3. Energieumwandlung aus dem Meer

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Quelle
http://www.unileoben.ac.at/~warmetec/Institut/Downlod/581650.DOC
Vorlesung
58 16 50
Thermische Energietechnik nichtfossiler
Energieträger
Ausgearbeitet von Dipl.-Ing. G. Rieder im Frühjahr 2003
2
3
1. Einleitung:
Seit einigen Jahrzehnten wird die Bevölkerung unserer Erde mit der Tatsache
konfrontiert, dass sich die Weltenergiesituation immer mehr zuspitzt. Der Beginn der
Ölkrise im Jahr 1973 hat das Problem der Energieversorgung zu einem zentralen Problem
werden lassen. Auch die Beruhigung am Energiepreissektor in den letzten Jahren hat
dieses Problem nicht aus der Welt schaffen können. Die Anstrengungen eine Alternative
zu den bisher praktizierten Energieversorgungen zu finden wurden weiter verfolgt.
Vor allem den Industriestaaten muss es gelingen, ihren Verbrauch an fossilen
Energieträgern zu verringern. Dies einerseits, um die Energievorräte nicht weiterhin durch
Umwandlung in Wärme zu schmälern und andererseits, um auf die Umwelt und deren
Belastung durch die Verbrennungsprodukte Rücksicht zu nehmen. Die heute
bedeutendsten Schwierigkeiten im Bereich der Umweltproblematik hängen primär mit
unseren Energieproblemen zusammen. Vor diesem Hintergrund begannen die
Entwicklungen und Forschungen auf dem heute so bedeutenden Sektor der alternativen
Energien. Wie bereits festgestellt wurde durch die Ölkrise 1973 erstmals die Bevölkerung
darauf aufmerksam gemacht, dass der bis dahin betriebene Raubbau an den
Energieträgern nicht mehr fortgeführt werden kann. Wenn auch durch die Entwicklung am
Weltenergiemarkt die damals bestehenden Probleme weitgehend geschwunden sind, so
wird doch auch heute noch, vorangetrieben durch das verstärkt vorhandene
Umweltbewusstsein, der Gedanke des Energiesparens und der Substitution von fossilen
Energieträgern durch alternative Energien aufrecht erhalten.
1.1 Die Entwicklung des Energieverbrauches und seine
Abhängigkeiten:
Die vergangenen Jahrzehnte zeigen, dass die Entwicklung des Energieverbrauches
durch die weitgehende Industrialisierung sprunghaft angestiegen ist und der Verbrauch
fossiler Energieträger immer weiter vorangetrieben wurde. Diesem Energiebedarf steht
das Energieangebot gegenüber. Zur Deckung dieses unseres Bedarfes stehen zwei Arten
von Energiedargeboten zur Verfügung. Die in der Erde enthaltenen Energieträger die als
Vorräte oder Ressourcen bezeichnet werden und in erster Linie die fossilen Energieträger
betreffen und diejenigen Energieträger, die als erneuerbare Energien bezeichnet werden.
Die nutzbaren Energieströme entspringen dabei drei grundsätzlich verschiedenen
Primärenergiequellen:
1. dem Isotopenzerfall im Erdinneren
2. der Planetenbewegung, verbunden mit der Massenanziehung und
3. der thermonuklearen Umwandlung in der Sonne.
Das Bild 1 zeigt die nutzbaren regenerativen Energiequellen und die sie hauptsächlich
bestimmenden Primärenergiequellen. Versuche diese Energiequellen zu erschließen gibt
es seit Menschengedenken. Wenn also heute in der Energietechnik häufig der Begriff
"Neue Energietechnologien" für die Beschreibung von Technologien zur Nutzung
regenerativer Energiequellen verwendet wird, so ist das unangebracht. Noch in der Mitte
des vergangenen Jahrhunderts deckten regenerative Energiequellen mehr als 90% des
Weltenergiebedarfes. Erst die zunehmende Industrialisierung hatte diese Energieträger
durch die heute verwendeten Energieumwandlungstechniken verdrängt. So besitzen
regenerative Energiequellen heute zum Teil nur noch enge, regionale Bedeutung (
geothermische Energie, Gezeitenenergie) oder haben ihre frühere Bedeutung zumindest
in den Industrieländern praktisch völlig eingebüßt (Windenergie, biochemische Energie in
Form von Holz usw.). Nur eine der schon früher genutzten Energiequellen trägt auch
heute noch in nennenswertem Umfang zur Energiebedarfsdeckung bei: die Wasserkraft.
4
Das Bild 1 zeigt aber auch, dass die Primärenergiequellen auf zwei grundsätzlich
verschiedene Arten genutzt erden können: zum einen direkt, also lediglich mit Hilfe eines
durch den Menschen erstellten Energiewandlers (Solarzelle), zum anderen aber indirekt,
das bedeutet nach Zwischenschaltung eines natürlichen Energieumwandlungsprozesses.
Im Energieflussbild der Erde, das im Bild 2 dargestellt ist sind die Größenordnungen
aufgelistet, die die regenerativen Energieströme aufweisen. Den größten Beitrag liefert
demnach die solare Strahlung, die jährlich auf die Atmosphäre der Erde auftrifft mit 5,6 *
106 EJ/a (= 191,2*106 Mio. t SKE). Bezogen auf den Weltenergieverbrauch, der in der
Mitte des Bildes angegeben ist, ist dies etwa 20 000 mal mehr als die Menschheit Jahr für
Jahr an Energie umsetzt. Der Vergleich dieser theoretischen Potentialangaben mit dem
Weltenergieverbrauch führt häufig dazu die Nutzung dieser Energiequellen als
"Alternative" zur heutigen Energieversorgung zu bezeichnen. Im theoretischen Aspekt ist
dies sicher richtig. Die eingrenzenden Randbedingungen für den Einsatz regenerativer
Energietechnologien aber rechtfertigen diese Bezeichnung nicht oder nur regional.
Die primären und die aus ihnen abgeleiteten sekundären regenerativen Energiequellen
weisen neben ihrer praktischen Unerschöpflichkeit einige gemeinsame Eigenarten auf, die
teilweise ihre Nutzungsmöglichkeiten stark einschränken. Hier ist insbesondere die
geringe Leistungsdichte zu nennen. Eine weitere Gemeinsamkeit ist die Tatsache, dass
das Energieangebot aus regenerativen Energiequellen teilweise außerordentlich hohen
zeitlichen Schwankungen unterworfen ist und auch regional sehr weit verteilt auftritt.
2. Nutzung von Niedertemperaturwärme mittels
Wärmepumpen:
Der Bereich des Raumwärmebedarfes aber vor allem die Warmwasserbereitung
verbraucht in den Industriestaaten rund 40% des gesamten Primärenergiebedarfes.
Bislang wird zur Deckung dieses Anteiles immer noch vorrangig Primärenergie in Form
von Kohle, Erdgas oder Heizöl eingesetzt. Das Endprodukt nämlich die
Niedertemperaturwärme im Bereich unter 100°C ist dabei ein Produkt mit sehr geringer
Exergie. Darüber hinaus führen die Energieumwandlungsaggregate trotz der heute hohen
Wirkungsgrade zu eminenten Umweltbelastungen.
2.1. Thermodynamische Grundlagen der Wärmepumpe:
Eine in jedem System auftretende Energieform ist die innere Energie die den molekularen
Bewegungszustand der Materie beschreibt. Sie steigt mit zunehmender Temperatur an.
Am absoluten Nullpunkt hört die molekulare Bewegung auf, die innere Energie wird zu
null. In offenen Systemen, bei denen sich die Massen in flüssigem oder gasförmigen
Aggregatzustand bewegen tritt außer der inneren Energie auch Bewegungsenergie auf.
Die Summe aus innerer Energie und Bewegungsenergie wird als Enthalpie bezeichnet.
Aus der Definition der inneren Energie und der Enthalpie ergibt sich, dass bei
Temperaturen oberhalb des absoluten Nullpunktes jedes System thermische Energie
enthält. Energetische Vorgänge sind immer Energieumwandlungen. Das bedeutet, dass
die Summe der beteiligten Energien in einem energiedichten System immer gleich bleibt.
Diese Erkenntnis führte zur Formulierung des 1. Hauptsatzes der Thermodynamik.
Der 1. Hauptsatz ist das Gesetz von der Erhaltung der Energie; sie kann weder erzeugt
noch vernichtet werden. Es gibt nur eine Energieumsetzung.
Der 2. Hauptsatz ist das Gesetz vom notwendigen Temperaturgefälle; Wärme kann nur
von einem höheren Temperaturniveau auf ein tieferes übergehen. Die der Umgebung als
Wärme zugeführte Energie wird zur inneren Energie der Umgebung, die als
Energiespeicher großen Ausmaßes dient.
5
Bei den Umwandlungsprozessen lässt sich zwischen unbeschränkt umwandelbaren
Energieformen - kinetische Energie - und beschränkt umwandelbare Energieformen - Wärmeenergie - unterscheiden. Als letzte Umwandlungsstufe bei energetischen Vorgängen
tritt immer thermische Energie mit der Umgebungstemperatur auf, die keine
Arbeitsfähigkeit besitzt.
Die Energie lässt sich daher nach zwei Kriterien unterscheiden. Zum einen nach der
Form ihres Auftretens und zum zweiten nach ihrer Wertigkeit. Nach der Form des
Auftretens ergeben sich die speicherbaren Energien, wie die innere Energie und die
Enthalpie und die systemüberschreitenden Energien in Form von Wärme und Arbeit. Nach
der Wertigkeit wird die Umwandelbarkeit der Energie in andere Energieformen beurteilt.
Während elektrische Energie beliebig in andere Energieformen, wie mechanische Energie
oder auch thermische Energie umgewandelt werden kann, lässt sich thermische Energie
nicht voll in elektrische Energie umformen. Tritt die thermische Energie bei hoher
Temperatur auf, ist diese Umwandlung in einem größeren Prozentsatz möglich als bei
einer Temperatur, die näher dem Umgebungszustand liegt. Um den Anteil der
unbeschränkt umwandelbaren Energie an einer thermischen Energie besser erfassen zu
können, wird die thermische Energie in einen unbeschränkt umwandelbaren Anteil, die
Exergie, und in einen nicht umwandelbaren Anteil, die Anergie, aufgeteilt. Exergie und
Anergie sind demnach komplementäre Größen.
Mit Hilfe dieser Definition werden die wesentlichen Aussagen des 1. und 2.
Hauptsatzes über die Energieumwandlungen verständlich zusammengefasst.
1. Hauptsatz: Bei allen Prozessen bleibt die Summe von Exergie und Anergie konstant.
Aus dieser Formulierung wird jedoch deutlich, dass sich das Verhältnis von Exergie und
Anergie in diesem System ändern kann. Die möglichen Veränderungen werden am besten
durch die Formulierung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik deutlich:
2. Hauptsatz: Bei allen irreversiblen Prozessen verwandelt sich Exergie in Anergie. Nur
bei reversiblen Prozessen bleibt die Exergie konstant. Anergie kann nicht in Exergie
umgewandelt werden.
Aus dieser Aussage erkennt man, dass mit Exergie problemlos Anergie als Wärme auf
dem Niveau der Umgebungstemperatur erzeugt werden kann, während sich aus Wärme
bei Umgebungstemperatur (Anergie) keine Exergie gewinnen lässt.
2.1.1. Exergiebedarf beim Heizen:
Beim Beheizen von Gebäuden liegt im Winter die Raumtemperatur oberhalb der
Umgebungstemperatur des Gebäudes. Durch diese gewünschte Temperaturdifferenz
zwischen Raum und Umgebung ergibt sich ein Wärmestrom durch die
Umschließungswände. Dieser Wärmestrom ist wiederum von der Wärmedämmung des
Raumes und von der Temperaturdifferenzen zwischen Raum und Umgebung abhängig.
Da die Temperaturdifferenzen bezogen auf die Absoluttemperaturen sehr gering sind
ergibt sich, dass der aus dem Raum an die Umgebung gehende Wärmestrom nur einen
sehr geringen Anteil an Exergie hat.
Diesen Vorgang kann man auch wie im Bild 3 gezeigt darstellen. Aus den
Zusammenhängen des Bildes ergibt sich, dass eine exergetisch optimale Heizung dem zu
beheizenden Raum Wärme mit dem selben Exergieinhalt zuführen sollte, wie auf Grund
des beschriebenen Vorganges notwendig ist.
Der Exergiefluss bei einem durch elektrische Widerstandsheizung beheizten Raum ist
ebenso im Bild 3 gezeigt. Nach den bisherigen Ausführungen stellt die elektrische Energie
reine Exergie dar. Es zeigt sich, dass bei den kleinen Temperaturunterschieden zwischen
Raumtemperatur und Umgebungstemperatur in der elektrischen Widerstandsheizung ein
großer Exergieverlust auftritt. Eine Bewertung der verschiedenen Systeme kann durch die
Erstellung eines exergetischen Gütegrades E erfolgen.
6
E = EQ/E
E = EQ + BQ
E = EQ / (EQ + BQ)
Darin bedeuten EQ die wiedergewonnene Exergie, E die zugeführte Exergie und BQ die
Anergie. Betrachtet man weiters den Energie-Exergie-Fluss vom Kraftwerk bis zum
beheizten Raum, so erhält man das Bild 3a
Berechnet man die exergetischen Gütegrade für verschiedene Heizsysteme von der
Brennstoffexergie bis hin zur Exergie der Raumluft im beheizten Raum, so ergeben sich
für die verschiedenen Heizungssysteme die in der Tabelle 1 angegebenen Werte.
2.1.2. Möglichkeiten des Wärmetransports entgegen dem natürlichen
Temperaturgefälle:
Der Wärmetransport entgegen dem Temperaturgefälle bedeutet eine Zunahme von
Exergie, was nach den bisherigen Ausführungen nur möglich ist, wenn durch einen
entsprechenden Prozess Exergie von außen in den betrachteten Kreislauf geführt wird.
Diese Exergiezufuhr zu einem Energiestrom ist mit einer Wärmepumpe möglich. Entweder
durch einen Energiestrom, der aus 100 % Exergie besteht, oder durch einen
Energiestrom, der nur den erforderlichen Anteil an Exergie enthält und außerdem Anergie
mitführt. Im Bild 4 sind als derartige Beispiele die Exergieflussbilder der
Kompressionswärmepumpe und der Absorptionswärmepumpe angeführt. In beiden Fällen
wird dem zu kühlenden Luftstrom eine geringe Exergie zuzuführen sein und ein großer
Anergiestrom entnommen werden.
Wärmepumpen können also betrieben werden
 mit elektrischem oder mechanischem Antrieb, also mit reiner Exergie, als
Kompressionswärmepumpe mit Strömungs- oder Verdrängungsverdichtern
 mit thermischem Antrieb, wobei der erforderliche Exergiestrom als Teil eines
Wärmestromes zugeführt wird. Hierzu gehören Dampfstrahlverdichter und Kreisläufe
mit Austreiber und Absorber (Absorptionswärmepumpe).
2.1.2.1. Die Kompressionswärmepumpe:
Die Kompressionswärmepumpe besteht im wesentlichen aus dem Verdichter mit
Antriebsmotor, dem Verdampfer, dem Verflüssiger (Kondensator) und dem Drosselorgan
(Expansionsorgan). Diese Bauteile sind über Rohrleitungen zu einem geschlossenen
System verbunden. In diesem System zirkuliert ein Kältemittel mit geeigneten
thermodynamischen Eigenschaften. Das Bild 5 zeigt den Ablauf der Wärmeübertragung.
Der umgewälzte Wärmeträger entnimmt einer Wärmequelle die zur Verdampfung
notwendige Verdampfungsenthalpie. Das nun gasförmig vorliegende Kältemittel wird von
einem Verdichter angesaugt und auf höheren Druck verdichtet. Die Druckhöhe ist
abhängig von der gewünschten Endtemperatur des Kältemittels. Im Anschluss an die
Verdichtung wird der Wärmeträger einem Wärmetauscher zugeführt, in dem er seinen
Wärmeinhalt an die Wärmesenke - einem Heizwasserkreislauf – abgibt und dabei wieder
kondensiert. Bevor nun der Kreislauf wieder geschlossen werden kann, muss der hohe
Druck auf der Verflüssigungsseite durch ein Drosselventil auf den niedrigen Druck der
Verdampferseite entspannt werden. Der auf diese Weise durchlaufene Kreisprozess wird
in der Thermodynamik im allgemeinen in einem h-lg p - Diagramm dargestellt, wie es das
Bild 6 zeigt. Entsprechend den bisherigen Ausführungen wird entlang der Linie 2 - 3
isobar der Wärmequelle Wärme entzogen und das Kältemittel verdampft, anschließend
verdichtet (Linie 3 - 4) und wiederum unter Wärmeabgabe an die Wärmesenke
kondensiert (Linie 4 - 1). Bei der Abkühlung wird zunächst auf Kondensationstemperatur
Tk = f(pk) abgekühlt (Punkt 1a), dann kondensiert (Punkt 1b) und unter Umständen auch
unterkühlt (Punkt 1). Über das Drosselventil wird nun das Kältemittel auf den
7
Verdampferdruck p0 entspannt. Der Darstellung wie sie im Bild 6 gegeben wird können
auch die wichtigsten Berechnungsgrößen der Wärmepumpe entnommen werden.

Wärmezufuhr (Verdampfer)
2/3 = m . (h3 - h2)
Heizleistung (Kondensator)
1/4 = m . (h4 - h1)


Antriebsleistung (Kompressor) Ltechn = m . (h4 - h3)
Leistungsziffer der Wärmepumpe
 = (h4 - h1)/(h4 - h3)
Um eine möglichst hohe Leistungsziffer zu erhalten, sollte die Temperaturdifferenz
zwischen der Heiztemperatur und der Temperatur der Wärmequelle möglichst gering sein.
Darüber hinaus wird die Leistungsziffer auch von der Art des Kältemittels beeinflusst.
2.1.2.2. Absorptionswärmepumpe:
Bei dieser Art der Wärmepumpe wird das umlaufende Arbeitsmedium ebenfalls bei
niedrigem Druck unter Wärmeaufnahme aus der Wärmequelle verdampft und bei höherem
Druck durch Kondensation die Wärme an das Heizungssystem abgegeben. Zur
Entspannung vom Verflüssigungsdruck auf den Verdampferdruck dient wie bei der
Kompressionswärmepumpe
ein
Drosselventil.
Der
Kompressor
der
Kompressionswärmepumpe
und
somit
die
Exergiezufuhr
wird
bei
der
Absorptionswärmepumpe durch eine kombinierten Absorptions- und Austreibungsprozess
ohne mechanischen Verdichter ersetzt. Druckerhöhend wirkt also nicht ein Kompressor
sondern die Absorber/Austreiber Kombination, ein "Thermischer Verdichter". Die
Wärmeübertragung erfolgt durch ein Zweistoffgemisch aus Absorptionsmedium und
Wärmeträger. Im Lösungsmittelkreislauf der Absorptionswärmepumpe zirkuliert ein
Zweistoffgemisch, dessen eine Komponente (Arbeitsmittel) ein hohes Lösungsvermögen
in der zweiten Komponente (Lösungsmittel) aufweist. Diese beiden Komponenten werden
zum Teil innigst gemischt, zum anderen getrennt durch die Anlage geführt. Im Bild 7 ist
ein vereinfachtes Fließ- und Funktionsschema einer Absorptionswärmepumpe dargestellt.
Das in einer derartigen Anlage umlaufende Zweistoffgemisch besteht im allgemeinen aus
Wasser + Ammoniak oder Wasser + Lithiumbromid.
Im Niederdruckteil des Systems wird aus der Wärmequelle im Verdampfer die zur
Verdampfung des Arbeitsmittels notwendige Wärme entzogen. Das nun dampfförmig
vorliegende Arbeitsmittel tritt in den Absorber ein, wo es in einem Lösungsmittel (meist
Wasser) absorbiert wird. Die dabei frei werdende Absorptionswärme ist im allgemeinen
klein gegenüber den restlichen umgesetzten Wärmemengen, kann aber wie im Bild 7
dargestellt genutzt werden. Die mit Arbeitsmittel hoch angereicherte Lösung wird jetzt über
die Lösungspumpe auf ein höheres Druckniveau gebracht und in den Austreiber geleitet.
Hier erfolgt durch Wärmezufuhr die Trennung zwischen Lösungsmittel und Arbeitsmittel.
Die im Austreiber aufzuwendende Wärme muss von außen aufgebracht werden. Dazu
werden im allgemeinen Heizungen mit fossilen Brennstoffen oder aber auch wie im Bild 8
dargestellt Sonnenenergie verwendet. Die an Arbeitsmittel verarmte Lösung wird über das
Expansionsventil dem Absorber zugeführt und nimmt dort erneut Arbeitsmittel auf. Das
Arbeitsmittel gelangt unter hohem Druck und Temperaturniveau in den Verflüssiger und
kondensiert hier unter Wärmeabgabe. Über ein Expansionsventil wird der kondensierte
Wärmeträger wieder dem Verdampfer zugeführt und damit der Kreislauf geschlossen.
2.1.2.3. Vergleich zwischen Kompressions- und Absorptionswärmepumpe:
Ein für den Betreiber interessanter Aspekt der Absorptionswärmepumpe liegt in der
Verwendung von einfach aufgebauten Komponenten, wie Wärmeübertrager und
8
Lösungspumpe, die gegenüber den relativ kompliziert aufgebauten Verdichtern in den
Kompressionswärmepumpen
Vorteile
bezüglich
Wartungs-,
Verbrauchsund
Betriebskosten bei industriellen Anlagen erwarten lassen.
Ein gutes Teillastverhalten lässt sich im Vergleich zur Kompressionswärmepumpe nur
mit einem entsprechend hohen regelungstechnischen Aufwand beherrschen, so dass
grundsätzlich die Anwendung im Grundlastbereich zu empfehlen ist.
2.2 Die Anwendung der Wärmepumpe:
Um das Prinzip der Wärmepumpe zu verstehen, muss man zurückkehren zu dem
anfangs festgestellten Phänomen, dass Wärme eine Energieform ist, deren Menge völlig
unabhängig von der Temperatur ist, auf der sie sich gerade befindet. In der Luft, dem
Erdreich und Gewässern, aber auch in der Fortluft von Gebäuden und in Abwässern aller
Art stecken enorme Mengen an Wärme, die für uns nur deshalb nutzlos sind, weil wir die
Wärme bei einer höheren Temperatur benötigen. Aus allen diesen Wärmequellen kann
Wärme gewonnen und mit der Wärmepumpe unter Zuführung eines Bruchteiles an
höherwertiger Energie auf ein für Heizzwecke nutzbares Temperaturniveau angehoben
werden.
2.2.1. Bauarten von Wärmepumpen:
Der Begriff Wärmepumpe umschließt den kältetechnischen Teil der Gesamtanlage,
also den Wärmetauscher auf der kalten Seite, die Temperaturerhöhungseinrichtung mit
der Zuführung der Antriebsenergie, den Wärmetauscher auf der warmen Seite und in den
meisten Fällen eine Entspannungseinrichtung zum Schließen des kältetechnischen
Kreisprozesses.
Für die Wärmepumpe sind alle bekannten Kältemaschinen anwendbar und auch schon
angewendet worden. Die weitaus größte Bedeutung hat die Kaltdampfwärmepumpe mit
mechanischer Verdichtung der Kältemitteldämpfe.
2.2.2. Einsatzmöglichkeiten von Wärmepumpen:
Die Einsatzmöglichkeiten von Wärmepumpen sind außerordentlich weit gestreut. Sie
reichen von Anschlussleistungen von wenigen Watt für einen thermoelektrischen Heizund Kühlapparat bis zu Anschlussleistungen von einigen Megawatt für große
Brüdenverdichtungsanlagen in der Industrie. Die wesentlichsten Anwendungsgebiete sind:
 Kleinwarmwasserbereiter,
fabrikgefertigt, teilweise kombiniert mit Kühlschränken, Anschlusswerte von 200 bis
800 W.
 Ganzjahresklimageräte und Heizwärmepumpen
für Einzelräume, Einfamilienhäuser, kleinere Bürokomplexe, Gasstätten und ähnliche
Objekte. Heizleistungen bis etwa 120 kW. Anschlusswerte von 2 bis 20 kW.
 Wärmepumpen zur Heizung und Wärmerückgewinnung
Für Großklimaanlagen in Bürogebäuden, Warenhäusern und ähnlichen Objekten.
Heizleistungen bis über 1200 kW, Anschlusswerte von 20 bis über 400 kW.
 Heiz-Kühl-Wärmepumpen
Zum gleichzeitigen Heizen und Kühlen von Räumen. Gegenständen oder Stoffströmen.
 Abwärmeverwertungswärmepumpen
Zur Ausnutzung oder Wiederverwertung von abfließender, wegen der niedrigen
Temperatur nicht mehr verwendbarer Wärme..
 Brüdenverdichter und Kochereianlagen
Zum Eindampfen von Lösungen und Eindicken von Säften, Milch, Pharmazeutika uä.
 Wärmepumpen-Destillieranlagen
9
Zum Herstellen von Trinkwasser. Je nach dem Zweck der Anlage, kann sie die
gleichen riesigen Abmessungen haben wie eine Brüdenverdichteranlage. Es gibt aber
auch Kleinanlagen für Schiffe und militärische Zwecke mit Destillierleistungen von nur
einigen Litern je Stunde.
Die Tabelle 2 zeigt eine Anzahl von Anwendungsmöglichkeiten
2.2.3. Wärmequellen:
Betriebseigenschaften und Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpe werden wesentlich
von der Wärmequelle, aus der sie Niedertemperaturwärme zum Hochpumpen schöpft,
bestimmt, da die theoretische und in noch größerem Maß die praktische Leistungsziffer
von der zu überwindenden Temperaturdifferenz abhängt. Die Temperatur der warmen
Seite, die Verflüssigungstemperatur, ist durch die Heizaufgabe vorgegeben. Da der
Heizwärmebedarf mit fallender Außentemperatur steigt, muss auch die Vorlauftemperatur
entsprechend steigen; dadurch werden die Leistungsziffer und auch die Wirtschaftlichkeit
ungünstiger. Die Grundvoraussetzungen für den wirtschaftlichen Betrieb von
Wärmepumpen, sind:
 Kleine Temperaturdifferenz zwischen gewünschter Nutzwärme und verfügbarer
Wärmequelle
 Möglichst hohe Temperatur der Wärmequelle.
Die weiterhin an die Wärmequelle zu stellenden Anforderungen sind vielfältig und in vielen
Bereichen mit den Anforderungen an alternative Anergiequellen identisch.
 Sie muss zu jeder Zeit die erforderliche Wärmemenge mit einer möglichst hohen
Temperatur liefern
 Sie sollte keine zusätzlichen Kosten zu ihrer Erschließung erforderlich machen.
 Der Energieaufwand zum Transport der Wärme für Pumpen, Ventilatoren und anderen
Aggregaten sollte niedrig sein und die Gesamtleistungszahl zu verbessern
 Das Wärme transportierende Medium sollte die wärmeaustauschenden Apparate
weder chemisch noch physikalisch angreifen oder beeinflussen (Korrosion,
Verschmutzung, Vereisung)
 Soweit es sich um serienmäßig hergestellte Hausheizwärmepumpen handelt, sollten
sie überall erschließbar sein und nicht oder möglichst wenig von geographischer Lage,
Klima und Bodenverhältnissen abhängen.
Verschiedene der aufgezählten Wünsche schließen sich gegenseitig aus und es ist
offensichtlich schwer, eine wirklich geeignete Wärmequelle zu finden.
Es kommen zunächst alle Formen von Abwärme oder ablaufendem Warmwasser in
Betracht. Ähnlich gut ist Grundwasser geeignet. Bei Oberflächengewässern ist die
Verwendung problematisch wegen der Einfriergefahr. Auch mit der Außenluft oder dem
Erdreich ist keine endgültige Lösung gefunden. Deutlich verbessert hat sich in der
jüngsten Zeit die Anwendung der Sonnenstrahlung über geeignete Kollektoren.
2.2.3.1. Natürliche Wärmequellen:
Unter natürlichen Wärmequellen sollen alle in der Natur oder unmittelbar aus der Natur
ableitbaren, allgemein zugänglichen Wärmequellen verstanden werden. Tabelle 3
Wesentliches Merkmal ist, dass diese Wärmequellen die Wärme aus dem normalen
Klimageschehen entnehmen. Sie haben alle mehr oder weniger einen jahreszeitlich
bedingten Gang der Temperatur, der um so kleiner bleibt, je größer die Wärmekapazität
der Wärmequelle ist.
2.2.3.1.1 Luft:
Die normale Atmosphäre ist bezüglich der zeitlichen und örtlichen Verfügbarkeit die
ideale Wärmequelle. Sie liefert fast jede gewünschte Wärmemenge, allerdings bei sehr
unterschiedlichen Temperaturen. Der unüberwindbare Nachteil der Wärmepumpe ist die
10
große Abhängigkeit der Heizleistung von der Verdampfungstemperatur und damit von der
Außentemperatur. Sinkt diese wird der Heizwärmebedarf größer, aber die Heizleistung der
Wärmepumpe wegen der größeren Temperaturdifferenz kleiner.
Ein weiterer Nachteil von Luft als Wärmequelle ist die Bereifung oder Vereisung des
Luftkühlers. Bildet sich Reif, der zu immer dickeren Schichten anwächst, behindert dies
den Wärmeübergang. Es ist dann die Betriebszeit der Wärmepumpe durch geeignete
Anzahlen von Abtauzyklen zu unterbrechen. Die dazu notwendig Wärmemenge wird dann
häufig der Innenluft entnommen. Durch die erzwungenen Standzeiten treten
Heizungsverluste auf, die bei der Bemessung der Wärmepumpe, aber insbesondere bei
der Wirtschaftlichkeitsberechnung berücksichtigt werden müssen.
2.2.3.1.2. Erdreich:
Aus der Gegebenheit, dass aufgrund der geothermischen Tiefenstufe je nach Bodenart die
Bodentemperatur mit zunehmender Tiefe um 20 - 35 m jeweils um 1 K, ausgehend von
der mittleren Oberflächentemperatur zunimmt, kann der Erdboden als ungeheures
Wärmereservoir angesehen werden. In einer Tiefe von 1 - 2 m verschwinden nahezu die
täglichen und in einer Tiefe von 8 m die jährlichen Bodentemperaturschwankungen. Die
Temperaturunterschiede sind selbst in einer Tiefe, die unterhalb der Frostgrenze liegt
derart gering, dass ein in Form von Rohrschlangen waagerecht verlegter Verdampfer
schon wirtschaftlich interessante Ergebnisse erwarten lässt. Der Erdboden ist also im
Hinblick auf Temperaturkonstanz, Temperaturlage und örtliche und zeitliche Verfügbarkeit
eine sehr günstige Wärmequelle. Trotzdem hat diese Wärmequelle noch keine
wirtschaftliche
Bedeutung
erlangt.
Die
schlechten
Wärmeleitungsund
Speichereigenschaften des Erdreiches bedingen, dass der Wärmetauscher beachtliche
Größe annimmt. Man rechnet mit rund 30 bis 60 m² Bodenfläche je kW Heizleistung. Die
Bodentemperaturabsenkung durch den Wärmeentzug kann ebenfalls empfindlich sein.
Wird der Wärmetauscher nahe oder unterhalb des Grundwasserspiegels eingebaut, so
sind nicht nur die günstigen Wärmeleitwerte für den nassen Boden gültig, sondern
zusätzlich ist auch ein Wärmetransport durch den Grundwasserfluss feststellbar.
2.2.3.1.3. Wasser:
Wasser ist wegen seiner hohen Wärmekapazität und seiner guten
Wärmeübertragungseigenschaften die beste Wärmequelle überhaupt. Leider wird Wasser
ein immer seltenerer und teurerer Stoff, so dass die an sich naheliegende Nutzung von
Grundwasser immer mehr ausscheidet, insbesondere für eine generelle Versorgung
größerer Komplexe.
Oberflächenwässer, insbesondere Flüsse, können als Wärmetransportmittel eingesetzt
werden. Viele Flüsse sind so stark durch Abwässer, industrielles Kühlwasser oder
Kraftwerke wärmebelastet, dass sie überhaupt nicht mehr zufrieren. Jede
Wasserentnahme,
auch
wenn
das Wasser
wieder
eingeleitet
wird
ist
genehmigungspflichtig.
2.2.3.1.3.1. Grundwasser:
Grundwasser hat eine Temperatur, die im allgemeinen während des gesamten Jahres
zwischen 8 und 10°C liegt. Dadurch kann die maximal erreichbare Leistungsziffer der
Wärmepumpe bei  = 5 liegen. Die Temperatur ist auch gleichmäßig und ergibt auch im
Winter eine konstante Wärmequelle.
Als Richtwert für Einfamilienhäuser gilt die Formel: Wohnfläche [in m²] mal 10 gleich
erforderliches Fördervolumen [in l]. Der Tagesbedarf beträgt etwa das zehnfache die
Betriebsdauer 200 d/a.
Selbst wenn der Brunnen auf eigenem Gelände kostenlos Wasser liefert ist zu
beachten, dass:
11


