Folie 3 Was ist ein Zwergplanet?

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219. AAG-Vortrag am 23.05.2014
Gerhard Baumgartner
Die Zwergplaneten
unseres Sonnensystems
Folie1 Titel
Unsere Generation hat in der Schule noch gelernt, dass unser
Sonnensystem aus neun Planeten besteht. Der äußerste und
damit der am weitesten von der Sonne entfernte größere Himmelskörper war der erst 1930 entdeckte Pluto.
Folie 2 Sonnensystem mit Zwergplaneten
Die Internationale Astronomische Union IAU hat am 24. August
2006 in Prag eine Entscheidung von großer Tragweite getroffen: sie hat erstmals die einzelnen Himmelskörper unseres
Sonnensystems in drei Kategorien eingeteilt. Die Objekte verteilen sich demnach auf:
 Planeten,
 Zwergplaneten und
 Kleinkörper.
Folie 3 Was ist ein Zwergplanet?
Während Planeten Objekte sind, die sich auf einer Bahn um einen Stern bewegen, über eine ausreichende Masse verfügen,
um durch ihre Schwerkraft eine annähernd runde Form zu bilden, die Umgebungen ihrer Bahnen bereinigt haben und selbst
kein Stern sind.
Zwergplaneten sind laut Definition Objekte, die sich auf einer
Bahn um einen Stern befinden, über eine ausreichende Masse
verfügen, um durch ihre Eigengravitation eine annähernd runde
Form (hydrostatisches Gleichgewicht) zu bilden, die Umgebungen ihrer Bahnen nicht bereinigt haben und keine Satelliten
(Monde) sind.
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Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
Diese Definition ist nicht unumstritten, da das Kriterium der
Bahnbereinigung nicht eindeutig ist. So hat die Erde, die als
Planet klassifiziert ist, immer noch etwa zehntausend Objekte in
ihrer Bahn. Bei einer exakten Anwendung fällt auch Jupiter mit
seinen Trojanern in die Zwergplanetenkategorie. Es ist außerdem beachtenswert, dass sich die Definition ausschließlich auf
das Sonnensystem bezieht und nicht generell auf Planetensysteme. Auch dies ist ein Kritikpunkt.
Bisher wurden von der IAU fünf Zwergplaneten wurden bisher
definiert:





(1) Ceres
(134340) Pluto
(136199) Eris
(136472) Makemake
(136108) Haumea
Es gibt jedoch noch eine Reihe weiterer Anwärter, denen dieser
Status vermutlich in den kommenden Jahren zugesprochen erhalten werden.
Folie 4 Asteroidengürtel |1
Die vielen kleinen Objekte werden als Kleinkörper bezeichnet.
Diese sind Objekte, die sich auf einer Bahn um einen Stern befinden, jeoch über keine ausreichende Masse verfügen, um
durch ihre Eigengravitation eine annähernd runde Form (hydrostatisches Gleichgewicht) zu bilden, die Umgebungen ihrer
Bahnen nicht bereinigt haben und keine Satelliten sind. Hierzu
gehören die unregelmäßig geformten Asteroiden (Kleinplaneten) und Kometen.
Die unzähligen Kleinkörper unseres Sonnensytems befinden
sich vorwiegend in zwei Regionen:
 „innerer“ Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter
 „äußerer“ Asteroidengürtel, auch Kuipergürtel genannt,
jenseits des Planeten Neptun
2
Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
Und genau in diesen beiden Regionen bewegen sich auch die
neu definierten Zwergplaneten um unsere Sonne.
Folie 5 Asteroidengürtel |2
Der Asteroidengürtel, auch Planetoidengürtel oder Hauptgürtel,
ist eine Ansammlung von unzähligen kleinen Himmelskörpern
zwischen den Bahnen der beiden Planeten Mars und Jupiter.
Der Großteil dieser Asteroiden unseres Sonnensystems befindet sich in diesem Bereich. Der Gesamtbereich der einzelnen
Umlaufbahnen wird heute mit etwa 2 bis 3,4 AE angegeben.
Aufgrund der als Titius-Bode-Reihe bezeichneten empirischen
Formel, die der Ordnung der bis dahin bekannten Planeten entsprochen hat, wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit der
systematischen Suche nach einem laut der Formel „fehlenden“
Planeten in diesem Bereich begonnen. Mit seiner Entdeckung
des später als (1) Ceres benannten Zwergplaneten am 1. Januar 1801 glaubte Giuseppe Piazzi den Planeten gefunden zu
haben. Doch kamen in den folgenden Jahren nach und nach
weitere ähnliche Entdeckungen hinzu.
Bis 1890 wusste man schon von 300 Asteroiden in dieser „Planetenlücke“ – bis heute sind es über 100.000 Objekte; darunter
auch solche, die sogar einen eigenen kleinen Mond haben.
Folie 6 (1) Ceres – Entdeckung
Weil der größte Asteroid Ceres nahezu kugelförmig ist und einen planetenartigen Aufbau besitzt, wurde er am 24. August
2006 von der IAU zur neuen Objektklasse der Zwergplaneten
hochgestuft. Er ist mit einem Äquatordurchmesser von 975 km
das größte Objekt im Asteroiden-Hauptgürtel. Ceres wurde am
1. Januar 1801 von Giuseppe Piazzi als erster Kleinplanet entdeckt, galt lange als Asteroid und wird seit 2006 zur Gruppe der
Zwergplaneten gezählt.
