Zecken - docvadis

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Zecken und ihre Bedeutung bei der Übertragung
von Infektionskrankheiten
Prim. Dr. Josef Simeoni
Einleitung
Zecken sind weltweit verbreitete blutsaugende Parasiten. Zweifelhafte Berühmtheit haben
sie erlangt als Überträger von Krankheiten auf Mensch und Tier. Ist eine Zecke mit
Krankheitserregern infiziert, so kann ein an und für sich harmloser Zeckenstich zur Gefahr
für den Menschen werden. 50-80% der Zeckenstiche werden nicht bemerkt, da der Speichel
der Zecke eine betäubende Substanz enthält. Der Zeckenstich ist daher im Unterschied zu
den Insektenstichen schmerzlos. Die den Menschen befallenden Zecken (Larven) sind
meistens nicht größer als einen halben Millimeter.
In Mitteleuropa haben vor allem zwei durch Zecken übertragbare Erkrankungen Bedeutung:
Die von Bakterien ausgelöste Borreliose und die virale Frühsommer-Meningoenzephalitis
(FSME). Gegen die FSME wurde bereits vor 30 Jahren ein Impfstoff entwickelt.
1. Die häufigsten Irrtümer über Zecken
Nach wie vor kursieren viele falsche Vorstellungen von Zecken und von den von ihnen
übertragenen Krankheiten.
Irrtum 1: Zecken fielen von den Bäumen. Zecken lassen sich nicht von Bäumen fallen. Sie
warten im Gras, im Unterholz und in Büschen auf Warmblüter, die die Zecken im
Vorbeigehen abstreifen.
Irrtum 2: Vor allem Jäger und Forstarbeiter seien gefährdet. 90 Prozent der FSMEInfektionen ziehen sich die Patienten bei Freizeit-Aktivitäten (Gartenarbeit, Campen,
Wandern usw.) zu.
Irrtum 3: Die Krankheit käme nur im Frühsommer vor. Die FrühsommerMeningoenzephalitis (FSME) tritt zwar gehäuft zu Beginn des Sommers auf, dennoch gibt
es Erkrankungen auch schon im Frühjahr und bis in den Herbst hinein.
Irrtum 4: Bei uns bestünde kein Risiko durch einen Zeckenstich. In ganz Deutschland
können Zecken die Lyme-Borreliose (keine Impfung möglich) übertragen. FSMEÜbertragungen werden vor allem in Süddeutschland beobachtet. Ob eine Person gefährdet
ist, hängt jedoch nicht nur von ihrem Wohnort, sondern von ihrer Mobilität und ihrem
Freizeitverhalten ab.
Irrtum 5: Mit der richtigen Kleidung könnte ich mich schützen. Im Prinzip halten
Gummistiefel und lange Hosen Zecken ab oder zumindest auf. Sicheren Schutz kann
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Kleidung allein jedoch nicht gewähren. Zecken können eine ganze Zeit herumkrabbeln und
nach einer geeigneten "Stichstelle" suchen.
Irrtum 6: Rechtzeitiges Entfernen der Zecke reiche aus. FSME-Viren können schon
unmittelbar nach dem Stich von der Zecke auf den Menschen übertragen werden. Von
Borreliose-Erregern nimmt man an, dass die Übertragung erst nach längerem Saugen
erfolgt. Allerdings gibt es auch hierbei Hinweise auf Infektionen innerhalb kürzerer Zeit.
Scheinbar spielt hier auch die Technik der Zeckenentfernung eine Rolle.
2. Die Biologie der Zecke
Zecken gehören zu den Spinnentieren. Weltweit sind über 800 Zeckenarten bekannt. In
Europa ist vor allem die Familie der Schildzecken verbreitet. Unter denen wiederum spielt
Ixodes ricinus, der gemeine Holzbock, eine besondere Rolle. lxodes ricinus besitzt
stechend-saugende Mundgliedmaßen (Cheliceren und Hypopharynx). Daher wird die
Durchdringung der Haut des Wirtes als Stich und nicht als Biss bezeichnet.