Förder- und Unterhaltungskosten entstehen
bei Abführen des gekühlten Wassers in das öffentliche Kanalnetz Kanalgebühren
entstehen. Es kann wirtschaftlicher sein das Wasser wieder in eigenen Sickerbrunnen
versickern zu lassen, wenn dies von der Behörde bewilligt wird.
Schlechte Wasserqualität bedeutet erhöhte Korrosionsgefahr und unvertretbaren
Wartungsaufwand. Wenn der pH Wert kleiner als 7, freies Kohlendioxid vorhanden, der
Eisenoxidgehalt größer als 0,15 mg/l und der Mangangehalt größer als 0,1 mg/l ist muss
von der Verwendung abgeraten werden.
2.2.3.1.3.2. Oberflächenwasser:
Über die Temperatur von Oberflächenwasser liegen kaum Messdaten vor. Laufwasser
hat in der Regel eine annähernd gleichbleibende Temperatur, so dass auch bezüglich der
Leistungsziffer befriedigende Ergebnisse erreicht werden können. In strengen Wintern
muss mit dem Einfrieren gerechnet werden. Trotz dieser Einschränkung lohnt es sich
Flüsse als Wärmequelle zu nutzen, da im langjährigen Durchschnitt über 90 % der
erforderlichen Wärme entnommen werden kann.
Da im allgemeinen die Wassermenge reichlich ist, wird auch die eintretende Abkühlung
nur geringfügig sein. Wegen der umfangreichen Zulassungsverfahren ist die Nutzung von
Oberflächenwasser in der Regel nur der öffentlichen Hand möglich. Hier sind aber auch
für größere Bauwerke gute Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Betriebes gegeben,
insbesondere in größeren Ansiedlungen an Flussläufen oder Seen.
2.2.3.1.4. Sonnenstrahlung:
Die Nutzung der Sonnenenergie war schon in der Zeit des Energieüberschusses das
Steckenpferd einiger weitblickender Wissenschafter. Bereits im Jahr 1955 konnte gezeigt
werden, dass es möglich ist, wenn die Klimavoraussetzungen gegeben sind, ein Haus
lediglich unter Ausnutzung der von der Sonne zugestrahlten Energie zu beheizen. Freilich
müssen dazu auch zur Überbrückung sonnenarmer Zeiten entsprechende Speicher
vorgesehen werden.
2.2.3.2. Andere Wärmequellen:
Interessante Wärmequellen ergeben sich auch durch die Ausnutzung von
Abwärmeströmen. Hierzu gehören vor allem Abwässer und Abluft. Zwei Punkte sind
hervorzuheben.
 die zentrale Zusammenfassung von Abwärmeströmen
 die Speicherung der dadurch erzielten Wärme unter Berücksichtigung des
periodischen Anfalls dieser Wärme.
2.2.3.2.1. Nutzung der Abwärme:
In vielen Industriebetrieben aber auch im Haushalt fallen beachtliche Mengen an
Abwärme in Form von Abluft, Kühlwasser und Abwasser an. Bei den Industrie- und
Gewerbebetrieben ist vor allem dem Kühlwasser große Bedeutung zuzumessen.
Abwässer, die in einem Temperaturniveau von 30 bis 60°C vorliegen sollten einer
weiteren Nutzung zugeführt werden.
2.2.3.2.1.1. Wärmenutzung aus Haushaltsabwässer:
Neben der benötigten Raumwärme wird ein bedeutender Teil der, in den Haushalten
verbrauchten, Primärenergie zur Erwärmung des Brauchwassers verwendet. Aus diesem
Grund bietet sich gerade für diesen Energieverbrauchssektor eine Rückgewinnung von
Wärme aus diesem Abwasser an. Die Rentabilität einer solchen Wärmerückgewinnung
wird besonders dadurch erschwert, weil für eine gezielte Rückgewinnung die
Abwasserleitungen von den Fäkalienleitungen getrennt werden müssen. Auch müssen
12
entsprechende Speichermöglichkeiten vorgesehen werden. Wegen des Schmutz- und
Fettgehaltes des Abwassers ist auch für eine optimale Reinigungsmöglichkeit der
Wärmetauscher, oder durch entsprechend ausgelegte Filter für eine Reinigung des
Abwassers zu sorgen.
2.2.3.2.1.2. Wärmerückgewinnung aus Abluft:
Auch mit der Abluft aus beheizten oder klimatisierten Räumen gelangt eine bedeutende
Wärmeenergie ungenutzt ins Freie. In einigen Fällen ist die Rückgewinnung der Abwärme
in den Klimaanlagen bereits integriert. Besondere Hoffnungsgebiete ergeben sich auf allen
gebieten der Lüftungstechnik. Hierzu gehören:
 der haustechnische Bereich mit Schulen, Hallenbädern, Kaufhäusern, Theatern,
Versammlungsräumen, Wohngebäuden und Bürogebäuden.
 der industrielle Bereich mit maschinenbau- und elektrotechnischen Fertigungsstätten,
kerntechnischen Arbeitstätten, Lebensmittelindustrie und Trocknungsanlagen.
Im Bundesschulzentrum Deutschlandsberg ist zum Beispiel ein rotierender
regenerativer Wärmetauscher in Betrieb, die aus der Abluft der Turnsäle die Wärme
zurückgewinnt. Das Bild 9 zeigt einen derartigen regenerativen Wärmetauscher. Die aus
dem Gebäude tretende Fortluft und die eintretende Außenluft werden im Gegenstrom
aneinander vorbeigeführt. Sie strömen durch den Rotor. Im Fortluftstrom kommt es zum
Aufwärmen der Rotormasse, im Außenluftstrom wird die Wärme wieder abgegeben. Die
Rotordurchmesser dieser Anlagen betragen 0,5 bis 5,0 m, die dazugehörenden
Luftdurchsätze liegen bei 1000 bis 180000 m³/h und Gerät. Die Bautiefen sind mit 300 bis
600 mm relativ klein.
Wird die Kondensationstemperatur der Fortluft an der Austauschfläche unterschritten,
dann tritt Wasser als Kondensat in Tröpfchenform auf der Oberfläche auf, das beim
Erwärmen der Zuluft wiederum aufgenommen wird.
Bei rekuperativen Wärmetauschern erfolgt die Wärmeübertragung durch eine zwischen
den beiden Medien liegende Übertragungsfläche. Die Wärmeübertragung erfolgt nach den
Prinzipien des Wärmeüberganges an Wärmetauscherflächen.
2.2.4. Ausführungsvarianten und Anlagenkomponenten:
Die Unterscheidung der einzelnen Wärmepumpensysteme hängt davon ab, welchen
Medien die Wärme entzogen und an welches Medium die Wärme abgegeben werden soll.
Man unterscheidet daher:
Luft - Luft- Wärmepumpen:
Der Verdampfer der Wärmepumpenanlage steht in Verbindung mit der Außenluft, der
Verflüssiger in Verbindung mit der Raumluft. Die in der Außenluft enthaltene
Wärmemenge wird im Verdampfer vom Kältemittel aufgenommen und im inneren
Wärmetauscher, dem Kondensator, an die Raumluft abgegeben.
Wasser - Luft - Wärmepumpe:
Der Verdampfer dieses Wärmepumpensystems deckt seinen Wärmebedarf aus Grund, See-, Fluss- oder Abwasser. Im Kondensator wird die Wärme wiederum an die Raumluft
abgegeben.
Erdreich - Luft - Wärmepumpe:
Der Verdampfer wird in den Erdboden verlegt und entzieht diesem die notwendige
Wärmemenge, die wieder über den Kondensator an die Raumluft abgegeben wird.
Luft - Wasser - Wärmepumpe:
Zum Unterschied zur Luft - Luft - Wärmepumpe wird bei dieser Art der Wärmepumpe
die Wärmemenge, die im verdichteten Kältemittel enthalten ist, über den Kondensator an
ein Heizwassersystem übertragen, das seinerseits wieder für die verschiedensten
Wärmezwecke eingesetzt werden kann.
Wasser - Wasser - Wärmepumpe:
13
Beide Wärmetauscher dieses Wärmepumpensystems, sowohl der Verdampfer als
auch der Kondensator, werden vom Wasser umspült. Diese Art der Wärmepumpe gewinnt
immer mehr an Bedeutung, vor allem zur Ausnutzung von Abwasserwärmen.
Erdreich - Wasser - Wärmepumpe:
Für diese Art der Wärmepumpe gilt das gleiche wie bei der Erdreich - Luft Wärmepumpe mit dem Unterschied, dass die Heizwärme in diesem Falle an ein
Wassersystem übertragen wird.
Die bisherigen Ausführungen zeigen. dass die Wärmepumpentechnik in folgenden
Bedarfssektoren angewendet wird:
 Bereich der Hausbeheizung (Ein- und Mehrfamilienhäuser)
 Bereich der Warmwasserbereitung
 Kommunale Einrichtungen
 Industrie und Gewerbe
Die unterschiedlichen Anforderungen aus den jeweiligen Einsatzgebieten führen zu
spezifischen Merkmalen der Wärmepumpenbauarten sind in der Tabelle 4
zusammengestellt.
Während im Bereich der Hausheizung kompakte, modular aufgebaute und standardisierte
Maschinen mit hohen Anforderungen an Geräuscharmut, Bedienungskomfort,
Wartungsarmut, Lebensdauer und auch optischer Gefälligkeit erwünscht sind, dominiert in
der industriellen prozesstechnisch ausgerichteten Anwendung die individuell angepasste
Wärmepumpe
In kommunalen Einrichtungen werden ebenfalls weitgehend standardisierte Maschinen
und Steuerungskonzepte eingesetzt, die jedoch aufgrund der meist höheren
Heizleistungen andere Konstruktionsmerkmale aufweisen als die im Hausbereich
verwendeten Aggregate.
Im industriellen und kommunalen Anwendungsbereich kann bei speziellen
Anwendungen (z.B. in der Milchindustrie oder Fleischwarenindustrie) die bei der
Kältebereitstellung abzugebende Verflüssigerwärme der Kälteanlage für eine Heizaufgabe
genutzt werden.
Mögliche Einsatzgebiete für Wärmepumpen zeigt die Tabelle 5.
2.2.4.1. Wärmepumpenantrieb:
Für mechanische Verdichter werden hauptsächlich elektromotorische Antriebe
verwendet. Sie haben gegenüber Verbrennungsmotoren einige Vorteile.
Im Leistungsbereich von rund 50 % bis 100 % ist eine im Vergleich zum Elektromotor
einfache Leistungsregelung über die Drehzahl möglich. Während der Elektromotor am
Einsatzort schadstofffrei betrieben und dem mit der Verbrennung fossiler Energieträger
einhergehenden Schadstoffausstoß im Kraftwerk wirksam begegnet werden kann, ist bei
verbrennungsmotorischem Antrieb der lokale Schadstoffausstoß gegeben.
Verbrennungsmotorische Antriebe werden überwiegend in Großwärmepumpen
eingesetzt.
2.2.4.2. Arbeitsmittel:
Das Arbeitsmittel hat bei Wärmepumpen einen entscheidenden Einfluss auf die Art und
Größe der einzusetzenden Bauteile.
An das umlaufende Arbeitsmittel werden folgende Anforderungen gestellt:
kein Ozonabaupotential
geringer Treibhauseffekt
keine schädigenden Wirkungen auf den menschlichen Organismus
nicht explosiv in Verbindung mit dem Luftsauerstoff
14
Verdampfungsdruck oberhalb Atmosphärendruck
für die jeweilige Anwendung möglichst niedriger Kondensationsdruck
große spezifische Verdampfungs- bzw. Kondensationswärme
hohe volumetrische Heizleistung
hohe Stabilität gegenüber Werkstoffen, Dichtungen und Schmierölen
keine Mischungslücke mit Schmierölen
keine Zersetzung und Polymerisation im thermischen Anwendungsbereich
niedrige dynamische Viskosität
gute Wärmeübertragungseigenschaften
einfache großtechnische Herstellung und gute Handhabung
geringe Bezugskosten und einfache Entsorgung bzw. einfaches Recycling.
Der notwendige Kondensationsdruck bei einem Arbeitsmittel ist durch die geforderte
Vorlauftemperatur vorgegeben. Es sollte jedoch bei der Auslegung von Wärmepumpen
nach Möglichkeit ein maximales Kondensationsdruckniveau von rund 20 bar eingehalten
werden. Bei höheren Drücken steigen die Investitionskosten für die Anlagenteile an.
-
2.2.4.3. Verdichter:
Nach ihrer Arbeitsweise werden mechanische Verdichter in Strömungsmaschinen und
Verdrängermaschinen eingeteilt. Einen Überblick gibt das Bild 10.
2.2.4.3.1. Hubkolbenverdichter:
Bei Hubkolbenverdichtern wird die Druckerhöhung durch eine Verkleinerung von
abgeschlossenen Verdichterräumen erreicht. Vollhermetische Verdichter (Antriebsmotor
und Verdichter befinden sich gemeinsam in einem gekapselten Gehäuse) werden bei
Antriebsleistungen bis 25 kW, halbhermetische Verdichter (Motor und Verdichter in einem
demontierbaren Gehäuse) bis zu einer Antriebsleistung von rund 90 kW und offene
Maschinen (Motor und Verdichter getrennt) für darüber hinausgehende Antriebsleistungen
verwendet. Die Saugvolumenströme reichen bis 1600 m³/h. Die Maschinen werden sowohl
für kleinere als auch für größere Leistungen mit 4 bis 16 Zylindern ausgeführt. Die
Leistungsregelung erfolgt stufenweise über Zu- und Abschalten der Zylinder. Eine
stufenlose Regelung ist nur über eine Drehzahlregelung möglich.
2.2.4.3.2. Schraubenverdichter:
Schraubenverdichter mit zwei Rotoren gewinnen in den letzten Jahren immer mehr an
Bedeutung. Technisch ausgereifte Produkte sind auf dem Markt. Schraubenverdichter sind
mit einem Steuerschieber bestückt, der den Volumenstrom des Arbeitsmittels zur
Regulierung der Leistung verändert. Der Teilwirkungsgrad des Schraubenverdichters liegt
nur geringfügig unter dem von Hubkolbenverdichtern. Der Saugvolumenstrom der
Schraubenverdichter beträgt im industriellen Bereich bis rund 5800 m³/h.
2.2.4.3.3. Turboverdichter:
Turboverdichter sind Strömungsmaschinen, die aus einer oder mehreren
Verdichterstufen aufgebaut sind. Eine Verdichterstufe besteht aus einem Laufrad mit
fester Beschaufelung und Leitschaufeln zur Umwandlung kinetischer in potentielle
Energie. Turboverdichter werden für große Saugvolumenströme als Radial- oder
Axialmaschinen eingesetzt. Vorwiegend sind es Radialmaschinen.
Zur Leistungsregelung wird in erster Linie die Drehzahlregelung, aber auch die
Leitschaufelverstellung angewendet. Da Turboverdichter keinesfalls im instabilen Bereich
(Pumpbereich) arbeiten dürfen wird in vielen Fällen mit Bypasseinrichtungen gearbeitet,
die zwar die Verdichter in einem stabilen Arbeitsbereich halten, den Wirkungsgrad aber
sehr stark herabsetzen, Sie eignen sich daher besonders gut zur Abdeckung von
15
Grundbedarf mit möglichst konstanten Randbedingungen wie etwa konstantem Saug- und
Verdichtungsdruck.
2.2.4.4. Wärmeübertrager:
Wärmeübertrager, in der Praxis als Wärmetauscher bezeichnet, sind Apparate, die
Wärme in Richtung des Temperaturgefälles zwischen zwei oder mehreren Stoffen
übertragen und gleichseitig zur gezielten Zustandsänderung der Stoffe dienen. Bei
Wärmepumpen dienen sie in erster Linie zur Wärmeübertragung zwischen Wärmequelle
und Wärmeträger bzw. zwischen Wärmeträger und Wärmesenke. Ihre Auslegung
beeinflusst die spezifischen Investitionskosten und bestimmt in entscheidendem Maße
auch die spezifischen Verbrauchskosten der Wärmepumpe. Die Baugröße wird
hauptsächlich von der sogenannten Grädigkeit bestimmt. Die Grädigkeit des Verdampfers
ergibt sich aus der Temperaturdifferenz zwischen der abgekühlten Wärmequelle und der
Verdampfungstemperatur. Bei einer vorgegebenen Leistung kann daher eine kleine
Grädigkeit (geringe Temperaturdifferenz) gleichgesetzt werden mit einer großen
Wärmetauscherfläche und damit hohen Investitionskosten. In der Praxis haben sich Werte
um 5 K als ein vernünftiger Kompromiss erwiesen.
Wärmetauscher werden nach der Strömungsrichtung der beteiligten Medien in
Gleichstrom- Gegenstrom- und Kreuzstromwärmetauscher eingeteilt. In der Praxis
kommen häufig Mischformen vor. Wegen der in der Tabelle 6 dargestellten
Wärmedurchgangskoeffizienten werden in Wärmepumpen überwiegend Rohrbündel und
Plattenwärmetauscher für Sole oder Wasser als Wärmeträger verwendet. In Luft-WasserWärmepumpen kommen Lamellenrohrverdampfer zur Anwendung.
2.2.4.4.1. Rohrbündelwärmetauscher:
Rohrbündelwärmetauscher werden sowohl als Verdampfer als auch als Verflüssiger
eingesetzt. Sie bestehen aus mehreren Rohren, dem sogenannten Rohrbündel, die jeweils
an ihren Enden von einem kreisförmig ausgebildeten Rohrboden gehalten werden. Das so
aufgebaute Rohrbündel wird in ein Mantelrohr eingeschoben und an den Rohrböden mit
diesem in geeigneter Weise verbunden. Es ergeben sich damit zwei voneinander
getrennte Räume, der Mantelraum und das aus den einzelnen Rohrinhalten sich
ergebende Rohrgesamtvolumen. Bild 11
2.2.4.5. Expansionsventil:
Für die Gesamtfunktion der Wärmepumpe ist das Expansionsventil ein außerordentlich
wichtiges Anlagenbauteil. Es drosselt das aus dem Verflüssiger strömende Arbeitsmittel
von Kondensationsdruck auf den niedrigeren Verdampfungsdruck. Die zweite Funktion
des Expansionsventils besteht in der Regelung des umlaufenden Arbeitsmittelstromes im
Wärmepumpenkreislauf.
Man unterscheidet
o Thermostatische Expansionsventile und
o Schwimmerventile
2.2.5. Umwelttechnische Aspekte:
Sowohl Kompressionswärmepumpen als auch Absorptionswärmepumpen können
einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Wärmepumpen sind in der Lage durch die
Einsparung an Brennstoff die fossilen Reserven zu schonen, nicht genutzte Abwärme und
Umgebungswärme zu verwenden, sowie bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern
entstehende Emissionen zu reduzieren. Folgende Randbedingungen sind dabei zu
beachten:
16
für jeden vorgegebenen Anwendungsfall gute energietechnische Auslegung und
optimierte
Einbindung
der
Wärmepumpe
bezüglich
Heizleistung
und
Betriebstemperaturen
regelmäßige Überwachung und Wartung der Wärmepumpe
Reduzierung der Arbeitsmittelfreisetzung in die Umwelt während des Betriebes der
Anlage und bei Wartungs- und Reparaturarbeiten
Einsatz von umweltfreundlichen Arbeitsmitteln
Projektierung von Wärmepumpenanlagen mit möglichst hohen Leistungszahlen oder
Komponenten mit möglichst hohen Wirkungsgraden
Verwendung
von
gasbetriebenen
Verbrennungsmotoren
mit
hohem
Gesamtnutzungsgrad
Verwendung von Primär- und Sekundärmaßnahmen zur Reduzierung der
Schadstoffemission bei verbrennungsmotorisch angetriebenen Wärmepumpen;
Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften
Einsatz von Lärmschutzmaßnahmen bei Verbrennungsmotoren, wie z.B.
Schallschutzkabinen
optimierte Steuerungs- und Regelungstechnik
Einsatz optimierter Wärmepumpenkreisprozesse.
Voraussetzung zur Einsparung von Primärenergie durch den Einsatz von Wärmepumpen
ist das Erreichen einer ausreichend hohen Leistungszahl.
-
2.2.6. Einsatzkriterien für Wärmepumpen:
Aus der Gegebenheit, dass die Leistungsziffer einer Wärmepumpe vom Verhältnis der
umgeschichteten Wärmemengen abhängt und von der Erreichung einer möglichst hohen
Leistungsziffer die Wirtschaftlichkeit der Wärmepumpe beeinflusst wird, ist eine geringe
Temperaturdifferenz zwischen der Endtemperatur des Mediums, an das die Wärme
abgegeben wird und der Ausgangstemperatur des Mediums, aus welchem man die
Wärme entnimmt, notwendig. Das bedeutet, wie schon früher ausgeführt, dass die
Heiztemperatur möglichst niedrig, die Verdampfungstemperatur aber möglichst hoch
liegen soll. Mit zunehmender Heizmitteltemperatur sinkt demnach die Leistungsziffer der
Wärmepumpe und damit der Wirkungsgrad der Anlage ab. Daraus ist zu entnehmen, dass
bei Wärmepumpenanlagen mit Wasser oder Luft als Wärmeträger nur niedrige
Vorlauftemperaturen wirtschaftlich günstig zu erreichen sind.
Ein Haupthindernis für eine weitgehende Anwendung der Wärmepumpen bilden die
hohen Anlagekosten. Wird die Wärmepumpenanlage parallel zur Heizung auch zur
Kühlung verwendet, so wird eine wirtschaftliche Vergleichsrechnung günstige Ergebnisse
zugunsten der Wärmepumpe erbringen.
Außer in den bereits vorhandenen Einsatzbereichen wird sich die Anwendung der
Wärmepumpe vor allem dort durchsetzen können, wo Niedertemperaturwärme in
geeigneten Mengen und zu wirtschaftlichen Bedingungen vorzufinden ist. Für die
einzelnen Typen von Wärmepumpen sind zum Teil Einschränkungen im
Anwendungsbereich gegeben.
Die Wasser - Wasser - Wärmepumpen, die das klassische Prinzip der
Wärmepumpenanlagen darstellen, wurden schon vor rund 50 Jahren gebaut und
eingesetzt. Sie hatten damals den Nachteil, aufgrund des ausschließlichen
Wärmepumpeneinsatzes relativ teuer zu sein. Heute kann für diese Anlagen ein Trend zur
Massenfertigung und zum gleichzeitigen Einsatz als Kältemaschine und Wärmepumpe
festgestellt werden, wodurch auch die Kosten gesenkt werden konnten.
Eine besonders interessante Variation stellt die Gaswärmepumpe dar. Bei diesem
Wärmepumpensystem wird zur Wärmemenge, die aus der Umgebung entnommen wird,
auch noch die Abwärme des Gasmotors, der dem Antrieb der Wärmepumpe dient, in der
Anlage genutzt. Da diese Abwärme ein hohes Temperaturniveau, meist bis zu 100°C
17
aufweist, können mit dieser Anlage die gleichen Heizwasservorlauftemperaturen erreicht
werden, wie bei konventionellen Anlagen.
2.3 Ausblick auf die zukünftige Entwicklung:
Für die großtechnische Anwendung von Wärmepumpen ist das System der
Kompressionswärmepumpe überall dort wirtschaftlich einzusetzen, wo die geforderten
Leistungen im kW - Bereich liegen. Im kommunalen und privaten Bereich ist zu erwarten,
dass die Entwicklung der Kompressionswärmepumpe, mit elektrischem oder
verbrennungsmotorischem Antrieb in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht
weiterschreiten wird.
Überaus wichtig in diesem Zusammenhang ist die vermehrte Untersuchung und
Erforschung der vorhandenen Abwärmereservoire. Dies gilt in besonderen Maße für
sämtliche industriellen Abwärmen.
Wenn auch festgestellt werden muss, dass keine allgemein gültige Liste für die
Anwendung der Wärmepumpe aufgestellt werden kann, wird die Industrie dennoch für die
weitere Sicherung der Energieversorgung den Einsatz der Wärmepumpe als
energiesparende Maßnahme bei günstiger Kostenrelation nicht außer acht lassen dürfen.
Einsatzmöglichkeiten im Niedertemperaturbereich werden in den folgenden Kapiteln noch
eingehend diskutiert werden.
3. Energieumwandlung aus dem Meer:
3.1 Einführung:
Wenn im Zusammenhang mit Betrachtungen zur Energieumwandlung und
Energienutzung der Begriff „Meeresenergie“ fällt, ist die erste Reaktion wohl eine gewisse
Unsicherheit. Die Aussage, dass das Meer einen gewaltigen Energievorrat birgt und dass
diese Energie durch geeignete Vorrichtungen genutzt werden kann, ist zunächst wenig
verständlich und lässt sich nicht sofort nachvollziehen. Einige allgemeine Betrachtungen
sollen diesen Sachverhalt daher verdeutlichen, bevor detaillierter auf konkrete Pläne zur
Nutzung der im Meer enthaltenen Energien eingegangen wird.
Wenn man von der chemisch gebundenen Energie und der Wärme im Erdinneren
absieht, bezieht die Erde die notwendige Energie zur Aufrechterhaltung des derzeitigen
quasistationären Zustandes unseres Lebensraumes als Strahlungsenergie von der Sonne.
Da etwa 71 % der Erdoberfläche von den Ozeanen eingenommen wird, fällt ein großer
Strahlungsanteil auf das Meer, das gleichzeitig als gigantischer natürlicher Solarkollektor
und guter Speicher für thermische Energie wirkt. Diese Einstrahlung führt in weiten
Bereichen, insbesondere in einem äquatorialen Gürtel zwischen den beiden
Wendekreisen zur Ausbildung einer warmen Deckschicht an der Meeresoberfläche.
Die Folge dieser Sonneneinstrahlung und der damit verbundenen unterschiedlichen
Erwärmung der verschiedenen Breiten der Erde ist ein ausgeprägtes, atmosphärisches
Zirkulationssystem mit den Passatwinden als vielleicht bekanntester Erscheinungsform.
Dies führt seinerseits wieder zur Wellenbildung an der Meeresoberfläche und bewirkt in
Verbindung mit Temperatur- und Dichteunterschieden im Meer und der Erddrehung
ozeanische Strömungssysteme wie beispielsweise den Golfstrom.
Zusätzlich zu dieser direkten Übertragung von Energie gibt es einen für das
Klimageschehen und das Leben auf den Kontinenten mindestens ebenso bedeutsamen
Energiefluss in Form latenter Wärme, der bei der Verdunstung an der erwärmten
Meeresoberfläche beginnt und mit dem Festlandsabfluss von Frischwasser und der dabei
resultierenden Vermischung von Meer- und Frischwasser endet.
18
Neben diesen energetisch auf die Sonneneinstrahlung zurückzuführenden Vorgängen
ist ein weiteres Phänomen zu erwähnen, das seine Energie aus der
Gravitationswechselwirkung zwischen Erde, Sonne und Mond bezieht: die Gezeiten und
die durch das Wechselspiel der Wasserstände hervorgerufenen Gezeitenströme.
Damit sind die wesentlichen Erscheinungsformen der im Meer enthaltenen Energie
angesprochen, die zu einer Nutzung herangezogen werden können:
 Meereswärme in Form vertikaler Temperaturdifferenzen zwischen Deckschicht und
Tiefenwasser
 Wellenbewegung
 Meeresströmungen
 Salzgehaltsunterschiede beim Eintrag von Frischwasser in das Meer
 Gezeitenbewegungen
Aus dieser Zusammenstellung wird sofort deutlich, dass die verschiedenen Formen der
Meeresenergie nicht überall dort genutzt werden können, wo Meere und an sie
angrenzende Küsten zu finden sind, sondern dass es bezüglich der Nutzung der
Meeresenergie starke geographische Einschränkungen gibt.
Generell kann zur technischen Nutzung der Meeresenergie gesagt werden, dass
abgesehen von einzelnen Pilot- oder Prototypenanlagen der derzeitige Entwicklungsstand
im wesentlichen bei der Auslegung und Planung von Anlagen liegt und die technische
Ausführung sich auf Versuchseinrichtungen beschränkt.
Dazu kommt ferner, dass die "Umwelt Meer" mit ihren typischen Erscheinungen wie
Seegang, Korrosion, Bewuchs oder eingeschränkte Zugänglichkeit besonders hohe
Anforderungen an die Energiegewinnungseinrichtungen und ihren dauernden Betrieb
stellt, was sich ebenfalls kostenerhöhend auswirkt.
Von diesen Gesichtspunkten her wird die Feststellung verständlich, dass Arbeiten zur
Nutzung und Umsetzung der Meeresenergie sich im wesentlichen noch im Stadium einer
vorindustriellen
Forschung
und
Entwicklung
befinden
und
technische
Meeresenergieanlagen keinesfalls industrielle Routineerzeugnisse darstellen.
3.2. Nutzung des Meereswärme:
Wenn man die mittlere jährliche Intensitätsverteilung der Globalstrahlung an der
Erdoberfläche betrachtet, kommt man zu Einstrahlungswerten über einen 24 Stunden Tag,
die für den äquatorialen Gürtel zwischen den Wendekreisen der Sonne etwa bei 200 W/m²
liegen. Diese Strahlungsleistung die zwischen 20 °N und 20 °S zu dem gigantisch
anmutenden Betrag von 30 000 TW führt (Bei einem Weltenergieverbrauch von 9 TW
thermischer Leistung) bewirkt im ozeanischen Bereich zweierlei:
eine beträchtliche Erwärmung der oberflächennahen Schichten in den Weltmeeren
(fühlbare Wärme)
eine starke Verdunstung von der Meeresoberfläche (Latente Wärme) und als Folge
davon, sowie aufgrund der unterschiedlichen breitenabhängigen Einstrahlung und den
damit verbundenen horizontalen Temperaturdifferenzen die atmosphärischen
Zirkulationssysteme.
Durch die beträchtliche, durch die Sonneneinstrahlung hervorgerufenen Erwärmung
liegen die Oberflächentemperaturen im äquatorialen Bereich zwischen 25 und 30 Grad
Celsius und gehen erst bei 37° nördlicher Breite und 30° südlicher Breite auf 20 Grad
Celsius zurück. Der Vertikalverlauf dieser Temperaturen wird im Bild 12 gezeigt. Nach
diesem Bild lassen sich vereinfacht zwei Wasserkörper unterscheiden:
1. Eine etwa 100 m starke, warme Deckschicht mit einer mittleren Temperatur um 28 Grad
Celsius und Jahreszeitlichen Schwankungen, die für den Pazifischen Ozean zwischen
20° N und 20° S mit etwa 1,5 Grad Celsius angegeben werden.
19
2. Kaltes Tiefenwasser mit Temperaturen unter 10 Grad Celsius, das von 500 m Tiefe bis
zum Meeresboden reicht.
Je nach Tiefendifferenz stehen Temperaturunterschiede von 15 bis 20 K zur Verfügung.
Mit einem derartigen Temperaturunterschied zwischen zwei Wärmereservoiren lässt sich
ein thermisches Kraftwerk betreiben, wobei der Wirkungsgrad  für eine idealen
Kreisprozess nach Carnot gegeben ist durch
(ideal) = (T1 - T2)/T1
mit T1 als oberem und T2 als unterem Temperaturniveau. Mit T = 20 K und T1 = 301 K
(28 Grad Celsius) ergibt sich ein theoretischer Wirkungsgrad von (ideal) = 6,6% . Nimmt
man einen realen Wirkungsgrad von 3 % für die Umwandlung an, so kann auf dieser Basis
abgeschätzt werden welches Energiepotential unter dem Stichwort Meereswärme zur
Verfügung steht.
Im Gegensatz zu landfesten Anlagen sind jedoch bei der Meereswärme zwei Aspekte
zu berücksichtigen, die eine Nutzung der solaren Einstrahlung in größerem Umfang
begünstigen und ein „Abernten“ des Wärmeinhaltes in der ozeanischen Deckschicht
erleichtern.
Das Meer wirkt, wie bereits erwähnt, selbst als Kollektor und Speicher für thermische
Energie, so dass die auf dem Land erforderliche Bedeckung großer Areale mit
technischen Kollektoren entfallen kann.
Aufgrund von Windeinflüssen und Gezeiten ist die ozeanische Deckschicht nicht
statisch festliegend, sondern in ständiger Bewegung, wobei teilweise ausgeprägte
Strömungssysteme wie Passatstrom oder Monsunstrom auftreten. Diese
Strömungssysteme sorgen einmal zusammen mit dem Seegang an der
Meeresoberfläche für die weitgehend homogene Verteilung der eingestrahlten Wärme
in einer etwa 100 m starken Deckschicht.
Diesen Vorteilen der Meereswärmenutzung stehen typische Nachteile gegenüber.
Die zur Energieumwandlung nutzbare Temperaturdifferenz ist mit etwa 20 bis 25 K
klein, wodurch sehr geringe reale Wirkungsgrade zustande kommen. Dieser kleine
Wirkungsgrad macht den Durchsatz erheblicher Wassermengen erforderlich, der zudem
noch aus 500 bis 1000 m Wassertiefe zu erfolgen hat.
3.2.1. Meereswärme Kraftwerk:
Wenn von Nutzung der Meereswärme oder im englischen von Ozean Thermal Energy
Conversion (OTEC) gesprochen wird, handelt es sich thermodynamisch korrekt formuliert
um die mit der Überführung von Wärme aus dem Reservoir des warmen
Oberflächenwassers zum kalten Tiefenwasser verbundene Umwandlung eines Teiles
dieser Wärme in nutzbare Energie.
Ein Meereswärme Kraftwerk arbeitet also prinzipiell wie ein konventionelles
Wärmekraftwerk mir der Besonderheit, dass wegen der unter Kraftwerksgesichtspunkten
sehr geringen Temperaturdifferenz zwischen Wärmequelle und Wärmesenke die
erzielbaren realen Umwandlungswirkungsgrade mit 2 bis 3 % außerordentlich klein
werden. Das Arbeitsprinzip einer OTEC Anlage ist im Bild 13 dargestellt.
Entsprechend dem Arbeitsprinzip besteht eine OTEC-Anlage aus den folgenden
Hauptkomponenten:
Verfahrensplattform
Niederdruckturbine
Pumpen
Wärmetauscher
Kaltwasserrohr
Sehr kritische und bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit über längere Zeiträume noch
weitgehend unsichere Komponenten eines derartigen Kraftwerkes stellen derzeit noch die
20
Wärmetauscher dar. Aufgrund der Temperaturunterschiede sind beträchtliche Flächen
notwendig, die zwischen 2000 bis 4000 m² je 1 MWe installierter Leistung liegen.
Die bezüglich der technologischen Entwicklung schwierigste Komponente ist aber das
Kaltwasserrohr. Dieses hängt wie ein großer Saugrüssel unter der Anlagenplattform in die
Tiefe und hat die Aufgabe das kalte Tiefenwasser aus Wassertiefen von 500 bis 1000 m
an die Anlage heranzuführen.
Die Grundidee zu dieser Energieumwandlung stammt bereits aus dem Jahr 1881 und
wurde von einem französischen Forscher entwickelt. Um 1930 baute einer seiner Schüler
eine Versuchsanlage an der Küste von Kuba, ohne nennenswerte Erfolge erzielen zu
können. Auch spätere Versuche an der Elfenbeinküste brachten nicht die erwünschten
Erfolge.
In den USA wurde dieses Prinzip dann in der Energiekrise von 1973 wieder
aufgegriffen. So wurde im Sommer 1979 unter der Bezeichnung MINI-OTEC eine 50 kWe
leistende Anlage unter realen Umweltbedingungen auf vor der Küste von Hawaii mit Erfolg
in Betrieb genommen. Das wesentliche Ziel dieser Anlage war die Erprobung des
Gesamtsystems unter realen Umweltbedingungen, sowie die Durchführung von Tests für
die Weiterentwicklung.
Ein weiteres Projekt wurde 1980 begonnen, bei dem die Errichtung und der Betrieb
eines 1Mwe Kraftwerkes untersucht werden sollte. Dieses Projekt wurde aber bereits
wiederum wegen Budgetkürzungen eingestellt.
Es bleibt abzuwarten, welches Land als erstes sowohl einen erfolgreichen technischen
Dauerbetrieb als auch wettbewerbsfähige Stromgestehungskosten auf der Grundlage der
Meereswärmenutzung nachweisen kann.
3.3. Nutzung der Meereswellenenergie:
Meereswellen entstehen im wesentlichen abgesehen von seismischen Prozessen,
luftdruckbedingten Schwingungen oder Gezeiteneinflüssen durch die Einwirkung von Wind
auf die Meeresoberfläche und sind daher eine indirekte Folge der Sonneneinstrahlung auf
die Erde und der dadurch hervorgerufenen atmosphärischen Störungen.
Für das Zustandekommen von Wellen und ihren Energieinhalt lassen sich qualitativ
einige Einflussgrößen benennen. Es handelt sich dabei um die Windgeschwindigkeit, die
Wirkdauer (die Zeit, während der der Wind auf die See einwirkt), die Wirklänge (die
Strecke, auf welcher der Wind auf die See einwirkt) und schließlich die Wassertiefe.
Welcher Energieinhalt steckt nun in einer Meereswelle? In Beantwortung dieser Frage
gilt es zunächst einmal festzuhalten, dass eine Welle stets Energie in Form der
kinetischen Energie, als horizontale Wellenbewegung und als Orbitalbewegung der
Wasserteilchen, sowie der
potentiellen Energie, als Druckunterschied zwischen Wellenberg und Wellental, enthält.
Umfangreiche Messungen haben weiters gezeigt, dass das Energiepotential einer
Welle von der Wellenhöhe H, der Wellenbreite b und der Wellenperiode  beeinflusst wird.
Alle diese Parameter sind ihrerseits in starkem Maße von den jeweiligen meteorologischen
und geographischen Verhältnissen abhängig. Daher kann eine Abschätzung des
Energiepotentials einer Welle und auch desjenigen der Wellenenergie insgesamt nur in
sehr groben Grenzen, auf der Basis vorhandener langjähriger Mittelwerte, erfolgen. In der
Fachliteratur wird dafür häufig die Formel
g2
P
 H 2   b
32  
angegeben, wobei neben den bereits erwähnten Daten noch die Dichte  des Wassers
und die Erdbeschleunigung g herangezogen werden.
21
Die konkrete spezifische Leistung einer Meereswelle schwankt dabei ganz beträchtlich.
Eine mittlere Nordseewelle vor der Küste der BRD bringt es auf nur 14 kW/m. Aufgrund
des unterschiedlichen Wellenangebotes werden Erfahrungswerte für das Jahresmittel des
realen Energieangebotes aus der Wellenenergie etwa 40 % der theoretischen Werte
angenommen. Setzt man nun noch den zu erwartenden Wirkungsgrad der
Wellenenergiewandler – er wird unabhängig von der eingesetzten Technologie mit rund 60
% eingeschätzt – in Rechnung, so ergibt sich eine elektrische Leistung von knapp 24% der
mittleren Leistung. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Wellenenergie in
den Primärenergiebilanzen nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen wird.
Dennoch hat wohl keine andere erneuerbare Energiequelle die Phantasie von
Technikern, Erfindern und Bastlern so angeregt wie die Wellenenergie. In England wurden
in den letzten hundert Jahren beispielsweise über 350 Patente zu diesem Thema
angemeldet. Um eine gewisse Übersicht zu ermöglichen, werden die Verfahren zur
Nutzung der Wellenenergie im allgemeinen geordnet nach:
der Art der genutzten Energie: potentielle oder kinetische
der Lage der Umwandlungsanlagen zur Wellenfront; dabei wird zwischen den
Terminatoren – die Anordnung der Wellenenergiewandler erfolgt parallel zur
Wellenfront – den Attenuatoren – hier liegen die Energiewandler quer zur Wellenfrontund den Punktabsorbern unterschieden.
der Vertikalposition des Umwandlungssystems, die entweder schwimmend, halb
getaucht oder ganz getaucht sein kann.
Ein Grundprinzip der Wellenenergienutzung ist im Bild 14 dargestellt.
Wie gering die Anzahl derjenigen Verfahren ist, die einer ernsthaften Prüfung unter
technischen und ökonomischen Gesichtspunkten auch wirklich standhalten, zeigt das
Beispiel einer im Auftrag des britischen Energieministeriums erstellten Studie über die
Nutzungsmöglichkeiten der Wellenenergie in Großbritannien. Von 300 verschiedenartigen
Ideen zur Umwandlung der Energie aus Meereswellen waren demnach nur neun wirklich
für eventuell künftige Vorhaben geeignet. Auch in Deutschland gab es eine Untersuchung
mit ähnlichem Ergebnis. Die vier besten Konzepte im Rahmen des britischen
Forschungsprogrammes seien hier noch näher betrachtet. Es handelt sich dabei um:
 schwimmende Nockenwellen (Salter Ducks)
 gekoppelte Flöße (Cockerell rafts)
 große Ringbojen (Masuda Prinzip)
 schiffsförmige Großbojen. (Kamai Konzept)
Die schwimmenden Nockenwellen, die nach ihrem Erfinder dem englischen Physiker
S.H. Salter auch als "Salter Ducks" bezeichnet werden zeigt das Bild 15.
Gekoppelte Flöße, oder nach ihrem Erfinder Sir Christopher Cockerell, dem Erfinder
des Luftkissenfahrzeuges, "Cockerell Rafts" genannt, werden ebenfalls als geeignete
Wellenenergiewandler vorgeschlagen. Sie bestehen aus zwei oder drei über Gelenke
miteinander verbundenen Floßeinheiten. Beim Durchgang der Wellenfront führen die
einzelnen Floßteile Relativbewegungen zueinander um die Koppelgelenke aus.
Niederdruckwasserpumpen erzeugen dadurch einen Wasserstrom, der dann über eine
Turbine/Generator Kombination in elektrischen Strom umgewandelt wird.
Die große Ringboje wurde von Y. Masuda in Japan als Wellenenergiewandler
vorgeschlagen. Beidseitig eines mittleren Ringes aus Tragflößen sind nach unten offene,
teilweise luftgefüllte Kammern angebracht, die auf ihrer oberen Seite eine Ventilanordnung
und eine Luftturbine tragen. Beim Durchgang des Wellenzuges wird aufgrund der
Wasserstandsschwankungen in den offenen Kammern der Luftraum über dem
Wasserspiegel verkleinert oder vergrößert, so dass die daraus resultierende
Luftbewegung die Luftturbine mit angeschlossenem Generator treibt.
Eine
andere
Ausführung
der Wellenenergienutzung
durch
oszillierende
Wasserstandsänderungen in nach unten geöffneten, teilweise luftgefüllten Kammern ist in
22
Form einer von Masuda entwickelten schiffsförmigen Großboje verwirklicht worden. Die
Anlage besteht aus einem schiffsrumpfähnlichem Gebilde, das eine Reihe nach unten
offener Luftkammern enthält. Beim Durchgang der Wellen wird in diesen offenen
Kammern durch die Luftbewegung über Turbinen elektrische Energie erzeugt. Die
Ergebnisse von Versuchsreihen lassen sich in folgenden Aussagen zusammenfassen:
die maximal gemessenen Ankerkräfte an der Bugverankerung lagen bei 92 t
die maximalen signifikanten Wellenhöhen lagen bei 5,9 m und brachten Leistungswerte
von 290 kW an der Turbine
die Turbinendrehzahlen betrugen zwischen 400 und 900 U/min, der Wirkungsgrad für
die Turbine lag zwischen 45 und 74 %
Die schiffsförmige Großboje ist somit das erste, erfolgreich auf See unter natürlichen
Bedingungen erprobte technische Konzept mit einer mittleren Leistung während der
Testperioden von 300 kW. Durch weitere technische Verbesserungen soll die Leistung
noch um den Faktor 3 vergrößert werden.
3.4. Nutzung der Meeresströmungen:
Aus der Wechselbeziehung Ozean/Atmosphäre entstehen in Verbindung mit der
ablenkenden Kraft der Erdrotation und der Form und Lage der Kontinente die bekannten
Strömungszonen und Strömungssysteme der Erde. Daher tauchen auch immer wieder in
der Energiewirtschaft Überlegungen auf, die Meeresströmungen, wie etwa den Golfstrom
oder den Floridastrom, zur Energiegewinnung heranzuziehen.
Wenn das Nutzungspotential von Meeresströmungen betrachtet werden soll, so muss,
die pro Zeiteinheit durch die Strömung transportierte Masse ermittelt werden, da die
kinetische Energie des bewegten Wassers die eigentliche Ressource darstellt. Durch
geeignete Vorrichtungen soll diese Energie umgewandelt und einer Nutzung zugänglich
gemacht werden. Für die Leistung P einer Meeresströmung gilt:
P
1 mv2

