3-001 SITZUNG AM MITTWOCH, 3. JULI 2002 ___________________________ 3-002 VORSITZ: PATRICK COX Präsident (Die Sitzung wird um 9.00 Uhr eröffnet.) 3-003 Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung 3-004 Der Präsident. – Das Protokoll der gestrigen Sitzung wurde verteilt. Gibt es Anmerkungen dazu? 3-005 Turco (NI). – (IT) Herr Präsident, als Herr Cappato gestern um Auskunft über die Aufnahme eines von einem Zehntel der EP-Mitglieder unterzeichneten Entschließungsantrags in die Tagesordnung der Konferenz der Präsidenten ersuchte, kündigte Vizepräsident Schmid für den Nachmittag eine Antwort an. Ich möchte darauf hinweisen, dass ich gestern um 17.00 Uhr, 24 Stunden nach meinem Hungerstreik, aus ebendiesem Grund einen Durststreik begonnen habe: Schon einmal wurde dieser Entschließungsantrag dem politischen Organ und dessen Beschlussfassung vorenthalten. Ich hoffe, dass Sie nun die Zeit finden mögen, dem politischen Organ seine Befugnisse und seine Würde zurückzugeben. 3-006 Der Präsident. – Herr Turco, ich werde zu dieser Frage die Konferenz der Präsidenten am Donnerstag konsultieren. 3-007 Turchi (UEN). – (IT) Herr Präsident, ich möchte auf ein sprachliches Problem bezüglich Änderungsantrag 11 meines Berichts hinweisen, den wir gestern angenommen haben. Zu Ehren der Grammatik und der EU-Institutionen sollte er wie folgt formuliert werden: „Der Finanzrahmen für die Durchführung dieser Verordnung beläuft sich für den Zeitraum 2000 bis 2006 auf 4 700 Millionen EUR und unterliegt einer Halbzeitüberprüfung im Lichte der Durchführung dieser Verordnung.“ Der Rest des Änderungsantrags bleibt unverändert. 3-008 Der Präsident. – Soweit ich informiert bin, kümmern sich die Dienste bereits darum. (Das Protokoll wird genehmigt.) *** 3-009 Sakellariou (PSE). - Herr Präsident! Eine Delegation des demokratisch gewählten taiwanesischen Parlaments hat sich gestern auf Einladung von Europaabgeordneten hier in Straßburg aufgehalten. Sie, Herr Präsident, haben dieser Delegation die Ehre erwiesen, sie zu empfangen und mit ihnen zu sprechen. Bei diesem Besuch geschah jedoch etwas, was mich, und ich glaube mehrere Kollegen hier, beschämt. Unsere Gäste mussten gestern Nacht in aller Eile abreisen, weil die französischen Behörden ihnen nur ein Visum für 24 Stunden erteilt hatten. Alle Versuche von Europaabgeordneten, dieses Visum zu verlängern oder für längere Zeit zu erhalten, scheiterten an der Sturheit der französischen Behörden. Ich habe zwei Fragen an Sie, Herr Präsident. Erstens: Halten Sie dieses Verhalten der Verweigerung eines Visums aus - wie ich vermute - rein politischen Gründen für vereinbar mit den Werten der Europäischen Union, die die Freiheit, einschließlich die Bewegungsfreiheit aller Menschen, als Grundrecht erachtet? Zweitens: Betrachten Sie, so wie ich und andere Kollegen in diesem Parlament, dieses Ereignis als eine schwere Behinderung und Beeinträchtigung der Arbeit des Europäischen Parlaments in Straßburg? Wenn ja, was gedenken Sie dagegen zu unternehmen? (Beifall) 3-010 Der Präsident. – Dies ist nicht das erste Mal, dass hochrangigen Politikern dieses Staates ein Visum verweigert wurde, und dieses Problem ist nicht nur an diesem Arbeitsort des Europäischen Parlaments aufgetreten. Ich versuche trotzdem, die Angelegenheiten von der positiven Seite aus zu sehen, denn zumindest gestern haben die Behörden den Besuch gestattet, so kurz er auch gewesen sein mag. Für einige Mitglieder der Delegation ist das schon ein Fortschritt, denn zu früheren Gelegenheiten war diese Möglichkeit nicht gegeben. Der gestrige Tag ist also ein kleiner Fortschritt im Hinblick auf die Wahrung der Rechte des Parlaments, das einerseits bei seiner Arbeit nicht behindert werden darf und andererseits in der Lage sein muss, zu gewährleisten, dass diejenigen, die ins Parlament oder in dessen Ausschüsse eingeladen werden, diese Einladungen auch wahrnehmen können. 3-011 Gahler (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich möchte einen Punkt aufgreifen, der die Ausstattung der Parlamentsgebäude hier betrifft, und das ist auch eine Frage, die ich häufig von meinen Besuchergruppen zu hören bekomme. Wir sind in diesem Parlament zu Recht sehr stolz darauf, dass wir alle in unseren Muttersprachen sprechen, hören und lesen können. Viele meine Besuchergruppen fragen mich aber: Warum sind denn hier im Parlament alle Aufschriften, alle Hinweise und auch alle elektronischen Anzeigen nur in einer Sprache gehalten? Ich finde, es ist doch eine Frage des Selbstverständnisses, ob wir uns hier alle wiederfinden können, auch in der optischen Darstellung dieses 6 03/07/2002 Parlaments. Letztlich sind wir hier im Augenblick elfsprachig, und ich finde, es gibt da schon technische Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass es hier in diesem Parlament auch entsprechende Installationen gibt. 90 % meiner Besuchergruppen sprechen kein Französisch, und wenn sie sich zum Beispiel die Räumungspläne ansehen, die an jedem "Totempfahl", oder wie das hier genannt wird, angebracht sind, so sind diese nur Französisch. Die Notfallpläne für den Fall, dass hier irgendetwas passiert, sind nur in einer Sprache gehalten. Eigentlich finde ich das nicht angemessen für das Europäische Parlament. Ich bitte Sie daher, unsere Dienste anzuweisen, einmal ein Konzept aufzustellen, wie wir in diesem Parlament die Vielsprachigkeit, auf die wir zu Recht stolz sind, hier auch optisch zum Ausdruck bringen können. (Beifall) 3-012 Der Präsident. – Das ist ein guter Vorschlag. Wir sollten diese Anregung zunächst an das Kollegium der Quästoren weiterleiten und wenn wir eine geeignete Möglichkeit zur Umsetzung finden, wäre das eine gute Idee.1 3-013 Sacrédeus (PPE-DE). (SV) Herr Präsident! Ich möchte die Ausführungen des Kollegen Sakellariou zum Besuch des Präsidenten des taiwanesischen Parlaments und des dortigen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten noch einmal unterstreichen. Herr Präsident, ich bitte Sie, mit den französischen Behörden zu sprechen, damit wir als Europäisches Parlament hier in Straßburg unter den gleichen Bedingungen arbeiten können wie in Brüssel. Wären der Präsident des demokratisch gewählten Parlaments von Taiwan und der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten nach Brüssel und nicht nach Straßburg gereist, hätte diese Delegation länger als 24 Stunden bleiben dürfen und wäre nicht gezwungen gewesen, unter solch unwürdigen Umständen aufzubrechen, wie dies gestern geschah. Ratspräsidentschaft auf dem Gipfel in Kopenhagen ein intensiver Dialog mit den Fraktionsvorsitzenden im Parlament geführt wird. Dies sind innovative Aspekte, die zeigen, dass der dänische Ratsvorsitz der Partnerschaft zwischen den Organen große Bedeutung beimisst. Ich möchte dem Ratsvorsitzenden im Namen des Parlaments offiziell für die zahlreichen und intensiven Bemühungen in diesem Zusammenhang danken und ihm sagen, dass wir diese neue Vorgehensweise sehr begrüßen. 3-016 Fogh Rasmussen, Rat. – (DA) Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Mitglieder der Europäischen Kommission, meine Damen und Herren! Es ist mir eine große Ehre, zum ersten Mal heute in diesem Parlament zu sprechen. Ich freue mich besonders, dass ich dies als Präsident des Europäischen Rates tue, um Ihnen die Prioritäten der dänischen EUPräsidentschaft vorzustellen und anschließend über die vor uns liegenden Aufgaben zu diskutieren. Das Europäische Parlament ist ein wichtiger und konstruktiver Faktor für die Entwicklung der europäischen Zusammenarbeit, und ich bin sicher, dass dies auch für die kommenden Monate zutrifft, in denen wir eine ganze Reihe von für die Zukunft der EU wichtigen Entscheidungen treffen müssen. Der dänische Ratsvorsitz ist daher auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament eingestellt. Die dänische Präsidentschaft möchte die Zusammenarbeit der Institutionen der EU verstärken. Ich weiß, dass dies auch vom Europäischen Parlament gewünscht wird. Wir werden versuchen, den Kontakt und die Kooperation zwischen den Institutionen zu fördern. Wir planen, vor den Sitzungen des Europäischen Rats in Brüssel und Kopenhagen Gipfeltreffen zwischen Parlament, Kommission und Präsidentschaft durchzuführen. 3-014 Tätigkeitsprogramm des dänischen Ratsvorsitzes 3-015 Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Erklärung des amtierenden Ratsvorsitzenden zum Tätigkeitsprogramm des dänischen Ratsvorsitzes. Lassen Sie mich anlässlich der Vorstellung dieses Tagesordnungspunktes dem dänischen Ratsvorsitz im Namen des Parlaments und der Fraktionsvorsitzenden dafür danken, dass wir vor dem offiziellen Beginn der dänischen Ratspräsidentschaft zu einem ausführlichen Gespräch mit dem neuen Ratsvorsitz über dessen Prioritäten nach Kopenhagen eingeladen wurden. Ich stelle fest, dass der Ratspräsident, Ministerpräsident Rasmussen, im November an unserer großen Debatte über die Erweiterung teilnehmen wird, obwohl er dann nicht über die Arbeit des Europäischen Rates berichten wird. Wir gehen davon aus, dass vor dem Abschluss der 1 Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll. Wir stehen vor wichtigen Entscheidungen das gemeinsame Beschlussverfahren betreffend. Die Präsidentschaft wird effektiv und flexibel arbeiten und richtet sich auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit ein. Wir müssen einen neuen Haushalt beschließen. Auch in dieser Hinsicht plant die Präsidentschaft konstruktive und ergebnisorientierte Verhandlungen. Dänemark misst der Arbeit des Europäischen Parlaments große Bedeutung bei und die Präsidentschaft wird in allen Plenarsitzungen gut vertreten sein. In diesem Zusammenhang wird Europaminister Bertel Haarder, ehemaliger Abgeordneter Mitglied dieses Parlaments, eine wichtige Funktion übernehmen. (Beifall) Auch andere dänische Minister werden sich an den Plenardebatten der kommenden Monate beteiligen. Ich selbst werde das Parlament nach dem Europäischen Rat in Brüssel informieren und nach beendeter 03/07/2002 Präsidentschaft nach dem Gipfeltreffen in Kopenhagen Bericht erstatten. Außerdem werde ich an der großen Erweiterungsdebatte am 19. November teilnehmen. Wir haben das Programm unserer Präsidentschaft „Ein Europa“ betitelt. Dadurch betonen wir die Bedeutung, die wir der Erweiterung und der breiteren Zusammenarbeit auf unserem Kontinent beimessen. Das Programm enthält eine ausführliche Darstellung unserer Ziele und Pläne in den einzelnen Bereichen. Heute und an dieser Stelle möchte ich mich auf die Hauptthemen konzentrieren. Die Haupttitel des Programms lauten folgendermaßen: Erstens: Erweiterung der EU – Von Kopenhagen bis Kopenhagen. Wir werden über die Erweiterung der EU auf dem Gipfeltreffen in Kopenhagen im Dezember entscheiden. Zweitens: Freiheit, Sicherheit und Recht – wir werden den Kampf gegen Terrorismus, Kriminalität und illegale Einwanderung verstärken. Drittens: Nachhaltige Entwicklung – wirtschaftlich, sozial und in Bezug auf die Umwelt. Wir werden uns gleichermaßen für Wirtschaftswachstum, Schutz der Umwelt und mehr Beschäftigung einsetzen. Viertens: Sichere Lebensmittel. Wir werden uns um mehr Sicherheit der Lebensmittel bemühen, die Agrarpolitik überprüfen und die gemeinsame Fischereipolitik erneuern. Fünftens: Die globale Verantwortung Europas. Wir werden die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik stärken, die starken Bindungen zwischen Europa und den USA intensivieren und uns für ein globales Abkommen zwischen den reichen und armen Ländern der Welt einsetzen. Auf der Ratssitzung in Sevilla wurden Rahmenentscheidungen zur Arbeit des Rates die Erweiterung betreffend gefällt. Ich begrüße diese Entscheidungen und möchte sie nach Möglichkeit bereits während der dänischen Präsidentschaft umsetzen. Dies gilt nicht zuletzt für die Beschlüsse in Bezug auf größere Transparenz in der Tätigkeit des Rates. Insgesamt haben wir vor, die Arbeit der dänischen Präsidentschaft möglichst offen zu gestalten. 7 Die dänische Präsidentschaft wird der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität und der Durchführung des EU-Aktionsplans zur Terrorismusbekämpfung eine hohe Priorität einräumen. Wir werden großen Wert auf die Schaffung einer intensiven internationalen Zusammenarbeit legen – nicht zuletzt mit den USA. Die Präsidentschaft wird außerdem die Arbeit mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates in Sevilla über Asyl, Einwanderung und Grenzkontrolle fortsetzen. Diesbezüglich wurden einige zukunftsweisende, konkrete und ausgewogene Beschlüsse gefasst, die eine gute Voraussetzung für die Arbeit während der dänischen Präsidentschaft bilden. Zweitens wird sich die dänische Präsidentschaft für eine nachhaltige Entwicklung einsetzen – im wirtschaftlichen, sozialen und Umweltbereich. Wir werden großen Wert auf die Durchführung des Binnenmarktes und die Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten legen. Eine starke und wettbewerbsfähige europäische Wirtschaft ist Voraussetzung für Wachstum, Wohlstand, mehr Beschäftigung und nachhaltige Entwicklung. Wir müssen uns im globalen Wettbewerb behaupten können – nicht zuletzt gegenüber den USA. Als nächsten Punkt wird sich die dänische Präsidentschaft um die Lebensmittel kümmern. Wir werden uns für sichere Lebensmittel einsetzen. Die Lebensmittelsicherheit – aus dem Boden auf den Tisch – ist ein sehr wichtiger Aufgabenbereich der EU. Während der dänischen Präsidentschaft möchten wir auf diesem Gebiet konkrete Fortschritte erzielen. Auch die Beratungen über die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik sollen während der dänischen Präsidentschaft eingeleitet werden. Wir werden ihnen eine hohe Priorität einräumen und versuchen, sie möglichst weit voranzubringen. Ich möchte aber betonen, dass diese Arbeit unabhängig von den Verhandlungen über die Erweiterung der EU getan werden muss. Wir werden keine neuen Bedingungen für die Erweiterung akzeptieren. (Beifall) (Beifall) Die Erweiterung der EU ist die wichtigste Aufgabe der dänischen Präsidentschaft. Mit diesem wichtigen Thema werde ich mich in meinem Redebeitrag noch ausführlich befassen, möchte aber zunächst die übrigen Themen des Programms der Präsidentschaft kommentieren. Neben der Erweiterung misst die dänische Präsidentschaft der Umsetzung der umfangreichen EUTagesordnung, die im Übrigen vor uns liegt, großes Gewicht bei. Hierbei werden wir uns insbesondere auf vier Bereiche konzentrieren: Erstens werden wir uns für mehr Freiheit, Sicherheit und Recht einsetzen. Schließlich wird die Präsidentschaft den Bemühungen um eine neue Gemeinsame Fischereipolitik der EUStaaten einen hohen Stellenwert beimessen. Dies ist eine umfangreiche und schwierige Aufgabe. Der Kommissionsentwurf ist eine gute und seriöse Grundlage für die weitere Arbeit. Die letzte Hauptüberschrift der dänischen Präsidentschaft ist die globale Verantwortung der EU. Die EU trägt eine besondere Verantwortung für Frieden und Stabilität in einer Welt, die immer enger zusammenrückt. Das gilt nicht zuletzt für den Kampf 8 03/07/2002 gegen den internationalen Terrorismus und die Bemühungen um die Eindämmung der Armut in der Welt. des Jahres dazu bereit sind. Diesen Ländern wird es möglich sein, der EU im Jahre 2004 beizutreten, d. h. vor der nächsten Wahl zum Europäischen Parlament. Auch die Entwicklung der gemeinsamen Sicherheitsund Verteidigungspolitik wird im kommenden Halbjahr fortgeführt. Als Folge des dänischen Vorbehalts im Bereich Verteidigung wird Griechenland die Arbeiten zu den militärischen Aspekten der Zusammenarbeit leiten, und ich möchte betonen, dass wir uns um eine unproblematische und effektive Zusammenarbeit der beiden Präsidentschaften in diesem Punkt bemühen werden. Gleichzeitig wollen wir Fortschritte bei den Verhandlungen mit jenen Ländern erzielen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Mitgliedschaft bereit sind, und wir wollen das Verhältnis zu den neuen und alten Nachbarn der EU verbessern. Während der dänischen Präsidentschaft werden einige wichtige internationale Gipfeltreffen stattfinden. Die EU wird und muss eine zentrale Rolle auf der Weltgipfelkonferenz über nachhaltige Entwicklung in Johannesburg einnehmen. Wir werden innerhalb der beim Gipfeltreffen in Sevilla festgelegten Rahmen arbeiten. Die dänische Präsidentschaft möchte ein möglichst anspruchsvolles Ergebnis erreichen. Ziel ist ein zukunftsweisendes globales Abkommen, das reiche wie arme Länder in die Pflicht nimmt, ein globales Abkommen, bei dem die reichen Länder den armen Ländern mehr Entwicklungsmöglichkeiten durch Freihandel und erhöhte Entwicklungshilfe verschaffen. Im Gegenzug müssen sich die Entwicklungsländer zu einer guten Regierungsführung verpflichten, d. h. zu Demokratie, Einhaltung der Menschenrechte und unbeschränktem Zugang zu Informationen. Beim EU-Asien-Gipfel in Kopenhagen im September werden die Beziehungen zwischen Asien und Europa ausgebaut. Wir werden uns außerdem um die Verbesserung der Beziehungen zu Russland und den neuen Nachbarn der EU im Osten bemühen – zur Ukraine, zu Weißrussland und zur Republik Moldau. Es ist an der Zeit, eine neue Politik im Verhältnis zu diesen Ländern zu formulieren. Die besonderen Umstände Kaliningrad betreffend bedürfen einer Lösung – auf der Grundlage des Schengener Besitzstands. Es müsste möglich sein, auf dieser Grundlage zu einer Verständigung mit Russland zu kommen. Im November wird in Kopenhagen zwischen der EU und Russland ein Gipfeltreffen stattfinden, das ein wesentlicher Schritt in diesem gesamten Prozess sein wird. Ich möchte jetzt auf die wichtigste Aufgabe der Präsidentschaft in diesem Halbjahr zurückkommen, zum Abschluss der Verhandlungen über die Erweiterung der EU um bis zu 10 neue Mitgliedstaaten. Die Bedingungen für die Aufnahme in die EU wurden 1993 in Kopenhagen definiert, und möglicherweise werden die Verhandlungen über die Erweiterung in Kopenhagen 2002 abgeschlossen. Von Kopenhagen bis Kopenhagen. Unser Ziel ist es, die Verhandlungen mit allen beitrittswilligen Ländern abzuschließen, die vor Ende Ich werde mich bei den Verhandlungen über die Erweiterung der EU an drei Prinzipien halten: Erstens müssen wir an der Forderung festhalten, dass eindeutige Kriterien für die Mitgliedschaft in der EU erfüllt sein müssen. Ich hoffe, dass das für zehn Länder gelten wird, ich möchte aber keine Abstriche an der prinzipiellen Forderung vornehmen. Zweitens soll kein Land auf andere warten müssen. Die Länder sind unterschiedlich groß, aber sie haben gleiche Rechte und Pflichten. Wenn im Dezember nur einige Länder bereit sind, aber nicht alle zehn Länder, werden wir in Kopenhagen die Verhandlungen mit den Ländern abschließen, die dann bereit sind. Und kein Land muss auf ein anderes warten, das noch nicht so weit ist. (Beifall) Drittens werden wir an Dezember 2002 als entscheidende und verbindliche Frist festhalten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die EU am besten fährt, wenn sie jeweils nur eine große Aufgabe bewältigt. Das nächste Halbjahr ist für die Erweiterung vorgesehen. Danach drängen sich neue Aufgaben auf. 2003 müssen wir die Beratungen des Konvents über die Zukunft der Europäischen Union abschließen. 2004 finden die Regierungskonferenz und die Wahl zum Europäischen Parlament statt, 2005 und 2006 müssen die Rahmen der nächsten Haushaltsperiode festgelegt werden. Ich sage nicht „jetzt oder nie“, aber wenn wir die Chance jetzt nicht nutzen, laufen wir Gefahr, die Erweiterung stark zu verzögern. Wir sind moralisch und historisch dazu verpflichtet, ein gutes und positives Ergebnis zu erreichen. (Beifall) Aber es müssen noch eine Menge Stolpersteine aus dem Weg geräumt werden. Der erste betrifft die Finanzierung, insbesondere im Hinblick auf die Verhandlungen über die Landwirtschaft, die Strukturfonds und den Haushalt. Meiner Meinung nach hat die Kommission einen ausgewogenen und vernünftigen Vorschlag vorgelegt. Mehrere Mitgliedstaaten sind der Meinung, dass der Vorschlag zu kostspielig ist. Gleichzeitig geben die beitrittswilligen Länder zu erkennen, dass ihnen der Vorschlag nicht weit genug geht. Ich bin der Ansicht, 03/07/2002 dass die Kommission einen guten Mittelweg gegangen ist. Beim Gipfeltreffen in Sevilla haben wir einen anspruchsvollen Zeitplan beschlossen. Danach soll die EU den beitrittswilligen Ländern spätestens Anfang November einen gemeinsamen Standpunkt zur Frage der direkten Einkommensbeihilfen für Landwirte mitteilen. Die dänische Präsidentschaft wird an diesem ambitiösen Zeitplan festhalten. 9 Über vierzig Jahre kommunistische Herrschaft in Mittelund Osteuropa waren mit einer unglücklichen und künstlichen Teilung Europas verbunden. Wir haben jetzt die Möglichkeit, dieses dunkle Kapitel der europäischen Geschichte abzuschließen. Die Zeit der Reden ist vorbei. Jetzt müssen den Worten Taten folgen. Es ist an der Zeit, unsere Versprechen einzulösen. (Beifall) Das zweite zentrale Problem ist die Zypern-Frage. Zypern ist in den Beitrittsverhandlungen weit fortgeschritten. Es gehört zu den Ländern, welche die meisten Verhandlungspunkte abgeschlossen haben – 28 von 31 – und als Antragsland hat Zypern das Recht auf Beitritt, wenn es bereit ist. Aber gleichzeitig ist es ein Problem, dass die Insel nach wie vor geteilt ist. Der Europäische Rat in Helsinki hat beschlossen, dass die Lösung dieses Problems von Vorteil wäre, aber keine Vorbedingung für die Aufnahme in die EU ist. Gleichzeitig wurde betont, dass die endgültige Entscheidung unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren getroffen wird. Die dänische Präsidentschaft wird auf dieser Grundlage weiterarbeiten und ich möchte betonen, dass alle Betroffenen – auf beiden Seiten – ihr Äußerstes tun müssen, um so schnell wie möglich zu einer Lösung zu kommen. Drittens ist die irische Volksabstimmung über den Vertrag von Nizza ein unbekannter Faktor. Die Zustimmung zum Vertrag von Nizza ist Voraussetzung für die Durchführung der Erweiterung innerhalb der festgelegten Fristen. Die Verhandlungen werden auf der Grundlage der Vorschriften des Vertrags von Nizza durchgeführt. Ein neues Nein in Irland wird den gesamten Prozess gefährden. Vor diesem Hintergrund begrüße ich die Erklärung zur irischen Neutralität beim Gipfeltreffen in Sevilla. Europa hat dem irischen Volk eine klare und positive Botschaft gesandt. Ich möchte nicht verheimlichen, dass bedeutende Aufgaben auf uns zukommen. Aber niemand soll an der Entschlossenheit, dem Engagement und dem Willen der dänischen Präsidentschaft zweifeln. Wir haben eine gute Ausgangslage. Das ist nicht zuletzt das Ergebnis der mehr als zehnjährigen, unermüdlichen Bemühungen von Seiten der beitrittswilligen Länder und der Kommission, aber die dänische Präsidentschaft kann sich auch auf die Ergebnisse früherer Präsidentschaften stützen, u. a. auf die großen Fortschritte, die während der spanischen Präsidentschaft erreicht wurden. Zehn Jahre Verhandlungen, zehn Jahre harte Arbeit, die jetzt zum Erfolg führen, zehn Jahre Erwartungen, die wir nicht enttäuschen dürfen. Wir müssen die Versprechen erfüllen, die wir uns gegenseitig gegeben haben, und wir müssen die Fristen einhalten, die wir uns selbst gesetzt haben. Wir müssen diese historische Chance wahrnehmen. „Ein Europa“ ist der Titel für die dänische Präsidentschaft, ein Europa für alle unsere Völker. Ein Europa als Rahmen für friedliche Zusammenarbeit zum Vorteil aller. Ein Europa der Freiheit, des Friedens und des Wohlstands. Die dänische Präsidentschaft wird ihr Äußerstes tun, um diese Aufgabe und die anderen uns übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Wir können das nicht alleine tun, wir brauchen all unsere Partner. Nach dem Zweiten Weltkrieg schufen große Europäer wie Schuman, Monet und Spinelli die Vision eines Europa ohne Krieg, eines in Zusammenarbeit vereinten Europa. Dieser Traum ist für uns in Westeuropa Wirklichkeit geworden. Die Erweiterung der EU bietet die Möglichkeit, Freiheit, Frieden, Stabilität und Wohlstand, die wir genießen, auch auf die Länder im Osten auszudehnen. Wir müssen diese Aufgabe im Geiste der Gründer in Angriff nehmen, welche die europäische Zusammenarbeit geprägt haben. Wir dürfen uns nicht in Einzelheiten verlieren, wir müssen den Mut und den Willen haben, die vor uns liegende historische Vision und Aufgabe umzusetzen. Ich appelliere an alle, die Erweiterung der EU in dieser historischen Perspektive zu sehen. Ich appelliere an uns, die historische Chance zur Wiedervereinigung des ehemals geteilten Europa wahrzunehmen. Ich fordere zu einer engen Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament auf, um die wichtigste Aufgabe unserer Generation durchzuführen, die neuen Demokratien in Ost- und Mitteleuropa in der Europäischen Union willkommen zu heißen. Vielen Dank, Herr Präsident. 3-017 Prodi, Präsident der Kommission. – (IT) Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Heute finden wir uns zur letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause zusammen. Der Europäische Rat von Sevilla liegt hinter uns, und der dänische Ratsvorsitz hat gerade seine Tätigkeit für diese sehr wichtigen sechs Monate aufgenommen. Meiner Ansicht nach ist dies der richtige Augenblick für eine Bestandsaufnahme. Drei miteinander verbundene Themen werden unsere Tagesordnung in der zweiten Hälfte dieses Jahres 10 bestimmen. Erstens, wie wir den Worten des dänischen Ministerpräsidenten entnehmen konnten, die Erweiterung. Wie ich bereits gestern in diesem Hohen Haus gesagt habe, ist ein großer Teil der anstehenden Fragen gelöst. Auf der Tagung des Europäischen Rates im Herbst wird die Kommission mitteilen, welche Länder für einen Beitritt bereit sind. Gleichzeitig müssen wir die Fortschritte der anderen Bewerberländer unterstützen. Unsere Strategie besteht darin, diesen umfassenden Prozess fortzuführen, ohne neue Trennlinien innerhalb des Kontinents, den wir einigen wollen, zu schaffen. So wie die Dinge gegenwärtig liegen, und sofern nichts Unvorhergesehenes passiert, wird die Kommission wahrscheinlich alle zehn Länder der ersten Runde für beitrittsreif erklären. Das Kriterium bleibt jedoch unverändert: Kein Land wird pauschal beurteilt, sondern jeder Kandidat wird nach seinen Verdiensten bewertet. Wir werden mit Entschlossenheit darauf hinarbeiten, die Beitrittsverhandlungen in Kopenhagen zum Abschluss zu bringen. Aber zuerst müssen wir uns mit den gegenwärtigen Mitgliedstaaten intern über Haushaltsfragen und über die Direktzahlungen an die Landwirte einigen, auch wenn die Problem eng miteinander verbunden sind. Ich möchte erneut meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, dass der Vorschlag der Kommission die einzige arbeitsfähige Basis darstellt, um eine derartige Einigung zwischen den 15 Mitgliedstaaten von heute und den 25 von morgen zu erzielen. Deshalb rufe ich alle Parteien auf, sich nach Kräften für eine Einigung einzusetzen, die den Weg für die Wiedervereinigung des ganzen Kontinents ebnet. In der Zwischenzeit werden wir den Fahrplan und die Heranführungsstrategie für Bulgarien und Rumänien anpassen. Der Rat von Sevilla, so heißt es in seinen Schlussfolgerungen, „ermutigt und unterstützt vorbehaltlos die Anstrengungen der Türkei, den in ihrer Beitrittspartnerschaft festgelegten Prioritäten gerecht zu werden“. Der regelmäßige Bericht, den die Kommission im Oktober über die türkischen Fortschritte bei der Annahme und Umsetzung von Reformen veröffentlichen wird, ist entscheidend für die Beschlüsse, die in Kopenhagen gefasst werden. Anschließend wird der Europäische Rat im Dezember in Kopenhagen festlegen, wann die neuen Mitgliedstaaten im Jahre 2004 formal beitreten werden, und wann die Beitrittsakte im März 2003 unterzeichnet wird. Natürlich hängt der gesamte Prozess von der Ratifizierung des Vertrages von Nizza ab, über den die Iren im Oktober abstimmen müssen. Ich muss an dieser Stelle betonen, wie wichtig ein positiver Ausgang für die Zukunft Europas ist. Die Unterzeichnung der Beitrittsakte ist allerdings nicht das Ende eines erfolgreichen Erweiterungsprozesses, sondern vielmehr sein Anfang. Ab 2004 muss die Europäische Union in der Lage sein, ihre Aufgaben voll und ganz wahrzunehmen und die Erwartungen der dann über 450 Millionen zählenden EU-Bürger zu erfüllen. 03/07/2002 Die jüngsten Eurobarometer-Umfragen geben ein deutliches Bild. 67 % der Befragten sprechen sich für den Euro aus, das entspricht einem Zuwachs um sechs Punkte gegenüber der letzten Umfrage. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und die Erweiterung finden hohe Zustimmung, und eine Mehrheit der Bürger ist dafür, der Europäischen Union eine Verfassung zu geben. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Diese Zahlen des Eurobarometers zeigen uns auch, dass die Bürger von den EU-Organen ein Höchstmaß an Effizienz verlangen. Genau dies ist der Inhalt des zweiten Themas, über das ich heute sprechen möchte: die institutionellen Reformen. Sobald der Vertrag von Nizza ratifiziert ist, werden die für die Erweiterung notwendigen institutionellen Reformen durchgeführt. Aber gleichzeitig müssen wir auch grundlegende Entscheidungen über die Politik und das institutionelle Gefüge der künftigen Union treffen. Europa benötigt vor allem eine stärkere Außenpolitik und eine bedeutendere Rolle auf internationaler Ebene; eine engere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich Sicherheit und Justiz sowie bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der illegalen Zuwanderung und eine bessere Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Diese Fragen werden gegenwärtig bei der Debatte über die Zukunft Europas im Konvent behandelt. Allerdings steht die Erweiterung unmittelbar bevor, und wir dürfen nicht die Hände in den Schoß legen, bis ein neuer Vertrag ratifiziert ist. Wie sollen die Zuständigkeiten der Kommissionsmitglieder verteilt werden, wenn der Union mehr als 25 Länder angehören? Wie kann der Rat eine kohärente und effiziente Führung gewährleisten? Der dänische Ratsvorsitz wurde gebeten, die vom Rat in Sevilla beschlossenen Verfahrensreformen voranzutreiben. Die Kommission bietet hierbei ihre uneingeschränkte Unterstützung an. Auch die Kommission hat bereits Maßnahmen in diese Richtung ergriffen. Wie ich bereits gestern gesagt habe, habe ich ähnliche Gedanken über die Umstrukturierung der Arbeit der Kommissionsmitglieder vorgelegt. Ich möchte wiederholen, dass diese Reformen, für die keine Vertragsänderungen notwendig sind, kohärent auf alle Organe angewandt werden müssen. Und wenn wir erst einmal 25 Mitgliedstaaten sind, werden wir daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen müssen. Wir dürfen uns nur von einem Ziel leiten lassen: die richtigen Männer und die richtigen Frauen an die richtige Stelle setzen. Wir dürfen nur an das allgemeine Interesse des Ganzen und an die Optimierung unserer Leistung denken. Unser ständiges Ziel ist nämlich eine solidere und demokratischere Führung der Union. Das dritte und letzte Thema, über das ich heute sprechen möchte, ist der Weltgipfel in Johannesburg für nachhaltige Entwicklung. Nachhaltigkeit ist ein Leitmotiv unserer Überlegungen. Wir sprechen oft von der Nachhaltigkeit und von langfristigen Zielen für 03/07/2002 11 unsere Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialpolitik. Der Gipfel von Johannesburg ist hoffentlich ein wichtiger Schritt nach vorn. Ich weiß, dass einige von Ihnen daran teilnehmen werden, und das ist gut so, weil die Union eine führende Rolle auf wirtschaftlicher Ebene, in der Entwicklungshilfe, der humanitären Hilfe und in den diplomatischen Beziehungen spielt. Aber wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren bzw. den früher erzielten Ergebnissen ausruhen. Wir müssen den Elan von Monterrey und Doha aufgreifen und die schwierige Aufgabe meistern, unsere Partner zu überzeugen, auch das ihrige beizutragen. soeben den Ratsvorsitz übernommen haben, aber auch wir in der Kommission. Wir müssen die Entwicklung der ärmeren Länder entsprechend den von UNO-Generalsekretär Kofi Annan definierten Prioritäten konkret unterstützen: Wasser, Hygiene, Gesundheit, Energie, Landwirtschaft und Biodiversität. Aber wir dürfen auch nicht die gesellschaftspolitischen Aspekte vergessen: Entwicklung der Demokratie, verantwortungsbewusste Staatsführung, politischer Dialog sowie gesellschaftliche und wirtschaftliche Reformen. Alle diese Maßnahmen dienen der Verwirklichung großer Ziele: Beseitigung der Armut, Friedenssicherung und Verbesserung der Lebensbedingungen der Mehrheit auf diesem Planeten. 3-018 Die Einkommensunterschiede zwischen Nord und Süd vergrößern sich, vor allem in Afrika. Wir müssen diesen Trend umkehren. Wir dürfen in der Welt keine neuen Mauern und Barrieren errichten. Deshalb müssen wir mehr als bisher tun, unsere Verpflichtungen erfüllen und einheitlicher und komplementärer vorgehen. Bei der jüngsten G8-Tagung in Kanada wurde ein Aktionsplan für Afrika verabschiedet, der die Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas, kurz NEPAD, unterstützt. Wir dürfen uns nicht auf die Beteiligung an dieser Initiative beschränken, sondern müssen auch sicherstellen, dass unser Beitrag unserer Rolle als bevorzugter Partner Afrikas und unserer historischen Verantwortung gegenüber diesem Kontinent entspricht. Herr Ministerpräsident, der dänische Ratsvorsitz kann auf die aktive Unterstützung der Kommission und der neu gegründeten Europäischen Lebensmittelbehörde zählen, wenn es darum geht, die für sichere Lebensmittel geltenden sehr hohen Standards für die Unionsbürger zu bewahren, worauf Sie in Ihren Ausführungen hingewiesen haben. In den drei Bereichen, über die ich heute gesprochen habe – Erweiterung, institutionelle Reformen und nachhaltige Entwicklung – muss die Europäische Union sich als Beispiel für demokratische Effizienz darstellen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in der Praxis die einzigen sind, die die Globalisierung auf demokratische und supranationale Weise steuern. Die anderen reden davon; wir versuchen, es zu tun. Deshalb erwartet die Welt von uns einen gehaltvollen Beitrag zur Debatte über die Nachhaltigkeit. Diesen Beitrag müssen wir alle leisten: Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten; Sie, Herr Präsident Rasmussen, Ihre Mitarbeiter, die Ich bin froh, Herr Ministerpräsident, und danke Ihnen dafür, dass wir unsere Zusammenarbeit auf faire, energische und aktive, aber auch freundschaftliche Weise begonnen haben. Mein Dank gilt auch Ihnen, den EP-Mitgliedern, und da dies die letzte Tagung vor der Sommerpause ist, wünsche ich Ihnen allen einen schönen Urlaub. (Beifall) Poettering (PPE-DE). - Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissionspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident Rasmussen, Sie haben eine große Rede gehalten. Wenn Sie das in diesem Halbjahr umsetzen, wird das auch ein Beispiel dafür sein, dass es nicht nur die großen Länder sind, die Europa voranbringen können, sondern gerade ein Land wie das Ihre, das seine Arbeit mit einem großen Anspruch aufnimmt. Ich wünsche Dänemark für uns gemeinsam viel Erfolg! (Beifall) Sie haben gesagt, von Kopenhagen nach Kopenhagen, und Sie haben gesagt, ein Europa. Ich habe in Ihrer Rede auch so etwas wie eine Vision gespürt, weil Sie die Verantwortung dafür übernehmen, dass wir jetzt die Chance ergreifen müssen, dieses Europa wieder zusammenzuführen. Kopenhagen 1993 bedeutete Menschenwürde, bedeutete Rechtsstaat, bedeutete Demokratie, bedeutete Anerkennung von Minderheiten, bedeutete marktwirtschaftliche Ordnung. Dies jetzt nach zehn Jahren umzusetzen durch die Mitgliedschaft unserer mitteleuropäischen Nachbarn ist eine wirklich historische Aufgabe! Ich stimme Ihnen sehr zu, dass es unser Ziel sein muss, zehn Staaten aufzunehmen: Estland, Lettland, Litauen und Polen, die Tschechische Republik, die Slowakei, Ungarn, Slowenien und natürlich Zypern und Malta. Aber es muss auch klar sein, dass, wenn ein Land diese Bedingungen nicht erfüllt, diejenigen nicht warten dürfen, die sie schon erfüllen, nur weil die anderen noch nicht so weit sind. Ich habe mit großer Dankbarkeit gehört, dass Sie gesagt haben: Es darf keine neuen Bedingungen geben. Ich bitte Sie, widerstehen Sie jedem Druck, von welchem Land auch immer, dass neue Bedingungen von unserer Seite geschaffen werden! (Beifall) Ich sage für unsere Fraktion in aller Deutlichkeit: Wenn der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland aus Wahlkampfgründen jetzt die Agrarfrage mit der Erweiterung verbindet, dann wird das von uns auf das Entschiedenste zurückgewiesen. Ich ermutige Sie, dass auch Sie das Gleiche tun und dies mit Entschiedenheit zurückweisen! 12 (Beifall) Wir werden am 10. Juli von der Kommission, von Kommissar Fischler, die Zwischenbilanz zur Agrarpolitik hören. Dann werden wir darüber beraten. Sie haben selbst gesagt, dass dann zu einem späteren Zeitpunkt die Gelegenheit kommen wird, darüber Entscheidungen zu treffen. Ich darf im Übrigen daran erinnern - und Sie, Herr Ratspräsident, ermutigen -, dass dieses Parlament mit der großen Mehrheit dieses Parlaments den Bericht Böge zu den finanziellen Auswirkungen, die der Beitritt zur Europäischen Union im Hinblick auf die Agrarpolitik hat, verabschiedet hat, so dass Sie die Unterstützung der breiten Mehrheit dieses Hauses für den Weg, den Sie gehen wollen, haben. Ich möchte einige Bemerkungen zur Türkei machen. In den Schlussfolgerungen von Sevilla gibt es dazu ja eine Bemerkung. Wir unterstützen alles, was die Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union fördert. Aber wir halten nicht den Zeitpunkt für gekommen, dass schon unter dänischer Präsidentschaft ein Zeitpunkt für den Beginn der Verhandlungen festgesetzt werden sollte. Die Türkei muss sich weiter reformieren. Dabei sollten wir sie unterstützen, aber es ist noch nicht der Zeitpunkt gekommen, jetzt ein Datum für Verhandlungen festzusetzen. Ich fordere die türkische Regierung auf, ihren Vorbehalt aufzugeben im Hinblick auf die Verbindung von Streitkräften, ihre Aufgaben, der Europäischen Union und NATO. Denn wir müssen als Europäer handlungsfähig werden. Hier muss die Türkei ihren entsprechenden Beitrag leisten. Die dänische Präsidentschaft hat sich ausführlich zur Offenheit, zur Transparenz geäußert. Es sind ja gerade die nordischen Länder - Finnland, Schweden, aber auch insbesondere Dänemark -, die hier ein besonderes Beispiel geben. Ich möchte Sie ermutigen, das, was nun ansatzweise in Sevilla unter Ihrer Präsidentschaft beschlossen wurde, auch umzusetzen. Wenn zum Beispiel in den Schlussfolgerungen von Sevilla steht, dass zu Beginn und am Ende des legislativen Prozesses im Ministerrat die Dinge öffentlich verhandelt werden sollen, dann sollten Sie den Beginn und das Ende der Verhandlungen möglichst flexibel definieren, so dass es nur einen kleinen Zeitraum in der Mitte gibt, wo dann die Öffentlichkeit vielleicht nicht hergestellt wird. Wir brauchen Öffentlichkeit, wir brauchen Transparenz. Auch das Fernsehen muss dann Zugang haben, damit wir die Bevölkerung erreichen. Es wird nach den Schlussfolgerungen von Sevilla bis Ende 2002 die Interinstitutionelle Vereinbarung geben im Hinblick auf better regulation, eine bessere Gesetzgebung. Wir erwarten, dass wir dann auch auf politischer Ebene Ende dieses Jahres 2002 zu Ergebnissen kommen. Wir wollen auch, ähnlich wie bei der Gemeinsamen Außen-, Sicherheitsund Verteidigungspolitik, eine Vereinbarung im Hinblick auf die dritte Säule, also die Innen- und Justizpolitik, so dass wir auch dort mehr Transparenz erreichen. 03/07/2002 Herr Ratspräsident, ich danke Ihnen sehr für das, was Sie gesagt haben. Ich wünsche Ihnen, dass Sie das umsetzen können! Ich wünsche der dänischen Präsidentschaft viel Erfolg! Sie haben die Fraktion der Europäischen Volkspartei und der europäischen Demokraten an Ihrer Seite. Da rechts von Ihnen Bertel Haarder, unser geschätzter alter Kollege sitzt, bin ich zuversichtlich, dass Sie im Team auch die dänische Präsidentschaft zu einem guten Ergebnis führen. Viel Erfolg für die dänische Präsidentschaft! (Beifall) 3-019 Barón Crespo (PSE). – (ES) Herr Präsident, Herr amtierender Ratspräsident, Herr Kommissionspräsident, meine Damen und Herren! Herr Ratspräsident, Sie kennen den Standpunkt meiner Fraktion, denn freundlicherweise haben Sie alle Vorsitzenden nach Kopenhagen eingeladen; ich denke, Sie haben das Thema zum Schluss Ihres Redebeitrags richtig dargestellt und der vor uns liegenden schwierigen Aufgabe eine historische Sicht gegeben. Insofern muss ich Ihnen sagen, dass ich dies für einen guten politischen Ansatz halte. Ich hoffe, die dänische Präsidentschaft wird sich ebenso neutral verhalten, wie sie dies in ihrer letzten Vorsitzperiode getan hat. Wir halten an unserer Hoffnung fest, dass auch Sie sich unter Achtung der Entscheidungen des dänischen Volkes voll und ganz am europäischen Aufbau beteiligen werden. Ich denke, dies wird für alle gut sein. Im Hinblick auf die vor uns liegenden Aufgaben ist die Erweiterung die wichtigste Herausforderung. Ich betone nochmals, dass sie als historische Aufgabe unter Europäern gesehen werden muss, um ein geeintes Europa zu schaffen. Das Parlament tut alles, was in seiner Macht steht, um die Erweiterung innerhalb der vereinbarten Fristen zu erreichen. Überrascht haben mich die Verlautbarungen Ihres Außenministers, der den Beitrittsländern mit dem Knüppel gedroht hat, wenn sie sich nicht gebührend verhalten. Ich weiß nicht, ob er in der Presse richtig wiedergegeben wurde. In jedem Fall aber möchte ich Ihnen sagen, dass Sie vor einer titanischen Aufgabe stehen, denn – dies hat das Parlament schon bei vorangegangenen Beitritten gesagt – man kann nicht einen solchen Sprung tun, ohne die Dinge neu zu überdenken. Man kann eine Erweiterung von fünfzehn auf fünfundzwanzig Staaten nicht innerhalb von zwei Wochen verhandeln und dabei Haushaltsthemen völlig ausklammern. Deshalb haben Sie nun das Problem im Rat. Sie werden auch einen Stock, einen Knüppel brauchen, um im Rat Ordnung zu schaffen. Da nun Herr Poettering darum bemüht ist, den deutschen Wahlkampf systematisch in die Debatten einfließen zu lassen, muss ich nun sagen: Also man kann über Landwirtschaft diskutieren, aber sagen Sie Ihrem Herrn Stoiber, er soll nicht dauernd die Beneš-Dekrete aufs Tapet bringen! Diese Bomben sind viel gefährlicher für Europa! 03/07/2002 (Beifall) Herr Premierminister, die Märchen Ihres Landsmannes Andersen sind wunderschön, und Sie sollten sich entsprechend darum bemühen, dass dieses Märchen nicht in einem Alptraum endet. Ich wünsche Ihnen viel Glück, aber Sie werden es sehr schwer haben. Dies steht auch mit der Lebensmittelsicherheit in Zusammenhang, denn unsere derzeitige Agrarpolitik ist hyperproduktiv und hyperkapitalistisch ausgerichtet. Wir haben den politischen Mut besessen, dies zu diskutieren. Wir wollen eine Agrarpolitik in Richtung nachhaltiger Entwicklung, doch kann man nicht sagen, dass man darüber debattieren und vier Jahre warten wird. Dies ist die Herausforderung, vor der Sie stehen. Auch im Hinblick auf den Fischfang müssen wir eine Politik der nachhaltigen Entwicklung verfolgen, jedoch unter Einhaltung humaner Prinzipien sowie von Grundsätzen der Achtung des sozialen Gefüges und des sozialen Zusammenhalts, die wir nach meinem Dafürhalten alle gemeinsam vertreten. Ich muss Sie darauf hinweisen, dass Sie eine Fischereimacht sind, denn Sie sind diejenigen, die in der Gemeinschaft am meisten fischen. Im Hinblick auf Sicherheit, Gerechtigkeit und Freiheit sage ich lediglich, dass wir den Kampf gegen den Terrorismus und gegen das organisierte Verbrechen unterstützen. Sehr besorgt sind wir über die von Ihrer Regierung verfolgte Asylpolitik, die vom Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen kritisiert wurde. Überdies haben Sie Tampere nicht in Ihr Programm aufgenommen, sondern Sie beziehen sich lediglich auf Sevilla. Im Rahmen der Umsetzungsarbeit von Tampere liegen noch fünf unerledigte Richtlinien auf dem Tisch ... (Beifall) ... und in Sevilla haben Sie den Innenministern Hausaufgaben unter Fristsetzung mit auf den Weg geben müssen. Herr Präsident, ein kurzer Hinweis auf die globale Verantwortung: Sie haben Recht, wenn Sie die weltweite Sicherheit ansprechen. Auch ich mache mir große Sorgen darum, und ich würde mich freuen, wenn Sie mir gegenüber die Verlautbarungen Ihres Außenministers dementierten, in denen er behauptet, das Konzept des „Quartetts“ und der Internationalen Nahostkonferenz sei sinnlos. Dieses Konzept ist vom Parlament gebilligt worden, es ist eine Linie der Europäischen Union und findet sich auch in den Schlussfolgerungen von Sevilla. Wir meinen, ein unilaterales Vorgehen der Vereinigten Staaten ist keine Linie, mit der man versuchen könnte, diesen Konflikt zu lösen. Letzter Punkt, und hiermit komme ich zum Schluss: Wohl wissend, dass der Konvent, den wir derzeit vorbereiten, eine Herausforderung für das kommende Jahr darstellt, würde ich nun gern erfahren, was Sie 13 denken: Sind Sie für die Gemeinschaftsmethode oder für das Direktorium? Vielen Dank und viel Glück! (Beifall) 3-020 Watson (ELDR). – (EN) Herr Ratspräsident, Sie übernehmen den Vorsitz des Europäischen Rates in einer Zeit, in der die Union vor ihrer bisher größten Herausforderung steht: der größten Erweiterung unserer Gemeinschaft in der Geschichte der europäischen Integration. Wenn Sie Ihre Aufgabe erfolgreich bewältigen, und daran haben wir keinen Zweifel, werden während Ihrer Ratspräsidentschaft die letzten Reste des Eisernen Vorhangs beseitigt. Sie haben in Ihrem Programm zu Recht darauf hingewiesen, dass sich der Kreis für Europa in Kopenhagen schließen wird. 1993 wurden auf dem Gipfeltreffen in Kopenhagen die Beitrittskriterien festgelegt und auf dem Gipfeltreffen, das 2002 in Kopenhagen stattfinden wird, soll die Wiedervereinigung Europas vollendet werden. Warum sind die Liberalen in diesem Haus zuversichtlich, dass Ihnen dies gelingen wird? Der Grund ist nicht nur, dass Sie sich außerordentlich sorgfältig auf diese Aufgabe vorbereitet haben, sondern auch, dass sie den Vorsitz im Rat zu einem Zeitpunkt übernehmen, an dem die Liberalen auch den Vorsitz in der Europäischen Kommission und im Europäischen Parlament führen. In einer Zeit, in der sich die Regierungen des rechten oder linken Spektrums den engen nationalen Interessen unterordnen und so diese historische Wiedervereinigung aufs Spiel setzen, setzt die Geschichte auf die Großzügigkeit des liberalen Geistes. Wir appellieren an Herrn Blair und Herrn Schröder vom sozialdemokratischen Lager ebenso wie an die Vertreter der konservativen Seite, Herrn Aznar, Herrn Berlusconi und Herrn Chirac, einen Augenblick innezuhalten und darüber nachzudenken, welches Bild Europa der Welt vermittelt, wenn sie wie römische Soldaten unter dem Kreuz über den Bruchteil eines Prozents des BIP streiten. (Beifall) Es ist nicht leicht, ein Liberaler zu sein, wenn Gier und Vorurteile allgegenwärtig sind, aber Sie, Herr Ratspräsident, können darauf zählen, dass die Liberaldemokraten in diesem Haus die Erweiterung auf der Grundlage der in Kopenhagen festgelegten Kriterien auch weiterhin unterstützen werden. Ich bedauere, dass es der spanischen Ratspräsidentschaft nicht gelungen ist, größere Fortschritte in den Bereichen Landwirtschaft und Fischerei, über die wir heute gesprochen haben, zu erzielen und Ihnen damit Ihre Arbeit zu erleichtern. Wir begrüßen die Reform der GAP und der GFP zwar ausdrücklich, aber diese Reform ist keine Voraussetzung für die Erweiterung. Niemand sollte glauben, dass wir so sehr damit beschäftigt sind, die Erweiterung zum Abschluss zu bringen, dass die Reform dabei auf der Strecke bleibt. Wir werden aber auch nicht zulassen, 14 dass das Programm der Europäischen Union durch den Zeitplan nationaler Wahlen diktiert wird. Eine weitere Hürde, die Sie überwinden müssen, ist die völlig unzureichende Vorbereitung der Öffentlichkeit. Einer Eurobarometer-Umfrage zufolge hat nur jeder fünfte Bürger das Gefühl, gut über die Erweiterung der EU informiert zu sein. Irland muss den Vertrag von Nizza billigen und nach dem Gipfel von Kopenhagen müssen die Beitrittsverträge durch die nationalen Parlamente und durch dieses Haus ratifiziert werden. Wenn es nicht gelingt, die weit verbreiteten Ängste in Bezug auf die Beitrittsländer und die Kosten der Erweiterung auszuräumen, kann der Erweiterungsprozess auch jetzt noch scheitern. Dieser Herausforderung kann jedoch wirksam begegnet werden, wenn Dänemark auf seine stolze Tradition der Offenheit und des Verantwortungsbewusstseins setzt und den Rat über die zaghaften Maßnahmen hinaus öffnet, die in Sevilla beschlossen worden sind. Wichtig ist außerdem, dass Sie Ihrem überaus tüchtigen Minister für EuropaAngelegenheiten freie Hand geben, damit er sich mit den Euroskeptikern auseinander setzen kann. Im Bereich Justiz und Inneres begrüßt die ELDR Ihr umfangreiches Programm zum Schutz unserer Bürger vor dem Terrorismus. Wir hoffen, dass Sie als gute Liberale die Maßnahmen zum Schutz der Freiheiten der Bürger mit dem gleichen Eifer vorantreiben werden, mit dem sie sich für die Bekämpfung des Terrors einsetzen. Was die Themen Einwanderung und Asyl betrifft, so bitte ich Sie, auf die erprobten Verfahren der Gemeinschaft zurückzugreifen, um Fortschritte zu erreichen und die zum Teil bestehende kurzsichtige Ablehnung einer europäischen Grenzpolizei zu überwinden. Auf die Ausführungen meines Kollegen, Herrn Baron Crespo, möchte ich antworten, dass ich als Asylbewerber sehr viel lieber nach Dänemark gehen würde, wo meine Erfolgsaussichten größer wären, als mich den Massen anzuschließen, die versuchen in das trostlose Großbritannien von Tony Blair zu gelangen. (Beifall) Es ist Musik in den Ohren der Liberaldemokraten, dass Sie sich im Bereich der nachhaltigen Entwicklung in erster Linie auf Maßnahmen konzentrieren wollen, mit denen Arbeitslose wieder ins Arbeitsleben integriert werden können, und für eine stabile Wirtschaft eintreten, sich aber nicht an der Aufstellung immer neuer Ziele beteiligen. Wir begrüßen außerdem Ihre Absicht, die weitere Liberalisierung des Energiesektors mit gemeinsamen Grundregeln der Energiebesteuerung zu verknüpfen. Zudem können Sie darauf zählen, dass wir Sie bei der Aushandlung der notwendigen Regelungen für die zahlreichen Maßnahmen im Bereich der Finanzdienstleistungen unterstützen werden, die bis Ende dieses Jahres vorgelegt werden müssen, wenn wir den Aktionsplan für Finanzdienstleistungen termingemäß bis 2004 fertig stellen wollen. 