Piazzi benannte den von ihm entdeckten Himmelskörper zunächst Ceres Ferdinandae, nach Ceres, der römischen Göttin
des Ackerbaus und Patronin der Insel Sizilien, und zu Ehren
3
Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
von König Ferdinand IV von Neapel, der 1798 nach Palermo
geflohen war. In Deutschland schlug Johann Elert Bode den
Namen Juno vor (der dann für den dritten Asteroiden, (3) Juno,
aufgegriffen wurde), für kurze Zeit war auch der Name Hera in
Gebrauch (der später an (103) Hera vergeben wurde). Der
östereichisch-deutsche Astronom Freiher Franz Xaver von Zach
stellte aber klar, dass „Herr Prof. Piazzi nunmehr sein eigenes
Kind getauft hat, [...] wozu er als erster Entdecker offenbar das
Recht hat“. Da die Ehrung von König Ferdinand in anderen
Nationen aber auf Widerstände stieß, wurde dieser Namensteil
bald fallen gelassen.
Im Jahre 1803, also zwei Jahre nach der Entdeckung von Ceres, wurde das chemische Element Cer entdeckt und nach diesem Asteroiden benannt.
Folie 7 Ceres in Zahlen
Ceres bewegt sich in der Mitte des Asteroidengürtels, in einem
mittlerem Abstand von 2,77 AE, in rund 4 ½ Jahren um die
Sonne. Der sonnennächste Abstand beträgt 2,54 AE, die
sonnenfernste Distanz liegt bei knapp 3 AE. Die Umlaufbahn ist
um 10,6° gegen die Ekliptik geneigt, die Bahnexzentrizität
beträgt 0,08.
Ceres ist das größte und massenreichste Objekt des Asteroidengürtels im inneren Sonnensystem und ist 975 x 909 km groß
und dreht sich in etwas mehr als neun Stunden einmal um
seine eigene Achse. Für die Masse wurde ein Wert von
9,35×1020 kg ermittelt, die mittlere Dichte wird mit 2,077 g/cm3
angegeben. Damit hat Ceres etwa 3,5 mal mehr Masse als der
zweitschwerste Asteroid (4) Vesta, und vereinigt etwa 30 % der
Gesamtmasse des Asteroidengürtels in sich.
Folie 8 Ceres – Wassereis?
Untersuchungen mit dem Hubble Weltraumteleskop im September 2005 ergaben neue und zum Teil unerwartete Ergebnisse. Das Bild zeigt vier Aufnahmen von Ceres, die in einem
Zeitraum von 2 h 20´ aufgenommen wurden (knapp ein Viertel
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Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
Rotation). Der helle Fleck deutet auf ein Gebiet mit Wassereis
hin. Durch seine Eigenrotation ist dieses Gebiet manchmal
sichtbar und manchmal nicht, was zu einer geringfügigen Helligkeitsschwankung des Ceres führt. Beeindruckend ist die
Auflösung: ein Bildpunkt entspricht auf der nicht vergrößerten
Originalaufnahme rund 32 km auf Ceres. Für eine solche Auflösung benötigt man eine rund 4800-fache Vergrößerung, was
den 2,4 m-Spiegel des Hubble Weltraumteleskops an seine
Grenzen bringt.
Folie 9 Ceres – innerer Aufbau
Die insgesamt 267 neuen Bilder, die das Hubble-Teleskop während einer neunstündigen Beobachtung aufgenommen hat, untermauern nach Ansicht der Astronomen auf Grund der praktisch vollkommen runden Form von Ceres, die nur an den Polen
eine leichte Abflachung aufweist, einen fast planetenähnlichen
Aufbau.
Man geht nun davon aus, dass es sich bei Ceres um einen differenzierten Zwergplaneten mit einem Gesteinskern sowie einem Mantel und einer Kruste aus leichteren Mineralien und
Wassereis handelt. Die Differenzierung geht vermutlich auf die
beim radioaktiven Zerfall des Aluminium-Isotops 26Al freigesetzte Wärme zurück, wodurch sich bereits in der Frühzeit des
Sonnensystems ein Mantel aus flüssigem Wasser gebildet haben dürfte. Die äußeren zehn Kilometer schmolzen allerdings
nicht auf, sondern bildeten eine feste Kruste aus Eis, während
sich schweres Material (Silikate, Metalle) im Kern sammelte.
Insgesamt dürfte Ceres zu 17 bis 27 Gewichtsprozent aus
Wasser bestehen. Die Süßwassermenge auf Ceres wird auf
etwa das fünffache der auf der Erde verfügbaren Süßwasservorräte geschätzt.
Trotz des planetenähnlichen Aufbaus wurde aus Ceres kein
richtiger Planet. Vermutlich verhinderte die hohe Schwerkraft
des benachbarten Planeten Jupiter, dass Ceres genügend
Masse ansammeln konnte um sich von einem Planetesimal zu
einem großen Planeten zu entwickeln.