2
t
Darin ist m die in der Zeit t mit der Geschwindigkeit v bewegte Wassermasse. Unter der
Verwendung der Querschnittsfläche A senkrecht zur Richtung der Strömung und der
Dichte  des bewegten Meerwassers wird
m
 A   v
t
und daraus
P
1
 A   v3
2
Dies bedeutet, dass die Strömungsgeschwindigkeit mit der dritten Potenz in den
Ausdruck für die Leistung einer Meeresströmung eingeht. Damit bestimmt sie aber auch in
entscheidenden Maße die umwandelbare Energie. Bei den natürlich vorkommenden
Strömungsgeschwindigkeiten bis zu 2,0 m/s (etwa 4 Knoten) fallen demnach maximal 4
kW/m² an spezifischer mechanischer Leistung an, die als Quelle zur Energieentnahme zur
Verfügung stehen.
23
Bei der Nutzung des Golfstromes wurde davon ausgegangen, dass die Umwandlung
der Bewegungsenergie des Wassers in elektrischen Strom über große verankerte
langsam drehende rohrähnliche Unterwasserturbinen erfolgt. Diese Turbinen sollten einen
Durchmesser von 150 m haben. Etwa 15 derartige Turbinen zusammen in einer Tiefe von
30 bis 130 m würden somit einem Kraftwerk mit einer Blockgröße von 1100 bis 1200 MW e
entsprechen.
Die wirtschaftlichen Überlegungen lassen die Realisierbarkeit in weite Ferne gerückt
sehen, wenn man bedenkt, dass ein Meeresströmungskraftwerk etwa 5 mal so große
Investitionskosten verursacht als ein konventionelles Wärmekraftwerk. Weit mehr ins
Gewicht fallen aber die möglichen ökologische Folgen. Immerhin wird die
Strömungsgeschwindigkeit am Turbinenaustritt durch die Energieumwandlung empfindlich
herabgesetzt. Die Auswirkungen einer solchen Veränderung sind bisher noch nicht
ernsthaft untersucht worden. Dass sie aber vor allem schwerwiegend für das Klima in
Europa sein können ist evident. Bewirkt doch der Golfstrom, dass die Jahrestemperaturen
an den europäischen Westküsten um etwa 10 K höher liegen, als es ihnen der
geographischen Lage nach zukommt. Denkbare Folge einer auch nur teilweisen
Drosselung dieser "Warmwasserheizung Europas" wären unter anderem eine Zunahme
der Vergletscherung in den europäischen Hochgebirgen, die Verschiebung der Grenze der
Dauerfrostbodenzone nach Süden und die Vereisung der Häfen in Norwegen im Winter.
3.5. Nutzung des Salzgehaltsgradienten:
Ein weiteres, ständig durch die Sonneneinstrahlung in Erneuerung befindliches
Potential an Meeresenergie liegt in dem Salzgehaltsunterschied zwischen Meerwasser
und Frischwasser. Im hydrologischen Kreislauf auf der Erde beträgt der
Frischwasserabfluss vom Festland in die Meere ca. 35 000 km³/a. Im Gegensatz zum
Salzgehalt von Meerwasser, der im Mittel über die Ozeane etwa bei 35 g Salz pro kg
Wasser liegt, beträgt der Salzgehalt der Festlandabflüsse 0,5 bis 1 g Salz pro kg Wasser.
Dieser Konzentrationsunterschied ist in Form der sogenannten Verdünnungsarbeit bei der
Vermischung von Frisch- und Meerwasser durch geeignete Vorrichtungen als Energie
nutzbar, da Unterschiede im chemischen Potential des Lösungsmittels Wasser vorliegen,
die sich auszugleichen trachten. So ergeben sich für den durch 1 m³ Frischwasser
bewirkten osmotischen Effekt und den damit verbundenen Betrag an potentieller Energie
Epot = 2352 [kWs/m³]
Auf der Grundlage derartiger Überlegungen könnte aus der Verdünnungsarbeit in der
Elbemündung maximal etwa 1900 MW an Leistung gewonnen werden. Bei einem
Wirkungsgrad für die Stromerzeugung von 0,5 und etwa 10 % Ausnutzung der
Gleichgewichtsbedingungen für die Verdünnungsarbeit bleibt für die Leistung von
Kraftwerken auf der Basis von Salzgehaltsgradienten in der Elbemündung etwa 100 MWe.
Hochgerechnet auf die Festlandabflüsse der Erde ergäbe dies ein weltweites Potential von
70 000 MWe.
Obwohl derartige Ideen prinzipiell durchaus realisierbar erscheinen ist eine technische
Umsetzung der bislang lediglich theoretischen oder im Labormaßstab durchgeführten
Untersuchungen noch nicht abzusehen.
3.6. Nutzung der Gezeitenenergie:
Während die bisher diskutierten Erscheinungsformen der Meeresenergie durchwegs
mehr oder weniger direkt auf die Strahlungsenergie der Sonne zurückzuführen waren,
liegen die Ursachen für die im Meer enthaltene Gezeitenenergie bei den
24
Gravitationswechselwirkungen zwischen Erde, Mond und Sonne. Auf der Erde ist auf der
mondzugewandten Seite die Massenanziehung und auf der mondabgewandten Seite die
Fliehkraft überwiegend. Die resultierenden Kräfte führen zu einer Verschiebung der auf
der Erde befindlichen beweglichen Massen, also des Wassers, derart, dass jeweils im
Mondzenit und im Mondnadir ein Wasserberg entsteht. Die Frequenz der Gezeitenwelle,
die Zeitdauer von Flut zu Flut liegt bei 12,5 Stunden, weshalb man auch halbtägigen
Gezeitenrhythmus spricht.
Man schätzt das theoretische Potential der Gezeitenkraft auf etwa 3.10 6 MW.
Technisch nutzbar ist es jedoch nur in Gebieten, die einen Tidenhub größer 3 m
aufweisen. Die möglichen Standorte für Gezeitenkraftwerke sind im Bild 16 angegeben.
Bei einem mittleren Tidenhub von 3 bis 5 m, der als Minimalforderung zum Betreiben von
Gezeitenkraftwerken angesehen wird, werden nur 37 Standorte genannt.
Um einen vernünftigen Turbinenbetrieb mit entsprechender Leistungsabgabe zu
garantieren, darf der Höhenunterschied zwischen dem Meeresspiegel und dem
Beckenspiegel einen Mindestwert Hmin nicht unterschreiten. Dieser Mindestwert wird vom
Tidenhub der Turbinenleistung und der Betriebsdauer der Turbinen bestimmt. Im Bild 17
sind die auftretenden Zeitabschnitte dargestellt. Der Turbinenbetrieb beginnt bei t 1
nachdem der Mindestwert Hmin erreicht worden ist. Das Wasser strömt nun vom Meer in
das Becken und treibt dabei die Turbinen an. Bei t 2 wird der Mindestwert Hmin wiederum
unterschritten und die Turbinen abgestellt. Das Wasser strömt nun zunächst bis t 3 weiter
in das Becken und dann wird der weitere Wasseraustausch bis t4 unterbunden. Der
Meeresspiegel sinkt während der Zeit t3 bis t4 weiter ab und der Mindestwert Hmin wird
wieder überschritten. Nun setzt der Turbinenbetrieb bis zum Erreichen der Zeit t 5 wieder
ein. Durch weitere Absenkung erreicht der Beckenspiegel bei t6 seinen Mindeststand. Von
t6 bis t7 wird der Wasseraustausch wieder gesperrt. Zur Zeit t7 beginnt ein neuerlicher
Arbeitsvorgang.
Gegenwärtig sind weltweit vier Gezeitenkraftwerke in Betrieb. Das erste auf diesem
Prinzip aufgebaute Kraftwerk wurde an der Mündung der Rance in St. Malo an der
französischen Atlantikküste errichtet. Es kann insgesamt bei diesem Kraftwerk von einem
erfolgreichen Betrieb gesprochen werden, obwohl ökologischen Auswirkungen durch die
veränderten Strömungsverhältnisse kaum zu vermeiden sind.
Für eine weitere Ausweitung der Nutzung der Gezeitenenergie sind folgende
Bedingungen für günstige Standorte ausgearbeitet worden:
 günstige natürliche Voraussetzungen wie Uferrelief, Wassertiefe um die Baukosten für
den Damm und das Becken möglichst gering zu halten
 ein durchschnittlicher Tidenhub von 5 bis 12 m
 eine möglichst unkomplizierte Einbindung in das vorhandene Stromverteilungsnetz
 eine möglichst geringe Beeinflussung der vorhandenen natürlichen Umwelt
3.7. Zusammenfassung und Ausblick:
Bei einer Zusammenfassenden Betrachtung der verschiedenen Formen der
Meeresenergie, ihres jeweiligen Nutzungspotentials und der im Zuge der technologischen
Entwicklung vorgeschlagenen Systeme zur Umwandlung von Meeresenergie in nutzbare
mechanische oder elektrische Energie ist folgendes festzuhalten:
 Meeresenergie ist nicht überall auf den Weltmeeren oder an den Küsten in gleichem
Umfang oder in der gleichen Form verfügbar, Regionen mit hohem Energieangebot
fallen selten zusammen mit Bereichen großer Energienachfrage, das Angebot ist bei
manchen Formen der Meeresenergie stark intermittierend.
 Meeresenergie weist wie alle anderen Formen regenerativer Energie eine geringe
Leistungsdichte auf und erfordert infolgedessen beträchtlichen Anlagenaufwand und
damit verbundenen hohen spezifische Investitionskosten. Trotz der kostenlosen
25
Energiequelle sind daher, abgesehen von besonderen lokalen Gegebenheiten, die
Energiegestehungskosten höher als bei herkömmlichen Kraftwerken.
 Systeme zur Gewinnung von Meeresenergie sind zwangsläufig der Umwelt „Meer“
anzupassen. Sie müssen auf die Beanspruchung durch Seegang und Strömung
ausgelegt werden, in bezug auf die eingesetzten Materialien dem korrosiven Medium
Meerwasser standhalten, bewuchsverhindernd ausgeführt werden und hinsichtlich des
Routinebetriebes häufig unter eingeschränkter Zugänglichkeit gefahren werden, was
ebenfalls die Energiegestehungskosten erhöht.
4. Energiegewinnung aus Biomasse:
4.1 Einleitung:
Unter Biomasse versteht man alle Materie aus lebenden und toten Zellkulturen
pflanzlichen und tierischen Ursprungs, die durch Biosynthese entstehen.
Biokonversionsprozesse wandeln Biomasse um und werden in zwei Klassen eingeteilt:
 extraktive, thermochemische Verfahren
 biologische Verfahren.
In der ersten Klasse werden Kohlenwasserstoffe extraktiv, thermisch und/oder chemisch
gewonnen oder direkt in Energie umgeformt. Hierunter Fallen:
 Verbrennung
 Vergasung, Entgasung (Pyrolyse)
 Methanolherstellung über Vergasung und Synthese
 Ölextraktion (Rapsöl)
 chemische Hydrolyse (chem. Spaltung der Polymere zu gärfähigen Zuckern durch
Wasseranlagerung)
Zur zweiten Klasse biologischer Verfahren gehören:
 Hydrolyse
 anaerobe Gärung zu Äthanol oder Butanol
 anaerobe Fermentation zu Biogas
Die Konversionsverfahren sind in vielen Fällen anwendungstechnisch noch nicht
ausgereift und noch unwirtschaftlich. Verbrennung und Biogas werden dezentral den
größten Beitrag zur Bioumwandlung liefern. Vergasung und Synthese von Methanol für
kohlefördernde Industriestaaten und Äthanol für Agrarstaaten können mittelfristig an
Bedeutung gewinnen. Die Pyrolyse kann allenfalls als Vorstufe der Vergasung oder
Verbrennung das Umwandlungsverhalten feuchter, giftigere Abfälle vergleichmäßigen und
scheidet als Produzent flüssiger oder gasförmiger Brennstoffe aus Biomasse zunächst
aus.
In Biomasse liegt im allgemeinen chemisch gebundene Energie vor. Sie weist damit
gegenüber den übrigen erneuerbaren Energien den Vorteil auf, dass die Probleme der
Energiespeicherung und Bevorratung vergleichsweise gering sind. Im Gegensatz zu den
meisten
übrigen
erneuerbaren
Energieträgern
ist
die
Anpassung
der
Nutzenergiebereitstellung von Wärme Strom oder Kraft, an den wechselnden Bedarf
problemlos möglich.
Für die Bereitstellung von Biobrennstoffen sind im wesentlichen Energiepflanzen wie
Roggen, Weizen, Zuckerrüben, Raps, Pappeln oder Weiden, oder Reststoffe wie
Hackschnitzel, Rinde, Stroh, Pellets aus verschiedenen Rohstoffen und tierische Abfälle
zu nennen. Darüber hinaus gelangen ständig neue Pflanzenarten und Reststoffe als
mögliche Biomasseenergieträger in die Diskussion.
Eine spezielle Problematik der biogenen Energieversorgung stellt die relativ geringe
Energiedichte der Ausgangsprodukte dar. Zur Verdichtung und Reduzierung des
26
Transportaufkommens steht eine breite Palette von Aufbereitungsmöglichkeiten zur
Verfügung. Das zur Endverwertung bereitgestellte Produkt weist damit sehr verschiedene
Erscheinungsformen auf. Während die zur Erzeugung einer Energiemenge benötigte
Masse eines Brennstoffes noch in relativ engen Grenzen schwankt, sind beim
Lagerraumbedarf und beim Transportvolumen sehr große Unterschiede vorhanden.
Beispielsweise liegt zwischen den Brennstoffformen "Pellets" und "gehäckseltes Stroh" ein
Verhältnis von 1:8 beim Raumbedarf vor. Für Biobrennstoffe gilt allgemein, dass mit der
Zunahme der Aufbereitungsintensität auch das Einsatzspektrum bei der energetischen
Umwandlung wächst. Schüttfähige Festbrennstoffe mit hoher Dichte (z.B. Pellets und
Hackschnitzel) lassen sich in Feuerungsanlagen relativ leicht zudosieren und können
daher vorzugsweise für lastsensible Prozesse eingesetzt werden.
Während die festen Biomassebrennstoffe ihren Haupteinsatzbereich in der
thermischen Verwertung finden, ist mit den vielfältig einsetzbaren Flüssigbrennstoffen
auch der Ersatz fossiler Brennstoffe im mobilen Anwendungsbereich oder bei der
dezentralen Stromerzeugung möglich. Letzteres gilt auch für gasförmige Biobrennstoffe
wie zum Beispiel dem Biogas aus organischen Reststoffen oder Schwachgas aus der
Vergasung von Festbrennstoffen.
Laut Angaben der UNO werden derzeit zwischen 6 und 13 % des
Weltprimärenergiebedarfes durch Nutzung von Biomasse gedeckt. Allerdings spielt sie in
den Industrieländern nur eine untergeordnete Rolle. So beträgt der Anteil an der
Primärenergiebilanz der USA nur 3 %, in Deutschland und Großbritannien sogar nur 2,5 %
und in Österreich 12 %.
4.2 Verbrennung fester Biobrennstoffe:
4.2.1 Müllverbrennung:
Das Schlagwort "BRAM" "Brennstoff aus Müll" beschäftigt schon seit einigen Jahren
bzw. Jahrzehnten einerseits die Energiewirtschaft bei der Suche nach Möglichkeiten der
Verminderung der Deponiemengen und der Bereitstellung von Wärmeenergie und
andererseits die Umweltschützer bei ihren Bemühungen solche Anlagen zu verhindern.
Erschwerend kommt in letzter Zeit noch hinzu, dass auch die Mülldeponien in ihrem
Fassungsvermögen einer Grenze entgegengehen. Zudem sind neue Deponien nur mehr
sehr schwer realisierbar, da die Umweltschutzbedingungen dafür wesentlich verschärft
wurden. Diese Zusammenhänge führten dazu, nach Möglichkeiten zu suchen die
anfallende Deponiemenge zu verringern. Eine dieser Lösungen liegt in der
Müllverbrennung. Die in diesen Anlagen erzeugte Wärme wird in ein angeschlossenes
Fernwärmenetz geliefert und zur Raumwärmeversorgung und Warmwasserbereitung
verwendet. Zur besseren Auslastung der Verbrennungsanlagen in jener Zeit in der keine
Raumwärme benötigt wird werden die Müllverbrennungsanlagen mit einer Erzeugung von
elektrischem Strom gekoppelt. Solche Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen führen neben der
notwendigen Müll- und Abfallentsorgung zur thermischen und elektrischen
Energieversorgung und damit zur Einsparung von Primärenergie und Sekundärenergie.
4.2.2 Verbrennung von Holz und Stroh:
Das verfügbare Energiepotential aus Stroh und Holz ist nicht genau bestimmbar, da
aus der Landwirtschaft nicht unbedeutende Mengen, die bisher in der landwirtschaftlichen
Produktion verwendet wurden noch gewonnen werden könnten. Geht man davon aus,
dass 20% der jährlichen Stroherzeugung zu Energiebedarfsdeckung herangezogen
würden, so ergäbe sich eine Strohmenge von 5 Millionen Tonnen mit einem
Energiepotential von 1,6 Millionen Tonnen Heizöl. Eine Österreichische Studie geht davon
aus, dass im Osten Österreichs rund 25 Strohkraftwerke mit einer installierten Leistung
27
von je 25 MW e betrieben werden könnten. Als Heizwert des Strohs wurden in dieser
Studie 15 bis 17 MJ/kg zugrunde gelegt.
Einige Beispiele zur Strohverwertung sind in den nächsten Bildern dargestellt. Bild 18
zeigt einen Durchbrandkessel für Strohballen und Holz. Die Primärluft allein reicht nicht
aus eine vollständige Verbrennung auch der flüchtigen Bestandteile herbeizuführen. Die
entstehenden flüchtigen Verbrennungsprodukte müssen daher in einer Nachbrennkammer
mit der Sekundärluft nachverbrannt werden. Wirkungsvoller ist aber die Anwendung des
Unterbrandprinzipes, bei dem die Verbrennungsgase durch den Brennraum gezogen und
damit automatisch einer Nachverbrennung unterzogen werden. (Bild 19)
Für den Leistungsbereich von 300 bis 1200 kW werden Großballenöfen erzeugt von
denen ein Vertreter im Bild 20 gezeigt wird.
4.2.3 Verbrennung von Häckselstroh und Holzhackschnitzel:
Hackschnitzel und Rinde fallen in nicht unerheblicher Menge in der Sägeindustrie und
in Forstbetrieben an. Die bei der Verbrennung erzeugte Wärme wird vornehmlich in der
Schnittholztrocknung und der Heizwärmeversorgung eingesetzt. Eine Untersuchung am
Institut hat gezeigt, dass die gesamte Wärme, die zur Holztrocknung benötigt wird durch
die Verbrennung der im Sägewerk selbst anfallenden Holz und Rindenabfälle gedeckt
werden kann. Verbrennungsanlagen für diese Brennstoffe wurden in vor allem in
Schweden und Deutschland aber auch in Österreich entwickelt. Eine als
Unterschubfeuerung ausgeführte Hackschnitzelfeuerung zeigt das Bild 21.
4.2.4 Nutzungsaspekte und Bewertung:
Die Holzindustrie nutzt ihre Holzrückstände seit Jahren zur Deckung ihres eigenen
Wärmebedarfes. Kleine Verbrennungsanlagen für Holz, Stroh, Müllpellets usw. möglichst
mit einem Wassergehalt kleiner 18 % werden für die Trocknung und Raumheizung
genutzt. auf einen Brennstoffvorrat von mindestens 5 Stunden ist zu achten.
Der Jahresbedarf für die Beheizung eines bäuerlichen Wohnhauses beträgt im Mittel:
7 500 l Heizöl (EL) = 45 Raummeter Holz = 1800 t Stroh (4,5 ha)
Die Eigenstromerzeugung lohnt für Holzfeuerungen etwa ab 1000 kW Strom- und
Wärmebedarf. Voraussetzung dafür sind aber:
 Holzeinstandspreis wirtschaftlich gegenüber dem Heizölpreis
 ganzjährige Nutzung der Energie
 zweischichtiger Betrieb
 automatische Beschickung
Es muss darauf hingewiesen werden, dass bei der Holz- und Strohverbrennung
insbesondere in Kleinanlagen die Gefahr der Polyaromaten- Furan- und sogar
Dioxinbildung in der Flugasche groß ist, weil eine vollständige Verbrennung aller
Entgasungsprodukte nicht immer gewährleistet ist.
4.2.5 Zusammenfassung:
Bei der Konstruktion von Verbrennungsanlagen ist auf lange Wege für den Ausbrand
oder auf das Durchdrücken der Schwelgase durch die Glutzone (Nachverbrennung,
Unterbrandprinzip) und den Zyklon vor dem Kamin zu achten. Ein Teillastbetrieb unter
50% der Leistung ist zu vermeiden. Die Feuchte des Brennstoffes sollte nicht mehr als 18
% betragen. Das Unterbrandprinzip ist günstiger als das Durchbrandprinzip, selbst mit
Nachbrennkammer.
Die dezentrale Stroh- und Brennholznutzung und Waldrestholzverwertung der
Landwirte sowie die Energiegewinnung in der Holzindustrie aus den eigenen Rückständen
ist eine der tragfähigen Alternativen zur Ölfeuerung. Biomasse ist nur mit hohem
technischen Aufwand in Großanlagen umweltfreundlich zu verbrennen. Ein geeigneter
Einsatz ist daher insbesondere in Gestalt kleiner Nahwärmesysteme zu suchen. Derartige
28
Vorstellungen zur Anwendung von Hackschnitzelfeuerungen werden zur Zeit auch in der
Steiermark verfolgt.
4.3 Vergasung fester Biobrennstoffe zu Generatorgas:
4.3.1 Einleitung:
Vergasung fester Biomasse ist die Umsetzung zu gasförmigem Brennstoff unter
Verwendung von Vergasungsmitteln, wie Luftsauerstoff oder Wasserdampf. Dazu sind
hohe Temperaturen notwendig, die durch Verbrennung eines Teiles der eingebrachten
Biomasse entstehen. Im Gegensatz zur Verbrennung erfolgt bei der Vergasung jedoch
eine unterstöchiometrische Sauerstoffzufuhr, wobei im wesentlichen Kohlenmonoxid und
Wasserstoff entstehen. Der Rückstand ist nichtbrennbare Asche. Das Gasgemisch ist
sowohl vom Ausgangssubstrat (C:H:O – Verhältnis, Wassergehalt) als auch vom
Vergasungsmittel (Art, Menge, Druck) abhängig. Im Vergasungsreaktor unterscheidet man
verschiedene Zonen:
1. Trocknungszone
(bis 150 °C)
2. Schwel- oder Pyrolysezone
(bis 500 °C)
3. Verkohlungszone
(bis 700 °C)
4. Oxidationszone
(bis 1600 °C)
5. Reduktionszone
(bis 500 °C)
In der Reduktionszone wird aufgrund der Abkühlung durch die Anwesenheit von
Wasserdampf und Kohlenstoff CO2 teilweise zu CO reduziert. Bei der Vergasung mit Luft
entsteht wegen des hohen Stickstoffgehaltes im Produktgas ein Schwachgas oder
Generatorgas mit einem Heizwert von etwa 5 MJ/m³ (1,4 kWh/m³) (bei 20 % Feuchte). Im
Vergleich dazu hat Biogas aus der Faulung einen Heizwert von 21,5 MJ/m³ (5,9 kWh/m³)
und Erdgas bis zu 40 MJ/m³ (11,1kWh/m ³).
Als Richtschnur für die Gaszusammensetzung können folgende Bandbreiten in
Volumsprozenten angesehen werden:
H2
Wasserstoff
10 % bis 25 %
CO Kohlenmonoxid 20 % bis 30 %
CO2 Kohlendioxid
2 % bis 15 %
CH4 Methan
0 % bis 4 %
N2
Stickstoff
45 % bis 60 %
Die Zusammensetzung des Gases hängt von mehreren Einflussfaktoren ab:
geometrische Form der Biomasse
Verhältnis Volumen zu Gewicht
Stoffzusammensetzung
Feuchtigkeitsgehalt
thermisches Reaktionsverhalten
Aschegehalt und Ascheschmelzpunkt
Bei der Vergasung unter Druck mit Sauerstoff und Dampf entsteht aus Holz das
Synthesegas, ein Gemisch aus überwiegend Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Es
unterscheidet sich vom Schwachgas durch den höheren Heizwert. Die
Synthesegasherstellung bildet die Voraussetzung für den weiteren Verfahrensschritt der
Methanolsynthese zur Bereitstellung von biogenen Kraftstoffen.
Je nach Führung des Vergasungsmittels im Reaktionsraum relativ zur Bewegung des
Substrates unterscheidet man drei Vergasungsarten
1. aufsteigende Vergasung oder Gegenstromvergasung
2. absteigende Vergasung oder Gleichstromvergasung
3. Wirbelschichtvergasung mit auf- und absteigenden Zonen
29
Bei der Vergasung soll einerseits ein möglichst hoher Anteil der Energie des
Vergasungsgutes in gasförmige Energieträger umgewandelt, gleichzeitig jedoch das Gas
von schädlichen Anteilen aus der Biomasse und dem Vergasungsmittel möglichst frei
gehalten werden. Beide Forderungen führen zu unterschiedlichen Vergasungsarten und
Wirkungsgraden. Bedingt durch die teerhaltigen Einsatzstoffe entstehen minderwertige
Kracköle, die hochviskos, korrosiv und thermisch instabil sind.
4.3.2 Energieumsetzung:
Das Bild 22 zeigt aufsteigende und absteigende Vergasung mit der unterschiedlichen
Reihenfolge der Reaktionszonen und Höhe der Oxidationstemperatur bei Luftbetrieb, was
sich entscheidend auf das Asche- oder Schlackenverhalten auswirkt.
Aufsteigende Vergasung:
Bei 1600°C in der Oxidationszone tropft bereits die zähflüssige Schlacke durch den
Rost. Die Gase durchdringen den Brennstoff im Gegenstrom, treten oben aus der
Trocknungszone und der Vorwärmzone aus und passieren Kältefalle und Filter vor einer
motorischen Verbrennung.
Diese Art der Vergasung liefert den höchsten Wirkungsgrad mit bis zu 85. Das Gas
wird jedoch noch kondensierbare Anteile (Teere) enthalten, die den motorischen Einsatz
behindern, und auch der Forderung nach möglichst hoher Umweltverträglichkeit
entgegenstehen.
Absteigende Vergasung:
Bei der absteigenden Vergasung werden zwar geringere Wirkungsgrade von 50 % bis
etwa 80 % erreicht, durch den Gleichstrom von Brennstoff und Vergasungsmittel Bild 22
werden aber die Schwelgase gezwungen, das Glutbett an der Basis des Konverters zu
passieren. Hier werden die Teere gespalten, anschließend CO2 und ein Teil des
Wasserdampfes in brennbare Gase umgewandelt. Die Temperaturen werden durch die
Reaktionen soweit vermindert, dass die Asche nicht schmilzt. Es entsteht dadurch ein
praktisch teerfreies Gas, das ohne weitere aufwändige Reinigung verbrannt oder in
Verbrennungsmotoren umweltfreundlich eingesetzt werden kann.
Die besondere Begrenzung besteht darin, hochwertiges Generatorholz verwenden zu
müssen, das bei der notwendigen Reaktionstemperatur im Glutbett eine stabile und
durchlässige Struktur eines Stückkohlegerüstes erhält oder aufbaut.
Wirbelschichtvergasung:
Bei der Wirbelschichtvergasung wird die trockene Biomasse so kleinstückig in den
Reaktor eingebracht, dass sie vom im Gegenstrom eingeblasenen Vergasungsmittel im
Schwebezustand gehalten wird. Die schnellen Reaktionen in der Wirbelschicht durch
große spezifische Kontaktflächen ergeben gute Wirkungsgrade bei kleinen
Bauabmessungen, die der Gegenstromvergasung entsprechen. Diese Miniaturisierung
wird durch die Wirbelschicht - Druckvergasung weiter fortgesetzt. Das Verfahren stößt
jedoch für Biomasse im Gegensatz zur Kohle noch auf eine Reihe technischer
Schwierigkeiten.
4.3.3 Nutzungstechniken:
Die Gleichstromvergasung bei Atmosphärendruck hatte schon einmal in den
Holzgasgeneratoren und Holzgasmotoren bis in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg große
Verbreitung gefunden. Der im Bild 23 gezeigte Imbert Vergaser verarbeitete stückiges
Holz mit einer Feuchte von maximal 20 %. Der Gasstrom wird durch den Saugzug eines
Gebläses oder des Gasmotors aufrecht erhalten. Die jeweils erforderliche Vergasungsluft
wird also lastabhängig durch die Anlage gesaugt.
Stückgutvergaser mit Motor-Generatoreinheiten werden in Einheiten von 20 kW bis 10
MW angeboten, wobei Aggregate bis 60 kW auf fahrbaren oder versetzbaren Rahmen
30
montiert sind. Das Gas kann in mittelschnell oder schnellaufenden Schwachgasmotoren,
verwendet werden.
Die kleineren Vergaser zur Reststoffnutzung sind in Tischlereien und bei Landwirten
einzusetzen, große Einheiten in Sägewerken. 1 kg lufttrockene Holzmasse liefert 2,3 m³
Schwelgas. Das Teillastverhalten ist ebenso ungünstig wie das der Verbrennung. Der
Gesamtwirkungsgrad an der Klemme beurteilt beträgt 15 bis 20 %.
4.3.4 Zusammenfassung:
Stückiges Hartholz und Sägespäne mit Feuchten von weniger als 30 % können ohne
verfahrenstechnische Probleme in dezentralen Kleinanlagen vergast werden
Im logischen Vorfeld müssen für Sammlung, Zerkleinerung, Transport und Vermarktung
von Generatorholz etwa 45 % des Holzheizwertes als Kraftstoff verbraucht werden,
entsprechend 72 l Dieselöl für 1 t Generatorholz.
Die Vergasung von Rückständen steht vor allem mit der Verbrennung in Konkurrenz.
Die Fließbettvergasung wird besonders in den USA, Kanada und auch Deutschland
weiterentwickelt.
4.4 Extraktion von Kohlenwasserstoffen aus
landwirtschaftlichen Ölsaaten:
4.4.1 Einführung:
Unter Extraktion versteht man den Entzug von Energieträgern direkt aus Biomasse z.B.
durch kaltes oder heißes Pressen, Dampfaufschluss, Säureaufschluss oder andere
Verfahren.
Pflanzliche Öle dienten bereits in der Steinzeit der menschlichen und tierischen
Ernährung, heute auch als Industrierohstoffe für Alkydharze, Tenside, Weichmacher,
Netzmittel Lacken, Farben, Seifen und Kosmetikartikel.
Einige Pflanzen sind in der Lage neben C-H Verbindungen wie Zellulose und Lignin
auch völlig sauerstofffreie Kohlenwasserstoffverbindungen zu bilden, die als Pflanzenöle
unmittelbar als Energieträger eingesetzt werden können. Ölpflanzen sind vor allem die
Kreuzblütler wie Raps, Senf und Ölrettich, von geringer Bedeutung sind Flachs, Hanf,
Mohn und Sonnenblumen. In den Tropen gedeihen Ölbaum, Ölpalme, Kokospalme,
Erdnuss, Baumwolle, Soja, Rizinus, Kakaobaum und andere. In Europa sind Raps und
Sonnenblumen, in Österreich in erster Linie Raps von Bedeutung.
Pflanzliche Öle sind Mischungen aus Glyceriden und Lipoiden, sind bei 20 °C meist
flüssig, haben einen Heizwert, der im allgemeinen etwa 10 % unter dem des
Dieselkraftstoffes liegt und besitzen ähnliche physikalische Eigenschaften wie Heizöl und
Diesel, was sie grundsätzlich als Treibstoffe brauchbar macht.
4.4.2 Nutzungstechniken und Systeme:
Von den vielen möglicherweise geeigneten fett- und ölhaltigen Pflanzen wird zur Zeit
Raps an erster Stelle als Kraftstoff für Dieselmotoren diskutiert. Rapsöl kann entweder als
chemisch unverändertes, gereinigtes Pflanzenöl oder nach entsprechender Raffination als
Rapsöl-Methylester eingesetzt werden. Im ersten Fall müssen speziell angepasste
Dieselmotoren eingesetzt werden. Rapsöl-Methylester kann in konventionellen
Dieselmotoren eingesetzt werden. In beiden Fällen ist der Treibstoff aus Biomasse ohne
Steuer derzeit teurer als Dieselkraftstoff inklusive Steuer.
Ergebnisse über Versuche mit Pflanzenölen in Dieselmotoren mit Vorkammer und
Direkteinspritzung liegen aus verschiedenen Untersuchungen vor. Dabei haben sich Raps-
31
und auch Sonnenblumenöl in bestimmter Mischung mit Diesel (40%), Wasser (19%) und
Emulgator (1%) als brauchbar erwiesen.
4.4.3 Zusammenfassung:
Rapsöl ist ein hochwertiger Energieträger und für den Langzeitbetrieb von Motoren
durch Additive (Emulgatoren) und Kraftstoffmischungen anwendbar. Nebenprodukte sind
Futtermittel ohne Entsorgungsprobleme. Zahlenangaben über Emissionen, Ablagerungen
und Korrosion im Motor nach einem Testlauf über 100 Stunden und mehr sind nicht
bekannt.
4.5 Faulung organischer Feuchtmassen zu Biogas:
4.5.1 Einleitung:
Ähnlich wie bei der Holzgastechnologie ist das Verfahren zur Biogaserzeugung schon
seit geraumer Zeit bekannt. In der Natur entstehen bei Fäulnisvorgängen, wie sie beim
Abbau organischer Substanzen unter Luftabschluss stattfinden, Gase, die einen hohen
Anteil an Methan enthalten. Weitere Anteile sind Kohlendioxid, Wasserstoff und Spuren
von Schwefelwasserstoff. Als Ausgangsmaterialien zur Biogasherstellung eigenen sich
alle faulbaren organischen Stoffe mit einem Brennwert unterhalb von 3,5 - 4,5 MJ/kg (1000
kcal/kg 1163 kWh/kg ). Oberhalb dieses Wertes wird die Verbrennung energetisch das
zwei- bis dreifache bringen als die Verbrennung von Faulgas (50 - 70% Methan). Bei der
Faulung handelt es sich um eine anaerobe Gärung, die wässrige organische Massen
tierischer und pflanzlicher Reststoffe in unterschiedlichen Niedertemperaturbereichen zu
methanreichem Biogas abbaut.
Die besten Ausbeuten werden aus dem Flüssigmist der Tierhaltung erreicht, weil
dieses Material für die Reaktion gut aufgeschlossen ist. Aus diesem Grunde ist gerade bei
der Massentierhaltung das Biogasverfahren als Abfallverwertungssystem besonders gut
anwendbar, da der Stallmist leicht sammelbar ist und auch zur Reinhaltung der Ställe
gesammelt werden muss. Festmist (mit Stroh gemischt) führt dagegen zu erheblichen
Schwierigkeiten.
Das Interesse an den Reststoffen wird durch das Energiepotential und in modernen
Industriestaaten durch die Notwendigkeit einer umweltschonenden Beseitigung bestimmt.
Die Biogasanlage betreibt in idealer Weise einen Abbau von Ballaststoffen bei
Normaltemperatur.
Vorteile des Biogassystems liegen in den relativ niedrigen Investitionskosten, in der
Tatsache, dass das Ausgangsprodukt auf landwirtschaftlicher Basis erzeugt werden kann
und die endgültigen Abfallprodukte in der Regel wiederverwertbar sind.
Die Nachteile liegen darin, dass bei der Verwendung von Hausmüll als Ausgangsstoff
der Rückstand nicht ohne weiteres verwertbar ist, zur Erzeugung von größeren Mengen
an Biogas große Reaktorvolumina notwendig sind und zur Aufrechterhaltung des
Faulvorganges Temperatur dem System zugeführt werden muss.
4.5.2 Der Prozess des Biogasverfahrens:
Die zur Biogasgewinnung geeigneten Substrate stammen im wesentlichen aus drei
Quellen:
 Fäkalien der Landwirtschaft
 kommunale Klärschlämme
 organische Massen aus der Nahrungs- und Genussmittelindustrie einschließlich
gewerblicher Schlachthöfe.
Für diese Substrate sind andere Verfahren zur Nutzung des Energieinhaltes vorläufig
nicht erkennbar.
32
Die Bildung von Methan aus organischem Material (Exkremente, Abfälle) erfolgt in drei
Stufen. Die beiden ersten Stufen sind Vorbereitungsschritte, die eigentliche Methanbildung
erfolgt erst in der dritten Stufe. In jeder Stufe des Umwandlungsprozesses sind andere
Bakterien wirksam, die sich während der Umsetzung vermehren. Die drei Stufen sind:
1. die Säurebildung oder Hydrolyse (Spaltung der Fette, Proteine und Polysaccharide)
2. der Säureabbau und
3. die bakterielle Methanbildung.
Säurebildung oder Hydrolyse (Stufe 1):
Bei der Hydrolyse werden die Biomassebauteile, die als Protein, Fett oder Kohlehydrat
vorliegen, durch die Einwirkung von Wasser gespalten. Dabei entstehen folgende
Produkte:
Fett