03/07/2002 Herr Ratspräsident, mit dieser enormen Fülle an Aufgaben tragen Sie eine große Last. Die Wiedervereinigung Europas ist zu Recht Ihre wichtigste Priorität. Wir wünschen Ihnen alles Gute und bieten Ihnen unsere Unterstützung an, denn es ist unsere Generation, der diese Verantwortung zufällt, wir sind es, die diese Herausforderung bewältigen müssen und wir sind es, auf denen die Hoffnungen ruhen. (Beifall) 3-021 Frahm (GUE/NGL). – (DA) Herr Präsident, herzlich willkommen bei meinen Landsleuten und der dänischen Präsidentschaft. Ich wünsche der dänischen Präsidentschaft natürlich viel Glück in Bezug auf eine Vielzahl der im Programm enthaltenen Punkte, besonders natürlich die Erweiterung betreffend. Wir wissen, dass wir, was die wirtschaftlichen Aspekte der Erweiterung angeht, die Arbeit bereits in Amsterdam hätten abschließen müssen. Schon damals hätten wir die Auseinandersetzungen über Agrarpolitik und Strukturfonds austragen müssen – jetzt dürfen wir es nicht dazu kommen lassen, dass sie der Erweiterung im Wege stehen. Ich möchte die dänische Regierung auffordern, an der bisherigen Linie festzuhalten, die Agrarbeihilfen zum Vorteil einer gerechteren Welt völlig abzuschaffen, einzelstaatliche Rücksichtnahmen außer Acht zu lassen und stattdessen Nachhaltigkeit und das Verhältnis zu den Landwirten der Dritten Welt auf die Tagesordnung zu setzen. Einer Beibehaltung dieser Linie gebe ich gerne meine Unterstützung. Zu anderen Punkten möchte ich der dänischen Regierung dagegen kein Glück wünschen, z. B. bei der Einflussnahme auf die gemeinsame europäische Flüchtlings- und Asylpolitik. Ich komme aus einem Land, in dem Dinge wie Rassismus anders gesehen werden. In Dänemark kann man verurteilt werden, wenn man die engste Kooperationspartnerin und parlamentarische Grundlage der Regierung, Pia Kjærsgård von der Dänischen Volkspartei, mit dem Wort bezeichnet, mit dem man sie in allen anderen europäischen Ländern bezeichnet und mit dem sie zuletzt von European Voice bezeichnet worden ist: mit dem Wort Rassist. Sagt man das in Dänemark, kann man dafür verurteilt werden. Wir verwenden einen etwas anderen Begriff für Rassismus, als dies bei den UN, in der EU und selbst bei den meisten dänischen Bürgern üblich ist, wenn sie unter Freunden sind. In Dänemark hat man eine besondere Art, die Entwicklungshilfe zu betrachten. Wir haben sie gekürzt, aber die dänische Regierung hält sie für sehr gelungen, solange wir nicht das Schlusslicht bilden oder im Durchschnitt noch besser dastehen als andere Länder. Dänemark legt außerdem großen Wert auf die transatlantischen Beziehungen. Sie sind Teil des Programms der Präsidentschaft. Es ist die Rede von gemeinsamen Interessen. Ist es Ausdruck der gemeinsamen Interessen, mit einem Land zusammenzuarbeiten, das den Internationalen Strafgerichtshof nicht anerkennen und das KyotoProtokoll nicht unterschreiben will? Oder geht es nur darum, im gemeinsamen Kampf gegen den Terror die 03/07/2002 15 Augen vor vielen Dingen zu verschließen, vor dem Krieg der Russen in Tschetschenien, vor der Behandlung der Kurden durch die Türken, vor der Behandlung des palästinensischen Volks durch Israel – alles wegen einer gemeinsamen Allianz gegen Terror, einer transatlantischen Allianz. sie eventuell alle zu Mitgliedstaaten werden, bevor sie für Sie mitzählen? Oder werden Sie auch die Regionen berücksichtigen – nicht nur die konstitutionellen, sondern auch die in den Beitrittsländern –, die Sie benötigen, wenn Sie das Problem der Strukturfonds ernsthaft lösen wollen? Viele Mitglieder des Europäischen Parlaments können sich an die Zeit erinnern, als der heutige dänische Minister Bertel Haarder Mitglied unseres Parlaments und Wortführer für die Menschenrechte war. Wir können deutlich erkennen, dass der Tausch Mitgliedschaft im Parlament gegen Ministeramt Bertel Haarder betreffend kein besonders guter Tausch war. Wir hätten Sie, Herr Haarder, lieber als Parlamentsmitglied gehabt, um es direkt zu formulieren, und ich möchte die Regierung dazu auffordern, sich die Rede von Herrn Haarder nochmals durchzulesen, die er damals als Wortführer für die Menschenrechte im Parlament gehalten hat. Diese Rede sollte Ihnen als Anregung für die kommenden Entscheidungen dienen. Ist es also richtig, eine solche Trennung zwischen den großen Visionen und den Reformen vorzunehmen? Ich denke, auch Kommissionspräsident Prodi sendet Ihnen eigentlich unausgesprochen eine Frage zu: Können Sie, wenn Sie an die Erweiterung denken, das Nachdenken über die Zukunft unserer Institutionen verschieben, ohne diese Institutionen sofort im Hinterkopf und eine Vorstellung davon zu haben, wie sie reformiert werden müssen? Eine zweite kritische Frage ist hier bereits gestellt worden, sowohl von Herrn Crespo als auch von Frau Frahm. Sie betrifft die Zuwanderung, die Bekämpfung der illegalen Zuwanderung, die Bekämpfung der Kriminalität und Asylsuchende. 3-022 Maes (Verts/ALE). – (NL) Ich komme aus einem anderen kleinen Land und schlage folglich einen etwas anderen Ton an. Sie werden aber verstehen, dass der dänische Ratsvorsitz seine Arbeit unserer Meinung nach im Hinblick auf einige Aspekte auf jeden Fall unter einem günstigen Stern aufnehmen kann. Sie sind für uns ein Beispiel für Demokratie, Transparenz und internationale Solidarität, zumindest bisher, und das wird hoffentlich auch so bleiben. Für kleine Länder ist Europa immer ein wenig größer als für große Länder, denn diese müssen solch ein großes Land zunächst überblicken, bevor sie an die Interessen der anderen denken können. Deshalb besteht in diesem Parlament eine zunehmend größere Hoffnung, dass kleine Länder Europa mehr voranbringen als die großen, und die Entschlossenheit Dänemarks, die wir Ihrer Ansprache entnehmen, bildet hier keine Ausnahme. Was Ihre Priorität für die Erweiterung betrifft, so verweisen Sie berechtigterweise auf die großen Rechte von Kopenhagen, die als Bedingungen für die Beitrittskandidaten galten. In Bezug auf die Menschenrechte, Demokratie und Minderheiten waren diese Bedingungen von Kopenhagen richtungsweisend. Sie drückten nicht nur eine Hoffnung aus, sondern waren nachgerade ein Stock hinter der Tür, Reformen in diesen Ländern nicht nur auf rein wirtschaftlichen Grundlagen, sondern gemäß unserer gemeinschaftlichen Werteskala durchzuführen. Viele dieser Beitrittsländer, von denen wir ebenso wie Sie hoffen, dass sie beitreten können, sobald sie dafür gerüstet sind, sind im Grunde genommen kleine Länder. Manche von ihnen haben nicht mehr Einwohner als einige historische Regionen wie Schottland, Wales, das Baskenland, Flandern, Wallonien oder Katalonien, und sie geraten eigentlich ein wenig aus dem Blickfeld. Sie sehen nur Mitgliedstaaten, wir fragen uns, wie Sie die Zukunft der konstitutionellen Regionen sehen. Müssen Es ist selbstverständlich nicht allein Ihre Schuld, dass der Rat, die Räte uns eine Politik aufhalsen, die eine Nicht-Politik ist. Dies ist keine ausgeglichene Politik, die Kommission hatte weitaus ausgewogenere Vorschläge. Ich wollte Sie noch fragen, wie Sie Zypern in die Union bringen, wenn Sie der türkischen Minderheit keine Sicherheitsgarantien geben, wie Sie das KaliningradProblem lösen werden, usw. Mit anderen Worten, wir sind sehr gespannt auf die Fragen, die auch andere stellen werden, vor allem aber auf die Antworten, die Sie heute geben werden, und ganz besonders auf Ihre weiteren Taten. Ich wünsche Ihnen jedenfalls im Namen unserer Fraktion sehr viel Erfolg. 3-023 Camre (UEN). – (DA) Herr Präsident, ich möchte zunächst dem Ratspräsidenten, Ministerpräsident Fogh Rasmussen, für eine sehr deutliche und offene Rede danken. Die dänische Präsidentschaft wird natürlich mit aller von Dänemark aufzubietenden Professionalität durchgeführt werden. Das bedeutet aber nicht, dass das sehr ambitiöse Programm der dänischen Regierung für eine schnelle Osterweiterung gelingen wird, da dies ja nicht alleine von der Tüchtigkeit der Präsidentschaft abhängig ist. Zwischen den Bevölkerungen der 15 EULänder gibt es erhebliche und verständliche Interessengegensätze und nur, wer für die Interessen der normalen EU-Bürger völlig unempfänglich ist, kann glauben, dass man sie unbeachtet lassen kann, um die Osterweiterung durchzupeitschen. Vor allem eine Verschiebung der Agrarreform ist sehr bedenklich, weil sie nach der Erweiterung wahrscheinlich nicht mehr politisch durchzusetzen ist. Wirtschaftlich und organisatorisch ist die Erweiterung nach Osten eine riesige Aufgabe. Es geht um mehrere Hundert Milliarden Kronen, die von der EU jedes Jahr in den Osten transferiert werden müssen. Die Einwanderung sehr billiger Arbeitskräfte in die EU und die Verlagerung 16 unserer arbeitskraftintensiven Betriebe in Richtung Osten werden erhebliche soziale Veränderungen in der EU bewirken. Ungeachtet des Interesses des europäischen Großkapitals an viel billiger Arbeitskraft und neuen Märkten ist die EU nicht gut beraten, wenn sie die sozialen Probleme nicht beachtet, die auf die Europäer zukommen werden. Die großen Probleme, denen wir uns gegenübersehen, können den ambitiösen Plan der dänischen Regierung sehr wohl zu Fall bringen. Vor diesem Hintergrund möchte ich die Einstellung „jetzt oder nie“ kritisieren. Wenn der Erweiterungsbeschluss 2002 nicht gefasst werden kann, geht die Welt nicht unter – nur Kommissionspräsident Prodi verbreitet diesen Gedanken. Deshalb bin ich froh über die Erklärung des Ratspräsidenten, dass er diesen Gedankengang ablehnt. Was wir brauchen, ist eine Zusammenarbeit der europäischen Länder, vor allem in Bezug auf Freihandel, aber es ist eine Verzerrung, von der Wiedervereinigung Europas zu sprechen. In Wirklichkeit haben die Länder Europas nie enger zusammengearbeitet als heute. Das Projekt scheitert nicht, weil ein bestimmtes Datum nicht eingehalten wird – es ist im Gegenteil ein Vorteil, wenn die Probleme nicht verschwiegen und verschoben werden. Deshalb braucht die Präsidentschaft einen Plan B, der umgesetzt werden kann, wenn Plan A nicht gelingt. Ich möchte mit dem Wunsch schließen, die dänische Präsidentschaft möge wie gewohnt die Entwicklung der EU fördern, indem sie den europäischen Wählern mehr Gehör schenkt, als wir es gewohnt sind. 03/07/2002 hoch sein wie die gesamten Nettoeinnahmen aus der Landwirtschaft. Deshalb haben französische, dänische, polnische und alle anderen Landwirte ein gemeinsames Interesse an einer Reform der Agrarpolitik, damit sie den Verdienst der Landwirte absichert anstatt unverkäufliche Produkte, Überschusslager, Vernichtung, Zerstörung der Agrarproduktion der Entwicklungsländer, Umweltzerstörung und überhöhte Verbraucherpreise für Lebensmittel des täglichen Bedarfs zu unterstützen. Der dänische Ratspräsident ist Liberaler und der dänischen Landwirtschaft eng verbunden, was die historische Chance einer Abkehr von der misslungenen Planwirtschaft der EU eröffnet. Man könnte alle Preisbeihilfen um 20 % pro Jahr verringern, den Landwirten Obligationen für den Rückgang der Bodenpreise geben und die Einkommen der Geringverdiener unterstützen. Wenn wir die Preisbeihilfen in der EU abschaffen, besteht kein Grund, die neuen Mitgliedstaaten in die Beihilfen einzubeziehen. Sie sollten die Mittel zu ihrer eigenen freien Verfügung erhalten, damit sie nicht zu Fehlinvestitionen verleitet werden. Die dänische Präsidentschaft sollte außerdem die 85.000 Seiten EUGesetze genau überprüfen. Der Großteil sollte in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zurückgeführt werden, damit sich die EU auf grenzüberschreitende Bereiche beschränken kann, in denen einzelstaatliche Gesetze nicht sinnvoll sind. Die EU sollte ein Europa der Demokratien werden statt eine Gemeinschaft der Bürokraten und Lobbyisten. 3-025 3-024 Bonde (EDD). – (DA) Herr Präsident, ich möchte die dänische Präsidentschaft zu einer halbjährigen Zusammenarbeit einladen, Ihr Einsatz kann aus zwei Gründen historisch werden. Es kann das letzte Mal sein, dass sich die Mitgliedstaaten bei der Präsidentschaft abwechseln – was nicht geschehen darf – und die Erweiterung kann gelingen oder an zu vielen kleinlichen Eigeninteressen scheitern. Die Juni-Bewegung ist für die Erweiterung, wir möchten aber mit unserer Kritik an den Verhandlungsmethoden der EU nicht hinter dem Berg halten. Die beitrittswilligen Länder sollen jedes EU-Gesetz ohne die geringste Rücksichtnahme auf ihre eigenen Demokratien kopieren. Im Sudetenland kostet Agrarland 10 % des im deutschen Nachbarland üblichen Preises. Wenn wir die Tschechen zwingen, nach einem kurzen Übergangszeitraum an den Höchstbietenden zu verkaufen, kann man sich das Ergebnis und die Reaktionen der tschechischen Wähler leicht vorstellen. Könnten wir die Übergangsvorschriften nicht flexibler gestalten und z. B. den Verkauf von Sommerhäusern und Agrarland in der EU erst dann zulassen, wenn sich das Durchschnittseinkommen in Tschechien unserem annähert? Die Agrarvorschriften der EU kosten die Verbraucher und Steuerzahler in der EU viel Geld, ohne den Landwirten ein gutes Einkommen zu garantieren. Der Zuschuss an die dänische Landwirtschaft alleine aus der EU-Kasse wird in diesem Jahr vermutlich dreimal so Dupuis (NI). – (FR) Herr Präsident, auch ich möchte die dänische Präsidentschaft unter dem Vorsitz von Präsident Rasmussen und unseren ehemaligen Kollegen Bertel Haarder willkommen heißen und diese Gelegenheit dazu nutzen, ihnen dafür zu danken, dass sie das Programm für ihre Präsidentschaft unter das Motto „Ein Europa“ gestellt haben. Davon abgesehen würde ich mich freuen, wenn sich der dänische Vorsitz daran erinnern würde, dass es in Europa eine kleine Region gibt, die seit tausend Tagen einen Völkermord erlebt: ich meine Tschetschenien. Die Europäische Union muss unter der Führung der dänischen Präsidentschaft dringend entsprechende Maßnahmen ergreifen, damit eine Troika nach Tschetschenien reist, um sich ein Bild von den Zerstörungen und der kriminellen Politik zu machen, die Russland seit tausend Tagen in diesem Land betreibt. Ich hoffe, die dänische Präsidentschaft kann dies noch vor dem im Herbst stattfindenden Gipfeltreffen EURussland erreichen. Ein weiteres Thema für Dänemark ist die Erweiterung, wie Präsident Rasmussen bereits mehrfach betont hat. Ich persönlich bin der Ansicht, dass sich die Union Gedanken machen und eine neue Erweiterungsrunde vorschlagen muss. Europa ist noch nicht geeint. Weiterhin offen ist auch die Israel-Frage und damit alle Fragen in Verbindung mit Frieden, Freiheit und Demokratie in dieser Weltregion. Ich frage also den 03/07/2002 dänischen Vorsitz nach seiner Meinung zu dem Vorschlag, der inzwischen von 50 Europaabgeordneten unterstützt wird, wonach Israel in die Liste der Beitrittsländer aufgenommen werden soll und ebenso Georgien, das in einer weiteren destabilisierte Weltregion, dem Kaukasus, liegt und zudem ein Tor nach Zentralasien darstellt. Ist die dänische Präsidentschaft bereit, sich für die Aufnahme Georgiens in die Liste der Beitrittsländer einzusetzen? 3-026 Rovsing (PPE-DE). – (DA) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissionspräsident, es ist immer ein Vergnügen, Herrn Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen und seinen visionären Überlegungen zur Osterweiterung zu lauschen. Der Ratspräsident hat eine unglaublich schwere Aufgabe übernommen. Alle müssen zu einem Gelingen der Erweiterung beitragen, das gilt besonders für Deutschland und Frankreich, die das Zentrum der EU-Entwicklung bilden, stark unterstützt von Spanien. Ohne ein starkes Engagement und die Unterstützung dieser Länder kann die Erweiterung kaum gelingen. Sie wird wahrscheinlich teurer sein, als wir zunächst annehmen. Auch wenn dies der Fall wäre, sollten wir nicht erschrecken: Wir werden wohl alle etwas mehr zahlen, um den Aufbau der Infrastruktur, der Verwaltung usw. zu finanzieren, den die neuen beitrittswilligen Länder so dringend brauchen. Es wäre erbärmlich, wenn die EU nicht etwas von ihrem stetig wachsenden Reichtum an diese Länder abgeben könnte. Es wäre klug, wenn der Ratspräsident und seine Kollegen deutlich sagen würden, dass solche zusätzlichen Mittel die Erweiterung nicht verhindern dürfen. Sie muss gelingen. Ziel der Erweiterung ist die Schaffung eines Raums des Friedens, der Freiheit, der Demokratie und des Reichtums. Die Voraussetzungen für ein Gelingen sind gut. Die Erweiterung wird unsere Möglichkeiten für einen stärkeren Einsatz gegen den internationalen Terrorismus und einen effektiveren Kampf gegen die internationale Kriminalität einschließlich den Menschenhandel verbessern. Es ist sehr wichtig, eine nachhaltige Entwicklung mit mehr Arbeitsplätzen und einer besseren Wirtschaft zu unterstützen. Das lässt sich durch die Schaffung einer wettbewerbsfähigeren Gesellschaft erreichen, indem wir bürokratische Hürden und unzweckmäßige Vereinbarungen abschaffen, damit wir dieselbe jährliche Steigerung des Wohlstands erzielen können, wie die amerikanische Gesellschaft sie erreicht hat. Hätten wir unsere Produktivität im selben Maße wie die USA steigern können, wären wesentlich mehr finanzielle Mittel vorhanden, die wir verteilen könnten. Deshalb ist es für uns von entscheidender Bedeutung, in Bezug auf unsere Entwicklung auf Wettbewerbsfähigkeit zu setzen. In zehn, fünfzehn Jahren stehen China und Indien an der Spitze einer Reihe von asiatischen Ländern, die über eine Dynamik verfügen werden, die in vielerlei Hinsicht enorme Anforderungen an unsere Anpassungsund Wachstumsfähigkeiten stellen wird. Wir sollten Vorbereitungen treffen, solange wir die Zeit dafür haben und uns nicht in unwichtigen Einzelheiten verlieren; wir 17 sollten uns auf die großen Entwicklungen konzentrieren. zukunftsweisenden Im globalen Wettbewerb wird die Fähigkeit zur Produktion sicherer Lebensmittel äußerst wichtig sein. Wir müssen uns durch Forschung, Entwicklung, Anwendung neuer industrieller Verfahren und mehr Wertschöpfung eine Führungsposition in diesem Bereich sichern. Es ist wichtig, dass wir eine globale Verantwortung übernehmen und gemeinsam mit den Amerikanern versuchen, eine Lösung der Probleme im Nahen Osten zu finden. Die EU ist die Staatengruppe, welche die Situation am besten versteht. Wir können einen erheblichen Beitrag leisten, aber ohne Unterstützung durch die USA, Russland und die arabischen Länder werden unsere Bemühungen nicht erfolgreich sein. Schließlich freut mich die Aussage des Ratspräsidenten, dass das legislative Verfahren möglichst offen durchgeführt werden soll. Ich erlaube mir, das so auszulegen, dass es dem Fernsehen gestattet sein wird, die wichtigsten Phasen der Ratssitzungen zu übertragen. 3-027 Lund (PSE). – (DA) Herr Präsident, zunächst vielen Dank an Ratspräsident Fogh Rasmussen für die Vorstellung des Programms. Wir bekommen eine Präsidentschaft, die sich von früheren dänischen Präsidentschaften grundlegend unterscheidet. Die Zusammenarbeit ist in vielen Punkten erweitert worden und als wichtigster Punkt kommt hinzu, was alle betont haben: der Abschluss der Erweiterungsverhandlungen mit nicht weniger als zehn beitrittswilligen Ländern. Wir alle tragen eine große politische und moralische Verantwortung, und wenn wir Erfolg haben wollen, ist es natürlich notwendig, dass alle Parteien die notwendige Kompromissbereitschaft mitbringen. Die beitrittswilligen Länder haben eine tiefgreifende Umstellung vollzogen. Sie haben große Opfer gebracht, können aber im Wesentlichen Vollzug melden. Jetzt ist die EU wieder am Zug, und ich halte den Vorschlag der Kommission zur Finanzierung der Erweiterung während der ersten Jahre für sehr vernünftig, in dem die Erweiterung eindeutig von der künftigen Agrarreform abgegrenzt wird. Das ist meiner Ansicht nach wirklich ein durchdachter Ansatz. Die Realisierung obliegt jetzt den fünfzehn Regierungschefs und es wird sich zeigen, ob die EU derzeit über Staatsmänner mit der erforderlichen Qualität und Stärke verfügt, deren Visionen über kurzfristiges, nationales Denken hinausgehen. Kurzsichtigkeit und Neonationalismus dürfen die Erweiterung nicht behindern. Die zweite große Herausforderung ist der Weltgipfel in Johannesburg, und hier muss die EU offensiv und mutig ihre Solidarität mit den Entwicklungsländern unter Beweis stellen und die Führung in Bezug auf das Zustandekommen der globalen Vereinbarung übernehmen, die auch vom Ratspräsidenten erwähnt worden ist, mit konkreten politischen Zusagen und einem genauen Zeitplan. Es wird sicher notwendig sein, auf die USA Druck auszuüben, die offenbar glauben, dass Hunger, Armut und Terror durch 18 Militärmaßnahmen beseitigt werden können und nur solche Regimes wirtschaftlich unterstützen wollen, die den amerikanischen Anweisungen widerspruchslos Folge leisten. Ich hoffe, dass die dänische Präsidentschaft offensiv handeln und echte Solidarität mit der Dritten Welt zeigen wird. Hier besteht auch eine Verbindung zur Asyl- und Einwanderungspolitik der EU, bei der es nicht nur um illegale Einwanderung geht, wie man mitunter glauben könnte. Die schrille und negative Ausländerdebatte in bestimmten Ländern muss von einer gemeinsamen europäischen Politik abgelöst werden, die auf Humanismus beruht und bei der Ausländer nicht sozial diskriminiert werden, bei der Konventionen respektiert werden und die Einreise nach Europa als Flüchtling oder durch Familienzusammenführung nicht einer gut ausgebildeten Elite vorbehalten ist. Wir dürfen keine „Festung Europa“ schaffen, die auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner beruht, wir müssen vielmehr eine Verbindung herstellen zwischen der hochgelobten Globalisierung und unseren Ausländergesetzen. Bei einer solchen Politik – und nur so – kann man mit der positiven Mitarbeit vonseiten des Europäischen Parlaments rechnen. Mit diesen Worten möchte ich meiner Hoffnung und meinem Vertrauen Ausdruck geben, dass die dänische Präsidentschaft die anstehenden Aufgaben lösen wird, am liebsten in enger Zusammenarbeit mit dem Parlament. 3-028 Maij-Weggen (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Rasmussen und Herrn Haarder zu dem ausgezeichneten Programm beglückwünschen, das sie vorgelegt haben. Es hört sich wirklich sehr gut an. Ich denke, Sie werden hier im Europäischen Parlament jegliche Unterstützung erhalten. Ich habe zwei Fragen und hoffe, sie können beantwortet werden. Die erste Frage betrifft die Offenheit im Rat. Ich habe mich stets für diese Offenheit eingesetzt. Wie Sie wissen, habe ich maßgeblichen Anteil an der jüngsten Verordnung über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten, mit der wir auf jeden Fall die Offenheit der Verwaltung erreicht haben. Mit dieser Transparenz im Rat in ihrer jetzigen Form bin ich allerdings nicht ganz zufrieden. Zu Beginn und zum Abschluss sind die Ratssitzungen öffentlich, und das nur bei Rechtsetzung im Verfahren der Mitentscheidung. Meine Frage lautet: Wie genau geht das nun vonstatten? Ist es nicht möglich, die Sitzungen bei Mitentscheidungsverfahren in vollem Umfang vom Anfang bis zum Ende öffentlich zu machen, und warum beschränkt sich die Öffentlichkeit auf das Mitentscheidungsverfahren? Warum sollte nicht auch die Rechtsetzung, die den nationalen Mitgliedstaaten obliegt, in der Öffentlichkeit stattfinden? Gegenstand meiner zweiten Frage ist die Erweiterung. Vier Länder bereiten große Probleme in Bezug auf die Erweiterung, da sie erst eine Reform der Strukturfonds und der Agrarpolitik wollen. Diese Tendenz besteht unter anderem in den Niederlanden. Ich möchte Herrn 03/07/2002 Rasmussen bitten, einmal ein ernstes Gespräch mit unseren liberalen Freunden in den Niederlanden zu führen – denn vor allem dort wird diese Ansicht vertreten – und den Vorsitzenden, Herrn Zalm, aufzufordern, diese Angelegenheit nicht ganz so vehement anzugehen, damit sich die Niederlande demnächst mit ihrer neuen Regierung loyal an der Erweiterung beteiligen können. Ich würde mich nämlich schämen, sollten die Niederlande zu den Blockierern gehören. 3-029 Hume (PSE). – (EN) Herr Präsident, ich möchte der dänischen Ratspräsidentschaft zu ihrem Amtsantritt gratulieren und begrüße die Erklärung in ihrem Programm, dass die Europäische Union in einer Welt, die immer enger zusammenwächst, eine ganz besondere Verantwortung für Frieden und Stabilität trägt. Wir erleben derzeit mit den bahnbrechenden Entwicklungen in der Technologie, der Telekommunikation und im Verkehr die größte Revolution der Weltgeschichte, die zur Folge hat, dass die Welt enger zusammenrückt. Daher sollten wir heute sehr viel besser in der Lage sein, diese Welt zu gestalten, und wir sollten uns am Beginn eines neuen Jahrhunderts und eines neuen Jahrtausends mit aller Kraft dafür einsetzen, dass dieses Jahrhundert zum ersten Jahrhundert ohne Konflikte oder Kriege in unserer Welt wird und dass die Europäische Union ihren Einfluss nutzt, um dieses Ziel zu erreichen. Die Europäische Union ist das beste Beispiel der Weltgeschichte für eine dauerhafte Beilegung von Konflikten. Dadurch befinden wir uns in einer starken Position, um maßgeblich zum Erreichen des genannten Ziels beitragen zu können. Die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts war mit zwei Weltkriegen das schlimmste Jahrhundert der Geschichte. Trotzdem haben sich dieselben Völker, die Völker, die in diesem Haus vertreten sind, zusammengetan, um ihren Streit endgültig beizulegen und die Europäische Union zu schaffen. Die Grundsätze, die das Fundament der Europäischen Union bilden, sollten in alle Krisengebiete der Welt getragen werden. Ich weiß aus eigener Erfahrungen, dass die drei elementaren Grundsätze der Europäischen Union dieselben Grundsätze sind, die auch im Mittelpunkt der Friedensvereinbarung in Nordirland stehen. Erstens: Achtung der Unterschiede – darum geht es bei allen Konflikten. Die Unterschiede sollten respektiert werden. Zweitens: Schaffung von Institutionen, die die Unterschiede respektieren. Und drittens: Zusammenarbeit im gemeinsamen Interesse und dadurch Überwindung der Barrieren der Vergangenheit. Ich begrüße die Tatsache, dass Herr Patten und seine Dienststelle sich in diesem Bereich engagieren. Ich glaube jedoch, dass es in der heutigen Welt notwendig ist, dass von der Europäischen Union innerhalb der Europäischen Kommission eine Dienststelle eingerichtet wird, die sich ausschließlich mit dem Frieden und der Konfliktbeilegung befasst, und die von einem ausschließlich dafür zuständigen Kommissionsmitglied 03/07/2002 geleitet wird. Erst dann können wir unsere Rolle in der kleineren Welt von heute wahrnehmen und an der Beilegung der schrecklichen Konflikte in verschiedenen Teilen der Welt mitwirken und die Botschaft des Friedens und der dauerhaften Stabilität in diese Gebiete tragen. 3-030 Riis-Jørgensen (ELDR). – (DA) Herr Präsident, sehr geehrter Herr Ratspräsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident. Der Tag ist also gekommen, dem wir alle entgegengesehen und auf den wir uns vorbereitet haben, insbesondere Sie seit Ihrem Amtsantritt als dänischer Ministerpräsident. Ich bin stolz auf Dänemark und auf Sie. Als Liberaler freue ich mich heute besonders. Nun haben Rat, Europäisches Parlament und Kommission einen liberalen Präsidenten. Das sind gute Voraussetzungen für die Durchführung des Arbeitsprogramms der Präsidentschaft. Die Erweiterung ist das dominierende Thema. Wir Liberalen haben uns seit dem Fall der Mauer für die Erweiterung eingesetzt. Sie wird den neuen Demokratien in Mittel- und Osteuropa zu ihrem rechtmäßigen Platz in einem neuen Europa verhelfen. Die termingerechte Durchführung der Erweiterung erfordert nicht nur politische Tüchtigkeit, sie ist auch mit viel harter Arbeit verbunden. Der Ratspräsident verfügt über beides – das weiß ich aus persönlicher Erfahrung – und damit kann sich der Kreis von Kopenhagen bis Kopenhagen schließen. Als dänischer Liberaler hoffe ich, dass eine erfolgreiche Erweiterung dazu führen kann, dass Dänemark wieder ein vollwertiges Mitglied der EU wird. Es mag merkwürdig scheinen, dass man sich für die Mitgliedschaft neuer Länder in einer europäischen Zusammenarbeit einsetzt, aber selbst aus einem Land kommt, das in wichtigen Bereichen auf Einflussnahme verzichtet hat. Die Zurückhaltung Dänemarks in der EU wird aber unter keinen Umständen die Erweiterung behindern. Durch die Erweiterung erhalten die neuen europäischen Bürger bestimmte Rechte. Es ist unsere Pflicht – der wir gerne nachkommen –, diese neuen EUBürger mit denselben Rechten auszustatten, die wir auch haben. Ein EU-Bürger kann sich überall niederlassen und Arbeit aufnehmen. Dieses Recht sollen unsere neuen Mitbürger vom ersten Tag an haben. Ich möchte der Präsidentschaft alles Gute und viel Erfolg bei der Arbeit an einem vereinten Europa wünschen. Ich bin überzeugt, dass sie gelingen wird. Die liberale Fraktion wird alles tun, um sie zu unterstützen. 3-031 Gahrton (Verts/ALE). (SV) Herr Präsident! Ich glaube nicht, dass ich als Einwohner der südschwedischen Provinz Schonen gegenüber einem dänischen Ministerpräsidenten allzu viel Höflichkeit walten lassen muss, sondern Klartext reden kann. Warum haben Sie sich für die Einführung der Ausländerpolitik einer ausländerfeindlichen Partei genau an dem Tag entschieden, an dem Sie amtierender Vorsitzender des Europäischen Rates wurden? Was wollen Sie mit dieser Symbolik ausdrücken? Wie glauben Sie, wird dies von der übrigen Welt verstanden? 19 Nun sprechen Sie, Herr Anders Fogh Rasmussen, in schönen Worten von der Erweiterung der Europäischen Union. Doch wie soll man Ihren Worten über die Öffnung der Grenzen für Ausländer in den Kandidatenländern Glauben schenken angesichts der Tatsache, dass Sie die Grenzen für Russen, Afrikaner, Asiaten und Lateinamerikaner schließen wollen? In der Zeitung Berlingske Tidende bezeichnet Bertel Haarder das Ausländergesetz der dänischen Rechten als einen Sieg für die jungen Ausländerfrauen. Jetzt muss man als Ausländer in Dänemark 24 Jahre alt sein, um seine Frau aus dem Heimatland herholen zu können. Möchte ein in Dänemark lebender Schwede oder Grieche, dass seine 18-jährige Braut aus dem Heimatland nach Dänemark zieht, ist dies wahrscheinlich möglich. Wenn hingegen ein Moslem aus dem türkisch-zypriotischen Teil Zyperns diesen Wunsch hegt – was dann? Zypern ist noch nicht Mitglied der Europäischen Union, doch wie lösen Sie das Dilemma, wenn Zypern der EU beitritt? Nein, hat der Erweiterungswille der dänischen Rechten – um es mit den Worten H. C. Andersens auszudrücken – nicht etwas von „Des Kaisers neue Kleider“? Man kann nicht einerseits so genannte Ausländer vertreiben wollen und andererseits gleichzeitig das Ziel verfolgen, die Freizügigkeit der EU auf alle Länder Europas, darunter mehrere muslimische Staaten, auszudehnen. Auf diese Weise machen Sie die Europäische Union zu einer Art Fortress Europe, einem superimperialistischen Staat, zu dem das dänische Volk nein gesagt hat. Aber dänische Regierungen nehmen ja bekanntlich keine Rücksicht auf den Willen ihres Volkes. Sie sind ja Europameister darin, Ergebnisse von Volksabstimmungen wegzumanipulieren! Doch gehen Sie nicht etwas zu weit, wenn Sie nun versuchen, das gleiche auch mit dem Ergebnis des Referendums der Iren zu tun? 3-032 Stenzel (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, ich freue mich, dass der dänische Ratsvorsitz und Herr Bertel Haarder heute anwesend sind und gratuliere ihnen zu ihrem sehr ehrgeizigen Programm, mit dem sie die Einhaltung der Termine für die Erweiterung erreichen wollen. Meine erste Frage bezieht sich auf zwei Aspekte. Glauben Sie wirklich, dass Sie angesichts der gravierenden Meinungsunterschiede im Bereich der Agrarpolitik die Termine einhalten können? Reicht die Zeit zwischen November und Dezember aus, um die Verhandlungen, die die 15 Mitglieder der Europäischen Union miteinander führen müssen, abzuschließen? Meine zweite Frage bezieht sich auf die so genannten Präsidialdekrete und die Beneš-Dekrete. Zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik sowie zwischen Österreich und der Tschechischen Republik bestehen Spannungen im Hinblick auf die jüngere, sehr 20 bittere Vergangenheit. Die Vergangenheit sollte der Zukunft nicht im Weg stehen. Aus diesem Grund möchte ich Sie, Herr Ministerpräsident, fragen, ob Sie Ihren politischen Einfluss geltend machen werden, um diese Spannungen abzubauen. Werden Sie außerdem die tschechische Regierung bitten, auf den Bericht des Europäischen Parlaments über die Tschechische Republik zu reagieren, in dem die tschechische Seite zur Rücknahme der betreffenden Dekrete spätestens zum Zeitpunkt des Beitritts aufgefordert wird? 3-033 Schulz (PSE). – Herr Präsident! Eine Bemerkung zunächst zu dem, was Frau Riis-Jørgensen gesagt hat. Ich bin überrascht, dass Herr Prodi jetzt Liberaler ist. Ich habe ihn kennen gelernt als Ulivo-Vertreter. Neulich habe ich gelesen, er sitzt bei der Christdemokratischen Fraktion auf deren Klausurtagung. Jetzt ist er ein Liberaler. Er ist sozusagen der Präsident der Tricolore, den wir hier im Hause habe. Aber vielleicht wird er uns dazu noch etwas sagen. Ich möchte aber Herrn Poettering etwas sagen. Herr Poettering macht sich ja hier immer ganz stark für Belehrungen, die andere - Herr Aznar gestern, heute Herr Rasmussen - dem Bundeskanzler erteilen sollen. Warum geht es in der Sache? In der Sache geht es darum, dass die deutsche Regierung in Person des Herrn Bundeskanzlers die Frage gestellt hat - eine richtige Frage, wie ich meine -, ob die Direktzahlungen in ihrer heutigen Form nicht für die Erweiterung hinderlich sein könnten, wenn wir den Agrarbereich nicht reformieren? Darüber herrscht übrigens Konsens. Herr Fischler wird im Juli Vorschläge vorlegen, die Direktzahlungen im Rahmen der Modulation zugunsten der Förderung des ländlichen Raums umzuschichten. Ich bin dann einmal gespannt, ob der Herr Poettering dann auch hier aufspringt und sagt: Das ist ein Hindernis für die Erweiterung! Das wird er nicht tun, das kann ich Ihnen jetzt schon sagen, denn dann geht es ja nicht um den bundesdeutschen Wahlkampf. Es geht in den Reden von Poettering, wenn er sich in diesem Maße äußert, ausschließlich darum: Er will Stimmung im Rahmen des deutschen Wahlkampfs machen. Das sei ja erlaubt. Das ist ja nichts Schlimmes, in der Politik ist Wahlkampf wichtig, aber es wäre besser, Herr Poettering, wenn Sie sich nicht, als das Haus über Österreich diskutiert hat, und als wir über Italien diskutiert haben, wie Savonarola hier hingestellt und gesagt hätten: Alles Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Mitgliedsländern, um sich dann anschließend, wenn es um ihr eigenes Land geht, hier zu gerieren wie auf einer Wahlkampfveranstaltung in Osnabrück. (Beifall) 3-034 Der Präsident. – Nach diesem Redebeitrag besteht bei Herrn Poettering wahrscheinlich das Bedürfnis, in den Bereich meines Blickfangs zu geraten. 3-035 Krarup (GUE/NGL). – (DA) Herr Präsident, ich möchte mich nicht in das deutsche Streitgespräch 03/07/2002 einmischen, sondern zur dänischen Präsidentschaft gratulieren. Sie hat eine geschliffene Vorstellung gegeben, die keinen einzigen eigenen Gedanken enthielt. Die Dänen sind ja ein bescheidenes Volk. Wir sind und bleiben der Schwanz der deutschen Bulldogge, aber die Rhetorik des Ministerpräsidenten vermittelt den Eindruck, als würde der Schwanz mit dem Hund wedeln. Hinter diesem schönen Bild verbirgt sich eine Realität mit vielen Widersprüchen. Mein lieber Kollege Per Gahrton hat einen davon erwähnt. Ein erheblicher Widerspruch besteht darin, dass die dänische Regierung, die jetzt den Ratsvorsitz übernommen hat, mit Unterstützung einer Partei regiert, die eine an Rassismus grenzende Fremdenfeindlichkeit vertritt. Zusammen mit dieser Partei – der Dänischen Volkspartei, die hier im Saal ebenfalls vertreten ist – wurde ein Ausländerprogramm entworfen, dessen Widersprüche Herr Gahrton deutlich herausgestellt hat, und ich möchte Herrn Gahrtons Frage wiederholen. Das zweite europäische Meisterstück der Rhetorik ist die Manipulation von Volksabstimmungen – die klare Botschaft an die irische Bevölkerung. Ich weiß nicht, welche klare Botschaft das sein könnte. Die Situation Irlands ist nach wie vor unverändert, und die dänische Präsidentschaft hat ihre Fähigkeit zur Manipulation von Volksabstimmungen schon früher unter Beweis gestellt. Der letzte und entscheidende Punkt ist das Mantra des Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts. Ohne mit der Wimper zu zucken spricht der Ministerpräsident, die dänische Präsidentschaft, vom verstärkten Kampf gegen den Terrorismus. Knapp ein Jahr nach dem 11. September erleben wir panikartige Gesetzesvorhaben, die elementare Prinzipien der Rechtssicherheit außer Acht lassen und Gemeinschaftsmaßnahmen vorsehen, die durch den Vertrag nicht abgedeckt sind. Ich denke insbesondere an den europäischen Haftbefehl. Rechtssicherheit und Demokratie sind auf dem Rückzug. 3-036 Berthu (NI). – (FR) Herr Ratspräsident, erfreulicherweise haben Sie den Schwerpunkt Ihrer Präsidentschaft auf die Erweiterung gelegt, und wir werden Sie tatkräftig dabei unterstützen. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen drei Fragen stellen. Die erste zum Thema Agrarhaushalt muss nicht unbedingt sofort beantwortet werden, da sie etwas knifflig ist. Wie Sie wissen, müsste der Agrarhaushalt im Falle einer identischen Übertragung der GAPVorschriften erheblich aufgestockt werden, was allerdings niemand anstrebt. Für eine GAP-Reform bleibt keine Zeit, und außerdem darf die Erweiterung, wie Sie bereits angemerkt haben, nicht aufgeschoben werden. Die Renationalisierung der Direktbeihilfen ist zwar in mancherlei Hinsicht verführerisch, aber nicht durchweg befriedigend, da in diesem Fall gerade die ärmsten Länder am wenigsten bezahlen könnten. Gibt es nicht vielleicht doch noch eine Alternative, wie etwa die Einführung einer neuen Form der Gemeinschaftspräferenz, die sowohl die 03/07/2002 Aufrechterhaltung der Agrareinkommen als auch die Durchsetzung sehr strenger Qualitätsvorschriften ermöglichen würde? Wir haben uns kürzlich mit einem amerikanischen Plan für Agrarbeihilfen befasst, der zwar recht umstritten ist, uns aber die Gelegenheit bieten könnte, eine Überarbeitung der WTO-Regeln einzufordern, damit jedes Land oder jedes Gebiet sein eigenes Agrarmodell verteidigen kann. Was halten Sie von der Umsetzung derartiger Überlegungen bis zum Jahre 2006? Zweitens war die Bekämpfung der illegalen Einwanderung eines der Schwerpunktthemen der vorhergehenden Präsidentschaft. Sie wiederum wollen sich vor allem auf die Erweiterung konzentrieren. Den Schnittpunkt dieser beiden Themenbereiche bildet die Frage der Türkei, denn dieses Land möchte einerseits der EU beitreten und ist andererseits eine Drehscheibe für die illegale Einwanderung nach Europa. Wie werden Sie in dieser Frage vorgehen? Drittens haben Sie in ihrer Rede erklärt, ein weiteres irisches „Nein“ gefährde die Erweiterung. Ist das wirklich so, Herr Präsident? Wäre es nicht denkbar, die entsprechenden Teile des Vertrags von Nizza in den Beitrittsvertrag aufzunehmen und sie gleichzeitig klarer zu formulieren, und wäre so gesehen ein irisches „Nein“ nicht eher eine Chance für Europa? 3-037 Berès (PSE). – (FR) Herr Präsident, die spanische Präsidentschaft hatte sich in erster Linie auf die Terrorismusbekämpfung konzentriert. Sie wiederum haben das Thema Erweiterung als Priorität festgelegt, was wir aus politischer Sicht sehr begrüßen. Wir sollten uns allerdings darüber im Klaren sein, dass sich unsere Bürger von diesem halbjährlichen Wirbel nicht ablenken lassen, und wir dürfen das, was für die meisten von ihnen eine grundlegende Errungenschaft der Europäischen Union darstellt, nämlich die Euroeinführung, nicht vernachlässigen. Hier bleibt noch einiges zu tun. Wir brauchen zunächst und vor allem eine tatsächliche Koordinierung der Wirtschaftspolitiken, damit der Euro zu einem Motor für Wachstum und neue Arbeitsplätze werden kann. Herr Präsident, Ihr Land befindet sich in einer Optingout-Situation. Im Sinne des dänischen Volkes hoffen wir hier natürlich auf eine Weiterentwicklung. Sie müssen uns allerdings erklären, wie Sie unter diesen Umständen die Leadership in den Fragen ausüben wollen, die politischen Willen und Entschlossenheit voraussetzen, um voranzukommen. Welches sind Ihre diesbezüglichen Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Arbeitsweise unserer Institutionen, und wie wollen Sie Ihre Präsidentschaft in diesem Bereich gestalten? 3-038 Laschet (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Ratspräsident! Sie haben zu den Zielen Ihrer Präsidentschaft gesprochen und auch den NahostKonflikt angesprochen. Wir hatten das mit dem Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, gemeinsame Sicherheit und 21 Verteidigungspolitik mit Ihnen bereits in Kopenhagen erörtert. Meine Frage geht in die Richtung der amerikanischen Initiative in den letzten Tagen. Der amerikanische Präsident bedient sich eines Mechanismus, den die Europäische Union überall in der Welt erfolgreich anwendet. Er nennt konkrete Ziele z. B. einen Drei-Jahres-Zeitplan. Er definiert Kriterien, an denen Reformen gemessen werden, und er sagt zu, diese Reformen zu unterstützen, wenn die Kriterien eingehalten werden. Das ist im Wesentlichen unser Modell bei der Osterweiterung, begonnen in Kopenhagen mit den Kopenhagener Kriterien. Das ist unser Modell in den Beziehungen zu TACIS-Ländern, und, Herr Kommissar Nielson, das ist neuerdings auch unser Modell in den AKP-Beziehungen, wo wir konkrete Prinzipien festgeschrieben haben, die auch Sanktionen nach sich ziehen können. Meine Frage deshalb an die dänische Ratspräsidentschaft: Die Kommission handelt im Nahen Osten anders. Hier setzen wir keine Prinzipien, hier zahlen wir bisher unsere Hilfe, sogar pauschal, ohne Konditionen und ohne die Reformanstrengungen zu ermuntern. Sehen Sie eine Chance, dass unter der dänischen Ratspräsidentschaft eine neue europäische Initiative gemeinsam mit den Vereinigten Staaten auf der Grundlage dessen entwickelt werden kann, was Präsident Bush für drei Jahre als konkrete Perspektive eines palästinensischen Staates genannt hat, und dass eine solche Initiative von Ihrer Ratspräsidentschaft unterstützt werden könnte? 3-039 Schmidt, Olle (ELDR). (SV) (Einleitung ohne Mikrofon) ... kann man Liberale auf den Ratsstühlen sitzen sehen, einen durch und durch liberalen Ministerpräsidenten, und an seiner Seite hat er Bertel Haarder. Ich möchte einleitend nur feststellen: Sie sind ein sehr verwegener Mann, Herr Ministerpräsident! Ist eine Erweiterung Europas ohne Polen überhaupt möglich? Ich weiß, dass alle dieser Auffassung sind und alle es sagen, doch fällt es mir sehr schwer zu glauben, dass ein solches Ergebnis letztendlich Wirklichkeit werden könnte. Ich möchte Sie bitten, etwas darüber zu sagen, wie politisch und strategisch realistisch ein solcher Beschluss wäre. Lassen Sie mich auch einige Worte zur Asyl- und Flüchtlingspolitik sagen. Mir ist bewusst, dass ich damit ein sensibles Thema anspreche und ich weiß, dass Sie die Schweden als alles überwachenden „Großen Bruder“ betrachten. Gleichzeitig hoffe ich, dass Sie das gerade jetzt nicht tun, Herr Ministerpräsident, sondern in mir den Liberalen und Freund sehen, einen treuen Freund, dem auch ein paar offene Worte erlaubt sind. Manchmal irren wir uns, manchmal haben wir Recht. Ich muss sagen, dass mich die gegenwärtige Entwicklung beunruhigt. Mich beunruhigt, dass Europa sich zu einer Festung entwickelt, die Menschen eigentlich nicht willkommen heißt. Wir wissen aber, dass wir viele Millionen Menschen brauchen – bis zum Jahr 2050 22 möglicherweise vier Millionen jährlich – um Europa und den Wohlstand hier aufrechtzuerhalten. Im Rahmen der Erweiterung Europas halte ich es auch für wesentlich, dass wir unsere Werte verteidigen, Werte, von denen wir Europäer wollen, dass auch andere sie sich zu Eigen machen. Des Weiteren halte ist es für wichtig, dass auch wir diese Anforderungen erfüllen. In diesem Zusammenhang muss ich, Herr Ministerpräsident, meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die neue Flüchtlingspolitik Dänemarks kein Markenzeichen für das übrige Europa wird. Ich bin sogar der Auffassung, dass wir mehr Toleranz und Offenheit benötigen, mehr Liberalismus ganz einfach. Gerade nach Liberalismus sehnen sich doch die Völker Europas. Wir können chauvinistische Kräfte nie mit chauvinistischen Vorschlägen bekämpfen. Herr Ministerpräsident! Lassen Sie mich abschließend mein großes Vertrauen in Ihre Arbeit ausdrücken. Sie erfüllen den Auftrag Uffe Elleman-Jensens. Ich möchte Ihnen meinen Herzlichen Glückwunsch aussprechen, hoffe jedoch auch, dass Sie bezüglich der Asyl- und Flüchtlingspolitik auf andere Gedanken kommen. 3-040 Hautala (Verts/ALE). – (FI) Herr Präsident! Meine Kollegen haben sich zu vielen wichtigen Fragen der Außenpolitik und auch dazu geäußert, dass die Europäische Union nicht zu einer Festung werden darf. In meinem Redebeitrag möchte ich in den Mittelpunkt stellen, dass wir auch in den Nachbarregionen zu einer guten nachbarschaftlichen Zusammenarbeit kommen müssen. 03/07/2002 Region. Beabsichtigen die Kommission und Dänemark, sich im Rahmen der nördlichen Dimension auch für das so genannte arktische Fenster der nördlichen Dimension zu engagieren und was soll hierbei konkret erreicht werden? 3-041 Alavanos (GUE/NGL). – (EN) Herr Präsident, auch ich möchte dem dänischen Ministerpräsidenten danken, aber eine Aussage über die Zypernfrage hat mich überrascht. Ich glaube, gegenüber dem Text der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Helsinki gibt es hier eine geringfügige, heikle und, wie ich hoffe, nicht beabsichtigte Änderung. In den Schlussfolgerungen heißt es, dass eine politische Lösung der Zypernfrage nicht Bedingung für eine Entscheidung über den Beitritt Zyperns ist. Der dänische Ministerpräsident erklärte jedoch soeben, dass eine abschließende Entscheidung auf der Grundlage aller relevanten Faktoren getroffen werde. Diese Aussage unterscheidet sich erheblich von der Position von Herrn Prodi, der Position der Kommmission, der Position von Herrn Verheugen, der Position des Europäischen Parlaments, der Position des Europäischen Rates von Helsinki und der Position der spanischen Ratspräsidentschaft. Ich hoffe, dass von Seiten des dänischen Ratsvorsitzes keine andere Absicht verfolgt wird, und ich erwarte, dass der dänische Ministerpräsident im seinem zweiten Redebeitrag bestätigt, dass eine politische Lösung der Zypernfrage, obwohl wir sie anstreben und uns für sie einsetzen werden, keine Vorbedingung für den Beitritt Zyperns ist. 3-042 Die dänische Präsidentschaft bietet mit der nordischen Ausrichtung hierfür an sich eine neue Chance. Dänemark hat in seinem Programm die Stärkung der so genannten nördlichen Dimension erwähnt. Das habe ich mit Freude zur Kenntnis genommen und möchte gleichzeitig vorschlagen, dass die Kommission und Dänemark während dieser Präsidentschaft gemeinsam auch das nächste Aktionsprogramm der nördlichen Dimension vorbereiten sollten, da das aktuelle Programm Ende 2003 ausläuft. Ich möchte wirklich gern wissen, welche Haltung die Kommission zur nördlichen Dimension hat. Nimmt die Kommission diese Frage genauso ernst wie die dänische Präsidentschaft? Hierbei geht es ja um die Zusammenarbeit der gesamten Europäischen Union mit ihren nordischen Nachbarregionen und nicht etwa nur um die Kooperation der nördlichsten Mitgliedstaaten mit Russland, Island, Norwegen und Grönland. Es ist in der Tat ein Programm, in dessen Rahmen wir imstande sein müssen, unsere gemeinsamen Probleme zu lösen, die sich uns im Zusammenhang mit großen Herausforderungen stellen. Zum Beispiel ist der Unterschied im Lebensniveau, in der Entwicklung, zwischen Russland und der Europäischen Union so gewaltig, dass er schon an sich eine Bedrohung für die Zukunft darstellt. Es gibt Kernkraftwerke, Transporte von Kernwaffen und dieses Problem mit der arktischen Tannock (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, die Erweiterung ist ein begrüßenswertes Projekt und wir sind es unseren osteuropäischen Nachbarn, die wir in Potsdam nicht vor dem Joch des Kommunismus schützen konnten, schuldig, dass wir sie wieder in die europäische Familie der Nationen aufnehmen. Es bestehen jedoch zahlreiche Probleme, die von der Ratifizierung des Vertrags von Nizza durch Irland, für die es sicher bereits eine Alternative gibt, falls sich dies als nötig erweisen sollte, über die übertrieben großzügigen Direktzahlungen im Rahmen der GAP an die Landwirte bis hin zu einer potenziellen Masseneinwanderung reichen, die insbesondere aus den unzureichend integrierten und nicht sesshaften RomaGemeinschaften erfolgen könnte, die in großer Zahl in den osteuropäischen Ländern leben. Ich begrüße insbesondere den Beitritt von Malta und Zypern, die beide dem britischen Commonwealth angehören. Ihr Beitritt wird den verstärkten Gebrauch der englischen Sprache in diesem Parlament bewirken, was ich sehr unterstütze. Sorge bereitet mir jedoch der Beitritt Zyperns, wie das auch von der anderen Seite des Hauses bereits angesprochen wurde. Zypern muss möglicherweise als geteilte Insel beitreten, mit allen Konsequenzen, die dies für eine mögliche Annexion des Nordteils der Insel durch die Türkei hätte. Wie können wir vor allem Herrn Denktash dazu bewegen, eine Vereinbarung mit Herrn Klerides zu treffen, die den 03/07/2002 Beitritt eines vereinten Zypern im Jahr 2004 ermöglicht, den wir uns alle in diesem Haus, dessen bin ich mir sicher, wünschen? 3-043 Medina Ortega (PSE). – (ES) Herr Präsident, der Gipfel von Sevilla überträgt dem dänischen Vorsitz Verpflichtungen, die in kürzester Zeit zu erfüllen sind. Konkret werden der Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten in Punkt 32 der Schlussfolgerungen des Vorsitzes aufgefordert, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten vor Ablauf des Jahres 2002 folgende Maßnahmen umzusetzen: „Durchführung gemeinsamer Aktionen an den Außengrenzen; unverzügliche Einführung von Pilotprojekten, die allen interessierten Mitgliedstaaten offen stehen; Schaffung eines Netzes von für Einwanderungsfragen zuständigen Verbindungsbeamten der Mitgliedstaaten“. Werden sie angesichts der kurzen Zeit, die der dänischen Präsidentschaft zur Verfügung steht, in der Lage sein, diese bei der Umsetzung dieser auf dem Gipfel von Sevilla ganz klar festgelegten Ziele zu unterstützen? 