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Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
Folie 10 Ceres – Oberfläche
Mit Hilfe der systematischen Beobachtung durch das Weltraumteleskop entstand eine erste Karte von der Oberfläche des
Zwergplaneten. Ceres besitzt demnach eine dunkle kohlenstoffreiche Oberfläche, die nur wenig vom empfangenen Sonnenlicht zurückstrahlt. Radarbeobachtungen haben ergeben, dass
die gesamte Oberfläche gleichmäßig von pulverigem Regolith
bedeckt zu sein scheint. Herausragende oder isolierte Oberflächenmerkmale wurden erst 2001 nach Beobachtungen mit dem
Hubble Weltraumteleskop festgestellt: Es zeigte sich ein dunkler Fleck mit einem Durchmesser von etwa 250 km, der zu Ehren des Entdeckers von Ceres „Piazzi“ benannt wurde. Weitere
Beobachtungen mit Hubble in den Jahren 2003 und 2004 ermöglichten die Erstellung einer Karte, die neben „Piazzi“ und
einem auffälligen, hellen Fleck mit rund 400 km Durchmesser
zahlreiche kleinere Oberflächenmerkmale zeigt, deren Ursprung
noch unbekannt ist.
Folie 11 Ceres und DAWN
Bisher konnte noch keine Raumsonde Ceres aus der Nähe
betrachten. Die besten Bilder und Messdaten stammen vom
Hubble Weltraumteleskop. Sie sind zwar nicht besonders
detailreich, aber bieten die erste Einblicke in sein Aussehen.
Im September 2007 startete die amerikanische Raumsonde
DAWN, um die Asteroiden Ceres und Vesta aus Umlaufbahnen
zu untersuchen. Sie wird, nachdem sie in den Jahren
2011/2012 bereits den Asteroiden Vesta untersucht hat, im August 2015 bei Ceres eintreffen. Dort soll sie in eine Umlaufbahn
einschwenken, und den Zwergplaneten innerhalb mehrerer Monate vollständig kartografieren und vermessen.
Folie 12 Kuiper-Gürtel
Unser Sonnensystem weist noch einen zweiten AsteriodenGürtel auf: den sog. Kuiper-Gürtel. Dieser ist ebenfalls eine
scheibenförmige Region, die sich im Sonnensystem außerhalb
der Neptunbahn in einer Entfernung von ungefähr 30 bis 50
Astronomischen Einheiten (AE) nahe der Ekliptik erstreckt und
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Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
schätzungsweise gut 70.000 Objekte mit mehr als 100 km
Durchmesser beherbergt. Die Objekte in diesem Bereich werden als Kuiper Belt Objekte (KBO) oder transneptunische Objekte (TNO) bezeichnet.
Die Transneptune werden als spezielle Gruppe der Asteroiden
angesehen und unterscheiden sich von jenen im Hauptgürtel
vor allem durch
 ihre sonnenfernen und oft sehr langgestreckten Umlaufbahnen,
 ihre kohlenartige dunkle Farbe (Albedo nur etwa 0,04),
 ihre Zusammensetzung aus Lockergestein und Eis, die
gleichzeitig den Übergang zu Kometenkernen darstellt.
Folie 13 Transneptunische Objekte
Die bis jetzt knapp 1000 bekannten Objekte dieser Region lassen sich aufgrund ihrer Bahnelemente in mehrere unterschiedliche Gruppen unterteilen:
 Resonante TNOs; Ein Drittel aller Kuipergürtel-Objekte steht
in Bahnresonanz zum Planeten Neptun, wie zum Beispiel die
Plutinos, die sich alle auf stabilen, allerdings wesentlich exzentrischen Bahnen, in 3:2-Resonanz zu Neptun befinden.
Der hellste davon ist der Zwergplanet Pluto. Weiter außerhalb befinden sich die Twotinos, die in 2:1-Resonanz zur
Neptunbahn stehen. Es existieren aber auch Objekte mit anderen Resonanzen, wie z. B. 5:2 oder 3:1.
 Klassische TNOs (Cubewanos); sie bewegen sich mit kleinen Exzentrizitäten, also auf nahezu kreisförmigen Bahnen
zwischen 42 und 50 AE mit Bahnneigungen von bis zu 30°
um die Sonne. Etwa 2/3 der bekannten KBOs bewegen sich
auf solchen Bahnen. Zu dieser Gruppe gehören die 1000
km-Objekte Quaoar und Varuna.
 Gestreute TNOs (oder auch Scattered Disk Objects, SDOs)
bewegen sich mit großen Exzentrizitäten auf Bahnen mit
Sonnenabständen zwischen rund 35 AE und bis zu 1000 AE,
von denen bisher nur wenige bekannt sind.
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Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
 Eine Sonderstellung nimmt Sedna ein, Ende 2003 in doppelter Pluto-Entfernung entdeckt, das sich auf einer äußerst
langgezogenen Ellipse weit außerhalb des Kuipergürtels,
allerdings noch nicht in der Oortschen Wolke bewegt und einen neuen Prototyp darstellt. Es ist rund 1500 km groß und
wurde nach einer sagenhaften Inuit-Göttin genannt. Dieses
oder andere noch unentdeckte „Transplutos“ könnte für die
langsame Loslösung von Kometen aus der Oortschen Wolke
verantwortlich sein.