Fettsäuren
Protein

Aminosäuren
Kohlehydrat 
Zucker
Diese Grundmoleküle werden durch fementative Bakterien zu verschiedenen
Zwischenprodukten vergoren. Dabei entstehen im wesentlichen:
H2, H2O, CO2, NH4
Essigsäure (CH3COOH)
Alkohol und niedere organische Säuren.
Säureabbau (Stufe 2)
In der zweiten Stufe werden die Alkohole und die niederen organischen Säuren durch
acetogene Bakterien in folgende Produkte vergoren:
H2O, CO2, H2
Essigsäure (CH3COOH)
Das Gärendprodukt ist die Essigsäure.
Methanbildung (Stufe 3)
In der dritten Stufe schließlich werden die Essigsäuren der ersten und zweiten Stufe
durch methanbildende (methanogene) Bakterien in Biogas umgewandelt.
Die drei Stufen des Abbaus existieren nebeneinander, und die Abbauprodukte der
vorausgegangenen Stufe dienen den Bakterien der nachfolgenden zum Teil als
Nährstoffe.
Die erzielbare Gasausbeute sowie der CH4-Gehalt hängen im wesentlichen von folgenden
Einflussparametern ab, welche die Umweltbedingungen für die Bakterien bestimmen.
Substrat
Trockensubstanz
Temperatur
Faulzeit (Verweilzeit im Fermenter)
pH-Wert
Substratzufuhr
Das Substrat:
Ausgangsstoffe für die Methangewinnung sind Stallmist, Pflanzenabfälle, Rückstände
aus der Nahrungsmittelindustrie und Klärschlamm. Das Gülleergebnis ist beim Rind am
größten mit etwa 50 kg/d und Großvieheinheit (500 kg Lebendgewicht) und einer
Gasausbeute von 1500 l Gas/d, gefolgt vom Schwein mit 20 kg/d,GVE und 800 l Gas/d
aber mit dem "Nachteil" von etwa 5 Stück je GVE. Geflügelmist ergibt bei 1 GVE = 250
Stück 25 kg/d Gülle und 3000 l Gas /d.
Rückstände aus der Nahrungsmittelindustrie eignen sich zum Teil sehr gut für eine
Biogaserzeugung. Dazu gehören vor allem Schlachthofabfälle, Rückstände der Obst- und
Gemüseverwertungsindustrie und Rückstände der Getränkeherstellung.
33
Bei Klärschlamm wird die Umsetzung im technischen Maßstab in Kläranlagen
durchgeführt. Hier ist die Zielsetzung aber nicht die Energiegewinnung, sondern die
biologische Stabilisierung des Klärschlammes. Es gibt eine Reihe von Stoffen mit
antibakterieller Wirkung, die eine optimale Gärung hemmen oder gar zum Erliegen
bringen. Dazu gehören:
Schwermetalle z.B. im Klärschlamm
Mittel zur Desinfektion von Ställen
Antibiotika zur Behandlung des Viehs.
Der Trockensubstanzgehalt:
Der optimale Trockensubstanzgehalt der Gesamtfaulmenge (Substrat) liegt im Bereich
von 3% bis 10%. Dieser Wert wird durch Zugabe von Wasser eingestellt. Ist die
Konzentration zu gering, dann wird der Reaktorbehälter zu groß, ist die Konzentration zu
hoch, dann ist die gesamte Gasausbeute größer, aber es besteht die Gefahr einer
Vergiftung durch eine zu große Menge bestimmter Zwischenprodukte.
Die Temperatur:
Man unterscheidet zwei methanbildende Bakteriengruppen, die eine optimale
Temperatur benötigen:
mesophile Bakterien, Temperaturen zwischen 20 °C und 40 °C
thermophile Bakterien, Temperatur zwischen 45 °C und 60 °C
Daher läuft im allgemeinen der Prozess im jeweiligen Temperaturoptimum mesophil bei 33
°C  3K oder thermophil bei 55 °C  1K ab. Befüllen mit kaltem Substrat,
Temperaturschichtungen und schlechte Wärmeisolation können sich nachteilig auf die
Bakterien und damit auf die Gasproduktion auswirken.
Die Faulzeit:
Die günstigste Faulzeit hängt von der Temperatur ab und beträgt für den mesophilen
Prozess 20 bis 25 Tage, für den thermophilen Prozess 3 bis 10 Tage. Der als Rückstand
verbleibende Schlamm ist weitgehend frei von Krankheitserregern geruchlos und ebenso
wie das Abwasser ein hervorragendes Düngemittel.
Der pH-Wert:
Eine optimale Gasausbeute wird in einem pH-Bereich von 6,5 bis 7,2 erreicht.
Die Substratzufuhr:
Biogasanlagen arbeiten kontinuierlich. Täglich muss eine bestimmte Menge an
Biomasse zugesetzt und eine entsprechende Menge an ausgegorenem Substrat
abgezogen werden.
Eine wichtige Kenngröße für eine kontinuierlich arbeitende Biogasanlage ist die
Raumbelastung Rb. Sie gibt an, mit wie viel kg organischer Trockenmasse pro Tag die in
einem Kubikmeter Fermentervolumen enthaltenen Bakterien belastet werden.
Rb 
mSU  COTM
VR
 kg 

3
d m 
darin bedeuten:
mSU
tägliche Substratmenge in kg/d
VR
Reaktorvolumen in m³
COTM
Konzentration der organischen Trockenmasse
Ist der Reaktor gefüllt, so gilt näherungsweise
VR = VSU (m³)
VSU = Substratvolumen im Reaktor
Für COTM gilt wiederum:
34
COTM 