Der Holzbock verdankt den wissenschaftlichen Artnamen "ricinus" seiner im vollgesaugten
Zustand auffälligen Ähnlichkeit mit dem Rizinus-Samen. Der Körper ist in
unterschiedlichem Ausmaß behaart und mit Warzen und Ringen versehen. Beim Weibchen
ist er stark dehnbar und nimmt nach der Blutmahlzeit oft eine hellgraue Farbe an. Dabei
kann das Weibchen ca. das 100- bis 200fache seines Gewichtes an Blut aufnehmen, womit
es sein Volumen etwa um das 120fache vergrößert. Der Orientierung beim Saugakt dient
das Haller’sche Organ auf dem letzten Segment des ersten Beinpaares. Mit Hilfe dieses und
anderer Sinnesorgane kann die Zecke auf thermische, chemische und physikalische Reize
(z.B. Erschütterungen oder Temperaturschwankungen, hervorgerufen durch ein
vorbeigehendes Wirtstier) reagieren. Wahrscheinlich spielt auch die CO2- und ButtersäureAbgabe des Wirtstieres eine Rolle.
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Die Entwicklung einer Zecke beginnt, wenn aus einem der zahlreichen Eier, die eine
weibliche Zecke legt, eine Larve schlüpft. Larven sind bei einer Größe von weniger als
einem halben Millimeter mit bloßem Auge kaum zu erkennen. Zum Blutsaugen befallen sie
vor allem Kleinsäuger wie Mäuse oder Igel. Nach dieser ersten Blutmahlzeit verlässt die
Larve ihren Wirt und häutet sich während einer mehrwöchigen Reifezeit zur sogenannten
Nymphe.
Die geschlechtslosen Nymphen verbringen wie die Larven zunächst eine Zeit freilebend,
ehe sie sich ein Opfer für die nächste Blutmahlzeit suchen. Überhaupt verbringt eine Zecke
die meiste Zeit freilebend, am Boden, im Unterholz, an Sträuchern oder Gräsern.
Anschließend entwickeln sich die Nymphen zu erwachsenen geschlechtsreifen Zecken.
Sowohl männliche wie weibliche Zecken saugen im Erwachsenenstadium erneut Blut. Die
Weibchen saugen allerdings um ein vielfaches mehr - sie brauchen das Blut des Wirts zur
Bildung von bis zu 3000 Eiern. Eine vollgesogene weibliche Zecke wiegt schließlich fast
200 mal so viel wie eine ungesogene. Um so viel Blut aufzunehmen, braucht sie allerdings
auch eine ganze Zeit. Bis zu 10 Tage kann eine weibliche Zecke saugen, ehe sie freiwillig
von ihrem Opfer ablässt.
Insgesamt dauert der Zyklus zwischen 2 und 4 Jahre.
Von den abgelegten Eiern, 500 bis 5.000, erreicht nur 1% das adulte Stadium.
3. Das Biotop
Naturherde bestehen meist in Biotopen, die optimale Bedingungen für die Existenz des
Holzbocks und seiner Wirte bieten. Zecken treten bevorzugt an Waldrändern mit
angrenzenden Wiesen, Waldlichtungen, Bach- oder Flußauen, Schonungen mit Unterholz
und Hecken, Übergängen von Laub- zu Nadelwald und Hoch- zu Niederwald auf.
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Betroffen sind ebenso Eichen-/Hainbuchen- und Buchen-/Tannen-Wälder mit einer gut
entwickelten Krautschicht (Farne usw.) sowie Strauchbeständen von Holunder, Hasel und
Brombeeren. Zecken findet man an wärmeren Südhanglagen mit niedrigem Strauchwerk
und Hecken. Hauptsächlich leben sie aber im Gras, auf Sträuchern, auf Waldlichtungen und
sogar in der kultivierten Naturlandschaft unserer Städte (Parks, Gärten, ...).