Folie 14 (134340) Pluto
Einer der Hauptvertreter dieser Kuiper-Gürtel Objekte ist Pluto.
Das 1930 entdeckte Objekt wurde bis ins Jahr 2006 als neunter
Planet bezeichnet. Im Laufe der voran gegangenen Jahre kamen unter einer wachsenden Gruppe von Wissenschaftern
Zweifel auf, ob Pluto überhaupt noch offiziell zur Gruppe der
Planeten gezählt werden kann. In ähnlicher Entfernung zur
Sonne wurden mittlerweile zahlreiche Objekte entdeckt, die
zwar größtenteils viel geringere Durchmesser als Pluto aufwiesen, dennoch aber sehr ähnliche charakteristische Eigenschaften besitzen. Nach der Entdeckung von Eris – einem noch größeren Trans-Neptun-Objekt als Pluto – grenzte die Internationale Astronomische Union (IAU) den Begriff Planet schärfer ein
und erkannte Pluto den Planetenstatus ab. Pluto wird heute als
bedeutender Prototyp der transneptunischen Objekte betrachtet. Da der Himmelskörper eine kugelförmige Gestalt besitzt,
zählt er fortan auch zu den Zwergplaneten.
Folie 15 Pluto in Zahlen
Pluto befindet sich im Schnitt etwa 40 AE von der Sonne entfernt. Aus dieser Entfernung erscheint die Sonne nur noch als
sehr heller Stern. Das Licht benötigt für diese Distanz mehr als
5 Stunden.
Seine stark elliptische Umlaufbahn ist rund 17° gegen die Ekliptik geneigt und befindet sich teilweise innerhalb, zum größten
Teil jedoch außerhalb der Neptun-Bahn. Für einen einzigen
Umlauf um die Sonne benötigt der Himmelskörper knapp 250
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Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
Jahre. Sein Durchmesser konnte mit etwa 2300 km bestimmt
werden; und er benötigt fast 6 ½ Tage um sich einmal um seine
eigene Achse zu drehen.
Die Bahndaten legten nahe, das es sich bei Pluto eher um ein
grosses Objekt des Kuiper-Gürtels handelt, als um einen regulären Planeten. Der relativ hohe Anteil an Gesteinsmaterial und
das Fehlen einer merklichen Atmosphäre stützen die Vorstellung, nach der sein verhältnismäßig großer Trabant analog der
Entstehung des Erdmondes das Produkt einer großen Kollision
eines Vorgängers von Pluto mit einem anderen plutogroßen
Körper des Kuipergürtels ist.
Pluto wird von einem großen sowie vier kleinen Monden umkreist.
Folie 16 Pluto – Aufbau
Pluto scheint einen umfangreichen Gesteinskern zu besitzen,
rund 50 bis 75 % der Gsamtmasse, der von einer dicken
Schicht aus gefrorenem Wasser umgeben ist. An der Oberfläche befinden sich gefrorene Gase wie Stickstoff, Methan, Kohlenmonoxid sowie organische Verbindungen.
Folie 17 Pluto – Oberfläche
Über die Beschaffenheit seiner Oberfläche gibt es noch keine
klaren Vorstellungen. Mit Hilfe Computerbearbeitungen wurde
eine Karte erstellt. Diese zeigt etwa 85% der Planetenoberfläche und bestätigt, dass der Planet eine dunkle Äquatorregion
und helle Polkappen aufweist, die sich jahreszeitlich bedingt
verändern. Die Nordpolarkappe ist nur klein ausgebildet, die
südliche Polarregion ist jedoch relativ ausgedehnt und besteht
vermutlich aus gefrorenem Stickstoff mit Beimengungen von
gefrorenem Methan besteht. Bei den dunklen Gebieten handelt
es sich entweder um verschmutztes Eis oder Gestein. Bei den
einzelnen hellen Gebieten handelt es sich möglicherweise um
große Becken oder junge Aufschlagkrater.
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Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
Folie 18 Pluto – Atmosphäre
Durch eine Sternbedeckung im Juni 1988 konnte der erste direkte Nachweis auf das Vorhandensein einer Plutoatmosphäre
festgestellt werden: sie besteht hauptsächlich aus Stickstoff und
Spuren von Methan und Kohlenmonoxid; der Druck an der Planetenoberfläche liegt bei 3 µbar. Vorsichtige Schätzungen ergaben, dass auf der Oberfläche Temperaturen von etwa –
230°C, in der mittleren Atmosphäre von etwa – 173°C herrschen. Die Atmosphäre wird freigesetzt, wenn das Sonnenlicht
den Zwergplaneten aufheizt. Die Atmosphäre dehnt sich also
aus, wenn Pluto sich näher an der Sonne befindet. Seine außergewöhnlich stark exzentrische Bahn führt ihn teilweise näher
an die Sonne heran, als den Planeten Neptun, andererseits
auch weit hinaus aus dem Sonnensystem.
Man nimmt an dass diese Gashülle nur zeitweise vorhanden ist.