3-044 Nicholson of Winterbourne (ELDR). – (EN) Herr Präsident, vielen Dank für diese sehr begrüßenswerte Neuerung. Ich gratuliere dem dänischen Ratsvorsitz sehr herzlich, und natürlich gratuliere ich auch meinem Kollegen, Herrn Haarder, zu seinen neuen Aufgaben. Er war früher ein engagiertes Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik sowie meiner Fraktion. Ich möchte jedoch eine Bitte an Sie, meine sehr verehrten Kollegen der Ratspräsidentschaft, richten, der Sie in Ihrer Funktion als dänischer Ratsvorsitz sicher gerne nachkommen werden. Im Vertrag von Rom sind die Menschenrechte ebenso verankert wie die Rechte der Tiere, aber die Rechte der Kinder sind nirgends festgeschrieben. Nach dem Fall der Berliner Mauer und nach dem Ende des Kalten Krieges müssen wir jedoch erkennen, dass der Missbrauch und die Vernachlässigung, die Not und das Elend, der Hunger und die Verzweiflung von Kindern heute ein so verheerendes Ausmaß angenommen haben, wie wir es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt haben. Nun, da die Erweiterung der Europäischen Union bevorsteht, hat sich die Lage nicht verbessert. Sie fragen sich, warum ich das sage? Der Grund ist, dass vieles darauf hindeutet, dass die Tragödie des Kindesmissbrauchs durch den Fall der Grenzen, durch die Erweiterung der Europäischen Union, durch Faktoren wie die Globalisierung, durch das Internet und die Schengener Abkommen noch schlimmer geworden ist. Kinder sind heute so stark gefährdet wie nie zuvor, der weltweite Kinderhandel floriert wie nie zuvor. Kinder werden in vielfältiger Weise gequält, sie werden, um nur einige Beispiele zu nennen, Opfer von Menschenhändlern, sie geraten in die Hände des organisierten Verbrechens und sie werden von ihren Eltern getrennt. 23 Die Europäische Union kann nicht alle Probleme lösen, aber wir können viel mehr tun als alle anderen. Ich bitte Sie, mit mir und der Children’s Alliance, einer parteiübergreifenden Gruppe von Mitgliedern dieses Hauses, der Abgeordnete aus allen Fraktionen angehören, zusammenzuarbeiten, damit wir unsere volle Unterstützung sicherstellen können. Wir setzen uns dafür ein, dass in den Beitrittsvertrag und in den Vertrag von Rom die Verpflichtung zur Einhaltung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes aufgenommen wird, das von jedem Mitgliedstaat unterzeichnet und ratifiziert wurde. Als wichtigstes Übereinkommen in der Geschichte der Welt ist es von der Anzahl der Länder, die es ratifiziert haben, unübertroffen. Nur die USA beharren auf ihrer ablehnenden Position. Die Kommission hat ihren Beitrag geleistet. Diese Verpflichtung ist im gemeinschaftlichen Besitzstand der Europäischen Union verankert. Sie sollte nun in den Beitrittsvertrag und in den Vertrag von Rom aufgenommen werden. Herr Ratspräsident, werden Sie mit mir bei der Erreichung dieses Ziels zusammenarbeiten? 3-045 von Wogau (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich würde gerne kurz etwas zu der Rede von Herrn Schulz sagen. Das war ja keine Frage, sondern eine Wahlkampfrede, die er gehalten hat! (Beifall) Ich möchte nur feststellen, dass er offensichtlich aufgrund der Meinungsumfragen sehr nervös geworden ist, und das ist auch eine ganz hervorragende Angelegenheit! Ich möchte eine Frage stellen, Herr Ratspräsident, die die Zuständigkeiten während Ihrer Ratspräsidentschaft betrifft. Im Bereich der Verteidigung ist es so, dass nicht Dänemark, sondern Griechenland zuständig ist, schon während der Zeit Ihrer Ratspräsidentschaft. Es gibt aber gerade auf dem Balkan einige sehr wichtige Entscheidungen, die anstehen, z. B. die amerikanische Teilnahme dort, die Frage der Übernahme der Verantwortung durch die Europäische Union. Hier stellt sich die Frage: Wie werden Sie die Koordination sicherstellen, um zu gewährleisten, dass der zivile und der militärische Teil, die ja im Grunde untrennbar miteinander verbunden sind, optimal koordiniert werden? Welche Rolle wird die Präsidentschaft spielen, und welche Rolle wird der Kommission dabei zukommen? 3-046 Der Präsident. – Mir ist heute Morgen ein Zeitplan vorgegeben worden, der nun keine Möglichkeit zur Anwendung des „Blickfang-Verfahrens“ mehr bietet. Ich fordere die über 20 Mitglieder, deren Namen auf der Liste stehen auf, in ihren Fraktionen ihre Fraktionsvorsitzenden zu ermutigen, mehr Zeit vorzusehen, wenn wir das „Blickfang-Verfahrens“ das nächste Mal anwenden. Es ist eine interessante Ergänzung. 24 3-047 Fogh Rasmussen, Rat. – (DA) Ich möchte mich vor allem für die gute und konstruktive Debatte bedanken. Ich habe viele wichtige und durchdachte Ansichten gehört, die mich bei der weiteren Arbeit begleiten werden. Zwar möchte ich möglichst viele Fragen beantworten, doch reicht die mir zur Verfügung stehende Zeit leider nicht aus, auf alle Fragen einzugehen. Ich bitte aber darum, dass der Europaminister einige der Fragen beantworten darf. Vereinzelt sind hier auch Wahlkampfreden gehalten worden. Das mag richtig und natürlich sein, aber ich habe nicht vor, mich in den Wahlkampf einzelner Länder einzumischen. (Beifall) Außerdem betrachte ich die Redebeiträge von Frau Frahm und Herrn Krarup, die Dänemark hier im Parlament vertreten, als Bestandteile der innenpolitischen Auseinandersetzungen in Dänemark. Auch darauf möchte ich nicht eingehen. Meines Erachtens geht es in der Europäischen Union jetzt um so bedeutende Aufgaben, dass es wünschenswert wäre, wenn sich die Debatten im Europäischen Parlament vor allem mit den europäischen Visionen befassten und weniger mit kleinlicher innenpolitischer Polemik. (Beifall) Ich danke Herrn Poettering für die Unterstützung der dänischen Präsidentschaft, und ich möchte Herrn Poettering, Herrn Watson und Frau Maij-Weggen, die das Thema Offenheit angesprochen haben, sagen, dass die dänische Präsidentschaft eine möglichst weitreichende Offenheit bei ihren Entscheidungen anstrebt. Ich möchte nicht verschweigen, dass mir die Transparenz eigentlich nicht weit genug geht, und ich werde mich für noch mehr Öffentlichkeit in Bezug auf die legislative Arbeit in der Europäischen Union einsetzen. Bis auf weiteres gilt der Beschluss von Sevilla, den die dänische Präsidentschaft möglichst weit auslegen wird. Herr Poettering hat die Verbesserung des legislativen Prozesses angesprochen. Wir messen dem größte Bedeutung bei und sehen der interinstitutionellen Zusammenarbeit zur Verbesserung des Rechtsetzungsverfahrens erwartungsvoll entgegen. Das hat für uns höchste Priorität. Herr Poettering nennt auch das Problem Türkei. Selbstverständlich muss die Türkei als beitrittswilliges Land ebenso behandelt werden wie alle anderen Kandidatenländer, d. h. mit der Türkei können erst dann Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden, wenn sie die politischen Bedingungen – die Kopenhagener Kriterien – erfüllt. Das ist zurzeit nicht der Fall. Ferner ging Herr Poettering, ebenso wie Herr Watson, auf das Thema Agrarpolitik ein. Ich möchte Herrn Poettering und Herrn Watson antworten und die Gelegenheit nutzen, Herrn Watson für die Unterstützung der dänischen Präsidentschaft zu danken. Ich stimme seinem Appell an die Mitgliedsländer und die politisch 03/07/2002 Verantwortlichen in Europa voll und ganz zu, die Erweiterung der Europäischen Union nicht zur Geisel der agrarpolitischer Ambitionen zu machen. (Beifall) Es wäre ein Fehler von historischer Dimension, wenn die Erweiterung der Europäischen Union wegen Meinungsverschiedenheiten über einen Geldbetrag blockiert würde, der trotz allem von untergeordneter Bedeutung ist. Ich möchte daran erinnern, dass dem Vorschlag der Kommission zufolge die Erweiterung der EU im Rahmen des bestehenden Haushalts durchgeführt werden kann. Das muss nicht mit Mehrausgaben verbunden sein. Die von der Kommission vorgeschlagene schrittweise Einführung einer direkten Beihilfe für Landwirte in den neuen Mitgliedstaaten erfordert geringfügige zusätzliche Ausgaben, die weniger als ein Tausendstel des gesamten Produktionswerts in den derzeitigen EUMitgliedsländern ausmachen. Ich kann nicht glauben, das einer der politisch Verantwortlichen in Europa die Erweiterung wegen Meinungsverschiedenheiten über einen Betrag blockiert, der weniger als ein Tausendstel der Produktion ausmacht. (Beifall) Ich möchte auch auf das eingehen, was Herr Barón Crespo gesagt hat und ihm für seine guten Wünsche für die dänische Präsidentschaft danken. Es ist ein Missverständnis, dass der dänische Außenminister gesagt haben soll, auf die Beitrittsländer Druck auszuüben. Im Gegenteil, wir wollen die Verhandlungen fair gestalten. Herrn Crespo und auch Herrn Bonde, der ebenfalls die Frage von Reformen in der Agrarpolitik angesprochen hat, möchte ich sagen, dass Dänemark solche Reformen befürwortet – und das ist auch meine Meinung als dänischer Ministerpräsident. Als Präsident des Europäischen Rates möchte ich aber betonen, dass diese Agrarreformen nicht zu einer neuen Vorbedingung für die Erweiterung der Europäischen Union gemacht werden dürfen. Herr Barón Crespo hat sich, wie später auch Herr Laschet, zum Thema Naher Osten geäußert. Dazu möchte ich sagen, dass die dänische Präsidentschaft zurzeit Überlegungen anstellt, wie die EU am besten zu einer Wiederbelebung des Friedensprozesses im Nahen Osten beitragen kann. Meiner Ansicht nach sollte zunächst ein Prozess in Gang gesetzt werden, der zu Reformen der palästinensischen Selbstverwaltung führt. Demnächst stehen ja Wahlen an. Ziel unserer Überlegungen ist es, eine Friedenskonferenz vorzubereiten, bei der die israelisch-palästinensischen Friedensverhandlungen wieder aufgenommen werden können. Ich kann Ihnen mitteilen, dass der dänische Außenminister heute mit dem amerikanischen Außenminister, Colin Powell, über dieses Thema konferieren wird, denn selbstverständlich streben wir hier eine enge Zusammenarbeit zwischen der EU, den Vereinigten Staaten und anderen Mitgliedern des Quartetts an. Die dänische Präsidentschaft möchte, dass 03/07/2002 die Europäische Union bei den Versuchen zur Wiederaufnahme des Friedensprozesses im Nahen Osten eine konstruktive Rolle spielt, was sie auch kann und muss. Herrn Barón Crespo möchte ich antworten, dass der dänische Ratsvorsitz die Gemeinschaftsmethode in der EU sehr befürwortet. Leider reicht die Zeit nicht aus, das im Hinblick auf die Arbeit im Konvent zu vertiefen. Wir messen ihr aber große Bedeutung bei. Mehrere Redner haben die Zypern-Frage angesprochen, so Frau Maes, Herr Alavanos und Herr Tannock. Ich möchte betonen, dass sich die dänische Präsidentschaft an die Beschlüsse von Helsinki hält, die drei Elemente enthalten. Erstens: Die Lösung des Zypern-Problems wäre von Vorteil, da wir eine ganze Insel in die EU aufnehmen. Zweitens: Eine politische Lösung stellt keine Vorbedingung für die Erweiterung dar. Drittens: Bei einer Entscheidung werden alle maßgeblichen Faktoren berücksichtigt. Herrn Alavanos möchte ich sagen, dass dies nichts Neues ist. Der Beschluss wurde 1999 in Helsinki gefasst. Die dänische Präsidentschaft geht von dieser Entscheidung aus, und zwischen der Kommission und dem Ratsvorsitz besteht in der ZypernFrage völlige Übereinstimmung. 3-048 (DA) Herrn Dupuis möchte ich in aller Kürze antworten, dass es zurzeit keine Pläne gibt, Georgien auf die Liste der Beitrittsländer zu setzen. Meiner Auffassung nach erfüllt Georgien die Voraussetzungen hierfür nicht. Was Tschetschenien angeht, so werden die dortigen Verhältnisse Gegenstand eines Dialogs zwischen der EU und Russland während der dänischen Präsidentschaft sein. Herr Camre muss mich missverstanden haben, wenn er den Eindruck gewonnen hat, ich sei der Ansicht, man könne die Entscheidung über die Erweiterung der EU problemlos verschieben. Vielmehr sollte – und das möchte ich betonen – in diesem Herbst, also vor Ende dieses Jahres, eine Entscheidung über die Erweiterung der EU getroffen werden. Frau Ursula Stenzel fragte, ob der vorlegte Zeitplan realistisch sei. Ja, ich halte ihn für realistisch. Er ist sicher ambitiös, aber er ist realistisch. Wir sollten uns daran erinnern, dass der Europäische Rat von Sevilla den klaren Beschluss gefasst hat, dass die EU in punkto direkte Agrarbeihilfen spätestens bis Anfang November zu einer gemeinsamen Haltung gegenüber den Beitrittskandidaten gelangt sein muss. Das lässt uns ausreichend Zeit, von Anfang November bis zum EUGipfeltreffen in Kopenhagen im Dezember die abschließenden Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten zu führen. Ich möchte dem Europäischen Parlament für das eindeutige und nachdrückliche Mandat danken, das es der dänischen Präsidentschaft heute im Hinblick auf die Erweiterung der EU erteilt hat, und ich stelle fest, dass sich Parlament, Kommission und Präsidentschaft über die Rahmenbedingungen für die vor uns liegende Arbeit völlig einig sind. Zum einen ist die Erweiterung die wichtigste Aufgabe für die dänische Präsidentschaft, für die Union und für Europa, zum anderen bietet sich uns 25 hier eine einmalige historische Chance, die wir nicht ungenutzt lassen dürfen. Wenn wir die Verhandlungen nicht zum Jahreswechsel abschließen können, besteht das Risiko, dass die Erweiterung weit in die Zukunft verschoben wird. Ich danke dem Parlament für seine Unterstützung. Die dänische Präsidentschaft wird alles tun, um beim Gipfeltreffen in Kopenhagen im Dezember zu einem Ergebnis zu gelangen, sie kann aber – wie ich bereits gesagt habe – diese Aufgabe nicht allein bewältigen. Wir brauchen die Unterstützung aller Partner. Nicht nur die des Parlaments und der Kommission, sondern auch die der Mitgliedstaaten und der Beitrittskandidaten. Seit dem Fall der Mauer sind dreizehn Jahre vergangen. Das Gipfeltreffen in Kopenhagen, auf dem die Kriterien für die Aufnahme festgelegt wurden, fand vor neun Jahren statt, fünf Jahre vor Beginn der Verhandlungen. Wir können die beitrittswilligen Länder nicht noch länger warten lassen. Jetzt müssen wir unsere Versprechen einlösen und uns unserer historischen Verantwortung bewusst werden, und wir müssen ein dunkles Kapitel der europäischen Geschichte beenden. Ich sehe der Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament bei dieser großen Aufgabe erwartungsvoll entgegen. (Beifall) 3-049 Prodi, Präsident der Kommission. – (IT) Herr Präsident, gestatten Sie mir eine kurze Erwiderung und einige Bemerkungen, die mir auf der Seele brennen. Erstens ist es absolut nicht wahr, dass die Gemeinschaftshilfe für den Nahen Osten keinen Kontrollen unterliege und an keine Konditionen geknüpft sei. Es ist Zeit, endlich aufzuhören mit derartigen Behauptungen, die völlig aus der Luft gegriffen und lächerliche Unterstellungen sind, die weder durch die Realität noch durch die Kenntnis von Tatsachen belegt werden können. Die Kommission unterstützt ebenso wie die anderen EU-Institutionen und stärker noch als der Währungsfonds Projekte für eine friedliche Infrastruktur im Nahen Osten, die nun leider durch den Krieg zerstört worden ist; sie verwirklicht die Beschlüsse des Rates zur Unterstützung der Palästinensischen Behörde und führt die gebotenen Kontrollen fort, auch wenn diese durch die Kriegseinwirkungen vielleicht nicht genügend effizient sein mögen. Ich weise jedoch das Europäische Parlament darauf hin, dass es gilt, über diese nicht bewiesenen Behauptungen zu richten, durch die unsere Institutionen fortwährend in den Schmutz gezogen werden. (Beifall) Eine zweite kurze Antwort betrifft die nordische Dimension, die für die Kommission von großer Bedeutung ist und dies auch weiterhin sein wird, sei es als Instrument in den Beziehungen zu Russland oder sei es bei der Lösung spezieller Fragen und Probleme. Im Hinblick auf die dänische Präsidentschaft möchte ich nur eines davon nennen, und zwar die große Bedeutung eines konstruktiven und freundschaftlichen Verhältnisses zu Grönland sowie des geografischen, strategischen und 26 03/07/2002 auch menschlichen Aspekts unserer Beziehungen zu diesem Gebiet. Erweiterungsverhandlungen bis zum Dezember höchste Priorität eingeräumt hat. Und nun, Herr Schulz, eine kurze Erwiderung auf Ihre persönliche Bemerkung. Ich habe mehrmals an Veranstaltungen der Liberalen Partei, der Europäischen Volkspartei und, dank der freundlichen Einladung meines Freundes Enrique, auch der Sozialistischen Partei oder der Grünen teilgenommen. Ich bin also kein Präsident der Trikolore, sondern der vielen Fahnen, was viel mehr bedeutet, denn ein Präsident der Trikolore wäre in diesem Falle restriktiv, absolut restriktiv. Ich teile die Auffassung des dänischen Außenministers, Per Stig Møller, der kürzlich betonte, dass die EU ihre Versprechen gegenüber den Beitrittsländern einhalten muss. Wir sind jedoch auch moralisch verpflichtet, die Zusagen einzuhalten, die wir den bereits bestehenden Mitgliedstaaten gegeben haben. Die Vorschläge, die derzeit im Rahmen der Halbzeitüberprüfung der GAP von Herrn Fischler, dem für Landwirtschaft zuständigen Kommissionsmitglied, geprüft werden, sind ein Verrat an der Vereinbarung über die Agenda 2000, die in Berlin getroffen wurde. Neue Vorschläge zur Modulation und zur Abkopplung von Tierprämien zugunsten eines Systems, das auf flächenabhängigen Zahlungen basiert, verheißen nichts Gutes für die Landwirte in der EU. (Beifall und Heiterkeit) Schließlich möchte ich dem Parlament danken für das große Vertrauen, das dem dänischen Ratsvorsitz von allen politischen Kräften entgegengebracht wird; diese Unterstützung ist verdient und zudem notwendig für unsere Arbeit. Der Erfolg eines Unterfangens von so historischer Tragweite für den Kontinent wie die Erweiterung setzt die Einheit von uns allen voraus: eine Einheit, die zur Überwindung der Differenzen zwischen den politischen Lagern und auch der innenpolitischen Spielchen in den einzelnen Ländern führt; eine Einheit, welche die notwendige Einigung über die noch offenen Fragen ermöglicht; eine Aktionseinheit aller Institutionen der Union, und hierfür wird der interinstitutionelle Dialog entscheidend sein, sowohl im Hinblick auf eine bessere Beschlussfassung als auch für unsere Vorbereitung auf die Erweiterung nach den bestehenden Regeln. Wir müssen nämlich dafür Sorge tragen, dass unsere Organe sofort nach ihrer Erweiterung funktionsfähig sind, und wir müssen uns schon jetzt darauf vorbereiten. Und schließlich geht es um die Einheit, um zu beweisen, dass Europa die enormen Herausforderungen zu bewältigen vermag. In den nächsten Monaten werden die politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen nämlich noch schwieriger werden, als sie es bisher waren, und weltweit wird man, angefangen in Johannesburg, aber mehr noch danach, im Spätherbst, ein starkes Bedürfnis nach Europa verspüren. Wir müssen auf die neuen großen Fragen der Gesellschaft innerhalb der Union antworten, um Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten, aber auch außerhalb der Union, im Hinblick auf eine Verwaltung der internationalen Angelegenheiten, bei der, wie ich soeben sagte, Johannesburg nur der Anfang ist, die jedoch wahrhaftig eine neue Ordnung braucht, vor allem in den Köpfen und dann in der Politik. Die Einkommen der Landwirte sind bereits zurückgegangen. Die Landwirtschaft ist der Eckpfeiler der ländlichen Wirtschaft in Europa und die Entwicklung des ländlichen Raums wäre nichts weiter als eine leere Phrase, wenn die Landwirte durch die Umsetzung der Vorschläge, die die Kommission derzeit durchsickern lässt, bestraft und in die Armut getrieben würden. Es ist moralisch und politisch falsch, die Erweiterung vorzubereiten, indem man die Landwirte bestraft. Ein solches Vorgehen könnte dazu führen, dass sich die Landwirte vom Erweiterungsprozess distanzieren. Die Erweiterung sollte vielmehr aus dem bestehenden Haushalt finanziert werden, indem die Ausgaben soweit erhöht werden, wie dies innerhalb der bestehenden Grenzen möglich ist. Derzeit werden 20 % der bereitgestellten Haushaltsmittel nicht in Anspruch genommen, das ist ein Betrag von insgesamt etwa 25 Milliarden EUR. Durch die Verwendung dieser Mittel könnte die EU ihren politischen Willen zur entschlossenen und planmäßigen Fortführung der Erweiterung demonstrieren. 3-052 (Beifall) 3-050 Der Präsident. – Ich danke Ihnen facettenreichen Beitrag, Herr Ratspräsident. 20 % der gesamten Direktzahlungen an die Landwirte würden zurückgehalten und entweder für Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums bereitgestellt oder wieder in den eigentlichen GAP-Haushalt übertragen. Da die Getreide- und Fleischerzeuger heutzutage die Direktzahlungen als Einkommensquelle benötigen, würde ihnen durch die neuen Vorschläge die Existenzgrundlage entzogen. für Ihren 3-051 Cushnahan (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, ich möchte der dänischen Regierung zur Übernahme der Ratspräsidentschaft gratulieren und ihr viel Erfolg für ihre sechsmonatige Amtszeit wünschen. Eine schwierige Aufgabe liegt vor ihr, und ich freue mich, dass der Ratsvorsitz dem Abschluss der Murphy (PSE). – (EN) Herr Präsident, ich gratuliere der dänischen Ratspräsidentschaft zu ihrem Amtsantritt und begrüße insbesondere die Verpflichtung zur Schaffung eines vereinten Europa, das von großer Bedeutung ist. Meine Botschaft an Sie, Herr Ratspräsident, ist genau die Botschaft, die ich hier vor drei Wochen an die scheidende spanische Ratspräsidentschaft gerichtet habe. Die Kommission und das Parlament leisten ihren Beitrag zur Erweiterung und nun ist es an der Zeit, dass auch der Rat seine Aufgaben erfüllt und sicherstellt, dass die 03/07/2002 Erweiterung erfolgen kann. Die Geschichte wird es den Regierungen der Europäischen Union weder vergeben noch vergessen, wenn sie mit ihrem Streit über ein paar Millionen Euro dieses historische Projekt verzögern. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir unsere Versprechen einlösen müssen. 27 dringende Öffentlichkeitsarbeit, die wir in unseren Ländern leisten müssen, denn das irische Referendum ist zwar gewiss bedeutsam und entscheidend, doch müssen wir auch dafür Sorge tragen, dass der Erweiterungsprozess in unseren Ländern erklärt und verstanden wird, und jedes EP-Mitglied muss sich dieser Aufgabe stellen. (Beifall) Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, neue Hürden für den Erweiterungsprozess zu errichten. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik ist wichtig, aber sie ist nicht mit der Erweiterung verknüpft. Auch dies ist eine Botschaft, die Sie mit in den Rat nehmen sollten. Die Gemüter werden sich beruhigen, je mehr die Ergebnisse der Halbzeitüberprüfung erkennbar werden, aber das ist eine Botschaft, die Sie in unserem Namen an die Regierungen weitergeben müssen. Wir unterstützen Sie bei den drei Schwerpunkten Ihres Programms. Die Kriterien wurden festgelegt, damit sie eingehalten werden, und sie müssen eingehalten werden. Wir werden uns gemeinsam mit Ihnen dafür einsetzen. Kein Land sollte auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet werden, wenn es die Voraussetzungen für einen Betritt erfüllt. Der Dezember 2002 ist dabei das entscheidende Datum. Herr Watson hat sich niederträchtig und dumm über das Vereinigte Königreich geäußert. Ich möchte darauf hinweisen, dass selbst in dem von ihm so genannten „trostlosen Großbritannien“ jeder, unabhängig von seinem Alter, den Partner seiner Wahl heiraten kann. Vielleicht möchte Herr Watson sich mir anschließen, wenn ich junge Menschen aus Dänemark einlade, nach Großbritannien zu kommen, um dort zu heiraten und dann wieder nach Dänemark zurückzukehren, wenn sie dies wollen. Wie Sie bereits sagten, sind jetzt aktive Anstrengungen, nicht Worte gefragt. In den nächsten Monaten werden jedoch noch einige deutliche Worte gesprochen und viele schwierige Verhandlungen geführt werden. Wenn Sie im Dezember nach dem Gipfeltreffen wieder hierher kommen, hoffe ich, dass wir alle mit einer Stimme singen werden: Wunderbares, wunderbares Kopenhagen! Ich danke Ihnen. (Beifall) 3-053 VORSITZ: GÉRARD ONESTA Vizepräsident Der Präsident. – Vielen Dank! In Erwartung dieser Schlusshymne erteile ich Herrn Caveri das Wort. 3-054 Caveri (ELDR). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der dänische Beitrag von heute Morgen fand, insbesondere was das ziemlich schwierige Thema Erweiterung anbelangt, meine große Wertschätzung. Die perfekte Übereinstimmung mit dem Kommissionspräsidenten in einer so heiklen und wichtigen Frage ist offensichtlich. Es gilt, mindestens zwei Überlegungen anzustellen. Die erste betrifft die Die zweite Überlegung gilt hingegen den Volksabstimmungen, die in den Kandidatenländern durchgeführt werden. Wir müssen unser Augenmerk auch auf den Verlauf dieses Prozesses richten, um Dominoeffekte, die äußerst negative Auswirkungen haben könnten, zu vermeiden, wobei wir natürlich populistischen Strömungen, die sich überall ein wenig bemerkbar machen und eine äußerst ablehnende Haltung zur europäischen Integration vertreten, entgegenwirken müssen. Ein weiterer entscheidender Punkt ist ohne Frage die Arbeit des Konvents. 2003/2004 werden wir ein enormes Arbeitspensum im Rahmen unserer Institutionen zu bewältigen haben: die Wahlen zum Europäischen Parlament, die Erweiterung und die Regierungskonferenz. Ich möchte den dänischen Vorsitz darauf aufmerksam machen, dass sich der Konvent zumindest mit zwei Themen beschäftigt, die auch für ihn von gewissem Interesse sein werden. Da wäre zunächst die nach wie vor aktuelle Frage der sprachlichen Minderheiten in Europa, die nicht nur für die Beitrittsländer, sondern auch für die Mitgliedstaaten bedeutsam ist. Das andere Thema, welches bereits in diesem Hohen Haus angesprochen wurde, betrifft das Verhältnis zu den Regionen innerhalb der Europäischen Union, denen durch die jeweilige Verfassung Gesetzgebungsbefugnisse zuerkannt werden. Auch dieses Thema ist besonders wichtig, denn entweder gelingt es uns, Föderalismus und Subsidiarität wirklich miteinander zu verbinden, oder es entsteht die Gefahr, dass das Unverständnis gegenüber den Mechanismen der EU wächst. Ich möchte ferner auf die sehr anerkennenswerte Methode der dänischen Ratspräsidentschaft hinweisen, die es allen Parlamentsausschüssen, einschließlich des unter meinem Vorsitz arbeitenden, ermöglicht hat, an zahlreichen Treffen mit den Koordinatoren in Kopenhagen teilzunehmen. Endlich besteht Aussicht auf eine physische, echte Präsenz des Rates in den Ausschüssen, um die wichtigsten Passagen der einzelnen Berichte vor der Debatte im Plenum zu besprechen. Diese Neuerung – und hier wende ich mich an meinen Freund Haarder – halte ich für sehr bedeutsam, denn gewissermaßen leiden wir noch heute an einem Problem in Bezug auf die Beziehungen zum Rat, was sich äußerst negativ auswirkt. Im Rahmen der Themen, die speziell die Arbeit des unter meinem Vorsitz tätigen Ausschusses betreffen, möchte ich zwei hervorheben, bei denen allerdings das gesamte Parlament und natürlich auch meine Fraktion gefordert sind. Erstens die Bedeutung, welche die Debatte über die Politik des Zusammenhalts und die 28 03/07/2002 Regionalpolitik in den kommenden Monaten erlangen wird. Ich möchte in Erinnerung bringen, dass uns im Januar der zweite Zwischenbericht und im Laufe des Jahres 2003 der dritte und entscheidende Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt vorgelegt werden. Wir können also sagen, dass die Debatten dieser Tage außerordentlich wichtig sind. Überzeugung nach müssen wir dieses Problem entschlossen anpacken und die Bürger in die Lage versetzen, sich in viel stärkerem Maße an der Ausarbeitung der europäischen Politik zu beteiligen. Zu diesem Zweck muss eine Politik entwickelt werden, die die Bürger motiviert, mobilisiert und solidarisiert. Dies ist eine existentielle Aufgabe für unsere Union. Ebenso wichtig ist es, die Arbeit an dem Weißbuch fortzuführen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein brennendes Problem hinweisen, mit dem sich der dänische Vorsitz wird auseinandersetzen müssen, und zwar die Ökopunkte in Österreich. Das ist ein sehr heikles politisches Problem, das irgendwie gelöst werden muss, denn wir sind uns dessen bewusst, dass es auch den Erweiterungsprozess belastet und auf die schwierige Situation des Alpenverkehrs hinweist. Drittens schließlich war die Diskussion meines Erachtens in vielerlei Hinsicht sehr interessant, aber unzureichend im Hinblick auf die Rolle der Union in der Welt. Drei Beispiele: Afrika wurde nur am Rande erwähnt. Beim G8-Treffen war von einem Aktionsplan für Afrika die Rede, der von den Afrikanern auf 64 Milliarden Dollar beziffert wurde. Bisher wurde allerdings noch keine Zusage gemacht. Innerhalb der Europäischen Union ist noch nicht einmal das Abkommen von Cotonou von allen Fünfzehn ratifiziert worden, so dass es nicht in Kraft treten kann. Jetzt muss endlich Bewegung in die Sache kommen. Zweites Beispiel: der Erdgipfel in Johannesburg und die damit verbundenen weltweiten Herausforderungen. Auch bei der Vorbereitung dieses Gipfels geht es bei den Finanzierungsfragen nicht voran, so dass sogar ein Scheitern möglich wäre. Welche Initiativen sollte die Union Ihres Erachtens ergreifen? Drittes Beispiel: die transatlantischen Beziehungen, die Sie, Herr Präsident, auch angesprochen haben, ohne allerdings ein Wort zum Unilateralismus und zu dem unglaublichen Beschluss der amerikanischen Regierung zu sagen, die UNO und den Frieden auf dem Balkan als Druckmittel zu missbrauchen, um sich einem internationalen Gericht zu entziehen. Ich denke, dass Sie uns zu all diesen Punkten noch einige Erklärungen schulden. 3-055 Wurtz (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident, ich habe mich dazu entschlossen, das Spiel der neuen Gestaltung der Debatte mitzuspielen, indem ich selbst die diesbezüglichen Schlussfolgerungen für meine Fraktion gezogen habe. Bedauerlicherweise haben nicht alle denselben Entschluss gefasst. Ich möchte drei Anmerkungen machen. Die erste betrifft den Abschluss der Erweiterungsverhandlungen, wobei ich den Überlegungen zum Zeitplan zustimme. Ein Aufschub oder zu wenig Zeit für die Schlussverhandlungen hätte destabilisierende politische Auswirkungen, das heißt, wir hätten einen zu hohen politischen Preis zu zahlen. Nicht einverstanden bin ich hingegen mit dem, was über die Kommissionsvorschläge zum Haushalt und zu den Agrarbeihilfen gesagt wurde. Herr Rasmussen hat von vernünftigen Vorschlägen gesprochen; Herr Prodi von der einzig möglichen Basis. Man muss allerdings wissen – und Sie wissen das auch – , dass diese Vorschläge in den mitteleuropäischen Ländern als diskriminierend und als negatives Signal von Seiten der Europäischen Union angesehen werden. Auch einige andere wirtschaftliche Aspekte des gemeinschaftlichen Besitzstandes werden von den Bevölkerungen als allzu strikte Vorgaben empfunden. Man braucht nur einmal die politische Debatte in Polen zu verfolgen. Meines Erachtens hat man nicht die geeignete Methode zur Schaffung eines stabileren und geeinteren Europas, zu dem die Erweiterung beitragen soll, gewählt. Meine zweite, allgemeinere Anmerkung ließe sich in einem Satz zusammenfassen: „Hüten wir uns vor zu viel Sorglosigkeit.“ Herr Prodi, Sie haben die Eurobarometer-Umfragen recht selektiv gedeutet. Meiner Meinung nach heißt das, sich auf fragliche Weise Beruhigung zu verschaffen. Wenn es wirklich einen breiten Konsens gibt, warum werden dann strategische Entscheidungen bis nach den Wahlen in Frankreich und in Deutschland aufgeschoben? Warum hat man dann Angst vor dem irischen Referendum? Wie wir alle wissen, herrscht in der Tat eine spürbare Missstimmung zwischen der europäischen Führungsriege und den europäischen Bürgern. Meiner 3-056 Frassoni (Verts/ALE). – (IT) Herr Präsident, ich heiße den dänischen Ratsvorsitz willkommen. Europa: Das ist eine sehr eindrucksvolle Botschaft, die auch uns mobilisiert und die wir wirklich gerne hören. Aber was für ein Europa, Herr Präsident? Zum Abschluss dieser Debatte, deren neue Form auch meine große Anerkennung findet, möchten wir Sie auf drei Probleme hinweisen. Erstens vertreten wir die Auffassung, dass Ihre Asyl- und Einwanderungspolitik entgegen Ihren Behauptungen keine innenpolitische Angelegenheit ist. Was Sie in Dänemark tun und sagen, muss mit dem übereinstimmen und zusammenpassen, was Sie hier tun und sagen; es geht nicht an, dass diesbezüglich so große Unterschiede bestehen. Wir sind sehr besorgt angesichts der Gefahr, dass Dänemark heute nicht mehr ein so leuchtendes Vorbild für die Aufnahme und Integration wie früher abgeben könnte, wodurch bewiesen wird, dass die Rechte und Freiheiten niemals wirklich gesichert sind und sich mit jedem Regierungswechsel ändern können. Ihr Dänen fordert sogar, die Liebe anhand der Staatszugehörigkeit und des Alters zu messen, was vom europäischen Standpunkt aus betrachtet wirklich viele Bedenken hervorruft. Unserer Überzeugung nach wird die Art und Weise Ihrer künftigen Ratspräsidentschaft auch davon 03/07/2002 abhängen, wie Sie innerhalb Ihres Landes in diesen Bereichen vorgehen werden. Das zweite Problem ist Zypern. Wir haben mit einiger Besorgnis gehört, wie Ihr Außenminister erklärte, wir müssten nichts unternehmen, die Vereinten Nationen würden sich darum kümmern. Das stimmt nicht. Es ist von ausschlaggebender Bedeutung für die Erweiterung, wie die Europäische Union die Verhandlungen in den letzten Monaten führt. Ungeachtet der Erklärungen von Helsinki und anderer wichtiger Räte dürfen wir es unter keinen Umständen zulassen, dass ein Land in die Europäische Union aufgenommen wird, in dem es eine Mauer oder eine „grüne Linie“ gibt. Wir und Sie müssen alles in unseren Kräften Stehende tun, um dieses Problem zu lösen. Zum dritten Problem: Johannesburg. Obwohl dieser Gipfel absoluten Vorrang für die Union hat, haben Sie, Herr Präsident, in Ihren Ausführungen nicht erwähnt, welche Prioritäten die Union für Johannesburg setzt. Unseres Erachtens gibt es nur eine: zu erklären und ohne Zögern darauf hinzuwirken, dass der Handel und der Markt nicht über jeder Art von Engagement im Umweltbereich und Umweltabkommen stehen. Dies ist die Botschaft, die von Johannesburg ausgehen muss, die heute jedoch von keiner Seite zu vernehmen ist, außer vielleicht in einigen Sätzen, welche die Kommission heute in den Dokumenten der Europäischen Union verwendet hat. Das ist die strategische Orientierung, die wir für Johannesburg verfolgen müssen, und das würde ich heute gern von Ihnen hören. 3-057 Camre (UEN). – (DA) Herr Präsident, ich bedauere, dass Herr Ministerpräsident Fogh Rasmussen den Eindruck gewonnen hat, ich wolle sein Engagement für die Erweiterung relativieren. Das lag nicht in meiner Absicht. Ich wollte lediglich die Anmerkung des Herrn Ministerpräsidenten kommentieren, dass die Erweiterung in jedem Fall durchgeführt wird, auch wenn das in diesem Jahr noch nicht gelingt. Einige meiner dänischen und auch schwedischen Kollegen haben die Flüchtlingsund Einwanderungspolitik sowie die Entwicklungshilfepolitik der dänischen Regierung kritisiert. Herr Watson hat einen guten Vergleich zwischen einem Asylbewerber in Dänemark und in England angestellt, doch sind die Behauptungen über die dänische Politik teilweise falsch, wie wir das soeben in den Ausführungen von Frau Frassoni feststellen konnten. Deshalb und weil drei Viertel der dänischen Bevölkerung die Politik der Regierung in diesem Bereich unterstützen, möchte ich den Ministerpräsidenten oder auch den Europaminister Haarder bitten, zwei Dinge zu bestätigen. Erstens, dass der Bericht über die Menschenrechte, an dem Herr Haarder während seiner Zeit als Mitglied des Europäischen Parlaments als Berichterstatter mitgewirkt hat, im Hinblick auf die neue Ausländerpolitik der Regierungsparteien und der Dänischen Volkspartei in jeder Hinsicht berücksichtigt wird. Zweitens möchte ich 29 den Ministerpräsidenten bitten zu bestätigen, dass die dänische Entwicklungshilfe im Jahr 2002 die zweithöchste der dänischen Geschichte ist – und die höchste im Vergleich zu anderen Ländern, wenn man sie zum Bruttoinlandsprodukt ins Verhältnis setzt. 3-058 Bonde (EDD). – (DA) Herr Präsident, es ist nicht üblich, seine Gegner zu loben, aber ich möchte Herrn Anders Fogh Rasmussen für seine gute Rede ein Lob aussprechen, vor allem deshalb, weil er es unterlassen hat – wie auch in Anwesenheit der Königin -, eine Auseinandersetzung mit den dänischen Unionsgegnern zu führen. Diesen Streit können wir in Dänemark austragen. Wir befassen uns mit dem gemeinsamen Projekt der Öffnung der EU, und ich fordere die dänische Präsidentschaft auf, alle Tagesordnungen, Referate und Arbeitsunterlagen zum Legislativverfahren auf der Homepage „dk2002“ zu veröffentlichen. Wenn die EU als Gesetzgeber tätig wird, muss die gleiche Offenheit herrschen wie in den nationalen Parlamenten, und wenn die EU verwaltet, muss den Bürgern Zugang zu den Dokumenten gewährt werden. Schließlich möchte ich den Ministerpräsidenten davor warnen, die Erweiterung gegen die irischen Gegner des Vertrags von Nizza einzusetzen. Soweit mir bekannt ist, befürworten sie die Erweiterung. Technisch gesehen ist es keine Kunst, entsprechend der Erklärung Nr. 20 des Gipfeltreffens von Nizza die Anzahl der Stimmen und die Sitzverteilung im Europäischen Parlament in die Beitrittsverträge zu übernehmen. Das ist technisch ganz einfach. Mit dem Vertrag von Nizza ist nicht gerade der große Wurf gelungen. Im Übrigen soll er vom derzeitigen Konvent und der kommenden Regierungskonferenz geändert werden. Darauf hat Giscard d’Estaing, der Präsident des Konvents, ganz richtig hingewiesen, wie heute in den dänischen Zeitungen zu lesen ist. Ich zitiere auf Englisch aus der Berlingske Tidende: 3-059 (EN) The solution will not be to ignore the vote but to handle the situation. Probably it requires taking from the Nice Treaty what is necessary to carry through enlargement. 3-060 (DA)... das habe also nicht ich gesagt, sondern Giscard d’Estaing, der Präsident des Konvents, in der heutigen Ausgabe der Berlingske Tidende. Ich möchte den Ministerpräsidenten davor warnen, die Erweiterung aufs Spiel zu setzen, indem er den Ländern die Gelegenheit gibt, andere Gesichtspunkte einzubringen, wenn wir auf der Zielgeraden sind. 3-061 Gollnisch (NI). – (FR) Anlässlich der Übernahme der europäischen Präsidentschaft durch Dänemark möchten die Abgeordneten Europäischen Rechten dieses Land zu der Art und Weise beglückwünschen, in der es seine Zugehörigkeit zur Union und die Wahrung seiner nationalen Souveränität miteinander in Einklang bringt. 30 Dänemark mit seiner ruhmreichen Tradition, ein nur in Bezug auf seine Fläche und Bevölkerungszahl kleines Land, zeichnet sich in der Tat durch seine bemerkenswerte Europapolitik aus. Zunächst einmal, weil es sich nicht scheut, sein Volk direkt und in allen Fällen zu den Verpflichtungen zu befragen, die es im Namen seiner Bürger eingehen möchte, und weil dieser Volkswillen von den Regierungsbehörden respektiert wird. Obwohl Dänemark zur Durchführung eines zweiten Referendums zu Maastricht gezwungen wurde, hat es erreicht, dass es nicht gegen den Willen der Dänen an der Gemeinschaftswährung teilnehmen muss. Die Krone hat bis heute Bestand, und der dänischen Wirtschaft geht es offensichtlich eher besser als derjenigen in der Euro-Zone. Dänemark beteiligt sich nicht an der gemeinsamen Einwanderungspolitik. Derzeit werden übrigens gerade äußerst weitsichtige staatliche Maßnahmen in diesem Bereich umgesetzt. Dänemark beteiligt sich nicht an der Verteidigungspolitik. In der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit hält es unter Abweichung vom gemeinsamen europäischen Recht an wichtigen nationalen Befugnissen fest. Es hat vermocht, alle Souveränitätsübertragungen in Bereichen, die direkt mit staatlichen Hoheitsrechten zu tun haben, abzulehnen oder anzupassen, und zwar im legitimen Interesse der dänischen Nation. Genau das stellt aber keineswegs ein Hindernis, sondern ganz im Gegenteil einen echten Vorteil im Rahmen der Beitrittsverhandlungen mit den zehn neuen Mitgliedstaaten dar, die Teil der Gemeinschaft werden, aber auf keinen Fall auf ihre erst kürzlich wiedererlangte Freiheit verzichten möchten. Dänemark ist der Beweis dafür, dass man sich auch an Europa beteiligen kann, ohne dem Brüsseler System mehr als das unbedingt Notwendige zu opfern. Es ist der Beweis dafür, dass sich entschlossenes Auftreten gegenüber dem Diktat der antinationalen Ideologie, so triumphierend sie auch erscheinen mag, auszahlt zu einem Zeitpunkt, da im Rahmen eines Konvents die Verfassung eines zentralisierten eurokratischen Superstaates erarbeitet wird, der im Widerspruch zum wahren europäischen Geist steht. Ich würde mir wünschen, dass sich die europäischen Regierungen von der dänischen Vorgehensweise inspirieren lassen, die weder ihre Freiheit noch ihre Jahrtausende alten Identitäten beeinträchtigt. 3-062 Brok (PPE-DE). – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe aus dieser Debatte der Fraktionsvorsitzenden, der Ratspräsidentschaften und der Kommission das eine gelernt: Alle sind sich einig, dass es für dieses kommende halbe Jahr eine einzige Priorität gibt, und die heißt Erweiterung, Erweiterung, Erweiterung. Und ich habe gleichzeitig daraus gelernt, was wir, glaube ich, bisher noch nie gehabt haben, nämlich eine völlige Übereinstimmung zwischen der Mehrheit dieses Hauses, der Kommission und der Ratspräsidentschaft, was Vorgehen und Zeitplan angeht. Dieses sollten wir wirklich gemeinsam durchstehen, 03/07/2002 denn nur dann werden wir der historischen Aufgabe gerecht werden. Ich bin deswegen auch dankbar, dass deutlich gemacht wird, so wie wir es in der Entschließung des Parlaments stehen haben, dass es keine neuen Bedingungen geben darf für die Erweiterung, dass deutlich gemacht wird, dass wir eine Reform der Agrarpolitik benötigen, aber dass dies auch keine neue Bedingung ist. Und wenn die Fehler der Agenda 2000 jetzt ausgeräumt werden sollen, darf dies nicht zu Lasten der Beitrittsländer gehen; hierfür müssen diejenigen, die die Agenda 2000 verhandelt haben, die politische Verantwortung übernehmen und dürfen dies nicht anschließend bei den Wählern oder bei den Beitrittskandidaten abladen. Weiterhin ist es notwendig, sehr deutlich festzustellen, dass es ein differenziertes Vorgehen gibt. Auch jetzt, mit zehn Ländern, die wahrscheinlich den Sprung schaffen können, muss ihnen auch bewusst sein, dass dennoch jedes einzelne Land am Ende des Tages geprüft werden muss, ob es die Bedingungen erfüllt. Daher gibt es für niemanden bisher eine Sicherheit. Deswegen werden auch Dinge zu prüfen sein, die beispielsweise mit einem Land wie Polen diskutiert werden, ob die Unabhängigkeit der Zentralbank aufrecht erhalten werden muss oder nicht. Dies sind wichtige Themen, die in einem solchen Zusammenhang geprüft werden müssen, und aus diesem Grunde sollte sich keiner zu sicher fühlen. Herr Ratspräsident, ich möchte Sie ermutigen, die Kaliningrad-Frage voranzutreiben. Aber ich möchte auch deutlich zum Ausdruck bringen, dass die Lösung der Kaliningrad-Frage aus historischen und pragmatischen Gründen nicht durch Korridore geschehen kann. Ich glaube, dass es sowohl den Litauern als auch den Polen aus den genannten Gründen nicht zuzumuten ist, dass es einen Korridor durch ihr Land gibt, und dass wir aus diesem Grund die SchengenKriterien sicherlich mit manchen Kompromissen durchsetzen müssen, aber auch hier natürlich die Glaubwürdigkeit der Sicherung der Außengrenzen im Rahmen eines Europas, das eine innere Freizügigkeit garantiert, gewährleisten müssen. Dies ist aber auch eine große Chance, die Brücke zu Russland zu bilden, das scheint mir auch klar zu sein. Wir werden im Herbst dieses Jahres in einer Situation sein, dass wir mit einem Land, das aus strategischen Gründen für uns außerordentlich wichtig ist, schwierige Gespräche zu führen haben, nämlich mit der Türkei. Wir müssen alles tun, dass die Türkei wegen dieser strategischen Gründe Teil dieses Europas bleibt, aber es kann nicht sein, dass der Preis für einen Kompromiss in der Frage der Nutzung der NATO-Einrichtungen für die ESVP und die Frage der zypriotischen Mitgliedschaft auf Kosten der konsequenten Einhaltung der Kopenhagener Kriterien gehen. (Beifall) 03/07/2002 Ich glaube, dieser Preis kann nicht bezahlt werden, weil dann nämlich die Glaubwürdigkeit des gesamten Erweiterungsprozesses für die Zukunft in Frage gestellt wäre. Ich weiß - denn mir fällt auch keine Antwort zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein -, dass es eine ungeheuer schwierige Aufgabe für die Ratspräsidentschaft und für die Kommission ist, dieses Problem zu bewältigen. Dennoch glaube ich, dass wir diese Chance wahrnehmen werden, dass wir es schaffen werden und dass wir vor allen Dingen auch deutlich machen werden, dass die Vereinigung Europas nicht ein Aufrechnen der Vergangenheit ist, sondern dass die Vereinigung Europas die Methode ist, dass die Vergangenheit, die so schlimm war, niemals wiederkehrt und dies einen Neuanfang für diesen Kontinent darstellt. (Beifall) 31 (Beifall) Deshalb müssen wir die Einwanderung ordnen. Dazu braucht man aber das Bekenntnis, dass es Zuwanderung gibt. Es kann aber keine Zuwanderung um jeden Preis geben. Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten haben das Recht, die Zuwanderung und die Asylpolitik zu ordnen. Bei diesem Recht müssen sie den Prinzipien der Humanität verpflichtet sein. Wenn Sie sich auf Jean Monnet beziehen, Herr Ministerpräsident Rasmussen, dann muss ich Ihnen sagen, wenden Sie die Methode Monnet an. Ihre Regierung ist eine, die Monnet sehr fern ist, und Spinelli, auf den Sie sich berufen haben, das war ein kommunistischer Politiker in Italien, der dort verfolgt wurde. Ob der unter den Bedingungen Ihres Landes bei Ihnen Asyl bekommen hätte, das muss erst einmal streng geprüft werden. 3-063 Schulz (PSE). – Herr Präsident! Es freut mich, dass ich nach Herrn Brok reden darf, denn ich habe seinen Beitrag mit Freuden gehört. Es ist ein sachlicher und kein polemischer Beitrag, der erste in dieser Form aus dem deutschen Teil der PPE-Fraktion heute morgen. Ich habe mehrfach gehört, der Kollege Haarder sei ein lieber Kollege gewesen. Das kann sich nur auf seinen privaten Umgang beziehen. Politisch war er alles, aber nicht lieb, denn ich habe viele Jahre mit ihm im Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten zusammenarbeiten dürfen. Wenn das, was Herr Haarder dort als Linie des dänischen Liberalismus über Jahre vertreten hat, die Wirklichkeit der Asyl- und Einwanderungspolitik der Europäischen Union wird, dann wird das mit Liebenswürdigkeit wenig zu tun haben, aber viel mit Härte! Ihnen, Herr Rasmussen, will ich eins sagen: Sie können als Ratspräsident nicht verlangen, dass das Europäische Parlament sich nicht mit der Innenpolitik der Mitgliedsländer befasst, insbesondere dann, wenn der amtierende Ratspräsident in seinem Land bei einem Thema, von dem der Rat in Sevilla gesagt hat, dass es ein prioritäres Thema der Europäischen Union ist, nämlich Asyl und Einwanderung, gerade eine Politik betreibt, von der er selbst auch noch sagt, dass sie zum Leitbild in der Europäischen Union werden soll. Natürlich werden wir uns mit der dänischen Innenpolitik befassen! Die wichtigste Rede für Sie war die von Herrn Camre. Herr Camre ist nämlich der Vertreter der Partei von Pia Kjæersgaard, der dänischen Volkspartei, an deren seidenem Faden Ihre Regierung hängt. Das, was diese Partei sagt, ist ganz nah an dem, was Herr Gollnisch hier vertreten hat. Ich würde an Ihrer Stelle mal darüber nachdenken, ob es Ziel einer Ratspräsidentschaft sein kann, eine Politik zu machen, die die volle Zustimmung des Front National findet. Es ist nämlich so, dass das, was Sie an Botschaft vermitteln, mit Toleranz und geordneter Einwanderung nichts zu tun hat, aber viel mit abgeschotteten Grenzen und Ausgrenzung von Minderheiten. Wir brauchen in der Europäischen Union eine Kombination aus zwei Dingen: Solange es keine geordnete Einwanderung gibt, gibt es die blühende illegale Einwanderung. (Beifall) 3-064 Andersson (PSE). (SV) Herr Präsident! Ich heiße den dänischen Ratsvorsitz herzlich willkommen. Ich wohne so nahe an Dänemark, wie dies überhaupt nur möglich ist und kann es von meinem Fenster aus sehen. Zwischen uns liegen nur vier Kilometer – die schmalste Stelle des Öresunds. Mit großer Befriedigung begrüße ich auch die vom dänischen Ratsvorsitz formulierte zentrale Aufgabe – die Erweiterung. Ich glaube und hoffe, dass Sie diese Aufgabe verwirklichen können. Während des schwedischen Ratsvorsitzes konnten wir den Staffelstab ein großes Stück vorantragen. Jetzt müssen Sie uns ins Ziel bringen, und ich bin zuversichtlich, dass Sie dies schaffen. Meine Hoffnungen ruhen auch auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2002 in Johannesburg. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bin ich allerdings etwas pessimistisch, da ich den spanischen Ratsvorsitz erlebt habe, der der nachhaltigen Entwicklung keine Priorität eingeräumt hat. Ich hoffe, Sie werden sich beispielsweise bei den Umweltfragen nicht allzu sehr an den USA orientieren. Europa und die Vereinigten Staaten haben in diesem Bereich sehr unterschiedliche Auffassungen. Wir können hoffen, dass sich die USA unserem Standpunkt annähern, darauf verlassen dürfen wir uns allerdings nicht. Wie viele andere möchte auch ich die Asyl- und Flüchtlingspolitik ansprechen und in diesem Zusammenhang auf einen Bericht von Bertel Haarder hinweisen, in welchem die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, bei der Schaffung eines gemeinsamen Asylsystems über eine Mindestharmonisierung hinauszugehen und als Grundlage für künftige Asylinstrumente einen hohen Schutzstandard vorzusehen. Doch seitdem Bertel Haarder Minister ist, hat Dänemark genau das Gegenteil getan! Es hat sein hohes Niveau 32 verlassen und nähert sich immer mehr einer möglichen Mindestharmonisierung, statt die Beschlüsse des Europäischen Parlaments zu verwirklichen, d. h. zu versuchen, einen hohen Schutzstandard vorzusehen. Ich bin diesbezüglich auch vom Europäischen Rat in Sevilla enttäuscht, bei dem es vorrangig um die illegale Einwanderung ging. Ich bin mir des Problems bewusst und der Ansicht, dass es gelöst werden muss, doch man löst es nicht durch eine restriktivere Asyl- und Flüchtlingspolitik. Aus diesem Grunde frustriert mich auch das Agieren Dänemarks. Sie haben den Ratsvorsitz inne und somit eine Verantwortung, die vom Europäischen Parlament in der Zeit Bertel Haarders als Abgeordneter und Vizepräsident gefassten Beschlüsse umzusetzen. Es sollte Sie nachdenklich stimmen, wenn Sie von Ihren Parteifreunden in Schweden, von uns schwedischen Sozialdemokraten, kritisiert werden und von der Nationalen Front Beifall erhalten. Das sollte zum Nachdenken anregen! 