m
V
mOTM VOTM   OTM

mSU
VSU   SU
Dichte in kg/m³
Masse in kg
Volumen in m³
Die Verweilzeit in Tagen kann folgendermaßen berechnet werden
TVw = mSU/mSU = SU .(COTM/Rb) [d]
Mit kleiner werdender Raumbelastung wird die Verweilzeit größer. Das Bild 24 zeigt die
Zusammenhänge zwischen diesen charakteristischen Größen.
Mit steigender Verweilzeit nimmt die kumulative Gasproduktion pro kg OTM zu. Die
Gasausbeute pro m³ Reaktorvolumen wird kleiner. Unter diesem Aspekt wird natürlich
eine möglichst hohe Raumbelastung anzustreben sein. Dem stehen aber zwei Gründe
entgegen:
bei zu hoher Raumbelastung (geringe Verweilzeit) ist das Substrat nicht ausgegoren
bei zu hoher Raumbelastung ist der Gärprozess nicht mehr stabil. Die erzielbare
Gasproduktion je kg OTM nimmt dann sehr stark ab, so dass die Gasausbeute je
Fermentervolumeneinheit auch absinkt.
Diese Verhältnisse werden sehr stark von der Art und der Zusammensetzung des
Substrate beeinflusst.
4.5.3. Ausführung von Biogasanlagen:
Der schematische Aufbau einer Biogasanlage ist im Bild 25 dargestellt. In der Praxis
sind viele unterschiedliche Ausführungen für die einzelnen Anlagenkomponenten bekannt.
Die wichtigsten Anlagenkomponenten werden in der Folge besprochen.
4.5.3.1. Faulbehälter (Fermenter):
Man unterscheidet im Hinblick auf die Beschickungsweise zwei Behältersysteme:
Durchflussbehälter
Wechselbehälter
Beim Durchflusssystem wird dem Behälter einmal oder mehrmals täglich frisches
Substrat zugeführt und gleichzeitig wird am Ende der Anlage ausgefaulter Schlamm
entnommen. Bei gleichmäßiger Versorgung können optimale Prozessbedingungen
erreicht werden. Die meisten Anlagen arbeiten daher heute nach dem Durchflussprinzip.
Auch die im Bild gezeigte Anlage
Bei der Vergärung von faserigen und groben Stoffen kann es bei diesem System zu
Verstopfungen kommen. In diesen Fällen wird das Wechselbehältersystem angewendet.
Dabei wird der Fermenter gefüllt und verschlossen. Das Substrat bleibt solange im
Fermenter bis es ausgegoren ist.
4.5.3.2. Heizung:
Unter den Bedingungen unseres Klimas muss die Biogasanlage sowohl bei
mesophilem als auch bei thermophilem Betrieb beheizt werden. Die Heizung erfolgt im
allgemeinen durch großflächige Wärmetauscherrohre, die spiralförmig im Fermenter
angeordnet sind.
Beim Durchflusssystem ist eine Vorheizung des zulaufenden Substrates notwendig, damit
der Gärprozess nicht durch zu niedrige Temperaturen lokal gestört wird. Durch die
Heizung werden in unseren Breiten 15% bis 30% des erzeugten Biogases verbraucht.
35
4.5.3.3. Rührwerk:
Der Faulraum muss aus folgenden Gründen durchmischt werden:
Vermeidung von Sinkschichten am Boden des Fermenters
Unterbindung von Schwimmschichten auf der Oberfläche des Substrates
Erzielung einer gleichmäßigen Temperatur
gleichmäßige Versorgung der Bakterien mit Nährstoffen.
Das Rühren führt bei gleicher Verweilzeit zu einer höheren Gasausbeute. Zur
Durchmischung des Substrates werden häufig mechanische Rührwerke eingesetzt.
Daneben sind Umwälzpumpen, Gaseinpressung oder selbsttätige Einrichtungen, die den
Druck des entstehenden Biogases ausnutzen, denkbar.
4.5.4. Wirtschaftlichkeit von Biogas:
Bei der Untersuchung der Wirtschaftlichkeit lässt sich nur die energetische Seite des
Biogases exakt bewerten. Die Nebeneffekte, wie Geruchsverminderung der Gülle und
Düngerwerterhöhung des Substrates lassen sich kostenmäßig nicht erfassen und werden
hier auch nicht berücksichtigt.
Die spezifischen Kosten einer Biogasanlage sind stark von der Kapazität abhängig, die
meist in Großvieheinheiten (GVE) angegeben werden. Wie bei allen Technologien zur
Nutzung regenerativer Energiequellen wird auch für Biogasanlagen noch eine erhebliche
Kostenreduktion erwartet, wenn sie in Serie gefertigt werden. Derzeit ist mit Anlagekosten
von etwa € 145 000 für eine 200 GVE Anlage zu rechnen. Ein wesentlicher Faktor bei der
Berechnung der Gestehungskosten ist der Gasnutzungsgrad. Wirtschaftlich am
günstigsten ist Biogas für Betriebe, die eine konstante Energienachfrage befriedigen
können.
4.5.5. Verwertung des Biogases:
Für die Verwertung von Biogas sind im wesentlichen drei Bereiche zu nennen:
 die Wärmeerzeugung zur Deckung der Warmwasserbereitung und Raumheizung sowie
zur Trocknung,
 die Stromerzeugung
 die Verwendung als Treibstoff.
Im Normalfall wird das Biogas zur Wärmeerzeugung verwendet. Für die Raumheizung
und Warmwasserbereitung bestehen grundsätzlich keine technischen Probleme. In
unseren Breiten mit den kalten Wintermonaten ist aber auch ein Teil der gewonnenen
Energie zur Aufrechterhaltung der Betriebstemperatur der Anlage notwendig.
Eine ideale Verwertungsmöglichkeit stellt die Verstromung des Biogases dar. Über die
Kraft-Wärme-Kopplung kann auch noch die Abwärme der Stromerzeugung als Heizwärme
genutzt werden. Technisch gesehen gibt es keine Schwierigkeiten, da genügend Anlagen
zur Stromerzeugung im Bereich zwischen 15 und 100 kVA mit einer Kraft-WärmeKopplung am Markt sind.
Vielfach wird in den landwirtschaftlichen Betrieben das Biogas als Treibstoff für die
Traktoren und andere motorbetriebene Maschinen verwendet. Dazu sind
Gasverdichtungsanlagen notwendig, weil das Gas als Treibstoff auf etwa 200 bar
verdichtet werden muss. Darüber hinaus müssen auch geeignete Gasvorratsbehälter. an
den Traktoren angebracht werden. Das größte Hindernis bildet aber auch bei dieser
Verwendung die Wirtschaftlichkeit. Derzeit liegen die Kosten für die Herstellung von
Biogas als Treibstoff noch knapp über den Kosten für Dieseltreibstoff.
4.5.6. Ökologische Aspekte:
Es kann keine Gewähr für die Abtötung pathogener Keime und Wurmeier gegeben
werden, weil diese im anaeroben Milieu erst nach 2 - 3 Monaten erreicht wird. Aus
36
Gründen des Umweltschutzes müssen dem Biogas unerwünschte Beimengungen
entzogen werden Hierzu zählt einerseits der Wassergehalt, da er die Korrosionsgefahr
erhöht und überall dort Probleme schafft, wo das Gas gekühlt oder komprimiert werden
muss. Mit dem Kondensat bei der Trocknung des Gases fällt auch ein Teil des Schwefels
aus. Es entstehen je nach Schwefelgehalt der Substrate 0,1 - 2,0 g/m³n
Schwefelwasserstoff
und
Spuren
von
Ammoniak.
Schwefelwasserstoff
ist
geruchsbelästigend und in höheren Konzentrationen korrosiv und giftig. Geruchsschwelle
1ppm; chronische Schäden bei 72 ppm = 0,1g/m³n im Biogas. H2S sollte daher aus dem
Gas entfernt werden.
4.5.7. Zusammenfassung:
Biogas ist zur Energieversorgung stationärer Bedarfsträger geeignet. Ausbeute und
Energieinhalt schwanken in weiten Grenzen, da sie von der Art, Zusammensetzung und
Alter der Rohstoffe und von der Prozessführung stark abhängen. Eine Gasspeicherung für
mindestens 2 Tage bleibt unerlässlich. Leistungsfähige Biogasanlagen werden nur bei
größerer Kapazität wirtschaftlich
Im Vergleich zu heutigen Energiepreisen ist die Wirtschaftlichkeit noch kritisch. Nur in
Sonderfällen bei Selbsthilfe des Betreibers und ausgleichbarer Bilanz zwischen Produktion
und Verwertung wird bereits heute ein sinnvoller Einsatz möglich.
Für die weitere Entwicklung werden vor allem folgende Maßnahmen ausschlaggebend
sein:
 Senkung der Investitionen (Gasspeicher)
 Wärmerückführung aus Faulschlamm und Motorabwärme
 Senkung des Energieeigenbedarfes durch Konstruktion und Isolierung, vor allem aber
der Schwimmdeckenvermeidung
 Vereinfachung der Bedienung und Zugänglichkeit
 Erhöhung der Lebensdauer (Korrosion, Rühren)
5. Nutzung der geothermischen Energie:
5.1 Nutzung geothermaler Fluida:
5.1.1 Voraussetzungen für geothermale Felder:
Abgesehen von einer sehr dünnen (ca. 20 m dicken) obersten Boden- und
Gesteinsschicht direkt unter der Erdoberfläche, in der die täglichen und jährlichen
Temperaturschwankungen dominieren, steigt die Temperatur im Untergrund allmählich mit
der Tiefe. Der übliche geothermische Gradient liegt zwischen 10 °C und 70 °C je km
Tiefenzunahme. Der mittlere Gradient beträgt 30 °C pro km. Für diesen Gradienten von
3*10-2 °C/m und eine mittlere Wärmeleitfähigkeit von 2,5 W/m °C für Sedimentgesteine
ergibt sich eine Wärmeflussdichte von 75*10-3 W/m. Die Linearität des
Temperaturanstieges wird durch eine Reihe von Einflussgrößen gestört. Zu diesen
Einflussgrößen gehören unter anderen:
 radioaktive Wärmeerzeugung in den Gesteinen
 ungleichmäßige Verteilung der thermischen Stoffwerte
 tektonische Bewegungen
 unregelmäßige Topographie an der Erdoberfläche (Gebirge)
 langperiodische Temperaturänderungen an der Erdoberfläche
Der wirtschaftliche Wert von Wärme wird durch das Temperaturniveau, auf dem die
Wärme verfügbar ist, beeinflusst. Daher hat ein geothermisches Vorkommen nur dann ein
wirtschaftlich verwertbares Energiepotential, wenn ein relativ hohes Temperaturniveau
37
verfügbar ist (wenigstens 65 °C für Raumheizung und mehr als 150 °C für die
Elektrizitätserzeugung). Die Zone mit hohen Temperaturen sollte in Tiefen liegen, die
durch Bohrungen ohne hohen finanziellen Aufwand erreichbar sind (weniger als 5 km) und
der Energiefluss pro Bohrung muss so hoch sein, dass das investierte Kapital kompensiert
werden kann.
Für die Bildung von geothermalen Feldern sind noch weitere geologische
Voraussetzungen notwendig, wie das Vorhandensein einer porösen wasserhaltigen
Schicht (Aquifer, Reservoirgestein), in der das Wasser in den tieferen Zonen Wärme
aufnimmt und durch Konvektion in höhere Schichten gelangt. Das Wasser erfüllt hierbei
die Funktion eines Energieträgers und der Aquifer übernimmt die eines thermischen
Speichers. Damit das Wasser nach oben hin nicht entweichen kann, bzw. seine Energie
an die Oberfläche abgibt, ist eine wasserundurchlässige Deckschicht (caprock) nötig. Das
Bild 26 gibt diese Verhältnisse schematisch wieder. Wärmeverluste durch reine
Wärmeleitung können nicht verhindert werden. Diese Verluste werden aber im
allgemeinen durch den Zustrom von Magmawärme kompensiert.
Je nach den Druck- und Temperaturverhältnissen im Aquifer kann mittels künstlich
angelegter Bohrungen die thermische Energie in Form von Dampf oder Heißwasser zur
Energienutzung herangezogen werden. Es wird demnach zwischen Trocken/Heißdampf-,
Heißwasser- und Geodruckfeldern unterschieden. Bei letzterem wird überhitztes Wasser
mit gelösten Gasen (Kohlenwasserstoffverbindungen) bei großen Drücken gefördert.
Die Auffindung geeigneter Felder bereitet große Schwierigkeiten und hohen
technischen und finanziellen Aufwand. Das Auftreten von Thermalquellen unter
Dampfaustritten (Geysire) stellen einen Idealzustand dar, sind jedoch selten. Neben der
Lokalisierung eines Feldes sind noch dessen Größe Ergiebigkeit, Temperatur- und
Druckverhältnisse, chemische Zusammensetzung des Wassers oder Dampfes für eine
wirtschaftliche Energienutzung von ausschlaggebender Bedeutung. Ergiebige
Lagerstätten finden sich vor allem in den Bruchzonen der Erdkruste, die den gesamten
Globus umspannen. Diese Zonen, die sich durch vulkanische Aktivitäten und damit in
Zusammenhang stehende anormal hohe Erbebenhäufigkeit auszeichnen, sind im Bild 27
dargestellt. Die Tabelle 7 zeigt die derzeit in Betrieb stehenden und geplanten
geothermalen Kraftwerkskapazitäten in MW installierter Leistung.
5.1.2 Verfahren zur Nutzung der geothermischen Energie:
Das entscheidende Kriterium für die geothermale Energienutzung stellt die
Austrittstemperatur des Energieträgers (Wasser oder Dampf) dar. Ein weiterer wichtiger
Punkt ist die chemische Zusammensetzung des Wärmeträgers (Korrosionsgefahr,
Umweltbelastung).
5.1.2.1 Geothermische Kraftwerke:
Geothermische Kraftwerke ähneln in ihrer Konzeption konventionellen kalorischen
Kraftwerken, mit dem Unterschied, dass hier die thermische Energiequelle das
Geothermalfeld darstellt. Der Anlagenaufbau eines derartigen geothermischen
Kraftwerkes ist im Bild 28 gezeigt. Der Kraftwerksbauer hat die Aufgabe, mit den aus
technischer Sicht unvollkommenen physikalischen und chemischen Eigenschaften des
Dampfes und dem Problem der Heranführung des Dampfes von den Bohrungen zum
Kraftwerk fertig zu werden. Im günstigsten Fall steht Trockendampf (überhitzter Dampf)
mit geringen chemischen Verunreinigungen zur Verfügung. Meist fällt aber Nassdampf
an, der nicht unmittelbar in den Turbinen abgearbeitet werden kann. In der Praxis
unterscheiden sich geothermische Kraftwerke nicht nur durch das Fehlen eines
"Dampfkessels" bzw. durch die, außerhalb des Kraftwerkes liegenden Dampfleitungen
sondern auch durch die speziellen Turbinenkonstruktionen. Sie werden bedingt durch die
wesentlich niedrigeren Dampfeintrittstemperaturen und Dampfdrücke. Die besondere
38
Situation bei der Dampfgewinnung und Verwertung in geothermischen Kraftanlagen
erfordert daher einige Bauelemente, die beim Einsatz fossiler oder nuklearer Brennstoffe
nicht notwendig sind. Zur Trennung des Dampfes vom Wasser wird ein Separator in
unmittelbarer Nähe des Bohrloches aufgebaut. Er hat außerdem die Aufgabe Feststoffe
aus dem geförderten Fluidum abzutrennen. Das heiße Wasser aus dem Separator und
das Abwasser aus den Turbinen sollte in modernen Anlagen
durch
Reinjektionsbohrungen wieder in den Untergrund zurückgeleitet werden.
Die Verwendung von Wärmetauschern ist dann notwendig, wenn aus
Korrosionsgründen der aus dem Geothermalfeld geförderte Energieträger nicht direkt in
den Turbinenkreislauf gelangen darf.
Die Erfahrungen aus den bestehenden geothermischen Kraftwerken weisen darauf hin,
dass der Dampfverbrauch recht hoch bei etwa 10 kg/h je kW e liegt. Die Ergiebigkeit kann
bis zu 300 t/h betragen. Eine Förderung von mehr als 10 t/h wird im allgemeinen als
wirtschaftlich eingestuft. Die durchschnittlichen Werte neu erschlossener Quellen liegen
bei Dampfmengen von ca. 90 t/h.
Relativ günstige Bedingungen für geothermische Kraftwerksnutzung liegen in
Larderello in Italien und im Gebiet "The Geysers" in Kalifornien vor. In beiden Fällen steht
Trockendampf zur Verfügung. Die installierte Leistung beträgt in Larderello rund 500 MW e,
im Gebiet "The Gysers" bisher ca. 600 MW e, doch ist in diesem Gebiet die
Leistungsgrenze noch lange nicht erreicht. Alle bereits errichteten Kraftwerke zeigen, dass
die elektrische Energieerzeugung aus geothermaler Energie durchaus wirtschaftlich ist.
Die Stromerzeugungskosten liegen im Durchschnitt halb so hoch wie bei konventionellen
Dampfkraftwerken.
5.1.2.1.1 Regenerationsfähigkeit und zeitliche Abnahme der Förderraten von
geothermalen Bohrungen
Aus geologischen Beobachtungen und Messungen wurde abgeleitet, dass die
hydrothermale Aktivität bereits vor 500 000 bis 1 000 000 Jahren begann. Auch der
natürliche Abfluss von heißem Wasser aus hydrothermalen Zonen ist teilweise enorm
hoch und beträgt für die Quellen des Yellowstone Parks etwa 3000 l/s. Diese
geophysikalischen, geochemischen und geologischen Überlegungen geben einen
Eindruck von der enorm langen Wirksamkeit und dem gewaltigen Ausmaß natürlicher
geothermaler Systeme.
Dieser aus der Sicht technischer Planung unendlich langen Verfügbarkeit der Wärme
aus geothermalen Systemen steht die zeitliche Abnahme der Ergiebigkeit der einzelnen
Bohrungen gegenüber. Im Laufe der Zeit nimmt der Ausfluss an Wasser und Dampf aus
einer Bohrung ab. Dieser Rückgang in der Wärmeproduktion ist überwiegend auf die im
Laufe der Zeit eintretende Verminderung der Gesteinsdurchlässigkeit im Bereich der
geothermischen Lagerstätte in der unmittelbaren Umgebung der Bohrlochwand
zurückzuführen. Man kann annehmen, dass durch chemische Ausfällungen vorwiegend
von Silizium die Poren und Risse des Gesteins - oft nur im Bereich von Metern um eine
Bohrung - verstopft werden. In geothermalen Reservoirs die mit trockenem Dampf gefüllt
sind, kommt hinzu, dass die Fließwege des Dampfes im Reservoir zur Bohrung immer
länger werden, da das unter dem Dampfbereich liegende Wasser im Verlaufe des
Abbaues absiedet und der Wasserspiegel, an dem der Dampf entsteht, absinkt.
Die längsten Erfahrungen über die Alterung geothermischer Produktionsbohrungen
existieren in Larderello. Dort wurde eine etwa 10%ige Abnahme der Produktion pro Jahr
festgestellt. Auch der Abstand der einzelnen Bohrungen untereinander hat einen
wesentlichen Einfluss auf die Abnahme der Ergiebigkeit. Im ältesten, seit 1904
bestehenden und genutzten Dampffeld von Larderello glaubt man, dass die derzeit
installierte elektrische Leistung von ca. 500 MW e noch sehr lange aufrecht erhalten bleibt.
39
5.1.2.2 Nutzung geothermaler Energie für Heizzwecke:
Eine andere Möglichkeit zur Nutzung geothermaler Energie liegt in deren Verwendung
für Heizzwecke und Warmwasserbereitung. Geothermale Quellen mit Temperaturen von
70°C bis 90°C und Bohrlochtiefen bis 2000 m scheinen wirtschaftlich günstige Lösungen
darzustellen. Großflächige Versorgungsanlagen bestehen bereits in Island, auf
Neuseeland und in Ungarn. In Melun (Frankreich) werden seit 1968 rund 3000
Wohngebäude Schulen und Geschäftshäuser mit einer kombinierten ÖLGeothermalheizung versorgt. Zur Zeit laufen auch in Österreich und Deutschland aber
auch in der Schweiz Untersuchungen für eine Anwendung geothermaler Wärme im
Heizwärmebedarfssektor.
5.2 Nutzung geothermaler Wärme aus festen heißen Gesteinen:
5.2.1 Hot-Dry-Rock-Verfahren:
Der weitaus größte Teil des Untergrundes wird von Gesteinen mit niedriger Porosität
und geringer Permeabilität gebildet. In Tiefen bis zu 4000 m sind diese Gesteine sehr heiß
und können Temperaturen bis zu 200 °C erreichen. Dieser Tiefenbereich kann durch
Bohrungen erschlossen werden. Riesige nahezu unerschöpfliche Wärmemengen, sind in
diesen Gesteinsmassen gespeichert. Die Wärmeabgabe eines Gesteinskörpers von 1km³,
der um 10 K gekühlt wird, beträgt 6,25.106 MWh, das entspricht einer mittleren Leistung
von 25 MW während einer Zeitdauer von 25 Jahren. Wenn es gelingt, den Wärmeinhalt
der Gesteinsmassen mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand zu erschließen, könnten mit
geothermischer Energie betriebene Heiz- und Kraftanlagen an vielen Orten der Erde
errichtet werden. Weil die Wärmeleitfähigkeit der Gesteine gering ist (etwa 3 W/mK) , sind
sehr weit ausgedehnte Wärmetauscherflächen erforderlich. Für den Dauerbetrieb eines 10
MWe Kraftwerkes ist eine Austauschfläche von einigen km² erforderlich.
Diese Austauschflächen sollen durch künstliche Risse im Gestein in den
entsprechenden Tiefen erzeugt werden, wofür zwei Bohrungen in bestimmten Abstand
zueinander abgeteuft werden. Die Gesteinsformation zwischen den beiden Bohrungen
muss nach oben und nach unten abgedichtet werden. Für die Herstellung der Risse soll
Wasser unter hohem Druck in die Bohrungen eingebracht werden und damit das Gestein
aufgerissen werden. Durch die erzeugten Risse wird dann Wasser gepumpt, das in der
zweiten Bohrung erwärmt wieder an die Oberfläche gefördert wird. Für den Betrieb
leistungsfähiger Wärmeentnahmesysteme sollten zwischen den beiden Bohrungen
parallele Risse in einem Abstand von 20 bis 50 m entstehen. Die durch die Abkühlung der
Gesteinsschichten hervorgerufene Kontraktion der Schichten führt zur weiteren Bildung
von Rissen, die zur Zirkulation der Flüssigkeit beitragen.
Vor einer großtechnischen Anwendung des HDR Prinzips müssen noch eine Reihe von
Problemen gelöst werden:
 wichtig ist vor allem ein besseres Verständnis über das Zusammenwirken der
natürlichen Klüfte und Schwächezonen in den Gesteinen des Untergrundes mit den
künstlich erzeugten Rissen
 durch das richtige Lokalisieren der Injektionsbohrung und der Produktionsbohrung
muss im Risssystem eine gleichmäßige Überströmung des Wärmetauschers erreicht
werden.
 der Wasserverlust während der Zirkulation muss gering sein
Die bisher ausgeführten Forschungsarbeiten zeigen, dass keine Probleme mit gelösten
Gesteinsmineralien im zirkulierenden Wasser auftreten. Auch konnten bisher keine
seismischen Ereignisse durch die Abkühlung der Gesteinsmassen festgestellt werden.
5.3 Zusammenfassung:
40
Die in der Erde gespeicherte Wärme kann großindustriell zur Erzeugung elektrischen
Stromes bisher nur dort genutzt werden, wo im Zusammenhang mit Magmenbewegungen
der Untergrund im Bereich oberhalb ca. 5000 m Tiefe anomal aufgeheizt ist und innerhalb
dieser Aufheizungen ausgedehnte und mächtige wasserführende Gesteinsschichten
existieren. Diese natürlichen Voraussetzungen sind an einigen Stellen innerhalb der
Vulkanzonen unserer Erde erfüllt. Geothermische Kraftwerke produzieren seit Jahrzehnten
Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen.
In geothermischen Kraftwerke wird natürlicher Dampf verarbeitet, der durch Bohrungen
aus dem Untergrund gefördert wird. Die Ergiebigkeit derartiger Dampfbohrungen ist sehr
unterschiedlich, in einzelnen Fällen beträgt sie mehrere hundert Tonnen Dampf pro
Stunde. In den meisten bisher erschlossenen natürlichen Dampffeldern stoßen etwa 1000
bis 2000 m tiefe Bohrungen auf nassdampfführende Schichten mit Temperaturen über 200
°C. Nach der Trennung vom mitgeführten Wasser und Gesteinsresten beträgt die
Enthalpie des gesättigten Wasserdampfes bei Drücken unter 15 bar etwa 1400 J/g.
Bei der Dampfnutzung entstehen Probleme durch die chemischen Beimengungen in
den natürlichen heißen Fluida. In der flüssigen Phase sind überwiegend Natrium- und
Kaliumchloride in den Wässern enthalten. Die in den Fluida gelösten Gase bestehen zum
größten Teil aus Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff.
Der Bau geothermischer Kraftwerke erfordert zusätzliche Bauelemente, die bei
Verwendung anderer Primärenergieträger nicht notwendig sind. Als wichtigste seien der
Wasser-Dampf-Separator und der Schalldämpfer erwähnt. Zur Vermeidung von
Umweltschäden sollen die Rückwässer wieder in den Untergrund rückgeleitet werden.
5.4. Umweltbelastungen durch geothermische
Energieumwandlungsanlagen:
Die Nutzung geothermischer Vorkommen hat wie jede andere Art der
Energieumwandlung eine Beeinträchtigung der Umwelt zur Folge. Ausmaß und Art dieser
Beeinflussung ist im wesentlichen abhängig von:
 den natürlichen Eigenschaften des geothermischen Vorkommens (Mineralgehalt)
 der Technologie der Nutzung (bei Verwendung zur Wärmekraftumwandlung treten
mehr Probleme auf als bei der Verwendung zur Raumheizung)
 von der Aufnahmefähigkeit der Umgebung für Abwärme und chemische Abfälle
Generalisierend kann man feststellen, dass mit steigender Temperatur der
geothermalen Lagerstätte, aus der die Wärme entnommen wird, auch die
Umweltprobleme steigen. Die Erfahrungen über die Umweltbeeinflussungen
geothermischer Anlage ergeben sich aus dem langjährigen Betrieb der Kraftanlagen. Die
Problematik bei der Verwendung geothermaler Flüssigkeiten liegt in den chemischen
Beimengungen. Insbesondere führen Entgasungen von CO2, H2S und SO2 zu
Umweltbelastungen. Wegen der niedrigen Wirkungsgrade treten auch höhere
Wärmebelastungen durch Abwärme auf, deren Beseitigung in dicht besiedelten Gebieten
problematisch sein kann. Neben den Veränderungen die an der Erdoberfläche eintreten,
wenn Dampf und Wasser aus unterirdischen Dampffeldern entnommen wird - es gibt
Absenkungen der Erdoberfläche in Größenordnungen von Dezimetern - ergeben auch die
Wärmeentnahmen aus festen Gesteinsschichten Veränderungen durch Kontraktion der
Gesteine.
Für eine objektive Beurteilung erscheint aber ein Abwägen zwischen den negativen
und positiven Aspekten geothermischer Energie gegenüber der Verwendung anderer
Primärenergieträger angebracht.
41
6. Nutzung der Windenergie:
Es ist wichtig anfangs schon festzustellen, dass von den historischen Anfängen an
versucht wurde, mit der Nutzung der Windenergie die Arbeitskraft der Menschen und Tiere
zu substituieren. Es handelte sich also stets um die Bereitstellung hochwertiger Energie in
der Form eines Drehmomentes zum Antrieb von einfachen Wasserpumpen und Mühlen
oder als Antriebskraft von Segelschiffen.
Die Nutzung der Windenergie ist der Menschheit schon seit mehr als 2000 Jahren
bekannt. Es ist nicht sicher, ob die Ägypter, Araber oder Sumerer die Erfinder der ersten
Windenergiekonverter waren. Die ältesten Windmühlen stammen sicher aus dem Gebiet
des heutigen Iran. Es waren Rotoren mit vertikaler Drehachse. Das Entstehungsdatum der
Windmühlen mit horizontaler Drehachse ist unsicher, wahrscheinlich vor dem 10.
Jahrhundert. Die Technik der Bockwindmühle kann im Jahre 1180 nachgewiesen werden.
Hier ist im Gegensatz zu späteren Konstruktionen das ganze Mühlenhaus drehbar
gelagert. Die Verbreitung dieser höchstwahrscheinlich mitteleuropäischen Erfindung
erfolgte im 12. - 16. Jahrhundert in England, Skandinavien, Ost- und Südeuropa. Im 17.
Jahrhundert waren in China Windmühlen in großer Zahl zur Bewässerung von Reisfeldern
im Gebrauch. Dass die Unzuverlässigkeit des Windes schon die alten Mühlenbauer über
die Koppelung mit einer besser regelbaren Energiequelle nachdenken ließ, beweist der
Bau der sogenannten Wasserfluchtmühlen im 18. Jahrhundert, einer Verbindung von
Windrotor und Wasserrad.
Bis zur Erfindung der Dampfmaschine bildete die Windenergie neben dem Holz die
zweite natürliche Energiequelle der Landwirtschaft und bescheidener industrieller
Anfänge. Um 1850 wurden in den USA etwa 25% des Energiebedarfes außerhalb des
Transportbereiches durch Windmühlen gedeckt. Im Jahre 1890 erzeugte P. LaCour in
Dänemark zum ersten Mal mit Hilfe der Windenergie elektrischen Strom. Erst um 1940
fanden neue Technologien Eingang, und die Anlagenleistungen erhöhten sich. 1941
wurde die erste Anlage mit 1 MW elektrischer Nutzleistung in Betrieb genommen. 1955 in
Großbritannien eine Anlage mit 100 kW. 1957 in Dänemark die berühmte 200 kW Gedser
Anlage, die die längste Betriebszeit neuerer Anlagen erreichte. Sie war mit einem
Rotordurchmesser von 24 m von 1957 bis 1966 in Betrieb, teilte dann jedoch das
Schicksal aller anderen Anlagen in dieser Zeit und wurde stillgelegt. Sie wurde aber nicht
abgerissen und erlebte deshalb als einzige der historischen Anlagen die Renaissance der
Windkrafterzeugung nach 1975. Dabei bildete sie den Ausgangspunkt für die
Entwicklungen der NASA auf dem Gebiet der Windkrafttechnik. 1959 wurde die 100 kW
Anlage der Studiengesellschaft Windkraft und schließlich um 1960 in Frankreich Anlagen
von 800 und 1000 kW errichtet.
Diese erste Entwicklungsphase der großen Windenergiekonverter zur Einspeisung
elektrischer Energie in große und kleine Netze wurde durch die Konkurrenz
kostengünstigerer Energieträger gestoppt. Der Markt der kleinen Anlagen, Elektrizitätsund Wasserversorgung autonomer Verbraucher, blieb eingeschränkt weiter bestehen.
Die Energieplanung vieler Staaten rechnet mit der Windenergie. Die Bedeutung der
Windenergie liegt aber in der Chance, im kleinen wie im großen Maßstab einen Teil der
Energieautarkie wiederzugewinnen mit einer Technik, die bereits einmal ihren Platz hatte
und sich mit vergleichsweise mäßigem Aufwand in vorhandene Strukturen der Industrieund Entwicklungsländer einfügen lässt.
6.1 Grundlagen der Windenergienutzung:
Der Wind, die wohl bekannteste meteorologische Erscheinung auf unserem Erdball ist
ein direkter Abkömmling der Sonnenenergie. Ständig werden zwischen 1,5 und 2,5% der
die Erde erreichenden Strahlungsenergie der Sonne in Strömungsenergie der Atmosphäre
42
umgesetzt. Das entspricht einem Potential von 2,6*10 3 bis 4,3*103 Terawatt. Allerdings ist
dieses Potential nicht gleichmäßig über die Erde verteilt und auch nicht zu jeder Zeit in
gleicher Höhe anzutreffen. Neben den windigen "Ecken" auf unserem Planeten gibt es
auch Gebiete mit nur geringer durchschnittlicher Luftbewegung. Die noch dazu
bestehenden jahreszeitlichen Schwankungen der Windgeschwindigkeit müssen nicht
weiter erklärt werden. Einfluss auf die durchschnittliche Windgeschwindigkeit und damit
letztlich auch direkt auf die Nutzungsmöglichkeiten der Windenergie hat das
Oberflächenprofil des jeweiligen Gebietes. Allgemein gilt, dass wegen der geringen
Oberflächenrauhigkeit der Weltmeere dort und in den unmittelbar angrenzenden
Küstengebieten besonders hohe mittlere Windgeschwindigkeiten zu erwarten sind. Durch
die deutlich höhere Bodenrauhigkeit des Festlandes verringert sich diese dann
landeinwärts sehr rasch. Schon nach weniger als 100 km sinken die Jahresmittelwerte der
Windgeschwindigkeit so weit ab, dass eine Nutzung der Windenergie kaum noch sinnvoll
erscheint. Eine Ausnahme bilden lediglich die großen Ebenen oder auch entsprechende
Höhenzüge, da die Windgeschwindigkeit mit zunehmender Höhe steigt. In 50 m Höhe
bläst der Wind bereits doppelt so stark wie in einer Höhe von 10 m.
Aufgrund zahlreicher Messstellen und der dort ermittelten Daten lassen sich für
einzelne Landesteile, ganze Länder und Kontinente Karten über die Verteilung der
mittleren Windgeschwindigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt anlegen. Als erste
allgemeine Feststellung kann diesen entnommen werden, dass eine effektive Nutzung der
Windenergie in Küstenregionen und ausgewählten Höhenzügen sinnvoll ist. Als unterste
Grenze der Windgeschwindigkeit gilt dabei 5 m/s.
6.2. Bauformen von Windkraftanlagen:
Vorrichtungen zur Umsetzung der kinetischen Energie der Luftströmung in
mechanische Arbeit sind in großer Vielfalt denkbar und auch in den skurrilsten Formen
vorgeschlagen worden. Die Museen und Patentämter sind voll von Erfindungen dieser
Art, meistens jedoch bleibt die praktische Verwendbarkeit dieser Windkraftanlagen weit
hinter den Erwartungen ihrer Erfinder zurück.
Das Spektrum der technischen Ausführungsformen konkreter Windkraftanlagen ist
groß. Für die unterschiedlichen Konzepte können folgende Merkmale angeführt werden:
Stellung der Rotorachse (horizontal, vertikal)
Anzahl der Rotorblätter ( Ein-, Zwei-, Drei-, Mehrblattrotoren)
Schnellläufigkeit (Langsam- oder Schnellläufer)
Rotordrehzahl (konstant oder variabel)
Möglichkeit der Leistungsregelung
Möglichkeit der Sturmsicherung
Art des Generators
Art der Netzkopplung bei Anlagen zur Stromerzeugung (direkt oder über einen
Gleichstromzwischenkreis)
Es gibt weiters generelle Unterscheidungen der Windanlagen nach ihrer aerodynamischen
Schnellläufigkeit in Langsamläufer und Schnellläufer. Für moderne Windkraftanlagen ist
diese Unterscheidung aber weniger Signifikant, da außer der Amerikanischen Windturbine
alle anderen zu der Bauart der Schnellläufer gehören. Eine Unterscheidung nach
konstruktiven Gesichtspunkten ist daher sinnvoller und auch gebräuchlicher. Das
augenscheinlichste Merkmal ist die Lage der Drehachse des Windrotors.
6.2.1 Windrotoren mit vertikaler Drehachse:
Windrotoren mit vertikaler Drehachse stellen die älteste Bauform dar. Das Bild 29 zeigt
einige dieser Rotorformen. Der Darrieus Rotor ist der bekannteste Vertreter dieser
Rotoranlagen. Dies insbesondere deshalb weil bei dieser Form des Rotors auch die
43
Auftriebskräfte genutzt werden können. Die Krümmung der Rotorblätter ist so ausgelegt,
dass bei Nenndrehzahl das Flügelmaterial hauptsächlich auf Zug und nicht auf Biegung
beansprucht wird. Da die Flügelblätter an zwei Stellen an der Welle befestigt sind, weisen
sie eine große Sturmfestigkeit auf. Die Anbringung mehrerer Turbinen übereinander ist
prinzipiell möglich.
Die spezifischen Vorteile sind:
 die Unabhängigkeit von der Windrichtung und
 die prinzipiell einfache Bauart mit der Möglichkeit, die mechanischen und
elektrischen Komponenten, Getriebe und Generator, am Boden anbringen zu
können.
Demgegenüber stehen die Nachteile:
 der geringen Schnelllaufzahl,
 der Unfähigkeit von alleine anzulaufen und
 der fehlenden Möglichkeit durch Verstellen der Rotorblätter die Leistungsabgabe
bzw. die Drehzahl regeln zu können.
 des geringeren Wirkungsgrades gegenüber Horizontalturbinen.
Der geringere Wirkungsgrad wird unter anderem durch den gegenlaufenden Teil der
Rotorblätter bedingt. So erreicht eine Darrieus Turbine nur 75% der Leistung einer optimal
ausgelegten Horizontalturbine gleicher Baugröße.
Ein weiterer Vertreter dieser Rotorgruppe ist der sogenannte Savonius-Rotor, der
derzeit wenig Bedeutung hat. Interessant scheint eine Windturbine des Wiener Ingenieurs
G. Oppolzer zu sein, bei der der Rotor ebenfalls um eine vertikale Welle läuft. Es sind hier
zwei gleichsinnig umlaufende Flügelräder übereinander angeordnet. Die Rotationsebene
des oberen Flügelrades ist gegenüber der des unteren geneigt, mit dem Zwecke, dass
sich die Flügelflächen beider Räder auf der Windanströmseite addieren. Auf der dem Wind
gegenlaufenden Seite überlappen sich beide Rotorflächen, so dass praktisch nur eine
Flügelfläche gegen den Wind bewegt wird. Das Bild 30 zeigt diesen Rotor schematisch.
6.2.2 Windrotoren mit horizontaler Drehachse:
Windenergiekonverter mit horizontaler Lage der Drehachse werden nahezu
ausschließlich in der Propellerbauart verwirklicht. Für die bis heute unangefochtene
Überlegenheit dieser Bauart sprechen im wesentlichen folgende Merkmale:
 durch Verstellen der Rotorblätter (Blatteinstellwinkelregelung) kann die Rotordrehzahl
und die Leistungsabgabe geregelt werden. Außerdem ist die Verstellung der
Rotorblätter ein wirksamer Schutz gegen Überdrehzahl und extreme
Windgeschwindigkeiten
 die Form der Rotorblätter kann aerodynamisch optimal ausgelegt werden und erreicht
bei maximaler Nutzung des aerodynamischen Auftriebsprinzips nachweislich den
höchsten Wirkungsgrad
 ein entscheidendes Argument ist auch der technologische Entwicklungsvorsprung der
Propellerbauweise.
Aus der Vielzahl möglicher Anlagenkonzepte sind derzeit und in absehbarer Zukunft
fast ausschließlich Konverter mit horizontaler Achse als Zwei und Dreiblattrotoren
marktbestimmend. Ein derartige Anlage ist im Bild 31 dargestellt.
Hinsichtlich der Bauformen lassen sich die verschiedenen Ausführungsvarianten nach
dem ersten Punkt der Merkmale in zwei große Gruppen einordnen.
Die erste Gruppe bilden Windrotoren mit zwei (seltener drei) aerodynamisch geformten
Rotorblättern. Diese Rotoren zeichnen sich durch eine hohe Schnelllaufzahl aus. Darunter
versteht man das Verhältnis von Umfangsgeschwindigkeit des Rotors zur
Anströmgeschwindigkeit des Windes.
44
Zufolge der geringen Rotorblattzahl ist der Staudruck des Windes geringer, aber auch
die Anfahreigenschaften sind gegenüber mehrblättrigen Rotoren schlechter. Dieser
Rotortyp wird daher eher für Großanlagen zum Einsatz kommen.
Zur zweiten Gruppe gehören Windrotoren mit drei oder mehr, bis maximal 10
aerodynamisch gestalteten Rotorblättern, die fest montiert auf einer horizontalen Welle
sitzen. Diese Windturbinen arbeiten im allgemeinen mit variabler Drehzahl und niedriger
Schnelllaufzahl. Rotoren dieser Gruppe mit entsprechend kleineren Rotordurchmessern
werden vielfach für Windkraftanlagen niedriger Leistung bis maximal 20 kW eingesetzt.
Hierher gehören auch jene Rotoren mit relativ großer Blattzahl, ohne aerodynamische
Formgebung, die für viele kleine Anlagen wie etwa Pumpenanlagen eingesetzt wurden.
6.3 Die Technik der Windturbinen
Die Leistung einer Windturbine mit horizontaler Welle, wie sie derzeit meist verwendet
wird, lässt sich wie folgt abschätzen:
Legt man einen idealen Windrotor zugrunde, so muss die Differenz der kinetischen
Energie der Luftströmung vor und hinter dem Windrotor der auf diesen übertragenen
kinetischen Energie entsprechen. Der Energieentzug aus der Luftströmung kann nur durch
Verzögerung der Windgeschwindigkeit erfolgen. Da die bewegten Luftmassen nicht
aufgestaut werden können, muss das mit größerer Windgeschwindigkeit anströmende
Luftvolumen nach dem Energieentzug mit verminderter Geschwindigkeit durch eine
entsprechend größere Fläche wieder abfließen.
Die wesentlichen Erkenntnisse aus dieser vom deutschen Physiker Albert Betz
entwickelten Theorie der Windenergienutzung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
 die einem Windstrom durch einen Energiewandler entziehbare mechanische Leistung
steigt mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit
 die Leistung nimmt linear mit der Querschnittsfläche des durchströmten Wandlers zu,
steigt also quadratisch mit seinem Durchmesser
 das Verhältnis von entziehbarer mechanischer Leistung und der im Windstrom
enthaltenen Leistung ist auch bei idealer Strömung und verlustloser Umwandlung auf
den Zahlenwert 0,593 begrenzt. Es können also nur knapp 60% der Windenergie eines
bestimmten Querschnittes in mechanische Arbeit umgewandelt werden
 beim Höchstwert des idealen Leistungsbeiwertes cp = 0,593 beträgt die
Windgeschwindigkeit in der Durchströmebene des Wandlers zwei Drittel der
ungestörten Windgeschwindigkeit und verringert sich auf ein Drittel hinter dem
Wandler.
Der Leistungsbeiwert cp ist aber auch vom Verhältnis der Energieanteile aus der
Drehbewegung und der translatorischen Bewegung des Luftstromes anhängig. Dieses
Verhältnis wird geprägt durch die Umfangsgeschwindigkeit der Rotorblätter im Verhältnis
zur Windgeschwindigkeit. Man bezeichnet dieses Verhältnis als Schnelllaufzahl  . Die
qualitativen Unterschiede der Leistungskennlinien von Rotoren unterschiedlicher Bauart
zeigt das Bild 32.
6.3.1. Möglichkeiten der Leistungsregelung:
Neben der Begrenzung der Rotorleistung bei hohen Windgeschwindigkeiten stellt sich
das Problem, die Rotordrehzahl auf einen konstanten Wert oder in vorgegebenen Grenzen
zu halten. Die Drehzahlbegrenzung wird zur Überlebensfrage, wenn in einem Störfall, zum
Beispiel einem Netzausfall, das Generatormoment plötzlich wegfällt. In einem solchen Fall
steigt die Rotordrehzahl außerordentlich schnell an und führt mit Sicherheit zur Zerstörung
der Anlage. Aus diesem Gründen muss der Rotor einer Windkraftanlage über ein
wirksames Verfahren zur Leistungsbegrenzung verfügen.
45
Grundsätzlich können die antreibenden Luftkräfte über die Beeinflussung des
aerodynamischen Anstellwinkels am Profil, durch Verkleinern der Rotorangriffsfläche oder
durch eine Veränderung der Rotoranströmgeschwindigkeit verringert werden.
6.2.1.1 Leistungsregelung über den Blatteinstellwinkel:
Der bei weitem effektivste Weg, den aerodynamischen Anstellwinkel zu beeinflussen
ist die mechanische Verstellung des Rotorblatteinstellwinkels. Im allgemeinen wird dabei
das Rotorblatt mit Hilfe aktiv geregelter Stellglieder um seine Längsachse gedreht. In
neuester Zeit werden auch passive Stellglieder, die eine Blattverstellung unter Einwirkung
der Fliehkräfte bewirken mit Erfolg angewendet. Die Veränderung des Einstellwinkels ist
auf zwei Wegen möglich. Zum einen in Richtung kleinerer Anstellwinkel und dadurch einer
Leistungsverminderung oder zum anderen in Richtung höherer Anstellwinkel, was zum
Abreißen der Luftströmung (engl. "stall") und damit ebenfalls zur Leistungsverminderung
führt. Im ersten Fall ist eine bei weitem größere Regelmöglichkeit gegeben als im zweiten.
6.2.1.2. Leistungsregelung bei festem Blatteinstellwinkel:
Die Veränderung des Blatteinstellwinkels in Richtung höherer Anstellwinkel hat gezeigt,
dass bei höheren Windgeschwindigkeiten und festgehaltener Umfangsgeschwindigkeit die
Strömung zum Abreißen kommt. Dieser Mechanismus der "Stall" Regelung wird vor allem
für kleinere Anlagen angewendet. Es erfordert dies aber eine sorgfältige Abstimmung der
Auslegung der Rotorblattgeometrie und der gewählten Rotordrehzahl. Um zu
gewährleisten, dass die Strömung bei einer bestimmten Windgeschwindigkeit tatsächlich
abreißt und damit der Leistungsanstieg wirksam verhindert wird, muss der Rotor meist mit
einer Drehzahl betrieben werden, die unterhalb der optimalen Drehzahl liegt. Der Nachteil
dieser Regelungsart liegt vor allem darin, dass diese Rotoren in der Regel elektrisch
hochgefahren werden müssen.
6.2.1.3 Aus dem Wind drehen:
Die Begrenzung der Leistungsaufnahme des Rotors durch "Aus dem Wind drehen" ist
an sich das älteste Verfahren. Es wurde schon bei den historischen Windmühlen
angewandt. Heute ist diese Art der Leistungsregelung bei den meisten
Langsamläuferanlagen in Anwendung.
Die Schrägstellung des Rotors zur Windrichtung verringert die senkrecht auf die
Rotorebene wirkende Komponente der Anströmgeschwindigkeit und führt darüber hinaus
bei größeren Winkeln zum vorzeitigen Abreißen der Strömung. Die Folge davon ist eine
drastische Abnahme der Rotorleistung. Ein feinfühliges Regeln ist mit dieser Maßnahme
aber nicht zu erreichen.
6.2.2 Systemelemente der Windenergiekonverter:
6.2.2.1 Der Rotor:
Der Rotor ist das Systemelement, durch welches die im Wind enthaltene Energie in eine
mechanische Drehbewegung umgewandelt wird. Er besteht aus einem oder mehreren
Rotorblättern und der Rotornabe. Im Regelfall liegt der aerodynamische Wirkungsgrad bei
heute üblichen Rotoren zwischen 42 und 48%. Zur Erreichung hoher Drehzahlen der
Rotoren ist die Blattzahl auf maximal drei Blätter bei Schnellläufern begrenzt. Bei
Windgeneratoren mit zwei Rotorblättern ist die Massenverteilung gegenüber
Dreiblattrotoren wesentlich ungünstiger, wodurch zusätzlich Dreh- und Beugebewegungen
entstehen, die auf die gesamte Anlage übertragen werden können. Einblattrotoren sind
vom Materialaufwand her am günstigsten, es muss aber durch ein Gegengewicht die
Exzentrizität des Rotors ausgeglichen werden.
46
6.2.2.2 Das Getriebe:
Zur Umwandlung der Bewegungsenergie des Rotors in elektrische Energie mit Hilfe
von vierpoligen Generatoren ist eine Drehzahl von 1500 U/min notwendig. Bei den derzeit
üblichen Rotordrehzahlen von 15 bis 20 U/min für MW-Anlagen und 100 bis 200 U/min für
kW-Anlagen wird deshalb ein Umwandlungsgetriebe benötigt. Zur Anwendung kommen
heute Stirnradgetriebe oder Planetengetriebe, von denen die Stirnradgetriebe für die
blattgeregelten Konverter von Vorteil sind.
6.2.2.3 Der Generator:
Der Generator wandelt die Drehbewegung in elektrischen Strom um. Dafür werden
handelsübliche Wechselstromgeneratoren eingesetzt, die Wirkungsgrade zwischen 90 und
98% aufweisen. Die hauptsächlich bei den Windkraftanlagen eingesetzten Generatoren
sind Synchron- und Asynchrongeneratoren.
6.2.2.4 Windrichtungsnachführung:
Diese Systemkomponente soll die Ausrichtung des Rotors entsprechend der jeweiligen
Windrichtung gewährleisten. Die Gondel wird im Normalfall mit Hilfe eines auf dem Turm
angebrachten Zahnkranzes durch mechanisch, hydraulisch oder elektromechanisch
betriebene Drehgetriebe immer optimal zur Windrichtung ausgerichtet. Für den Betrieb der
Windrichtungsnachführung ist ein Energieaufwand notwendig, der bei etwa 2% der vom
Generator abgegebenen elektrischen Energie liegt.
6.2.2.5 Der Turm:
Hauptaufgabe des Turms ist es die Windenergienutzung in ausreichender Höhe über
Grund zu ermöglichen und die statischen und dynamischen Belastungen der gesamten
Anlage aufzunehmen. Als Material werden hauptsächlich Stahl und/oder Beton eingesetzt.
Bei älteren Anlagen sind auch abgespannte Gitterbauweisen oder Stahlrohrtürme
verwendet worden. Die Mindesthöhe des Turmes ist durch den Rotordurchmesser
festgelegt. Die darüber hinausgehende Turmhöhe ergibt sich aus einem Kompromiss aus
der in größerer Höhe zunehmenden mittleren Windgeschwindigkeiten und den Kosten, die
bei steigender Höhe ebenfalls beträchtlich steigen. Aus diesem Kompromiss ergeben sich
heute Turmhöhen zwischen 20 und maximal 60 Metern.
6.2.3 Energiewandlungskette, Verluste, Leistungskennlinie:
Ziel der Windkraftnutzung mit den modernen Konvertern ist die Stromerzeugung. Dazu
wird die den bewegten Luftmassen entzogene Energie über entsprechende
Wandlungsketten in elektrischen Strom umgewandelt. Dies wird im Regelfall über mehrere
Stufen realisiert, die im Bild 33 dargestellt sind. Die Verluste ergeben sich aus:
 den Reibungsverlusten in Lagern und Dichtungen der Rotorwelle
 dem Wirkungsgrad des Getriebes
 dem Wirkungsgrad des Generators, eventuell auch des Frequenzumrichters
 den Verlusten in der Energieübertragung zum Netz
Daneben ergibt sich ein nicht zu vernachlässigender Leistungsbedarf für den Betrieb
der Hilfs- und Nebenaggregate. Der Gesamtnutzungsgrad liegt daher deutlich unter dem
theoretisch maximal erreichbaren Wert von 59,3%. Gegenwärtig werden Wirkungsgrade,
die zwischen 30 und 45% liegen mit den Anlagen erreicht.
6.3 Anwendungskonzeptionen und Einsatzbereiche:
Die wichtigste Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von Windkraftanlagen sind
gute Windverhältnisse. So banal diese Feststellung auch ist, so wichtig ist sie auch und
47
kann deshalb nicht oft genug wiederholt werden. Die Verwendung der erzeugten Energie,
die organisatorische Einbindung in die Struktur der Energieversorgung sowie die
betriebliche Anwendungskonzeption in Bezug auf energiewirtschaftliche und räumliche
Verhältnisse charakterisieren das Spektrum der Einsatzmöglichkeiten. Von wesentlicher
Bedeutung ist dabei die Größe der Anlage. Abgesehen von wenigen Sonderfällen werden
heute Windkraftanlagen zur Stromerzeugung verwendet. Der Weg über die elektrische
Energie bedeutet eine nahezu grenzenlose Nutzungsmöglichkeit der Energie. Die
Bandbreite reicht von der Möglichkeit im Inselbetrieb eine spezielle Arbeitsmaschine, zum
Beispiel eine Wasserpumpe zu betreiben, oder die vielfach gehegte Wunschvorstellung
mit einer eigenen Windkraftanlage vom öffentlichen Netz weitgehend unabhängig zu
werden bis hin zu den Bemühungen der Energieversorgungsunternehmen große
Windkraftanlagen in ihren Kraftwerksverbund einzusetzen. Die Nutzung der Windenergie
ist auf vielen Wegen möglich, die man nicht mit einem "entweder - oder" sondern mit
"sowohl - als auch" überlegen sollte.
6.3.1 Geographische Verteilung der Windgeschwindigkeiten:
Die Sätze: Ständig werden zwischen 1,5 und 2,5% der die Erde erreichenden
Strahlungsenergie der Sonne in Strömungsenergie der Atmosphäre umgesetzt. Das
entspricht einem Potential von 2,6*103 bis 4,3*103 Terawatt. Wurden schon eingangs
dieses Kapitels gesagt. Diese Zahlenwerte sagen aber so gut wie nichts über das
technisch nutzbare Potential aus. Einen globalen Überblick über die Gebiete mit nutzbaren
Windgeschwindigkeiten bietet das Bild 34, in dem die mittlere Jahreswindgeschwindigkeit
in einer Höhe von 10m dargestellt ist.
6.3.2 Windkraftanlagen im Inselbetrieb:
Die ersten Versuche mit Windenergie Strom zu erzeugen verfolgten fast immer das Ziel
in entlegenen Gebieten ohne Anschluss an die öffentliche Energieversorgung eine
Selbstversorgung mit elektrischer Energie zu schaffen. Solange es nur um die
Bereitstellung von Strom für die Beleuchtung ging, war das einfach zu bewerkstelligen.
Heute mit dem Bedarf nach einer Vielfalt von elektrischen Verbrauchern ist der technische
Aufwand nur dann zu vertreten, wenn er mit entsprechenden großen Leistungen
verwirklicht werden kann. Die autonome sichere Stromversorgung im Inselbetrieb kann
naturgemäß mit einer Windkraftanlage allein nicht verwirklicht werden. Dazu muss
einerseits das Speicherproblem gelöst, oder andererseits ein konventionelles
Energieversorgungsaggregat, ein Dieselstromaggregat, bivalent mit betrieben werden.
6.3.3 Heizen mit Windenergie:
Eine Reihe von Gründen wirkt sich auf diese Überlegungen positiv aus. Betrachtet man
den Sektor "Haushalt und Kleinverbraucher" so werden in diesem Bereich etwa 45% des
Endenergiebedarfes verwendet, davon der größte Teil nämlich 80% für die Raumheizung.
Hier wären also besonders wirksam Primärenergieträger einzusparen und zu ersetzen.
Darüber hinaus wäre die Anwendung der Windenergie im Grunde gesehen einfach, da für
Heizzwecke die Konstanthaltung von Frequenz und Spannung unbedeutend ist. Es kommt
noch hinzu, dass es eine tendenzielle Übereinstimmung von Windangebot und
Heizwärmebedarf gibt.
Ganz allgemein sollte man aber den Einsatz der Windenergie zu Heizzwecken
illusionslos sehen. Heizenergie mit Heizöl in einer konventionellen Ölheizung erzeugt
kostet heute etwa grob um den Faktor zwei bis drei weniger als mit einer Windanlage
erzeugt. Vor diesem Hintergrund hat "Heizen mit Wind" unter den heutigen Bedingungen
kaum eine wirtschaftliche Chance.
48
6.3.4 Verbrauchernaher Einsatz im Verbund mit dem öffentlichen Stromnetz:
Der dezentrale Einsatz von einzelnen oder wenigen Anlagen bei privaten oder
gewerblichen Stromverbrauchern war der erste Anwendungsbereich, der wirtschaftliche
Bedeutung erlangt hat. Vor allem in Dänemark ist eine Reihe solcher Anlagen entstanden,
die von landwirtschaftlichen Anwesen, kleinen Gewerbebetrieben und auch von
Gemeinden im Verbund mit dem öffentlichen Stromnetz betrieben werden.
Der verbrauchernahe Einsatz hat natürlich auch in anderen Ländern, vor allem in der
Dritten Welt eine gewisse Verbreitung gefunden. Dennoch ist diese Entwicklung hinter den
Erwartungen zurückgeblieben.
Vom technischen Standpunkt ist der dezentrale Einsatz der Windkraftanlagen
vergleichsweise problemlos. Die Anlagen werden fast ausnahmslos im Netzparallelbetrieb
betrieben.
6.3.5 Windfarmen und Windparks:
Die Begriffe Windfarm und Windpark bezeichnen die Zusammenfassung mehrerer
Windkraftanlagen zu einem räumlich und organisatorisch verbundenen Anlagenfeld,
dessen Betrieb in der Regel kommerziell organisiert ist. Beide Begriffe werden parallel
gebraucht. Wohl aber kann festgestellt werden, dass die amerikanischen Windfarmen eine
ungeordnete Aufstellung der Anlagen auszeichnet, während in den europäischen
Windparks die Anlagen in einer wohl geordneten Form aufgestellt sind.
In Europa konzentrierte sich die Windenergienutzung zunächst auf Versuchsanlagen.
Die ersten Windparks entstanden in Dänemark auf Jütland. Bild 35. Mittlerweile gibt es
seit 1990 eine rasch steigende Zahl von Windparks. Von den Mittelmeerstaaten ist vor
allem Spanien zu nennen. Im Süden, an der Straße von Gibraltar, nahe der Stadt Tarifa
sind eine Reihe von großen Windparks entstanden. Bild 36.
6.3.6 Seeaufstellung von Windkraftanlagen:
Dem weiteren Ausbau der Energieversorgung mit Windkraftanlagen steht
möglicherweise der notwendige Landbedarf entgegen. Pläne, große Windkraftanlagen im
Küstenvorfeld zu installieren werden aus diesem Grunde in einigen Ländern seit geraumer
Zeit verfolgt. Darüber hinaus sind auch die höheren Windgeschwindigkeiten und die
größere Kontinuität ein Anreiz Windkraftanlagen "Off Shore" aufzustellen.
Der Technische Aufwand für derartige Anlagen ist erheblich größer als bei
Landanlagen. Die Entwicklung auf dem Gebiete der Erdöl- und Erdgasförderung aus den
Küstenvorfeldern lässt aber den Schluss zu, dass diese Probleme beherrschbar sind. Eine
Wirtschaftliche Nutzung kann man sich heute aber nur durch Errichtung einzelner
Windparks vorstellen. Wenn es gelingt Anlagen der Leistungsklasse 1 bis 1,5 MW zur
Serienreife zu bringen, kann die kommerzielle Off Shore Nutzung sicherlich ins Auge
gefasst werden.
6.3 Ökologische Aspekte der Windenergienutzung:
Windkraftanlagen
verunreinigen
weder
die
Atmosphäre
mit
Schwefel,
Kohlenwasserstoffen oder Kohlendioxid, noch stellen sie uns vor die Probleme der
radioaktiven Abfallbeseitigung. Aufgrund dieser Tatsachen verdient die Nutzung der
Windenergie das Prädikat "umweltfreundlich". Dennoch völlig ohne Auswirkungen auf die
Umwelt ist auch diese Technologie nicht.
Die Auswirkungen auf die Umwelt beschränken sich jedoch in jedem Fall auf die
unmittelbare Umgebung. Die Beschränkung auf die nähere Umgebung bedeutet, dass die
Beeinflussungen standortspezifisch gesehen und durch geeignete Standortauswahl auch
weitgehend vermieden werden können. Viele der denkbaren Auswirkungen auf die Umwelt
können heute noch nicht genügend beurteilt werden. Dies trifft zum Beispiel auf
49
Auswirkungen auf das Klima zu. Sorgfältige Aufzeichnungen mikrometeorologischer
Veränderungen auf der Leeseite eines Windenergiekonverters lassen jedoch den Schluss
zu, dass weder Pflanzen noch Tiere Einflüssen ausgesetzt sind, die größer sind als die in
ihrer natürlichen Umwelt. Andere Störungen, wie die Geräuschentwicklung und Störungen
für Rundfunk und Fernsehen sind bereits eingehend erforscht und können an Hand von
Messergebnissen auch objektiv belegt werden.
In der Frage des Flächenbedarfes schneiden Windkraftanlagen gegenüber anderen
regenerativen Energieanlagen vergleichsweise günstig ab. Der einzige Flächenbedarf
moderner Anlagen besteht in der Grundfläche für das Fundament des Turmes der mit 120
bis 240 m²/MW beziffert wird. Noch wichtiger als Kennziffer ist die erzeugte Energiemenge
je Flächeneinheit, deren Verteilung auf die verschiedenen Kraftwerkstypen im Bild 37
gezeigt ist.. Der oft behauptete übermäßige Platzbedarf ist nach dem Wegfall der
Abspannungen kein stichhaltiges Argument mehr.
Schließlich darf die Frage nicht vergessen werden, welchen Nutzen die Ökologie aus
dem Betrieb von Windenergieanlagen zieht oder ziehen kann. In Entwicklungs- und
Schwellenländern ist die Verfügbarkeit von Wasser für die Kultivierung von Ödland und
Verminderung der Erosion von entscheidender Bedeutung. Große und kleine
Windenergieanlagen können hier durch Vergrößerung der Anbauflächen einen
wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des ökologischen Niveaus leisten.
6.4 Zusammenfassung:
Es ist nicht ganz leicht, in der Absicht, das Thema Windenergienutzung nicht allein aus
einer rein technisch orientierten Perspektive zusammenzufassen, eine politisch und zu
stark gegenwartsbezogene Darstellungsweise zu vermeiden. Wenn sich einerseits in
zunehmenden Maße die Erkenntnis durchsetzt, dass die Windenergie das Potential
auszeichnet, als erste der neueren regenerativen Energieträger wirtschaftlich zu sein, so
besteht andererseits die Gefahr, die Erwartungen zu hoch zu schrauben. Weitere
Anstrengungen sind erforderlich. Die Strukturdynamik sollte verbesserte Methoden finden,
Materialermüdung und Lebensdauer hochbelasteter Komponenten zu berechnen. Die
Steigerung des Systemwirkungsgrades ist eine Aufgabe, die auch zur Entwicklung des
Windenergiekonverters gehört.
Ein Informationsfluss anderer Art ist der Know How Transfer in Entwicklungsländer, ein
merkwürdig selektiver im Bereich der regenerativen Energietechnologie. Der Kompromiss
maximaler Akzeptanz zwischen der Primitivtechnologie und den komplexen Lösungen ist
noch nicht gefunden.
7. Die Sonne als Energiequelle:
7.1 Grundbegriffe der Sonnenenergienutzung:
Die Sonne stellt eine für menschliche Begriffe unerschöpfliche Energiequelle dar. Sie
besitzt Kugelform mit einem Durchmesser von 1,39.10 6 km und ihre mittlere Entfernung
von der Erde beträgt 1,5.108 km. Die Temperaturen im Inneren der Sonne werden auf 8
bis 40 Millionen Kelvin geschätzt. Für die Energielieferung ist in erster Linie die
Verschmelzung von Wasserstoff zu Helium verantwortlich. Je Sekunde werden rund 657
Millionen Tonnen Wasserstoff in 653 Millionen Tonnen Helium übergeführt. Bei der
Verschmelzung tritt je Sekunde ein Massendefekt von 4 Millionen Tonnen auf, der in
Energie umgewandelt und von der Sonne abgestrahlt wird. Die Erde empfängt nur einen
Bruchteil, etwa ein Milliardstel, der von der Sonne in den Weltraum abgestrahlten Energie.
Aber für sich betrachtet ist dieser winzige Beitrag noch beträchtlich. Auf ihrem Weg zur
Erde werden die Sonnenstrahlen durch folgende Mechanismen abgeschwächt.
50
 Reflexion an der Atmosphäre und der Erdoberfläche
 Streuung an Bestandteilen der Atmosphäre und
 Absorption an Bestandteilen der Atmosphäre, in erster Linie H2O, O3, und CO2.
Hierdurch werden einerseits die Intensität und die spektrale Zusammensetzung der
einfallenden Strahlung verändert und weiterhin diese diffus gestreut. Trotzdem erreicht
dieser Anteil immerhin das 20.000 bis 25.000 fache des jährlichen Energiebedarfes der
Erde.
Die spektrale Verteilung der außerhalb der Erdatmosphäre liegenden Sonnenstrahlung
(Extraterrestische Strahlung) entspricht der Strahlungsverteilung eines „Schwarzen
Kötpers“, wie wir sie aus der Wärmetechnik kennen. Das Integral der spektralen
Strahlungsdichte über die Wellenlänge  liefert die Gesamtintensität der extraterrestischen
Sonnenstrahlung. Der Wert für diese extraterrestische Solarkonstante liegt auf Grund
neuerer Messungen bei I0 = 1353 ± 21 W/m². Die extraterrestische Solarkonstante stellt
jene Energiemenge pro Sekunde dar, die durch eine senkrecht zur Strahlungsrichtung
stehende Fläche von 1 m² im erdnahen Weltraum (außerhalb der Erdatmosphäre) tritt.
Jenen Teil der Sonnenstrahlung, der ohne Richtungsänderung die Atmosphäre
durchsetzt, bezeichnet man als direkte Strahlung. Jene Strahlung , die durch Streuung in
der Atmosphäre aus allen Richtungen auf die Erdoberfläche trifft wird als diffuse oder
Himmelsstrahlung bezeichnet. Die Summe beider Strahlungen wird Globalstrahlung
genannt. Welche Bedeutung die diffuse Himmelsstrahlung hat, wird daran erkennbar, dass
ihr Anteil an der Globalstrahlung selbst bei wolkenlosem Himmel bis zu 30% betragen
kann.
Zur Messung der Globalstrahlung dienen Pyranometer oder Solarimeter. Die direkte
Sonnenstrahlung wird mit Pyrheliometer (oder Aktinometer) durchgeführt. Die
meteorologischen Stationen der verschiedenen Länder führen innerhalb ihrer Bereiche an
zahlreichen Orten Strahlungsmessungen durch, deren Ergebnisse in Tabellenwerken
zusammengefasst und veröffentlicht werden. Die Höhe der Globalstrahlung schwankt pro
Jahr zwischen 700 kWh/m² in Nordeuropa und 2300 kWh/m² in den äquatorialen
Gebieten. Spitzenreiter ist der Süden der arabischen Halbinsel mit etwa 2560 kWh/m².
In dem Bild 38 wird der Verlauf der Jahresgänge der Tagessummen der Strahlung auf
eine waagrechte Fläche für verschiedene Breitengrade der nördlichen Erdhalbkugel
dargestellt.
Ein weiterer wichtiger Begriff ist die Sonnenscheindauer je Tag, Monat oder Jahr an
einem bestimmten Ort. Hier unterscheidet man zwischen der astronomisch möglichen, der
effektiv möglichen und der tatsächlich auftretenden Sonnenscheindauer. Die astronomisch
mögliche Sonnenscheindauer kann theoretisch aus den Sonnenaufgangs- und
Sonnenuntergangszeiten aufgrund der geographischen Breite eines Ortes ermittelt werden
Die effektiv mögliche Sonnenscheindauer berücksichtigt die geographische Lage des
Ortes. Die Sonnenscheindauer ist für die Beurteilung der Nutzungsmöglichkeiten von
Sonnenenergieanlagen von größter Bedeutung.
7.2 Nutzungsmöglichkeiten der Sonnenenergie:
Aus dem bisher Gesagten wird deutlich, dass das Energieangebot der Sonne zwar
insgesamt von beeindruckender Größe ist, dass aber bei seiner Nutzung durch den
Menschen einige Besonderheiten berücksichtigt werden müssen. So erfordert die auf der
Erdoberfläche generell anzutreffende geringe Intensität der Strahlungsenergie
entsprechend große Empfangsflächen; kurz und langzeitige Schwankungen im
Strahlungsangebot müssen durch Speichervorrichtungen ausgeglichen werden; Zeiten
des größten Anfalls der Sonnenstrahlung stimmen nicht mit Zeiten des größten Bedarfes
an Energie überein.
51
Schon aus dem Jahre 1770 sind einfache Nutzungen der Sonnenenergie mit Hilfe von
sogenannten "Wärmekästen" den Vorläufern der Flachkollektoren und Linsen bekannt. Die
industrielle Nutzung der Sonnenenergie begann allerdings erst vor etwa 124 Jahren. Erst
Mitte des 20. Jahrhunderts begann der amerikanische Physiker Hottel mit theoretischen
Arbeiten über einen Flachplattenkollektor. Ab 1950 waren dann die ersten von ihnen zur
Warmwasserbereitung in verschiedenen Ländern im Einsatz. Etwa zwei Jahre später
begannen am Sonnenofen in den Pyrenäen Versuche mit der Konzentrierung der
Sonnenstrahlen, wie sie Archimedes schon 250 v Chr. angewendet hatte. 1954 begannen
die Arbeiten an der direkten Umwandlung der Sonnenenergie in elektrische Energie durch
Solarzellen.
Damit sind auch schon die beiden grundlegenden Verfahren zur Nutzung der
Sonnenenergie genannt. Die solarthermische Umwandlung und die Verfahren zur Nutzung
der Lichtquanten.
Im folgenden wird nun schlagwortartig ein Überblick über die wichtigsten
nichtkonventionellen Nutzungsmöglichkeiten gegeben, ohne näher auf die einzelnen
Verfahren einzugehen. Dies geschieht später in den einzelnen Kapiteln.






