tom.
(Tom stellt sich hinter Alex, er hat verloren. Alex sieht Julia in die Augen und
fängt an zu lächeln. Sie reißt ihr Kostüm herunter - und wird zum „Zombie“.
Die anderen tun es ihr gleich. Floh auf.)
Paul :
(sein Kostüm ausziehend) Sven, eigentlich habe ich nichts gegen
dich, aber deinen Spaß mit Floh hast du einfach zu weit getrieben.
(wird zum „Zombie“)
Floh :
Sven, das war also alles nur ein Spaß, ja?
(Die Gruppe kommt auf ihn zu.)
Sven :
(voller Angst) Ja.
(Floh sucht den Blickkontakt mit Sven und stellt sich zwischen Sven und
die „Gruppe“, die ihr ausweichen muß. Die visuelle Fixierung Svens bricht
zusammen.)
Floh :
Das ist doch nicht dein ernst, oder? Sven!
Sven :
(die Wirkung Flohs auf die Gruppe erkennend) Los, weg hier!
(Beide verlassen die Bühne.)
Sven :
(blickt sich noch einmal um) Game over! (Beide ab.)
(Julia schaut beiden hinterher und setzt sich.)
„Einsamkeit“
(Julia und Chor)
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Julia :
Die Einsamkeit ist wie ein Regen
Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen,
von Ebenen, die fern sind und entlegen,
geht sie zum Himmel, der sie immer hat.
Und erst vom Himmel fällt sie auf die Stadt.
Regnet hernieder in den Zwitterstunden,
wenn sich nach Morgen wenden alle Gassen,
und wenn die Leiber, welche nichts gefunden,
enttäuscht und traurig von einander lassen.
Und wenn die Menschen, die einander hassen,
in einem Bett zusammen schlafen müssen,
dann geht die Einsamkeit mit den Flüssen...
(Rainer Maria Rilke)
black
-ENDEANHANG-MATERIALIEN
- Besetzung -
Julia
Floh
:
Stefanie Jost
Yvonne Wallraf
:
Katharina Enders
Sven :
Merten Klementz
Alex
Lisa Jähnke
Aniela Witt
:
Tom
Jörg
:
:
Martin Kaminsky
Steffen Geithner
Paul Kruggel
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Tanja :
Paul
Lena Brexendorff
Antje Jakob
:
Ray Zegenhagen
- Doppelbesetzungen in alphabetischer Reihenfolge -
Text und Regie:
Musik:
Plakat:
Es spielen live:
Arthur Breitsprecher
Stefan Kaminsky
Stefan Kaminsky
Olaf Schmalz
Lena Brexendorff
Katja Klemm (Sax)
Stefan Kaminsky (Drums)
Lena Brexendorff/Antje Jakob (Git)
Premieren am 9. und 10. Juni ´95, 18 Uhr
Jeder kämpft für sich allein. Der Einzelne ist das Maß aller
Dinge. Es gibt nur Gewinner oder Verlierer.
Wertvorstellungen und Ideologien sind out...Wesentliche
Verhaltensregeln - nicht nur für die Bühne.
Sie wohnen zusammen, zusammen leben läßt sich nicht
vermeiden. Sie sind knallhart, realistisch und
unberechenbar. Die Gegenwart entsteht - planlos, ziellos.
Ein Theaterstück über unsere Generation, aber gibt es die
überhaupt? Wir sind so verschieden. Ein Theaterstück
über die uralte Frage:„Woher kommen wir, wer sind wir,
wohin gehen wir?“ Orientierungslosigkeit schafft Raum
für Machtstrukturen, die aus Bequemlichkeit heraus
akzeptiert werden. Stellt sich die Frage: Freiheit und
Chaos oder Repression und Ordnung? Wir schreiben doch
nur ein Theaterstück!
Und plötzlich kommt ein kleines Mädchen und bringt alle
Spielregeln durcheinander. Sie macht eigentlich alles
anders. Riskiert es, Vertrauen und Gefühle zu haben - und
gewinnt. Die anderen versuchen, an der alten Ordnung
festzuhalten, aber die Kleine läßt sie einfach stehen!
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Liebe setzt sich rücksichtslos durch, und mit Recht. Der
Rest bleibt zurück, und mit ihm die Einsamkeit.
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