3-065 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich bedanke mich bei meinen ehemaligen Kollegen, dass sie mich so freundlich empfangen haben. Ich fühle mich ein wenig wie der verlorene Sohn aus der Bibel, der zu Fest und Freude nach Hause zurückkehrt. Ich kann Herrn Barón Crespo, Frau Pernille Frahm, Herrn Per Gahrton, Herrn Olle Schmidt, Herrn Jan Andersson, Frau Frassoni und Herrn Schulz versichern, dass sich die Präsidentschaft an alle Zielsetzungen von Tampere halten wird, also an die Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in Europa. Dies ist ein wichtiges Ziel im Programm unserer Präsidentschaft und wurde auch in der Rede des Ministerpräsidenten betont. Wir werden uns an der gesamten Erklärung von Sevilla orientieren. Im Bereich Asyl wollen wir sogar versuchen, mehr zu erreichen. Die gemeinsame Asylpolitik soll entsprechend den Schlussfolgerungen von Sevilla im Jahr 2003 ausgearbeitet sein. Wir wollen aber versuchen, bereits während der dänischen Präsidentschaft so weit wie möglich voranzukommen. Wir haben einen Zeitplan erstellt, eine „roadmap“, die wir der Kommission übergeben haben und die wir auch dem Parlament zukommen lassen. Hier können Herr Medina und andere nachlesen, dass wir uns bereits ausführlich mit den Themen Repatriierung, Rückführung und Grenzkontrolle befassen. Bereits in drei Wochen werden die Leiter der Grenzkontrollen in Kopenhagen zusammentreffen, um darüber zu beraten, wie der Beschluss von Sevilla umgesetzt werden kann. Herrn Gahrton und anderen möchte ich sagen, dass sich die dänische Regierung von Anfang an für eine gemeinsame Asylpolitik ausgesprochen hat, die allen internationalen Verpflichtungen nachkommt. Für Frau Frahm, Herrn Camre und andere der Hinweis, dass ich mich selbstverständlich an das halten werde, was ich in meinen Reden hier im Plenum gesagt und in meinen Berichten über die Menschenrechte von 1998 und 1999 geschrieben habe. Für Dänemark gilt in diesem Bereich 03/07/2002 leider eine Ausnahme von den Verträgen. Ich sage leider und appelliere unter anderem an Frau Frahm und Herrn Gahrton, uns dabei zu helfen, diese Ausnahmen abzuschaffen. Das wäre in unserem Interesse, und vielleicht können wir hier zusammenarbeiten. Ich möchte dem Parlament jedoch versichern, dass diese Ausnahmeregelung für Dänemark den dänische Ratsvorsitz in keiner Weise beeinträchtigt. Wir werden alles tun, um zu einer Einigung der Vierzehn zu gelangen. Dann werden wir uns in Dänemark um eine Anpassung an die Gemeinschaftsvorschriften bemühen. Das ist sicher eine positive Einstellung. Frau Baronesse Nicholson möchte ich jede erdenkliche Unterstützung bei den Bemühungen zusichern, gemeinsame Vorschriften, Maßnahmen und Verhandlungen mit Drittländern zur Bekämpfung der schrecklichen Probleme im Zusammenhang mit dem Missbrauch von Kindern zu nutzen. Frau Baronesse Nicholson hat sich mit dieser Thematik eingehend befasst und das Parlament wiederholt darauf hingewiesen. Ich hoffe, Herr Cushnahan erwartet nicht, dass ich einen Kommissionsvorschlag zur Agrarpolitik kommentiere, der noch nicht veröffentlicht wurde. Hier stimme ich der Ansicht von Herrn Murphy zu. Herr Caveri hat sich sehr für die Minderheitenpolitik engagiert, und ich habe seinen Ausführungen über die Notwendigkeit einer Politik des Zusammenhalts mit Interesse zugehört. Ich respektiere das Engagement von Herrn Wurtz für die Bekämpfung der Armut in Afrika und möchte ihn darauf aufmerksam machen, dass ich heute Nachmittag eine Anfrage zur neuen amerikanischen Haltung dem Internationalen Strafgerichtshof gegenüber beantworte – darauf werde ich an dieser Stelle also heute Nachmittag eingehen. Schließlich möchte ich Herrn Schulz versprechen, dass ich ihm jederzeit gerne darlege, wie Minderheitsregierungen arbeiten, da das in seinem Land nicht üblich ist. Das funktioniert so, dass jeder mit jedem zusammenarbeitet. Für Außenstehende mag das schwer nachzuvollziehen sein. Abschließend möchte ich Herrn Brok danken. Ich habe ihm wie immer aufmerksam zugehört und danke ihm sowie dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik und dem Parlament insgesamt, dass sie schon zu einem so frühen Zeitpunkt eindeutig zur Erweiterung Position bezogen haben. Das größte Anliegen der dänischen Präsidentschaft findet umfassende Unterstützung. Uns wurde gedankt, aber es gibt auch Grund, dem Parlament Dank zu sagen, das mit schnellen und klaren Beschlüssen den Weg gewiesen hat. 3-066 VORSITZ: PATRICK COX 03/07/2002 33 Präsident Der Präsident. – Ich danke dem Ministerpräsidenten und dem Minister für Europa-Angelegenheiten für ihre Anwesenheit und für die Teilnahme an dieser Debatte, auf deren Fortsetzung während der Amtszeit der dänischen Ratspräsidentschaft wir uns schon freuen. Die Aussprache ist geschlossen. 3-067 Abstimmungen 3-068 Der Präsident. – Wir kommen nun zur Abstimmung. Nach der Tagesordnung folgt der Beschluss über den Kompetenzstreit zwischen dem Ausschuss für Recht und Binnenmarkt und dem Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Umwelthaftung betreffend die Vermeidung von Umweltschäden und die Sanierung der Umwelt (KOM(2002) 17 - C5-0088/2002 - 2002/0021(COD)). Am Ende langwieriger Verhandlungen, bei denen kein für beide Ausschüsse zufriedenstellendes Ergebnis erreicht werden konnte, hat die Konferenz der Präsidenten in ihrer Sitzung vom 13. Juni beschlossen, den Vorschlag an den Ausschuss für Recht und Binnenmarkt als federführenden Ausschuss unter der Bedingung zu überweisen, dass das „verstärkte HughesVerfahren“ zwischen dem Rechtsausschuss und dem Umweltausschuss angewandt wird. Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik hat jedoch gegen diesen Beschluss Einwände erhoben und beantragt, dass der Kompetenzstreit gemäß Artikel 154 Absatz 2 der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt wird, wozu der Ausschuss nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung berechtigt ist. Bevor wir abstimmen, erteile ich den Vorsitzenden der beiden betroffenen Ausschüsse das Wort. Weitere Wortmeldungen können nicht berücksichtigt werden, anschließend werden wir zur Abstimmung schreiten. 3-069 Gargani (PPE-DE), Vorsitzender des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt. – (IT) Herr Präsident, ich möchte als Erstes betonen, dass die heute in diesem Parlament anstehende Abstimmung beispiellos ist. Sie ist ein wenig außergewöhnlich, weil es nicht nur um den Kompetenzstreit zwischen dem Ausschuss für Recht und Binnenmarkt und dem Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik geht, sondern vor allem um die Übereinstimmung mit der Geschäftsordnung – auf die Sie soeben hingewiesen haben – und mit unseren Standpunkten, die wir in der Debatte eingenommen haben. In dem Streit hat sich – wie Sie in Erinnerung brachten – die Konferenz der Präsidenten eindeutig zugunsten des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt ausgesprochen, denn, wie wir mit der Änderung von Artikel 154 GO beschlossen haben, hat die Konferenz der Präsidenten über Kompetenzstreitigkeiten zu entscheiden. Just der Kollege Corbett hat dem Plenum diesen Vorschlag unterbreitet, und das Plenum hat ihn angenommen. Die Konferenz der Präsidenten verfügt nämlich über die Instrumente für eine gründliche Untersuchung, d. h. für eine fallweise Bewertung und Beschlussfassung. Das Zustimmungsvotum, um das ich das Plenum bitte, ist vor allem eine Zustimmung zur Konferenz der Präsidenten, um die Gültigkeit der GO-Bestimmung zu bestätigen. Es gibt viele Gründe, die für eine Zuständigkeit des Rechstausschusses sprechen und von denen ich nur zwei anführen möchte: Der Rechtsausschuss befasst sich seit März 2000 mit dem Thema, denn damals – beachten Sie das bitte, verehrte Kolleginnen und Kollegen – wurde er zum federführenden Ausschuss für die Behandlung des Grünbuchs über Umwelthaftung bestimmt, dem ein Konsultationspapier, das dem Richtlinienvorschlag, der nun Gegenstand des Kompetenzstreits ist, vorausging. Die jetzt als Berichterstatter für den Richtlinienvorschlag benannte Person ist dieselbe, die sich mit dem Grünbuch befasste, nämlich der äußerst sachkundige Kollege Manders, der sich in den vergangenen Jahren ein profundes Wissen angeeignet hat; der Rechtssausschuss hat außerdem, unter Wahrung der ihm übertragenen Zuständigkeit, das Thema bereits behandelt und am 21. Mai eine wichtige Anhörung durchgeführt. Die traditionelle Zuständigkeit des Rechtsausschusses im Bereich der Umwelthaftung entspricht genau der Auslegung von Anlage VI unserer Geschäftsordnung, wonach dieser Ausschuss unabhängig von dem betroffenen Bereich für das Haftpflichtrecht zuständig ist. Gemäß diesem Richtlinienvorschlag soll offenkundig derjenige haftbar gemacht werden, der den Schaden verursacht, und im Hinblick auf diese Problematik bzw. diese Fragen bitte ich hiermit das Europäische Parlament dem Antrag zuzustimmen und den Beschluss des Präsidiums zu bestätigen. (Beifall) 3-070 Jackson (PPE-DE), Vorsitzende des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik. – (EN) Herr Präsident, der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik ist der Auffassung, dass dies eine Maßnahme ist, mit der sich der von mir vertretene Ausschuss aus folgenden drei Gründen befassen sollte: Erstens, die Maßnahme basiert auf einem Teil des Vertrags, der sich auf den Umweltschutz bezieht. Der Rat „Umwelt“ wird sich mit dieser Maßnahme befassen. Der Umweltausschuss ist für die Umweltpolitik zuständig, der Ausschuss für Recht und Binnenmarkt ist für den Bereich der zivilrechtlichen Haftung verantwortlich. Durch diese Richtlinie wird ein völlig neues Instrument zur Behebung allgemeiner 34 Umweltschäden an der biologischen Vielfalt sowie von Wasser- und Landverschmutzungen geschaffen. Außerdem werden die Behörden in den Mitgliedstaaten, die die Vermeidung und Sanierung solcher Schäden unterstützen sollen, mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand belastet. Es ist irreführend, diese Richtlinie kurz als Richtlinie für die Umwelthaftung zu bezeichnen. Der Vorschlag sollte stattdessen als Richtlinie über die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden bezeichnet werden. (Beifall) Zweitens wurde von drei Vizepräsidenten, die wir vor zweieinhalb Jahren in einem eineinhalbtägigen Verfahren gewählt haben, einstimmig beschlossen, dass dieser Bericht vom Umweltausschuss erstellt werden soll. Mit zweien dieser Vizepräsidenten verbindet mich nichts, da sie Fraktionen angehören, die nicht viel mit den britischen Konservativen gemeinsam haben. Der dritte Vizepräsident war Herr Provan, der, wenn wir richtig informiert sind, noch immer einen direkten Draht zu Frau Thatcher hat. 03/07/2002 3-071 (Das Parlament stimmt dem Vorschlag der Konferenz der Präsidenten zu.) *** 3-072 Van Hulten (PSE). – (EN) Herr Präsident, eine Bemerkung zur Geschäftsordnung. Heute Morgen wurde zum ersten Mal das „Blickfang-Verfahren“ in der Debatte über das Tätigkeitsprogramm des dänischen Ratsvorsitzes angewandt. Alle von uns, die anwesend waren, können bestätigen, dass dieses Verfahren ein großer Erfolg war. Es waren mehr Abgeordnete im Plenarsaal, als dies normalerweise bei einer solchen Debatte der Fall wäre. Leider reichte die Zeit nicht aus, um alle Wortmeldungen zu berücksichtigen, da nur eine halbe Stunde während der Debatte für dieses Verfahren vorgesehen war. Ich möchte den Ratsvorsitz über Sie auffordern, dieses Experiment zukünftig zu wiederholen und in den kommenden Aussprachen mehr Zeit für dieses Verfahren einzuplanen. (Heiterkeit) (Beifall) Der Umweltausschuss hat daher beschlossen, seine Einwände gegen die Übertragung des Berichts an den Rechtsausschuss aufrechtzuerhalten, auch wenn ich einräumen muss, dass dieser Beschluss mit knapper Mehrheit gefasst wurde. 3-073 Drittens, unser Berichterstatter, Herr Papayannakis, arbeitet bereits sehr intensiv an dieser Richtlinie. Wir würdigen die Arbeit, die Herr Manders bei der Erarbeitung der Stellungnahme im Namen des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt geleistet hat. Ich möchte die Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas jedoch darauf hinweisen, dass diese Stellungnahme Herrn Papayannakis nicht dazu bewegen wird, seine Aufgabe als Berichterstatter an einen Liberalen abzugeben. (Heiterkeit) Dafür gibt es einen einfachen Grund: Wenn die Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas die Aufgabe des Berichterstatters im Umweltausschuss übernehmen will, steht sie ganz unten auf der Liste. Vorher sind folgende Fraktionen an der Reihe: die UEN, die PSE, die EDD und sogar die Fraktionslosen und die PPE stehen weiter oben auf der Liste als die Liberalen. Es gibt noch eine andere Möglichkeit, an die bisher niemand gedacht hat: Was passiert, wenn bei der Abstimmung Stimmengleichheit herrscht? Ich schlage vor, dass wir die Erarbeitung des Berichts bei einer unentschiedenen Abstimmung dem Ausschuss für die Rechte der Frau und Chancengleichheit übertragen, der sich freuen würde, wenn er etwas zu tun bekäme. (Heiterkeit und Beifall) Der Präsident. – Ich bin nicht sicher, ob das eine Bemerkung zur Geschäftsordnung war, aber auf jeden Fall war es Musik in meinen Ohren. 3-074 Bautista Ojeda (Verts/ALE). – (ES) Herr Präsident, dies ist keine Frage zur Geschäftsordnung, sondern eine Erinnerung. Heute vor einem Jahr löste der Nachweis von AlphaBenzopyren in Oliventresteröl einen Lebensmittelskandal aus. Noch immer ist das Problem der Tresterindustrie nicht gelöst. Unsere damalige Verantwortung im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit war überaus groß, doch trägt dieses Parlament auch die Verantwortung dafür, Lösungen für einen Wirtschaftszweig zu finden, der überdies eine grundlegende und notwendige ökologische Funktion erfüllt, indem er hochgradig umweltschädliche Produkte dem Recycling zuführt. 3-075 *** Vereinfachtes Verfahren: Vorschlag für einen Beschluss des Rates und der Kommission über den Abschluss des Abkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und der Regierung von Japan über die Zusammenarbeit bei wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen (KOM(2002) 230 - C5-0290/2002 - 2002/0106(CNS)) (Ausschuss für Industrie, Außenhandel, Forschung und Energie) (Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.) *** 03/07/2002 35 Bericht (A5-0234/2002) von Herrn Trakatellis im Namen der Delegation des Europäischen Parlaments im Vermittlungsausschuss über den vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Entwurf eines Beschlusses des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der öffentlichen Gesundheit (2003-2008) (PE-CONS 3627/02 – C5-0204/2002 – 2000/0119(COD)) (Das Parlament billigt den gemeinsamen Entwurf.) *** Bericht (A5-0248/2002) von Herrn Podesta und Frau Buitenweg im Namen des Haushaltsausschusses über den Entwurf des Berichtigungsund Nachtragshaushaltsplans Nr. 3/2002 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2002 (SEK(2002) 626 – 0000/2002 – C5-0000/2002 – 2002/2128(BUD)) (Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.) Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (KOM(2001) 624 – C5-0668/2001 – 2001/0257(COD)) (Das Parlament nimmt den Entwurf der legislativen Entschließung an.) *** Bericht (A5-0203/2002) von Frau Quisthoudt-Rowohl im Namen des Ausschusses für Industrie, Außenhandel, Forschung und Energie über den geänderten Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über Regeln für die Beteiligung von Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen sowie für die Verbreitung der Forschungsergebnisse zur Durchführung des Rahmenprogramms der Europäischen Gemeinschaft 2002-2006 (KOM(2001) 822 – C5-0017/2002 – 2001/0202(COD)) (Das Parlament nimmt den Entwurf der legislativen Entschließung an.) *** *** Bericht (A5-0229/2002) von Herrn Trakatellis im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung genetisch veränderter Organismen und über die Rückverfolgbarkeit von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln sowie zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG ((KOM(2001) 182 – C5-0380/2001 – 2001/0180(COD)) Bericht (A5-0205/2002) von Frau Quisthoudt-Rowohl im Namen des Ausschusses für Industrie, Außenhandel, Forschung und Energie über den geänderten Vorschlag für einen Beschluss des Rates über Regeln für die Beteiligung von Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen zur Durchführung des Rahmenprogramms der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) (20022006) (KOM(2001) 823 – C5-0236/2002 – 2001/0327(CNS)) (Das Parlament nimmt den Entwurf der legislativen Entschließung an.) (Das Parlament nimmt den Entwurf der legislativen Entschließung an.) *** Bericht (A5-0225/2002) von Frau Scheele im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel (KOM(2001) 425 – C5-0368/2001 – 2001/0173(COD)) (Das Parlament nimmt den Entwurf der legislativen Entschließung an.) *** Bericht (A5-0243/2002) von Herrn Lisi im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 96/82/EG des *** Bericht (A5-0220/2002) von Frau Kauppi im Namen des Ausschusses für Wirtschaftsund Währungsangelegenheiten über den Jahresbericht 2001 der Europäischen Zentralbank (C5-0196/2002 – 2002/2092(COS)) (Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.) *** Bericht (A5-0223/2002) von Frau Van Lancker im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und Chancengleichheit über sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (2001/2128(INI)) Zum Absatz 25: 3-076 36 03/07/2002 Gollnisch (NI). – (FR) Herr Präsident, ich möchte Sie lediglich auf ein kleines sprachliches Problem im Zusammenhang mit Ziffer 25 hinweisen. In der französischen Version ist in diesem Abschnitt von „la mise en branle d’un processus“ die Rede. Meines Erachtens könnte diese Formulierung in einem Bericht zum Thema Sexualität etwas zweideutig, ja sogar schlüpfrig wirken; in meinem Heimatland löst sie jedenfalls eher Heiterkeit aus, und das bei einem Bericht, der ansonsten eher zum Weinen ist. 3-077 Der Präsident. – Ich werde die Dienste anweisen, die Verwendung umgangssprachlicher Ausdrücke zu vermeiden. (Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.) Die Abstimmung ist geschlossen. *** 3-078 Bourlanges (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, ich möchte für das Protokoll mitteilen, dass ich an keiner Abstimmung über diesen Bericht teilgenommen habe, da ich es für ausgesprochen überzogen halte, dass wir nur wenige Wochen nach der Verabschiedung des Berichts Lamassoure, der eine strikte Kompetenzabgrenzung forderte, entscheiden – wobei ich diesem Bericht weitgehend zustimme –, uns einzumischen und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten Ratschläge bezüglich einer Frage zu erteilen, die nicht in unseren Zuständigkeitsbereich fällt. (Beifall) 3-079 Der Präsident. – Das war eine sehr geschickter Versuch, sich bei den Erklärungen zu den Abstimmungen vorzudrängen, Herr Bourlanges. 3-080 Van Lancker (PSE), Berichterstatterin. – (NL) Herr Präsident! Ich empfehle dem Kollegen Bourlanges und den anderen Kolleginnen und Kollegen, die mit ihm einer Meinung sind, Kommissar Byrne einmal zu fragen, ob die Europäische Union hier tatsächlich nicht zuständig ist. In seiner Antwort gestern Abend hat er unmissverständlich gesagt, auch die sexuelle und reproduktive Gesundheit sei Bestandteil der Volksgesundheit. Gerade eben, nur eine Stunde vor meinem Bericht, haben wir den Bericht Trakatellis angenommen, der dies zum Gegenstand hat. Also Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns doch sehen, wie es weitergeht. 3-081 Erklärungen zu den Abstimmungen 3-082 VORSITZ: GÉRARD ONESTA Vizepräsident – Bericht Trakatellis (A5-0229/2002) 3-083 McKenna (Verts/ALE). – (EN) Herr Präsident, in Namen der Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz möchte ich den Ausgang der heutigen Abstimmung über GVO begrüßen. Es ist schon als Fortschritt zu betrachten, dass wir uns gegen nicht zugelassene GVO, das heißt, gegen die zufallsbedingte Kontaminierung durch GVO, ausgesprochen haben. Das ist gut so, weil ansonsten auch weiterhin ein Schlupfloch für multinationale Unternehmen bestanden hätte. Die Absenkung des Schwellenwerts auf 0,5 % ist sehr begrüßenswert. Im Bericht wird unterstrichen, dass niedrigere Schwellenwerte eingehalten werden sollten, wenn dies technisch möglich ist. Die Zulassung wird nun für ein Jahr erteilt. Die Zulassung ist ein Jahr gültig und kann dann verlängert werden. Damit steht ausreichend Zeit zur Verfügung, um zu prüfen, ob die Zulassung ein zweites Mal erteilt werden sollte. Zu den enttäuschendsten Aspekten der heutigen Abstimmung gehört die Tatsache, dass Milch- oder Fleischerzeugnisse von Tieren, die GVO-Futter erhalten haben, nicht gekennzeichnet werden sollen. Die Menschen haben ein Recht, darüber informiert zu werden, ob die Milch oder das Fleisch, das sie verzehren, von Tieren stammt, die GVO-Futter erhalten haben. Es besteht zweifelsohne ein klarer Zusammenhang zwischen dem, was die Menschen essen und dem, was den Tieren gefüttert wird. Dies ist im Zusammenhang mit dem BSE-Problem deutlich geworden. Auch hier hatte das, was den Tieren gefüttert wurde, schwerwiegende und negative Folgen für den Verbraucher. Aus diesem Grund hat der Verbraucher das Recht, informiert zu werden und wählen zu können, und es war enttäuschend, dass dieser Änderungsantrag bei der heutigen Abstimmung über den Bericht nicht angenommen wurde. Trotzdem ist dieser Vorschlag ein wesentlicher Fortschritt. Europa vermittelt damit insbesondere den Vereinigten Staaten die Botschaft, dass wir dem Verbraucherschutz tatsächlich höchste Priorität einräumen, dass die multinationalen Unternehmen den Verbrauchern nicht vorschreiben können, was sie essen sollen und dass die Verbraucher das Recht haben, informiert zu werden und genau zu wissen, was sie kaufen und was sie konsumieren. 3-084 Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, ich habe gegen diesen Vorschlag für eine Verordnung gestimmt. Ich denke, dass wir sehr viel Zeit damit verbringen, zu beschließen, was gut und was schlecht ist an unserer Nahrung, wie sie zusammengesetzt ist und ob sie GVO enthält oder nicht, während sehr viele Menschen in der Welt hungern und nichts zu essen haben. Dennoch begrüßen sowohl ich persönlich als auch die Partei der Rentner in Wertschätzung dieses Berichts die genetisch veränderten Organismen. Ich begrüße den Fortschritt, der sich nicht aufhalten lässt. Meiner Auffassung und Überzeugung nach wird es in Zukunft viele GVO in unseren Lebensmitteln geben. Deshalb habe ich gegen den Bericht gestimmt. 03/07/2002 37 3-085 Ebner (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich möchte ein Ja zur Transparenz, ein Ja zur Offenheit, ein Ja zum Schutz für die Verbraucher, wir selbst gehören ja dazu. Aber aus einem Ja zur Transparenz, zur Offenheit und zum Schutz der Verbraucher sind wir nicht in dem Ausmaß, wie wir es uns gewünscht haben, gekommen. Anstatt einer Nagelprobe für eine praktikable Lösung wurde von der Mehrheit dieses Parlaments eine fundamentale Lösung bevorzugt. Ich glaube, dass auch der mit noch so viel Vehemenz vorgetragene Populismus das Problem nicht löst, sondern noch mehr Unsicherheit bringt. Der aufgezeigte Weg ist meines Erachtens leider nicht so praktikabel. Es wird zu einer weiteren Verunsicherung der Verbraucher kommen, die soviel Information wie möglich, aber auch soviel Information wie notwendig haben sollen. Aus diesem Grund habe ich dagegen gestimmt, weil es keine praktikable, sondern eine fundamentale Lösung ist. 3-086 Bernié (EDD), schriftlich. – (FR) Der Verbraucherschutz setzt klare und präzise Informationen hinsichtlich der Rückverfolgbarkeit und der Kennzeichnung der Produkte voraus. Ausgehend von dem Grundsatz, dass den Verbrauchern eine „GVO-freie“ Ernährung garantiert werden muss, sind wir gegen die Festlegung eines Schwellenwertes für das zufallsbedingte Vorkommen nicht zugelassener GVO. Der von der PPE befürwortete Wert von 1 % und der von der PSE vorgeschlagene Wert von 0,5 % sind inakzeptabel. Für in der Union nicht genehmigte GVO muss die Nulltoleranz zur Anwendung kommen. Für die Verbraucher wäre es völlig unverständlich, wenn verbotene GVO, selbst in noch so geringen Mengen, toleriert würden. Der Grundsatz der strikten Rückverfolgbarkeit muss in gleicher Weise auch für Erzeugnisse aus Drittländern gelten. Der Importverkehr darf nicht zur betrügerischen Einfuhr in die Mitgliedstaaten von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln missbraucht werden, deren Anbau bei uns nicht erlaubt ist. Wir unterstützen die Änderungsanträge, die auf eine enge Einbeziehung der Lebensmittelbehörden der Mitgliedstaaten sowie der lokalen und regionalen Behörden für Ernährungs- und Gesundheitsfragen in die Formulierung von Stellungnahmen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit abzielen. Ebenso wie bei anderen Fragen sollten wir auch bei diesem heiklen Thema der GVO keine überzogene Zentralisierung einführen, die die Bürger von den Entscheidungen des täglichen Lebens fernhält. 3-087 Berthu (NI), schriftlich. – (FR) Die Berichte Trakatellis und Scheele beziehen sich auf zwei miteinander zusammenhängende Verordnungsvorschläge, die sich zum Teil überschneiden und beide Fragen zur Genehmigung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen behandeln. Diese Art der Darstellung, die nicht gerade zum besseren Verständnis beiträgt, ist offenbar auf Kompetenzstreitigkeiten innerhalb der Kommission zurückzuführen. Mit Blick auf die Bürger, die bereits jetzt die europäischen Angelegenheiten kaum mehr durchschauen, ist diese Methode nicht hinnehmbar; allein diese Tatsache hätte bereits zur Zurückweisung der Texte führen müssen. Da das Europäische Parlament nicht diesen vernünftigen Weg gewählt hat, bleib ihm nichts anderes übrig, als unter diesen unklaren Umständen darüber abstimmen. Grundsätzlich geht es darum, das Genehmigungs- und Kennzeichnungsverfahren für GVO mit gewissen unerlässlichen Garantien auszustatten. Im Allgemeinen habe ich die Änderungsanträge unterstützt, die auf eine Verschärfung des Textes abzielen und in vielen Fällen auch verabschiedet wurden, so dass das Ergebnis aus dieser Sicht nicht allzu schlecht sein dürfte. Leider hat die Kommission im Rahmen dieser beiden Verordnungen ein Abstimmungsund Beschlussfassungsverfahren eingeführt, das der Wahlfreiheit der Staaten ein Ende setzen wird. In meiner Stimmerklärung zum Bericht Scheele werde ich näher darauf eingehen. Daher habe ich mich beim Votum über diese beiden Berichte der Stimme enthalten. 3-088 Bordes, Cauquil und Laguiller (GUE/NGL), schriftlich. – (FR) Dieser Bericht prangert zu Recht die zersplitterten und unzureichenden gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zum Thema GVO an. Doch wie sollte es anders sein? Die Großunternehmen der AgroIndustrie, der Chemie oder der Biotechnologie haben offensichtlich kein Interesse an der Einführung von strengeren Rechtvorschriften, und noch weniger interessiert sind sie an der Einführung einer tatsächlichen Kontrolle, vor allem in einer von berechtigten Verbraucherängsten geprägten Situation. Natürlich könnte man die betroffenen Industriezweige einem kohärenten Pflichtenkatalog unterwerfen, und vor allem könnte man der Allgemeinheit Möglichkeiten zur Kontrolle der fraglichen Unternehmen an die Hand geben. Die europäischen Institutionen stehen jedoch in zu enger Verbindung zum Unternehmertum und dessen Interessen, als dass sie diesem in irgendeinem Bereich wirklich Schranken setzen könnten. Wir stimmen für diesen Bericht, ohne uns denjenigen anschließen zu wollen, welche die GVO zu einem Schreckgespenst der Moderne machen wollen, sondern weil wir keinerlei Vertrauen in die Entscheidungen der Kapitalisten setzen, die sich nicht am Vorsorgeprinzip, sondern einzig und allein am Gewinnstreben orientieren. Obwohl die vorgeschlagenen Maßnahmen Teil des Konkurrenzkampfes zwischen den europäischen und amerikanischen Konzernen sind, könnten sie immerhin zu etwas mehr Transparenz oder gar Sicherheit für die Verbraucher beitragen. 38 03/07/2002 Aus denselben Gründen und mit denselben Vorbehalten, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vertraulicher Daten, der nur den Unternehmern zugute kommt, haben wir auch für den Bericht Scheele gestimmt. zwar gemäß einer weltweit üblichen und Jahrtausende alten Tradition des Landbaus, nach der mittels Zuchtwahl und Kreuzung alle seit Jahrhunderten von uns konsumierten Erzeugnisse genetisch verändert wurden. 3-089 3-091 Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Das Recht der Verbraucher, Informationen über die Art der Produkte zu erhalten, die sie kaufen möchten, darf nicht durch Interessen multinationaler Unternehmen in Frage gestellt werden, die die Verwendung von GVO in der Agrar- und Nahrungsmittelproduktion verschleiern wollen. Darum ist der von der Kommission für die Nichtkennzeichnung vorgeschlagene Höchstwert von 1 % auf jeden Fall zu reduzieren und sogar aufzuheben, denn man muss bedenken, dass mit dem vorgeschlagenen Schwellenwert ein erheblicher Teil verarbeiteter GVO-Produkte und -Derivate ungekennzeichnet bleibt. Jackson (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Ich unterstütze eine Richtlinie, mit der sichergestellt wird, dass die Verbraucher nachprüfbare und aussagekräftige Informationen erhalten, damit sie selbst entscheiden können, ob sie Lebensmittel kaufen, die genetisch verändertes Material enthalten. Die Europäische Union sollte nicht verlangen, dass etwas gekennzeichnet wird, was im Endprodukt nicht vorhanden und daher auch nicht nachweisbar ist. Ein solches Vorgehen wäre unverhältnismäßig, es wäre nicht durchsetzbar und es würde Betrügereien Tor und Tür öffnen. Der Bericht stellt also mit seinen Sicherheitsstandards einen positiven Schritt dar. Das erklärt den Widerstand der Industrie und der USA, so dass seine Billigung nicht nur für die Europäische Union, sondern auch für ihren Beitrag zur Verhütung einer Verbreitung von GVO in den Entwicklungsländern und am wenigsten entwickelten Ländern strategische Bedeutung erhält. Bedauerlich wirkten die Vorschläge der EVP. Momentan geht es natürlich darum, das Schlimmste zu verhindern, denn das Wichtigste war, die Aussetzung neuer Genehmigungen im Bereich GVO beizubehalten, weil diese bekanntlich eine zukünftige Entscheidung verhindern, sind sie doch ein unumkehrbarer Schritt, der unvorhersehbare Folgen in Wirtschaft und Umwelt, für die Gesundheit von Mensch und Tier hat. 3-090 Goebbels (PSE), schriftlich. – (FR) Mein Anliegen ist es, wohldurchdachte Verbraucherentscheidungen zu ermöglichen. Der Verbraucher muss über alle Informationen verfügen, die ihm ein Urteil darüber gestatten, ob er die Produkte, die ihm gefallen, kaufen will oder nicht. Damit er eine Auswahl treffen kann, müssen ihm objektive Informationen zur Verfügung stehen. Derzeit allerdings geben sich gewisse Kreise größte Mühe, den Verbrauchern Angst einzujagen, obwohl es keinerlei Hinweise für die Schädlichkeit von genetisch verbesserten Produkten gibt, erst recht nicht bei tierischen Erzeugnissen, die von mit genetisch verbesserten Erzeugnissen gefütterten Tieren stammen. Ich verstehe nicht, wie man ein Nahrungsmittel als „biologisch“ bezeichnen kann, wenn 5 % seiner Bestandteile nicht organischer Herkunft sind, während man jedes Erzeugnis, das unbeabsichtigt eine minimale GVO-Menge enthält, mit allen Mitteln brandmarkt. Es ist höchste Zeit, dass Europa den grün angehauchten Fundamentalisten, die die Jagd auf GVO zu ihrem täglichen Broterwerb gemacht haben, die rote Karte zeigt. Die Union muss Regeln aufstellen, die dem verantwortlichen Handeln von Ländern entsprechen, die – wie etwa die USA, China, Indien, Südafrika und viele andere – seit Jahren und völlig problemlos genetisch verbesserte Produkte herstellen und verbrauchen, und Ich unterstützte den Schwellenwert von 1 %. Ich bin der Meinung, dass mit diesem Wert den Möglichkeiten der modernen Technologie Rechnung getragen wird. Ich lehne den Vorschlag ab, eine Kennzeichnungspflicht für Produkte einzuführen, die von Tieren stammen, die GVO-Futter erhalten haben. Dies wäre ebenfalls nicht durchsetzbar. Wie wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben, kann transgene DNA aus genetisch verändertem Futter in Milch, Fleisch und Eiern nicht nachgewiesen werden. Die Gentechnik bietet uns die Möglichkeit, weniger umweltschädliche Formen der Landwirtschaft zu entwickeln, bei der weniger Pestizide, Herbizide und Kunstdünger eingesetzt werden. Ich bin der Meinung, dass es eine vernünftige Gesetzgebung geben muss, durch die der notwendigen Schaffung nachprüfbarer Systeme zum Nachweis von genetisch veränderten Organismen Rechnung getragen wird. Dies würde den europäischen Bürgern ermöglichen, die Vorteile von genetisch veränderten Lebens- und Futtermitteln zu nutzen, diese Lebensmittel aber zu meiden, wenn ihnen das lieber ist. 3-092 Meijer (GUE/NGL), schriftlich. – Es ist nicht sicher, ob genetische Veränderungen von Pflanzen und Tieren künftig ernsthafte Probleme verursachen werden. Dennoch müssen wir schon heute die Möglichkeit ins Auge fassen, dass sich das gesamte Leben, und infolge der Fremdbestäubung vor allem das pflanzliche Leben, dadurch verändern wird und Krankheiten hervorgerufen werden können, gegen die Mensch und Tier nicht gewappnet sind. Anstatt sich zunächst die Zeit für eine eingehende Untersuchung dieser Aspekte zu nehmen, hat dieses Parlament bereits vor zwei Jahren beschlossen, kommerziellen Anwendungen den Weg zu ebnen. Dadurch können manche Unternehmen kurzfristig Gewinne dank eines Umstandes erzielen, der auf lange Sicht vor allem Kosten verursachen wird. Da die erste Verteidigungslinie gegen die potenziellen Gefahren der genetischen Verunreinigung gefallen ist, ist es umso wichtiger, die zweite Linie zu halten. Durch die Kennzeichnung genetisch veränderter Produkte 03/07/2002 erhalten die Verbraucher die Möglichkeit, diese Waren nicht zu kaufen. Das ist besser, als für normale natürliche Produkte die Kennzeichnung vorzuschreiben, dass sie nicht durch genetische Eingriffe verändert worden sind, und sie damit in eine Sonderstellung zu bringen. Es ist jedoch zu befürchten, dass wie gewöhnlich viele Verbraucher, vor allem die einkommensschwachen, die billigsten Produkte kaufen werden. Für sie ist es ein unbezahlbarer Luxus, auf die möglichen negativen Folgen zu achten. Die Kennzeichnung löst also die Probleme nur zu einem kleinen Teil. 3-093 Moreira da Silva (PPE-DE), schriftlich. – (PT) Da konsequente und einheitliche Rechtsvorschriften über genetisch veränderte Organismen (GVO) fehlen, die Verbrauchern und Industrie Sicherheit geben können, sind die Genehmigungsverfahren für den Handel auf EU-Ebene bereits seit drei Jahren ausgesetzt. Ich begrüße die Rechtsvorschriften (über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von GVO), die wir heute annehmen, weil sie die Registrierung und Überwachung der auf dem Markt befindlichen GVO sowie der aus ihnen hergestellten Lebens- und Futtermittel ermöglichen. Auf diese Weise wird der Verbraucher in die Lage versetzt, eine Wahl zu treffen, und damit wird das Verfahren für den Rückruf eines Produktes erleichtert, falls es für erforderlich erachtet wird. Allerdings wäre es besser gewesen, wenn man diese Regelungen in einer einzigen Verordnung und nicht in zwei umgesetzt hätte, wie es schließlich auf Vorschlag der Europäischen Kommission geschehen ist. Damit kommt es zu einer unnötigen Zersplitterung der Rechtsvorschriften über GVO. Andererseits enthält der Richtlinienvorschlag einige Bestimmungen, die in ihrem Eifer zu weit gehen und Verfälschungen, Irreführungen des Verbrauchers und Wettbewerbsverzerrungen Tür und Tor öffnen können. Die Regeln müssen klar und einfach sein. Darum unterstütze ich die vom Berichterstatter unterbreiteten Änderungsanträge in dem Sinne, dass sich die Rückverfolgbarkeit und die entsprechende Kennzeichnung auf GVO und Produkte erstrecken müssen, in denen genetisch veränderte DNS bzw. genetisch verändertes Protein nachgewiesen wird. Die Ausweitung der Kennzeichnung auf andere Produkte, in denen keine Spuren von genetisch veränderter DNS oder von genetisch verändertem Protein vorhanden sind, wäre für den Verbraucher vollkommen irreführend. Außerdem würde eine derartige Bestimmung den Zielen der Verordnung zuwiderlaufen und sowohl für die Unternehmen als auch für den Verbraucher kostspielig sein. 3-094 – Bericht Scheele (A5-0225/2002) 3-095 Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, ich befürworte die Vermarktung genetisch veränderter Lebensmittel. Dennoch mache ich mir Sorgen, dass dies 39 ungeordnet und vor allem auf eine Weise geschehen könnte, welche die Tätigkeit der kleinen Händler, Landwirte und Handwerker beschränkt. Ich würde mir wünschen, dass in allen diesen Dokumenten – Richtlinien und Verordnungen – über, wie im vorliegenden Fall, genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel mehr darauf geachtet wird, dass der Fortschritt bei den GV-Nahrungsmitteln nicht den kleinen Unternehmen Europas zum Schaden gereicht. 3-096 Miller (PSE). – (EN) Herr Präsident, im Namen meiner Fraktion, der Fraktion der Labour-Party im Europäischen Parlament, möchte ich darauf hinweisen, dass die heutige Abstimmung unseren Wunsch widerspiegelt, über das Moratorium hinauszugehen und eine echte Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten. Die Verbraucher möchten wissen, soweit dies möglich und nachprüfbar ist, woher ihre Lebensmittel stammen. Wir brauchen wirksame Vorschläge, wie wir die niedrigsten messbaren Schwellenwerte festlegen können, und wir müssen genauer definieren, welche Produkte wirklich als ohne Gentechnik hergestellte Produkte und nicht nur als GVO-freie Produkte bezeichnet werden können, weil die Bezeichnung GVO-frei nicht eindeutig ist. Wir haben für den zulassungsfähigen Schwellenwert von 0,5 % gestimmt, oberhalb dessen ein Produkt als gentechnisch verändertes Produkt gekennzeichnet werden muss. Unterhalb dieses Werts kann dann nicht garantiert werden, dass ein Produkt GVO-frei ist. Wir müssen ein Klima schaffen, in dem die Kennzeichnung ein Anreiz ist, noch weiterzugehen und wirklich GVO-freie Anbau- und Produktionsbereiche zu schaffen und nicht nur den Anschein zu erwecken, wie wir dies in diesem Vorschlag getan haben. 3-097 Berthu (NI), schriftlich. – (FR) Der Bericht Scheele billigt ein äußerst kritikwürdiges, zentralisiertes europäisches Verfahren zur Genehmigung von GVO gemäß dem Kommissionsvorschlag KOM(2001) 425 endg. Dieser Vorschlag verweist nämlich auf etwas obskure Weise auf den Beschluss 1999/468/EG zur Komitologie, wonach: 1) die Bewilligungsbeschlüsse von der Kommission nach einer mit qualifizierter Mehrheit abgegebenen zustimmenden Stellungnahme eines aus Vertretern der Mitgliedstaaten bestehenden „Regelungsausschusses“ gefasst werden; 2) stimmt der Ausschuss nicht zu, wird die Angelegenheit an den Rat selbst weitergeleitet; falls jedoch der Rat den Kommissionsvorschlag nicht (mit qualifizierter Mehrheit) annimmt oder ihn nicht (einstimmig) ablehnt, wird der Beschluss an die Kommission zurückverwiesen, die dann allein entscheidet. 40 Somit kann ein GVO gegen den Willen einer Minderheit von Mitgliedstaaten, in bestimmten Fällen sogar gegen den Mehrheitswillen zugelassen werden. Auf dieser Ebene ist keinerlei Schutzklausel vorgesehen, selbst wenn ein Land einen GVO per Referendum ablehnt. Dieses Verfahren soll eindeutig der Kommission bei der Erteilung von Genehmigungen freie Hand lassen, so dass die Regierungen später sagen können: „Wir können nichts dafür, dies entspricht den europäischen Vorschriften.“ So funktioniert die Brüsseler Demokratie. 3-098 Isler Béguin (Verts/ALE), schriftlich. – (FR) Das Europäische Parlament hat gerade einen großen Schritt nach vorne getan, um der Forderung der europäischen Bürger nachzukommen, die über das Vorkommen von GVO in Lebensmitteln beunruhigt sind. Mit der Verabschiedung des Berichts von Frau Scheele hat sich das Parlament in klarer Form für die Kennzeichnung aller GVO-haltigen Produkte (einschließlich beispielsweise Schokolade) ausgesprochen. Wir Grüne bedauern es allerdings, dass Tierfutter gekennzeichnet werden soll, jedoch nicht das Endprodukt Fleisch. Dies ist der einzige Schwachpunkt dieses Berichts. Der Züchter kann sich zwar für GVO-freies Tierfutter entscheiden, der Verbraucher hingegen weiß nicht, ob die Tiere mit GVO-haltigen Erzeugnissen gefüttert wurden oder nicht. Bedauerlicherweise hat das Parlament seinen positiven Ansatz nicht konsequent zu Ende verfolgt. Die Grünen sind dennoch erfreut über diesen weiteren Schritt des EP in Richtung größerer Transparenz für den Verbraucher, damit letzterer bewusst zwischen GVOhaltigen und GVO-freien Produkten wählen kann. 3-099 Krivine und Vachetta (GUE/NGL), schriftlich. – (FR) Die Kommission hat eine Richtlinie zur Genehmigung und Kennzeichnung von genetisch veränderten Nahrungs- und Tierfuttermitteln vorgelegt. In diesem Entwurf ist in vielfacher Hinsicht der Druck der AgroIndustrie-Lobby zu spüren. Besonders schwerwiegend ist die Tatsache, dass ein zulässiger Grenzwert für das Vorkommen von aufgrund ihrer erwiesenen Gefährlichkeit verbotenen GVO in vermarkteten Produkten vorgeschlagen wird! Wie Karin Scheele in ihrem Bericht an das Parlament betont, würden mit einer derartigen Maßnahme „die gesamten Rechtsvorschriften der Europäischen Union über die biologische Sicherheit ausgehöhlt werden“. Was die bereits heute zugelassenen GVO anbelangt, so schlägt die Kommission einen sehr hohen Grenzwert vor, unterhalb dessen die Verbraucher nicht mittels obligatorischer Kennzeichnung informiert werden müssen. Wir unterstützen daher den Vorschlag der Berichterstatterin, die diesen Wert von 1 % auf 0,5 % absenken möchte. Des Weiteren unterstützen wir sämtliche Änderungsanträge, die auf die Verschärfung 03/07/2002 der Richtlinie im Hinblick auf das Genehmigungsverfahren und die Informationspflicht gegenüber der Öffentlichkeit abzielen. Hinter den scheinbar rein technischen Fragen (Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit) verbergen sich große politische und demokratische Herausforderungen, die in Frankreich auf besonderes Interesse stoßen, zumal kürzlich José Bové, der Führer der Bauerngewerkschaft, inhaftiert wurde, weil er sich in kämpferischer Weise für Nahrungsmittel eingesetzt hat, die die Rechte der Produzenten, die Gesundheit der Bevölkerungen und die Umweltqualität berücksichtigen. 3-100 Pesälä, Pohjamo und Väyrynen (ELDR), schriftlich. – (FI) Mit meinem Abstimmungsverhalten möchte auf den Aspekt der Landwirte zur Kennzeichnung von aus GVO hergestellten Produkten hinweisen. Wir benötigen verlässlichere Herkunftsdaten als bisher, damit die Landwirte in bezug auf den Inhalt insbesondere der Erzeugnisteile sicher sein können, die sie außerhalb der EU einkaufen. Ein Landwirt kann heutzutage die Reinheit hinsichtlich der GVO bei den von ihm erzeugten Nahrungsmitteln bzw. Rohstoffen nicht in vollem Umfang garantieren. Man kann keine Verantwortung übernehmen, wenn man nicht in der Lage ist, die Rohstoffe lückenlos zu überwachen. Um den Rechtsschutz der Landwirte wie auch der anderen an der Lebensmittelkette Beteiligten zu gewährleisten, muss der GVO-Schwellenwert für die Kennzeichnung bei 1 % belassen werden. Eine Senkung dieses Schwellenwerts erhöht den Verbraucherschutz nicht wesentlich, sondern könnte im Gegenteil sogar zu falschen Kennzeichnungen verführen. Ebenso nützt die Kennzeichnung von Eiern und Milch, an deren Erzeugungsprozess GVO beteiligt waren, nichts, da die Zuverlässigkeit der Angaben fraglich ist. Mit der heutigen Technologie kann der Landwirt den Anteil von GVO an den von ihm verwendeten Rohstoffen nicht sicher feststellen. Eine Ausdehnung der Rückverfolgbarkeit auf Erzeugnisse aus der Tierproduktion für den Fall, dass sie mit aus GVO hergestelltem Futter versorgt wurden, ist nicht realistisch. Die Rückverfolgbarkeit würde in diesem Fall die Überprüfung aller im Futter enthaltenen Rohstoffe bedingen. Der vom Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik vorgeschlagene Zeitraum von zehn Jahren für die Aufbewahrung der Prüfdaten anstelle der von der Kommission vorgesehenen fünf Jahre ist meiner Auffassung nach nicht angemessen. Ein derart langer Zeitraum für die Aufbewahrung von Kontrolldaten wird sich in der Praxis als schwierig erweisen und erbringt keinen nennenswerten zusätzlichen Verbraucherschutz. Mit der vorstehenden Begründung habe ich über die Punkte dieser Angelegenheit im Sinne des Rechtsschutzes für die Landwirte abgestimmt. 3-101 03/07/2002 41 Thyssen (PPE-DE), schriftlich. – Erfreulicherweise haben wir in dieser Plenarsitzung, sei es auch mit einer nicht allzu großen Mehrheit, wieder zur Vernunft zurückgefunden. Nach der Abstimmung im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik glaubte ich schon, sie sei abhanden gekommen. Erfahrung sowie seiner Schulung zur Gewährleistung größerer Sicherheit. Eine Ausweitung des Geltungsbereichs der Pflicht zur Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit auf Tiere, die in irgendeinem Stadium Futter erhalten haben, das aus GVO besteht, GVO enthält, aus GVO hergestellt wurde oder solche Zutaten enthält, ging mehr als einen Schritt zu weit. Glücklicherweise haben diese Änderungsanträge im Plenum keine Zustimmung gefunden. Bei der Ausarbeitung der Notfallpläne mangelt es allerdings noch an der tatsächlichen Einbeziehung der Ausschüsse für Arbeitshygiene und -sicherheit. Leider war dies nicht ausreichend, um für diesen Bericht und den Bericht Trakatellis zu stimmen. Dazu wäre es nötig gewesen, die Rückverfolgbarkeit als relevanten Unterscheidungsfaktor für die Kennzeichnung einzuführen. Nur dann können wir das Hauptziel wirklich erreichen, insbesondere, dem Verbraucher die Wahl zwischen sich voneinander unterscheidenden Produkten zu ermöglichen. Diese Wahl ist nun nicht gewährleistet, und damit ist eine Chance vertan worden. Nun setzen wir viele Verbraucher auf die falsche Spur. Das Bemühen um Transparenz und Information der Öffentlichkeit sowie um die Einbeziehung der örtlichen Bevölkerung auf allen Sicherheitsebenen stellt ein weiteres, sehr positives Element dieses Berichts dar. Hinsichtlich der Subunternehmer befürwortet der Bericht die Einbeziehung und die Schulung des Personals, aber die Logik des Subunternehmereinsatzes wird nicht in Frage gestellt. Das von den Unternehmensleitungen vorgegebene Ziel der maximalen Rentabilität, das sich in einem massiven Einsatz von Subunternehmern widerspiegelt, widerspricht jedoch dem Bemühen um maximale Sicherheit. Außerdem wird die Verantwortung der betroffenen Unternehmensleitungen nicht in ausreichendem Maße betont. Trotz dieser Anmerkungen werde ich aus den weiter oben genannten Gründen für diesen Bericht stimmen. 3-102 – Bericht Lisi (A5-0243/2002) 3-103 Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, wie oft haben wir auf unseren Reisen durch Europa wunderschöne Städte und Landschaften gesehen? Vor kurzem war ich in Schottland, wo ich zauberhafte Ebenen sah, ein wirkliches Paradies für jedermanns Augen. Wie oft aber geraten wir in Städte, wo sich zusammen mit Millionen von Einwohnern gesundheitsschädliche, gefährliche Unternehmen befinden, die von einem Tag auf den anderen Gegenstand dieses Richtlinienvorschlags zur Vermeidung von Unfällen mit bestimmten gefährlichen Stoffen werden können? Herr Lisi hat in seiner unendlichen Weisheit vorgeschlagen, diese gesundheitsschädlichen und gefährlichen Unternehmen entfernt von den Wohngebieten anzusiedeln. Wie sollte man diesem hervorragenden und klugen Vorschlag nicht zustimmen? Deshalb habe ich dafür votiert. 3-104 Ainardi (GUE/NGL), schriftlich. – (FR) Über die Kommissionsvorschläge hinaus setzt sich der Bericht Lisi für eine deutlich verbindlichere Neufassung der Seveso-II-Richtlinie ein. Folgende Fortschritte sind hervorzuheben: Absenkung der Schwellenwerte für explosionsfähige Stoffe, Berücksichtigung neuer Krebs erregender Stoffe und bestimmter Bergbauaktivitäten, Berücksichtigung der Lagerung als potentieller Gefahrenfaktor für bestimmte Stoffe. Der Bericht betont die erforderliche Beteiligung des Betriebspersonals, seiner praktischen und beruflichen 3-105 Bordes, Cauquil und Laguiller (GUE/NGL), schriftlich. – (FR) Die Serie von Katastrophen von Enschede in den Niederlanden über Baia Mare in Rumänien und den spanischen Donana-Park bis zum AZF-Werk in Toulouse haben den Rat und das Europäische Parlament zur Verabschiedung strengerer Rechtsvorschriften für den Umgang mit gefährlichen Stoffen veranlasst. Es heißt zwar, besser spät als gar nicht, aber selbst wenn der Bericht unserem Wunsch entsprechend angenommen wird, so sind die Rechtsvorschriften dennoch nicht genügend streng und ermöglichen es nicht, den Unternehmern eine größere Verantwortlichkeit gegenüber der Allgemeinheit aufzuerlegen. Es muss daran erinnert werden, dass diese mangelnde Verantwortlichkeit eine große Gefahr für die Anwohner und für viele andere Menschen darstellt, in erster Linie jedoch für die Arbeiter in diesen gefährlichen Betrieben. Es ist allerdings bezeichnend, dass sich der Berichterstatter in seiner Begründung gegen „eine extreme Auslegung des Vorsorgeprinzips“ ausspricht, die „die Unternehmen … unnötig belasten“ könnte. Diese Nachsicht gegenüber den Unternehmen, noch dazu in einem Text, der eigentlich „die Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen“ verbessern soll, lässt eher noch weitere schwere Unfälle erwarten, die nicht auf die Gefährlichkeit bestimmter Stoffe, sondern auf das Streben der Unternehmen nach Maximalprofit zurückzuführen sind. 3-106 42 Meijer (GUE/NGL), schriftlich. – (NL) Nach der großen durch Feuerwerkskörper verursachten Katastrophe, die in der niederländischen Stadt Enschede am 13.05.2000 einen ganzen Stadtteil verwüstete, stellte sich heraus, dass Sicherheit nur auf dem Papier bestand. Der Betrieb hatte alle erforderlichen Genehmigungen beantragt und erhalten, also konnte nichts schief gehen. Die Anwohner wurden nicht über die aktuelle Nutzung der Lagerräume informiert, damit sich niemand beunruhigen oder eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen fordern konnte. Zwei Tage nach dem Unglück habe ich die Europäische Kommission um ein Höchstmaß an Öffentlichkeit und um die Anwendung der Seveso-Richtlinie II gebeten. Einige Wochen später habe ich gemeinsam mit drei weiteren niederländischen EP-Mitgliedern ein Gespräch mit Kommissarin Wallström geführt, in dem sie den Vorschlag zur Verschärfung der Seveso-Richtlinie zusagte, über den wir heute abstimmen. 