Diese Landschaften ziehen viele Erholungssuchende an, insbesondere wenn Bänke,
Waldlaufpfade oder Grillplätze vorhanden sind, so dass hier mit einem erhöhten
Infektionsrisiko zu rechnen ist. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass FSMENaturherde meist nicht durch eine Kultivierung der Landschaft beseitigt werden können.
Durch die Einengung der Kleintierbiotope auf die nicht kultivierten Restgebiete wird im
Gegenteil die Zirkulation des FSME-V noch verstärkt, da die höhere Populationsdichte der
Wirtstiere eine höhere Übertragungswahrscheinlichkeit mit sich bringt.
Entgegen einer weitverbreiteten Meinung sitzen die Zecken nicht auf den Bäumen, um sich
von dort auf ihre Wirte hinunterzustürzen, sondern sie befinden sich eher in der bodennahen
Vegetation. Larven sind in der Regel auf Gräsern bis maximal 30 cm Höhe, Nymphen auf
weniger als 1 m hohen Kräutern und Imagos (Erwachsene-Form) auf Kräutern und Büschen
bis zu maximal 1,50 m Höhe anzutreffen. Die Zecken sitzen meist an der Unterseite der
Blattenden und auf den Spitzen von Zweigen in der Nähe von Waldpfaden und Wildfährten.
Von hier lassen sie sich auf ihre Wirte fallen oder werden von ihnen im Vorbeigehen
abgestreift. Menschen, aber auch Haustiere wie Hunde und Katzen, streifen Zecken z.B. von
Gräsern ab und können sie in die Wohnung und in den eigenen Garten bringen.
Beim erwachsenen Menschen wird die überwiegende Anzahl der Zeckenstiche an den
Beinen, in der Gesäß- und in der Genitalregion beobachtet. Bei Kindern treten etwa 75% der
Zeckenstiche am Kopf auf, die restlichen verteilen sich auf Beine und Arme, Rumpf, Gesäßund Genitalregion. Die Gründe dafür sind klar: Kinder sind der Vegetation näher und haben
durch ihre spielerischen Aktivitäten viel öfter Kontakt mit dem Boden als Erwachsene.
Das FSME Virus ist über dem gesamten europäisch-asiatischen Kontinent verbreitet. In
Zentraleuropa und insbesondere in Österreich ist die Erkrankung bekanntermaßen ein ernst
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zu nehmender, volksgesundheitlicher Faktor. Es ist nicht auszuschließen, dass in Gebieten,
in denen bisher keine FSME-Erkrankungen nachgewiesen wurden, eine Virusinfektion mit
nachfolgender Erkrankung auftreten kann. In den letzten Jahren wurde immer häufiger über
solche FSME-Erkrankungen berichtet.
Viele Menschen genießen ihre Freizeit heute im Grünen, nicht nur im Sommerurlaub, auch
beim Ausflug am Wochenende. Genau dort, beim Wandern in freier Natur, in unseren Parks
und selbst in unseren Gärten daheim, besteht für uns alle die Gefahr, von einer Zecke
gestochen zu werden. Freizeitaktivitäten sind heute die bei weitem häufigste Ursache für
eine FSME Erkrankung.
4. Zeckenaktivität
Ixodes ricinus überwintert in allen Entwicklungsstadien unter Laubdetritus an Stellen, wo
Temperaturen bis 0°C (kurzfristig auch darunter) und eine relative Luftfeuchtigkeit von
mindestens 92% bestehen. Eier und nüchterne Larven sterben unterhalb von -7°C ab. Die
Zeckenaktivität wird ausgelöst durch ein Ansteigen der Bodentemperatur auf 5 bis 7°C
(Monate März/April) und endet im Herbst, sobald die durchschnittliche Lufttemperatur auf
etwa den gleichen Wert abgesunken ist (Monate Oktober/November). Feuchte Sommer und
milde Winter fördern die Zecken-Populationsdichte.