Zwischen 1979 und 1999 befand sich der Pluto innerhalb der
Neptunbahn. Durch die größere Sonnennähe verdampfen die
auf der Oberfläche gefrorenen Gase und umgeben den Planeten mit einer dünnen Atmosphäre. Entfernt sich Pluto wieder
von unserem Zentralgestirn, friert die Atmosphäre wieder aus
und schlägt sich auf die Oberfläche nieder.
Bei einer Sternbedeckung im Jahr 2003 wurde die Atmosphäre
wieder untersucht. Aus den Beobachtungsergebnissen lässt
sich erstaunlicherweise feststellen, dass sich Plutos Atmosphäre entgegen den Erwartungen auch 14 Jahre nach Passieren seines sonnennächsten Punktes noch merklich ausgedehnt
hat. Gegenüber den letzten Beobachtungen von 1988 soll sich
der Atmosphärendruck sogar verdoppelt haben. Das Phänomen
lässt sich möglicherweise darauf zurückführen, dass die Temperaturen in Plutos Atmosphäre vermutlich erste einige Jahre
nach der größten Annäherung an die Sonne ihr Maximum erreichen (auf der Erde werden die höchsten Tagestemperaturen
beispielsweise auch erst zwischen 14 und 15 Uhr gemessen).
Die Oberfläche Plutos ist während seiner Annäherung an die
Sonne beachtlich dunkler geworden. Diese Beobachtung
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Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
spricht dafür, dass auf seiner Oberfläche abgelagerte Eisschichten während sonnennaher Phasen zu einer Atmosphäre
verdampfen, um später in kälteren Zeiten wieder auf der Oberfläche zu gefrieren. Vermutlich wird sich Plutos Atmosphäre erst
wieder in einigen Jahren deutlich abkühlen und stark zurückziehen. Es bleibt spannend, ob die Raumsonde New Horizons bei
ihrer Ankunft im Jahr 2015 noch Reste der Plutoatmosphäre
aufspüren können wird.
Folie 19 Plutomond Charon in Zahlen
Pluto besitzt mit Charon einen Mond, der mehr als halb so
gross wie er selbst ist, so dass man eigentlich von einem Doppelsystem sprechen müsste. Pluto und Charon wenden einander stets die selben Seiten zu, so dass ein Pluto-Tag, ein Charon-Tag und ein Charon-Monat gleich lange dauern. Der Äquator von Pluto steht nahezu senkrecht auf der Bahnebene. Entdeckt wurde dieser Mond erst 1978, 48 Jahre nach der Entdeckung von Pluto.
Charon ist kleiner als Pluto auf und umkreist mit ihm alle 6,4
Tage einen gemeinsamen Schwerpunkt.
Eine Forschergruppe konnte am 10. Juli 2005 die seltene Gelegenheit nutzen, Charon während einer Sternbedeckung zu beobachten. Aus den Beobachtungsdaten ermittelten die Astronomen den Durchmesser des Mondes und die Dichte seiner
Atmosphäre. Sternbedeckungen sind zwar seltene aber hervorragende Möglichkeiten, genauere Informationen über das ferne
Pluto-System zu erlangen. Selbst fotografische Aufnahmen des
Weltraumteleskops Hubble liefern aufgrund der großen Distanz
nur wenige Details über den Zwergplaneten und seine Begleiter. Die Daten, die aus der etwas weniger als eine Minute andauernden Bedeckung gewonnenen werden konnten, zeigen,
dass der Charon einen Durchmesser von 1.212 km besitzt.
Seine Dichte konnte mit 1,71 g/cm³ bestimmt werden. Charon
besitzt somit ungefähr ein Drittel der Erddichte, was auf eine
Zusammensetzung aus vornehmlich eisigem und steinigem
Material schließen lässt. Ein signifikanter Rückgang der Hellig11
Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
keit des Lichtes des durch Charon bedeckten Sterns kurz vor
dessen Verschwinden konnte nicht beobachtet werden. Das
Beobachtungsergebnis zeigt, dass Charon (wenn überhaupt)
nur eine sehr dünne Gashülle besitzt, die lediglich ein Millionstel der Dichte der Erdatmosphäre aufweisen könnte. Auf der
Oberfläche herrschen Temperaturen um – 220°C, das ist etwa
um 10° mehr als auf Pluto. Forscher sind der Meinung, dass die
niedrigere Temperatur auf Pluto das Ergebnis von Wechselwirkungen ist zwischen dem Stickstoffeis auf der Oberfläche und
dem Stickstoffgas, aus welchem Plutos dünne Atmosphäre besteht.
Folie 20 Plutomond Charon
Überlegungen zum Aufbau von Pluto und Charon stellten 1988
amerikanische Wissenschafter an. Während Pluto einen umfangreichen Gesteinskern zu besitzen scheint, der von einer dicken Schicht aus gefrorenem Wasser umgeben ist, dürfte Charon einheitlich zu je 50% Gestein und Wassereis bestehen, das
mit einer Schicht aus gefrorenem Wasser bedeckt ist. Auch hier
wurde eine Oberflächenkarte erstellt.
Folie 21 Plutomonde Nix und Hydra
Mit dem Hubble Weltraumteleskop wurden am 15. und 18. Mai
2005 Bilder des weit entfernten Zwergplaneten Pluto angefertigt, die aufdecken, dass die eisige Welt nicht nur von Charon,
sondern noch von weiteren kleinen Objekten begleitet wird, die
die Namen Hydra und Nix erhalten haben. Nix – die mythologische Mutter von Charon – ist die griechische Göttin der Nacht,
Hydra ist eine Furcht erregende neunköpfige Schlange, die den
Eingang zur Unterwelt bewacht.