03/07/2002 Parlaments und des Rates über Regeln für die Beteiligung von Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen an der Forschung sowie für die Verbreitung der Forschungsergebnisse. Zwar halte ich dieses Dokument für sehr wichtig, und habe deshalb dafür gestimmt, doch möchte ich betonen, dass ich es für noch wichtiger halte, wenn die Europäische Union dafür Sorge trägt, dass unsere Wissenschaftler in Europa bleiben. Daher bedarf es eines größeren Engagements und einer größeren Unterstützung, auch wirtschaftlicher Art, zugunsten derjenigen, die schon immer bei der Entdeckung neuer Mittel und Wege zur Verbesserung des Lebens der Menschen überall in der Welt an erster Stelle standen und sich der Forschung widmen. Ein stärkeres Engagement seitens der Europäischen Union hier in Europa wäre äußerst nützlich, nicht nur für die heutigen Rentner, sondern auch für diejenigen, die künftig glücklich und zufrieden in Europa leben werden. 3-110 Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik hat diese Vorschläge zu Recht in den Bereichen Schließung gefährlicher Betriebe, Schulung des Personals, Information der Bürger und Offenlegung von Sicherheitsberichten und Notfallplänen weiter verschärft. Inzwischen stellen wir leider auch eine gegenläufige Tendenz fest. Die Stadt Rotterdam beklagt sich, ihre Position als größter Hafen der Welt werde dadurch bedroht, dass viele Schiffstransporte Container mit chinesischem Feuerwerk enthalten und aufgrund neuer Sicherheitsbestimmungen dann nicht mehr zugelassen werden dürfen. Antwerpen würde solche Schiffe jedoch genehmigen, und die Feuerwerkskörper würden dann mit dem Lkw nach Rotterdam transportiert werden, was noch weitaus gefährlicher sei. Auch dieses Problem muss noch gelöst werden. 3-107 Titley (PSE), schriftlich. – (EN) Ich begrüße diesen Bericht, in dem Maßnahmen zur Vermeidung von Industrieunfällen in städtischen Gebieten gefordert werden. Tragische Ereignisse wie im französischen Toulouse und in den Niederlanden sind ein trauriger Beweis dafür, dass die europäischen Bürger durch die bestehenden Rechtsvorschriften nicht wirksam geschützt werden. Nur wenn von der EU eine einheitliche Bewertung der Gefahren vorgenommen wird, die von gefährlichen Substanzen ausgehen, können wir sicher sein, dass alles zur Verhütung potenzieller Katastrophen getan wird. Ich begrüße die Forderung nach der Einführung von Strafmaßnahmen für Eigentümer, die bestehende und künftige Rechtsvorschriften nicht einhalten. Diese Maßnahmen müssen so weit gehen, dass sie auch Unterauftragnehmer einschließen, weil diese ein wesentlicher Teil dieses Wirtschaftssektors sind. Caudron (NI), schriftlich. – (FR) Erfreulicherweise konnte heute das Legislativpaket zum 6. FRP „geschnürt“ werden. Wir haben unsere Zusagen eingehalten, indem wir im Mai 2002 den Bericht zum eigentlichen 6. FRP verabschiedet haben, im Juni 2002 dann die Berichte zu den spezifischen Programmen und schließlich im Juli 2002 die Beteiligungsregeln, mit denen die Umsetzung der bis 2006 geltenden Forschungsleitlinien rechtlich und finanziell abgesichert werden soll. Ich begrüße die bisher von Frau Quisthoudt-Rowohl geleistete Arbeit. Sie hat sich sehr dafür eingesetzt, dass die drei Institutionen zu Kompromissen gelangen, die eine Verabschiedung in erster Lesung ermöglichen. Die Kommission verfolgt mehrere Ziele, die wir von Anfang an unterstützt haben: Einführung einfacherer Regeln, schnellere und leichtere Abwicklung, verstärkter Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft. Es sind jedoch rasch einige Schwierigkeiten aufgetaucht. Ich kann hier nur die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung aufgreifen. Der Kommissionsvorschlag beinhaltete die gesamtschuldnerische Haftung der Teilnehmer für die aus Gemeinschaftsmitteln gewährten Zuschüsse, einschließlich der von anderen Teilnehmern verwalteten Mittel. Die Grenzen einer solchen Vorgehensweise sind jedoch schon bald sichtbar geworden. So wurde nach mehreren informellen Dreiergesprächen beschlossen, die Haftung auf die jedem Teilnehmer zugewiesenen Gemeinschaftsmittel zu beschränken. (Erklärung zur Abstimmung gekürzt in Übereinstimmung mit Artikel 137 der Geschäftsordnung) 3-111 3-108 – Bericht Quisthoudt-Rowohl (A5-0203/2002) 3-109 Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, dieser Bericht bezieht sich auf einen Beschluss des Europäischen Marques (PPE-DE), schriftlich. – (PT) Ich beglückwünsche die Kollegin Quisthoudt-Rowohl zu dem von ihr vorgelegten ausgezeichneten Bericht, den ich uneingeschränkt unterstütze. Ebenso wie die Berichterstatterin teile ich den Ansatz der Kommission, den Zugang zu den Finanzmitteln durch eine 03/07/2002 Vereinfachung der Rechtsvorschriften und eine den Begünstigten zugute kommende größere Flexibilität bei der Durchführung zu erleichtern. Allerdings möchte ich einen Punkt hervorheben, der die Regionen in äußerster Randlage betrifft und zu dem ich einen Änderungsantrag eingereicht habe, weil ich ihn für sehr wichtig halte: Es handelt sich darum, dass es in den Programmen für eine Region in äußerster Randlage eine Höherbewertung des Kriteriums betreffend den Mehrwert geben muss. In der Präambel des Sechsten Rahmenprogramms wird auf die Notwendigkeit verwiesen, den spezifischen Bedingungen der Regionen in äußerster Randlage im Hinblick auf den Zugang zum Programm Rechnung zu tragen. Nun verhindert eine Höherbewertung des Kriteriums betreffend den gemeinschaftlichen Mehrwert aber eine Benachteiligung der Regionen in äußerster Randlage, insbesondere aufgrund der ungeachtet der Qualität der Projekte bestehenden Schwierigkeit, externe Partner zu finden, die bereit sind, eine Partnerschaft mit Einrichtungen einzugehen, die in Regionen in äußerster Randlage ansässig sind. 3-112 – Bericht Quisthoudt-Rowohl (A5-0205/2002) 3-113 Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, der zweite Bericht von Frau Quisthoudt-Rowohl bezieht sich auf die europäische Forschungstätigkeit im Bereich der Kernenergie und insbesondere auf den Inhalt des EURATOM-Vertrags. Ich möchte bei dieser Gelegenheit meine Zustimmung zu diesem Beschluss erklären, um hervorzuheben, dass ich sowohl persönlich als auch als Vertreter der Rentnerpartei hier im Europäischen Parlament in Straßburg die Kernenergie befürworte. Insbesondere würden wir es jedoch begrüßen, wenn sich Europa ein für allemal dazu entschließen könnte, zu erklären, ob wir nun den Nuklearbereich entwickeln oder auf Eis legen wollen: Entweder ist die Kernenergie gefährlich und schädlich, dann gilt dies für ganz Europa, oder aber sie bedeutet unsere Zukunft, Wissenschaft und Fortschritt, dann muss sie in allen Staaten der Europäischen Union verbreitet werden. Das wäre meines Erachtens positiv für alle Bürgerinnen und Bürger Europas, sowohl für die Rentner als auch für die Arbeitnehmer und die Jugendlichen. 3-114 – Bericht Kauppi (A5-0220/2002) 3-115 Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, ich habe für den Bericht Kauppi gestimmt, der an die Bedeutung des Jahres 2001 für die gemeinsame Währung, den Euro, und insbesondere die Rolle der Europäischen Zentralbank erinnert. Ich möchte in diesem Bericht jenen – ich muss zugeben, etwas dürftigen – Teil herausstellen, der die makroökonomischen Bedingungen, mit anderen Worten die Haushalte der Mitgliedstaaten und deren Einfluss auf die Maßnahmen der EZB, betrifft. Ich tue dies mit dem Wunsch, die Mitgliedstaaten mögen in ihren Haushalten darauf achten, dass mit den Ausgaben der nationalen Rentenversicherungsträger im 43 Sozialversicherungssystem im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sorgsam umgegangen wird, indem man allen Bürgern gegenüber Gerechtigkeit walten lässt, und es nicht, wie dies leider allzu häufig geschieht, zu Ungerechtigkeiten kommt. 3-116 Berthu (NI), schriftlich. – (FR) Im Vorwort zum Jahresbericht 2001 der Europäischen Zentralbank vertritt Wim Duisenberg eine interessante persönliche Meinung zum Thema Integration. Seiner Ansicht nach wird letztere neue Impulse erhalten, da die gemeinsame Währung die Bürger zu der Forderung veranlassen wird, die zwischen ihren Ländern fortbestehenden Hindernisse abzubauen. Daraus zieht er den Schluss: „Anders ausgedrückt könnte sich die europäische Integration stärker zu einem von der Basis ausgehenden Prozess wandeln, der von den Bürgerinnen und Bürgern Europas angestoßen wird, anstatt zu einem von oben gelenkten Prozess, der von Politikern und Fachleuten bestimmt wird.“ Dieser Text enthält zwei Eingeständnisse: erstens, das derzeitige institutionelle Gefüge ist instabil; zweitens, der europäische Aufbau war bisher vor allem eine Sache der „Politiker und Fachleute“. Der Gedanke, die europäischen Bürger könnten infolge der gemeinsamen Währung eine stärkere Integration fordern, erscheint uns fragwürdig. Dies entspricht mit Sicherheit dem Wunsch der Eurokraten, die nur darauf warten, dass ihnen die Bürger endlich bescheinigen, dass sie von Anfang an Recht hatten. In der Praxis gibt es allerdings bisher noch keine diesbezüglichen Erkenntnisse. Der von Herrn Duisenberg beschriebene Prozess läuft wirklich nicht spontan ab, sondern er wird vielmehr mit Hilfe der Einheitswährung von oben gesteuert. Manipulationen, wohin man auch schaut. 3-117 Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Dass wir gegen diesen Bericht gestimmt haben, versteht sich aufgrund der darin enthaltenen Feststellungen von selbst, insbesondere, weil er erneut betont, „das vorrangige Ziel, d. h. die Wahrung der Preisstabilität, überragt alle anderen Überlegungen an Bedeutung“, und das unabhängig von Wachstum und Beschäftigung, um den irrationalen Stabilitätspakt zu verteidigen, zu weiterhin „moderaten Lohnabschlüssen“ aufzurufen und am alten kapitalistischen Rezept festzuhalten, „dass die Arbeiter die Kosten der Krise tragen müssen“, während die von den Löhnen zu den Gewinnen transferierten Produktivitätssteigerungen nicht zu größeren Investitionen und mehr Arbeitsplätzen, wohl aber zur Bereicherung derselben kleinen Gruppe wie immer beigetragen haben. Die aktuelle Wirtschaftslage außer Acht lassend, ruft er erneut zu weiteren Liberalisierungen und Privatisierungen, zur Integration der Kapitalmärkte und natürlich zu mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt auf und erachtet die Kritik an der Haltung der EZB 44 gegenüber der Federal Reserve als unfair, ignoriert dabei aber, dass die von ihr verfolgte deflationistische Politik zur Arbeitslosigkeit beigetragen hat, während es die restriktive Geldpolitik nicht ermöglichte, die wirtschaftliche Wachstumsperiode der zweiten Hälfte der neunziger Jahre vollständig zu nutzen. Diese Kritik wird nicht nur von mehreren international angesehenen Wirtschaftswissenschaftlern, wie etwa Solow, sondern auch von der UN-Wirtschaftskommission für Europa geteilt. 3-118 Meijer (GUE/NGL), schriftlich. – (NL) Die EZB ähnelt stark einer altmodischen, privat geführten Notenbank. Der Grund für die Nationalisierung zur Staatsbank war, dass der Geldumlauf eine demokratisch kontrollierbare Kernaufgabe des Staates zu sein hat. Es geht um die Politik bezüglich der Wechselkurse, Zinsen, Geldmengen und die Auswirkungen auf Beschäftigung, gemeinnützige Einrichtungen, Umweltschutz und Verbraucherpreise. Wenn eine zentralisierte europäische Notenbank von der politischen Zuständigkeit abgekoppelt wird, durchtrennt man das Band zwischen Wählern und dieser Kernaufgabe des Staates, und wir haben wieder den gleichen unbefriedigenden Zustand wie vor hundert Jahren. Dass in diesem Parlament jedes Jahr ein Bericht erörtert wird, ist zwar interessant, um konträre Auffassungen über die aktuelle und die künftige Politik äußern zu können, die Bank braucht sich jedoch nicht um diese Meinungen zu kümmern. Es besteht sogar die Tendenz, demonstrativ zu zeigen, dass man genau das Gegenteil von dem tut, was die Politiker vorschreiben wollen. Frau Kauppi zufolge hat die Bank erneut hervorragende Arbeit geleistet, darüber kann man allerdings geteilter Meinung sein. Dass der Euro nun wieder beinahe einen Dollar wert ist, ist eine Folge der Steuerhöhe in den USA, die im Verhältnis zu den unvermeidlichen Staatsausgaben zuzüglich der für die Verteidigung verschwendeten Mittel strukturell zu niedrig ist. Ich begrüße nur den Vorschlag, die Geheimhaltung durch die Veröffentlichung der Protokolle zu begrenzen. 3-119 Patakis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Wir sind ganz entschieden gegen die herzlose, streng monetaristische Politik der EZB, gegen eine Politik der Ungleichheit, der rigoroseren Ausbeutung der Arbeitnehmer und der Sicherstellung der Gewinne sowie Privilegien der europäischen Monopole. Unter dem Vorwand, den Stabilitätspakt akribisch einhalten und die Inflation bekämpfen zu wollen, werden ständig die Senkung der Löhne und strukturelle Veränderungen des Arbeitsmarkts gefordert, wodurch vor allem eine noch größere Flexibilität der Arbeitsbedingungen erreicht werden soll. Im Namen des „gesunden Umfelds“ für Unternehmen und Investitionen werden die Habgier des Großkapitals gefördert, die wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen, die Ungewissheit und Unsicherheit für die Arbeitnehmer sowie die ihnen aufgebürdeten hohen wirtschaftlichen Belastungen aber außer Acht gelassen. 03/07/2002 Die Politik der EZB, die Zinssätze entsprechend der USZinspolitik heraufoder herabzusetzen, wird hauptsächlich von der Notwendigkeit der Finanzierung profitorientierter Pläne diktiert, die objektiv nicht nur zu nichtproduktiven Investitionen, sondern auch zu solchen „Tricks“ wie an den Finanzmärkten führen. Die Zeche hatten und haben dann Tausende von entlassenen Arbeitnehmern und betrogenen Anlegern zu zahlen. Die jüngsten Skandale an den amerikanischen Börsen, erst mit Enron und jetzt mit WorldCom und Xerox, die nun auch bei europäischen Unternehmen ans Licht kommen, haben zur Folge, dass die Ersparnisse der Kleinanleger geplündert, die Einlagen von Rentenkassen und Versicherungsgesellschaften ausgeraubt und Tausende von Arbeitnehmern für die Supergewinne geopfert werden. 3-120 – Bericht Van Lancker (A5-0223/2002) 3-121 Ahern (Verts/ALE). – (EN) Herr Präsident, ich begrüße diesen Bericht im Namen der Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz und gratuliere der Berichterstatterin. Sie wurde enorm unter Druck gesetzt, damit sie ihren Bericht zurückzieht oder Zugeständnisse macht. Der Berichterstatterin gebührt Anerkennung dafür, dass sie sich nicht von ihrem Standpunkt abbringen ließ. In dem Bericht wird auf die hohe Zahl der Abtreibungen in den Ländern hingewiesen, in denen es kaum eine Sexualerziehung gibt und der Empfängnisverhütung geringe Bedeutung beigemessen wird. Abtreibung sollte, wie es in dem Bericht heißt, nicht als Verfahren der Familienplanung eingesetzt werden. Ich bin sicher, wir sind uns alle darin einig, dass dies ein Problem ist. Im Bericht wird erläutert, dass die Abtreibung zur Gewährleistung der reproduktiven Gesundheit und Rechte der Frau legal, sicher und für alle zugänglich sein sollte. In Irland wurde vor einiger Zeit vom Obersten Gerichtshof im Fall „X“ entschieden, dass ein Schwangerschaftsabbruch rechtmäßig ist, wenn das Leben der Mutter ernsthaft gefährdet ist und diese Gefahr nur durch einen Abbruch der Schwangerschaft beseitigt werden kann. Das heißt, dass die Abtreibung in Irland eigentlich legal, aber gesetzlich nicht geregelt ist. Dies ist ein Problem für Ärzte, denen für ihre Tätigkeit ein gesetzlicher Rahmen fehlt und daher keine Möglichkeit sehen, sich an das Urteil des Obersten Gerichtshofs zu halten. Für die Irinnen ist der Zugang zur Abtreibung problematisch. Mehr als 6 600 von ihnen haben im vergangenen Jahr im Vereinigten Königreich eine Abtreibung vornehmen lassen. Seit kurzem wird dabei auf die Regelung verwiesen, nach der EU-Bürger medizinische Versorgungsleistungen in anderen Ländern in Anspruch nehmen können, wenn ihnen diese in ihrem Heimatland nicht zur Verfügung stehen. Ich wäre der Kommission dankbar, wenn sie dazu Stellung nehmen 03/07/2002 und erläutern könnte, wie dies unter Berücksichtigung der Bestimmungen über die Subsidiarität in der Praxis gehandhabt wird. 3-122 Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, wie sehr viele Mitglieder der PPE-DE-Fraktion habe auch ich gegen diesen Bericht gestimmt, nicht nur wegen seines Inhalts, der unsere Auffassung vom Schwangerschaftsabbruch und den sexuellen Problemen im Zusammenhang mit der Gesundheit der EU-Bürger nicht vollständig widerspiegelt, sondern auch, weil ich damit meinen Wunsch deutlich machen möchte, dass man, obgleich ich die Diskussion über dieses wichtige Thema befürworte, ebenso häufig über die Gesundheit der älteren Menschen, das Leben der Rentner und – warum denn nicht? – auch Fragen ihrer sexuellen Beziehungen sprechen sollte. Ich wünsche mir, dass man sich mehr in diesem Parlament damit befassen möge. Stellen Sie sich vor, Herr Präsident, hier säßen 200 Vertreter der Rentnerpartei: ganz sicher würde dann mehr darüber gesprochen werden! 3-123 Banotti (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, ich habe mich bei der Abstimmung über den Bericht von Frau van Lancker der Stimme enthalten, nicht nur, weil ich viele der Gründe, die bereits von Frau Ahern genannt wurden, ebenfalls anführen kann, sondern auch, weil der Bericht einige sehr gute Punkte enthält. In dem Bericht wird klargestellt, dass die Abtreibung nicht als Verfahren der Familienplanung eingesetzt werden sollte. Ich bin UN-Botschafterin für die reproduktive Gesundheit. Ich konnte mich selbst von dem alarmierenden und erschreckenden Anstieg von HIV/Aids überzeugen, der nicht nur in den Entwicklungsländern, sondern auch in den Beitrittsländern zu beobachten ist. Ich halte die Dienste der Reproduktionsgesundheit für sinnvoll und bin der Meinung, dass sie allen zugänglich sein sollten. In Irland gibt es keine gesetzliche Regelung für die Abtreibung. Dieser Bericht wird uns in Bezug auf die anstehende Verfassungsänderung große Probleme bereiten. Die hohe Abtreibungsrate in Irland ist nicht hinnehmbar. Ich akzeptiere zwar, dass die Europäische Union in diesem Bereich nicht zuständig ist, aber die Bereitstellung von Diensten der Reproduktionsgesundheit ist, wie Herr Byrne zu Recht sagte, ein wesentlicher Bestandteil eines guten Gesundheitswesens. 3-124 Vatanen (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, ich habe gegen diesen Bericht gestimmt, weil ich nicht glaube, dass dieses Thema in unseren Zuständigkeitsbereich fällt. Der Bericht enthält zwar viele begrüßenswerte Punkte, aber es geht darin auch um Rechte. Rechte auf wessen Kosten? Diese Rechte gehen auf Kosten des ungeborenen Kindes und daher auch auf Kosten der Menschlichkeit. Die Menschlichkeit kann natürlich nicht 45 auf die Ebene gewieften und skrupellosen politischen Handelns reduziert werden. Wenn wir eine bessere Welt schaffen wollen, muss sie auf einem Fundament von einigen unverrückbaren Pfeilern stehen. Über ein Menschenleben kann nicht abgestimmt werden. Es kann nicht eine Frage einer Minderheitsoder Mehrheitsentscheidung sein. Wenn unsere Solidarität das schutzbedürftigste Wesen, das ungeborene Kind, nicht einschließt, bauen wir in unserer menschlichen Familie die Fundamente der Welt von morgen auf Sand, der mit den Tränen der ungeborenen Kinder getränkt ist. 3-125 Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident! Dieser Bericht ist nicht nur ein Attentat auf das Subsidiaritätsprinzip und auf den komplizierten Prozess der Osterweiterung, er widerspricht den Grundprinzipien und den Gründungsprinzipien der Europäischen Union. Abtreibung ist kinderfeindlich, ist frauenfeindlich, ist menschenfeindlich! Kinderfeindlich - weil sie ungeborene Kinder tötet, frauenfeindlich - weil sie Frauen noch mehr zum Objekt männlicher Manipulation degradiert, was oft verdrängt wird, menschenfeindlich weil sie den Beginn, das Ende und die Würde insgesamt des menschlichen Lebens in Frage stellt, die Würde der Person von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod. Von daher widerspricht sie den Grundprinzipien, wie sie Adenauer, Schuman und de Gasperi formuliert haben. Grundprinzipien, die unsere Union zu dem gemacht haben, was sie heute ist und was sie bleiben soll. Ich möchte allen Kräften, die heute das Parlament kritisieren, sagen: Kritisieren Sie nicht das Parlament, sondern jene knappe Mehrheit, die diesen Bericht durchgepeitscht hat, und sorgen Sie dafür, dass das nächste Parlament eine andere Mehrheit hat! 3-126 Cushnahan (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, ich habe gegen diesen Bericht gestimmt, weil die Europäische Union in keiner Weise befugt ist, rechtliche Vorschriften zur Abtreibung zu erlassen. Das Europäische Parlament sollte daher nicht über Berichte diskutieren, die diesen Anschein erwecken und damit unnötige Befürchtungen bei vielen europäischen Bürgern auslösen. Das Problem wird noch durch die Tatsache erschwert, dass in Irland schon bald ein zweites Referendum über den Vertrag von Nizza durchgeführt werden soll. Dass das Thema Abtreibung heute auf der Tagesordnung des Europäischen Parlaments steht, gibt den Euroskeptikern neuen Auftrieb. Sie werden die heutige Abstimmung über dieses Thema als Beweis dafür anführen, dass Europa Irland die Legalisierung der Abtreibung aufzwingen will, und dass Europa daher ein undemokratisches Projekt ist. Dies trifft natürlich nicht zu, aber die heutige Verabschiedung dieses Berichts und die vorgeschlagene Halbzeitüberprüfung der GAP werden die Ratifizierung des Vertrags von Nizza nun außerordentlich schwierig machen. Wenn die Ratifizierung scheitern sollte, haben diejenigen, die den heutigen Bericht unterstützt haben, leider einen 46 03/07/2002 Pyrrhussieg errungen und sind mitverantwortlich für die erneute Ablehnung des Vertrags durch das irische Volk. sind, ihre sexuellen Triebe zu beherrschen, so dass sie unausweichlich zum Koitus gelangen müssen. Ich fordere die Kollegen hier im Parlament auf, keine Berichte über Themen mehr zu erarbeiten, für die wir nicht zuständig sind, und sich stattdessen auf die Bereiche zu konzentrieren, in denen wir Mitentscheidungsbefugnisse bei der Gestaltung des europäischen Rechts haben. Indem die Kommission eine Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten zum Thema der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte vorschlägt, die auch auf die künftigen Beitrittsländer ausgedehnt werden soll, gibt sie die Richtung für die Erörterung dieser Fragen vor, die auf eine Banalisierung der Abtreibung und die Auflösung der Familie hinausläuft. 3-127 Arvidsson, Cederschiöld, Grönfeldt Bergman und Stenmarck (PPE-DE), schriftlich. (SV) Der Bericht Van Lancker beinhaltet viele Punkte, die wir in der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und der europäischen Demokraten für gut und wichtig erachten, doch fällt dieser Bereich nicht unter die Zuständigkeit der Europäischen Union und sollte dies auch in Zukunft nicht tun. Aus diesem Grunde haben wir die Änderungsanträge unterstützt, die die Streichung von Text beinhalten, mit der Begründung, dass Fragen zur Abtreibung und zur Sexualerziehung nicht in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union fallen. Wir stimmten außerdem für den Änderungsantrag 7, der unseren Standpunkt deutlich zum Ausdruck bringt. In der Schlussabstimmung haben wir den Bericht in seiner Gesamtheit abgelehnt. 3-127-250 Berthu (NI), schriftlich. – (FR) Erfreulicherweise hat der Bericht Van Lancker, der soeben (trotz meiner Gegenstimme) vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde, keinerlei Rechtswirkung. Er mischt sich nämlich in die Zuständigkeitsbereiche der Mitgliedstaaten und sogar der Bewerberländer ein und gibt Ratschläge zum Thema Sexualerziehung und Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Formal gesehen ist dieser Text charakteristisch für die Vorgehensweise zur Ausdehnung der europäischen Zuständigkeitsbereiche. Kommissar Byrne hat gestern Abend erklärt, die „sexuellen und reproduktiven Rechte“ seien streng genommen kein Vertragsbestandteil, aber andererseits sei die „reproduktive Gesundheit“ eng verknüpft mit der allgemeinen Volksgesundheit, bei der die Gemeinschaft über einige ergänzende Kompetenzen verfüge. Tatsache ist, dass die europäischen Institutionen aufgrund einer nicht vorhandenen tatsächlichen Subsidiaritätskontrolle behaupten können, was sie wollen. Inhaltlich wird das heikle Thema Abtreibung im Bericht Van Lancker allzu oberflächlich abgehandelt. Jedes Land muss sich auf seine eigenen Werte und auf seine jeweilige Sensibilität berufen können. Zwar kann Abtreibung nicht von staatlicher Seite verhindert werden, aber man kann wohl kaum dafür eintreten, dass der Staat ihr bedenkenlos zustimmt. 3-128 de La Perriere (NI), schriftlich. – (FR) Der Bericht setzt Männer und Frauen mit Tieren gleich, die unfähig Das Bestreben der Kommission, die verschiedenen nationalen Politiken zu diesem Thema anzunähern, trägt ohne Rücksicht auf die identitätsprägenden Unterschiede im sozialen Leben der Mitgliedstaaten zur Pragmatisierung, d. h. Normierung desselben bei. Laut Bericht soll die Praxis der Abtreibung für alle zugänglich gemacht, sollen dafür begleitende Beratungsdienste eingerichtet werden, während man in Not geratene Mütter sich selbst überlässt. Dieser Widersinn gipfelt darin, dass die Kommission die Staaten aufruft, auf die Strafverfolgung bei illegalen Abtreibungen zu verzichten! Ferner verweist der Bericht auf Politiken zur Aufklärung und Information der Jugendlichen vom Kindesalter an. Solche Maßnahmen würden die Integrität des Kindes beeinträchtigen und lediglich seine Loslösung von der Familienzelle zur Folge haben, deren wichtige erzieherische Rolle herabgewürdigt wird. 3-128-500 Ferrer (PPE-DE), schriftlich. – (ES) Zunächst möchte ich erklären, dass ich es für einen schwerwiegenden politischen Fehler halte, dass die Konferenz der Präsidenten die Erstellung eines Berichts genehmigt hat, der eindeutig gegen das Subsidiaritätsprinzip verstößt, überdies im unmittelbaren Vorfeld des Referendums in Irland. Dies war einer der Gründe, aus denen ich mit Nein gestimmt habe. Fragen zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit gehören nicht in den Kompetenzbereich der Europäischen Union – daran hat uns Kommissar Byrne gestern eindeutig erinnert –, sondern dafür sind die Mitgliedstaaten zuständig. Dies wird durch die Tatsache belegt, dass der Bericht keine Legislativvorschläge macht, sondern sich auf Empfehlungen an die Regierungen der Mitgliedstaaten und der Beitrittsländer beschränkt. Vor allem aber habe ich gegen den Bericht gestimmt, weil ich seine Überlegungen absolut nicht teilen kann. Der Wert des menschlichen Lebens muss geschützt und darf nicht zerstört werden. Es ist eine Sache, adäquate Politikkonzepte zur Sexualaufklärung, Beratung zur Familienplanung oder Verhütungsmethoden und Sexualgesundheitsdienste zu fördern; eine andere Sache aber ist die Empfehlung, die Abtreibung zu legalisieren. Das Recht auf Leben steht über jedem anderen Recht und auch über den Rechten der Frau, und sein Schutz muss das erste Ziel der von der Staatsgewalt zu verfolgenden Politik sein. 03/07/2002 (Erklärung zur Abstimmung gekürzt in Übereinstimmung mit Artikel 137 Absatz 1 der Geschäftsordnung.) 3-129 Heaton-Harris (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Die Delegation des Vereinigten Königreichs in der PPE-DEFraktion wird gegen diesen Bericht stimmen, weil darin eine Ausweitung der Regelungsbefugnisse der EU auf Bereiche vorgeschlagen wird, die gegenwärtig nicht in den Zuständigkeitsbereich der EU fallen. 3-130 Keppelhoff-Wiechert (PPE-DE), schriftlich. – Der Bericht van Lancker „Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte“ ist im Europäischen Parlament von der christdemokratischen Fraktion entschieden abgelehnt worden, und ich kann diese Haltung nur unterstützen. Wir dürfen die Sorgen der nationalen katholischen Laienbewegungen und –organisationen in den Beitrittsländern nicht ungeachtet lassen. Das Thema dieses Berichts gehört nicht in die Zuständigkeit der EUPolitik! Nach dem Subsidiaritätsprinzip müssen Entscheidungen über derartige Themen auf nationaler Ebene getroffen werden. Ich bin äußerst besorgt, dass vor allem die Förderung der so genannten Notverhütung - der „Pille danach“ - als Standardpraxis Geltung erhält. Damit würde die Legalisierung der Abtreibung in den Mitgliedstaaten und in den Beitrittsländern vorgeschlagen. Angesichts der besonderen Sensibilität des Themas wird die Annahme des Berichts negative Reaktionen in den Beitrittsländern bezüglich des Erweiterungsprozesses hervorrufen und belastet ihn unnötig. Der Bericht stellt substantielle Forderungen an die Regierungen der Beitrittsländer, die in keiner Weise an dem Entscheidungsprogramm beteiligt worden sind. Ich bin fest überzeugt, dass eine solche Vorgehensweise jedenfalls nicht geeignet ist, das Vertrauen in die demokratischen Entscheidungsprozesse der EU zu fördern. 3-131 Krivine und Vachetta (GUE/NGL), schriftlich. – (FR) Der Bericht van Lancker über sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte fördert die Motivation der Mitgliedstaaten und der Beitrittsländer, die Aufklärung über die reproduktive Gesundheit und den Zugang zu diesbezüglichen Dienstleistungen zu entwickeln, denn es bestehen erhebliche Unterschiede nicht nur zwischen den europäischen Ländern, sondern auch zwischen Reichen und Armen innerhalb der einzelnen Länder. Das Gleiche gilt für sexuelle Gewalt, die nach wie vor eine reale Erscheinung erheblichen Ausmaßes darstellt. Der Bericht fordert daher alle Staaten auf, kostenlos oder preisgünstig Mittel zur Empfängnisverhütung zur Verfügung zu stellen, den Schwangerschaftsabbruch zu legalisieren und zweckdienliche Politiken zur Aufklärung und Erziehung der Jugendlichen sowie zur Unterstützung von Frauen zu entwickeln, die Opfer sexueller Angriffe geworden sind. 47 Der Wert dieses Berichts besteht hauptsächlich in seinem richtungsweisenden Charakter, da ja die Europäische Union keine gesundheitspolitische Entscheidungsbefugnis besitzt, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt. Es handelt sich um eine interessante und fortschrittliche Orientierung, durch die sich die Lage Tausender Frauen verbessern ließe, die gezwungen sind, unter dramatischen Umständen, manchmal unter Lebensgefahr Abtreibungen in Kauf zu nehmen. Das haben auch jene reaktionären Abgeordneten sehr wohl verstanden, die keine Demonstrationen, Drohungen oder die massenhafte Verbreitung von E-Mails gescheut haben, um die Erörterung und Abstimmung dieses Textes zu verhindern. Wir haben selbstverständlich für diesen Bericht gestimmt. 3-132 Lulling (PPE-DE), schriftlich. – Aus diesem Initiativbericht, den der Ausschuss für die Rechte der Frau und Chancengleichheit erstellen durfte, hat die sozialistische Berichterstatterin mit ihren kommunistischen und grünen Akolythen eine Kampfschrift für Abtreibung und Empfängnisverhütung fabriziert. Vierzehn von zwanzig Erwägungen und siebzehn von einunddreißig Paragraphen der Bandwurmentschließung sind diesen Themen gewidmet, als gäbe es sonst keine Probleme der Frau, sogar im Zusammenhang mit ihrer reproduktiven Gesundheit. Die Hartnäckigkeit, mit welcher diese vereinte Linke ihr diesbezügliches Ziel verfolgte, ohne Rücksicht auf Verluste, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem zweiten Referendum zur Ratifizierung des Vertrages von Nizza in Irland oder mit den Referenda in den Beitrittsländern, ohne Rücksicht auch auf die Tatsache, dass die EU auf diesem Gebiet absolut keine Kompetenz hat, dank des Subsidiaritätsprinzips, grenzt schon an eine für mich bedauerliche Sendungsbewusstseinsverwirrung. Weil dem so ist, und weil mit Vernunft und Realismus diese Abtreibungsfanatiker leider nicht eines Besseren belehrt werden konnten, habe ich diesem Bericht nicht zugestimmt. Ich halte darauf, klar und deutlich zu erklären, dass Abtreibung nicht zum bevorzugten Mittel der Familienplanung hochstilisiert werden darf. Es kann auch nicht sein, dass die Pille danach gratis in den Schulen verteilt wird, was zu einer Sorglosigkeit verleitet und einer Zumutbarkeit Vorschub leistet, welche schlussendlich die Männer aus ihrer Mitverantwortung total entlässt und den Frauen, insbesondere den jungen, einen gefährlichen Umgang mit ihrer Gesundheit zumutet. Das kann doch nicht sein! 3-133 Marchiani (UEN), schriftlich. – (FR) Der Bericht von Frau van Lancker ist wahrlich ein Alptraum. Er erörtert Fragen der Sexualität und der Reproduktion, ohne auch nur ein einziges Mal darauf zu verweisen, wie willkommen neues Leben ist. Die Lektüre dieses Berichts vermittelt den traurigen Eindruck, eine 48 Schwangerschaft sei zwangsläufig ein Drama. Gleichwohl befinden sich zweifellos viele schwangere Frauen in einer menschlich oder materiell verzweifelten Lage. Erwächst daraus für uns nicht eher die Verantwortung zum Handeln, anstatt dass wir den Rückzug antreten? Das Angebot einer so leichtfertigen Lösung wie der Abtreibung ist typisch für eine absterbende Gesellschaft, die die Achtung vor dem Leben verloren hat. Wir sollten uns besser mit der Einrichtung von Aufnahmeheimen für Mütter in Not befassen. Geben wir ihnen menschliche Zuwendung sowie die materiellen und finanziellen Mittel, derer sie bedürfen, um aus ihrer Notlage herauszufinden; sorgen wir dafür, dass die Entscheidung von Eltern, ihre Berufstätigkeit zu unterbrechen, um sich um ihr Kind zu kümmern, sozial und wirtschaftlich aufgewertet und anerkannt wird, und erleichtern wir Adoptionen... Im Namen eines hedonistisch und materialistisch geprägten ideologischen Kampfes soll jede Menschlichkeit verweigert und das vorgeblich unerwünschte Kind abgelehnt werden, ebenso wie man den alten Menschen abschiebt, der nur im Wege zu sein scheint. Anstatt eine derartige Lebensverachtung zu kultivieren, sollten wir das Leben von seinem Anbeginn bis zu seinem natürlichen Tod bejahen und Kinder als unsere Zukunft willkommen heißen. 3-134 Meijer (GUE/NGL), schriftlich. – (NL) In einer Welt, in der sich Männer selbst eine Herrscherrolle anmaßen, ist die Frau dazu verurteilt, die sexuellen Bedürfnisse des Mannes zu befriedigen, Kinder zu gebären und zu erziehen und den Haushalt zu bewältigen. In einer Welt, in der alle Menschen gleiche Rechte, Chancen und Wahlfreiheit haben, entscheidet die Frau selbst, wie sie ihr Leben gestalten, mit wem sie eventuell sexuellen Kontakt haben und ob sie Kinder zur Welt bringen möchte. In den meisten Mitgliedstaaten der EU ist bereits geregelt, dass eine unerwünschte Schwangerschaft auf Initiative der betroffenen Frau in medizinisch verantwortungsvoller Weise abgebrochen werden kann. Noch besser ist es, solche Schwangerschaften zu verhindern, unter anderem durch den problemlosen Zugang zu Verhütungsmitteln und entsprechende Aufklärung. Solche Maßnahmen verhindern, dass Menschen Kinder großziehen müssen, die sie nicht oder noch nicht wollen, oder dass Schwangerschaften auf die altmodische gefährliche Weise mit Stricknadel und Klistierspritze oder durch eine teure Reise ins Ausland abgebrochen werden. Einwände gegen diese Entwicklung erwarte ich von einer fundamentalistischen Interpretation des Islam, die eindeutig von der Ungleichheit von Frau und Mann ausgeht, nicht jedoch von der Hauptströmung im europäischen Christentum. Der Vorschlag Van Lancker macht keinem Mitgliedstaat Vorschriften, sondern 03/07/2002 versucht nur voneinander zu bestmögliche Praxis zu entwickeln. lernen, um die 3-135 Muscardini (UEN), schriftlich. – (IT) Der Bericht über sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte verletzt unter anderem auch die Gleichberechtigung in Bezug auf die Würde von Mann und Frau. Da er ferner von reproduktiven Rechten anstatt von Zeugungsrechten spricht, wird die Frau letztendlich einem weiblichen Zuchttier oder einer Maschine gleichgestellt. Wir als Alleanza Nazionale weisen diese seelenlose Einstellung zur Geburt eines menschlichen Lebens zurück und lehnen eine kulturelle Auffassung, bei der die Freiheit der Frau und das Lebensrecht des Ungeborenen einander gegenüber gestellt werden, ab. Gleichermaßen unannehmbar ist die These, wonach die Abtreibung zu einer Verhütungsmethode wird, und unserer Überzeugung nach muss jedes als Medikament betrachtete Erzeugnis im Interesse des Gesundheitsschutzes einen erschwinglichen Preis haben und auf ärztliche Verordnung hin verabreicht werden. Darüber hinaus bringen wir in Erinnerung, dass die Gesundheitspolitik ebenso wie die Entscheidungen über ethische Fragen in die Zuständigkeit der Nationalstaaten fallen; dass der Bericht nicht im Geringsten die Probleme im Zusammenhang mit dem Recht auf Leben bzw. dem Recht auf ein würdiges Leben oder jene Fragen behandelt, auf die wir die Kommission wiederholt nachdrücklich hingewiesen haben, wie zum Beispiel einen Fonds zur Unterstützung von Frauen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder mit psychologischen Problemen, die trotzdem ihre Schwangerschaft austragen wollen; zudem werden die großen Fragen der heutigen Gesellschaft wie das Gefühlsvermögen im weitesten Sinne oder auch in Verbindung mit der Sexualerziehung nicht angepackt; dass die Würde der Frau und ihre Mitwirkung bei einem der wichtigsten Ereignisse des Lebens, nämlich der Mutterschaft, nur unter dem Gesichtspunkt der Reproduktion oder der Wahrnehmung eines sexuellen Rechts behandelt wurde. (Gemäß Artikel 137 Absatz 1 GO gekürzte Erklärung zur Abstimmung) 3-136 Queiró (UEN), schriftlich. – (PT) Heute hat man im Parlament die wahrhaftigste Äußerung dessen erlebt, was das EP unter dem Subsidiaritätsprinzip versteht. Damit meine ich nicht nur die Abstimmung über mehr als 400 Änderungsanträge zu verschiedenen Berichten, was einen hemmungslosen Verordnungsdrang offenbart, der dem Konzept einer vereinfachten und vereinfachenden Europäischen Union – der einzigen, die Bürgernähe gewinnen kann – völlig widerspricht, sondern auch die Annahme des Berichtes Van Lancker über sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte, der eine unerträgliche Einmischung nicht nur in die Intimsphäre des individuellen Gewissens, sondern auch in den Machtbereich der Mitgliedstaaten darstellt. 03/07/2002 Ich habe also dagegen gestimmt, und das nicht nur wegen des grundsätzlichen Problems dieses Berichtes, das in meiner Heimat zum großen Teil durch eine Volksabstimmung gelöst ist, sondern auch wegen der Form der Einmischung, die diese Abstimmung leider darstellte. 3-137 Ribeiro e Castro (UEN), schriftlich. – (PT) Der Bericht und die Abstimmung über ihn führen die Erklärungen ad absurdum, die wir über das Subsidiaritätsprinzip oder die Achtung der ausschließlichen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten gehört haben. Für die Linke gibt es kein Recht - alles hängt lediglich von der ideologischen Sache ab, die man vertritt. Schließlich geschieht es gerade deshalb, weil sich die Union in Bereiche einmischt, bei denen niemand um ihre Mitwirkung gebeten hat, dass sie aus dem einen oder anderen Grund bei vielen unpopulär wird. Wenn wir jedoch wirklich erörtern wollen, wer wen auf lange Sicht beeinflusst, so meine ich, dass es die humanistischen, im Widerspruch zur Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs stehenden und das Recht auf Leben schützenden portugiesischen Rechtsvorschriften sein werden, die im Verlaufe dieses Jahrhunderts in anderen Ländern angenommen werden. Angesichts der Fortschritte der Genetik, Embryologie, Fetologie und der Medizin im Allgemeinen kann das 21. Jahrhundert nicht viel länger fortfahren etwas zu leugnen, was eine bis in alle Einzelheiten immer besser bekannte Tatsache ist: In jeder Entscheidungssituation eines Schwangerschaftsabbruchs geht es um ein ungeborenes – individuelles, einzigartiges und unwiederholbares – Menschenleben, das eine Würde hat, die man anerkennen und uneingeschränkt schützen muss. An jenem Tag, an dem sich die Menschenwürde in Europa vollständig durchgesetzt hat und wir alle Rechtsstaaten für alle geworden sind, werden die Zahlen, die wir in den Statistiken dieser Jahrzehnte finden, niemanden mit Stolz erfüllen. 3-138 Sacrédeus (PPE-DE), schriftlich. (SV) Ich habe gegen den Bericht gestimmt. Fragen zur Abtreibung gehören nicht auf die Ebene der Gemeinschaft, da sie in den Bereich der Volksgesundheit und somit unter die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Wir Christdemokraten vertreten den Standpunkt, dass es falsch wäre, der Europäischen Union die legislative Verantwortung des schwedischen Reichstags und aller anderen nationalen Parlamente für den rechtlichen Schutz des ungeborenen Lebens zu übertragen. Die Frage der Abtreibung ist so eng mit den Moralauffassungen der Länder und Menschen, mit ihrer Auffassung von Menschenwürde und der Unantastbarkeit des Lebens und so deutlich mit verschiedenen nationalen Traditionen verbunden, dass sie auch weiterhin auf die Ebene der nationalen Parlamente gehört. Das Ziel der Abtreibungsdiskussion wird deutlich in Artikel 12 des Berichts formuliert: „Das Europäische 49 Parlament empfiehlt, dass Abtreibung zur Gewährleistung der reproduktiven Gesundheit und Rechte der Frau legal, sicher und für alle zugänglich sein sollte.“ In diesem Punkt scheint das Europäische Parlament keinesfalls auf die Tatsache Rücksicht nehmen zu wollen, dass einige Mitgliedstaaten – darunter Irland, Portugal und Deutschland – die Auffassung vertreten, dass die Abtreibung im direkten Widerspruch zum Prinzip der wichtigsten Aufgabe des Staates steht, Leben zu schützen, nicht zuletzt das wehrlose. 3-139 Scallon (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Ich bin sehr überrascht, dass der Bericht van Lancker durch die Konferenz der Präsidenten genehmigt worden ist, weil es in diesem Bericht um Themen geht, für die die Europäische Union nicht zuständig ist. Entscheidungen im Bereich des Gesundheitswesens, des Schwangerschaftsabbruchs und des Bildungswesens obliegen ausschließlich den Mitgliedstaaten und den Beitrittsländern und werden nach den dort gültigen Verfassungsbestimmungen und Rechtsvorschriften getroffen. Was die irische Position betrifft, wird in Artikel 40 Absatz 3.3 der Verfassung „das Recht des ungeborenen Lebens, mit gebührender Rücksicht auf das Leben der Mutter,“ anerkannt. Gemäß diesem Artikel der Verfassung ist die Abtreibung in Irland gesetzwidrig. Die „Pille danach“, die nach Angaben des Hersteller ein Abtreibungsmittel ist, ist nach irischem Recht ebenfalls illegal (Offences Against the Persons Act 1861, Abschnitt 58 und 59). In Artikel 42 Absatz 1 der irischen Verfassung heißt es: „Der Staat anerkennt, dass die Erziehung des Kindes in erster Linie und natürlicherweise der Familie obliegt; er verbürgt sich, das unveräußerliche Recht und die unveräußerliche Pflicht der Eltern zu achten, je nach ihren Mitteln für religiöse, moralische, geistige, körperliche und soziale Erziehung ihrer Kinder Sorge zu tragen.“ (Artikel 42 Absatz 1). (Gekürzt gemäß Geschäftsordnung.) Artikel 137 Absatz 1 der 3-140 Theorin (PSE), schriftlich. (SV) Das Recht der Frau, selbst über ihren Körper zu bestimmen, ist ein Grundrecht und darf nicht seines Inhalts beraubt werden. Deshalb kann ich die Änderungsanträge 2 und 5 und natürlich auch die anderen dieses Recht untergrabenden Änderungsanträge nicht unterstützen. 3-141 Der Präsident. – Wir werden jetzt unsere Beratung unterbrechen. Die Sitzung wird um 15.00 Uhr wieder aufgenommen. (Die Sitzung wird um 13.32 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wieder aufgenommen.) 50 03/07/2002 3-142 VORSITZ: ALEJO VIDAL-QUADRAS ROCA Vizepräsident 3-143 Bekämpfung des Hungers 3-144 Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission über die Bekämpfung des Hungers. 3-145 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe ehemalige Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Vom 10. bis 13. Juni 2002 fand bekanntlich in Rom der „Welternährungsgipfel: fünf Jahre danach“ statt. Ziel der Konferenz war es, die internationale Unterstützung für erweiterte Maßnahmen gegen Hunger und Armut zu verstärken, um das Ziel der Halbierung der Zahl der Hungernden in der Welt bis zum Jahr 2015 zu erreichen. Dieses Ziel wurde beim Milleniumgipfel der UN im September 2000 bestätigt und ist jetzt grundlegender Bestandteil der Entwicklungsziele, zu denen sich die internationale Gemeinschaft verpflichtet hat. Die EU misst diesen Zielen des Milleniumgipfels als Ausgangspunkt für nationale und internationale Strategien zur Bekämpfung der Armut große Bedeutung bei. Seit dem Welternährungsgipfel 1996 ist die Zahl der Hungernden in der Welt zurückgegangen, aber leider nicht in dem erforderlichen Umfang. Der jährliche Rückgang der Zahl der Hungernden beträgt heute im Durchschnitt nur sechs Millionen, und es sind verstärkte Anstrengungen notwendig, um diese Zahl auf 22 Millionen zu erhöhen, damit wir unser Ziel erreichen. Das Gipfeltreffen endete mit einer Erklärung mit dem Titel „Internationale Allianz gegen den Hunger“, die bereits am ersten Tag der Konferenz beschlossen werden konnte. Unter diesem Titel verpflichtet sich die internationale Gemeinschaft, ihre Anstrengungen im Kampf gegen den Hunger zu verstärken und zu koordinieren. Die EU hat sich während der Vorbereitungen insbesondere dafür eingesetzt, dass die Verpflichtungen des Welternährungsgipfels von 1996 in der Erklärung bekräftigt werden und nicht verwässert wird, worauf man sich bereits geeinigt hat. Es sollte außerdem sichergestellt werden, dass die Ergebnisse der jüngsten bedeutenden internationalen Konferenzen und Gipfeltreffen wie des Milleniumgipfels der UN im Jahr 2000 und der Internationalen Konferenz über Entwicklungsfinanzierung in Monterrey im März 2002 fortgeschrieben werden. Darüber hinaus hat sich die Union dafür eingesetzt, eine Verbindung zum anstehenden Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg herzustellen, auf dem der Kampf gegen Hunger und Armut als integraler Bestandteil der internationalen entwicklungspolitischen Agenda behandelt wird. Entsprechend den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Barcelona hat die EU zwei parallele Verpflichtungen besonders hervorgehoben: zum einen die primäre Verantwortung der Entwicklungsländer für die eigene Entwicklung und für die Durchführung des Aktionsplans des Welternährungsgipfels von 1996; zum anderen die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft, die ärmsten Länder in diesem Prozess zu unterstützen. Es kam der Union überdies darauf an festzuschreiben, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung von Hunger und Armut in Übereinstimmung mit den Prioritäten und Strategien der Entwicklungsländer durchgeführt werden. Maßnahmen zur Förderung der Produktion sind wichtig, können aber das Problem allein nicht lösen. Die globale Lebensmittelproduktion hat heute ein solches Ausmaß erreicht, dass alle ernährt werden können. In einigen Entwicklungsländern sind vor allem die Verteilung und der Zugang zu Lebensmitteln problematisch. Hunger ist eine Folge von Armut. Deshalb sind für eine nachhaltige Lösung des Welthungerproblems ein gut abgesichertes, auf die Bekämpfung der Armut ausgerichtetes Wirtschaftswachstum und eine bessere Verteilung der Güter zugunsten der ärmsten Bevölkerungsgruppen notwendig. Die Bemühungen um die Eindämmung des Hungers müssen deshalb auch Zielvorgaben in Bezug auf eine verantwortungsvolle Regierungsführung, die Achtung der Menschenrechte, Agrarreformen und eine stärkere Berücksichtigung von Gesundheit, Ausbildung und produktionsorientierter Forschung und Umsetzung ihrer Ergebnisse umfassen. Hinzu kommen die nachhaltige Nutzung von Naturressourcen und die Verhütung von Konflikten. Schließlich ist auch der Zugang der Entwicklungsländer zu Forschung und Technologie ein wesentliches Element im Kampf gegen Hunger und Armut. Alle diese Aspekte wurden von der Europäischen Union im Vorfeld der Verhandlungen hervorgehoben. Die EU hat die Notwendigkeit betont, die Entwicklungshilfe, wie international beschlossen wurde, auf 0,7 % des BIP anzuheben. In diesem Zusammenhang wurde auch gefordert, die Verpflichtungen der Konferenz von Monterrey im März zu bekräftigen. Der Zugang der armen Länder zu den westlichen Märkten ist natürlich ein wesentlicher Bestandteil der Bemühungen um ihre Entwicklung. Die EU hat mit ihrer „Everything but Arms“-Initiative bereits einen ersten Schritt getan. Bekanntlich gewährt die Union dabei den am wenigsten entwickelten Ländern für alle – oder fast alle – Produkte außer Waffen zoll- und quotenfreien Zugang zum europäischen Markt. Die EU hat in den Verhandlungen auch auf die Bedeutung sicherer Lebensmittel für die Verbraucher in allen Ländern hingewiesen. Gleichzeitig haben wir den Bedarf an technischer Hilfe hervorgehoben, die die Entwicklungsländer in die Lage versetzen soll, international anerkannte Lebensmittelstandards zu erfüllen. 