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7. Erkrankungen
Borreliose und FSME sind die bekanntesten und in Europa auch die verbreitetesten
Erkrankungen, die durch Zecken übertragen werden. Zecken können jedoch die
verschiedensten Erreger beherbergen und entsprechend groß ist die Zahl der von ihnen
übertragenen Erkrankungen.
Ein Beispiel, dem in letzter Zeit vermehrte Aufmerksamkeit gewidmet wurde, ist die
Ehrlichiose. Sie wird von Bakterien, sogenannten Ehrlichien, verursacht, die von
verschiedenen Zeckenarten übertragen werden können, zum Beispiel von Amblyomma
americanum, einer Zecke, die vor allem in den südlichen USA vorkommt. Meist verläuft
eine Ehrlichiose symptomlos. Es kann jedoch auch zu Fieber, Kopf-, Rücken- und
Muskelschmerzen, zu Übelkeit oder zu Komplikationen durch Zusatzinfektionen mit
anderen Bakterien kommen. Auch aus Europa sind Ehrlichiose-Fälle bekannt.
Verschiedene Fleckfieberarten werden ebenfalls durch Zecken übertragen, in Europa vor
allem im Mittelmeergebiet. Das Mittelmeer-Fleckfieber äußert sich mit hohem Fieber und
einem typischen Ausschlag.
Auch die sogenannte Babesiose wird vor allem im Mittelmeergebiet beobachtet. Diese
durch Zecken übertragene Erkrankung ist jedoch sehr selten.
7.1 Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME, ist eine virale Erkrankung des zentralen
Nervensystems (ZNS). Der Erreger der FSME, das FSME-Virus, wird in erster Linie von
Zecken auf den Menschen übertragen. Es sind jedoch auch einige wenige Fälle bekannt, bei
denen die Erkrankung durch den Genuss roher Milch von infizierten Kühen oder Ziegen
ausgelöst wurde.
Lange Zeit galten vor allem bestimmte Berufsgruppen wie Förster, Jäger, Wald- und
Landarbeiter als besonders gefährdet, an einer FSME zu erkranken, da sie besonders häufig
von Zecken gestochen werden. Inzwischen sind solche beruflich gefährdeten Personen
jedoch meist gegen die FSME geimpft. Daher infizieren sich heutzutage in hohen
Endemiegebieten etwa 90 Prozent aller Patienten während ihrer Freizeit mit dem Virus.
Klinik
Eine FSME ist im typischen Fall durch einen zweiphasigen Krankheitsverlauf
gekennzeichnet. Sie beginnt dann zunächst mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen,
ähnlich einer Sommergrippe. Unter Umständen ist die Erkrankung damit auch schon wieder
überstanden.
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Bei etwa 10% der Infizierten befällt das Virus jedoch das zentrale Nervensystem. Die mildeste
Form ist in diesem Fall eine Hirnhautentzündung (Meningitis). Sie geht mit hohem Fieber, starken
Kopfschmerzen und Nackensteifigkeit einher. Etwa zehn Prozent dieser Patienten leiden an
Spätfolgen. Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und Psychosen stehen im
Vordergrund, Lähmungen sind selten. Etwa ein Prozent der Krankheitsfälle, bei denen das
Nervensystem befallen ist, führt zum Tod.
Kinder erkranken seltener an FSME. Im Vergleich zum Erwachsenen verläuft die Krankheit
wesentlich leichter und heilt fast immer ohne Folgeschäden aus.
Die Patienten sind nicht ansteckend, da eine Übertragung von Mensch zu Mensch nicht
möglich ist.
Vorkommen
Deutschland: der Bayerische Wald, der Schwarzwald Bodenseeraum und der Odenwald.