Erzeugung von Wärmeenergie:
Mittels geeigneter Vorrichtung, den Kollektoren wird sie Solarstrahlung genutzt.
Unterscheidung je nach Wärmeträger und erzielbaren Temperaturen. Anwendung
für Warmwasserbereitung, Heizung und Kühlung von Gebäuden sowie zur
Erzeugung von Prozesswärme.
Bei starker Konzentration erhält man den
Sonnenofen.
Erzeugung mechanischer Energie:
Sonnenmotoren, im Prinzip Dampfmaschinen oder Heißluftmotoren, Anwendung
zum Betrieb einfacher Maschinen wie Pumpen.
Erzeugung elektrischer Energie:
Direkte Erzeugung mittels Solarzellen, für terrestische Anwendungen, Kleinanlagen,
in Zukunft Großanlagen bei entsprechender Preissituation. Für extraterrestische
Anwendung: Kleinanlagen für Satelliten, Großprojekte wie Solar-Sateliten.
Indirekte Erzeugung: Thermomechanische Umwandlung in Klein- und
Großkraftwerken, Nutzung des Temperaturgradienten tropischer Meere
Erzeugung von Wasserstoff:
Mittels Photolyse oder auf dem Wege thermochemischer Spaltungsverfahren
Süßwasser- und Salzgewinnung:
Gewinnung von Trink- und Brauchwasser aus Meerwasser oder verschmutztem
Wasser bzw. Gewinnung von Salz aus Meerwasser durch Destillation
(Verdunstung).
Biologische Nutzungsmöglichkeiten:
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Wasserkraftwerke, Wind-, Gezeiten-,
Wellen-, Gletscherkraftwerke ohne die Wirkung der Sonnenenergie unmöglich wären.
Ebenso sind unsere fossilen Brennstoffe auf die Wirkung der Sonnenenergie
zurückzuführen, nicht zuletzt basiert unsere Nahrungsmittelproduktion und die
Sauerstofferzeugung der grünen Pflanzen auf Sonnenenergienutzung.
7.2.1 Passive Nutzung der Sonnenenergie zur Gebäudeklimatisierung:
Passive Nutzungssysteme verwenden keine aktiven Elemente wie Pumpen, Ventile,
Stellglieder, Kontrollgeräte und dergleichen: der Energiefluss erfolgt auf natürlichem
Wege, also durch Konvektion, Strahlung und Wärmeleitung. Passiv beheizte und
klimatisierte Gebäude sind den klimatischen Randbedingungen hervorragend angepasst,
beispielsweise nützen sie die tiefstehende Wintersonne durch große Südfenster, während
52
die steilstehende Sommersonne durch geeignete Vorbauten abgedeckt wird. Passive
Systeme sind die ältesten und oftmals auch heute noch wirtschaftlichsten
Sonnenenergiesysteme überhaupt. Viele Tierbauten sind ebenfalls nach diesen Prinzipien
konstruiert.
7.2.1.1 Bauformen passiver Solararchitektur:
Trotz völlig unterschiedlicher Bauformen lässt sich die passive Solararchitektur auf
einige wenige Bauprinzipien zurückführen. Es sind dies:
 die direkte Nutzung der Einstrahlung durch Fenster
 die Verwendung von Speicherwänden (Ziegel, Beton, Wasserbehälter)
 die Verwendung von vorgelagerten Gewächshäusern bzw. Wintergärten oder Atrien
 die Verwendung von Speicherdecken
 der Einsatz von Thermosiphonanlagen.
Die direkte Nutzung der Einstrahlung erfordert große Südfenster. Die hier einfallende
Strahlung wird im Gebäudeinneren fast vollständig in Wärme umgewandelt. Um diese
Wärme effizient nutzen zu können und eine Überhitzung der Räume zu vermeiden, ist das
Bauwerk mit genügend großer thermischer Kapazität (gut absorbierendes Material wie
Betonfußböden, Ziegelwände) zu versehen. Mit Hilfe von Rollläden - speziell wenn diese
zur Erhöhung der Wärmedämmung an der Innenseite mit einer die Wärmestrahlung
reflektierenden Aluminiumfolie versehen werden - lässt sich der nächtliche Wärmeverlust
durch die Fenster erheblich reduzieren. Im mitteleuropäischen Klima kann beispielsweise
der jährliche Heizbedarf eines normalen Einfamilienhauses pro Quadratmeter nach Süden
gerichteter Fensterfläche um etwa 1 % reduziert werden. Nachteilig kann es sich jedoch
auswirken, dass an sonnenlosen kalten Tagen die vergrößerte Fensterfläche ohne
Zusatzisolierung einen höheren Heizleistungsbedarf zur Folge hat, der ein entsprechend
stärker dimensioniertes Energieversorgungssystem bedingt.
Die Verwendung von Speicherwänden mit konvektiver Ankopplung an das Gebäude ist
eng mit dem französischen Solarforscher Henri Trombe verknüpft. Bei diesen Wänden
(Bild 39) besteht die Südseite des Hauses aus einer schwarz gestrichenen, auf der
Außenseite verglasten Betonwand. Die durch die einfallende Strahlung entstehende
Wärme wird primär in der Wand selbst gespeichert; bei Heizbedarf können Luftschlitze in
der Wand geöffnet werden. Die hierdurch entstehende Konvektion ermöglicht den
Energiefluss von der Speicherwand in das Gebäudeinnere. Ein weiterer Energiefluss
erfolgt durch die Wärmeleitung durch die Wand selbst. Aufgrund der hohen thermischen
Masse der Speicherwand geschieht dies jedoch erst nach einer Laufzeit von mehreren
Stunden, so dass die in den Mittagsstunden gespeicherte Energie erst in den kühlen
Abendstunden freigesetzt wird..
Sehr vorteilhaft wirkt sich der Anbau eines der Südseite des Gebäudes vorgelagerten
Wintergartens aus. Wenn diese Anlage mit genügend hoher thermischer Kapazität
ausgestattet ist, bildet sich hierin ein lokales Mikroklima mit gegenüber der Umgebung
deutlich erhöhter Durchschnittstemperatur und reduziertem Temperaturschwankungen
aus. Ein derartiges Grünhaus erweitert also im Sommer und während der Übergangszeit
den Wohnbereich beträchtlich; im Hochwinter dagegen wirkt es als vorgelagerte
Pufferzone, die den Heizbedarf auch ohne Sonneneinstrahlung reduziert.
Speicherdecken auf Flachdächern (Bild 40) sind in unserem Klima wegen der sehr tief
stehenden Wintersonne nicht vorteilhaft. In südlichen Breiten ermöglichen sie jedoch dank
der beweglichen Wärmeisolierung sowohl eine Gebäudeheizung als auch eine Kühlung.
Die Auswirkung solarer Komponenten auf den Gesamtenergiebedarf von Häusern
lässt sich nur sehr schwierig quantifizieren. Bei bewohnten Häusern ist der Energiebedarf
in sehr hohem Maße vom Benutzerverhalten abhängig. Eine Absenkung der mittleren
Raumtemperatur um nur 1 K reduziert beispielsweise den Heizenergiebedarf um 8 bis
11%, unterschiedliche Lüftungsgewohnheiten und „interne Lasten“ (Wärmeproduktion im
53
Haus durch die von den Bewohnern, den Geräten und dem Warmwasser abgegebene
Energie) führen zu weiteren Veränderungen, so dass beim Energieverbrauch ansonsten
identischer, bewohnter Häuser Unterschiede von mehr als 100 % auftreten können.
Zusammenfassend können folgende Feststellungen getroffen werden:
 reine Wärmedämmassnahmen sind meist kostengünstiger und effektiver als eine
entsprechende Solararchitektur
 diese kann aber - unter übergeordneten Gesichtspunkten - aufgrund der mit ihr
verbundenen Erhöhung der Wohnqualität (temporäre Vergrößerung des Wohnraumes,
Verbesserung des Innenklimas und Integration eines Gartenanteiles im Haus bei
vorgelagerten Gewächshäusern; Öffnung des Hauses durch große Südfenster )
trotzdem lohnend sein
Der durch solararchitektonische Maßnahmen erreichbare Energiespareffekt darf also mindestens in unseren Breiten - nicht isoliert betrachtet werden. Entscheidend muss
vielmehr sein, dass hierdurch ein Wohnstandard erreicht werden kann, der bei
Beschränkung auf konventionelle Baumaßnahmen einen erheblichen Mehraufwand an
Bau- und Energiekosten bedingen würde.
7.2.2 Aktive Nutzung der Sonnenenergie:
7.2.2.1 Aufbau und Wirkungsweise von Sonnenkollektoren:
Im Gegensatz zu den passiven Sonnenenergiesystemen bestehen „aktive“ Systeme
aus einer Reihe einzelner Komponenten, wie Kollektoren, Wärmetauschern, Speichern,
Pumpen, dem Energieverteilungssystem und dem Kontroll- und Regelsystem. Die zentrale
Komponente ist dabei der Kollektor, der die ankommende Strahlung absorbiert, in Wärme
umwandelt und diese an ein Wärmeträgermedium im allgemeinen Wasser oder Luft
abgibt. Je nach Bauart und Verwendungszweck kann die Betriebstemperatur des
Kollektors, d.h. die Temperatur, bei der die Wärme anfällt, in einem weiten
Temperaturbereich von etwa der Umgebungstemperatur bis zu mehreren tausend Grad
Celsius liegen. Die Vielzahl der Anwendungen bedingt auch eine Vielzahl von Bauformen,
die sich jedoch in zwei Klassen unterteilen lassen. Es sind dies:
 Flachkollektoren, bei denen die Absorberfläche in etwa der Gesamtfläche des
Kollektors entspricht,
 konzentrierende Kollektoren, in denen die einfallende Strahlung durch große Linsen
oder Spiegel auf einen kleinen Absorber konzentriert wird.
7.2.2.2 Flachkollektoren:
Da bei diesen Kollektoren keinerlei Konzentration der Strahlung auftritt, ist der
Flachkollektor sowohl für die Absorption von direkter als auch von diffuser Strahlung
geeignet. Der Grundaufbau des Flachkollektors, der im Bild 41 dargestellt ist, ist denkbar
einfach.
Das Kernstück ist die Absorberfläche, die die Sonnenstrahlen möglichst gut
absorbieren soll und die Wärme möglichst umgehend dem Wärmeträger - z.B. Wasser zuführt. Weiters wird man trachten, die thermischen Verluste durch Wärmeleitung,
Konvektion und Strahlung möglichst klein zu halten. Dies führt dazu, dass Flachkollektoren
auf der Absorberrückseite eine gute thermische Isolation aufweisen. Um die Konvektionsund Strahlungsverluste an der Vorderseite klein zu halten, besitzt der Kollektor
sonnenseitig eine oder zwei lichtdurchlässige Deckscheiben. Hierfür eignen sich
besonders Glas und neu entwickelte Kunststoffe. Die Aufgabe dieser Deckscheiben ist es,
die Sonnenstrahlen möglichst ungehindert durchtreten zu lassen und die vom Absorber
emittierte, langwellige Wärmestrahlung weitgehend zu reflektieren. Dies wird durch
Aufdampfen geeigneter dünner Schichten auf die dem Absorber zugekehrten
Deckscheibenflächen unterstützt.
54
Auf Grund physikalischer Gegebenheiten sind Körper, die Strahlung gut absorbieren,
auch gute Strahler. Das bedeutet, je besser die Oberfläche einem schwarzen Körper
ähnelt, desto größer sind auch die Abstrahlungsverluste. Dies führt nun dazu, dass
Flachkollektoren nur für niedrige Temperaturen geeignet sind, es sei denn man verwendet
Absorber mit selektiven Oberflächen. Darunter versteht man Oberflächen, die die
Sonnenstrahlung gut absorbieren und Wärmestrahlen schlecht emittieren. Durch
Aufbringung von Metalloxidschichten lassen sich Absorberflächen herstellen bei denen
das
Verhältnis
von
Absorptionsvermögen

der
Sonnenstrahlung
zum
Emissionsvermögen  der langwelligen Strahlung des warmen Kollektors bei den für
Flachkollektoren typischen Temperaturen Werte von : = 10:1 und mehr erreicht. Je
Höher der Grad der Selektivität liegt, um so teurer sind die Kollektoren in der Herstellung.
Allerdings sind mit diesen Kollektoren auch höhere Arbeitstemperaturen und damit höhere
Wirkungsgrade erreichbar. Es muss daher in jedem Anwendungsfall überprüft werden, ob
die höheren Kollektorkosten wirtschaftlich gerechtfertigt sind.
Der Kollektorwirkungsgrad ist definiert als der Quotient der vom Kollektor pro
Flächeneinheit abgegebenen Nutzleistung PN, zu der von der Sonne auf den Kollektor
eingestrahlten Strahlungsintensität Pi (Pi  IA). Genaue Berechnungen des
Wirkungsgrades sind relativ aufwendig, für Abschätzungen reichen vielfach auch
nachfolgende Beziehungen:
Die abgegebene Nutzleistung PN je Flächeneinheit des Kollektors ergibt sich aus der
absorbierten Leistung, vermindert um die thermischen Verluste durch Wärmedurchgang
durch die Deckscheiben und durch Wärmestrahlung.
PN = Pi . ( 1 -  ) .  .  - k . (TA - TU) -  .  .(TA4 - TU4)
PN = Pi . (1 - ) .  .  - (TA - TU).[k +  .  . (TA2 + TU²) . (TA + TU)]
PN = Pi . (1 - ) .  .  - k . T
Hierin bedeuten:
, .....Reflexionsfaktor bzw. Durchlässigkeit der Deckscheibe
,.....Absorptions- und Emissionskoeffizient der Absorberfläche
........Stefan-Boltzmann-Konstante
k.......Wärmedurchgangskoeffizient Absorberfläche - Umgebung
T = TA -TU...Temperaturdifferenz zwischen mittlerer Absorber- und
Umgebungstemperatur
Für den Wirkungsgrad ergibt sich daraus in vereinfachter Schreibweise:
 = PN/Pi = (1 - ) .  .  - k . T/Pi
In dieser Gleichung stelltk einen fiktiven Wärmedurchgangskoeffizienten dar, der auch
die Strahlungsanteile berücksichtigt und von den Temperaturen abhängig ist. In der Praxis
wird fürk ein Mittelwert für den entsprechenden Kollektortyp unter Berücksichtigung des
Temperaturbereiches angegeben. Bei handelsüblichen Kollektoren liegt der Faktor (1 - )