03/07/2002 Für die EU war es wichtig, dass die Debatten über Handel und Entwicklung den WTO-Verhandlungen und dem Follow-up der Entwicklungsagenda von Doha nicht vorgreifen. Der Rat bekräftigte in seinen Schlussfolgerungen vom 30. Mai 2002 über die Vorbereitungen des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung die Entschlossenheit der Union, die Entwicklungsagenda von Doha innerhalb der festgelegten Frist erfolgreich abzuschließen. Die EU strebt nachhaltige Ergebnisse in allen Bereichen an, in denen der Marktzugang auch für Entwicklungsländer erheblich erweitert werden kann. Dies soll durch ausgewogene Regeln sowie gezielte, nachhaltig finanzierte technische Unterstützung und Programme zum Aufbau von Kapazitäten erreicht werden. Die Erklärung des Gipfeltreffens gibt die Prioritäten und die Haltung der Europäischen Union, wie ich sie soeben umrissen habe, umfassend wieder. In dem Dokument werden die Konsolidierung der Ergebnisse des Welternährungsgipfels von 1996 und der jüngsten internationalen Konferenzen sowie ein stärkerer und neuer politischer Wille zur Umsetzung der internationalen Entwicklungsziele zur Bekämpfung von Hunger und Armut hervorgehoben. Die Erklärung enthält eine neue Initiative zum Recht auf Nahrung. Man einigte sich auf die Bildung einer zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe, die mit Unterstützung der FAO und unter Einbeziehung aller anderen für die Menschenrechte zuständigen UN-Organe einen rechtlich nicht bindenden Kodex zum Recht auf Nahrung erarbeiten soll. Die Entwicklungsländer hoffen, dass ein solcher Kodes dazu beitragen wird, die Forderung nach Sicherung des Zugangs der armen Länder zu Nahrung und den Kampf gegen den Hunger zu untermauern. Die EU unterstützt die Initiative und wird sich aktiv dafür einsetzen, das Recht auf Nahrung zu einem praktisch anwendbaren Instrument zu machen. Mit dem Ergebnis des Gipfeltreffens können wir unter den gegebenen Umständen insgesamt zufrieden sein. Es bildet die Grundlage für weitere Überlegungen im Zusammenhang mit dem Weltgipfel in Johannesburg im August, wo wir uns mit der umfangreichen Entwicklungsagenda befassen werden. Das ausgewogene Ergebnis haben wir nicht zuletzt den intensiven Bemührungen der EU bei den Verhandlungen zu verdanken. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um der scheidenden Ratspräsidentschaft für ihr Engagement zu danken. Der Ratspräsident, Ministerpräsident Aznar, hat die Union bei dem Gipfeltreffen vertreten. In seinem Redebeitrag im Namen der Europäischen Union betonte er das große Interesse an einer Intensivierung des Kampfes gegen den Hunger und legte den Standpunkt der EU zu den Themen des Gipfeltreffens ausführlich dar. Dank dieses Engagements ist es gelungen, ein konstruktives Verhandlungsklima zu schaffen und eine effektive Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern herzustellen, mit denen in einer ganzen Reihe von 51 Fragen Übereinstimmung erzielt werden konnte, was sich in der Erklärung widerspiegelt. Die Union war auch an den abschließenden Verhandlungen über die strittigsten Fragen intensiv beteiligt. Insgesamt hat die EU also keine unbedeutende Rolle im Hinblick auf den Fortschritt der Verhandlungen und ein vernünftiges Ergebnis gespielt. Abschließend möchte ich unterstreichen, dass sich die EU im Rahmen der Gemeinschaftshilfe und der bilateralen und mulilateralen Hilfeprogramme der EUMitgliedsländer schon jetzt verstärkt an der Bekämpfung von Hunger und Armut beteiligt. Die Union und ihre Mitgliedstaaten stehen für über 50 % der gesamten Entwicklungshilfe, die zu einem großen Teil für die Entwicklung des ländlichen Raums und des Agrarsektors in den ärmsten Ländern verwendet wird. Bereits auf der Tagung des Europäischen Rates in Barcelona im März hatte sich die Union zu einer wesentlichen Erhöhung ihrer Entwicklungshilfe verpflichtet. Mehrere Mitgliedstaaten der EU, hierunter auch mein Land – Dänemark –, haben mit ihrer Entwicklungshilfe das internationale Ziel von 0,7 % des BIP weit überschritten. Alle Länder haben sich verpflichtet, das Ziel 0,7 % zu erfüllen oder aber, wenn es bereits überschritten ist, ihren Anteil zu erhöhen. Von den Mitgliedstaaten, die das Ziel noch nicht erreicht haben, kam die Zusage, ihre Entwicklungshilfe mindestens auf den derzeitigen EUDurchschnitt von 0,33 % des BIP anzuheben, damit 2006 ein EU-Durchschnitt von insgesamt 0,39 % erreicht wird. Ausgehend von diesen Zusagen und auf der Grundlage verbindlicher Partnerschaften mit den Entwicklungsländern wird sich die Europäische Union auch unter der dänischen Präsidentschaft, nicht zuletzt in Johannesburg, weiterhin für die Verstärkung des weltweiten Kampfes gegen Hunger und Armut einsetzen. 3-146 Nielson, Kommission. – (EN) Der Gipfel bot der Kommission und der Europäischen Union die Gelegenheit, den Dialog mit den Entwicklungsländern über die Umsetzung des Aktionsplans von Rom wieder aufzunehmen und unseren politischen Willen zur Bekämpfung von Hunger und Unterernährung zu bekräftigen. Das Ergebnis des Gipfels war die Verabschiedung einer Erklärung, die zahlreiche positive Elemente enthält und die, wie ich hoffe, zur Förderung der koordinierten Maßnahmen zur Erreichung des Ziels, das auf dem Gipfeltreffen von 1996 festgelegt wurde, beitragen und diese unterstützen wird. In diesem Geiste wurde auf dem Gipfeltreffen die Einrichtung einer zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe beschlossen, in der alle Akteure innerhalb von zwei Jahren gemeinsam freiwillige Leitlinien über das Recht auf angemessene Nahrung erarbeitet werden sollen. Das Ziel dieser Leitlinien besteht darin, die Anstrengungen der Mitgliedstaaten der FAO zu unterstützen, die sich dafür einsetzen, das Recht auf angemessene Nahrung im Rahmen der nationalen Ernährungssicherheit 52 schrittweise zu verwirklichen. Im Laufe der Zeit wird sich zeigen, welche Auswirkungen diese Entscheidung tatsächlich hat. Wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten und werden sicherstellen, dass sie in die richtige Richtung gehen. Die Verabschiedung einer solchen Erklärung, die von allen Mitgliedern der FAO unterstützt wurde, hat zweifellos bewirkt, dass der Bekämpfung des Hungers in der internationalen Agenda größere Bedeutung beigemessen wird. Die Kommission begrüßt dieses positive Ergebnis und ist erfreut darüber, dass die Erklärung in vielen Punkten die Position der EU widerspiegelt. Aus unserer Sicht fehlt in der Erklärung jedoch ein wichtiger strategischer Aspekt, ein Aspekt, dem von der EU seit langem große Bedeutung beigemessen wird: die entscheidende Rolle, die im Kampf gegen die Ernährungsunsicherheit neben der landwirtschaftlichen Produktion und der Produktivität andere Elemente spielen. Es ist notwendig, dass die Punkte, die ich hier ansprechen werde, gleichzeitig und im Rahmen der nationalen Strategien zur Verringerung der Armut in Angriff genommen werden. Diese grundlegenden Elemente sind: Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln, Produktion, strategische Reserven und Handel mit Nahrungsmitteln; Zugang zu Nahrungsmitteln – dazu sind zum Beispiel Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Einkommen nötig; Reaktion auf Krisensituationen, wie zum Beispiel Sicherheitsnetze; und Ernährungsprobleme, die langfristig gesehen das wichtigste Element bei all diesen Punkten bilden. Auf dem Gipfeltreffen wurden insbesondere versäumt, die wichtigsten Ursachen für den Hunger klar beim Namen zu nennen. Diese Ursachen sind eine schlechte Regierungsführung und vom Menschen verursachte Katastrophen. Schätzungen zufolge sind etwa 80 % aller hungernden Menschen Opfer von Konflikten und damit von Problemen, die der Mensch verursacht hat. Die Selbstverursachung geschieht in unterschiedlichen Versionen. Simbabwe ist ein solcher Fall. Die Probleme in Simbabwe sind zum großen Teil durch den Menschen verursacht. Außerdem herrscht im südlichen Afrika eine sehr schwere Dürre. Natürlich werden wir humanitäre Hilfe leisten, aber wir sollten dabei bedenken, dass ein großer Teil der Probleme durch den Menschen verursacht worden ist. In den öffentlichen Erklärungen und Aufrufen der FAO während der Vorbereitung sowie während des Gipfeltreffens standen die Forderung nach zusätzlichen Mitteln der öffentlichen Entwicklungshilfe sowie die Rolle der Landwirtschaft und der ländlichen Entwicklung zu sehr im Vordergrund. Die Frage der öffentlichen Entwicklungshilfe wurde bereits auf der Konferenz von Monterrey einigermaßen erfolgreich geklärt. Die EU fühlt sich sowohl dem Konsens von Monterrey als auch den klaren Zusagen zur Aufstockung der öffentlichen Entwicklungshilfe, die in Barcelona 03/07/2002 beschlossen und in Monterrey vorgelegt wurden, weiterhin verpflichtet. Der dänische Minister hat sie soeben ausführlicher erläutert. Es wäre sinnvoller gewesen, in Rom eines der wichtigsten Themen erneut aufzugreifen, das bei den Gipfeltreffen und Konferenzen der letzten Zeit im Vordergrund stand: die Forderung an die Entwicklungsländer, ihre nationalen Entwicklungspolitiken und sektorbezogenen Politiken zu überprüfen, um den Bedürfnissen der in Armut lebenden ländlichen Bevölkerung Rechnung tragen und Maßnahmen zur Beseitigung der Ernährungsunsicherheit treffen zu können. Auf dieser Grundlage sollten nationale Strategien zur Verringerung der Armut, darunter fällt auch die Ernährungssicherheit, formuliert werden. Im Mittelpunkt können dabei abhängig von den bestehenden Erfordernissen die Landwirtschaft und die ländliche Entwicklung stehen. Anschließend wäre es Aufgabe der Gebergemeinschaft, die koordinierte Umsetzung der nationalen Politiken und Strategien zu unterstützen. Das Europäische Parlament hat mit der Verabschiedung der Entschließung zum Welternährungsgipfel vom 16. Mai 2002 einen Beitrag zur internationalen Debatte geleistet. Die Kommission stimmt der Ausrichtung der Entschließung im Wesentlichen zu, die zahlreiche wichtige Elemente enthält, wie die Unterstützung des Konsenses von Monterrey und die Forderung nach verstärkter politischer Kohärenz in den entwickelten Ländern. Die Kommission begrüßt insbesondere den Hinweis des Parlaments, dass Nahrungsmittelhilfe nur in Notfällen geleistet werden darf und ausschließlich in Form von Spenden gewährt werden muss. Hilfsgüter sollten, soweit dies möglich ist, grundsätzlich vor Ort oder in der Region gekauft werden. Gleichwohl kann die Kommission nicht allen Punkten dieser Entschließung zustimmen. Dies gilt insbesondere für die Forderung an die Kommission und die EUMitgliedstaaten, einen Beitrag zum FAO-Treuhandfonds zu leisten, der im vergangenen Jahr eingerichtet wurde. Ich bedauere, dass diese Forderungen nach einem Beitrag zu diesem Fonds auch in einigen Anträgen enthalten sind, die dem Parlament in dieser Tagung vorgelegt wurden. An der Meinung der Kommission hat sich seit der letzten Aussprache über dieses Thema nichts geändert. Die Politik der EG besteht darin, nationale und regionale Entwicklungsprozesse und Entwicklungsprogramme im Rahmen ihrer regionalen Partnerschaftsabkommen direkt zu unterstützen. Ich bin außerdem fest davon überzeugt, dass die Einrichtung weiterer Finanzierungsinstrumente, wie zum Beispiel separater Treuhandfonds usw., nicht die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel bewirken wird, sondern lediglich zu einer verstärkten Aufteilung der Mittel beitragen wird. Die Kommission unterstützt darüber hinaus die seit langem bestehende Auffassung 03/07/2002 53 der Europäischen Union, dass die FAO ihre Ressourcen auf den Bereich konzentrieren sollte, in dem sie die höchste Sachkompetenz besitzt und den größtmöglichen zusätzlichen Nutzen erreichen kann. Dieser Bereich ist die normative Arbeit der FAO. Die Ausrichtung der Maßnahmen, die im Rahmen des Treuhandfonds gefördert werden könnten, scheint außerhalb dieses Bereichs zu liegen. Ich bin deshalb der Auffassung, dass die Kommission dies nicht unterstützen sollte. Jahren Kriege und Hungersnöte, Armut und Seuchen erlebt, und sie hat erlebt, dass unsere Welt nunmehr die Einsichten gewonnen hat, die notwendig sind, um diese weltweiten Missstände verhindern und beseitigen zu können. Nicht erlebt hat sie jedoch, dass die Führer unserer Welt sich zusammentun und diese Einsichten nutzen, um Frieden und Gesundheit und eine Lebensgrundlage für die 800 Millionen unserer Mitmenschen zu schaffen, die hungern. Darüber hinaus ist der Ansatz der FAO zur Ernährungssicherheit sehr stark auf die Produktion ausgerichtet und unterstützt das breitere Konzept der Ernährungssicherheit nicht. Wir kooperieren jedoch mit der FAO und stellen Finanzmittel für spezifische Projekte und Programme bereit. Wir werden diese Unterstützung auch zukünftig in all den Bereichen fortsetzen, die mit den Prioritäten und Zielen der Entwicklungspolitik der Gemeinschaft vereinbar sind und in denen wir Kompetenz, zusätzlichen Nutzen und hervorragende fachliche Qualität erkennen. Die Kommission betrachtet eine Beteiligung am Sonderprogramm für Ernährungssicherheit der FAO sowie einen Beitrag zum Treuhandfonds daher nicht als Priorität in ihrer Entwicklungszusammenarbeit. Sie war 69 Jahre alt, als auf der ersten Welternährungskonferenz gefordert wurde, dass niemand hungern dürfe, und damit waren alle Menschen gemeint, auch die 400 Millionen, die derzeit keinen Zugang zu ausreichender Nahrung haben. Sie war 91 Jahre alt, als die Teilnehmer des Welternährungsgipfels von dieser Forderung abrückten und sich das Ziel steckten, bis 2015 die Zahl der Hungernden weltweit um die Hälfte auf 400 Millionen zu reduzieren. Heute wissen wir, dass dieses erschreckend bescheidene Ziel nicht einmal bis 2030 erreicht werden kann. Ich möchte an dieser Stelle hinzufügen, dass die Entschließung des Parlaments vom 16. Mai 2002 gemäß Artikel 37 Absatz 2 der Geschäftsordnung nach der Aussprache über die Erklärung der Kommission ohne vorherige Konsultation der Kommission verabschiedet wurde. Deshalb bin ich in meinem heutigen Redebeitrag sehr konkret auf die neuen Vorschläge eingegangen. Angesichts der Schlüsselrolle, die der Entwicklung auf dem Lande sowie der Landwirtschaft bei der Bekämpfung der Armut, der Beseitigung der Ernährungsunsicherheit und der Verbesserung der Umweltqualität zukommt, wird die Kommission dem Rat und dem Parlament bis Ende des Jahres eine Mitteilung vorlegen über die „Bekämpfung der ländlichen Armut – eine EG-Politik und ein Ansatz zur ländlichen Entwicklung und zum nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen in den Entwicklungsländern“. Bevor ich meine Ausführungen beende, möchte ich daran erinnern, dass dieser Welternährungsgipfel ein Schritt in einem langen Prozess ist, der in Doha und in Monterrey seinen Anfang nahm und in knapp zwei Monaten in Johannesburg abgeschlossen werden wird. Ich bin davon überzeugt, dass keine der großen Konferenzen seit Doha für sich allein eine Antwort auf das Defizit an „Global Governance“ ist, mit dem wir konfrontiert sind. Nur in ihrer Gesamtheit sind diese unterschiedlichen Konferenzen eine sinnvolle Antwort auf die Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung und diese Gesamtheit steht für das, was wir gerne als den „Global Deal“ bezeichnen. 3-147 Bowis (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, heute feiert meine Mutter ihren 97. Geburtstag. Sie hat in diesen 97 Während der zweiten Lebenshälfte meiner Mutter starben 400 Millionen Menschen an Hunger. Diese Zahl ist dreimal so hoch wie die Zahl der Opfer, die in den Kriegen starben, die während ihres Lebens geführt wurden. Heute, an ihrem Geburtstag, werden weitere 24 000 Menschen sterben. Wir hätten natürlich erwarten können, dass auf dem Welternährungsgipfel in Rom ein Aktionsplan verabschiedet wird, um diesem Sterben ein Ende zu setzen. Die Staats- und Regierungschefs der westlichen Welt hätten sicher ein Programm zur Beseitigung der Ursachen des Hungers unterstützt. Diese Ursachen, wie zum Beispiel Armut, Konflikte, Krankheiten, schwierige hygienische Bedingungen, vom Menschen verursachte Katastrophen sowie unzureichende lokale Nahrungsmittelproduktion und -verteilung, sind genau die Punkte, die Sie, Herr Nielson, in Ihrem Schreiben vom 20. Juni an Herrn Diouf über die unzureichenden Ergebnisse des Gipfeltreffens ebenfalls genannt haben. Sie hatten Recht, aber Sie haben Ihre Kritik viel zu höflich ausgedrückt. Sie hätten erst einmal die EUMitgliedstaaten dafür kritisieren sollen, dass nur Italien, das Gastgeberland, und Spanien, das den Ratsvorsitz führte, ihre Staats- und Regierungschefs entsandten. Die britische Labour-Regierung hat weder Herrn Blair noch die engagierte Clare Short geschickt. Nein, sie hat einen unerfahrenen Beamten, einen Mitarbeiter des, wie es so schön heißt, „Referats Wissensaustausch bei Sonderinitiativen“ im Ministerium für internationale Entwicklung geschickt. Das ist also die Bedeutung, die dem Welternährungsgipfel beigemessen wurde. Wo ist das leidenschaftliche Engagement geblieben? Die italienische Presse berichtete, die Delegierten seien mehr am Dolce Vita interessiert gewesen als an der Bekämpfung des Welthungers. Die Vorbereitung dieses Gipfels dauerte zweieinhalb Jahre. Er hat Millionen gekostet. Er war so gut organisiert, dass das Abschlussdokument bereits beschlossen war, bevor der Gipfel überhaupt begonnen 54 hatte. Und was für eine Erklärung! In dieser Erklärung wird in Erinnerung gerufen, anerkannt, unterstrichen, wiederholt – und dann beginnt das Ganze wieder von vorne. Die neue Politik zur Unterstützung der hungernden Menschen in der Welt läuft letztlich darauf hinaus, dass auf diesen Konferenzen die einzige Aktivität darin besteht, die Arme zum Handzeichen zu heben. In einer der Empfehlungen, und Herr Nielson hat sie zitiert, spiegelt sich dies wider: „Wir fordern die FAO auf, eine zwischenstaatliche Arbeitsgruppe einzurichten, die innerhalb von zwei Jahren freiwillige Leitlinien für die Mitgliedstaaten erarbeitet, um das Recht auf angemessene Nahrung schrittweise zu realisieren“. Welch eine Botschaft der Hoffnung für die Hungernden! Welch ein Herumlavieren! Nichts denken, nichts sehen, nichts tun. Keine neuen Gedanken, keine neue Vision, keine neuen Initiativen und keine Dringlichkeit. Es ist heute schon abzusehen, dass wir 2015, und ganz sicher auch 2030, wieder einmal die mangelnden Fortschritte bedauern, die Fristen verlängern, die Ziele niedriger ansetzen, Arbeitsgruppen einrichten und nichts tun, um den hungernden Nationen bei der Bewältigung ihrer Probleme zu helfen. Wir werden wieder zur dringenden Soforthilfe aufrufen, um die Probleme zu bewältigen, die durch unsere heutige Tatenlosigkeit entstanden sind. In Kürze wird das Gipfeltreffen in Johannesburg stattfinden und unserer Botschaft muss lauten: „Wach auf Europa, wach auf westliche Welt!“ Wir müssen endlich diese politische Schlafkrankheit überwinden, die uns angesichts der Katastrophen zu befallen scheint, die wir gemeinsam verhindern können. 03/07/2002 werden. Herr Präsident, zurzeit geben wir in Europa 2 Euro pro Tag und Kuh für Subventionen aus. Die Kluft zwischen Reich und Arm wird nicht durch mehr Geld oder Lebensmittelhilfe für Entwicklungsländer verringert, sondern durch mehr Politik. Die subventionierte Kuh muss an den Hörnern gepackt werden. Ohne sofortige adäquate Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik können die Ziele des Welternährungsgipfels niemals erreicht werden und schon gar nicht im Jahr 2015. Kommissar Nielsen sagte im Übrigen zu Recht, auch die FAO als Organisation sei nach wie vor sehr ineffizient. Kommissar Nielsen will mit Recht nur konkrete, nationale, regionale Unterstützung und keinen generellen FAO-Fondsbeitrag, und er kritisiert berechtigterweise die ineffiziente Verwaltung beispielsweise in Simbabwe. Unter einer adäquaten Agrarpolitik verstehe ich vor allem die Verlagerung von Produktionssubventionen in Richtung Entwicklung des ländlichen Raums, aber auch insbesondere freien und fairen Handel. Ein Dumping europäischer Produkte in Entwicklungsländern darf es nicht mehr geben. Wir müssen in Europa weg von Exportsubventionen für unsere Landwirte und die Handelshemmnisse für Entwicklungsländer auf ein Minimum senken. Ich sehe voller Spannung der neuen Agrarpolitik der Europäischen Union entgegen, über die die Kommission in der kommenden Woche einen Beschluss fasst. Wie Kommissar Nielsen zu Recht sagte, liegt dort, natürlich neben der nationalen Politik in den Entwicklungsländern selbst, ein großer Teil der Antwort auf den Hunger in der Welt. 3-149 3-148 van den Berg (PSE). – (NL) Herr Präsident! 1996 wurde vereinbart, die Zahl der Hungernden bis zum Jahr 2015 auf 400 Millionen zu halbieren. Tatsache ist jedoch, dass die Zahl der unter Hunger leidenden Menschen in den letzten fünf Jahren gleich geblieben ist. Zu meinem großen Bedauern waren nur wenige der europäischen Staats- und Regierungschefs vor drei Wochen beim Welternährungsgipfel „5 Jahre nach Rio“ anwesend. Das beweist einmal mehr, dass die Verringerung der Kluft zwischen Arm und Reich in dieser Welt offensichtlich nicht zu den Prioritäten vieler Staaten gehört. Das gilt insbesondere auch für die Befriedigung solcher elementaren Bedürfnisse wie Lebensmittel und medizinische Versorgung. Die Teilnahme von Kommissionspräsident Prodi und Kommissar Nielsen am Gipfel in Rom bestärkt mich in der Überzeugung, dass Europa die Vorreiterrolle übernehmen kann und, wenn es nach der Kommission ginge, auch will. Dann müssen sich allerdings einige Dinge ändern. Nach Angaben des Exekutivdirektors des Welternährungsprogramms James Morris können die 300 Millionen hungernden Kinder in der Welt in der Schule für 24 Eurocent pro Person und Tag ernährt van den Bos (ELDR). – (NL) Warum haben achthundert Millionen Menschen noch immer einen leeren Magen? Weil Entscheidungsträger auf der ganzen Linie versagen. Im Prinzip gibt es Nahrung für jeden. Es herrscht kein Mangel an Zielsetzungen und guten Absichten. Je weniger Ergebnisse erzielt werden, desto mehr Gipfelkonferenzen werden veranstaltet, deren einzige Schlussfolgerung dann lautet, die Politik müsse intensiviert werden. Wer trägt die Schuld, die reichen oder die armen Länder? Beide, Herr Präsident, die entwickelten Staaten sind Heuchler. Trotz wohltönender Absichtserklärungen übersubventionieren sie nach wie vor die eigene Landwirtschaft und schotten ihren Markt ab. Eine Liberalisierung des Weltmarkts wird nicht nur von Europa, sondern auch von den Vereinigten Staaten und anderen großen Agrarstaaten blockiert. Westliche Unternehmen beuten wie gehabt ihre Patentmonopole auf Techniken und Pflanzen aus, die Entwicklungszusammenarbeit ist zu wenig auf Landwirtschaft ausgerichtet, und es mangelt an Technologietransfer. Die Entwicklungsländer selbst haben ebenfalls kläglich versagt. Obwohl die meisten Menschen auf dem Land wohnen, wird der Produktion von Lebensmitteln zu 03/07/2002 wenig Beachtung geschenkt. Hungersnöte sind jedoch nicht nur auf Klimabedingungen oder hohe Zollschranken zurückzuführen; endlose Kriege, verantwortungsloser Umgang mit der Natur, extremes Bevölkerungswachstum, Überurbanisierung und mangelhafte Infrastruktur, vor allem aber auch Korruption und Misswirtschaft lassen eine florierende Landwirtschaft nicht zu. Der Import von Produkten erhält Priorität, um die Bevölkerung der ausufernden Städte zu ernähren, es gibt wenig regionalen Handel und viel Monokultur. Militärausgaben für die Machthaber gehen zu Lasten bezahlbarer Nahrung für die Menschen. 55 Nun bleibt nur die Hoffnung – auch wenn nicht viel Anlass zu weiteren Hoffnungen besteht -, dass in Johannesburg eine neue, aussichtsreichere Etappe eingeleitet wird. Dazu erklären wir erneut, dass die Europäische Union dort eine wichtige Rolle bei der Verteidigung des Rechts der ärmsten Länder übernehmen muss, ihre Fischereiressourcen zu schützen und ihre Agrarwirtschaften zu entwickeln, damit sie ihre Nahrungsmittelsouveränität im Rahmen einer erstrebenswerten nachhaltigen Entwicklung sichern können. 3-151 Feierliche Erklärungen und das Wiederholen früherer Schlussfolgerungen sind keine Äußerungen eines wirklichen politischen Willens, sondern der Versuch, darüber hinwegzutäuschen, dass gerade der nicht vorhanden ist. Den hungernden Menschen reicht es. Sie haben die Nase voll von schönen Worten. 3-150 Miranda (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident! Es vergeht ein Weltgipfel nach dem anderen und mit ihnen die Hoffnung auf bessere Tage für die Menschheit. So wie in Monterrey erreichte jetzt auch der Welternährungsgipfel bei weitem nicht die viel versprechenden Ziele, die seine ursprüngliche Tagesordnung erwarten ließ. Doch dieser Gipfel der FAO konnte das bestätigen, was wir ständig erklärt haben: Die 1996 festgelegten Ziele für den Kampf gegen Hunger und Unterernährung wurden nicht im Entferntesten erreicht und rücken möglicherweise in immer weitere Ferne. Das ist so, obwohl doch das Recht auf eine gesunde und ausreichende Ernährung ein Grundrecht aller Menschen ist. Dies geschieht nun aber, weil es an einem Zielprogramm fehlt, weil Mittel fehlen, weil geeignete Leitlinien und Maßnahmen fehlen (besonders solche, die auf den Zugang der Bevölkerungen zu Grund und Boden und zu Wasser abstellen und, wie es wünschenswert wäre, auf der Konzeption einer nachhaltigen Entwicklung beruhen, bei der das Recht auf Nahrungsmittelsouveränität und die Unterstützung für landwirtschaftliche Familienbetriebe und die gemeinschaftliche landwirtschaftliche Nutzung wesentliche Elemente darstellen müssen), weil eine richtige Politik der Vermögensverteilung fehlt und weil vor allem der politische Wille fehlt, was sich ja sehr deutlich an der geringen Zahl von Staats- und Regierungschefs der entwickelten Länder in Rom zeigte. Hinzu kommt noch, dass es gleichzeitig sehr viele Störfaktoren gibt, die eine Umkehrung der gegenwärtigen dramatischen Situation verhindern, wie etwa die unumschränkte Priorität, die man den Handelsaspekten und den ultraliberalen Politiken einräumt, die den reichen Ländern für ihre Warenausfuhren im Primärsektor gewährten Hilfen, wie bei den neuesten nordamerikanischen Entscheidungen in diesem Bereich ganz deutlich wurde, oder sogar die jetzige ungerechtfertigte Förderung der Biotechnologien. Rod (Verts/ALE). – (FR) Leider ist auf dem Welternährungsgipfel der FAO deutlich geworden, dass die von mir vor anderthalb Monaten in unserem Plenum geäußerten Befürchtungen durchaus berechtigt waren. Die Tatsache, dass dreizehn europäische Staatsoberhäupter bei diesem Gipfel nicht präsent waren, sowie der Antrag des italienischen Ministerpräsidenten, den Abschluss der Konferenz aufgrund eines Fußballspiels vorzuziehen, machen deutlich, wie gering offenbar das Interesse ist, das in unseren Ländern dem Hunger in der Welt entgegengebracht wird. Die Zahl internationaler Konferenzen – Monterrey, Rom und Johannesburg – nimmt zu. Man will den Eindruck erwecken, die Entwicklung stünde im Mittelpunkt der europäischen Bemühungen. Zugleich jedoch wird der Rat „Entwicklung“ der Europäischen Union und bald vielleicht auch die GD „Entwicklung“ abgeschafft. Und man unterlässt es, sich an der Unterstützung der ärmsten Bevölkerungen zu beteiligen oder eine wie auch immer geartete bindende Verpflichtung zu ihren Gunsten einzugehen. Eine weitere enorme Enttäuschung, die dieser Gipfel bereitete, ist, dass man sich - wie bereits in Monterrey bzw. noch schlimmer - damit begnügte, die schon vorher angenommenen Verpflichtungen zu bestätigen, und sich nicht in der Lage sah, die zu ihrer Verwirklichung erforderlichen konkreten Mittel bereitzustellen. Herr Berlusconi wagte es sogar, angesichts der kritischen Lage, in der sich die Entwicklungsländer befinden, die Verantwortung der Industrieländer in Zweifel zu ziehen. „Hilf dir selbst, dann wird dir der Himmel helfen“, führte er an. Genauso, wie die WTO den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union hilft, ihre Subventionen für den Export landwirtschaftlicher Erzeugnisse aufrechtzuerhalten bzw. noch zu erhöhen, was dem von eben diesen Staaten gepredigten heiligen Grundsatz des Freihandels zuwiderläuft und dennoch umfassend zu Lasten der armen Länder praktiziert wird, die hauptsächlich Rohstoffe ausführen. Wie soll man einer amerikanischen Regierung, die jüngst ihre Subventionen für den Baumwollsektor erhöht hat, oder den europäischen Staaten, die es ablehnten, sich in Doha über einen Zeitplan für den Abbau ihrer Subventionen für die Ausfuhren landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu einigen, noch Glauben schenken? Wir sind über die vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Entschließung enttäuscht, da sie es 56 unterlässt, die Kluft zwischen den Worten und den Taten unserer Regierungen zu missbilligen. Die römischen Kaiser handelten seinerzeit im Hinblick auf die Ärmsten der Armen nach der Devise - Brot und Spiele. Ich glaube, Spiele fanden in Rom diesmal wohl statt, aber das Brot wurde vergessen. 3-152 Ó Neachtain (UEN). – (EN) Herr Präsident, ich freue mich sehr, dass ich heute hier sein darf und an meinem ersten Tag als Mitglied des Europäischen Parlaments zum ersten Mal Gelegenheit habe, vor diesem Haus zu sprechen. Die Tatsache, dass der Welternährungsgipfel in den vergangenen Monaten bereits zweimal auf der Tagesordnung dieses Hauses stand und Gegenstand von Aussprachen und Entschließungen war, ist ein wichtiges Signal für die hohe Priorität, die wir dem Problem des Welthungers einräumen. Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zu gesunden und nahrhaften Lebensmitteln und der Schutz vor Hunger gehört zu den Grundrechten. Hunger und Unterernährung sind nicht darauf zurückzuführen, dass auf der Welt nicht genug Nahrung für alle vorhanden ist. Schätzungen zufolge leiden derzeit etwa 815 Millionen Menschen an Hunger. Das können wir unter keinen Umständen hinnehmen, und wir in der reichen westlichen Welt, in der kein Mangel an Nahrungsmitteln herrscht, sind moralisch verpflichtet, etwas gegen diese Situation zu unternehmen. Herr Präsident, wenn Sie nun erlauben, würde ich die Gelegenheit meiner Antrittsrede in diesem Haus gerne dazu nutzen, um ein paar Worte in meiner Muttersprache, der irischen Sprache, zu sagen. Tá an rímeád orm bheith in ann freastal anseo mar theachta le h-aghaidh Cúige Connacht/Uladh in Éirinn. Molaim an dea-seirbhís a thug mo réamhtheachtaí san áras seo, Pat the Cope Gallagher atá anois mar bhall do Rialtas na h-Éireann. Gealaim fhreastail go díograsach ar mhuintir mo Réigiún, go mormhór maidir leis na polaisaithe a bhaineann le saol laethiúil na ndaoine faoin tuath agus sna bailte beaga. Chaith mé níos mó ná ocht bliain mar bhall de Coiste na Réigiúin agus creidim go láidir ar thabhacht na réigiúin agus chumhacht a bhronnadh orthu chun gnéithe lárnacha dár saol a dhíriú dóibh féin. Tá aithne maith agam ar na rudaí sa réimse Eorpach a chuireann faitíos ar chosmhuintir iarthair na h-Éireann faoi láthair. Táimse an-ghar de lucht na feirme agus lucht an éisc agus tuigim go bhfuil athruithe móra san aer mar gheall ar pholaisaithe a leasú. Deirim anois go soiléir é, ionas go mbéadh sé cláraithe, seasfaidh mé taobh le taobh le muintir na tuaithe agus déanfaidh mé polasaithe a chosaint a thabharfaidh saol maith dos na daoine sin agus a gheallfaidh todhchaí cinnte dos na glúinta atá le theacht. 03/07/2002 Ar thaobh na talmhaíochta, caithfimid an Polasaí Comónta a choiméad agus a shabháil ó na h-ionsaithe atá ag teacht ó ghrúpaí agus ó thíortha a bhfuair mórán ón Eoraip agus an Margadh Comónta Inmhéanmach. Is polasaí é a thug seirbhís maith do mhuintir na h-Eorpa agus oireann sé do roinnt daoine dearmad a dhéanamh ar an mhéid sin agus Tógáil na h-Eorpa a fheiceáil mar cheist shimplí cuntais bhainc. Tá fhios agam go bhfuil díospóireacht faoi gnéithe áirithe den Pholasaí Comónta na h-Iascaireachta níos déanaí agus tá súil agam go mbeidh seans agam roinnt pointí a rá ar an polasaí síud. Déarfaidh mé abairt amháin ag an bpointe seo: ní féidir le phobal a bhraitheann ar an bhfarraige glachadh leis na moltaí is déanaí a rinne an Coimisiúin. Chun críochníu, ba mhaith liom a rá go cruinn agus go sóiléir, mar teachta ó Éirinn, go mbeidh aidhm pholaitíuil amháin agam idir é seo agus an Fhomhair, sé sin tábhacht Chonraidh Nice a chur in iúil do mhuintir Connacht / Ulaidh chun go nglacfar leis san dara reifreann a bheidh againn in Éirinn roimh deireadh na bliana. (Ich bin stolz darauf, dass ich die Möglichkeit erhalten habe, dem Volk von Connaught-Ulster, Irland, zu dienen. Ich möchte die Verdienste meines Vorgängers, Pat the Cope Gallagher, würdigen, der nun Mitglied der irischen Regierung ist. Ich verpflichte mich, der Region, die ich vertrete, gewissenhaft zu dienen. Dies gilt insbesondere für die Politiken, die das tägliche Leben der Menschen in den ländlichen Gemeinden betreffen. Als Mitglied des Ausschusses der Regionen, dem ich seit acht Jahren angehöre, bin ich davon überzeugt, dass die Regionen eine wichtige Rolle spielen und ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden muss, die Entscheidungen über so viele Aspekte zu treffen, die ihre Gemeinden betreffen. Ich weiß, dass es derzeit bestimmte Elemente der europäischen Politik gibt, die bei der Bevölkerung im westlichen Teil Irlands Besorgnis ausgelöst haben. Ich kenne die Situation der Gemeinden, die von der Fischerei und der Landwirtschaft leben, und ich weiß, dass die Vorschläge für diese Politikbereiche, die derzeit diskutiert werden, problematisch sind. Ich möchte zu Protokoll geben und klar zum Ausdruck bringen, dass ich mich für die ländlichen Gemeinden einsetzen und die Politiken unterstützen werde, die diesen Gemeinden ein annehmbares Leben und eine Zukunft für kommende Generationen ermöglichen. Was die Landwirtschaft betrifft, so ist die GAP eine Politik, die gegen die Angriffe von Ländern oder Gruppen verteidigt werden muss, die gerne vergessen, welche Vorteile ihnen der Binnenmarkt gebracht hat und wie wichtig der soziale und wirtschaftliche Zusammenhalt ist. Die GAP hat den Menschen in Europa gute Dienste geleistet, und dies ist eine Tatsache, die diejenigen wohlweislich übersehen, die 03/07/2002 den Aufbau Europas auf den buchhalterischen Aspekt reduzieren wollen. Mir ist bekannt, dass eine Aussprache über den Fischereisektor folgen wird und ich hoffe, dass ich dann Gelegenheit zu einer Stellungnahme haben werde. Ich möchte an dieser Stelle jedoch bereits klarstellen, dass die aktuellen Vorschläge der Kommission völlig untragbar für die Gemeinden sind, die weitgehend vom Fischfang abhängig sind. Lassen Sie mich noch kurz darauf hinweisen, dass für mich als irischer Abgeordneter das wichtigste politische Ziel bis zum kommenden Herbst darin besteht, die Menschen von Connaught-Ulster im Vorfeld des bevorstehenden Referendums von der Bedeutung des Vertrags von Nizza zu überzeugen, in der Hoffnung, dass der Vertrag noch vor Ende des Jahres ratifiziert werden kann.) 3-153 Sandbæk (EDD). – (DA) Herr Präsident, achthundert Millionen Menschen auf der Welt leiden heute an Unterernährung. Als 1996 der erste Welternährungsgipfel stattfand, waren es etwa ebenso viele. Wir sollten es deutlich sagen: Der Kampf gegen den Hunger in der Welt war nicht erfolgreich. In diesem von vielen Kollegen erwähntem Kontext ist es beschämend, die Gleichgültigkeit der politisch Verantwortlichen der westlichen Welt zu erleben, die sie mit ihrem Fernbleiben vom letzten Welternährungsgipfel in Rom im vergangenen Monat bekundet haben. Ursache des Hungers in der Welt ist in hohem Maße die heuchlerische Politik auch der EU. Diese Politik, die offiziell den ärmsten Menschen der Welt dienen soll, wird zu stark von den eigenen begrenzten außen- und handelspolitischen Interessen bestimmt. Offiziell treten die Europäische Union und die anderen westlichen Organisationen für Freihandel und Liberalisierung als Lösung für alle möglichen Probleme ein. Aber die Liberalisierung umfasst in Wirklichkeit nur die Entwicklungsländer, und die Forderung nach Liberalisierung beraubt sie ihrer Möglichkeiten zum Aufbau einer selbständigen, nachhaltigen Produktion. Oxfam hat in diesem Jahr einen Bericht veröffentlicht, dem zufolge die EU ihren Markt gegenüber den Entwicklungsländern am stärksten abgeschottet hat. Es ist an der Zeit, dass wir in unserem eigenen Haus aufräumen und das Übel an der Wurzel packen. Wenn wir den Hunger erfolgreich bekämpfen wollen, haben wir ein gutes Stück Arbeit vor uns. Wir könnten damit beginnen, die protektionistischsten Agrarbeihilferegelungen aufzuheben und unsere Fischereiabkommen mit Drittländern, die dazu beitragen, dass den ärmsten Ländern der Welt die Existenzgrundlage entzogen wird, außer Kraft zu setzen. Wir sollten unsere Entwicklungshilfepolitik wirklich auf die Bekämpfung der Armut ausrichten und nicht zulassen, dass sie vom Kampf gegen Einwanderung, Terrorismus und der Rücksicht auf die eigenen Arbeitsplätze dominiert wird. Schließlich könnten wir 57 das Recht der armen Länder auf eine eigene Produktion und auf den Zugang zu Wasser, Boden und biologischer Vielfalt unterstützen, was ebenfalls wichtig ist. 3-154 Mantovani (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, auf dem jüngsten in Rom durchgeführten Welternährungsgipfel haben 182 Nationen erneut ihr Engagement zur Ausmerzung des Hungers, an dem weltweit immer noch mehr als 800 Millionen Menschen leiden, bekräftigt. Fünf Jahre nach dem ersten Welternährungsgipfel von 1996 müssen wir bedauerlicherweise feststellen, dass das Ziel, die Zahl der unterernährten Menschen bis 2015 zu halbieren, deutlich verfehlt wurde. Dies Diskrepanz zwischen Versprechen und Realität muss unbedingt überwunden werden. Die Notwendigkeit, dieses Übel zu bekämpfen, wird auch durch die Erwägung verstärkt, dass der Hunger sowohl Ursache als auch Folge von Armut ist. Ein hungernder Mensch ist kein freier Mensch; er ist ein verzweifelter Mensch und kann leicht davon überzeugt werden, sich an verzweifelten Aktionen bzw. Konflikten, internationalem Verbrechen, Drogen- und Menschenhandel, illegaler Einwanderung und Terrorismus zu beteiligen. Es besteht kein Zweifel, dass die westliche Welt diesem Problem verstärkte Aufmerksamkeit widmen muss, und die Verpflichtung, 0,7 Prozent des BIP der Industrieländer dafür bereitzustellen, ist aktueller denn je, auch weil, wie John Fitzgerald Kennedy sagte, „sich niemand als reich betrachten kann, wenn seine Nachbarn arm sind“. Deshalb brauchen wir konkrete Taten und Projekte. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um zu verhindern, dass, wie aus demographischen Untersuchungen hervorgeht, zu den gegenwärtigen 4 Milliarden Menschen, die vom Wohlstand ausgeschlossen sind, weitere 2 Milliarden hinzukommen. Die verantwortliche Regierungsführung in den Entwicklungsländern bleibt gleichwohl eine wesentliche Bedingung für die Verstärkung der Zusammenarbeit, die für die Erreichung der festgelegten Ziele unverzichtbar ist. Der Zugang zur Information, wie er vom italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi anstatt des von Herrn Rod erwähnten nachlassenden Engagements vorgeschlagen wurde, und das neue Modell der digitalisierten Staatsorganisation zur Bekämpfung der Korruption und Erhöhung der Effizienz würden sicher mehr Transparenz bei der Verwendung der Mittel für die Entwicklungshilfe schaffen. Außerdem ist es erforderlich, im Wege einer Konferenz der FAO-Mitgliedstaaten dringend die Frage einer korrekten Funktionsweise der FAO anzupacken. Ihre Tätigkeit und Verwaltung müssen reformiert und rationalisiert werden, um ihre Transparenz und Effizienz zu erhöhen und zu korrekteren Aktionen und Ergebnissen zu gelangen. Ich werde die Gelegenheit haben, in Johannesburg gemeinsam mit der Delegation des Europäischen Parlaments zu überprüfen, ob die Europäische Union wirklich imstande sein wird, konkrete politische Verpflichtungen mit einem präzisen 58 03/07/2002 Zeitplan zu übernehmen oder andere zur Übernahme solcher Verpflichtungen zu bewegen, deren Verwirklichung auf einer effektiven Partnerschaft beruhen muss. Repräsentanten der Europäischen Union aus Johannesburg mit konkreten Verpflichtungen und Aktionsplänen, über die wir Rechenschaft verlangen werden, zurückkehren. 3-155 Ich freue mich sehr, dass uns der Herr Kommissar eine sehr konkrete Mitteilung über einen globalen Plan zur Bekämpfung der Armut vorlegen wird. Wir erwarten diese Mitteilung mit Ungeduld. Sauquillo Pérez del Arco (PSE). – (ES) Herr Präsident, die Zusammenkunft von Johannesburg ist – wie bereits gesagt wurde – der dritte große Gipfel zur Festlegung der internationalen Strategie zur Bekämpfung der Armut. Der erste Gipfel war der von Monterrey zur Entwicklungsfinanzierung, der bescheidene Ergebnisse brachte; der zweite, der von Rom, über die Ernährung endete ohne effektive Ergebnisse. Die letzte Chance bietet dieser Gipfel von Johannesburg zur nachhaltigen Entwicklung, auf dem man – abgesehen davon, dass man diesbezügliche Kompromisse erzielen muss – mit konkreten Maßnahmen wieder aufgreifen sollte, was man auf den früheren Gipfeln versäumt hat, und zwar, wie es der Herr Kommissar gesagt hat, aus globaler Sicht. Die in diesen Gipfel gesteckten Erwartungen sind dementsprechend groß, und vor allem trägt die Europäische Union eine enorme Verantwortung. Zum Scheitern von Rom kommt hinzu, dass die 1996 vereinbarten Zielsetzungen, die Zahl der Hungernden in der Welt bis 2015 zu halbieren, revidiert werden müssen. Es wurde bereits eingestanden, dass dieses Ziel nicht realisierbar ist, weil der politische Wille zu notwendigen Anstrengungen fehlt. Ich hoffe, dass wir unter dem derzeitigen dänischen Vorsitz angesichts seiner Aufgeschlossenheit in dieser Frage einige Verbesserungen erzielen werden. Wir, und vor allem die Entwicklungsländer, können uns aus Gründen des Überlebens keine weiteren Fehlschläge leisten. Man kann nicht einen Gipfel nach dem anderen ohne Ergebnis beenden. Daher müssen wir sehr konkrete, realistische Vorschläge unterbreiten, die wir der Kommission und dem Rat übergeben wollen: einen Verhaltenskodex zur Gewährleistung der Ernährung, der berücksichtigt, dass es sich dabei um ein Grundrecht des Menschen handelt, und einen Notfallplan zur Eindämmung der Hungersnöte und der Lebensmittelknappheit, von denen derzeit 14 Millionen Menschen in Afrika betroffen sind. Es handelt sich um konkrete Maßnahmen, zu denen Rat und Kommission einen globalen Kompromiss erzielen müssen. Den übrigen im Entschließungsantrag hervorgehobenen Maßnahmen stimme ich zu, insbesondere den Gedanken zum Gemeinschaftshaushalt und zum EEF, zur größtmöglichen Abstimmung zwischen bilateralen und multilateralen Geldgebern, zur Bedeutung von Mikrokrediten und der Bildung einer Allianz gegen Hunger und Armut. Als Haupthilfespender sind die Repräsentanten der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten zur Herbeiführung des notwendigen Gipfelerfolgs befähigt; dabei ist der Erfolg kein voluntaristischer Wunsch dieses Parlaments, sondern gemäß den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Sevilla eine Verpflichtung der europäischen Regierungschefs. Wir erwarten sehnlichst, dass die 3-156 Boudjenah (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident! Beruft man sich auf die Prognosen über die Senkung der Zahl der von Unterernährung betroffenen Personen, die vom derzeitigen „Entwicklungstempo“ ausgehen, wird es noch ein ganzes Jahrhundert dauern, bis dem Hunger in der Welt ein Ende gesetzt wird. Reichen denn diese Gegebenheiten noch nicht aus, um die diesbezüglich praktizierten Politiken gründlich in Frage zu stellen? Die von den Industriestaaten für ihre eigene Landwirtschaft eingesetzten Subventionen sind 48-mal höher als die für die Landwirtschaft der armen Länder ausgegebenen Beträge. Die Tatsache, dass landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Ländern mit ausgesprochen ungleichen Produktionssystemen einer direkten Konkurrenz ausgesetzt werden, sowie die Praktiken der ausführenden Länder, die noch zu den Risiken der Abhängigkeit des Südens von der Spezialisierung ihres Exports auf ein oder zwei Grunderzeugnisse hinzukommen, bedroht langfristig die künftige Ernährung der Bevölkerung auf drei Vierteln unseres Planeten. Die Auswirkungen dieser Praxis, die nach der gängigen Formel voll und ganz im Einklang mit den WTOAbkommen steht, sind für jedermann erkennbar: sie sind tödlich! Der Gipfel von Johannesburg könnte Gelegenheit bieten, andere Entscheidungen zu treffen und bislang unerforschte Wege einzuschlagen, beispielsweise den Entwicklungsländern das Recht zu garantieren, ihre Landwirtschaft und damit die Ernährungssicherheit vor den transnationalen Unternehmen zu schützen und den örtlichen Verarbeitungssektor der landwirtschaftlichen und Nahrungsmittelproduktion zu unterstützen. Warum kann die Einrichtung eines speziellen Fonds zur Gewährleistung der tatsächlichen Umsetzung aller dieser Ziele nicht in die Tat umgesetzt werden? Der Direktor der FAO bezifferte die Mittel, die notwendig sind, um dieses Ziel zu erreichen, auf zusätzlich 24 Milliarden Dollar jährlich. Allerdings bestätigte das Fernbleiben der Staatschefs vom FAO-Gipfel das Widerstreben, weitere Haushaltsmittel zu veranschlagen. Das kann nur Beunruhigung hervorrufen. Es gibt nur einzige Antwort auf die Forderungen der armen Länder, die Wirkung verspricht - anlässlich des Völkerforums, das unlängst in Sibi (Mali) stattfand, haben diese Länder die unverzügliche und bedingungslose Streichung der Auslandsschulden Afrikas sowie eine gerechte Bezahlung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und anderer Rohstoffe verlangt. Diesen Preis gilt es zu zahlen, damit auf unserem Planeten kein Hunger mehr herrscht. 3-157 03/07/2002 Belder (EDD). – (NL) Die FAO hat die reichen Länder vor dem Welternährungsgipfel aufgerufen, 24 Milliarden Dollar zusätzlich bereitzustellen, um die Zahl der Hungernden bis zum Jahr 2015 halbieren zu können. Von einem diesbezüglichen energischen Ansatz war auf dem Welternährungsgipfel in Rom nichts zu spüren. Politischer Wille und hohe Priorität für die Bekämpfung des Hungers liegen in weiter Ferne, was sich sowohl an der Beteiligung am Gipfel als auch an der Bereitstellung von Mitteln zeigt. Auch die Gruppe der 8 wichtigsten Industrieländer hat beschlossen, keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. In der Tat ist Geld nicht der wichtigste Faktor im Kampf gegen den Hunger. Die Hauptursachen sind Marktabschottung, ineffiziente Verwaltung und Krieg. Die wirksame Bekämpfung des Hungers erfordert dennoch eine höhere Investition. Der neue Plan der G8 verdient angesichts des Scheiterns früherer Pläne für Afrika eine kritische Betrachtung. Dadurch, dass man die Hilfe an Bedingungen knüpft, wird ganz sicher ein Anreiz für die dringend erforderliche Verbesserung der Verwaltung in den Empfängerländern geschaffen. Der vorige Plan scheiterte jedoch, weil sowohl die reichen als auch die armen Länder ihre Zusagen nicht eingehalten haben. Es gibt zu denken, dass vor allem die reichen Länder den Vereinbarungen nicht nachgekommen sind, beispielsweise in Bezug auf Marktöffnung, mehr Investitionen und umfangreichere Entwicklungshilfe. Neben diesem Aktionsplan für Afrika besteht dem Vernehmen nach ein neuer Plan der FAO. Ich bitte den Kommissar, das Parlament darüber genauer zu informieren und seine Meinung dazu zu äußern. 3-158 Stenzel (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Minister, Herr Ratsvorsitzender, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen wieder einmal nach einem Welternährungsgipfel und vor einem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung. Gipfelkonferenzen, die mehr sein sollten als Lippenbekenntnisse zur weltweiten Bekämpfung der Armut und des Hungers. Trotzdem hat sich an der Schreckensstatistik von 800 Millionen Unterernährten, davon 300 Millionen Kinder, nichts geändert. Noch immer sterben täglich 24.000 Menschen an Unterernährung. Das Wachstum der Weltbevölkerung bis 2020 um 2,5 Milliarden Menschen bedeutet, dass fast 90 % dieses Zuwachses auf die Entwicklungsländer entfallen. Die Gefahr eines weiteren Auseinanderklaffens zwischen Wohlstand und Armut wird somit größer und nicht geringer. Laut FAO sind wir weit davon entfernt, unser Ziel von vor sechs Jahren zu erreichen, die Zahl der Hungernden dieser Welt bis zum Jahr 2015 zu halbieren. Der Kampf gegen Hunger und Verelendung ist gleichzeitig ein notwendiger Kampf gegen Terror, internationale Kriminalität und illegale Migration. Dieser Kampf muss einen ganzheitlichen Ansatz haben. Ländliche Entwicklung und Lebensmittelsicherheit müssen im Zentrum der Länderstrategien stehen. Der Zugang zu 59 Bildung und Fertigkeiten muss gefördert werden. Wasser, erneuerbare Energien, Gesundheit und Landwirtschaft müssen auf der Prioritätenliste einer neuen Partnerschaft zur Bekämpfung des Hungers in der Welt stehen. Außerdem brauchen wir klare Ziele und Zeitvorgaben, sonst bleiben alle diese Programme leere Versprechungen. Natürlich geht es auch um Öffnung der Märkte. Allerdings darf das Instrument everything but arms nicht überschätzt werden. Auch die USA müssen im Rahmen der WTO hier ihre Politik adaptieren. Von einer Arbeitsteilung, wie sie manche ins Treffen führen, nach der die entwickelte Welt Industrie und Hightech liefert und die restliche unterentwickelte Welt für globale Ernährung zuständig ist, halte ich nichts. Auch ist nicht alles nur auf mangelhafte Verteilung und Umverteilung zurückzuführen. Das Prinzip der Good Governance muss eingefordert und eingehalten werden. Die Enteignung der weißen Farmer in Simbabwe gehört nicht dazu und wird das südliche Afrika nur weiter schnurstracks in den Hunger führen. Auch hier bedürfte es der internationalen und europäischen Entrüstung. (Beifall) 3-159 Fava (PSE). – (IT) Herr Präsident, dem Herrn Kommissar und dem Herrn Ratspräsidenten wird wohl nicht entgangen sein, dass auf dieser Aussprache der Verdacht einer gravierenden Scheinheiligkeit lastet. Vor einigen Tagen hat der FAO-Generaldirektor Jacques Diouf darauf hingewiesen, dass sechs Jahre nach dem Welternährungsgipfel von 1996 „für die Hungernden in der Welt ständig die Totenglocke läutet“. Alle Kolleginnen und Kollegen haben daran erinnert, dass weltweit 800 Millionen Menschen – darunter 300 Millionen Kinder – an Hunger leiden und täglich 24 000 Menschen an Unterernährung sterben. Herr Diouf hat erklärt, dass die Versprechen nicht gehalten wurden. Schlimmer noch, die Taten stehen im Widerspruch zu den Worten. Welche Taten wurden erwartet? Hier einige Beispiele: Es sollte in die Millennium goals, d. h. in die Bereiche Landwirtschaft, Gesundheits- und Bildungswesen, investiert werden, weshalb der Entwicklungshilfebeitrag der G8-Länder auf 0,7 Prozent des BIP erhöht werden sollte. Davon sind wir sehr weit entfernt, wenn wir bedenken, dass das reichste Land der Welt, die Vereinigten Staaten von Amerika, nur 0,1 Prozent, das heißt 34 Dollar pro Kopf, bereitstellen. Zum Schaden haben die reichen Länder auch noch den Spott, weil sie dieses wichtige Gipfeltreffen versäumt haben. Es fehlten der Präsident der USA, der Präsident Russlands, die Staats- und Regierungschefs Japans, Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs und Kanadas. Lediglich Herr Prodi hat als Repräsentant der Europäischen Union teilgenommen. All dies wirft gefährliche und unheilvolle Schatten auf den Johannesburg-Gipfel am 26. August. Wir sollten uns selbst in Erinnerung bringen, dass wir noch nicht viele 60 03/07/2002 Beweise für den Aufruf zur Behandlung und Lösung dieses brennenden Problems haben. 