Österreich: Salzburg, Kärnten, Steiermark, Wienerwald, Oberösterreich, einzelne Gebiete
Tirols
Schweiz: Umgebung von Bern und Zürich, Grenzgebiet zu Lichtenstein
Schweden: im Süden
Italien: Friuli, Belluno, Trentino, Vicenza, Südtirol, 1 Fall im Jahr 2000 und ein weiterer im
Jahr 2004, beide im Überetsch
Osteuropa: Tschechien, Slowakei, Polen, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen, östliches
Sibirien,
Die Hochrisikogebiete ändern sich aber immer wieder.
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Übertragung der FSME
FSME wird hauptsächlich durch Zeckenstiche auf den Menschen übertragen. Zecken sind
Parasiten, die sich vom Blut eines Wirtes ernähren. Sie halten sich in Gestrüpp von etwa
anderthalb Metern auf. Die Krankheit betrifft nicht nur Waldarbeiter, Förster und
Landwirte.
Weiterhin kann man sich in seltenen Fällen über verseuchte Rohmilch oder
Rohmilchprodukte (z.B. Käse) infizieren. Dieser Übertragungsweg stellt besonders in
Osteuropa ein Ansteckungsrisiko dar.
Zecken werden erst an warmen Frühlings- und Sommertagen bei Temperaturen ab 10 Grad
aktiv, in unseren Breitengranden also zwischen März und November.
Nicht jeder Zeckenstich ruft gleich eine Infektion hervor. In Risikogebieten sind etwa 0,2
bis 5 Prozent aller Zecken mit FSME-Erregern infiziert.
Therapie
Die FSME-Erkrankung erfordert eine dringende stationäre Aufnahme. Nach Ausbruch der
Krankheit ist die Behandlung sehr schwierig. Es gibt keine spezielle Therapie für FSME.
Wichtig sind deshalb vorbeugende Schutzmaßnahmen vor Zeckenstichen und noch besser die Schutzimpfung. Die Therapie beschränkt sich auf symptomatische, pflegerische
Maßnahmen, wie z.B. Bettruhe, schmerzlindernde, beruhigende und krampflösende
Medikamente. Patienten mit einer Infektion des Nervensystems bedürfen der ständigen
Überwachung, um beim Auftreten von Komplikationen, wie z.B. Krampfanfällen, sofort
eingreifen zu können.
FSME-Vorbeugemaßnahmen
Das sicherste Mittel einer FSME vorzubeugen ist die aktive Impfung im Winter, dann ist
der Impfschutz schon zu Beginn der saisonalen Zeckenaktivität im Frühjahr vorhanden.
Schutz vor dem Zeckenstich: Das Tragen von heller und dicht schließender Kleidung. Die
Wirkung von Zeckenschutzmitteln ist nur begrenzt.
Nach einem Aufenthalt im Freien sollte die Kleidung und der Körper auf Zecken abgesucht
werden.
Achtung: Die FSME-Erreger befinden sich in den Speicheldrüsen der Zecke und werden
sofort beim Stich in die Wunde übertragen. Die sofortige Entfernung der Zecke schützt
daher nicht vor FSME.
Es gibt eine passive Impfung gegen FSME, die die Erreger auch nach dem Stich abfangen
kann. Sie muss möglichst frühzeitig, spätestens jedoch innerhalb von vier Tagen nach dem
Zeckenstich gespritzt werden. Allerdings wurde die Produktion dieser Immunglobuline
mittlerweile eingestellt.
Nach einer durchstandenen FSME hält die Immunität wahrscheinlich lebenslang
7.2 Lyme Borreliose
Der Erreger
Es handelt sich um eine Spirochäte, die 1981 nach dem Entdecker Willy Burgdorfer benannt
wurde.
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Die Lyme-Borreliose ist die häufigste Infektionskrankheit, die in Mitteleuropa von
Vektoren übertragen wird.