Pluto ist damit eines der wenigen bekannten Objekte innerhalb
des Kuiper-Gürtels, das mehrere Trabanten besitzt. Im Vergleich zu Pluto mit seinem großen Begleiter Charon handelt es
sich bei den beiden kleinen Satelliten um Winzlinge. Beide
Monde sind etwa 5000 Mal lichtschwächer als Pluto. Neuere
Bilder von Hubble von 2006 zeigen Pluto, seinen großen Begleiter Charon und die beiden kleinen Satelliten Nix und Hydra.
12
Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
Nix umkreist den gemeinsamen Schwerpunkt des Pluto-Charon-Systems in einer entgegen den Uhrzeigersinn gerichteten
(prograd), beinahe kreisförmigen Umlaufbahn in einem mittleren
Abstand von 46.640 km. Die Bahnexzentrizität beträgt 0,002,
die Bahn ist 0,1° gegenüber dem Äquator von Pluto geneigt.
Der Durchmesser liegt bei 46 bis 137 km. Nix umläuft Pluto in
knapp 25 Tagen.
Hydra umkreist das Pluto-Charon-Systems ebenfalls entgegen
den Uhrzeigersinn, in einer leicht elliptischen Umlaufbahn in einem mittleren Abstand von 62.745 km Die Bahnexzentrizität
beträgt 0,005, die Bahn ist 0,25° gegenüber dem Äquator von
Pluto geneigt. Die Bahn ist die exzentrischste des Pluto-Systems. Der Durchmesser liegt bei 61 bis 167 km. Hydra umläuft
Pluto in etwas mehr als 38 Tagen.
Folie 22 Plutomonde Kerberos und Styx
Im Juli 2011 gab die NASA die Entdeckung eines vierten Plutomondes bekannt, der mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble
aufgefunden wurde. Kerberos hat eine geschätzte Größe von
14 bis 40 km. Damit ist er der zweitkleinste bekannte Mond
Plutos. Der Trabant wurde mit Hilfe des Hubble Weltraumteleskops bei der Suche nach eventuell vorhandenen Planetenringen entdeckt. Die International Astronomical Union verlieh dem
Mond im Juli 2013 den Namen „Kerberos“ nach dem Höllenhund Kerberos aus der griechischen Mythologie.
Die mittlere Distanz zu Pluto beträgt im Durchschnitt 59.000 km,
so dass die Umlaufbahn zwischen den beiden Monden Nix und
Hydra liegt. Die bisher gemessenen Bewegungsdaten deuten
auf eine nahezu kreisförmige, äquatoriale Umlaufbahn hin.
Ein Jahr danach wurde die Entdeckung eines fünften Plutomondes bekannt. Auch er wurde von Hubble entdeckt und erhielt den Namen Styx, der in der griechischen Mythologie die
Welt der Lebenden von der der Toten trennt.
13
Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
Styx hat eine unregelmäßige Form und seine Größe wird auf 10
bis 25 km geschätzt. Seine Umlaufbahn verläuft zwischen Charon und Nix auf 42.000 km.
Wissenschafter gehen davon aus, dass mit der Annäherung der
Raumsonde New Horizons an das Pluto-System weitere noch
kleinere Satelliten entdeckt werden könnten.
Folie 23 Pluto und New Horizons
Pluto wurde bisher noch nicht von einer Raumsonde aus unmittelbarer Nähe untersucht und bleibt daher vorerst ein mysteriöses Objekt. Im Jahr 2015 soll die US-amerikanische Raumsonde „New Horizons“ das Pluto-System erreichen und erste
hochauflösende Bilder der fernen Welt liefern. Die Raumsonde
flog mittlerweile am Planeten Jupiter vorbei und ist nun auf Kurs
in Richtung des Zwergplaneten Pluto. Nach dem Vorbeiflug an
Pluto sollen noch bis zu drei Himmelskörper im Kuipergürtel
angesteuert werden.
Folie 24 (136199) Eris
Mit Eris wurde 2005 ein Trans-Neptun-Objekt entdeckt, das sogar einen größeren Durchmesser als Pluto besitzt. Eris ist somit
der größte Zwergplanet unseres Sonnensystems. Mike Brown
und sein Team fanden Eris auf einer CCD-Aufnahme. Ihnen war
zuvor bereits die Entdeckung der großen transneptunischen
Objekte Quaoar, Sedna und Orcus gelungen. Aufgrund der
langsamen Bewegung des fernen Objekts konnte es erst bei einer zweiten Auswertung der Aufnahmen 15 Monate später als
Objekt des Kuiper-Gürtels erkannt werden.