3-160 VORSITZ: RENZO IMBENI Vizepräsident 3-161 Santini (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, Herr Minister, es ist wohl wahr, dass das Scheitern der UNO bzw. des Plans zur Bekämpfung des Hungers auch auf die mangelnde Sensibilität vieler Regierungen zurückzuführen ist. Doch gewiss nicht der italienischen – und ich bedauere es, dass ein Kollege von den Linken die Gelegenheit nicht versäumt hat, sogar zu einem so schlimmen und heiklen Thema eine düstere politische Spekulation anzustellen –, dessen Ministerpräsidenten Berlusconi, daran möchte ich erinnern, es in Genua während des G8-Gipfels gelungen ist, eine Bresche zu schlagen, indem er die Bewilligung einer ersten Tranche über 750 Millionen Euro aus einem neuen Paket von 3 000 Milliarden Lire, also 1 500 Millionen Euro, durchsetzte. Das ist eine konkrete Verpflichtung, weshalb derartige Anschuldigen völlig Fehl am Platze sind. Es stimmt, dass sich weltweit immer neue Hungerherde auftun, und nicht nur dort, wo der Krieg als Alibi herhalten muss oder Auslöser ist. Dieses Szenario wurde ausführlich in der FAO, u. a. während der letzten Matinee am Donnerstag, dem 13. Juni, behandelt, als es insbesondere um die Berggebiete in der Welt ging, wo Hunger und Armut zunehmend akuter sind und in ihrer schlimmsten Form zum Ausdruck kommen. Auf dieser Veranstaltung, an der ich als Berichterstatter teilgenommen habe, da ich 1998 Initiator einer Entschließung über die Berggebiete in diesem Parlament gewesen bin, wurde auch hervorgehoben, dass man nicht erst Kriegsszenarien oder entlegene Regionen suchen muss, um sogar in unserem hochzivilisierten Europa Zeichen einer Besorgnis erregenden Zunahme von Verwahrlosung, Elend oder auch Hungerplagen in Berggebieten zu erkennen. Just in dem von der UNO proklamierten Internationalen Jahr der Berge gelangt nun diese Botschaft von der Versammlung der FAO direkt in dieses Parlament. Es gilt daher, die Berge in den Vordergrund zu rücken, ihnen besondere Aufmerksamkeit zu widmen und ihnen ihre Besonderheit zurückzugeben, vor allem aber darf man sich nicht schämen, sie als ein potenziell armes Gebiet zu betrachten. Kurz und gut, die Geißel der Armut kann nicht nur bekämpft, sondern ihr kann auch vorgebeugt werden. 3-162 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich möchte mich für die engagierten Redebeiträge bedanken, die ich als Mitglied des Parlaments selbst gerne gehalten hätte. Man kann die Beiträge in etwa folgendermaßen zusammenfassen: Die Richtung der EU-Bemühungen stimmt, aber es wird zu wenig erreicht. So habe ich die meisten Redebeiträge verstanden, und es ist natürlich richtig, dass Gipfeltreffen allein noch keinen Hunger beseitigen. Das tut auch diese Debatte nicht, aber wie die Gipfeltreffen trägt auch sie dazu bei, auf die Probleme aufmerksam zu machen, auf die der Entwicklungsländer ebenso wie auf die der Industrieländer, die dazu führen, dass zu wenig getan wird. Was den Gipfel in Johannesburg anbelangt, so legt die Präsidentschaft großen Wert darauf, dass ein Global Deal über die Rechte und Pflichten erreicht wird, der den Zugang zu unseren Märkten einschließt, der aber auch denjenigen Pflichten auferlegt, die diesen Zugang erhalten. Wir wissen nicht, wie weit wir kommen werden, aber wir müssen über den gesamten Problemkomplex sprechen, denn wir brauchen tatsächlich einen Global Deal. Ich möchte betonen, dass wir trotz allem etwas erreicht haben, denn wir leisten über 50 % der Entwicklungshilfe in der Welt. Wir haben die „Everything but Arms“-Initiative gestartet und treten für die Umsetzung der Entwicklungsagenda von Doha ein. Immerhin gibt es diese Agenda, und es wurden Zusagen gegeben, zu deren Einhaltung jetzt alle Seiten verpflichtet werden müssen. Wir dürfen bei der Debatte über diese fast unüberwindlichen und unüberschaubaren Probleme dennoch nicht den Mut oder die Lust verlieren, mehr zu tun. Wenn wir nämlich die Hoffnung aufgeben, verlieren wir die Motivation für weitere Aktionen. Wir müssen uns einerseits die Fortschritte vor Augen halten und uns andererseits gegenseitig versprechen, mehr zu tun. Im Namen des Rates und der Präsidentschaft möchte ich versichern, das wir unsere Anstrengungen in Johannesburg verstärken werden. Es wird nicht einfach sein, und ich kann nur versprechen, dass wir uns bemühen werden. Ich glaube, der Herr Kommissar wird sich anschließend in ähnlicher Weise äußern, und ich möchte ihm für das Engagement danken, das er über viele Jahre hinweg für dieses Thema gezeigt hat, das wir heute hier diskutieren. 3-163 Nielson, Kommission. – (EN) Herr Präsident, ich danke dem Ratsvorsitz für seine Ausführungen und den Mitgliedern für ihre Beiträge. Einige haben sich auf das eigentliche Thema konzentriert, andere auf den Zusammenhang zwischen dem dramatischen Bevölkerungswachstum und der Zahl der Menschen, die noch immer nicht genug zu essen haben. Dies sind zwei sich gegenseitig ergänzende Probleme, die mich an die emotionsgeladene Abstimmung über die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte heute in diesem Haus erinnern. Diese Probleme sind eng miteinander verknüpft, und es ist nahezu unmöglich, wirksame Schritte zur Bekämpfung des Hungers zu unternehmen, ohne sich gleichzeitig mit den Problemen der Bevölkerungspolitik auseinander zu setzen. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der für mich immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist der direkte Zusammenhang zwischen Konflikten und Hunger. Tansania ist ein Land, in dem, so lange wir zurückdenken können, eine halbe Million Flüchtlinge in Lagern leben. Sie alle brauchen Nahrungsmittel. Sie alle erhöhen die Zahl der Menschen, 03/07/2002 denen wir helfen müssen, damit sie überleben können. Die Situation könnte auch anders sein. Der Hunger der Menschen, die Opfer von Konflikten sind, ist eine durch den Menschen verursachte Katastrophe. Optimisten betrachten diese Situation als von uns veränderbar. Das Problem kann nicht einfach durch die Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion gelöst werden, wichtig ist auch, dass Frieden und ein Mindestmaß an Anstand und Regeln geschaffen werden. Einige Redner haben die Abwesenheit von Staats- und Regierungschefs unserer Mitgliedstaaten angesprochen, aber Präsident Prodi und ich haben auf dem Welthungergipfel die Kommission vertreten und unsere Position unmissverständlich klargestellt. Viele andere, wie zum Beispiel Herr van den Berg, Herr van den Bos, Frau Sandbæk und weitere Mitglieder des Parlaments, sind auf den Zusammenhang zwischen unserer Agrarpolitik in Europa und Handelsfragen eingegangen. Ich möchte betonen, dass wir diesen übertriebenen EuroMasochismus vermeiden müssen, der oft zu spüren ist, wenn wir über diese Themen sprechen. Frau Sandbæk möchte ich darauf aufmerksam machen, dass auch die Tatsache, dass Oxfam Zahlen vorgelegt hat, nach denen die EU der am stärksten abgeschottete Handelsblock auf diesem Gebiet ist, nichts an der nach wie vor bestehenden Realität ändert, dass wir in Europa mehr Nahrungsmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der Dritten Welt importieren, als die USA, Japan, Kanada und die anderen OECD-Länder zusammengenommen. Das ist nach wie vor die Realität. Deshalb sollten wir nicht allzu masochistisch sein. Es trifft zu, dass die Subventionen ein großes Problem darstellen. Daran besteht heute kein Zweifel mehr und dies wird eines der Hauptthemen beim Gipfeltreffen in Johannesburg sein. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Die OECD-Länder geben jährlich 350 Mrd. USD für Subventionen aus, für die Entwicklungszusammenarbeit dagegen nur 50 Mrd. USD. Glücklicherweise sind wir in Europa bei unserer internen Analyse der Frage, was wir tun können, zu Schlussfolgerungen und Überlegungen gelangt, die in dieselbe Richtung gehen, wie die weltweit erhobenen Forderungen. Die Erkenntnis lautet übereinstimmend: „Reform und Reduzierung von Subventionen“. Wir hoffen, dass wir dabei Fortschritte erreichen können. Herr van den Bos hat darauf hingewiesen, dass es zu viel Monokultur und zu wenig Ernährungssicherheit gibt. Dem stimme ich zu. Ein Beispiel ist Äthiopien, ein Land, über das wir seit Jahren immer wieder sprechen. Äthiopien ist das eindrucksvollste Beispiel für eine überholte, traditionelle Nahrungsmittelhilfe. Die Weizenlieferungen, die das Land erhält, nutzen den Landwirten in Wisconsin und andernorts, aber sie tragen nicht zur Überlebensfähigkeit und zur nachhaltigen Entwicklung der äthiopischen Bevölkerung bei. 61 Wir sind derzeit dabei, einen neuen Ansatz mit der äthiopischen Regierung und auch mit den Vereinigten Staaten zu erarbeiten. Wir haben in diesem Jahr Seminare mit der Regierung durchgeführt, an denen auch der äthiopische Präsident teilgenommen hat, um ein neues Konzept für die Ernährungssicherheit zu erarbeiten, das sich wesentlich vom bisherigen Konzept der Nahrungsmittelhilfe unterscheidet. Dies ist genau das, was ich dem Parlament bereits gesagt habe: Wir wollen, dass dieser Ansatz geändert wird. Die ersten Schritte sind getan. Dieser neue Ansatz ist meiner Ansicht nach in der Präsentation der FAO-Agenda von Herrn Diouf zu kurz gekommen. Dies ist ein Grund für die Spannungen in unseren Gesprächen mit der FAO. Herr Ó Neachtain, ich grüße Ihre Freunde und die Bürger aus Ihrem Wahlkreis. Frau Sauquillo Pérez del Arco hat den Gipfel in Johannesburg als die letzte Chance nach Doha und Monterrey bezeichnet. Dieser Sichtweise kann ich mich nicht anschließen. Das erweckt den Eindruck, dass Doha und Monterrey Misserfolge gewesen wären. Das ist nicht der Fall. Wir in der Europäischen Union können uns darüber freuen, dass auf unser Drängen hin und durch unseren engagierten Beitrag die Entwicklungsagenda von Doha zustande gekommen ist. Wenn die EU nicht darauf gedrängt hatte, wäre das nicht der Fall. Ohne die Entscheidung von Barcelona, die dem Gipfeltreffen von Monterrey vorausging, hätten wir keinen echten Beitrag leisten können. Ohne einen echten Beitrag Europas, hätte Amerika nicht die Entscheidung getroffen, die nun vorliegt. Wir machen ja nicht mit leeren Händen weiter. Rom hat die Möglichkeit geboten, die allgemeine Bedeutung des Themas Ernährung erneut hervorzuheben. Aus diesem Grund war der Welternährungsgipfel sinnvoll, auch im Hinblick auf den gewählten Zeitpunkt. Der nächste Schritt ist nun jedoch Johannesburg. Ich teile die Meinung von Herrn Haarder, dass im Vorfeld des Gipfels von Johannesburg noch einige Schwierigkeiten zu überwinden sind. Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten bis zu diesem Gipfeltreffen sehr hart arbeiten müssen. Herr Belder fragte nach dem neuen Programm zur Bekämpfung des Hungers, das vom Generalsekretär der FAO, Herrn Diouf, vorgestellt wurde. Die Kosten für dieses Programm, das erst einige Tage vor dem Gipfeltreffen vorgestellt wurde, belaufen sich auf 24 Mrd. USD, die aus zusätzlichen öffentlichen Mitteln gedeckt werden müssen. Diese Kosten sind hoch. Das Programm ist eine Initiative, die das Sekretariat allein auf den Weg gebracht hat, es wurde weder auf Antrag der Mitglieder erarbeitet, noch im Vorfeld mit diesen erörtert. Große Anstrengungen werden nötig sein, um Unterstützung für das Programm zu erhalten und diese Initiative zu rechtfertigen. Außerdem sollte berücksichtigt werden, dass kürzlich ein anderes umfangreiches Landwirtschaftsprogramm 62 für Afrika verabschiedet worden ist, das gemeinsam von der FAO und NEPAD durchgeführt werden soll, und für das bis 2015 zusätzlich 240 Mrd. USD bereitgestellt werden müssen. Es besteht also absolut kein Mangel an großartigen Initiativen des Sekretariats der FAO, die zusätzliche Mittel in Milliardenhöhe erfordern. Der größte Teil dieser beabsichtigten Ausgaben stammen jedoch vom Sekretariat, ohne dass eine echte Diskussion und Koordination mit den Geldgebern oder den Mitgliedern im Allgemeinen stattfindet. Dies ist einer der Gründe, weshalb es für uns schwierig war, einen konstruktiven Beitrag zu allem zu leisten, was uns in diesem Zusammenhang vorgelegt wurde. Dies alles sollte nicht missverstanden und als Ausdruck einer negativen Haltung interpretiert werden. Wir arbeiten mit der FAO zusammen, wir führen eine Reihe von guten Projekten in Afrika durch, wir finanzieren diese Projekte durch unseren regionalen Finanzrahmen, wenn unsere Partner in Afrika uns bitten, mit der FAO in den Bereichen zusammenzuarbeiten, in denen die FAO über echte Sachkompetenz verfügt. Einige Dinge funktionieren. Ich habe versucht, einige Hintergründe aufzuzeigen. Niemand sollte jedoch glauben, dass überhaupt keine Fortschritte erreicht werden. Was wir brauchen ist eine Strategie, in die mehrere Komponenten einbezogen werden, wie die Bevölkerungspolitik, die breit angelegte nachhaltige Entwicklung, die Armutsbekämpfung und die Beendigung von Kriegen und Konflikten, die weiterhin die Hauptursache dafür sind, dass Millionen von Menschen verhungern. Der Hunger in der Welt ist ein vom Menschen verursachtes Problem, und er ist ein politisches Problem. Das dürfen wir nicht vergessen. 3-164 Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kommissar. Ich teile mit, dass ich gemäß Artikel 37 Absatz 2 der Geschäftsordnung sechs Entschließungsanträge erhalten habe.2 Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. 3-165 Konsequenzen des Schutzgesetzes für Bedienstete der Vereinigten Staaten auf die transatlantischen Beziehungen 3-166 Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zu den Konsequenzen des Schutzgesetzes für Bedienstete der Vereinigten Staaten auf die transatlantischen Beziehungen. 3-167 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, zunächst möchte ich der internationalen Gemeinschaft und uns allen dazu 2 Siehe Protokoll. 03/07/2002 gratulieren, dass das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs am Montag in Kraft getreten ist. Dieses Ereignis ist für die Entwicklung des internationalen Rechts nach dem Zweiten Weltkrieg von epochaler Bedeutung. 69 Länder haben das Statut des Gerichtshofs ratifiziert, und wir können feststellen, dass es schon jetzt von der internationalen Gemeinschaft weitgehend anerkannt wird. Das Europäische Parlament hat sich immer wieder dafür eingesetzt. Ich selbst habe vor einigen Jahren in meinem Bericht über die Menschenrechte, der mit überwältigender Mehrheit angenommen wurde, die Schaffung des Gerichtshofs gefordert. Parlamentarier haben darüber geredet und geschrieben, und nun ist er Realität. Das sollten wir hier im Parlament feiern. Die zahlreichen internationalen und internen Konflikte, die die Welt im 20. Jahrhundert erlebt hat, unterstreichen, wie wichtig die rasche Einrichtung eines solchen Gerichtshofs ist. Der Strafgerichtshof kann dazu beitragen, die Welt sicherer, gerechter und friedlicher zu machen. Allein durch seine bloße Existenz wird er Menschen von schweren Straftaten abschrecken können, wie wir sie leider auch zu unseren Lebzeiten und noch bis vor kurzem erleben mussten – von Kriegsverbrechen, Völkermord und anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es ist wichtig, dass solche Verbrechen nicht straffrei bleiben, sondern alle für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden. Deshalb ist dieser Strafgerichtshof ein wichtiger Schritt zur Stärkung der internationalen Rechtsgemeinschaft. Wir müssen an alle Staaten appellieren, dem Römischen Statut beizutreten. Eine allgemeine Anerkennung ist notwendig, damit der Gerichtshof wirklich effizient arbeiten kann. Hierzu haben wir im letzten Jahr einen Gemeinsamen Standpunkt verabschiedet, der vor kurzem aktualisiert worden ist. Auf der Grundlage dieses Gemeinsamen Standpunkts hat die Europäische Union durch politischen Dialog und Demarchen versucht, eine möglichst breite Anerkennung des Gerichtshofs durch eine Vielzahl von Ländern zu erreichen. Der Strafgerichtshof ist ein immer wiederkehrendes Thema bei unseren Kontakten mit den USA, und die Beratungen mit den USA sind ja auch Gegenstand unserer heutigen Debatte. Die EU und die Vereinigten Staaten haben dieselben Grundwerte: Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und rechtsstaatliche Prinzipien. Deshalb haben wir es immer als natürlich und notwendig empfunden, dass sich die USA am Statut des Strafgerichtshofs beteiligen. Wir sind überzeugt, dass sich ihre Teilnahme besonders positiv auf den Gerichtshof auswirken würde. Auf der diplomatischen Konferenz in Rom 1998 waren wir uns der Bedenken der USA gegen bestimmte Vorschriften des Statuts durchaus bewusst. Wir haben uns intensiv um Auswege und Lösungen bemüht, um diese Vorbehalte auszuräumen – leider vergeblich. Zu unserem Bedauern müssen wir feststellen, dass die USA am 6. Mai dieses Jahres dem UN-Generalsekretär 03/07/2002 mitgeteilt haben, dass sie sich nicht am Statut beteiligen wollen, das bereits von der ehemaligen amerikanischen Regierung unterzeichnet worden war. Unserer Auffassung nach haben die USA eine falsche Entscheidung getroffen. Die Europäische Union bedauert das sehr. Vor kurzem, genauer gesagt am 17. Juni, hat der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ Schlussfolgerungen verabschiedet, die unsere Bedenken in Bezug auf den amerikanischen Gesetzentwurf „American Servicemembers’ Protection Act“ (ASPA) zum Ausdruck bringen, der in seiner jetzigen Fassung die Beteiligung der Vereinigten Staaten an Friedenssicherungsmissionen der Vereinten Nationen beschränkt, die Übermittlung von Informationen an den Strafgerichtshof untersagt und die militärische Unterstützung seitens der USA für die Staaten, die den IStGH anerkennen, verbietet. Den Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ von Luxemburg zufolge kann ASPA die Arbeit des Strafgerichtshofs ernsthaft gefährden. Wir haben auch unsere Befürchtungen bezüglich der Bestimmung zum Ausdruck gebacht, die den amerikanischen Präsidenten ermächtigt, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, um die Freilassung von Personen, die auf Anordnung des Gerichtshofs festgenommen worden sind, zu erreichen, und dies auch im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Diese Bestimmung hat insbesondere in den Niederlanden Besorgnis hervorgerufen, wo der Gerichtshof seinen Sitz haben wird. ASPA wird sogar als „The Hague Invasion Act“ bezeichnet. Wenn ASPA beschlossen wird, so wäre das eine unglückliche Entwicklung in der internationalen Gemeinschaft. Wir haben der amerikanischen Regierung gegenüber auf allen Ebenen unserer Besorgnis Ausdruck verliehen. Die Leiter unserer Vertretungen in Washington beschäftigen sich seit langem mit dieser Frage. Das ist ein echtes Problem, denn es gibt ernsthafte Unstimmigkeiten im europäischamerikanischen Verhältnis. Nach meinem Dafürhalten ist es aber nicht zweckdienlich– auch wenn von einem ernsten Problem und einer schwierigen Situation gesprochen werden kann -, den amerikanischen Gesetzentwurf als Bedrohung der transatlantischen Beziehungen zu bezeichnen. Eine Verschiebung auf diese Ebene wäre unangemessen, und ich möchte auch erklären, warum. Erstens ist der Strafgerichtshof ein globales Anliegen und keine bilaterale Angelegenheit zwischen den USA und der EU. Wir wollen keine Konfrontation, denn das würde zu nichts führen. Bedauerlicherweise gibt es aber noch andere große Partner der EU wie China und Indien, die den Gerichtshof ablehnen. Die Türkei als assoziiertes Land hat das Statut noch nicht unterzeichnet und sich auch nicht unserem Gemeinsamen Standpunkt oder den Erklärungen der Union zur Unterstützung des Gerichtshofs angeschlossen. Japan und Russland haben zwar den politischen Willen, dem Statut beizutreten, 63 aber es gibt noch immer keine konkreten Beschlüsse. Obwohl sich diese Länder noch nicht am Internationalen Gerichtshof beteiligen, haben unsere bilateralen Beziehungen zu ihnen nicht gelitten und sich auch nicht abgekühlt. Wir haben eine Konfrontation in dieser Frage sorgfältig vermieden, gleichzeitig aber das Thema Gerichtshof bei unseren regelmäßigen Zusammenkünften im Rahmen des Dialogs immer wieder zur Sprache gebracht. Durch beharrliche Lobbytätigkeit zur Unterstützung des Statuts konnten wir einige Länder bereits überzeugen, und wir hoffen, auf diesem Wege noch andere gewinnen zu können. Ich möchte auch erwähnen, dass der Strafgerichtshof nicht der einzige Bereich ist, in dem es Differenzen zwischen den USA und der EU gibt. Freunde müssen sich streiten dürfen, und wir werden stets darauf beharren – und das halte ich für klug –, dass die EU und die USA mehr Gemeinsamkeiten haben als Unterschiede. Wir alle können Beispiele nennen: Stahl (wo es hoffentlich bald zu einer Lösung kommt), Bananen (ein Problem, das gelöst worden ist, und über das es viel zu sagen gibt), das Protokoll von Kyoto (wo wir weiterhin auf hoher Ebene Gespräche führen). Manchmal finden wir eine Lösung, hin und wieder lassen sich die Meinungsverschiedenheiten aber nicht aus der Welt schaffen. Was die Menschenrechte anbelangt, so haben wir eine unterschiedliche Einstellung zur Todesstrafe. Durch unsere langjährigen Bemühungen bei der Bekämpfung der Todesstrafe ist es uns jedoch gelungen, Einfluss auf die öffentliche Meinung in Amerika zu gewinnen. Ich möchte das kürzlich ergangene Urteil des Obersten Gerichts der Vereinigten Staaten im Atkins-Verfahren erwähnen, das die Todesstrafe für Menschen mit psychischen Entwicklungsstörungen verbietet. Die EU hat zu diesem Verfahren mit einem „amicus curiae brief“ beigetragen, den das Oberste Gericht der USA in seine Überlegungen einbezogen hat. Diese Politik wollen wir fortführen. Die US-Regierung hat uns versichert, dass eine amerikanische Invasion auf dem Territorium eines EUMitgliedstaates – ich zitiere – „undenkbar“ (inconceivable) ist. Das haben sowohl Außenminister Powell als auch Staatssekretär Grossman erklärt. Viele amerikanische Soldaten haben ihr Leben für Freiheit und Demokratie in Europa geopfert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihre Enkel auf die Idee kämen, in einen unserer Mitgliedstaaten einzufallen. Der ASPA-Entwurf ist aber eine Tatsache, und Abschnitt 3008 über „Gewaltanwendung“ (use of force) wird zu einem gefährlichen Präzedenzfall im Völkerrecht werden. Ich kann Ihnen versichern, dass wir dies genau im Auge behalten werden. Der Strafgerichtshof wird seine Bedeutung als unabhängige und effiziente internationale Rechtsinstanz bald unter Beweis stellen können. Die EU wird keine Anstrengungen scheuen, um ihm zum Erfolg zu verhelfen. Ich bin mir sicher, dass diejenigen, die heute zu den Gegnern des Strafgerichtshofs zählen, sich durch Augenschein werden überzeugen können, dass das Statut von Rom den höchsten Standards der Rechtssicherheit 64 03/07/2002 genügt und vor einem Missbrauch des Gerichtshofs für politische Zwecke Schutz bietet. Wir müssen einsehen, dass es noch etwas Zeit braucht, bis der Gerichtshof allgemein anerkannt ist. Ich glaube aber, dass wir mit unseren Argumenten schließlich Erfolg haben werden, wie das schon in vielen anderen, von mir erwähnten Bereichen der Fall war. EU erreichte schließlich die Ratifizierung des Protokolls und gab damit ein Beispiel, dem die internationale Gemeinschaft folgte, um so eine echte Perspektive aufzuzeigen, wie das Problem der Klimaänderung angepackt werden kann. Wir werden ebenso verfahren, um den IStGH zu einem funktionierenden Organ der globalen Gerichtsbarkeit zu machen. Durch ihr Veto im UN-Sicherheitsrat haben die USA am Montag einen weitreichenden und bedauerlichen Schritt gegen den Gerichtshof getan. Ich weiß jedoch, dass die Verhandlungen über eine Kompromisslösung im UNSicherheitsrat im Laufe des Tages wieder aufgenommen werden. Wir müssen zu einer Lösung gelangen, die den Gemeinsamen Standpunkt der EU und das Statut des Gerichtshofs nicht gefährdet und gleichzeitig die Beteiligung der USA an Friedenssicherungsmissionen zulässt. Die Präsidentschaft wird sich dafür einsetzen, dass dies möglich wird. Die USA haben als unabhängige Nation ein souveränes Recht, nicht am IStGH teilzunehmen, wenn sie das nicht wünschen. Am 6. Mai gaben sie bekannt, dass sie das Römische Statut nicht ratifizieren werden und sicherten gleichzeitig zu, keine Schritte zu unternehmen, um die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs aktiv zu unterminieren oder andere von der Ratifizierung des Römischen Statuts abzuhalten. Daher war die Entscheidung des US-Senats vom 6. Juni, eine eigene Version des Gesetzes zum Schutz von Angehörigen der amerikanischen Streitkräfte (ASPA) zu verabschieden, das zuvor vom amerikanischen Repräsentantenhaus gebilligt worden war, eine große Überraschung und Enttäuschung für viele Verbündete und Partner Amerikas. 3-168 Byrne, Kommission. – (EN) Herr Präsident, vor zwei Tagen ist das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in Kraft getreten. Wir begrüßen dies sehr. Eines der wichtigsten Ziele der Menschenrechtspolitik der EU besteht darin, diejenigen zu bestrafen, die schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie zum Beispiel Völkermord, begangen haben, die an Massakern an der Zivilbevölkerung beteiligt waren, die gefoltert haben und die an Massenvergewaltigungen teilgenommen haben. Die Einrichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs ist ein entscheidendes Element in diesem Kampf. Der Gerichtshof bietet die Möglichkeit, diese Fälle zu untersuchen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen und ist so ein wichtiges Instrument, mit dem die Einhaltung des internationalen Völkerrechts und der Menschenrechte gefördert werden kann. Die Europäische Union unterstützt den IStGH weiterhin uneingeschränkt. Mit dem Inkrafttreten des Römischen Statuts ist der IStGH nun Realität geworden. Die schwierigste Arbeit liegt jedoch noch vor uns. Wir müssen den IStGH mit weit reichenden Befugnissen ausstatten, damit er ein wirksames Abschreckungsmittel für diejenigen darstellt, die glauben, dass sie ungestraft davonkommen, wenn sie verabscheuungswürdige Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen. Vor diesem Hintergrund ist die Weigerung der Vereinigten Staaten von Amerika, das Römische Statut zu unterzeichnen, ein schwerer Schlag für die internationale Gemeinschaft, die alles daransetzt, um eine Wiederholung der Gräueltaten zu verhindern, die in den Konflikten der jüngsten Vergangenheit begangen wurden. Die Tatsache, dass die größte Militärmacht der Welt uns nicht unterstützt, ist ein schwerer Schlag, das lässt sich nicht leugnen. Dies ist nicht das erste Mal, dass Europa die Führung übernommen und die internationale Agenda vorgegeben hat. Von vielen wurde das Protokoll von Kyoto nach dem Rückzug der USA bereits abgeschrieben, aber die Wir hoffen, dass bei der Konferenz des Repräsentantenhauses und des Senats noch Änderungen am Text vorgenommen werden können, durch welche die Auswirkungen dieser Rechtsvorschriften abgeschwächt werden. Die Bestimmungen des ASPA in ihrer derzeitigen Form haben aus mehreren Gründen große Besorgnis bei den Ländern ausgelöst, die den IStGH unterstützen. Durch den Versuch, den Nationen, die den IStGH ratifizieren, die militärische Unterstützung zu verweigern, könnte das ASPA bewirken, dass diese Länder von der Beteiligung am IStGH abgehalten werden. Durch den Versuch, amerikanische Staatangehörige, die sich an UNEinsätzen beteiligen, der Gerichtsbarkeit des IStGH zu entziehen, könnte die Teilnahme der USA an Friedensmissionen durch dieses Gesetz eingeschränkt werden. Wir sehen bereits jetzt die dramatischen Auswirkungen, die dies auf die Arbeit der UNO haben kann, die diese zur Erhaltung des Friedens und der Stabilität in den Krisengebieten der ganzen Welt leistet. Die Weigerung Amerikas, das UN-Mandat in Bosnien und Herzegowina zu verlängern, droht die jahrelange Arbeit der internationalen Gemeinschaft zum Wiederbau dieser zerstörten Gemeinschaft zunichte zu machen. In einer ersten Analyse der Kommission wurden verschiedene, potenziell negative Auswirkungen auf das politische Umfeld und die Rechtsstaatlichkeit in Bosnien und Herzegowina festgestellt. Betroffen ist unter anderem die Arbeit der internationalen Polizeitruppe bei der Bekämpfung des Terrorismus auf bosnischem Gebiet. Die EU arbeitet rund um die Uhr gemeinsam mit der UNO und anderen Partnern, einschließlich den USA, um eine Lösung für diese Krise zu finden. In einem Punkt werden wir allerdings nicht von unserer Position 03/07/2002 65 abweichen. Wir werden nicht zulassen, dass der IStGH schon von Anfang an dadurch behindert wird, dass die Arbeit der Vereinten Nationen nicht seiner Gerichtsbarkeit unterliegt. Vor dem Gesetz müssen alle gleich sein, unabhängig von ihrer Nationalität. Darüber hinaus bestehen noch weitere Befürchtungen im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen des ASPA. Nach diesem Gesetz ist die Zusammenarbeit zwischen den amerikanischen Justizund Strafverfolgungsbehörden und dem IStGH nicht zulässig, was zu einem Rückschlag bei der internationalen Bekämpfung des Terrorismus führen kann. Nicht zuletzt enthält das Gesetz eine besonders problematische Bestimmung, die besagt, dass der Präsident alle notwendigen Mittel ergreifen kann, um die Freilassung von Angehörigen der amerikanischen Streitkräfte zu erreichen, die auf Anordnung des IStGH verhaftet wurden. Dies gilt auch im Staatsgebiet der EUMitgliedstaaten. Die Europäische Union konnte angesichts dieser Überlegungen nicht stumm bleiben und hat entsprechend reagiert. Die Reaktion der EU wurde am 17. Juni im Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ erörtert, auf dem wir Schlussfolgerungen verabschiedet haben, in denen wir unsere Besorgnis über die Bestimmungen des Gesetzes zum Ausdruck bringen. Wir haben uns außerdem auf eine koordinierte Strategie geeinigt, um den USA unsere Bedenken vortragen zu können. Am 19. Juni legten der spanische Botschafter in den USA und der Leiter der Delegation der Kommission in Washington dem amerikanischen Außenministerium eine gemeinsame Erklärung im Namen aller EUMitgliedstaaten vor. Gleichzeitig richteten die EUBotschafter ein Schreiben an führende amerikanische Regierungsmitglieder sowie an hochrangige Kongressmitglieder, in dem sie ihre tiefe Besorgnis über den Inhalt des ASPA-Gesetzes zum Ausdruck brachten. Am 20. Juni wurden die amerikanischen Botschafter in den Hauptstädten der EU sowie der amerikanische Botschafter für die EU einberufen und über die Position der EU unterrichtet. Wir hoffen, dass diese Maßnahmen die amerikanische Regierung überzeugen und dazu veranlassen werden, diese Rechtsvorschrift nicht zu unterstützen und zu verhindern, dass sie rechtskräftig wird. Ich bin sicher, dass der Rat und die Kommission bei der Verfolgung dieser Strategie auf die uneingeschränkte Unterstützung des Europäischen Parlaments zählen können. Ich möchte Sie als Gesetzgeber deshalb ermutigen, dieses Thema mit Ihren Kollegen im amerikanischen Kongress zu erörtern, entweder im Rahmen des Dialogs der Gesetzgeber oder über andere Kontakte, die Sie zum Kapitol haben. Sie als demokratisch gewählte europäischen Bürger können diese amerikanischen Kongress am besten hoffe, dass das Parlament seine Vertreter der Botschaft dem vermitteln. Ich Position heute Nachmittag in der Aussprache und in der Entschließung zu diesem Thema klar und deutlich zum Ausdruck bringen wird. 3-169 Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kommissar. Ich möchte alle Kolleginnen und Kollegen darauf hinweisen, dass wir ein ernstes Zeitproblem haben. Wir sind mit unserem Zeitplan stark im Verzug, weshalb ich etwas strenger sein muss. Ich bitte daher alle Kolleginnen und Kollegen, sich an die vorgegebene Redezeit zu halten. 3-170 Oostlander (PPE-DE). – (NL) Als die Vereinigten Staaten am 11. September Opfer terroristischer Anschläge wurden, haben sich die Länder der Europäischen Union sofort mit den Amerikanern solidarisch erklärt. Im Handumdrehen hat die Europäische Union die Möglichkeit geschaffen, im Kampf gegen den Terrorismus Personen an die USA ausliefern zu können. Das taten wir, weil wir von gemeinsamen Werten und Normen ausgingen. Auch die Vereinigten Staaten sind nämlich genau wie wir ein demokratischer Rechtsstaat, und einem solchen muss man vertrauen können. Eben dieser Aspekt der gemeinsamen Werte war für uns Veranlassung, den Internationalen Strafgerichtshof zu befürworten. Wir begrüßen nachdrücklich die Errichtung dieses Tribunals. Wir gingen davon aus, nur Schurkenstaaten, die nicht bereit sind, eventuell ihre eigenen Staatsbürger wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und sonstigen in großem Rahmen begangenen Verbrechen vor Gericht zu stellen, könnten sich vor diesem Gerichtshof fürchten. Deshalb waren wir von der amerikanischen Reaktion zutiefst überrascht. Das hatten wir nun wirklich nicht erwartet, denn der Strafgerichtshof ist eindeutig für eine andere Art von Staaten und einen anderen Personenkreis bestimmt. Dies impliziert faktisch, dass sich die Vereinigten Staaten über die Normen erheben, die wir mit ihnen zu teilen meinten. Wir lesen heute in den amerikanischen Zeitungen, wir hätten nun einmal davon auszugehen, dass sich Amerika wie ein achthundert Pfund schwerer Gorilla aufführt, der sich in seiner Bewegungsfreiheit nicht einschränken lassen will. Diese Art der Selbstdarstellung berührt uns doch sehr unangenehm. Eine solche Haltung bedroht auch das Bündnis – hier stimme ich Minister Haarder nicht ganz zu –, weil dadurch der moralische Inhalt des Bündnisses geleugnet wird. Diese Einstellung offenbart sich auch bei dem gemeinsamen Kampf gegen tiefgreifende Störungen der internationalen Rechtsordnung, die verhindert werden müssen. Der US-Präsident behält sich vor, die Mitwirkung an gemeinsamen Friedensmissionen in Bosnien, Osttimor, Kosovo und ähnlichen Regionen aufzukündigen. Sogar von einem Veto gegen das UNMandat für solche Aktionen ist die Rede. 66 Treue, historische Bündnispartner wie die Niederlande, die vielleicht sogar der älteste Bündnispartner der Vereinigten Staaten sind, werden implizit mit gewalttätigen Aktionen bedroht. Gibt es noch etwas Verrückteres als diesen „Hague Invasion Act“? Man sollte im Grunde genommen eher Witze darüber machen, um den Amerikanern vor Augen zu führen, dass es sich um einen unbedachten Schritt handelt und dass sie mit ihrem Sinn für Humor Maßnahmen, die so gar nicht zu ihnen passen, zurücknehmen sollten. In der Entschließung des Europäischen Parlaments wird die amerikanische Regierung aufgefordert, sich zu revidieren und die den Teilnehmern des ICC offen stehenden Möglichkeiten, eigene Staatsbürger auch nach eigenem Recht vor Gericht stellen zu können, zu nutzen. Für die Europäische Union ist der merkwürdige Vorfall eine Warnung. Wir müssen auf jeden Fall in politischer und militärischer Hinsicht die Fähigkeit entwickeln, auch ohne die USA unsere Verantwortung für die internationale Sicherheit wahrzunehmen. Im Übrigen schließe ich mich gern der Linie von Herrn Minister Haarder und Herrn Kommissar Byrne in Bezug auf die künftige Politik an. 3-171 Díez González (PSE). – (ES) Herr Präsident, ich beglückwünsche die Kommission zu ihrem festen Standpunkt; sie kann mit unserer vollen Unterstützung rechnen. 03/07/2002 wir müssen verhindern, dass die Vereinigten Staaten ihren Handlungsspielraum im Sicherheitsrat dazu nutzen, einen Text zu verwässern, der ihnen von Anfang an nicht behagt hat, und darin einen hundertprozentigen Schutz für ihre Truppen sowie ihr ziviles Personal einzubauen. Das Statut von Rom beruht auf dem Grundsatz der Komplementarität und bietet alle Sicherheiten gegen einen Missbrauch des Strafgerichtshofs. Ich bin sicher, dass sich einige Leute beruhigen werden, wenn er erst einmal seine Arbeit aufgenommen hat. Wir müssen – so hat es Kommissar Byrne formuliert – auf die vernünftigen Abgeordneten des Kongresses und des Senats der Vereinigten Staaten einwirken, damit dieses Gesetz nicht in Kraft tritt. Wenn sie das Statut schon nicht unterzeichnen, dann sollen sie wenigstens von Maßnahmen absehen, die seine Umsetzung stören oder verhindern. Benjamin B. Ferencz, seinerzeit Ankläger bei den Nürnberger Prozessen, hat gesagt: „Es kann keinen Frieden ohne Gerechtigkeit, keine Gerechtigkeit ohne Recht und kein sinnvolles Recht ohne Gerichtshof geben, der im jeweiligen Fall entscheidet, was Recht und Gesetz entspricht“. Wir, Millionen von Bürgerinnen und Bürgern in der ganzen Welt, sind der Meinung, dass dieser Internationale Strafgerichtshof die Antwort auf dieses Anliegen ist. Wir dürfen niemandem – auch nicht den Vereinigten Staaten – gestatten, ihn auszuhöhlen. 3-172 Die gute Nachricht besteht in der Tat darin, dass 76 Staaten das Statut ratifiziert haben; die schlechte Nachricht ist jedoch die untragbare, intolerante Haltung der Vereinigten Staaten zu diesem internationalen Justizsystem, das sich die Beendigung der Straflosigkeit zum Ziel gesetzt hat. Van der Laan (ELDR). – (EN) Herr Präsident, morgen ist der 4. Juli und an diesem Tag wird der Unabhängigkeitstag begangen. Wir feiern mit unseren amerikanischen Freunden die Errungenschaften Amerikas. In zwei Weltkriegen kamen die Amerikaner, um uns aus Dunkelheit und Gewalt zu befreien und als die Lage auf dem Balkan eskalierte, griffen die Amerikaner ein, nachdem Europa dazu nicht in der Lage war. Die Amerikaner sind da, wenn sie gebraucht werden, sie sind bereit für eine Welt der Freiheit und der Demokratie zu kämpfen und zu sterben. Präsident Bush hat eine Hetzkampagne gegen den Strafgerichtshof sowie gegen diejenigen Staaten begonnen, die sein Statut unterzeichnet bzw. ratifiziert haben, und das ist völlig unannehmbar. Nur aus Arroganz, Ignoranz und Überheblichkeit – diesen drei Dingen gemeinsam – kann man eine solche Reaktion begreifen, die beide Häuser dazu geführt hat, das Gesetz zu verabschieden, über das wir hier sprechen. Es ist ungeheuerlich. Ein Glück wenigstens, dass sie sagen, sie wollten nicht in die Niederlande einmarschieren! Freiheit und Demokratie hören jedoch nicht auf, wenn der Frieden erreicht ist. Um den Frieden zu erhalten und Kriege zu verhindern, müssen Straftaten ohne Ausnahme bestraft werden. Aus diesem Grund können wir in Europa nicht nachvollziehen, dass die Amerikaner derzeit ihre Gesetzgeber noch dazu ermutigen, ein entscheidendes Instrument zu Fall zu bringen, das uns zur Erreichung unseres Ziels, die Welt sicherer und gerechter zu machen, noch fehlte: den Internationalen Strafgerichtshof. Wir, die Union, dieses Parlament und sämtliche europäischen Institutionen, müssen mit aller Entschiedenheit darauf hinweisen, dass wir eine solche Willkür nicht hinnehmen werden; nicht die Invasion, sondern die Willkür, die das besagte Gesetz selbst beinhaltet. Wir müssen von den Mitgliedern des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen fordern, dass sie die Integrität des neuen Gerichtshofes verteidigen, und Der Strafgerichtshof hat das Mandat, nur die schrecklichsten Verbrechen, wie Völkermord, Massenmord und Massenvergewaltigung zu verfolgen. In der Vergangenheit mussten wir Ad-hoc-Gerichte für die Milosevics dieser Welt einrichten. Nun haben 74 Länder die Einrichtung eines Strafgerichtshofs ratifiziert, den Kofi Annan zu Recht als „großen Sieg für die Gerechtigkeit und für die Weltordnung – als Abkehr vor Es stimmt, Herr Haarder, mit Jammern erreicht man nichts, aber man erreicht auch nichts, wenn man einer Beschäftigung mit den Sorgen und Problemen aus dem Weg geht. 03/07/2002 der Macht der rohen Gewalt und als Hinwendung zur Rechtsstaatlichkeit“ bezeichnete. Amerika und Europa haben für Garantien gesorgt, damit der Strafgerichtshof nicht als politisches Instrument genutzt wird. Jede Regierung kann verhindern, dass seine Bürger durch den Strafgerichtshof angeklagt werden, indem sie diese Bürger im eigenen Land strafrechtlich verfolgt. Trotzdem haben die USA ihre Unterschrift zurückgezogen. Als ob dieser Schlag nicht schon hart genug für die internationale Justiz gewesen wäre, billigte der Kongress anschließend das Gesetz zum Schutz von Angehörigen der amerikanischen Streitkräfte, in dem nicht nur angedroht wird, den Ländern die militärische und finanzielle Unterstützung zu verweigern, die mit dem Strafgerichtshof zusammenarbeiten, sondern der amerikanischen Regierung auch noch das Recht einräumt wird, einen langjährigen Freund und Verbündeten, nämlich mein Heimatland, um es konkret zu sagen, zu überfallen. Das niederländische Volk versteht nicht, warum unsere amerikanischen Freunde uns nun Gewalt androhen und wofür. Ist es wirklich wichtiger, amerikanischen Soldaten zu erlauben, Kriegsverbrechen zu begehen, als eine sicherere Welt zu schaffen? Ist es notwendig, internationale Friedensmissionen zu gefährden, nur um zu zeigen, dass Supermächte sich nicht an die Spielregeln halten müssen? Vielleicht ist dies eine Chance für Europa. Europa hat eine Chance, der Welt zu zeigen, dass es wirklich eine Union der Werte ist, dass wir an eine Welt glauben, in der wir vor dem Gesetz alle gleich sind, eine Welt, in der Verbrecher zur Rechenschaft gezogen werden, ganz gleich, wer sie sind und wo sie sich verstecken: eine Welt, in der das Gesetz regiert und nicht das Schwert des Mächtigsten. Ich kann nicht glauben, dass eine solche Welt nicht auch das Ziel der Amerikaner ist, und ich hoffe sehr, dass sie ihre Position noch einmal überdenken werden. Bis das soweit ist, muss jedoch Europa die Führung übernehmen. Wir müssen der Welt zeigen, dass wir nicht von unseren Grundsätzen abweichen und für die Gerechtigkeit kämpfen werden. Wenn eine Mehrheit des Parlaments der Welt dieses Signal gibt, indem sie morgen unseren Kompromissentschließungsantrag unterstützt, werden auch wir einen Unabhängigkeitstag feiern können, den Tag, an dem Europa für seine Werte eintrat. 3-173 Brie (GUE/NGL). – Herr Präsident! Ich glaube, dass sehr deutlich wird, dass es hier im Parlament eine große Mehrheit für eine sehr kritische Position gegenüber der amerikanischen Politik auf diesem Gebiet gibt. Ich möchte ausdrücklich feststellen, dass ich die Rolle der Europäischen Union beim Zustandekommen des Statuts und der Arbeit des Strafgerichtshofs für ausgesprochen erfreulich halte. Aber wenn es dabei bleiben soll, muss diese Haltung auch konsequent fortgesetzt werden. 67 Herr Ratspräsident, ich finde, dass Sie zum Teil die Probleme etwas bagatellisiert haben, insbesondere ein zu positives Bild der transatlantischen Beziehungen und auch der europäischen Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den USA gemalt haben. Sicherlich mag das mit den Bananen stimmen, aber wenn man sich einmal die Komplexität der Entwicklung der letzten Monate ansieht - die Angriffe auf die C-Waffen-Konvention, die Verhinderung einer Kontrollorganisation für die biologischen Waffen, den Ausstieg aus dem ABMVertrag, die Androhung, den Weltraumvertrag zu verlassen, den Teststopp-Vertrag wieder aufzukündigen, die Gefährdung des Nichtweiterverbreitungsregimes, die Nichtteilnahme an der Landminen-Konvention, Kyoto und es gibt anderes mehr - dann zeigt sich doch, dass die Störungen sehr groß sind und dass es hierbei um prinzipielle Fragen geht. Ich denke eigentlich, dass die Frage des Strafgerichtshofs in mancher Hinsicht noch sehr viel prinzipieller ist. Hier ist gerade von der Kollegin van der Laan darauf hingewiesen worden, dass amerikanische Streitkräfte in Europa im Ersten und im Zweiten Weltkrieg für die Freiheit gekämpft haben. Ich will das nicht verallgemeinern - es gibt aus der amerikanischen Geschichte auch andere Beispiele -, aber dem stimme ich unbedingt zu. Hier geht es um ein Grundprinzip auch amerikanischer Geschichte, der gemeinsamen Werte, die hier schon betont worden sind, das hier in Frage gestellt worden ist. Jacques Rousseau meinte hinsichtlich des Rechts: "Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." Ein Gesetz, das nicht für den Stärksten gilt, ist äußerst problematisch. Ich stimme deswegen im Namen meiner Fraktion dem Entschließungsentwurf ausdrücklich zu und möchte die Kolleginnen und Kollegen bitten, auch unseren Änderungsantrag zu unterstützen. 3-174 Lagendijk (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident! Vor einigen Wochen wurden die Pläne der Vereinigten Staaten, amerikanische Staatsbürger oder Soldaten notfalls gewaltsam aus dem Gefängnis des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag zu befreien, noch belächelt. Inzwischen hat sich diese Kontroverse zu einem überaus ernsten Streit zwischen Europa und den USA ausgeweitet. Ich möchte gleich deutlich machen, was mich, und sicherlich auch viele andere Europäer, am meisten irritiert und ärgert. Wie der amerikanische Professor es heute Morgen in der Herald Tribune ausdrückte, einer Zeitung, die auch vom Kollegen Oostlander gelesen wird, verhalten sich die Vereinigten Staaten wie ein großer Gorilla, der keine Beschränkungen seines Verhaltens duldet. Faktisch läuft das darauf hinaus, dass die Vereinigten Staaten der Ansicht sind, sie könnten nicht mit anderen Ländern verglichen werden. Strikte Abkommen? Disziplin? Das ist alles schön und gut für andere Länder, die USA sind jedoch nicht willens, sich daran zu halten. 68 Dieses Messen mit zweierlei Maß stößt den Europäern in zunehmendem Maße sauer auf. Wenn die Amerikaner tun dürfen, was sie wollen, wie können wir dann um alles in der Welt verhindern, dass auch die Russen und die Chinesen, die den Internationalen Strafgerichtshof zufällig ebenfalls nicht unterstützen, tun, was sie wollen und sich gleichermaßen nicht um international getroffene Abkommen scheren? Die Fragen häufen sich inzwischen. Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Minister Haarder, lassen Sie mich Ihnen die drängendsten Fragen vorlegen. Die Fortsetzung der SFOR-Mission ist offenbar nicht gefährdet, da für sie kein neues UN-Mandat erforderlich ist. Sieht das die deutsche Regierung auch so? Besteht demnach keine Gefahr, dass die deutschen Truppen aus Bosnien abziehen? Und was sagt dies über die rechtliche Stellung der SFOR-Soldaten aus? Sind sie vor Verfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof sicher? Gilt diese Immunität in Bosnien, oder gilt sie auch in anderen Teilen der Welt? Wie werden die Nicht-EU-Länder, die ca. 60 % bzw. 900 Polizisten stellen, reagieren, wenn das Mandat der UN-Schutztruppe in Bosnien, wie es jetzt den Anschein hat, nicht verlängert wird? Wenn diese in Bälde abzieht, wird den zurückbleibenden europäischen Soldaten und Polizisten eine ganze Menge abverlangt. Ist die Europäische Union wirklich – und ich hoffe das von Herzen –, wie Javier Solana gestern erklärt hat, bereit und in der Lage, schnell zusätzliche Polizisten für diesen Polizeikorps bereitzustellen, und ist Herr Minister Haarder bzw. der Rat bereit, dafür zusätzliche Mittel aufzuwenden? Nun, Herr Präsident, eine präzise Frage, nochmals an den Rat, zur Haltung Großbritanniens und Frankreichs im Sicherheitsrat. Ist sie wirklich in jeder Hinsicht mit der Europäischen Union abgesprochen? Mit anderen Worten, muss ich, wenn die Antwort Ja lautet, daraus schließen, auch der Rat sei mit den Kompromissvorschlägen einverstanden, die jetzt beispielsweise von den Briten unterbreitet werden und durch die meines Erachtens die Position des Strafgerichtshofs unterlaufen wird? Zum Schluss, Herr Präsident, noch eine positive Anmerkung. Es kann einen Schritt in die richtige Richtung bedeuten, wenn die Europäische Union daraus eine Politik zur Verteidigung der Menschen ableitet, in der Einsicht, dass man Rechenschaft ablegen muss. Ein King Kong ist nämlich schon mehr als genug. 3-175 Coûteaux (EDD). – (FR) Herr Präsident! Die feindselige Einstellung der Vereinigten Staaten zum Internationalen Strafgerichtshof kann uns keineswegs überraschen, denn wir wissen in der Tat seit langem, dass die Vereinigten Staaten bei der Gestaltung internationaler Beziehungen nicht einmal den Gedanken der Partnerschaft und ebenso wenig den einer atlantischen Partnerschaft akzeptieren, welch naive Illusionen die Europabefürworter und anderen 03/07/2002 Ideologen, die alle Nationen gleich hobeln wollen, auch immer hegen mögen. Der amerikanischen Staat lässt nach wie vor nicht mit sich reden, und unter diesen Bedingungen unsere Staaten entwaffnen zu wollen, bedeutet, Europa zu entwaffnen. Das Erstaunlichste an dieser Angelegenheit ist die permanente Verblendung, die wir bezüglich dieses angeblichen Partners an den Tag legen. Denn Partner sind die Vereinigten Staaten in keinem einzigen Punkt. Ihr Unilateralismus herrscht ebenso in der Außenpolitik vor wie beim Umweltschutz, beispielsweise hinsichtlich der Klimaänderungen, ganz zu schweigen natürlich von der Gewaltpolitik in den wichtigsten Handelsangelegenheiten. Die Vereinigten Staaten ermuntern die europäischen Länder zur Abrüstung, sind jedoch selbst in einem umfassenden Prozess einseitiger Aufrüstung begriffen. Sie wollen die NATO so weit wie möglich nach Osten ausdehnen, ohne jedoch deren Kommandostrukturen zu ändern. Sie treten für eine umfassende Einmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten ein, lehnen jedoch jeden Rat ab, sobald es um ihre eigenen Angelegenheiten geht. Diese Politik erklärt sich allein aus einer Großmachtlogik heraus. Die Europäer allerdings müssen recht schwach, ich würde sogar sagen, feige sein, wenn sie diese eindeutige Sachlage nicht wahrnehmen wollen. Die Vereinigten Staaten wollen keinen Partner. Sie akzeptieren nur Handlanger. Ihr Gebaren ist schlicht und einfach das einer Großmacht. Indem dieser Weltbeherrscher ein wahnwitziges System verherrlicht, mit dem weltweit alle menschlichen Aktivitäten allein dem Profitgesetz, d. h. dem Gesetz der Macht, untergeordnet werden sollen, ist er zu einem großen Teil für das Elend auf dieser Welt verantwortlich. Unter diesem Gesichtspunkt kommt für Europa nur eine Politik in Frage: eine Politik, die auf die Wiederherstellung des Gleichgewichts zielt, andernfalls wird Europa zu einem bloßen Anhängsel degradiert. Die Wiederherstellung des Gleichgewichts erfordert eine mutige und ehrliche Politik, die wir nicht nur den einzelnen europäischen Nationen, sondern Europa als Ganzem und letztendlich auch dem Gedanken der Freiheit in der Welt schulden. 