Die Erkrankung ist in weiten Teilen Europas, in Asien und in Nordamerika verbreitet. In
Italien kommt sie vorwiegend im Norden des Landes vor; in Südtirol ist die Infektion
ebenso endemisch.
Erkrankungsfälle in Südtirol
1994
1995
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
1 Fall
1 Fall
12 Fälle
5 Fälle
10 Fälle
8 Fälle
1 Fall
16 Fälle
16 Fälle
5 Fälle
Die häufigsten Orte:
Bozen u. Umgebung, Unterland, Etschtal, etwas weniger im Vintschgau, Eisacktal insg. 2
Fälle, 1 Fall im Pustertal.
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Das Krankheitsbild
Die Erkrankung beginnt häufig 2-4 Wochen nach dem Zeckenstich mit einem an der
Einstichstelle sich kreisförmig ausdehnenden roten Fleck. Diese Hauterscheinung heilt nach
einer adäquaten Behandlung in ca. einem Monat ab. Wird die Erkrankung nicht bemerkt
oder nicht behandelt, kann es nach Wochen oder Monaten zur Entzündung der Gelenke, der
Muskeln oder des zentralen Nervensystems u.a. kommen.
Die Behandlung dieser Infektionskrankheit erfolgt mit Antibiotika über 10-14 Tage, und ist
erfolgreich, wenn sie rechtzeitig begonnen wird. Die Behandlung erfolgt je nach Stadium
der Erkrankung und befallenem Organ durch orale oder intravenöse Antibiotika. Bei
Personen, bei denen die Erkrankung nicht sofort diagnostiziert werden, kann eine
intravenöse (i.v.) Antibiotikabehandlung nötig sein. Die Länge der erforderlichen
Behandlungsdauer ist abhängig vom Verlauf der Krankheit..
Je nach Symptomatik wird sie vom Dermatologen, Neurologen, Orthopäden u.a. behandelt.
8. Wie beugt man Zeckenstichen vor?
Es gibt keinen spezifischen Schutz gegen Zeckenstiche. Es ist ratsam im Zeckenbiotop das
Durchstreifen von Unterholz-Bereichen, vor allem wenn von hohen Gräsern durchsetzt, zu
vermeiden. Ebenso ist es ratsam, den Wanderweg nicht zu verlassen. Die
Ganzkörperbekleidung bietet einen relativen Schutz gegen Zeckenstiche: lange Hosen,
Hemden mit langen Ärmeln, geschlossene Schuhe oder Stiefel zu tragen. Die Bekleidung
sollte von heller Farbe sein, damit eventuell herumkrabbelnde Zecken rechtzeitig entdeckt
werden. Es ist wichtig, dass nach einer Wanderung in Wäldern zu Hause der ganze Körper
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gründlich auf Zecken abgesucht wird, da sie ja nicht sofort zum Saugen ansetzen. Auch die
Bekleidung sollte nach der Wanderung gründlich geschüttelt werden und ev.
mitgenommene Haustiere (Hunde, Katzen) auf Zecken absuchen.
9. Wirtstiere
Der Holzbock saugt an über 100 verschiedenen Arten von Säugetieren, Reptilien und
Vögeln. Für Arbo-Viren generell wie auch für das FSME-Virus gilt die Lehrmeinung, dass
das Virus im Wirtstier eine Virämie mit genügend hohem Virustiter induzieren muss, damit
sich der blutsaugende Vektor, die Zecke, infizieren kann. Für die meisten Wirte ist das
FSME-V apathogen, sie erkranken nur ausnahmsweise.