Folie 25 Eris in Zahlen
Seitdem ist bekannt, dass sich Eris in einer Entfernung von 38
bis knapp 100 AE in einer um 44° geneigten stark exzentrischen Bahn alle 557 Jahre einmal um die Sonne bewegt. Dabei
kann Eris zeitweise der Sonne näher stehen als Pluto. Im sonnenfernsten Punkt erreicht das Objekt hingegen mehr als die
doppelte mittlere Pluto-Entfernung. Derzeit befindet sich Eris
nahe des sonnenfernen Bahnpunktes im Sternbild Walfisch und
14
Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
ist äußerst lichtschwach. Aufgrund der hohen Exzentrizität der
Umlaufbahn zählt Eris zu den Gestreuten Objekten im KuiperGürtel.
Folie 26 Eris – Aufbau
Beobachtungen des Gemini-Observatoriums auf Hawaii zufolge
zeigt der Aufbau von Eris mehr Ähnlichkeit mit Pluto als mit anderen Objekten im Kuiper-Gürtel. Eris dürfte etwa aus 70 %
Gestein und 30 % gefrorenem Wasser bestehen. Spektroskopische Beobachtungen am Gemini-Observatorium auf Hawaii
weisen außerdem auf das Vorhandensein von gefrorenem Methan auf der Oberfläche von Eris hin. Diese würde somit der
von Pluto ähneln, was auch durch die größere Helligkeit bekräftigt wird. Damit zeigt Eris mehr Ähnlichkeit mit Pluto und seinem
Mond Charon als mit den anderen TNOs. Da Methan hochgradig flüchtig ist, kann das Objekt in seiner Vergangenheit zudem
kaum weiter in das innere Sonnensystem vorgedrungen sein.
Das Methan wäre sonst sublimiert und hätte sich verflüchtigt.
Eris wäre außerdem groß genug, um ähnlich wie Pluto eine
sehr dünne Atmosphäre aus Stickstoff, Methan oder Kohlenmonoxid zu halten. Diese würde periodisch mit der Umlaufdauer und damit dem Absinken der Oberflächentemperatur auf
der Oberfläche resublimieren und beim erneuten Ansteigen der
Temperatur wieder sublimieren und eine neue Atmosphäre bilden. Da Eris sich derzeit nahe seines sonnenfernsten Punktes
aufhält, wäre diese momentan jedoch nicht vorhanden.
Die Oberflächentemperatur von Eris wird etwa −242 °C geschätzt. Sie ist damit noch etwas kälter als die des Pluto. Dies
verdankt sie vor allem ihrer größeren Entfernung zur Sonne, da
sie aufgrund ihrer geringen Größe und ihrer Entstehung am äußeren Rand des Sonnensystems kaum nennenswerte innere
Energiequellen besitzen kann. Auch die Gezeitenwärme des
Mondes könnte geringen Einfluss auf die Temperatur nehmen,
sollte dieser eine ausreichende Masse besitzen.
15
Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
Folie 27 Erismond Dysmonia
Dysnomia ist der einzige bekannte Satellit des Zwergplaneten
Eris. Entdeckt wurde er 2005 vom gleichen Astronomenteam,
das auch seinen Mutterkörper gefunden hat. Der Trabant ist
etwa 60-mal lichtschwächer als Eris. Sein geschätzter Durchmesser beträgt 250 km, seine Umlaufdauer 14 Tage. Die Entdeckung dieses Mondes ist besonders interessant, da man
durch seine Geschwindigkeit Rückschlüsse auf die Masse von
Eris ziehen kann. 2006 erhielt der Mond den Namen Dysnomia.
Dysnomia ist in der griechischen Mythologie die Tochter von
Eris und die Dämonin der Gesetzlosigkeit.
Folie 28 (136472) Makemake |1
Ebenfalls 2005 wurde ein weiterer Zwergplanet vom amerikanischen Astronomenteam um Mike Brown entdeckt. Die Entdeckung von Makemake wurde am 29. Juli 2005 bekannt gegeben, am gleichen Tag an dem auch die großen Transneptune
Haumea und Eris der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden.
Diese drei Objekte stellen zusammen mit Pluto nach derzeitigem Wissen die vier größten bekannten Kuipergürtelobjekte.
Folie 29 (136472) Makemake |2
Der Durchmesser von Makemake wird auf etwa 1800 km geschätzt (ca. 75 % der Größe von Pluto), und ist das zweithellste
Objekt nach Pluto im Kuipergürtel. Im Juli 2008 erhielt er den
Namen Makemake nach der Schöpfergottheit der Kultur der
Osterinsel und den Status eines Zwergplaneten. Makemake bewegt sich auf einer elliptischen Umlaufbahn im Abstand zwischen 38,5 AE (Perihel) und 52,8 AE (Aphel) um die Sonne. Die
Bahn ist 29° gegen die Ekliptik geneigt. Für einen Umlauf um
die Sonne benötigt der Himmelskörper knapp 308,5 Jahre.
Makemake ist erheblich größer als der Zwergplanet Ceres im
Asteroidengürtel. Aufgrund seiner Größe ist er vermutlich im
hydrostatischen Gleichgewicht und nahezu kugelförmig.
16
Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
Folie 30 Haumea |1
Zwei Astronomengruppen beanspruchen den Entdeckerruhm
des Zwergplaneten Haumea für sich. Im Juli 2005 berichtete ein
Team um José Ortega erstmals über die Entdeckung dieses
Objektes auf Bildern aus dem Jahre 2003. Die Gruppe um Michael Brown wirft den spanischen Forschern allerdings vor,
diese hätten das Objekt nicht ohne Hilfe auf den alten Aufnahmen finden können. Demnach sollen sich die Spanier jüngerer
Beobachtungsdaten der Amerikaner bedient haben, die Haumea ebenfalls schon seit geraumer Zeit verfolgten.