zwischen 0,7 und 0,8, der k-Wert bei Einscheibenkollektoren um 8 W/m²K, bei
Doppelscheibenkollektoren um 4 W/m²K. Von den Firmen werden vielfach die
Wirkungsgrade
in
Abhängigkeit
von
der
Temperaturdifferenz
aus
Kollektorvorlauftemperatur minus Umgebungstemperatur angegeben. Die eingestrahlte
Sonnenintensität dient dabei als Parameter
Es gibt heute auf dem Markt eine Reihe verschiedener Typen von Flachkollektoren.
Bild 42. Zu beachten ist, bei allen Ausführungsformen, dass zufolge der Erwärmung des
Absorbers Längenänderungen auftreten, die zu keiner Beschädigung des Kollektors
führen dürfen.
Eine völlige Reduktion der frontseitigen Konvektions- und Leitungsverluste ist durch
Evakuierung des den Absorber umgebenden Raumes möglich. Vor allem in Verbindung
55
mit selektiven Schichten auf dem Absorber stellt diese Konstruktion den derzeit
höchstentwickelten Flachkollektor dar, der sowohl bei der Warmwasserbereitung unter
ungünstigsten Strahlungsverhältnissen als auch zur Erzeugung von Prozesswärme im
Temperaturbereich bis etwa 160 °C vorteilhaft eingesetzt werden kann.
7.2.2.3 Konzentrierende Kollektoren:
Die Nutzung der Sonnenstrahlung zur Erzeugung von Mitteltemperaturwärme ab etwa
100 °C bis etwa 300 °C, sowie zur Produktion von Hochtemperaturwärme ab etwa 500 °C
bis zu 1200 °C erfordert den Einsatz strahlungskonzentrierender Systeme. Die
konzentrierenden Kollektoren müssen außerdem dem Sonnenstand nachgeführt werden.
Dies bedeutet ebenfalls einen Mehraufwand gegenüber den Flachkollektoren. Das
Verhältnis von Sonneneinstrahlungsfläche des Reflektors zu Absorberfläche wird als
Konzentrationsfaktor bezeichnet. Je höher dieser Faktor ist, desto höher sind die
Anforderungen an die Genauigkeit der Form des Konzentrators und an die Präzision der
Nachführung. Konzentrierende Kollektoren für technische Anwendungen arbeiten mit
Konzentrationsfaktoren von 2 bis nahezu 1000. Nach dem Konzentrationsfaktor geordnet
ergeben sich folgende Systemunterschiede:
 Nichtkonzentrierende Flachkollektoren mit C = 1 zur dezentralen Erzeugung von
Wärme bei Temperaturen von etwa 50 bis 90 °C.
 Eindimensional konzentrierende, nachführbare Rinnenkollektoren mit C = 30 - 50 zur
dezentralen Wärmeerzeugung von etwa 100 °C bis 300 °C in Solarfarmen. Für
Sonderzwecke werden in Solarfarmen auch eindimensional konzentrierende
Rinnenkollektoren (C = 2 - 3, bis ca. 140 °C) und zweidimensional konzentrierende,
nachführbare Schüsselkollektoren (Paraboloide mit C = 150 - 1000, bis ca. 500 °C)
eingesetzt
 Zweidimensional
konzentrierende,
nachführbare
Kollektoren,
sogenannte
Heliostatfelder, mit C = 400 - 1000 zur zentralen Wärmeerzeugung bei etwa 500 °C bis
1200 °C in Solarturm Anlagen.
Die Unterteilung nach Konzentrationsgrad in Solarfarm und Solarturm beschreibt
gleichzeitig die beiden wesentlichen Konzepte solarthermischer Anlagen zur Erzeugung
von Mittel- und Hochtemperaturwärme. Solarfarm und Solarturm unterscheiden sich
sowohl hinsichtlich der Art der Energieabsorption, des Energietransportes, der erzeugten
Temperaturen, Leistungen und Konzentrationsfaktoren. Das Bild 43 gibt eine
Gegenüberstellung der beiden Konzepte.
Das Auffangen der konzentrierten Strahlung erfolgt bei der Solarfarm in dezentral
angeordneten Absorbern, die die Strahlung in thermische Energie umwandeln. Daher wird
sie auch als dezentrale Anlage bezeichnet. Der Energietransport erfolgt dann über ein
Thermofluid zu zentral angeordneten Speichern oder Energiewandlern oder direkt zum
Verbraucher.
Beim Solarturm wird das Sonnenlicht von schwach gekrümmten Spiegeln auf einen
zentral z.B. auf einem Turm angeordneten Absorber reflektiert, wo die Umwandlung in
thermische Energie erfolgt, daher werden Solarturm Anlagen auch zentrale Anlagen
genannt. Der Energietransport zwischen den dezentral angeordneten Reflektoren
(Heliostaten) und dem zentralen Empfänger erfolgt also auf optischem Wege. Im Turm
oder am Fuße des Turmes befindet sich dann der Speicher oder die
Energiewandlerstation. Diese Art der Konzentration erlaubt wesentlich höhere
Konzentrationsfaktoren und damit höhere Temperaturen. Bild 44.
Für die Konzentrierung bieten sich optische Systeme wie Spiegel oder Linsen an.
Durch die relative Verkleinerung der Absorberfläche können die thermischen Verluste trotz
höherer Temperaturen in ähnlichen Größenordnungen wie bei Flachkollektoren gehalten
werden, vielfach sogar noch geringer. Aufgrund der Strahlungskonzentration kann nur die
56
direkte Sonnenstrahlung genutzt werden, der Anteil der diffusen Strahlung, der mitunter
bei Flachkollektoren einen wesentlichen Energiebeitrag liefert, ist praktisch verloren. Der
Konzentrator seinerseits weist optische Verluste auf. Das Bild 45 zeigt einige mögliche
Formen der Strahlungskonzentration.
Da mit konzentrierenden Kollektoren Temperaturen über 100°C erreicht werden, ist
Wasser nur begrenzt als Wärmeträger einsetzbar. Mit zunehmender Temperatur steigt
auch der Druck, was einschneidende Konsequenzen für die gesamte Anlage hat. Bei
hohen Temperaturen werden daher vielfach Öle oder Spezialflüssigkeiten verwendet.
7.2.2.4 Wärmeträger:
Die im Kollektor absorbierte Wärmemenge muss mittels geeigneter Wärmeträger
entweder direkt zum Verbraucher oder in einen Wärmespeicher geliefert werden. An das
Wärmeträgermedium werden folgende Anforderungen gestellt:
 große spezifische Wärmekapazität
 niedrige Viskosität, gute Fließ- und Strömungseigenschaften
 kein Gefrieren oder Sieden im Betriebstemperaturbereich
 keine Begünstigung von Korrosion im Leitungssystem
 keine Brennbarkeit
 Ungiftigkeit und biologische Abbaubarkeit
Als Wärmeträger kommen in erster Linie Wasser, Luft oder Spezialflüssigkeiten in
Betracht. Wasser bietet neben der hohen spezifischen Wärme, der günstigen
Transportierbarkeit und der geringen Korrosionsprobleme die besten Voraussetzungen für
einen Wärmeträger. Ist ein Winterbetrieb ebenfalls vorgesehen, so muss dem Wasser
Frostschutzmittel oder Glykol beigemischt werden. Da bei den meisten Fällen
Zweikreissysteme mit Primär- und Sekundärkreislauf zur Anwendung gelangen ist dies
nicht weiter störend.
Bei Luft als Wärmeträger spielt die Korrosionsgefahr und der Winterbetrieb keine Rolle.
Hier werden die Einsatzmöglichkeiten vor allem durch die niedrige spezifische Wärme
und den schlechten Wärmeübergang in Wärmetauschern und Speichern begrenzt. Solche
Kollektoren sind daher eher selten.
Bei den Konzentrierenden Kollektoren wird wegen der hohen Temperaturen als
Wärmeträger Öl oder eine Spezialflüssigkeit verwendet.
Von praktischem Interesse sind heute die in der Tabelle 8 zusammengestellten
Wärmeträgermedien. Die Einsatztemperaturen bei den Gasen sind nur durch die
verfügbaren Rohrwerkstoffe nach oben begrenzt. Die angegebenen Wärmestromdichten
sind Mittelwerte, die verschiedenen Studien entnommen sind. HITEC (53 % KNO 3, 40 %
NaNO2, 7 % NaNO3) und Natrium kommen als Salz bzw. Metallschmelze zum Einsatz und
sind geeignet, auch als Speichermedium verwendet zu werden.
7.2.2.5 Wärmespeicher:
Eines der Hauptprobleme in Verbindung mit der Sonnenenergienutzung stellt das
schwankende Angebot an Sonnenstrahlung, bedingt durch Tages-, und Jahreszyklus,
aber auch durch die Witterungsverhältnisse dar. In den meisten Fällen ist es daher
notwendig, zur zeitlichen Überbrückung sonnenscheinloser oder sonnenscheinarmer
Zeiten geeignete Speicher vorzusehen.
Da in der Solartechnik mit den überwiegend verwendeten Flachkollektoren
Niedrigtemperaturwärme anfällt, muss auch das Speichermedium entsprechend
angepasst werden. Es können sowohl sensible als auch latente Wärmespeicher
eingesetzt werden. Als sensible Wärmespeicherstoffe eignen sich bei diesen
Temperaturen Wasser, Gestein, Erde, wobei besonders Stoffe mit hoher spezifischer
Wärmekapazität vorteilhaft sind.
57
Allgemein gilt für einen sensiblen Wärmespeicher, dass die gespeicherte Energie um
so größer ist, je größer die spezifische Wärmekapazität des Speichermediums und je
größer der Temperaturhub T bei der Ladung bzw. Entladung des Speichers sind. Es ist
zu beachten, dass die nutzbare Wärmeenergiemenge stets kleiner als die zugeführte
Energie ist. Beim Laden des Speichers ist es notwendig, dass die Temperatur des
Wärmeträgers höher als die des Speichers ist. Daraus folgt, dass bei steigender
Speichertemperatur die Ausnützung des Kollektors sinkt, bzw. der Kollektorkreislauf nur
oberhalb bestimmter Einstrahlungswerte betrieben werden kann, um die notwendigen
Temperaturen für eine Wärmeübertragung in den Speicher sicherzustellen. Es bleibt somit
ein Teil der eingestrahlten Sonnenenergie ungenutzt.
Um dies zu vermeiden können mehrere Speicher mit verschiedenen
Temperaturniveaus vorgesehen werden. Die Ladung der einzelnen Speicher erfolgt dann
je nach Strahlungsintensität. Eine andere Möglichkeit besteht in der Verwendung von
Wärmepumpen. In beiden Fällen steigt der Kostenaufwand für die Solaranlagen
beträchtlich.
Das heute am häufigsten verwendete Speichermedium ist Wasser. Gesteinund
Schotterspeicher werden mitunter bei Luft als Wärmeträgermedium verwendet. Bei einigen
Solarhäusern sind auch Beton- oder Ziegelwände als Speichermedium in Gebrauch.
Erde als Speichermedium für Sonnenenergie wurde ebenfalls verschiedentlich
vorgeschlagen. Dabei wird von der Sonne erwärmtes Wasser durch Rohrleitungssysteme,
die im Erdreich verlegt sind, gepumpt und dadurch der Boden erwärmt. In Zeiten des
Wärmebedarfes wird diese Wärme über Wärmepumpen dem Boden wieder entnommen.
Nachteilig wirkt sich vor allem die Größe der notwendigen Bodenfläche und die schlechte
Wärmeleitfähigkeit des Speichermediums Erde aus.
Bei Latentwärmespeichern vollzieht sich die Wärmezufuhr und Wärmeabfuhr innerhalb
eines engen Temperaturbereiches während der Aggregatzustandsänderung des
betreffenden Speichermediums. Auch bei diesen Speichern gilt, dass die
Kollektorausnützung um so geringer ist je höher der Temperaturbereich liegt.
Die Tabelle 9 zeigt die spezifische Wärmespeicherfähigkeit und die maximal mögliche
speicherbare Energiemenge pro m³ für einige sensible Speichermedien bei einem
Temperaturhub von 40 °C. Als Vergleich sind auch zwei Latentspeichermassen angeführt.
Trotz der hohen spezifischen Speicherfähigkeit von Latentspeichermassen wird heute
noch überwiegend Wasser als Speichermedium verwendet. Den Latentspeichern kommt
in Zukunft sicher noch wesentlich größere Bedeutung zu.
7.3
Solarthermische Anlagen:
7.3.1 Anlagen für den Niedertemperaturbereich (40 °C - 70 °C):
Der für ein normales Einfamilienhaus zur Raumheizung benötigte Energiebedarf
beträgt rund 25000 bis 45000 kWh/a, der zur Warmwasserbereitung (einschließlich der
Verluste) etwa 3000 bis 7500 kWh/a. Während der Warmwasserbedarf nur geringe
saisonale Schwankungen aufweist, ist der Heizenergiebedarf zu etwa 70 % auf die
Monate November bis März konzentriert. Da die mittlere Einstrahlungssumme, und damit
das Potential an nutzbarer Sonnenenergie, jedoch fast genau antizyklisch zum
Heizenergiebedarf verläuft wird die direkte Nutzung der Sonnenenergie in unserem Klima
zur Raumheizung stets nur eine marginale Rolle spielen: Sie kann zwar in den
Übergangsmonaten und in den fast alljährlich zu verzeichnenden sommerlichen
Kälteperioden das konventionelle Heizungssystem entlasten und somit, je nach
Systemauslegung, beträchtlich zur Substitution konventioneller Energieträger beitragen. In
58
den kalten und trüben Wintermonaten ist jedoch keine ausreichende Versorgung mehr
möglich.
7.3.1.1 Warmwasserbereitungsanlagen:
Bei der direkten, aktiven Solarenergienutzung wird man sich also in unseren Breiten
vornehmlich auf Warmwasserbereitungssysteme beschränken; die eventuell anfallende
Überschusswärme kann dann dem Heizsystem zugeführt werden. Vom rein
kaufmännischen Standpunkt aus werden aber auch diese Installationen, selbst bei den
heutigen
Energiepreisen, zum großen Teil unwirtschaftlich arbeiten.
Im Bild 46 wird das Schema einer derartigen solaren Warmwasserbereitungsanlage
gezeigt. Übersteigt die Temperatur im oberen (heißesten) Teil des Kollektors die des
unteren (kühlsten) Teil des Vorspeichers, so wird die Kollektorpumpe eingeschaltet und
der Vorspeicher aufgeheizt. Verschwindet diese Temperaturdifferenz, so wird die Pumpe
abgeschaltet, ein Rückschlagventil verhindert die durch eventuell auftretende
Schwerkraftströmung entstehenden Verluste.
Der Einfluss der Kollektororientierung auf die Ausbeute einer solaren
Warmwasserbereitungsanlage ist groß. Der „optimale“ Neigungswinkel beträgt etwa 30 bis
40° gegen die Horizontale, die Himmelsrichtung hat im Bereich zwischen Südost und
Südwest den geringsten Störeinfluss.
Für sonnenarme Perioden oder für die Wintermonate wird man eine Zusatzheizung
vorsehen müssen. Kombinationen solarer Warmwasserbereitungsanlagen mit
bestehenden konventionellen Anlagen sind relativ einfach durchzuführen. Das Bild 47
zeigt
als
Beispiel
die
Möglichkeit
der
Integration
einer
solaren
Warmwasserbereitungsanlage
in
eine
bereits
bestehende
Anlage.
Auf
installationstechnische Details wie Ausdehnungsgefäße, Absperrhähne und ähnliches
wurde dabei bewusst verzichtet.
7.3.1.2 Heizungsanlagen:
Diese für solare Warmwasserbereitungssysteme gültigen Ergebnisse lassen sich auf
solare (Teil-) Raumheizungssysteme übertragen. Wie früher schon ausgeführt, wird es
monovalente solare Raumheizungssysteme in unserem Klima wohl wirtschaftlich kaum
geben. Nach den aber durchaus ermutigenden Ergebnissen der zahlreichen Testhäuser
ist es jedoch durchaus denkbar, künftig etwas überdimensionierte solare
Warmwasserbereitungssysteme in den Sommer- und auch Übergangsmonaten mit Hilfe
der im Heizungsspeicher gesammelten Überschussenergie zur Überbrückung kurzfristiger
Kälteperioden heranzuziehen. Hierzu sind bei Neubauten Vorkehrungen zu treffen, die die
spätere Installation einer derartigen Anlage erleichtern. Dazu gibt es folgende
Empfehlungen:
1. Gut wärmegedämmte Bauweise des Hauses, was an sich selbstverständlich und in
manchen Ländern ohnehin üblich ist.
2. Auslegung der Warmwasserheizung auf maximale Vorlauftemperaturen unter 60°C,
d.h. große Heizkörper oder Warmwasserfußbodenheizung.
3. Einbau einer zentralen Warmwasserbereitung (bei Stromanwendung Einsatz eines
Warmwasser-Großspeichers, der zusätzlich mit einem Flansch für die Einbringung
eines Solarwärmetauschers ausgerüstet sein sollte).
4. Einbaumöglichkeiten in der Nähe der Heizungs- und Warmwasserbereitungsanlagen für
mindestens 8 m³ Langzeitwasserspeicher vorsehen, das bedeutet wegen der
Wärmedämmung dieser Speicher ein Gesamtvolumen von 10 bis 12 m³.
5. Zwei Leerrohre von der Elektroverteilung zum Heizungsraum für den Anschluss einer
Wärmepumpe und für Steuerleitungen verlegen
59
6. Steigkanal von ca. 50 cm X 50 cm vom Dachboden bis zum Heizungsraum einplanen,
in dem später Wasser- und Steuerleitungen für die Verbindung der Kollektoren mit der
Heizungs- und Warmwasserbereitungsanlage eingezogen werden können.
7. Räumliche Anordnung des Speicherraums im Keller und des Steigkanals derart, dass
später zu verlegende Verbindungsrohre zwischen den Speichern, dem Kollektor und
der Heizungsanlage möglichst kurz sind.
8. Für die Unterbringung der Kollektoren zur Raumheizung sollt eine Dachfläche mit
einem Neigungswinkel von mindestens 40° und einer Himmelsorientierung im Bereich
zwischen Südost und Südwest zur Verfügung stehen, wobei der Flächenbedarf der
Kollektoren mindestens ein Drittel der zu beheizenden Wohnfläche betragen soll.
9. Eine besondere Tragekonstruktion im Dach für die Kollektoren ist nicht erforderlich. Sie
werden die statischen Voraussetzungen für normale Ziegeldächer erhalten.
7.3.1.3 Schwimmbadheizungsanlagen:
Diese Heizungssysteme sind volkswirtschaftlich von geringem Interesse,
wirkungsgradmäßig jedoch am günstigsten. Der Grund liegt darin, dass die benötigten
Kollektorvorlauftemperaturen extrem niedrig sind und das Schwimmbecken selbst den
thermischen Speicher darstellt. Bei der Verwendung von Einkreissystemen ist darauf zu
achten, dass durch den Chlor und Fluor Zusatz im Badewasser keine Korrosionen im
Kollektor auftreten. Zur Vermeidung größerer Wärmeverluste empfiehlt es sich das
Becken während der Nachtstunden abzudecken.
7.3.1.4 Solarhäuser:
Seit der Energiekrise des Jahres 1974 hat sich das Interesse an der
Solarenergienutzung
schlagartig
gesteigert.
Vor
allem
im
Bereich
der
Hausenergieversorgung wurden die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten intensiviert,
vielerorts wurden „Solarhäuser“ gebaut und ihr Betriebsverhalten untersucht. Solarhäuser
sind Gebäude, die einen mehr
oder weniger großen Teil des thermischen
Energiebedarfes durch Sonnenenergie decken. In seltenen Fällen erfolgt auch die
Gewinnung elektrischer Energie mir Hilfe von Solarzellen. Solarhäuser sind ihrem Zweck
entsprechend mit großen Kollektorflächen, die möglichst nach Süden gerichtet sind,
ausgestattet. Den architektonischen Integrationsmöglichkeiten für die Flachkollektoren
sind dabei fast keine Grenzen gesetzt. Die häufigste Variante ist die Anbringung von
Flachkollektoren auf dem Dach, das eine entsprechende, schon früher besprochene
günstige Neigung aufweisen muss. Weiters besitzen Solarhäuser Speicheranlagen
entsprechender Größe, die in den Kellergeschossen oder außerhalb des Gebäudes
angeordnet werden. Dass auf besondere thermische Isolierung der Außenwände, Fenster
und Türen zu achten ist, ist selbstverständlich. Um etwas tiefer in die Problematik der
Solarhäuser in Mitteleuropa einzugehen, wird im folgenden das Aachener
Experimentierhaus näher erläutert werden.
7.3.1.4.1 Das Aachener Experimentierhaus:
Die umfangreichsten und wohl auch fundiertesten Untersuchungen zur
Energieeinsparung in Gebäuden mit Hilfe passiver und aktiver Methoden wurden am
Aachener Experimentierhaus des Philips Forschungslabors, dargestellt im Bild 48,
durchgeführt. Sie umfassen im wesentlichen folgende Aufgabenpakete:
 Entwurf, Betrieb und Auswertung eines Energie Experimentierhauses
 Entwicklung hocheffizienter Solarkollektoren
 Entwicklung von Computersimulationsmodellen zur Quantifizierung des Einflusses
passiver und aktiver Methoden auf den Gesamtenergieverbrauch von Hochbauten
 Anwendung dieser Verfahren zur Bewertung unterschiedlicher Methoden der rationellen
Energieverwendung sowie der aktiven und passiven Solarenergienutzung in Gebäuden.
60
Aufgrund der Klimaverhältnisse und des existierenden Gebäudebestandes in
Mitteleuropa ergibt sich folgende Reihenfolge der Maßnahmen zur Energieeinsparung in
Gebäuden:
 Reduzierung der Wärmeverluste
 Wärmerückgewinnung aus Abwässern und Abluft
 Nutzung der Sonnenenergie (direkt als Strahlung und indirekt als Luft- Wasser- und
Erdwärme)
 Entwicklung integrierter Energiesysteme, die von der Sonnenenergie und der
Wärmerückgewinnung in Verbindung mit konventionellen Energiequellen optimalen
Nutzen versprechen.
Das im Rahmen dieser Untersuchungen verwendete Fertighaus wurde anhand dieser
Prioritätenliste modifiziert. Die Wärmedämmung wurde erheblich verbessert, die
Wärmedurchgangszahlen sind:
 Außenwände
kW = 0,17 W/m²K
 Decke
kD = 0,23 W/m²K
 Fußboden
kB = 0,30 W/m²K
 Fenster
kF = 1,90 W/m²K
Eine derart weitgehende Wärmedämmung ist aber nur dann sinnvoll, wenn auch die
durch Undichtheiten und unkontrollierten Luftaustausch verursachten Ventilationsverluste
radikal verringert werden. Im Aachener Experimentierhaus wurden deshalb die Fenster
und Türen mit sehr geringer Fugendurchlässigkeit verwendet, die Gebäudehülle sorgfältig
abgedichtet und eine Lüftungsanlage mit regenerativem Wärmetauscher eingebaut.
Das
Haus
ist
unbewohnt,
das
Bewohnerverhalten
(Energieverbrauch,
Raumtemperaturregelung usw.) wird von einem Prozessrechner simuliert. Zur Nutzung der
regenerativen Energien und der Abwärmen sind folgende aktive Systeme eingebaut:
 eine Solarkollektoranlage
 eine Porwand als Erd-Luft-Wärmetauscher zur Vorwärmung der Zuluft im Winter bzw.
zur Kühlung im Sommer
 zwei
Wärmepumpen,
die
an
einen
Abwassertank
bzw.
an
einen
Erdreichwärmetauscher angeschlossen sind und zur Brauchwassererwärmung und
Gebäudeheizung eingesetzt werden.
Der Jahresbedarf an Heizenergie liegt mit 3200 kWh bei nur etwa 13 % desjenigen
nach heutigem Standard bereits gut isolierten Hauses mit 24200 kWh. Der Anteil an
inneren Wärmequellen an der Deckung des Heizbedarfes beträgt bei einem Normalhaus
etwa 17 %, beim Experimentierhaus aber 55 %.
Durch das Aachener Experimentierhaus und das Nullenergiehaus in Kopenhagen
wurde die Meinung, dass die Errichtung von Solarhäusern nur in südlicheren Gegenden
sinnvoll wäre, widerlegt. Sicherlich ist ein Solarhaus wesentlich teurer als ein
konventionelles und bei den heutigen Energiepreisen eine Amortisation der höheren
Investition in entsprechenden Zeiten nicht erreichbar. Bei steigenden Energiepreisen
könnte eine Wirtschaftlichkeit aber durchaus erreicht werden.
7.3.2 Anlagen für den Mittel- und Hochtemperaturbereich (100 °C - 1200 °C):
Die mit konzentrierenden Kollektoren erzeugbare thermische Energie entsprechend
den Temperaturen des Trägermediums von etwa 100 °C bis 1200 °C eröffnet eine große
Bandbreite von Anwendungsmöglichkeiten, die im Bild 49 dargestellt sind. Gering
konzentrierende Systeme sind in erster Linie bei der Kühlung und Klimatisierung, der
Meerwasserentsalzung und bei industrieller Prozesswärmeerzeugung im unteren
Temperaturbereich bis 140 °C einsetzbar. Vorteilhaft gegenüber anderen
61
konzentrierenden Systemen erscheint der Einsatz dieser Kollektoren insbesondere dann,
wenn der Konzentrationsfaktor so gewählt werden kann (Cmax  3), dass auf eine
Nachführung verzichtet werden kann. Die interessanten und vielfältigen Anwendungen
rechtfertigen daher eine intensive Entwicklung stationärer Konzentratoren.
Für den mittleren Temperaturbereich bis etwa 300 °C eröffnen sich mit Sicherheit die
breitesten Anwendungsmöglichkeiten, die neben der Kühlung, Meerwasserentsalzung und
Stromerzeugung vor allem auf dem umfangreichen Sektor der industriellen
Prozesswärmenutzung liegen. Dezentrale kleine und mittelgroße Anlagen können hier in
den sonnenreichen Entwicklungsländern, aber auch in den Industrieländern Südeuropas
oder Amerikas eine spürbare Entlastung des Ölverbrauches bringen, da für die Erzeugung
dieser Mitteltemperaturwärme bisher nahezu ausschließlich leichtes oder schweres Heizöl
eingesetzt wurde.
Hochkonzentrierende Systeme wurden bisher in erster Linie für die Erzeugung
elektrischer Energie, für Kleinanlagen bis 1000 kW mit Paraboloidkollektoren, für
Großanlagen bis zu 100 MW mit schwach gekrümmten Heliostaten untersucht. Der
Einsatz solcher Systeme für die Kraft-Wärme-Kopplung, also die gleichzeitige Erzeugung
von Strom und Wärme, ist wegen des damit erreichbaren besseren
Systemnutzungsgrades wirtschaftlich sicherlich von großem Interesse.
Insgesamt ist kurz- und mittelfristig der Einsatz gering- und mittelkonzentrierender
Systeme für den Einsatz bei der Prozesswärmeerzeugung am interessantesten, da hier
mit relativ einfachen Systemen sehr gute Wirkungsgrade von bis zu 50 % zu erzielen sind.
Längerfristig kommt zu dieser Anwendung die Nutzung der solarthermischen Energie zur
Stromerzeugung hinzu, wobei mit aufwändigeren Systemen Wirkungsgrade von über 20 %
bei Volllast zu erreichen sind.
7.3.2.1 Erzeugung industrieller Prozesswärme:
Ein solares Prozesswärmesystem für Temperaturen bis 300 °C besteht im allgemeinen
aus den im Bild 50 gezeigten Teilsystemen:
 einem Kollektorfeld, das eine Reihe von untereinander verschalteten Kollektoren
umfasst.
 einem Speichersubsystem, das die Effekte der diskontinuierlichen solaren Einstrahlung
kompensiert und eine Anpassung an das Verbraucherprofil erlaubt.
 einem Dampferzeuger oder Gaserhitzer, in dem die Wärme vom Speicher oder
Kollektorfeld an das Wärmeträgermedium des Verbrauchers übertragen wird
 einer Kontroll- und Regeleinheit, die die gesamte Anlage und ihre Subsysteme
entsprechend den Solarbedingungen und dem Verbraucherprofil überwacht und regelt.
Bisher sind mehrere Prozesswärmeanlagen zur Dampferzeugung im industriellen
Bereich eingesetzt worden, und zwar in Brauereien, in Molkereien, in
Lebensmittelbetrieben, in Textilbetrieben und Wäschereien, sowie Chemiebetrieben. Die
Anlagen arbeiten ausschließlich mit einachsig nachführbaren Parabolkollektoren, die
teilweise auf dem Dach der Produktionsanlage aufgestellt sind. Die mit den Anlagen
erreichten Dampftemperaturen liegen zwischen 150 °C und 200 °C, die Anlagenleistungen
schwanken zwischen 300 und 600 kW, entsprechend etwa 0,5 bis 1,0 t Dampf/h im
Auslegungspunkt. Für diese Leistungen sind Kollektorfelder in der Größe von 600 bis 1200
m² Spiegelfläche notwendig. Derartige Anlagen befinden sich in USA Spanien, Portugal,
Italien, Griechenland und in mehreren Ländern des arabischen Raumes in der
Realisierung oder im Betrieb.
Prozesswärmeanlagen für Anwendungstemperaturen von 500 °C und mehr sind bisher
nicht realisiert worden. Derzeit werden einige Projekte für die Sonnenenergienutzung nach
dem Solar-Turm Prinzip bearbeitet.
62
Es ist zu erwarten, dass zunächst solare Systeme dort eingesetzt werden, wo sie im
Zusammenwirken mit fossil gefeuerten Systemen als Treibstoffsparer arbeiten und in
einem ersten Schritt nur einen Teil der fossilen Energie ersetzen. Autonome solare
Prozesswärmeanlagen
werden,
von
Ausnahmefällen
abgesehen,
auch
im
Mitteltemperaturbereich erst langfristig Bedeutung gewinnen.
7.3.2.2 Solarthermische Kraftwerke:
Während sich der Nutzung solarer Energie in Form von industrieller Prozesswärme
bereits kurz- oder mittelfristig Anwenderchancen eröffnen, wird solarthermische
Stromerzeugung erst mittel- bis langfristig an Bedeutung gewinnen. Dies ist durch die
größere
Komplexibilität
und
den
geringeren
Wirkungsgrad
gegenüber
Prozesswärmeanlagen begründet. Die Umwandlung in elektrische Energie erfolgt auch
hier über mehr oder weniger konventionelle thermische Kreisprozesse mit Turbine und
Generator. Bisher haben sich zwei große Gruppen von solarthermischen
Kraftwerkskonzepten herausgebildet. Kraftwerke der ersten Gruppe mit Leistungen in kW
Bereich, bis etwa 50 kW dienen in Entwicklungsländern zur Versorgung von kleineren
Gemeinden
mit
elektrischer
Energie,
zur
Speisung
von
Pumpstationen,
Beleuchtungsanlagen und ähnlichem. Sie sind im allgemeinen als Solar-Farm Anlagen
ausgeführt. Die zweite Gruppe umfasst Anlagen, deren Leistungen bis zu einigen 100 MW
reichen. Die Ausführungsform ist hier die Solar-Turm Anlage. Bei diesen Anlagen ist vieles
noch im Entwicklungsstadium.
7.3.2.2.1 Kleinkraftwerke:
Im Bild 51 wird ein vereinfachtes Prinzipschema eines Kleinkraftwerkes, mit einer
elektrischen Leistung von 10 kW gezeigt.
Das in Flachkollektoren oder konzentrierenden Kollektorfeldern dezentral erwärmte
Arbeitsmedium führt die Wärme in einen thermischen Speicher, der eine Entkopplung
zwischen eingestrahlter Sonnenenergie und benötigter elektrischer Energie bewirkt. Zur
Erzeugung elektrischer Energie wird nun thermische Energie aus dem Speicher
entnommen und dem Verdampfer zugeführt.
Bei
Verwendung
von
Flachkollektoren
können
nur
niedrige
Primärkreislauftemperaturen erreicht werden. Daher wird nicht Wasser als Arbeitsmedium
für den Dampfkreis verwendet, sondern Medien mit geeigneter Siedetemperatur. Der
Gesamtwirkungsgrad, das Verhältnis von abgegebener elektrischer Leistung zu
eingestrahlter Sonnenenergie, solcher Anlagen liegt bei 2 - 5%. Durch Erhöhung der
Kollektorvorlauftemperatur und Verwendung konzentrierender Kollektoren mit einem
Konzentrationsverhältnis um 10 (Solar-Farm Anlagen) wird ein Gesamtwirkungsgrad von 8
- 10% erreicht. Im Bild 52 wird in Form einer Treppenkurve die Leistungen und
Wirkungsgrade der Energiewandlungskette einer typischen Solar-Farm Anlage für den
Vollastbetrieb gezeigt.
7.3.2.2.2 Großkraftwerke:
Eine der wesentlichen Voraussetzungen für einen guten Gesamtwirkungsgrad einer
solarthermischen Anlage sind hohe Arbeitstemperaturen. Bei den verschiedenen
solarthermischen Großkraftwerksprojekten versucht man weitgehend konventionelle
Dampfkreise mit Wasserdampf und Temperaturen um 450 bis 550°C zu verwenden. Die
hohen Arbeitstemperaturen bedingen geeignete Konzentrationsvorrichtungen zur
Erwärmung eines Wärmeträgers.
Anfänglich wurden große zylindrische parabolische Kollektoren verwendet, die den
bereits
besprochenen
konzentrierenden
Kollektoren
ähnlich
waren
und
63
Konzentrationsfaktoren um 100 aufwiesen. Für diese Aggregate mussten jedoch für die
Nachführung große Antriebsenergien aufgewendet werden.
Eine viel diskutierte solarthermische Kraftwerksvariante stellt das bereits angeführte
Solar-Turm Konzept dar. Aufgrund des hohen Aufwandes für die Regelung und Steuerung
des Sonnenspiegelfeldes sind derartige Anlagen sicherlich nur für Leistungen von 5 MW
bis über 100 MW geeignet. Das Bild 53 zeigt wiederum in der treppenförmigen
Darstellung die Wirkungsgrade in der Energieumwandlungskette bei Volllast.
Die gegenwärtig entwickelten Konzepte haben vor allem das Ziel, zur effizienten und
wirtschaftlichen Ausnutzung der Sonnenenergie ihre naturgemäßen Nachteile weitgehend
auszuschalten. Die Nachteile bestehen hauptsächlich darin, dass die Sonnenenergie
durchschnittlich nur 10 Stunden pro Tag nutzbar ist. Hinzu kommt, dass es bei
Wolkenbeschattung des Heliostatfeldes zu einer intermittierenden Einstrahlung kommen
kann. Durch die Einführung von Speichern oder durch die gleichzeitig Installation einer mit
fossilen Brennstoffen beheizten zweiten Energiequelle können diese Nachteile weitgehend
ausgeglichen werden.
Sicherlich sind heute die solarthermischen Kraftwerke mit fossilbeheizten oder mit
Kernkraftwerken noch nicht konkurrenzfähig, sie stellen aber eine echte Alternative für die
großtechnische Elektrizitätserzeugung der Zukunft dar.
7.3.2.3 Sonnenöfen:
Sonnenöfen sind Vorrichtungen zur Erzeugung höchster Temperaturen durch
Fokussierung der Sonnenstrahlen unter Verwendung geeigneter Spiegelsysteme. Die
Konzentrationsfaktoren können Werte um 10 000 erreichen. Ein derartiges Aggregat stellt
der Sonnenofen von Odeillo dar, dessen schematische Darstellung im Bild 54 gezeigt
wird. Über 63 gesteuerte Planspiegel, sogenannte Heliostate, mit einer Spiegelfläche von
je 42 m² werden die Sonnenstrahlen auf einen 2000 m² großen Parabolspiegel reflektiert.
Im Brennpunkt des Parabolspiegels ist ein Schmelzofen angeordnet. In diesem Ofen
werden Temperaturen von 3500 °C erreicht. Die Anlage dient hauptsächlich zur
Herstellung von Speziallegierungen, die im Vakuum erschmolzen werden. Sie ist etwa
2000 Stunden im Jahr in Betrieb.
7.3.3 Zusammenfassung:
Solare Strahlung für den Mittel- und Hochtemperaturbereich, also von 100 °C bis zu
etwa 1200 °C, ist vor allem für eine direkte Nutzung in Form von Prozesswärme und eine
Nutzung in thermomechanischen Wandlern zur Stromerzeugung von Interesse. Aufgrund
der
technischen
und
wirtschaftlichen
Randbedingungen
werden
der
Mitteltemperaturprozesswärme im Bereich von 100 °C bis etwa 300 °C bereits mittelfristig
erhebliche Anwendungschancen eingeräumt. Die solarthermische Stromerzeugung sowie
die Hochtemperaturprozesswärme von 500 °C bis in den Bereich von 1200 °C sind eher
langfristig von Interesse.
Das Einsatzspektrum von Prozesswärmeanlagen reicht von kleinen, dezentralen
Dampferzeugungsanlagen für z.B. Industriebetriebe bis zu zentralen Solaranlagen die
großtechnisch
Wasserstoff
erzeugen.
Die
Anwendung
solarthermischer
Stromerzeugungsanlagen reichen vom kleinen Leistungsbereich von etwa 50 kW bis zu
Anlagengrößen von über 100 MW.
Die Nutzung Solarer Strahlung zur Erzeugung von Mittel- und Hochtemperaturwärme
erfordert den Einsatz konzentrierender Kollektoren. Diese arbeiten je nach
Temperaturbereich und Einsatzfall mit Konzentrationsfaktoren von 2 bis etwa 1000. Für
die geringen Konzentrationsfaktoren bis etwa 2,5 können stationäre, oder saisonal
nachstellbare Kollektoren eingesetzt werden, deren thermisches Einsatzgebiet bis zu etwa
140 °C reicht.
64
Für Temperaturen bis zu etwa 300 °C sind Konzentrationsfaktoren von 30 bis 50 in
nachführbaren linienfokussierenden Kollektoren erforderlich. Die Kollektoren in diesem für
Prozesswärmeanwendungen interessanten Bereich werden zumeist einachsig
nachgeführt. Für Temperaturen von 500 °C bis zu 1200 °C werden Konzentrationsfaktoren
bis zu 1000 in punktfokussierenden Kollektoren benötigt. Diese Systeme erfordern eine
präzise zweiachsige Nachführung.
Den unterschiedlichen Eigenschaften entsprechend unterscheidet man zwischen SolarFarm und Solar-Turm Anlagen. Die Solar-Farm Anlage arbeitet im Temperaturbereich von
100 °C bis 300 °C, wandelt die Strahlungsenergie in dezentralen Absorbern in
Wärmeenergie, die dann über eine Wärmeträgerflüssigkeit zu einem zentralen Speicher
und Energiewandler transportiert wird. Die Solarturmanlage arbeitet im Temperaturbereich
von 500 °C bis 1200 °C, wobei der Energietransport optisch von den Heliostatspiegeln zu
einem zentralen Absorber erfolgt. Dort wird die Umwandlung in thermische Energie
vorgenommen; diese wird dann ebenfalls zu einem zentralen Speicher und
Energiewandlersystem geleitet. Wegen der geringen Verluste im Heliostatfeld und wegen
der größeren Aufwendungen für Turm und zentralen Absorber werden diese Anlagen bei
der Prozesswärmeanwendungen sowie bei der Stromerzeugung vorteilhaft für höhere
Temperaturen und für elektrische Leistungen bis zu über 100 MW eingesetzt.
7.4. Photovoltaische Stromerzeugung:
Ebenso wie Niedertemperatur- und Hochtemperaturkollektoren zählen auch die
Solarzellen zu den Energiewandlern, die eine direkte Nutzung der solaren
Strahlungsenergie ermöglichen. Obwohl der photovoltaische Effekt bereits seit seiner
Entdeckung durch Bequerel im Jahre 1839 bekannt ist begann seine Nutzung zur
Energieumwandlung sich erst mit dem Satellitenzeitalter auszubreiten. 1954 wurden die
ersten Solarzellen für Weltraumzwecke hergestellt. Ihr Wirkungsgrad betrug 5%. Trotz
einer schnellen Steigerung der Wirkungsgrade und einer erheblichen Weiterentwicklung
der Technologie wurde die erdgebundene Anwendung wegen der hohen
Produktionskosten erst im Gefolge der Ölkrise von 1973 interessant.
Das derzeitige Kostenziel der Solarzellenproduktion liegt in der Größenordnung von
580 €/kW el bei einer Bestrahlungsstärke von 1 kW/m². Dies bedeutet bei einem
Wirkungsgrad von 10% Produktionskosten der reinen Solarzellen von 50 €/m². Für
Sonderfälle insbesondere der Stromversorgung entlegener Verbraucher in sonnenreichen
Gebieten gelten ganz andere Bedingungen. Hier gibt es eine Fülle von
Einsatzmöglichkeiten, die heute schon als wirtschaftlich bezeichnet werden können. Auch
bei uns gibt es verschiedene Einsatzmöglichkeiten wie etwa Stromversorgung von
Weidezäunen, Segelbooten, Signal- und Funkanlagen sowie kleinere elektronische
Gebrauchsgegenstände.
7.4.1 Grundlagen:
Die meisten heute käuflichen Solarzellen sind Halbleiterbauelemente und davon ist
der überwiegende Teil aus kristallinem Silizium. Die Wirkungsweise einer Solarzelle lässt
sich folgendermaßen knapp beschreiben:
 die Solarzelle absorbiert Licht (elektromagnetische Energie)
 in der Solarzelle entstehen (zusätzliche) bewegliche positive und negative
Ladungsträger (innerer Photoeffekt)
 ein elektrisches Feld in der Solarzelle trennt diese Ladungsträger
 an den Anschlussklemmen entsteht eine elektrische Spannung.
Photovoltaische Energiewandler können aus vielerlei Gründen als nahezu ideal
bezeichnet werden. Sie sind in der Lage sowohl direkte als auch diffuse Strahlung in
65
elektrische Energie umzuwandeln. Für diese Umwandlung benötigen sie keinerlei dem
Verschleiß unterliegende Teile. Die Einsatzmöglichkeiten reichen von Milliwatt
Generatoren bei der Elektronik über den Einsatz in der Kfz-Elektrotechnik und zur
Hauselektrifizierung bis hin zu netzfernen dezentralen Versorgungen, kleinen
Inselbetriebsnetzen und schließlich zum Megawattbereich netzgekoppelter zentraler
Kraftwerke. Allerdings scheint derzeit ein Einsatz zur Stromversorgung des öffentlichen
Netzes in größerem Umfang nicht möglich.
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Entwicklungsländern auch heute
noch ohne Strom. Hier gibt es eine Fülle photovoltaischer Kleinsysteme, die nicht nur die
Lebensbedingungen verbessern können, sondern auch heute schon zu wirtschaftlichen
Bedingungen mit konventionellen Techniken konkurrieren können. Längerfristig erscheint
auch die großtechnische Erzeugung von Wasserstoff über Photovoltaikanlagen
aussichtsreich. Für viele der heute erdölexportierenden Länder, die in sehr sonnenreichen
Gegenden liegen könnte solarer Wasserstoff zu einem Exportgut werden. Unter der
Annahme eines Elektrolysewirkungsgrades von 85 bis 90% und eines
Photovoltaikwirkungsgrades von 16 bis 18% könnte zum Beispiel Saudi-Arabien mehr als
25% der Primärenergieverbrauches der Welt in Form von Wasserstoff bereitstellen.
7.4.2 Wirtschaftlichkeit:
Ziel der verschiedensten Entwicklungen von Solarzellen für terrestische Nutzung ist es,
den gegenwärtig noch recht hohen Preis pro Watt soweit zu senken, dass damit die
Stromerzeugung aus Sonnenlicht konkurrenzfähig mit Nuklearstrom und Strom aus
fossilen Primärenergieträgern wird. Natürlich sind nicht nur die Kosten für
Solarzellenmodule, die etwa 60% der Gesamtkosten betragen, alleine zu betrachten, ihre
Reduktion ist aber eine Grundvoraussetzung für eine breite Anwendung. Dazu ist es aber
notwendig Zellen zu entwickeln, die neben einem hohen Wirkungsgrad geringe
Materialkosten, geringe Produktionskosten und hohe Stabilität aufweisen. Beobachtungen
nach einem 10 jährigen Dauerbetrieb in Italien zeigen, dass der Wirkungsgrad im Bereich
der Messgenauigkeit konstant geblieben ist. Vom physikalischen Standpunkt aus gesehen
bestehen bei Halbleitern keine Beschränkungen der Lebensdauer.
7.4.3 Anwendungsbeispiele:
Während sich Solarzellen zur Stromversorgung von Satelliten durchgesetzt haben
beschränkt sich ihre Nutzung auf der Erde weitgehend auf Kleinstanwendungen in Uhren
oder Taschenrechnern und auf staatlich geförderte größere Pilotanlagen. Hinzu kommen
in jüngster Zeit einige Anwendungen in entlegenen Gebieten (Inselgebieten), wo kein
Stromnetz zur Verfügung steht, bei denen Solarzellen den konventionellen Energieträgern
überlegen sind. Solche Anwendungen sind aber auch Seebojen, Navigationslichter,
Radarstationen, Signalanlagen, Notruftelefone etc. Der gegenwärtig größte Solargenerator
mit 100 kW p Leistung steht in Utah (USA) mit 250000 Siliziumzellen auf 1700 m² Fläche.
Typische Anwendungsgebiete sind in der Tabelle 10 gegeben.
Das größte Solarzellenkraftwerk Europas steht auf der Nordseeinsel Pellworm und hat
bei einer Fläche von 16000 m² eine Nennleistung von 300 kW. Sorgen bereitet den
Betreibern die Wirtschaftlichkeit; die Stromerzeugungskosten liegen bei 2 €/kWh.
In
Deutschland
sind
Versuchssolarkraftwerke
in
Planung,
die
zur
Wasserstofferzeugung eingesetzt werden sollen. Mit der Jahresproduktion von annähernd
100 000 m³ sollen 10 bis 15 Wohnhäuser mit Raumwärme, Warmwasser und
Elektroenergie versorgt werden.
7.4.4 Ökologische Aspekte:
Als größten Nachteil in Richtung der Umweltbeeinflussung wird immer der
außerordentlich hohe Flächenbedarf genannt. Immerhin ist in Mitteleuropa für ein
66
Solarkraftwerk von 1300 MW Leistung eine Fläche von 100 bis 160 km² notwendig. Selbst
in der besonders günstigen Region der Sahara sind noch etwa 60 km² erforderlich.
Weitaus gefährlicher ist aber der Umstand, dass bei der Produktion der Solarzellen große
Mengen hochtoxischer und leichtentzündlicher Gase verwendet werden. Durch die
Erfüllung hoher Umweltstandards, wenn auch unter erheblichen Kosten, ist die Produktion
aber weitgehend problemlos zu sehen. Die negativen Umweltaspekte sind damit
insbesondere im Vergleich mit anderen Energietechniken gering. Ihnen stehen eine
Vielzahl von positiven Aspekten entgegen. Dazu zählen unter anderem:
 die verglichen mit der Kernenergie oder der fossilen Energie hohe Akzeptanz in der
Bevölkerung
 Nutzung einer weitgehend krisensicheren und jederzeit verfügbaren Energie
 Verminderung der Abhängigkeit von Energieimporten
 mit der Nutzung gekoppelte Beschäftigungseffekte.
8.Methanol als Energieträger:
8.1. Eigenschaften von Methanol:
Methanol CH3OH, auch Methylalkohol genannt, ist als farb- und geruchlose Flüssigkeit.
der einfachste Alkohol, der in der Natur als Ester in ätherischen Ölen und als Äther in
vielen Pflanzenstoffen enthalten ist. Methanol wurde früher aus Holzgeist gewonnen,
heute in großen Mengen (die Weltproduktion liegt über 10 Millionen Tonnen pro Jahr) fast
ausschließlich durch katalytische Verfahren aus Synthesegas hergestellt. Es stellt einen
wichtigen chemischen Grundstoff zur Erzeugung zahlreicher chemischer Verbindungen
dar und dient als Lösungsmittel.
Der Siedepunkt von Methanol liegt bei Normaldruck bei 64,7 °C, die
Erstarrungstemperatur bei –97,8 °C. Die Dichte beträgt 0,79 kg/dm³. Mischungen von 7%
bis 36% mit Luft sind entflammbar, die Selbstentzündungstemperatur liegt bei 467 °C.
Methanol kann aus einer Reihe von Grundstoffen großtechnisch hergestellt werden,
wodurch die Forderung nach Verfügbarkeit gegeben ist. Da es unter Normalbedingungen
flüssig ist, ist ein Transport in Rohrleitungen, Tankfahrzeugen, Tankschiffen und
ähnlichem leicht möglich. Die Speicherung erfolgt drucklos in flüssiger Form, was einen
großen Vorteil gegenüber gasförmigen Energieträgern darstellt. Bezüglich der
Umweltfreundlichkeit muss festgestellt werden, dass Methanol wohl giftig, sonst aber
hinsichtlich der Umweltbelastung ähnlich den fossilen Energieträgern einzustufen ist.
Durch die Mischbarkeit mit Wasser kann Methanol leicht verdünnt werden und ist überdies
biologisch schnell abbaubar. Weiters besitzt es die Eignung als Treibstoff für
Verbrennungsmotoren, was für einen zukünftigen Energieträger zweifelsohne von größter
Bedeutung wäre.
8.2. Herstellung von Methanol:
Die Herstellung von Methanol erfolgt heute hauptsächlich aus Synthesegas. Als
Ausgangsstoff dient hierbei meist Kohle oder Koks. Wasserstoff und Kohlenstoff reagieren
bei Temperaturen oberhalb 600 °C nach der endothermen Wassergasreaktion.
C + H2O  CO + H2
Das entstehende Gasgemisch (Synthesegas) besitzt einen Heizwert von 11,7 MJ/m³n
(3,25 kWh/m³n). Dieses Gas kann unmittelbar als Brennstoff verwendet werden und ist die
Grundlage der Methanolherstellung. Unter Wirkung geeigneter Katalysatoren und Drücken
von 50 bar bis 200 bar und Temperaturen um 350 °C bzw. 450 °C vollzieht sich eine
exotherme Reaktion, die zur Methanolbildung führt.
67
2H2 + CO  CH3OH
Vorteilhaft ist hierbei, dass als Ausgangsprodukt Kohle, die nach heutigen Kenntnissen
der Weltreserven von allen fossilen Energieträgern mit Abstand am längsten verfügbar
sein wird, verwendet werden kann. Sollte im Zuge einer „Wasserstoffwirtschaft“
Wasserstoff als Energieträger fungieren, so wäre auch hier die Methanolgewinnung
gesichert. Außer Kohle eignen sich als Ausgangsstoffe vor allem Erdöl und Erdgas, aber
auch städtische und landwirtschaftliche Abfallstoffe und pflanzliche Produkte. Als
zukünftige Möglichkeit könnten sogar das Kohlendioxid der Luft oder Kalkstein zur
Methanolgewinnung herangezogen werden. Bei Verwendung von Kalkstein verläuft die
Reaktion wie folgt:
CaCO3
H2O
CO2 + H2



CaO + CO2
H2 + ½ O2
CH3OH + H2O
(Kalkbrennen)
(Wasserstofferzeugung)
(Methanolsynthese)
Die benötigten Wärmeenergien für das Kalkbrennen und für die Wasserstofferzeugung
(Thermische Spaltungsverfahren) könnten ebenfalls Reaktoren liefern. Derzeit liegen die
Herstellungskosten von Methanol nach diesem Verfahren noch zu hoch.
8.3. Verwendungsmöglichkeiten von Methanol:
Wie bereits erwähnt, ist Methanol ein wichtiger Grundstoff in der Chemie, und da es
schwefelfrei ist, stellt es einen umweltfreundlichen Energieträger für Heizzwecke dar und
könnte somit auch zur Versorgung von kalorischen Kraftwerken dienen. Weiters kann
Methanol in Brennstoffzellen direkt in elektrische Energie umgewandelt werden, was
ebenfalls eine günstige Voraussetzung für einen möglichen breiten Einsatz wäre. Die
vielleicht wichtigste Anwendungsmöglichkeit und damit eine große Bedeutung für die
Zukunft liegt in der Tatsache, dass Methanol als Kraftstoff für Verbrennungsmotoren
geeignet ist. Bei Methanol ist auch das Gewichts- und Volumsproblem bei der
Speicherung nicht relevant.
In der Folge soll noch kurz auf die Möglichkeit der Substitution von Benzin durch
Methanol im Verkehrssektor eingegangen werden. Superbenzin weist einen Energieinhalt
von 43,2,MJ/kg bzw. 32,4 MJ/l (9,0 kWh/l) auf, Methanol etwas weniger als die Hälfte,
nämlich 15,5 MJ/l (4,3 kWh/l). Dies bedeutet, dass – bei gleicher Reichweite eines
Fahrzeuges, dieses einen doppelt so großen Tank benötigt wie herkömmliche
Benzinfahrzeuge. Dies ist auch der entscheidende Nachteil gegenüber benzinbetriebenen
Fahrzeugen. Methanol hat aber hervorragende Hochleistungseigenschaften (Verwendung
in Rennmotoren) hohe Oktanzahl und damit hohe Klopffestigkeit, weiters geringe Neigung
zur Selbstentzündung, wodurch eine Verwendung im Dieselmotor nicht möglich ist.
Methanol benötigt zufolge des gebundenen Sauerstoffes geringere Luftmengen (ca. 50%).
Hinsichtlich der schädlichen Abgasemission ist der Methanolmotor dem Benzinmotor
ebenfalls überlegen.
Probleme bringt der Methanolmotor beim Starten des kalten Motors, da Methanol bei
Umgebungstemperatur einen so kleinen Dampfdruck aufweist, dass keine gasförmige
Mischung mit Luft möglich ist.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Methanol in absehbarer Zeit eine
echte Alternative für die Versorgung von Verbrennungsmotoren darstellt. Allerdings
müsste hierzu die Methanolproduktion wesentlich gesteigert und ein geeignetes
Verteilsystem (Tankstellen) geschaffen werden. Auch ein schrittweiser Übergang zu
Methanol durch Zumischung von 15 bis 20% zu Benzin wäre denkbar.
68
9. Wasserstoff als Energieträger:
Wasserstoff besitzt die meisten Eigenschaften, die für erneuerbare oder neue
Energieträger gefordert werden. Er bietet sich daher als neuer Energieträger besonders an
und steht im Wasser der Weltmeere in praktisch unbegrenztem Ausmaße zur Verfügung.
Der Energietransport in Rohrleitungen, besonders über große Entfernungen, ist möglich
und wirtschaftlicher als elektrische Energieübertragung. Gerade dieser Aspekt wird in
Zukunft eine große Rolle spielen, denn es ist vorstellbar, dass bei weiter steigendem
spezifischem Energieverbrauch große Energieumwandlungszentren geplant und errichtet
werden müssen, die weitab von den Verbraucherschwerpunkten liegen.
Wasserstoff lässt sich gasförmig, flüssig, in fester Form als Metallhydrid und in Form
chemischer Verbindungen speichern. Die Umwandlung von Wasserstoff in thermische und
elektrische Energie sowie die Verwendung als Treibstoff ist möglich. Wasserstoff stellt
ferner einen wichtigen Grundstoff für viele chemische Verfahren dar.
Letztlich ist die Verwendung von Wasserstoff extrem umweltfreundlich. Bei seiner
Verbrennung entsteht wieder Wasser – neben geringen Mengen von Stickoxiden – der
Kreislauf ist also in sich geschlossen. Daraus ergibt sich, dass Wasserstoff eine gewisse
Attraktivität als Energieträger anhaftet und es ist daher nicht verwunderlich, dass seit
einiger Zeit das Wort „Wasserstoffwirtschaft“ immer öfter auftaucht. Dies darf aber nicht
darüber hinwegtäuschen, dass es noch einige wesentliche Probleme zu lösen gibt, die
jedoch technisch lösbar erscheinen. Hierher gehören vor allem die Sicherheitsaspekte in
Verbindung mit Wasserstoff und die großtechnische Erzeugung aus nichtfossilen
Primärenergieträgern.
9.1. Sicherheitstechnische Aspekte bei der Verwendung von
Wasserstoff:
Wasserstoff ist geruchlos und farblos und schwerer als Luft. Bei Mischung mit Luft oder
Sauerstoff entsteht Knallgas. Die Zündung von Gemischen mit Wasserstoff erfolgt bereits
bei sehr geringer Energiezufuhr. Die Explosionsgrenzen in Luft reichen von 4 bis 75 Vol-%
H2, wobei die Flammenausbreitungsgeschwindigkeit mit 2,75 m/s etwa das 7,5-fache jener
von Methan beträgt. Wasserstoff diffundiert durch kleinste Spalten und führt mitunter zur
Versprödung von Metallen.
Aus allen diesen Gegebenheiten ergeben sich erhöhte Gefahrenmomente, doch bei
sachgemäßem Umgang und entsprechender sorgfältiger Herstellung von Behältern,
Rohrverbindungen etc. fallen diese nicht allzu sehr ins Gewicht.
9.2. Großtechnische Gewinnung von Wasserstoff:
Dass Wasserstoff auch heute schon in beachtlichen Mengen produziert wird, zeigen
folgende Zahlenwerte:
Im Jahr 1938 betrug die Weltproduktion etwa 70x10 6 m³n, im Jahr 1973 über 250X1012 m³n
(ca. 22,5 Millionen Tonnen) und 1977 betrug die Weltproduktion 30 Millionen Tonnen, von
denen 80% aus Erdöl, 15% aus Kohle und der Rest mittels Elektrolyse gewonnen wurden.
Rund 80% der gesamten Wasserstoffproduktion werden in der Petrochemie für die
Ammoniakherstellung, die Erdölverarbeitung und für die Methanolerzeugung – um nur die
wichtigsten zu nennen verbraucht.
Der überwiegende Teil der Wasserstofferzeugung basiert auf fossilen Energieträgern.
Im Folgenden sollen nun Verfahren zur Gewinnung von Wasserstoff aus nichtfossilen
Quellen – in erster Linie aus Wasser – behandelt werden.
69
9.2.1. Elektrolyse:
Die Elektrolyse stellt die einfachste Art der Wasserstoffgewinnung dar, ist lange
bekannt und liefert den reinsten Wasserstoff. Die Lebensdauer solcher Anlagen liegt bei
15 bis 20 Jahren und doch sind sie großtechnisch nur wenig verbreitet. Der Grund liegt
derzeit in den relativ hohen Kosten für die Wasserstofferzeugung, was wiederum durch
den großen Anteil an Stromkosten bedingt ist. (4,5 bis 4,85 kWh werden für die
Herstellung eines Normkubikmeters Wasserstoff benötigt.) Es existieren heute Anlagen
mit Erzeugungsraten von einigen Tonnen Wasserstoff pro Tag.
Durch Impulse aus der Brennstoffzellentechnik werden seit einigen Jahren neue Wege
in der Forschung beschritten. So wurden Festpolymer-Elektrolyten entwickelt, mit denen
die Verfahren unter wesentlich höheren Temperaturen bis etwa 1000 °C ablaufen können.
Beim sogenannten Gezro-Prozeß Wird an die Anode Kohlenmonoxid und an die Kathode
Wasserdampf herangeführt. Die Reaktionen verlaufen bei Temperaturen von 800 bis 1000
°C. Da die Reaktionsenthalpie negativ ist müsste bei diesem Prozess sogar theoretisch
elektrische Energie erzeugt werden können und damit der elektrische Energiebedarf fast
vollständig unterbunden werden können. Problematisch bei diesen Hochtemperaturzellen
ist die Langzeitbeständigkeit der Festelektrolyte. Jedoch sollte bei diesen Zellen ein
Gesamtwirkungsgrad von 60 bis 70% erreicht werden können.
Die Entwicklung auf dem Sektor der Elektrolyse ist derzeit in vollem Gange und noch
lange nicht abgeschlossen.
9.2.2. Thermochemische Spaltungsverfahren:
Ein anderes Prinzip großtechnisch Wasserstoff durch Wasserspaltung zu erzeugen,
stellen die Gruppe der thermischen Spaltungsverfahren dar. Wasser durch thermische
Energiezufuhr direkt in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten erfordert Temperaturen von
einigen 1000 °C, die großtechnisch nicht verfügbar sind. Die Bestrebungen laufen daher in
der Richtung, Verfahren zu entwickeln, die bei niedrigen Temperaturen und in mehreren
Stufen Wasser unter Anwesenheit von Katalysatoren spalten.
Es existiert heute eine große Zahl von theoretisch möglichen Verfahren. Die meisten
weisen jedoch mehr oder weniger große Probleme auf. Diese liegen im Einsatz teurer,
teils giftiger Katalysatoren, die obendrein für einen großtechnischen Einsatz nicht in
genügender Menge vorhanden sind, in zu langsamen Reaktionsgeschwindigkeiten,
Materialproblemen bei den Wärmetauschern zufolge der hohen Temperaturen und
korrosiver Atmosphäre.
Vielversprechend sind Verfahren, die eine Kombination von thermischer Spaltung und
Elektrolyse darstellen. Hier sind vor allem die Verfahren auf SO 2 Basis zu nennen.
H2SO4
 thermische Spaltung bei 800 °C 
H2O + SO2 + ½ O2
H2O + SO2  Elektrolyse 0,17 V 25 °C