Ein infizierter Wirt bildet spezifische Antikörper gegen das FSME-Virus und ist dann
zeitlebens immun gegen eine erneute Infektion. Da unter diesen Gesichtspunkten ein
Kreislauf des FSME-V in der Natur bald zum Erliegen käme, müssen für die Persistenz
eines Naturherdes folgende Bedingungen gegeben sein:
Das Vorkommen von Wirtstieren mit genügend langer Virämiedauer und hohem Virustiter,
eine ausreichende Zahl infizierbarer Jungtiere, ein Angebot unterschiedlicher Formen von
Wirtstieren, die Existenz größerer Wirtstiere mit mehrfachem Zeckenbefall.
Virämiedauer bei Wirtstieren
Eine lang dauernde virämische Phase (2-8 Tage) mit hohem Virustiter wird am ehesten bei
Kleinsäugern wie der Gelbhalsmaus, der Rötelmaus, der Feldmaus, der Haselmaus etc.
beobachtet. An ihnen können sich die Zecken daher am leichtesten infizieren. Das FSME-V
kann in diesen Wirten überwintern, wobei die Dauer der Virämie von der Körper- und der
Umgebungstemperatur stark abhängt. In der kälteren Jahreszeit ist sie z.B. beim
Stachelschwein von 3 bis 6 Tagen auf 8 bis 14 Tage verlängert.
Bei großen Säugetieren (Reh, Ziege) tritt nur eine kurzdauernde Virämie mit niedrigen
Virustitern auf. Neuere Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass bei Mehrfachbefall
größerer Säugetiere auch eine nicht-virämische Übertragung des Virus auf die Zecken eine
Rolle im Viruszyklus spielen kann.
Ziege, Kuh und Schaf scheiden während der Virämie virushaltige Milch aus und können so
zuweilen auch eine Infektionsquelle für den Menschen darstellen.
Vögel haben nur eine sehr kurze virämische Phase und spielen als Reservoir für das FSMEV keine Rolle. Sie dienen jedoch relativ häufig als Wirte für die Jungstadien von Ixodes
ricinus und können somit zu einer weiten Verbreitung infizierter Zecken beitragen.
Jungtiere
Kleinsäuger weisen eine hohe Reproduktionsrate mit einem raschen Generationswechsel
auf, so dass sie einen ständigen Zuwachs von jungen nichtimmunen Individuen garantieren.
Darüber hinaus haben diese Wirte oft auch eine kürzere Lebensdauer als Ixodes ricinus.
Unterschiedliche Formen von Wirtstieren
Im Durchschnitt werden die Gelbhals- bzw. Rötelmäuse im Frühjahr von 20 bis 50 Larven
befallen, wobei die männlichen Mäuse aufgrund ihres größeren Aktionsraums stärker
betroffen sind. Die Jungstadien von Ixodes ricinus, insbesondere die Larven, befallen
bevorzugt Kleinsäuger, während der Hauptteil der Nymphen und adulten Tiere an großen
Säugetieren parasitiert.
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Größere Wirtstiere
Größere Tiere werden meist von vielen Zecken gleichzeitig befallen. Daher ist die Zahl der
während der virämischen oder auch nicht-virämischen Phase (siehe oben) sich infizierenden
Zecken relativ hoch.
Durch ihren großen Aktionsradius tragen sie zu einer weiteren Verbreitung des FSME-V
bei. Zumindest jedoch sind sie wichtige Faktoren für den Reproduktionszyklus und die
Populationsdichte der Zecken selbst.
Der Mensch spielt weder als Nahrungs- noch als Infektionsquelle für Zecken eine
wesentliche Rolle. Bei ihm endet die Infektionskette.
9. Wie schütze ich mich richtig?
Einen gewissen Schutz vor Zeckenstichen bietet eine geschlossene Kleidung. Das Tragen
von geschlossenem Schuhwerk und das Bedecken der Beine mit möglichst anliegenden
Textilien ist zu empfehlen. Da Zecken hauptsächlich im Unterholz und an Gräsern sitzen, ist
es vor allem sinnvoll, die Socken über die Hosenbeine zu ziehen. Auch insektenabweisende
Mittel wie Zeckenspray und Puder helfen eine Zeit lang allerdings nicht wirklich
zuverlässig. Nicht wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass der Duft der Zitronenmelisse
Zecken vertreibt.