Offiziell werden heute die Spanier als Entdecker geführt; bei der
Namensgebung folgte man jedoch dem Vorschlag von Brown
und benannte den fünften und bisher jüngsten Zwergplaneten
nach einer Gottheit in der hawaiischen Mythologie Haumea.
Folie 31 Haumea |2
Haumea ist ein seltsames Objekt. Mit einer großen Halbachse
von rund 43 AE befindet er sich weit außerhalb der Bahn des
Pluto. Für einen Umlauf um die Sonne benötigt er rund 285
Jahre. Überraschend aber ist seine Form. Haumea ist nicht
rund sondern stark elliptisch: in der längeren Richtung ist Haumea etwa 2200 km lang; in der kürzeren nur 1100 km! Das liegt
an seiner hohen Rotationsgeschwindigkeit. Haumea braucht
nur knapp 4 Stunden um sich einmal um seine eigene Achse zu
drehen. Durch diese schnellen Umdrehungen hat er sich im
Lauf der Zeit stark abgeplattet (Er gilt übrigens trotzdem als
Zwergplanet obwohl er nicht wirklich rund ist. Würde er langsamer rotieren, dann wäre er genauso rund, wie es die Definition
fordert).
Die schnelle Rotation von Haumea wird mit der Entstehung
durch die Kollision zweier Zwergplaneten erklärt. Demnach soll
der ursprüngliche Himmelskörper mit einem etwa 1000 km großen Objekt kollidiert sein. Durch den Zusammenstoß wurde ein
Großteil des Eismantels weggesprengt, weshalb Haumea eine
deutlich höhere Dichte als andere Objekte des Kuipergürtels
besitzt. Aus den Bruchstücken der Kollision entstanden nicht
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Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
nur die beiden Monde, sondern auch weitere kleinere Objekte,
die mit Haumea zusammen eine Familie von Himmelskörpern
bilden.
Folie 32 Monde von Haumea
Der Zwergplanet wird von zwei kleinen Monden umkreist. Sie
erhielten die Bezeichnungen Hi´iaka und Namaka – zwei Kindern der vorerwähnten Gottheit.
Beide Begleiter umlaufen Haumea in einer prograden (entgegen dem Uhrzeigersystem) Bahn. Sie weisen ein Rückstrahlvermögen von 8 % auf; die Oberflächen sind damit sehr dunkel.
Ihre Dichten werden auf knapp mehr als 1 g/cm3 geschätzt. Ihre
Oberflächen dürften hauptsächlich aus Wassereis bestehen,
ihre mittlere Oberflächentemperatur wird auf -241 °C geschätzt.
Es ist möglich, dass beide Begleiter aus Material eines Einschlags eines anderen Körpers in Haumea entstanden sind.
Die Bahn von Hi´iaka, dem äußeren und größeren Mond, ist
fast kreisförmig und hat einen durchschittlichen Abstand von
rund 50.000 km; sie ist um 126° gegenüber der Ekliptik geneigt.
Hi´iaka umläuft Haumea in rund 49½ Tagen. Der Mond hat einen Durchmesser von geschätzten 320 km.
Der kleinere, innere Mond Namaka bewegt sich infolge seiner
hohen Bahnexzentrizität von knapp 0,25 in einem Abstand zwischen 19.300 und 32.000 km um Haumea, die Bahn ist um
113° gegenüber der Ekliptik geneigt. Diese Bahnexzentrizität ist
höchst außergewöhnlich, da die Mondysteme im Sonnensystem
gewöhnlich mit steigender Entfernung zum Zentralkörper exzentrischer werden. Namaka besitzt zudem die im Verhältnis zu
seiner Nähe zum Zentralkörper exzentrischste Umlaufbahn,
was womöglich wegen Störungen aufgrund von Resonanzen
mit dem äußeren Mond Hi'iaka verursacht wird. Es wird angenommen, dass durch die Gezeitenkräfte beide Monde nach außen wandern. Zur Zeit befinden sie sich annähernd in einer 8:3
Resonanz.
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Gerhard Baumgartner, Die Zwergplaneten
Namaka umläuft Haumea in 18¼ Tagen. Der Trabant hat einen
Durchmesser von rund 160 km.
Folie 33 Zwergplaneten – Kandidaten
Einige Hundert andere Objekte im Sonnensystem sowohl im
Asteroidengürtel (etwa Vesta, Pallas, Hygiea) als auch im
transneptunischen Bereich (etwa Orcus, Quaoar, Sedna oder
Varuna) könnten ebenfalls in die Kategorie der Zwergplaneten
fallen. Die IAU arbeitet an der Einstufung weiterer Zwergplaneten. Die Kandidaten werden auf einer Beobachtungsliste geführt. Zurzeit reichen die für diese Objekte vorliegenden Beobachtungen noch nicht aus, um sicherstellen zu können, dass sie
sich im hydrostatischen Gleichgewicht befinden.
Folie 34 Ende
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