H2SO4 + H2
Auch bei diesen Verfahren treten eine Reihe von technologischen Problemen, bedingt
durch die Schwefelsäure, auf. Diese scheinen aber prinzipiell lösbar.
Es ist vorstellbar, dass künftige Energieumwandlungsanlagen sowohl elektrische
Energie als auch Wasserstoff erzeugen. Als Standorte kämen
wegen des
Kühlwasserbedarfes für die Kraftwerksanlage und des Wassers für die
Wasserstofferzeugung Off-Shore-Anlagen in Frage. Zahlreiche Projekte dieser Art sind im
Planungsstadium. Es bleibt abzuwarten, wie sich die künftige Energiepolitik zu solchen
Mammutprojekten stellt.
9.2.3. Solar-Wasserstoffwirtschaft:
Wurde eingangs die Umweltfreundlichkeit des Wasserstoffs hervorgehoben, so
bestehen bei den großtechnischen Erzeugungsmethoden, vor allem unter Einbeziehung
von Kernenergie heute große Bedenken. Eine extrem günstige Lösung wäre wohl der
70
Einsatz von Sonnenenergie zur Wasserstofferzeugung. Diese Möglichkeiten seien im
Anschluss kurz angeführt, obwohl sich alle noch im Versuchsstadium befinden.
9.2.3.1. Solarthermische Anlagen:
Hierzu gehören alle jene Projekte, die die Sonnenenergie zur Erzeugung von Wärme
unmittelbar – in thermischen Spaltungsanlagen - oder mittelbar über die Erzeugung
elektrischer Energie zur Wasserstofferzeugung verwenden. Bei letzterem kommt vor allem
die bessere Transportmöglichkeit von Wasserstoff gegenüber elektrischer Energie über
große Entfernungen zum Tragen. Zu bedenken sind in diesem Zusammenhang die
Probleme der Standortwahl. Erforderlich sind große Flächen in Zonen mit hoher
Sonneneinstrahlung und außerdem ausreichende Wasservorkommen. Es ist daher nicht
verwunderlich, dass bereits Projekte ausgearbeitet wurden, die die Sonnenenergienutzung
zur Wasserstofferzeugung auf dem Meere zum Ziel haben. Bei manchen dieser Projekte
wird auch der vertikale Temperaturgradient des Meeres, wie es bereits besprochen wurde
genutzt. Es existieren auch Untersuchungen über die direkte Elektrolyse von Meerwasser.
9.2.3.2. Photoelektrische Umwandlung:
Eine weitere Möglichkeit liegt in der direkten Umwandlung der Sonnenenergie in
elektrische Energie mittels Solarzellen und angeschlossener Elektrolyse. Die
Großtechnische Realisierung solcher Anlagen hängt wesentlich von der weiteren
energetischen und kostenmäßigen Entwicklung der Solarzellentechnik ab. Auch in diesem
Falle wären schwimmende Anlagen auf dem Meer denkbar.
9.2..3.2. Photochemische Prozesse zur Wasserstofferzeugung:
Die Photosynthese der grünen Pflanzen besteht darin, dass sie mit Hilfe von
Pigmentsystemen, die Chlorophyll enthalten, einen weiten Bereich des sichtbaren Anteiles
des Sonnenlichtes absorbieren. Diese Energie bewirkt dann in einer Reihe von
komplizierten biochemischen und biophysikalischen Reaktionen die Assimilation (ein
Reduktionsvorgang) von atmosphärischem Kohlendioxid zu Kohlehydrat. Wie neuere
Forschungen zeigen, stammt der für die Reduktion des Kohlendioxids in den Pflanzen
notwendige Wasserstoff aus der Aufspaltung des Wassers in Wasserstoff und Sauerstoff
unter Nutzung des Sonnenlichtes. Der dabei nicht benötigte Sauerstoff entweicht in die
Atmosphäre.
Für den Energietechniker von besonderem Interesse ist die Erzeugung des
Wasserstoffes und die Tatsache, dass die bei der Photolyse entstehenden Produkte
(Wasserstoff und Sauerstoff) nicht sofort miteinander reagieren und so wieder Wasser
entsteht. Wissenschafter, die dieses Phänomen näher untersuchten, fanden, dass die für
die Photolyse maßgebenden absorbierenden Stoffe in genau definierter Weise auf
bestimmten Strukturen, nämlich Membranen, angeordnet sind. Das Membranprinzip
scheint nun eine Schlüsselstellung in der photosynthetischen Umwandlung der
Sonnenenergie in Pflanzen, aber auch in photosynthetischen Bakterien zu spielen.
Wasser selbst absorbiert sichtbares Licht nicht, es müssen diesem vielmehr geeignete
Absorber, sogenannte Photokatalysatoren beigemengt werden. Bei den grünen Pflanzen
übernimmt das Chlorophyll diese Rolle.
Die Aufgabe dieser Photokatalysatoren ist es, das Sonnenlicht zu absorbieren und die
dabei aufgenommene Energie möglichst verlustfrei an das Wasser abzugeben.
Als Photokatalysatoren sind bestimmte lösliche Salze wie Cersalze oder Eisensalze oder
Halbleitersubstanzen bekannt. Die erzielbaren Wirkungsgrade liegen bei solchen
Prozessen mit Salzen als Katalysatoren noch weit unter der 1% Grenze.
Bei der Verwendung von Halbleitern als Katalysatoren liegen die energetischen
Verhältnisse günstiger. Als Halbleitermaterial kann z.B. Titanoxid verwendet werden.
Theoretisch wäre mit solchen Systemen Gesamtwirkungsgrade von 28% möglich. Die
71
extrem hohen Kosten für die entsprechenden Halbleitermaterialien lassen einen
großtechnischen Einsatz vorerst nicht zu.
Es wird sicherlich noch großer Anstrengungen bedürfen, um Wasser unter
vertretbarem Aufwand durch Nutzung der Sonnenenergie in Wasserstoff und Sauerstoff zu
spalten. Es wäre aber hiermit eine unerschöpfliche und extrem umweltfreundliche
Energiequelle erschlossen.
9.2.4. Speicherung von Wasserstoff:
Wie schon mehrmals in dieser Vorlesung erwähnt ist die Speicherung von
Energieträgern von großer Bedeutung. Großanlagen sind nur dann wirtschaftlich, wenn ihr
Betrieb kontinuierlich geführt werden kann. Der Verbrauch unterliegt aber zeitlichen
Schwankungen. Schon allein daraus ergibt sich neben vielen anderen Gründen die
Notwendigkeit geeigneter Speichermöglichkeiten.
Welche Möglichkeiten bestehen nun prinzipiell für die Speicherung von Wasserstoff?
Für die Speicherung in gasförmigem Zustand eignen sich für kleinere Mengen
Druckgasbehälter, Druckflaschen und ähnliches. Für größere Mengen sind diese Speicher
unwirtschaftlich, da Wasserstoff massenmäßig ein sehr guter (119,9 MJ/kg) volumsmäßig
aber ein sehr schlechter (10,8 MJ/m³n) Energieträger ist. Aus der Speicherung von Erdgas
sind genügend Erfahrungen vorhanden, so dass die Untertagespeicherung in
Steinsalzkavernen, Porenspeichern, und aufgelassenen Erdgaslagerstätten als Stand der
Technik angesehen werden kann. Die Speicherung in Steinsalzkavernen wurde erstmalig
1961 in den USA praktiziert und hat seither weltweite Verbreitung gefunden.
Die Speicherung von Wasserstoff in flüssiger Form stellt heute kaum Probleme dar.
Ebenso wenig der Transport. In dewargefäßähnlichen Behältern mit einer „Superisolation“
können heute die Verdampfungsverluste auf weniger als 0,5 bis 1% pro Tag gesenkt
werden. Ungünstig bei der Verflüssigung von Wasserstoff ist die Tatsache, dass etwa 30%
seines Energieinhaltes zur Verflüssigung aufgewendet werden müssen.
Eine neue Art der Speicherung stellt die Speicherung in Form von Hydriden dar.
Manche Metalle und Metalllegierungen zeigen die Eigenschaft, dass sie Wasserstoff unter
bestimmten Druck- und Temperaturverhältnissen aufnehmen und in ein Hydrid übergehen.
(z.B. Eisentitanhydrid, Magnesiumhydrid). Der Wasserstoff wird unter gleichbleibendem
Druck und konstanter Temperatur an das Metall gebunden. Es bildet sich eine neue Phase
das Metallhydrid. Bei einer Temperaturerhöhung oder einer Drucksenkung wird der
Wasserstoff wieder abgegeben. Der Vorgang ist wiederholbar und daher für
Speicherzwecke interessant. Das Laden ist ein exothermer, das Entladen ein endothermer
Vorgang.
9.2.5. Energietransport:
Durch die Tatsache, dass in Zukunft die Energieumwandlungsanlagen aus
verschiedenen Gründen weitab von den Verbraucherschwerpunkten liegen werden,
kommt dem Energietransport über große Entfernungen eine erhöhte Bedeutung zu. Die
elektrische Energieübertragung gewinnt sicherlich in Zukunft noch wesentlich an
Bedeutung, doch ist hier zu bedenken, dass nach heutigen Erkenntnissen eine Steigerung
der übertragbaren Leistung je Übertragungssystem kaum über 20 GVA denkbar ist.
Darüber hinaus bedingen große Übertragungsstrecken vermehrten technischen Aufwand.
Wesentlich günstiger liegen die Verhältnisse bei flüssigen oder gasförmigen
Energieträgern. Beispielsweise würde eine Rohrleitung von 120 cm Durchmesser mit
Wasserstoff bei einem Druck von 100 bar und einer Strömungsgeschwindigkeit von 20 m/s
etwa 23 GW übertragen. Gute Erfahrungen liegen mit Wasserstoffleitungen in
Deutschland vor, bei einem Druck von rund 15 bar und einer Leitungslänge von 300 km.
72
Die geschätzten spezifischen Transportkosten liegen bei Wasserstoff um rund 30 bis
40% höher als bei Methan (Erdgas) und im den Faktor 4 bis 5 niedriger als für elektrische
Energieübertragung mittels Hochspannungskabel.
9.2.6. Anwendungsmöglichkeiten, Transformierbarkeit in andere
Energieformen:
Wasserstoff ist einer der wichtigsten Grundstoffe der Chemie und findet unter anderem
Verwendung in der hydrierenden Vergasung, Kohlehydrierung, Hydrocraken,
Entschwefelung, Direktreduktion von Erzen, Ammoniaksynthese, Methanolsynthese usw.
Die Umwandlung in thermische Energie kann entweder durch Verbrennung in
geeigneten Brennern, oder durch katalytische Verbrennung erfolgen. Luft und Wasserstoff
werden dabei durch eine poröse katalytisch wirkende Platte geführt. Die Verbrennung
erfolgt bei niedrigen Temperaturen von 150 bis 200 °C innerhalb der Poren ohne Flamme.
Katalytisch aktiv sind Platin und andere Edelmetalle.
Wasserstoff ist als Treibstoff für Transportflugzeuge interessant, da er ein
Energieträger mit relativ hohem spezifischem Inhalt ist. Entwicklungen und
Untersuchungen in dieser Richtung sind im Gange.
Die Erzeugung elektrischer Energie aus Wasserstoff kann auf thermischer Basis mittels
Gasturbine und Generator oder direkt in Brennstoffzellen erfolgen. In diesem
Zusammenhang sei auch auf die Möglichkeit hingewiesen elektrische Energie in Form von
Wasserstoff zu speichern.
Von großer Bedeutung für die Energiewirtschaft ist der Transportsektor und hier
wiederum der Individualverkehr. Sicherlich unbestritten ist die Tatsache, dass in naher
Zukunft eine Substitution der fossilen Brennstoffe durch andere nichtfossile erfolgen muss.
Gerade in jüngster Zeit gehen die Entwicklungen in Richtung des wasserstoffbetriebenen
Kraftfahrzeuges. Einer der Hauptvorteile bei der Verwendung von Wasserstoff im Verkehr
ist die geringe Schadstoffemission. Bei der Verwendung von Verbrennungsmotoren
entstehen nur Stickoxide. Damit ist die Verbrennung wesentlich umweltfreundlicher als
jene bei Benzin oder Dieselmotoren.
Das Kernproblem stellt jedoch die Speicherung des Wasserstoffs im Kraftfahrzeug dar.
Eine Speicherung in gasförmiger oder flüssiger Form ist aus verschiedenen Gründen
unzweckmäßig. Dazu gehören das hohe Speichergewicht, zu große Drücke oder
Verdampfungsverluste, zu hohe Kosten für die Kompression oder Verflüssigung oder aber
auch die Explosionsgefahr. Einige Versuchsfahrzeuge, darunter auch Busse stehen
bereits in praktischer Erprobung. Ähnlich wie bei Batteriefahrzeugen spielt aber hier, wie
bereits erwähnt das Speichergewicht eine bedeutende Rolle für die auftretenden
Probleme. Im günstigsten Fall erreicht man, gleicher Energieinhalt wie bei Benzin
vorausgesetzt, ein Gewichtsverhältnis von Benzintank zu Wasserstoffspeicher von 1:4.
Bis zur serienreifen Fertigung von wasserstoffbetriebenen Kraftfahrzeugen liegt sicher
noch ein weiter Weg. Es bedarf noch großer Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf
dem Speichersektor selbst, sowie der Entwicklung der Ladestationen selbst. (Aufbau einer
entsprechenden
Infrastruktur)
Auch
die
serienmäßige
Erzeugung
von
wasserstoffbetriebenen Verbrennungsmotoren bedarf noch einiger Ingenieurarbeit.
Gleichzeitig ist auch das Problem der kostengünstigen großtechnischen Herstellung von
Wasserstoff aus nichtfossilen Energieträgern zu lösen.
10. Heißwasser als Energieträger für Fernwärme:
Heißwasser als Energieträger gewinnt in den letzten Jahren im Zuge des verstärkten
Ausbaues der Fernwärmenetze zunehmend an Bedeutung.
Obwohl die
Fernwärmeversorgung bereits ins Jahr 1882 (erste Fernheizung in Lockport bei New York)
zurückreicht, wird derzeit noch an vielen Details wie Optimierung verschiedener
Netzparameter
oder
an
Untersuchungen
über
die
Wirtschaftlichkeit
der
73
Einsatzmöglichkeiten gearbeitet. Nach Ansicht vieler Fachleute wird in Zukunft neben
elektrischer Energie und gasförmigen Energieträgern auch Heißwasser als Energieträger
zur Deckung des Wärmebedarfes im Niedertemperaturbereich in Ballungsgebieten zum
Einsatz kommen. Dies ist auch der Grund warum dem konventionellen Energieträger
Heißwasser ein kurzer Abschnitt gewidmet ist. Für die Fernwärmeübertragung sprechen
vor allem die geringere Schadstoffemission durch die zentrale Wärmeerzeugung im
Vergleich zur Wärmebedarfsdeckung mittels Einzelanlagen, bessere Ausnutzung der
Rohstoffquellen, geringere Abwärmebelastung der Umgebung und die Möglichkeit
verschiedene Primärenergieträger optimal einzusetzen. Schließlich bietet Fernwärme auch
für den Verbraucher eine Reihe von Vorteilen.
Für die Wahl der Vorlauftemperatur des Fernwärmenetzes sind eine Reihe von
Kriterien maßgebend. Einerseits sollte die Temperatur niedrig angesetzt werden, um die
Wärmeverluste bei gegebenen Isolationsaufwand möglichst klein zu halten. Andererseits
muss bei niedriger Vorlauftemperatur eine größere Heißwassermenge (bei gegebener
Rücklauftemperatur) zu den Verbrauchern geführt werden. Allerdings ist die
Vorlauftemperatur auch nach unten hin durch die erforderlichen Mindesttemperaturen auf
der Verbraucherseite begrenzt. Übliche Wasservorlauftemperaturen liegen zwischen 75
und 130 °C, die Rücklauftemperaturen entsprechend niedriger. Da der Wärmebedarf eines
Großteils der Verbraucher (Haushalte) von der Jahreszeit abhängt, muss die übertragene
Wärmemenge entweder durch Änderung der Vorlauftemperatur oder bei konstanten
Temperaturverhältnissen
durch
Änderung
des
Heißwasserstromes
den
Bedarfsverhältnissen angepasst werden.
Als Wärmequellen für Fernwärmenetze kommen reine Heizwerke oder die in jüngster Zeit
immer mehr an Bedeutung gewinnende Kombination von Kraft und Wärmeerzeugung, das
sogenannte Wärmekraftwerk in Frage. Als Energielieferanten sind Abfallstoffe (Müll) ,
fossile Brennstoffe, Kernenergie aber auch Biomasse und Sonnenenergie möglich
Die Ausnützung eines Fernwärmenetzes ist umso günstiger, je größer die
transportierte Wärmemenge und die jährliche Auslastung ist. Fernwärme kommt daher in
erster Linie für dicht besiedelte Gebiete in Frage.
Im folgenden soll noch kurz auf die Möglichkeiten der Wärmeeinspeisung in
Fernwärmenetze durch Heizkraftwerke eingegangen werden. Hier ist zwischen Dampfund Gasturbinen- und kombinierten Gas/Dampfturbinenanlagen zu unterscheiden.
In Dampfturbinenanlagen besteht die Möglichkeit von Gegendruck oder
Entnahmekondensationsturbinen. Bei der Gegendruckturbine besteht eine feste
Zuordnung von Wärme- und elektrischer Energieerzeugung. Der Dampfstrom durch die
Turbine richtet sich nach dem Wärmebedarf des Fernwärmenetzes. Der Abdampf wird
generell noch für weitere Zwecke ausgenützt. Die Turbine arbeitet daher gegen einen
höheren Austrittsdruck (Gegendruck) als beispielsweise die Kondensationsturbine, wo der
Dampf normalerweise bei Unterdruck kondensiert. Bei Entnahmekondensationsturbinen
ist eine Änderung des Verhältnisses Heizenergie zu elektrischer Energie in weiten
Grenzen möglich. Es wird ein Teil des Dampfes der Turbine entnommen, der Rest in der
Turbine entspannt und bei Unterdruck in einem Kondensator kondensiert. In
Gasturbinenanlagen wird ein Teil der in den austretenden heißen Abgasen enthaltenen
Wärme über geeignete Wärmetauscher dem Fernwärmekreislauf zugeführt. Bei
kombinierten Gas/Dampfturbinenanlagen dienen die Abgase der Gasturbine zur
Dampferzeugung für den gekoppelten Dampfturbinenkreis. Hier kann Wärme sowohl vom
Gas- als auch vom Dampfkreis entnommen werden.
11. Komprimierte und flüssige Luft als Energieträger:
Die Verwendung von komprimierter Luft (Druckluft) als Energieträger ist nicht neu. Man
denke hier nur an die vielen mit Druckluft betriebenen Maschinen in zahlreichen
Einsatzgebieten und in allen Leistungsbereichen, ferner an druckluftbetätigte Schalter und
74
Steuereinrichtungen. In jüngster Zeit nimmt nun komprimierte Luft als Speichermedium
und Energieträger bei den verschiedenen Konzepten der Luftspeicherkraftwerke auch
großtechnisch eine besondere Rolle ein.
Unter der Annahme, dass Luft in einen Speicher konstanten Drucks mittels eines
thermodynamisch ideal arbeitenden Verdichters geladen wird, müsste der Exergiegehalt
der Luft der aufgewendeten Verdichterarbeit entsprechen. Bei einem konstant
angenommenen Speicherdruck von beispielsweise 50 bar würde 1 m³ Luft bei der
Entspannung auf Umgebungsbedingungen von 1 bar und 15 °C theoretisch 4,9 kWh an
Energie ergeben.
Ein weiteres Gedankenexperiment wäre die Verwendung von flüssiger Luft als
Energieträger. Die Luftverflüssigung könnte dabei unter Ausnutzung des
Temperaturgradienten tropischer Meere erfolgen. Die flüssige Luft würde dann mit
Tankschiffen zur Küste transportiert und von dort zu den Verbraucherzentren, wo sie in
geeigneten Umwandlungsanlagen in andere Energieformen umgewandelt werden könnte.
12. Nichtkonventionelle Energiespeicherung:
12.1. Allgemeines:
Energiespeicher sind Einrichtungen zur Aufnahme von Primär- oder Sekundärenergie, um
diese im Bedarfsfalle wieder abzugeben. Die Aufgabe der Energiespeicher kann sein:
 Aufnahme und Speicherung in Lastangebotszeiten
 Deckung von Lastspitzen
 Bevorratung
 Ausgleich von Lastschwankungen
 Energiedeckung in Fällen, wo dies auf direktem Wege unmöglich ist
 Beitrag zur optimalen Nutzung der Primärenergie.
Eine Einteilung der Speicher kann nach folgenden Gesichtspunkten erfolgen:
 nach der Energieart: Primärenergiespeicher, Sekundärenergiespeicher
 nach
gespeicherter
Energieform:
mechanische,
thermische,
Energiespeicher
 nach Speichergröße (Volumen, Energiedichte)
 nach Speicherdauer: Kurz- Mittel- Langzeitspeicher
 nach Energiespeicherverfahren (Umwandlungsverfahren)
elektrische
Die Wahl des Speichersystems hängt letztlich von der Energiedichte, der Speicherdauer,
der
Entnahmecharakteristik,
dem
Umwandlungswirkungsgrad
sowie
weiterer
Nebenbedingungen (z.B. Standortwahl) und schließlich von den Speicherkosten und der
Wirtschaftlichkeit ab.
12.2. Elektrochemische Energiespeicher:
Elektrochemische Speicher sind Vorrichtungen, welche die elektrische Energie in Form
von chemischer Energie speichern und bei Bedarf diese wieder in elektrische Energie
umwandeln und abgeben. Da die Speicherung einen umkehrbaren (elektrochemischen)
Prozess verlangt, kommen hierfür in erster Linie Sekundärelemente (Sekundärbatterien,
Akkumulatoren) in Frage. Prinzipiell wird bei elektrochemischer Energieumwandlung in
elektrischen Zellen die chemische Energie, die bei der Reaktion von geeigneten
Reaktionspartnern auftritt, nicht in Wärme, sondern direkt in elektrische Energie
75
umgewandelt. Die Grundlagen dieser Speicherformen gehören aber in das Fach
Elektrotechnik.
12.3. Grundprinzip eines Luftspeicherkraftwerkes:
Bei diesem Kraftwerkstyp wird elektrische Energie indirekt über die Verdichtung von
Luft gespeichert. In Schwachlastzeiten wird Überschussenergie zur Luftverdichtung
herangezogen, die komprimierte Luft in unterirdischen Kavernen gespeichert und in
Bedarfszeiten – nach zusätzlicher thermischer Energiezufuhr – in Gasturbinen
abgearbeitet. Der Unterschied zu konventionellen Gasturbinenanlagen liegt hier in der
zeitlichen Trennung von Verdichtung und Expansion des Arbeitsmediums Luft. Eine
derartige Anlage, die im Bild 55 schematisch dargestellt ist, wurde in Huntorf (BRD)
bereits realisiert. Eine Synchronmaschine die sowohl als Motor als auch als Generator
arbeiten kann treibt eine Verdichtergruppe, die die angesaugte Luft auf 40 bis 70 bar
verdichtet. Die komprimierte Luft wird in unterirdischen Kavernen gespeichert, deren
Volumen sich nach der zu speichernden Energiemenge und dem Speichertyp richtet. Zur
Spitzenlastdeckung wird komprimierte Luft den Speichern entnommen und einer der
Turbine vorgeschalteten Brennkammer zugeführt. Während des Turbinenbetriebes
arbeitet die Synchronmaschine als Generator und liefert Spitzenenergie ins Netz.
Durch die thermische Energiezufuhr (Erdgas, Heizöl, Wasserstoff?) in den
Brennkammern ist die am Generator abgegebene Energiemenge um 20 bis 40% höher als
die dem Verdichter zugeführte. Ein Betrieb ohne thermische Energiezufuhr ist praktisch
unmöglich, da sich Luft bei der Entspannung in den Luftturbinen so stark abkühlen würde,
dass es zur Vereisung der Turbinenschaufeln und damit zu Betriebsstörungen kommen
würde. Selbst bei absolut trockener Luft würden Materialprobleme durch die Versprödung
der Werkstoffe bei den tiefen Temperaturen auftreten.
12.3.1. Speichervarianten:
Den wesentlichen Bestandteil dieser Kraftwerksvariante stellt die Speicheranlage dar.
Für größere Kraftwerkseinheiten kommt aus Volumsgründen praktisch nur unterirdische
Speicherung in Betracht. Je nach den Druck- und Volumsverhältnissen im Speicher
während der Ladung bzw. Entladung unterscheidet man zwischen:
12.3.1.1. Festdruckspeicher:
Bei diesen Speichern steht die Luft immer unter konstantem Druck, unabhängig vom
Luftvolumen. Das Bild 56 zeigt eine mögliche Variante mit einem Wasserbecken als
Druckausgleich. Bei einem Druck von 60 bar muss die geodätische Höhendifferenz der
Wasserspiegel in Becken und Speicher rund 600 m betragen. Vorteilhaft bei dieser
Speichertype ist, dass unabhängig vom Luftvolumen konstanter Speicherdruck herrscht.
Speicher dieser Konzeption benötigen ein wesentlich kleineres Volumen als
Gleitdruckspeicher, da fast die gesamte Energie der im Speicher enthaltenen Luftmenge in
Nutzarbeit umgewandelt wird. Ihre Herstellung erfolgt nach bergbaulichen Methoden in
geeigneten, vor allem dichten, Gesteinsformationen.
12.3.1.2. Gleitdruckspeicher:
Bei diesem Speichertyp tritt bei Luftentnahme ein Sinken des Speicherdruckes bei
gleichbleibenden Volumen und gleichzeitiger Abkühlung der Luft auf. Es ist klar, dass in
diesem Fall das Speichervolumen wesentlich größer sein muss als bei der ersten
Variante, denn es darf hier der Speicherdruck trotz gleichbleibendem Volumen nur bis zu
einem von den Turbineneintrittsdaten bestimmten Mindestwert absinken. Um an der
Turbine konstanten Eintrittsdruck zu gewährleisten, was den Betrieb mit konstanter
Leistung wesentlich erleichtert, wird man in vielen Fällen nach dem Speicher ein
76
Drosselventil anordnen, das beim Entladen trotz variablen Speicherdruckes an der Turbine
konstante Druckverhältnisse schafft. Dies führt zu geringen Drosselverlusten, die aber
durch die günstigere Betriebsart vertretbar sind. Im Falle des schon angesprochenen
Kraftwerkes Huntorf wurden zwei solcher Speicher mit je 135 000 m³ Speichervolumen in
Steinsalzblöcken durch Aussolen hergestellt.
12.4. Untergrundspeicherung von Energieträgern:
In den letzten Jahren war eine extrem hohe Steigerung des Erdöl- und
Erdgasverbrauches in allen Industriestaaten zu verzeichnen. Dies führte dazu, dass von
den ursprünglich oberirdisch angelegten Speicheranlagen aus Kosten- und Platzgründen
immer mehr auf unterirdische Großspeicher zur Bevorratung der meist importierten
Primärenergieträger sowie zum Ausgleich des schwankenden Energiebedarfes
übergegangen wurde.
Für unterirdische Speicher bestehen prinzipiell folgende Möglichkeiten:
 aufgelassene Öl- oder Gaslagerstätten
 Porenspeicher (Aquiferspeicher)
 künstlich geschaffene Hohlräume in Salzstöcken durch Aussolen
 künstlich geschaffene Hohlräume in festen dichten Gesteinsformationen
(Felskavernen, Tunnel, Herstellung mit bergmännischen Verfahren, eventuell
aufgelassene Bergwerke)
12.4.1. Porenspeicher:
Porenspeicher eignen sich besonders für die Langzeitspeicherung von Gasen.
Voraussetzung ist das Vorhandensein geeigneter poröser permeabler Gesteinsschichten,
die meist Wasser enthalten. Weiters sollten diese Schichten in gewölbter Form vorliegen
(Bildung einer Gasblase), und ferner muss eine gasundurchlässige Deckschicht das
Abströmen des Gases nach oben verhindern. Die Ladung und Entladung dieser Speicher
erfolgt über entsprechende Sonden, wobei ein Teil dieser nur zur Überwachung des
Ladezustandes und des Gasdruckes dient. Übliche Gasdrucke liegen zwischen 40 und 60
bar, die Größe richtet sich nach den geologischen Voraussetzungen des Speichers.
Porenspeicher eignen sich wegen ihrer Größe (bis zu 109 m³) vor allem zum saisonalen
Ausgleich des Gasbedarfes. Das schwierigste Problem stellt die Auffindung solcher
geologisch günstiger Aquiferspeicher dar, doch sind schon in vielen Ländern große
Speicher seit einigen Jahren in Betrieb. (Frankreich, Deutschland, USA, Kanada, UdSSR)
Zu den Porenspeichern sind auch aufgelassene Erdgas und Erdöllagerstätten zu
zählen, die meist ohne große Explorationskosten in Gasspeicher umfunktioniert werden
können.
12.4.2. Speicherung in Steinsalzkavernen:
Künstlich durch Aussolen hergestellte Steinsalzkavernen eignen sich sowohl für die Ölals auch Gasspeicherung und zeichnen sich besonders durch ihre Dichtheit aus. Während
Ölspeicher insbesondere der Bevorratung dienen, eignen sich Gasspeicher wegen ihrer
raschen Entladbarkeit besonders zur Deckung von Spitzenlasten. Bei Ölspeichern wird in
manchen Fällen das Öl mittels Wasser aus dem Speicher gedrückt, was eine
Vergrößerung des Speichervolumens durch Aussolen zur Folge hat und dementsprechend
berücksichtigt werden muss. Salzkavernen dienen darüber hinaus auch als Speicher für
Druckluft und vereinzelt auch zur Speicherung von Flüssiggas.
Geeignete geologische Voraussetzungen zur Errichtung derartiger Speicher sind
selbstverständlich.
77
12.4.3. Speicherung in Felskavernen:
Hierzu zählen aufgelassene Bergwerke oder eigens für Speicherzwecke geschaffene
künstliche Hohlräume in Felsregionen. Problematisch ist in vielen Fällen die Dichtheit des
Gesteins. Gasspeicher wurden bisher nicht bekannt, sondern nur Ölspeicher z.B. in
Schweden und Norwegen.
12.5. Wärmespeicherung:
12.5.1. Wärmespeicherung durch Heterogenverdampfung:
Manche chemischen Verbindungen AB zeigen die Eigenschaft, dass bei Wärmezufuhr
unter bestimmten Druck- und Temperaturverhältnissen eine Komponente (B) in die
Gasphase übergeht, während ein fester oder flüssiger Reaktionsteil (A) zurückbleibt. Führt
man das Gas (B) zu einem späteren Zeitpunkt wieder der flüssigen oder festen
Komponente (A) zu, so erfolgt eine Rückreaktion unter Abgabe der Reaktionswärme. Die
Reaktionen verlaufen in weiten Bereichen isotherm, wobei die Temperatur vom Druck
abhängt. Dieser mehr oder weniger reversible Vorgang bildet die Grundlage für diese Art
der Wärmespeicherung.
Die bei diesen Reaktionen umgesetzten Wärmemengen sind meist größer als die
Verdampfungswärme von Wasser, in manchen Fällen um den Faktor 2 bis 3.
Es gibt eine Reihe von Salzen, wie FeCl2, CaCl2, ZnCl2 usw., die große Mengen an
Ammoniak (NH3 ) binden können. Als Beispiel sei folgende Reaktion angegeben:
FeCl2 . 6NH3  FeCl2 . 2NH3 + 4NH3, Q = 53,3 kJ/mol NH3 (p=1 bar, = 100 °C)
Ein auf diesem Prinzip arbeitender Wärmespeicher besteht demnach aus zwei
Teilspeichern: einem, in dem sich nach der Wärmezufuhr die flüssige oder feste
Komponente der Reaktionspartner befindet und einem zweiten mit dem abgespalteten
Gas. Auch Metallhydridspeicher sind zu dieser Art der Wärmespeicher zu zählen.
Als Nachteil muss die Tatsache erwähnt werden, dass die Reaktionen praktisch nicht
vollständig reversibel verlaufen. Es treten Hystereseerscheinungen auf, die letztlich zu
größeren exergetischen Verlusten führen. Bis zur großtechnischen Realisation dieser Art
der Wärmespeicherung sind noch eine Reihe von Problemen wie die
Reaktionsgeschwindigkeiten, Umwandlungswirkungsgrade, Korrosionsprobleme und die
Thermodynamik zu untersuchen.
12.5.2. Großwärmespeicher für Niedrigtemperaturwärme:
Der Grundgedanke für die verschiedenen Konzepte dieser Art der Wärmespeicherung
liegt in der Tatsache, dass der Großteil der benötigten thermischen Energie bei
Temperaturen unterhalb von 100 °C liegt. Andererseits fallen riesige Wärmemengen als
Abwärmen in diesem Temperaturbereich an, die, wenn billig und über längere Zeit hin
gespeichert, zur Deckung des Wärmebedarfes zur Raumheizung herangezogen werden
könnte. Die Vorschläge für solche Speicheranlagen reichen von künstlich angelegten
ober- oder unterirdischen Seen, bis zu unterirdischen Speicheranlagen, bei denen auch
Bodenmaterial (z.B. Schotter) als zusätzlicher Energiespeicher herangezogen wird.
12.5.3. Latentwärmespeicher:
Die Speicherung von Wärme in festen oder flüssigen Stoffen beruht darauf, dass durch
thermische Energiezufuhr die potentielle und kinetische Energie der Atome und Moleküle
erhöht wird. (sensible oder fühlbare Wärmespeicherung durch Temperaturerhöhung des
betreffenden Stoffes) Darüber hinaus kann ein Stoff Wärme aufnehmen, die zu Änderung
78
des Aggregatzustandes oder zur Strukturänderung oder Phasenänderung führt, ohne dass
hierbei ein Erhöhung der Temperatur eintritt. Die in diesen Fällen zugeführte – oder bei
der Umkehr des Vorganges abgegebene Wärmemenge – bezeichnet man als latente
Wärmemenge. Da es sich dabei um reversible Vorgänge handelt, können diese zur
Wärmespeicherung herangezogen werden.  latente Wärmespeicher.
Für die praktische Nutzung dieser Effekte werden möglichst geringe
Volumsänderungen angestrebt, so dass in erster Linie die Umwandlung fest  flüssig von
Interesse ist.
Die Hauptaufgabe bei der Entwicklung von Latentwärmespeichern besteht darin, Stoffe zu
finden, die eine möglichst große spezifische Schmelzwärme und außerdem eine, in dem
für die Wärmespeicherung interessanten Temperaturbereich liegende Schmelztemperatur
besitzen. Da sich die Speicherstoffe in geschlossenen Behältern befinden, darf der
Dampfdruck im flüssigen Zustand keine hohen Werte annehmen. Darüber hinaus sollen
die betreffenden Stoffe folgende Eigenschaften aufweisen:
 sie sollen chemisch stabil sein,
 zu keinen Korrosionserscheinungen mit dem Behälter führen,
 möglichst kleine Volumsänderungen aufweisen,
 im festen und geschmolzenen Zustand gute thermische Leitfähigkeit besitzen,
 zu keiner Umweltgefährdung führen,
 leicht verfügbar und
 großtechnisch herstellbar und billig sein.
Eine Reihe von Forderungen, die nur schwer zu erfüllen sind.
Bei hohen Temperaturen über 850 °C weisen die Fluoride von Lithium, Natrium und
Magnesium extrem hohe Schmelzwärmen auf. Diese Temperaturen sind aber für
Speicherzwecke kaum interessant, da die technisch verfügbaren Wärmequellen meist bei
niedrigeren Temperaturen liegen. Im Temperaturbereich zwischen 400 und 800 °C weisen
vor allem eutektische Fluoridgemische hohe Schmelzwärmen auf und sind daher für
Latentwärmetauscher schon interessanter.
Im Zusammenhang mit der Sonnenenergienutzung und der Nutzung von
Niedertemperaturabwärme ist der Bereich unter 100 °C von größtem Interesse. Hier
bieten sich vor allem Salzhydrate, wie sie in der Tabelle 11 gezeigt sind, an. Leider
entsprechen die im Niedrigtemperaturbereich bekannten Latentspeichermassen nur
unvollständig den eingangs erwähnten Forderungen, so dass bis heute, von wenigen
Ausnahmen abgesehen, auf diesem Sektor nur sensible Wärmespeicher (Wasser,
Gestein) eingesetzt werden.
Der Einsatz geeigneter Latentwärmespeicher würde sowohl bei höheren Temperaturen als
auch im Niedrigtemperaturbereich einen wesentlichen Beitrag zur optimalen
Energienutzung liefern. Es bleibt zu hoffen, dass in absehbarer Zeit großtechnisch und
wirtschaftlich günstige Lösungen gefunden werden.
79
Literaturverzeichnis zur Vorlesung
Bücher:
Erdmann Georg: Energieökonomik - Theorie und Anwendungen. B.G. Teibner Verlag
Stuttgart 1992
Fanninger Gerhard: 10 Jahre Umweltenergietechnik in Österreich 1976 - 1986.
Österreichische Gesellschaft für Sonnenenergie und Weltraumfragen GmbH. 1988
Rummich Erich: Nichtkonventionelle Energienutzung. Eine Einführung in die
physikalischen und technischen Grundlagen. Springer Verlag Wien 1978
Bohn Thomas: Nutzung regenerativer Energie. Technischer Verlag Resch. Verlag TÜV
Rheinland 1988.
Kaltschmitt Martin, Andreas Wiese: Erneuerbare Energien. Systemtechnik,
Wirtschaftlichkeit, Umweltaspekte. Springer Verlag Wien, Heidelberg, New York. 1995
Kleemann Manfred, Michael Meliß: Regenerative Energiequellen. 2. Völlig neu
bearbeitete Auflage. Springer Verlag Wien, Heidelberg, New York. 1993
Hau Erich: Windkraftanlagen. 2. Überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer Verlag
wien, Heidelberg, New York. 1996.
Starzer
Otto:
Solar-Wasserstoff.
Bestandsaufnahme
und
Ausblick.
Energieverwertungsagentur Wien 1993
Zeitschriften:
Energieanwendung, Energie und Umwelttechnik. Technisch- wissenschaftliche
Zeitschrift für effiziente Energienutzung, Energie- und Umwelttechnik. Deutscher Verlag für
Grundstoffindustrie Leipzig - Stuttgart.
Brennstoff Wärme Kraft. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure für Energietechnik
und Energiewirtschaft. VDI - Verlag GmbH Düsseldorf
Energiewirtschaftliche Tagesfragen. Zeitschrift für Energiewirtschaft, Recht, Technik
und Umwelt. Energiewirtschaft und Technik Verlagsgesellschaft mbH Düsseldorf.
Erneuerbare Energie. Zeitschrift für Energiealternativen. Arbeitsgemeinschaft
Erneuerbare Energie. Gleisdorf.
Regenerative Energieformen Schriftenreihe der VDI Gesellschaft für Energietechnik.
Düsseldorf.
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