Das Tragen eines Hutes nützt für Erwachsene nicht viel, es sei denn, sie bücken sich.
Zecken sitzen in etwa 50-150cm Höhe. Es macht aber Sinn, wenn Kinder Mützen zum
Schutze tragen. Lange Kleidung bietet allerdings keine Garantie, nicht von einer Zecke
gestochen zu werden. Zecken können eine lange Zeit herumkrabbeln, bis sie ein
Schlupfloch durch die Kleidung hindurch zur Haut finden.
Hohes Gras, Gebüsch und Unterholz sollte so gut es geht gemieden werden. Nach einem
Aufenthalt in Zeckenbiotopen, sollte man sich zudem, wie schon erwähnt, gründlich nach
Zecken absuchen. Denn Zecken stechen nicht sofort zu, sondern suchen zunächst nach einer
geeigneten Körperstelle mit weicher und warmer Haut.
Häufig von Zecken befallen worden zu sein, heißt nicht, gegen die Erkrankung immun zu
sein. Ein Zeckenstich ist wie ein Russisches Roulette. Sie können sich niemals sicher sein,
von einer "gesunden Zecke" oder doch irgendwann einmal von einer Virus-infizierten Zecke
gestochen zu werden.
Die Statistik der FSME belegt diesen tragischen Irrtum: Heutzutage kommen FSME-Fälle
in der jüngeren Generation kaum mehr vor. Der Großteil der Erkrankungen ist im höheren
Lebensalter zu verzeichnen!
Natürlich kann ein Zeckenstich auch zu einer "stillen Feiung" einer FSME-Infektion ohne
Krankheitserscheinungen führen und damit zu einem Schutz vor weiterer Erkrankung. Falls
man dies feststellen möchte, ist mittels Blutuntersuchung ein Antikörpernachweis möglich.
10. Wie entferne ich eine Zecke?
Während FSME-Viren in den Speicheldrüsen der Zecken sitzen, befinden sich die Borrelien
zunächst im Mitteldarm. Das hat zur Folge, dass FSME-Viren direkt mit dem Stechakt auf
das Opfer übertragen werden. Bei Borrelien dagegen wird davon ausgegangen, dass sie erst
zu einem späteren Zeitpunkt während des Saugaktes in den Wirt gelangen. Insbesondere zur
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Verhinderung einer Borreliose ist es also wichtig, eine Zecke so schnell wie möglich zu
entfernen. Zecken müssen bald entfernt werden, denn das Infektionsrisiko steigt mit der
Saugdauer.
Eine Übertragung von FSME-Viren kann aber auch trotz des raschen Entfernens einer
Zecke, die sich bereits "eingebissen" hat, nicht verhindert werden. Unter Umständen aber
die Übertragung von Borrelienbakterien.
Was die Entfernung der Zecken betrifft, kennt fast jeder einen anderen "Geheimtip" Sie
reichen vom Abbrennen der Zecke bis zum Drauftröpfeln von Öl. Doch solche Verfahren
schaden mehr als sie nützen. Es kann sein, dass die Zecke in ihrem "Todeskampf" erst recht
Erreger in die Wunde abgibt. Auch das Quetschen der Zecke beim Entfernen kann schädlich
sein.
Man sollte daher Zecken ganz vorsichtig mit einer feinen Pinzette entfernen. Dazu setzt man
dicht über der Haut an und zieht bzw. hebelt die Zecke mit einem konstanten Zug vorsichtig
heraus (nicht drehen!). Das eventuelle Zurückbleiben des Stechapparates in der Wunde ist
nicht gefährlich und führt höchstens zur Fremdkörperreaktion. Wer sich nicht sicher ist, die
Zecke richtig entfernen zu können, sollte einen Arzt aufsuchen.
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