3-176 Bonino (NI). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als überzeugte Verfechterin des Europagedanken und überzeugte Freundin der USA habe ich mich insbesondere seit nunmehr 10 Jahren hartnäckig und bewusst für die Notwendigkeit der Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofs eingesetzt und, vor allem aufgrund der Bedeutung dieser Einrichtung, nie angenommen, dass sie ohne Probleme in den Dienst gestellt werden könnte. Ich bin immer davon ausgegangen, dass dieses Instrument, eben weil es eine weltbewegende Veränderung markiert, sicher auf Widerstand jeder Art stoßen würde: den offenen und unverhohlenen, obschon unakzeptablen Widerstand unserer amerikanischen Freunde, doch auch den Widerstand von anderen; vergessen wir nicht die Feindseligkeit und Verschleppungspolitik anderer 03/07/2002 Großmächte, die mit internen Problemen oder sogar Verbrechen konfrontiert sind – ich spreche von unseren chinesischen Freunden, aber auch von anderen – und sich der Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofs ebenfalls widersetzen, ohne jedoch zu einer würdevollen und offenen Auseinandersetzung fähig zu sein. Deshalb ist es wichtig, unter Verbündeten eine Diskussion und Debatte mit gegenseitigem Respekt zu führen, ohne zu versuchen, eine wie auch immer geartete überlegene Rechtskultur geltend zu machen, wobei wir jedoch entschlossen sind, unseren Standpunkt zu behaupten. Und mit dem gebotenen Respekt vor der USRegierung möchte ich diese daran erinnern, dass der Internationale Strafgerichtshof ein Instrument ist, das die Zeiten überdauern soll, während die politischen Führungen von ihrer Bestimmung her wechseln. Vielleicht besteht unsere Aufgabe auch darin, alles in unseren Kräften Stehende für die Wirksamkeit dieses Instruments zu tun, weil wir davon überzeugt sind, künftige Regierungen unserer amerikanischen Freunde könnten eventuell anderer Auffassung sein und selbst auf das Instrument zurückgreifen, das wir ihnen bieten. Wie der Rat zu Recht festgestellt hat, geschieht derzeit etwas Ähnliches in Bezug auf die Frage der Todesstrafe, wo der Dialog zu wichtigen Fortschritten seitens des Federal Court geführt hat. Dies vorausgeschickt, interessiert mich die Diskussion darüber, ob wir vor einer irreversiblen Spaltung des so genannten Westens stehen, herzlich wenig. Ich möchte vielmehr wissen, wie es weitergehen soll. Diesbezüglich scheinen sich zwei wichtige Antworten abzuzeichnen. Als Erstes sei darauf hingewiesen, dass die Anzahl der Staaten, die das Statut des IStGH ratifiziert haben, stetig wächst. Während es am 11. April noch 66 Länder waren, ist ihre Zahl in etwas mehr als zwei Monaten auf 76 gestiegen. Und zweitens sei festgestellt, dass alles von uns abhängt. Heute geht es um die Frage, ob wir Europäer wirklich danach streben und imstande sind, die Verantwortung und damit auch die wirtschaftlichen und die Personalkosten zu übernehmen, um beispielsweise bei den Friedensmissionen voranzukommen. Ich fürchte nämlich, das eigentliche Ziel unserer amerikanischen Freunde besteht nicht in der Vereitelung des Internationalen Strafgerichtshofs, sondern vielmehr darin, sich aus den friedenserhaltenden Missionen herauszuhalten und somit gewissermaßen das System der Vereinten Nationen zu untergraben. Ich weiß, dass unsere Botschafter in New York unermüdliche Verhandlungen führen, bei denen sie energisch auftreten, ohne jedoch unflexibel zu sein. Ein größerer Betrag, den wir leisten müssen und können, besteht jedoch meines Erachtens darin, an unseren Überzeugungen festzuhalten und bereit zu sein, die Kosten und Verantwortung dafür zu übernehmen. Je mehr wir europäische Interessen vertreten, desto besser wird es uns gelingen, hilfreiche Mittel anzubieten, gewiss nicht, um den Dialog zu verteufeln, sondern vielmehr, um ihn zu fördern und das Bündnis mit den Vereinigten Staaten, das ich als strategisch und unverzichtbar für uns betrachte, zu bewahren. 69 3-177 Tannock (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, mir ist klar, dass die meisten Redner heute die Vereinigten Staaten kritisieren werden, aber natürlich kein Wort über Indien, China, Russland und Sri Lanka verlieren werden. Sie werden vielleicht auch Kritik an Israel üben. Dies sind die Länder, die Einwände gegen das Römische Statut vorgebracht oder dessen Ratifizierung verweigert haben. Das Verhalten der USA im Sicherheitsrat wird den Einsatz in Bosnien nicht gefährden, doch macht es deutlich, wie groß die Besorgnis in Amerika ist. Die größte Sorge ist, dass amerikanische Zivilisten und hochrangige Militärs für schwere Straftaten zur Rechenschaft gezogen werden könnten, die im Ausland von Angehörigen der Streitkräfte begangen worden sind. Die erweiterte Definition des Begriffs Kriegsverbrechen im Statut und die sehr viel ungenauere Definition der Verantwortlichkeit im Rahmen der Befehlsstrukturen, die weiter gefasst ist als bei den Nürnberger Prozessen, hat zur Folge, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass Donald Rumsfeld oder sein Nachfolger bei einem Besuch in Paris für Verbrechen verhaftet wird, die seine Untergebenen begangen haben, an denen er nicht beteiligt war, für die er nicht den Befehl erteilt hat, von denen er vorher nicht einmal Kenntnis hatte und für die er vor einem amerikanischen Gericht niemals angeklagt würde. Einige mögen denken, dass dies im Widerspruch zum natürlichen Rechtsempfinden steht. Natürlich muss man auch sehen, dass liberale Regierungen sowie Vertreter der internationalen Zivilgesellschaft und Befürworter der universellen Gerichtsbarkeit, wie zum Beispiel Amnesty International, die Einrichtung des IStGH uneingeschränkt unterstützt und gleichzeitig dafür gesorgt haben, dass so gut wie keine öffentliche Debatte über die Mängel dieses Strafgerichtshofs und den möglichen politischen Schaden stattfindet, der den Amerikanern dadurch entstehen könnte. Darüber hinaus bestehen weitere Probleme. Es ist zumindest nicht ganz von der Hand zu weisen, dass Terroristen von einigen Bestimmungen des Strafgerichtshofs ausgenommen sind und dass die Gefahr besteht, dass der Justiz Vorrang gegenüber der Gewährung von Amnestie eingeräumt wird, obwohl gerade dies zum lang ersehnten Frieden und zur Versöhnung in Ländern wie Angola, Südafrika, Sri Lanka oder Kolumbien beiträgt. Die internationale Gerichtsbarkeit ist ein ehrenwerter Grundsatz, aber die Besorgnis, die auf amerikanischer Seite besteht, ist sehr realistisch und schwerwiegend. Amerika ist als souveräner Staat durchaus berechtigt, das ASPA zu verabschieden und Artikel 98 Ziffer 2 des Römischen Statuts anzuwenden, aber Amerika hat natürlich nicht das Recht, Gewalt gegen europäische Staaten, wie zum Beispiel die Niederlande, anzuwenden. Wir sollten versuchen, diesen Befürchtungen Rechnung zu tragen, wenn nötig, sollten wir dazu das Statut des IStGH ändern, um die Bestimmungen über die 70 Verantwortlichkeit im Rahmen der Befehlsstrukturen klarer zu definieren, und wir sollten dem UNSicherheitsrat eine Mitentscheidungsrolle im Strafverfolgungsprozess einräumen. 3-178 van den Berg (PSE). – (NL) Herr Präsident! Auch ich bin froh, dass Herr Tannock nicht in die Niederlande einfallen will, möchte mich aber gleichwohl Herrn Oostlander anschließen und Präsident Bush in seiner Funktion als chief in command einladen, als Erster an der Küste der Niederlande, am Strand von Scheveningen, den jungen holländischen Matjes in Empfang zu nehmen. Eine solche Invasion der Heringe dient dem goodwill der internationalen Koalition gegen den Terror meines Erachtens mehr als die Drohung, in Europa einzufallen, um eventuell amerikanische Soldaten zu befreien. Soldaten, denen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen werden und die dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag überstellt wurden, der mit Unterstützung von 133 Ländern am Montag dieser Woche seine Arbeit aufgenommen hat. Herr Präsident, die Vereinigten Staaten wollen ihre peace keepers und Soldaten offenbar über das Gesetz stellen, und zwar unter Verstoß gegen die rule of law und ungeachtet des Umstands, dass gemäß dem Vertrag durchaus zunächst der Staat, der die peace keepers stellt, dafür verantwortlich ist, selbst zu ermitteln und Gerichtsverfahren einzuleiten. Der Internationale Strafgerichtshof ist ein letzter Schritt. Er ist von wesentlicher Bedeutung, um Kriegsverbrecher sowie die Anführer der Regime, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen, zu bestrafen. Gerade eine glaubwürdige Koalition gegen den Terrorismus wird dadurch unterminiert, dass internationale Straflosigkeit bestehen bleibt. 03/07/2002 3-179 Plooij-van Gorsel (ELDR). – (NL) Vielen Dank, Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister Haarder. Der Internationale Strafgerichtshof ist offiziell eine Tatsache. Fast vier Jahre, nachdem 120 Länder dem Statut von Rom und der Gründung des Gerichtshofs zugestimmt haben, hat das Tribunal gestern, am 1. Juli 2002, in Den Haag seine Tore geöffnet. Die Europäische Union ist erfreulicherweise ein vehementer Befürworter des Strafgerichtshofs, die Vereinigten Staaten sind jedoch sein schärfster Gegner. Die Amerikaner betreiben inzwischen eine Kampagne gegen den Strafgerichtshof um zu verhindern, dass USStaatsbürger oder -Soldaten jemals vor dieses Gericht gestellt werden können, und sie schrecken dabei nicht vor Drohungen zurück, beispielsweise das UNPolizeikorps in Bosnien dafür eventuell ganz zu opfern. Meine Fraktion lehnt die Kampagne der Vereinigten Staaten gegen den Internationalen Strafgerichtshof entschieden ab. Das so genannte Hague Invasion Bill ist ein eklatanter Verstoß gegen die Vereinbarungen zwischen den NATO-Bündnispartnern. Einst, im Jahr 1945, waren die Amerikaner unsere Befreier, und jetzt drohen sie mit einer Invasion in Scheveningen. Auch ich gönne ihnen den jungen holländischen Matjes, Kollege van den Berg. Worüber regen sich die Amerikaner eigentlich so auf? Hat die US-Regierung kein Vertrauen in ihre eigene Rechtsordnung? Der Gerichtshof wird ja doch erst dann tätig, wenn der betreffende Staat selbst nichts oder kaum etwas unternimmt, um das Verbrechen zu sühnen. Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, zwei Dinge muss Europa verhindern. Wenn super power bedeutet, über dem Gesetz zu stehen, befinden wir uns ganz klar auf dem falschen Weg. Die USA spielen mit dem Feuer, und das ist ein Grund mehr für Europa, entschlossen aufzutreten, entschlossener als Herr Minister Haarder soeben sagte, und unseren Bündnispartner mit allen diplomatischen Mitteln unter Druck zu setzen. Europa muss dabei mit einer Stimme sprechen, den Nachdruck auf ein umfassenderes Sicherheitskonzept legen und solche Punkte wie Prävention und zivile Elemente herausstellen. Präsident Bush möchte in der Welt bisweilen Cowboy spielen, droht aber, seine eigenen peace makers zu outlaws zu machen. Das fügt sich schlecht in die amerikanische Geschichte ein, in der die rule of law nun für alle gilt, ohne Ansehen von Religion, Rasse oder Herkunft. Das muss auch für die Amerikaner weltweit gelten. Dazu benötigen wir eine internationale Koalition, dazu dient der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag. Diese Woche zeigte sich, dass die Mission der Vereinten Nationen in Bosnien auf dem Spiel steht. Meine Fraktion bedauert diesen dramatischen Schritt zutiefst, denn er stellt eine Bedrohung der UN-Friedensmissionen generell dar. Die NATO ist daher zu Recht zu einer Sondersitzung zusammengetreten, zurzeit liegt eine praktische Lösung für Bosnien allerdings in greifbarer Nähe; auf keinen Fall aber darf dieser Konflikt alle künftigen UN-Friedensaktionen gefährden. Präsident Bush, ich appelliere eindringlich an Sie als chief in command, in die internationale Koalition für eine weltweite Rechtsordnung zurückzukehren. Sie sind herzlich willkommen an unseren Stränden, und wir werden Ihnen mit Freude unseren jungen holländischen Matjes anbieten. 3-180 Das bringt mich zu meinem letzten Punkt. Der Streit über den Strafgerichtshof kann die Kluft zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten vertiefen. Ich appelliere sowohl an den Ministerrat unter dänischem Vorsitz als auch an die Kommission, alles daran zu setzen, damit die Beziehungen zu den USA im Interesse der Union und der USA sowie im Interesse der restlichen Welt so gut wie möglich bleiben. Meijer (GUE/NGL). – (NL) Herr Präsident! Seit einigen Tagen richtet sich die Aufmerksamkeit vor allem auf die Weigerung der USA, im UN-Sicherheitsrat dem Einsatz bzw. der Beibehaltung jedweder Friedenstruppe zuzustimmen. Das ist ein Druckmittel, um die Immunität amerikanischer Soldaten vor internationaler Verfolgung 03/07/2002 wegen Kriegsverbrechen zu erzwingen. Das lässt uns offensichtlich vergessen, dass der Konflikt mit der Bedrohung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union begonnen hat, da dort der Internationale Strafgerichtshof seinen Sitz hat. Der US-Senat einigte sich bereits Anfang Juni auf die Möglichkeit einer militärischen Invasion in die Niederlande, um amerikanische Gefangene in Den Haag zu befreien. Nach der Weigerung, das Kyoto-Klimaschutzabkommen zu unterzeichnen und chemische sowie bakteriologische Waffen zu ächten, und nach der Besteuerung von Stahlimporten ist dies der soundsovielte große Schritt, mit dem sich die US-Regierung gegen die ganze Welt stellen will. Von anderen werden Kooperation und Disziplin im Kampf gegen den Terrorismus gefordert, Amerika geht selbst jedoch seine eigenen Wege. Für uns in Europa wird es höchste Zeit zu begreifen, dass man mit einem solchen Land, mit einer solchen Regierung, keine Abkommen über eine enge Zusammenarbeit treffen oder einhalten kann. Ich denke, Herr Haarder unterschätzt die wachsende Kluft. Wenn wir es auf diese Art und Weise angehen, wird Europa letztlich den USA nachgeben müssen, und das wäre der denkbar schlechteste Weg. 3-181 Maes (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unter dem Eindruck der dramatischen Ereignisse in Ruanda hat Belgien seinerzeit ein Gesetz verabschiedet, das es ermöglichen sollte, Personen, die sich des Völkermords schuldig gemacht haben, auf belgischem Territorium zu bestrafen. Aber das ist nur ein Mosaiksteinchen Gesetzgebung. Wir benötigen eine internationale Rechtsordnung, in der der Internationale Strafgerichtshof einen sehr wichtigen Stützpfeiler darstellt. Hier wird auf die Vereinigten Staaten hingewiesen und auf verschiedene Gegebenheiten, die beweisen, dass sich die USA gemeinschaftlichen Verpflichtungen entziehen, die wir aber durchaus übernehmen wollen. Der Herr Kommissar hat dazu aufgerufen, den Dialog mit unseren Kolleginnen und Kollegen in den USA aufzunehmen. Ich wende mich an den Präsidenten dieses Parlaments. Ich bin besorgt über das wachsende Ausmaß, in dem die Parlamente in Europa und das Parlament sowie die öffentliche Meinung in den USA offensichtlich auseinander driften. Wäre es nicht ein vernünftiger Vorschlag, unsere Delegation für die Beziehungen mit den Vereinigten Staaten oder einen Sonderausschuss zum Abgeordnetenhaus in den USA zu entsenden, um gemeinsam über diese Fragen zu sprechen? Man kann natürlich auch hoffen, etwas zu erreichen, indem wir die etwas übertriebene Haltung ins Lächerliche ziehen. Allerdings können wir mit einem formellen Auftreten sicherlich bessere Ergebnisse erzielen, und die sind erforderlich. 71 fest, weil, wie Sie wissen, in den Vereinigten Staaten am 4. November die so genannten Midterm-Wahlen stattfinden, wodurch das Ganze natürlich etwas problematischer wird. 3-183 Mann, Erika (PSE). – Herr Präsident, verehrte Kollegen, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Die Distanzierung der Vereinigten Staaten vom Internationalen Criminal Court und ihre Ankündigung am vergangenen Sonntag im Weltsicherheitsrat, sich nur dann weiter an UN-Missionen zu beteiligen, wenn ihrem Militär Immunität versprochen wird, verstärkt den Eindruck, dass die Vereinigten Staaten in bestimmten Bereichen die Institutionalisierung internationaler Politik kritischer bewerten als die Europäische Union. Nach dem Krieg waren es die Vereinigten Staaten, die durch die Schaffung von internationalen Institutionen dazu beitrugen, eine Weltordnung zu etablieren. Mehr noch, internationale Gerechtigkeit war das Motto damals. Heute sind es die Vereinigten Staaten, die durch ihren Rückzug aus internationalen Verträgen die Akzeptanz von international gültigen Pflichten und Rechten in Frage stellen. Verehrte Kollegen, Herr Kommissar und Herr Ratspräsident, ich würde Sie und uns alle gerne fragen, warum das der Fall ist. Es gibt ja einen Grund, und ich habe ein Dokument vor mir liegen, und zwar vom August 2000, mit dem Titel „Implications for U.S. Cooperation with the ICC - the American Service Members' Protection Act of 2000“. Ich frage mich, warum wir eigentlich diese Diskussion heute führen. Wir haben bereits vor einigen Jahren ein Early Warning System institutionalisiert, aber es scheint nicht zu funktionieren. Es sieht so aus, als würden regelmäßig Gespräche stattfinden, aber die Methoden der Analysen scheinen unterschiedlich zu sein, wir scheinen nicht zuzuhören, wir scheinen unsere Probleme gegenseitig nicht rechtzeitig zu bewerten, und wir scheinen auch nicht dazuzukommen, dass wir wirklich aufeinander hören. Wo liegt also das Problem? Ich würde Sie auffordern, und besonders den Ratspräsidenten, aber auch die Kommission, dafür zu sorgen, dass das Early Warning System rechtzeitig funktioniert. Ich denke, der Vorschlag unserer Kollegin Maes ist exzellent, wir sollten in der Tat bei den nächsten Veranstaltungen, die wir mit den Amerikanern haben, darauf hinweisen, dass wir bessere Systeme brauchen, so dass diese auch tatsächlich funktionieren. Was ich befürchte, ist nicht ein transatlantic divide, von dem wir sprechen, sondern ein transatlantic clash, und die vielbeschworenen Werte, von denen wir immer sprechen, wage ich in Zweifel zu stellen. Ich möchte Sie, Herr Ratspräsident und Herr Kommissar Byrne, inständig bitten, diesen Punkt sehr ernst zu nehmen. 3-182 3-184 Der Präsident. – Frau Maes, die Delegation ist vor kurzem zusammengekommen und hat für November einen Besuch geplant. Das Programm steht noch nicht Schörling (Verts/ALE). (SV) Herr Präsident! Ein Traum ging in Erfüllung, als der Internationale Strafgerichtshof zu Beginn dieser Woche seine Arbeit 72 aufnahm. Er ist eine Einrichtung im Dienste des Humanismus mit der Aufgabe, Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen, Völkermord zu bestrafen und internationale Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen. Es ist unverständlich und zu bedauern, dass sich die Vereinigten Staaten von einer solchen Institution distanzieren und sogar versuchen, deren Arbeit zu behindern. Eine derart selbstherrliche und gefährliche Machtpolitik untergräbt nicht nur die Beziehungen zu Europa, sondern – was noch viel schlimmer ist – schwächt den Internationalen Strafgerichtshof bis hin zur Gefährdung seiner Existenz. Darüber hinaus leiden darunter auch die Glaubwürdigkeit und der Handlungsspielraum der Vereinten Nationen und der Internationalen Gemeinschaft. Heute haben die USA dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen offenbar eine neue Resolution vorgelegt, die sich auf Artikel 16 stützt und vermutlich auch von Großbritannien befürwortet wird. Laut Aussage der Koalition für den Internationalen Strafgerichtshof stellt dieser neue Vorschlag eine Gefährdung vitaler Teile des Römischen Statuts dar. Ich appelliere an die Kommission und den Rat, die Mitgliedstaaten aufzufordern, an den gefassten Beschlüssen festzuhalten und die Vereinten Nationen und den Internationalen Strafgerichtshof zu verteidigen. 03/07/2002 und unverantwortlichen Weg eingeschlagen, worauf die Europäische Union kraftvoll reagieren muss. 3-186 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich denke, wir können heute weitgehende Übereinstimmung zwischen Rat und Parlament zu diesem Thema feststellen. Europa als Einheit ersucht die Amerikaner, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken, weil wir sie nicht verstehen können. Es ist ein Appell von Freunden, die diese Sache sehr ernst nehmen. Wir werden alles tun, um unseren Einfluss auf die USA geltend zu machen, und ich kann Frau Erika Mann mitteilen, dass der Rat das „Early Warning System“ tatsächlich angewendet, es aber keine Wirkung gezeigt hat. Der Rat und seine Mitglieder werden sich beispielsweise auf der UNGeneralversammlung in New York weiterhin dafür einsetzen. Ich freue mich, dass so viele über die gemeinsamen Werte gesprochen haben, die uns über den Atlantik hinweg miteinander verbinden. Wir sollten den USA keine weitreichenderen Motive unterstellen, als sie tatsächlich haben. Auch ist festzustellen, dass die USA alle Überlegungen zu einer Invasion der Niederlande eindeutig zurückgewiesen und klar gemacht haben, dass sie die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs nicht behindern wollen. 3-185 Theorin (PSE). (SV) Herr Präsident! Vier Jahre lang haben wir in der Organisation Parlamentarians for Global Action (PGA) mit 1 400 Mitgliedern von Parlamenten in der ganzen Welt für eine Ratifizierung des Internationalen Strafgerichtshofs gearbeitet. Mit großer Freude nehmen wir zur Kenntnis, dass dieser Strafgerichtshof am 1. Juli dieses Jahres seine Arbeit aufgenommen hat. Im Jahre 1998 stimmten 120 Staaten für eine solche Institution – nur sieben sprachen sich gegen sie aus, darunter die USA. Bis heute haben 76 Staaten den Internationalen Strafgerichtshof ratifiziert. Der Strafgerichtshof ist ein wichtiges Instrument zur Stärkung des internationalen Rechts mit rechtlichen Mitteln. Kein Land, kein Herrscher, keine Regierung kann ungestraft schwere Verstöße gegen internationales Recht wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen begehen. Es ist befremdend, dass sich ein Land mit so tief verwurzelten Rechtstraditionen und so vielen Anwälten pro Quadratmeter wie die USA vorstellen kann, die eigenen Staatsbürger von der Strafverfolgung für solch schwere Verbrechen zu befreien. Was haben die Vereinigten Staaten zu verheimlichen? Welche Verbrecher will man damit schützen? Den Friedenstruppen generelle Straffreiheit zu gewähren, hätte für die Frauen verheerende Folgen. Vergewaltigungen, sexueller Missbrauch und erzwungene Schwangerschaften, leider auch durch die Friedenstruppen verübt, würden so legalisiert. Durch ihr Auftreten geben die USA der Welt Besorgnis erregende Signale. Präsident George Bush hat einen gefährlichen Es ist jetzt unsere Aufgabe, den Strafgerichtshof weiterhin nachdrücklich zu unterstützen und sicherzustellen, dass er funktioniert und dass die friedenserhaltenden Maßnahmen der Vereinten Nationen auch künftig – und zwar mit amerikanischer Beteiligung – effektiv durchgeführt werden können. Was das aktuelle Problem der UN-Polizeikräfte in Bosnien angeht, so haben wir bekanntlich ihre Übernahme zum 1.1.2003 vereinbart, und ich möchte Herrn Lagendijk sagen, dass der Rat die Mittel zur Verfügung stellen wird, wenn wir die Polizeikräfte als Folge dieser Auseinandersetzung früher übernehmen sollten. Zum Schluss ein Wort an Frau Erika Mann, von deren Engagement in der Delegation für die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten ich mich selbst überzeugen konnte. Die Delegation sollte aus gegebenem Anlass über eine Verbesserung des „Early Warning System“, das dort erörtert wurde, nachdenken. Die hier diskutierte Initiative kommt ja vom Parlament – also vom Kongress – der USA, und deshalb halte ich alle Überlegungen von Frau Mann für äußerst wichtig. Im Übrigen möchte ich aber dem Parlament keine Ratschläge erteilen. Ich wollte lediglich das Engagement von Frau Mann sowie dieser Delegation des Parlaments, die sich um eine Verbesserung der Beziehungen zum amerikanischen Kongress bemühen, lobend erwähnen. 3-187 Byrne, Kommission. – (EN) Ich danke dem Parlament für die ausdrückliche Unterstützung der Politik der Kommission in dieser ganz besonders schwierigen Frage, zu der ich und andere Stellung genommen und 03/07/2002 dies, wenn ich so sagen darf, mit einem beträchtlichen Maß an Eloquenz und Leidenschaft geäußert haben. Die Tatsache, dass praktisch alle Redner dieselbe Position vertreten haben, wird von der Kommission ebenfalls als Unterstützung für die von ihr angekündigte Politik verstanden. Mehrere Redner haben bestimmte Punkte angesprochen, auf die ich eingehen möchte. Frau Bonino fragte, welche Schritte als nächstes folgen werden und bezog sich dabei speziell auf den Kostenaspekt. Natürlich wäre es ein sehr ernsthaftes Problem, wenn im Zusammenhang mit dem UN-Mandat für Friedensmissionen Schwierigkeiten auftreten würden. Dafür muss eine Lösung gefunden werden, und dies gilt ganz besonders für den Kostenaspekt. Ich weiß, dass darüber bereits diskutiert wird und dass derzeit verschiedene Möglichkeiten in Bezug auf diese Frage geprüft werden. Es muss eine Lösung gefunden werden, aber eine gute Lösung wird nicht leicht zu finden sein. Ich möchte auf die Frage von Frau Maes eingehen, ob die Möglichkeit besteht, dass eine Delegation des Europäischen Parlaments in die Vereinigten Staaten reist, um diese Probleme mit den amerikanischen Kollegen zu erörtern. Lassen Sie mich sagen, dass dies aus der Sicht der Kommission eine Entwicklung wäre, welche die Kommission uneingeschränkt unterstützen und begrüßen würde. Die Kommission ist der Auffassung, dass ein solcher Schritt durchaus von Nutzen sein könnte. Unsere Aufgabe besteht nun darin, den IStGH, der seine Arbeit erst vor zwei Tagen aufgenommen hat, umfassend zu unterstützen, in der Hoffnung, dass er seine Aufgaben so wahrnehmen kann, dass diejenigen an seinen Erfolg glauben, die hinter ihm stehen und der Einrichtung dieses Strafgerichtshofs zugestimmt haben. 3-188 Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kommissar. Ich teile mit, dass ich gemäß Artikel 37 Absatz 2 der Geschäftsordnung fünf Entschließungsanträge erhalten habe.3 Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. 3-189 Teilnutzungsrechte an Immobilien 3-190 Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A5-0215/2002) von Herrn Medina Ortega im Namen des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt über die Beobachtung der Gemeinschaftspolitik im Bereich des Schutzes der Erwerber von Teilnutzungsrechten an Immobilien (Richtlinie 94/47/EG) (2000/2208(INI)). 3 Siehe Protokoll. 73 3-191 Medina Ortega (PSE), Berichterstatter. – (ES) Herr Präsident, zu diesem Bericht muss ich sagen, dass mir lediglich der abschließende Part des „Todesstoßes“ zukommt – um bei einem Vergleich aus dem Stierkampf zu bleiben, von dem ich nicht weiß, ob er in diesem Hause verstanden wird –, denn ein ganzes Jahr lang – vom 1. Januar 2001 bis zum 1. Januar 2002 – war Herr Marinho Berichterstatter, doch musste er dieses Amt später aufgeben; er hatte also die gesamte Vorarbeit geleistet, und mir kam in der Schlussphase lediglich die Aufgabe zu, die eingebrachten Änderungsanträge zu sammeln und irgendeine Form des Kompromisses zu finden. Am Ende gab es etwa sechzig Änderungsanträge. Unter der Federführung von Herrn Marinho fand im Ausschuss für Recht und Binnenmarkt eine Anhörung statt, und es wurde eine erste und dann eine zweite Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen festgesetzt. Meine Aufgabe bestand allein darin, sie zusammenzustellen. Die Richtlinie über Teilnutzungsrechte an Immobilien wurde 1994 im Mitentscheidungsverfahren gebilligt, und mir kam die Aufgabe des Berichterstatters dieses Parlaments über diese Richtlinie zu. Die Richtlinie brauchte im Prinzip drei Jahre, um in Kraft zu treten, doch in vielen Ländern wurde sie ein Jahr lang verzögert. Im Übrigen muss ich mit Genugtuung darauf hinweisen, dass der Oberste Gerichtshof Spaniens kürzlich die spanische Regierung zu Schadenersatzleistungen an einzelne Verbraucher der Gemeinschaft für die von ihr zu verantwortende Verzögerung bei der Umsetzung der Richtlinie verurteilt hat. Meiner Ansicht nach ist dies ein positiver Präzedenzfall in der Rechtsprechung, der den Richtlinien der Gemeinschaft größere Geltung verschafft. Die gegenwärtige Richtlinie ist eine Richtlinie mit Mindestvorschriften. Es wurden darin gewisse Informationspflichten sowie eine Möglichkeit für den Erwerber, den Vertragschließenden, festgelegt, binnen einer Frist von 10 Tagen von dem Vertrag zurückzutreten und die Rückerstattung der geleisteten Zahlungen zu verlangen. Da es sich nun um eine Richtlinie mit Mindestvorschriften handelte, konnte sie selbstverständlich auch nicht alle aufkommenden Fragen lösen. In den letzten beiden Jahren ist im Rahmen der Debatte über dieses Thema im Ausschuss für Recht und Binnenmarkt deutlich geworden, dass das gegenwärtige System für viele Bürgerinnen und Bürger der Gemeinschaft Nachteile mit sich bringt und insofern eine Ergänzung des uns zur Verfügung stehenden Instrumentariums sinnvoll wäre. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht stoßen wir dabei vielleicht auf die ein oder andere Schwierigkeit. Das Problem liegt in der heute von allen Institutionen der Gemeinschaft geteilten Sorge um einen sparsamen Umgang mit dem Instrument der gesetzlichen Regelung. Wir haben den Bericht Mandelkern des Rates, wir haben die Vorschläge der Kommission für das europäische Regieren und die Verbesserung der gemeinschaftlichen 74 Regulierung, und schließlich haben wir die Vereinbarungen des Europäischen Rates von Sevilla, in denen die Notwendigkeit unterstrichen wird, unter Mitwirkung gerade des Europäischen Parlaments auf diesem Gebiet voranzukommen. Überdies weist die vorliegende Richtlinie die Besonderheit auf, dass sie sich auf privatrechtliches, vertragsrechtliches, immobilienrechtliches Terrain begibt, und dieses Terrain gilt traditionell als Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten. Wir haben also keinen einfachen Weg vor uns. Einerseits handelt es sich meiner Ansicht nach um eine offenkundig gemeinschaftliche Materie, da es um Vermögenswerte geht, die an Staatsbürger der Gemeinschaft in einem Land veräußert werden, und dabei später Haftungsfragen auftauchen können; andererseits handelt es sich – wie ich bereits dargelegt habe – um eine privatrechtliche Materie, die man im Regelfall nicht dem gemeinschaftlichen Bereich zuordnen würde. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach dem möglichen Nutzen bzw. den Grenzen des Gesetzgebungsverfahrens. Unter anderem wurde die Überlegung vorgebracht, dass auf diesem Gebiet andere Maßnahmen sinnvoll sein könnten, z. B. eine Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, um gegen diejenigen Formen der Geldwäsche vorzugehen, die bei einigen TimesharingGesellschaften auftreten, oder einfach nur gegen einige Formen des Betrugs und Ähnliches. Auch ist von der Möglichkeit die Rede, auf Koregulierungs-, auf Selbstregulierungsverfahren zurückzugreifen, z. B. durch ein Zulassungssystem für Veranstalter in dieser Branche; es gibt eine ganze Reihe von Schwierigkeiten, die sich in dem Bericht widerspiegeln. Der Bericht des Parlaments ist ein Kompromiss. Von der Kommission liegt eine detaillierte Studie vor, sie stammt jedoch aus dem Jahre 1999. Meiner Meinung nach besteht die grundlegende Schlussfolgerung darin, dass wir die Kommission ersuchen müssen, sich erneut mit der Materie auseinander zu setzen und uns baldmöglichst Vorschläge legislativer oder auch nicht legislativer Art vorzulegen. Konkret haben wir bei der Prüfung des von der Kommission verabschiedeten Berichts in Ziffer 20 einen Fehler festgestellt: Darin wird auf bereits abgeschlossene Verletzungsverfahren Bezug genommen, so dass dieser Punkt 20 sinnlos geworden ist und gestrichen werden müsste. Ebenso finden sich überflüssige Wiederholungen in den Ziffern 6 und 7. Ich möchte diesem Hause nahe legen, gegen diese drei Ziffern 6, 7 und 20 zu stimmen. Was die eingereichten Änderungsanträge betrifft, so gehen nach meinem Dafürhalten drei davon – die Änderungsanträge 1, 2 und 3 der Abgeordneten Bradbourn, Lehne und McCarthy, die sich auf die Festlegung bestimmter Tage beziehen – für einen nicht legislativen Text allzu sehr ins Detail. Schließlich halte ich drei Änderungsanträge von Frau McCarthy, die einige Informations- und Haftungsfragen klarstellen, für richtig. 03/07/2002 Damit schließe ich meine Ausführungen und hoffe, dass dieses Haus morgen den Berichtsentwurf annehmen kann. 3-192 Bradbourn (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, ich freue mich ganz besonders, dass ich heute zu diesem Bericht Stellung nehmen kann, denn ich habe die Überarbeitung der Richtlinie über Teilnutzungsrechte an Immobilien mit großem Interesse verfolgt, nachdem ich zahlreiche Beschwerden von verärgerten Urlaubern in meiner Heimatregion im Vereinigten Königreich erhalten hatte, die von manchmal skrupellosen Unternehmen dieser Branche geschädigt wurden. Im November vergangenen Jahres wurde vom Ausschuss für Recht und Binnenmarkt eine öffentliche Anhörung über das Thema Teilnutzungsrechte an Immobilien initiiert, an der mehrere Bürger aus meinem Wahlkreis teilnahmen, um direkt über ihre Erfahrungen zu berichten. Ich freue mich, dass ich sagen kann, dass viele der Probleme mittlerweile beseitigt werden konnten, die bei dieser Anhörung sowohl in den mündlichen Berichten als auch in dem schriftlichen Bericht, den ich damals vorgelegt hatte, angesprochen wurden. Ein besonderes Problem ist die Zunahme der Zahl von Ferienklubs oder Punktesystemen, die durch die Art ihrer Mitgliedschaftsbestimmungen die bestehende Gesetzgebung ausnutzen, in der keine Regelungen für Verträge mit einer Laufzeit von unter drei Jahren vorgesehen sind. Ich möchte dem Haus daher den Vorschlag empfehlen, der die Erfassung aller derartigen Verträge vorsieht, um so das derzeit bestehende Schlupfloch zu schließen. Darüber hinaus begrüße ich unseren Vorschlag, dass für die Bekanntgabe von Einzelheiten über die Kreditkarte dieselbe „Abkühlungszeit“ gelten sollte wie für andere Anzahlungen. Ich habe bei Sprechstunden in meinem Wahlkreis gehört, dass unschuldige Urlauber Schleppern der Timesharing-Branche völlig ahnungslos Kreditkartenangaben machten und nach der Rückkehr aus ihrem Urlaub feststellen mussten, dass erhebliche Summen von ihrem Konto abgebucht waren. Wichtig ist auch, dass die Verbraucher nach der endgültigen Unterzeichnung von Verträgen ausreichend vor einem unangemessenen Anstieg der Unterhaltskosten geschützt werden und die Urlauber in den Fällen, in denen ein Missbrauch vorliegt, ohne großen Aufwand Entschädigungsansprüche geltend machen können. Eine große Hürde für die Erlangung von Schadenersatz sind die mit einer Klage verbundenen Kosten, die durch oft langwierige Gerichtsverfahren in einem anderen Land entstehen, mit dessen Verfahren die Geschädigten nicht vertraut sind. Wir müssen daher nach neuen Wegen zur Vereinfachung dieses Verfahrens suchen. Vielleicht wäre es eine Lösung, wenn die Verbraucher bei Beschwerden das Rechtssystem des eigenen Landes nutzen könnten, wenn dies nötig ist. 03/07/2002 Diese Maßnahmen sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einem wirksamen Schutz der europäischen Urlauber, die diese Art von Urlaubsleistungen erwerben. Der vorliegende Bericht bietet jedoch keine Lösung für alle bestehenden Probleme. Ich hoffe, dass die Mitglieder meinen Änderungsantrag zur Verlängerung der „Abkühlungszeit“ von derzeit 10 auf 28 Kalendertage unterstützen können. Auf diese Weise hätten die Betroffenen die Möglichkeit, nach der Rückkehr aus ihrem Urlaub alle Fakten kühl und sachlich zu prüfen und zu entscheiden, ob sie den geplanten Kauf tatsächlich abschließen wollen. Ich hoffe, dass die Kommission so schnell wie möglich geeignete Vorschläge für Rechtsvorschriften vorlegen kann, damit unsere EU-Bürger alle Formen des Timesharing-Urlaubs ganz beruhigt genießen können. 3-193 Koukiadis (PSE). – (EL) Herr Präsident! Herr Medina und Herr Marinho haben akribisch die Mängel der gegenwärtigen Gemeinschaftsgesetzgebung zu Teilnutzungsrechten an Immobilien aufgezeigt und deutlich gemacht, dass sie, um Wirkung zeigen zu können, nicht einseitig sein dürfen. Dieser Auffassung schloss sich mehrheitlich auch der Ausschuss für Recht und Binnenmarkt an. Deshalb sollte es eine einhellige Zustimmung geben. Der neue Legislativentwurf, der nach dem Bericht vorgelegt wird, sollte erstens erschöpfende Antworten auf die bisherigen Probleme der Verbraucher geben, zweitens das Aushebeln der durch die EU-Rechtsetzung festgeschriebenen Garantien verhindern und drittens alle beteiligten Seiten absichern. So ist es notwendig, in den Anwendungsbereich der Richtlinie alle neuen Vertragsformen für Teilnutzungsrechte an Immobilien einzubeziehen, ohne dass dabei feste zeitliche Begrenzungen sowohl hinsichtlich der Mindestdauer des Vertrags als auch der jährlichen Nutzungszeit genannt werden. Außerdem müssen Regeln geschaffen werden, und zwar erstens für die Garantie, dass die Verkäufer ihren vertraglichen Verpflichtungen auch bei Konkurs und Zahlungsunfähigkeit über einen längeren Zeitraum nachkommen, sowie die Formulierung von Zulassungsbeschränkungen für die Veranstalter, zweitens für das Recht des Verbrauchers und die Verpflichtung des Unternehmens, das Teilzeitnutzungsrecht zu einem bestimmten Preis zu kaufen bzw. zu verkaufen, sowie drittens für den Tausch von Teilzeitnutzungsrechten. Probleme haben in der Praxis auch die internationale Rechtsprechung und das anzuwendende Recht bereitet. Deshalb ist es wünschenswert, sowohl Klauseln, die auf überseeische Gerichtsstände beziehungsweise ganz einfach auf andere Gerichtsstände als den des Ortes, an dem sich die Immobilie befindet, verweisen, als auch diejenigen Klauseln zu verbieten, die sich auf das Recht von Drittstaaten beziehen. 75 Wie bereits erwähnt, sind zur Vermeidung einseitiger Regelungen gleichermaßen die Interessen der Immobilienbesitzer zu berücksichtigen. Im Übrigen muss diese Einrichtung auch als Motor für die Entwicklung des Tourismus und die Beschäftigung von Arbeitnehmern gesehen werden. Schließlich sollte im Lichte der bisherigen Erfahrungen geprüft werden, ob man eine EU-weite Informationskampagne starten kann, um die einwandfrei arbeitenden Anbieter zu unterstützen. 3-194 Wallis (ELDR). – (EN) Herr Präsident, ich möchte die Kollegen bitten, sich folgende Situation vorzustellen: Sie als intelligente und vernünftige Person machen zusammen mit Ihrer älteren und gebrechlichen Mutter Urlaub in einem anderen Land der EU. Sie finden sich plötzlich in einem stickigen Raum unter völlig fremden Menschen wieder, in dem Sie mehr als einen halben Tag ohne oder mit nur einer dürftigen Erfrischung ausharren müssen, weil ein großer Mann an der Tür steht und Sie das Gefühl haben, nicht entkommen zu können. Sie unterschreiben schließlich einen Vertrag und leisten eine Anzahlung für ein Teilnutzungsprodukt, das Sie gar nicht haben wollen. Bei Ihrer Rückkehr stellen Sie fest, dass Sie die Anzahlung von mehreren tausend Pfund in den Wind schreiben können und das Unternehmen, mit dem Sie einen Vertrag geschlossen haben, eine in irgendeiner Offshore-Oase registrierte Briefkastenfirma ist. Sie haben keine Möglichkeit, Schadenersatz zu erlangen. Ja, das ist eine wahre Geschichte. Wie viele von uns haben traurige Geschichten wie diese von ihren Wählern gehört, obwohl es eine Richtlinie zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien gibt? Dieser Bericht kommt zur rechten Zeit. Seine Inhalte müssen jetzt in die Tat umgesetzt werden, und dies darf nicht durch weitere Studien und Berichte verzögert werden. Ich möchte aber auch zur Vorsicht mahnen. Während die Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas dieses Paket an recht komplexen und unterschiedlichen Gesetzesinitiativen und anderen Maßnahmen unterstützt, bin ich nicht ganz davon überzeugt, dass wir auf diese Weise das Problem in den Griff bekommen können. Das Problem ist aus meiner Sicht ganz einfach, dass diese Timesharing-Betrügereien so erschreckend wie kaum eine andere Entwicklung zeigen, dass wir keinen europäischen Rechtsraum haben und dass wir es versäumt haben, einen solchen Raum zu schaffen. Der grenzüberschreitende Zugang zum Recht innerhalb des Binnenmarkts wird unseren Bürgern noch immer durch zahlreiche Hürden erschwert. Fast nie oder nur selten werden Bürger in ihren eigenen Mitgliedstaaten Opfer dieser Betrügereien. Diese Schurken wissen nur allzu gut, wie sie das Fehlen eines europäischen Raums im Bereich des Zivilrechts ausnutzen können. Wenn sie befürchten müssten, in 76 03/07/2002 ihren Heimatländern strafrechtlich verfolgt zu werden, würden sie sich zweimal überlegen, was sie tun. die mit den skandalösen Praktiken, die wir erlebt haben, Schluss macht. Ich betrachte Ziffer 15 des Berichts als guten Ausgangspunkt für das Vorhaben, eine Einstufung dieser Verträge als Verbraucherverträge zu erreichen. Horizontale Ansätze wie dieser werden letztlich eine Lösung des Problems ermöglichen. Wenn ein ordnungsgemäßer grenzüberschreitender Zugang zur Justiz besteht, werden es sich die Timesharing-Betrüger gründlich überlegen, ob sie unsere Wähler im Urlaub übers Ohr hauen. Herr Präsident! Entweder geben wir uns Bestimmungen, die – selbstverständlich ohne ein Übermaß an Regulierung – die freie Entwicklung dieser Tätigkeit ermöglichen, oder wir lassen alles, wie es ist, und finden uns in einer offenen Informationsgesellschaft, in der wir ja leben, mit allen gut gemeinten oder böswilligen Angriffen gegen diese Branche ab, die sie im Bereich der Wettbewerbsformen zerstören wollen, in denen sie funktionieren muss. Unsere Entscheidung muss zugunsten der Verbraucher, des Tourismus, der Freizeitgestaltung, der Urlaubsmöglichkeit für alle und der Achtung vor verantwortungsbewussten und ehrlichen Veranstaltern ausfallen. In diesem Sinne gratuliere ich dem Berichterstatter Manuel Medina Ortega, der in diesem Dokument die Mängel, die in einem zukünftigen Rechtstext zu beheben sind, klar und deutlich benennt. Jetzt hat die Kommission die Verantwortung und das Wort. 3-195 Marinho (PSE). – (PT) Herr Präsident! Zunächst möchte ich mich für die freundlichen Worte des Herrn Abgeordneten und Berichterstatters Manuel Medina Ortega bedanken, muss aber hinzufügen, dass der Bericht keinen Verlust erlitten hat, weil ich ersetzt wurde. Herr Präsident! Der Erwerb von Nutzungsrechten für die Teilzeitnutzung von Immobilien, dem so genannten Timesharing, hat nicht allen Nutzern Glück gebracht. Die Probleme, die es mit diesen Produkten in der Vergangenheit gab und immer noch gibt, sind öffentlich bekannt. Sie waren der Anlass, warum seinerzeit Zeit die Richtlinie 94/47 zum Schutz gegen grobe Vertrauensmissbräuche erlassen wurde. Trotzdem bestehen einige Probleme weiter. Die Richtlinie folgt dem Grundsatz der Mindestharmonisierung mit der Festlegung eines niedrigen Niveaus an Verbraucherschutzmaßnahmen, über das die Mitgliedstaaten danach hinausgehen konnten, falls sie dies wünschten. Leider war das nicht die allgemeine Praxis. Dadurch sehen sich die Verbraucher jetzt mit einer Vielzahl von Gesetzen konfrontiert, die in einigen Staaten mehr Schutz bieten, in anderen weniger. Seit der Änderung der Richtlinie ist die Zahl der von europäischen Verbrauchern eingegangenen Beschwerden nicht gesunken, sondern hat zugenommen, wie die Kommission in ihrem Durchführungsbericht feststellt. Außerdem werden die Modelle bei Angeboten von Teilzeitnutzungsprodukten immer komplizierter: Verträge mit einer Laufzeit von unter drei Jahren, in der Regel 35 Monate, denn damit umgeht man die in der Richtlinie vorgesehene Mindestdauer und entzieht sich der Gemeinschaftsdisziplin. Die Richtlinie gilt außerdem nur für Immobilien, die mindestens sieben Tage pro Jahr genutzt werden. Dies hat zu einer Zunahme von Teilzeitnutzungsverträgen für Zeiträume von weniger als sieben Tagen geführt. So liegt es also auf der Hand, dass die Richtlinie, wie der Herr Abgeordnete Medina Ortega ganz zu Recht sagt, eine dringende Revision benötigt. Die Verbraucher brauchen eine wirksamere Schutzmaßnahme für ihre Vertragsabschlüsse, insbesondere wenn diese in mehr als einem Mitgliedstaat erfolgen. Die Branche braucht Garantien, dass lautere Geschäftspraktiken durch eine revidierte Richtlinie gefördert und unterstützt werden, 3-196 VORSITZ: ALONSO JOSÉ PUERTA Vizepräsident 3-197 Whitehead (PSE). – (EN) Herr Präsident, ich möchte meinem Kollegen, Herrn Medina Ortega, und seinem Vorgänger zu der Arbeit an dieser Richtlinie gratulieren. Herr Medina hat darauf hingewiesen, dass in allen Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinie getroffen werden müssen und dass dies nur sehr schleppend geschieht. Es wird zu wenig getan, und es wird zu spät gehandelt. Es gibt einen Randbereich betrügerischer Aktivitäten, in dem die Timesharing-Haie ihr Unwesen treiben. Mit bestimmten Praktiken werden die Fristen der Richtlinie ausgenutzt, die Zahl von Ferienklubs, Punkteklubsysteme und so weiter wächst. Der beschränkte Schutz, der durch die sehr kurze „Abkühlungszeit“ geboten wird, wird umgangen, und ich fürchte, dass auch diese Regelung von den verschiedenen Mitgliedstaaten nicht universell angewandt wird. Meine Kollegin, Frau McCarthy, und andere empfehlen ebenso wie ich eine angemessene „Abkühlungszeit“ von 28 Tagen in den Fällen, in denen ein Vertrag nicht, wie dies üblich ist, im Wohnsitzland des Käufers unterzeichnet wird. In meinem Heimatland haben sich die durch Timesharing geschädigten Opfer zusammengeschlossen, um gemeinsam zu klagen. Eine meiner Wählerinnen, Claire Griffiths, die hier an der öffentlichen Anhörung teilnahm, hat den Boykott der Vermittler in ihrer Region organisiert. Die Gruppe hat zwar erreicht, dass diese Leute weniger Opfer finden, aber die Mitglieder der Gruppe warten noch immer auf einen angemessenen Schadenersatz und die Rückgabe ihres Geldes. Die Association of Timeshare Owners organisiert derzeit die Einrichtung einer Koregulierungsstelle, die die Verwaltung von Timesharing-Anlagen überwacht. Die Verwaltung dieser Anlagen ist einer von weiteren 03/07/2002 Problembereichen. Dagegen haben wir nichts einzuwenden. Ich begrüße alles, was im Bereich der Koregulierung getan wird. Trotzdem ist es für die Betroffenen und für uns wichtig, dass die Kommission die notwendigen Maßnahmen trifft, entweder über eine Entscheidung oder eine Richtlinie. Dies ist die einzige Möglichkeit, zu zeigen, dass wir hier in der Lage sind, die Bürger vor Praktiken zu schützen, die nicht nur rücksichtslos, sondern sehr oft auch kriminell sind. 3-198 Byrne, Kommission. – (EN) Herr Präsident, als Erstes möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Medina Ortega, sowie den Mitgliedern des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt sowie des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik für all ihre wichtige Arbeit zu diesem Thema danken. Ich nehme das Timesharing-Problem sehr ernst. Diese Geschäfte werden fast ausschließlich grenzüberschreitend durchgeführt und oft geht es dabei um hohe Geldbeträge. Daher ist es wichtig, dass wir in diesem Bereich ein hohes Schutzniveau für die Verbraucher gewährleisten. Mit der derzeit bestehenden EU-Richtlinie wurde ein wichtiger Beitrag zum Schutz der Verbraucherrechte geleistet und eine Mindestharmonisierung erreicht. Ich bin mir jedoch darüber im Klaren, dass noch nicht alle Probleme im Hinblick auf den Verbraucherschutz ausgeräumt werden konnten. Dies ist aus meiner Sicht nicht auf die Umsetzung der Richtlinie zurückzuführen, denn die Kommission konnte bereits alle diesbezüglichen Verletzungsverfahren zurückziehen, sondern auf ihre Anwendung. Daher muss noch mehr getan werden. Die Verbraucher können mit einer Reihe von Problemen konfrontiert werden, wenn sie Teilnutzungsrechte an Immobilien erwerben. Erstens können skrupellose Verkäufer und Vermittler aggressive Marketingmethoden einsetzen, mit denen die Verbraucher entweder irregeführt oder in unzulässiger Weise beeinflusst werden, damit sie eine für sie häufig nachteilige Kaufentscheidung treffen. Zweitens werden neue Praktiken eingesetzt, bei denen Timesharingprodukte über bestimmte Pakete angeboten werden, wie zum Beispiel über Punkte- oder Clubsysteme oder Anteile an einem Unternehmen, mit denen die in der Richtlinie festgelegten Bestimmungen wirksam umgangen werden. Dies hat zur Folge, dass die Verbraucher keinen Zugang zu den erforderlichen Informationen erhalten und die festgelegten „Abkühlungszeiten“ nicht gewährt werden. Ich messe Ihrem Entschließungsantrag große Bedeutung bei. Die darin enthaltenen Schlussfolgerungen bilden zusammen mit den Schlussfolgerungen des Rates und den Reaktionen auf den Bericht über die Anwendung der Richtlinie, der 1999 von der Kommission vorgelegt wurde, eine solide Grundlage für weitere Maßnahmen. 77 Darüber hinaus werden Sie mir sicher zustimmen, dass wir angesichts der zahlreichen Beschwerden, die bei unseren Organen über dieses Thema eingegangen sind, unverzüglich handeln müssen. Ich bin der Auffassung, dass die allgemeineren Probleme in einer Rahmenrichtlinie über den fairen Handel geregelt werden könnten. Eine weitere Harmonisierung der Vorschriften ist erforderlich, um ein gleichmäßig hohes Verbraucherschutzniveau in der gesamten EU zu erreichen. Dies wird in der Folgemitteilung über das Grünbuch zum Verbraucherschutz hervorgehoben, die soeben von der Kommission verabschiedet worden ist. Mit diesem Ansatz könnte gegen Marketingpraktiken vorgegangen werden, bei denen zum Beispiel irreführende Behauptungen aufgestellt werden, dem Verbraucher wichtige Informationen vor Vertragsabschluss vorenthalten werden, der Verbraucher belästigt, genötigt oder eingeschüchtert wird, und es könnten Maßnahmen gegen Praktiken getroffen werden, die mit der Betreuung der Kunden nach dem Kauf zusammenhängen. Darüber hinaus sollten wir, um die dringendsten Probleme anzugehen, Kontakt zu den maßgeblichen Vereinigungen und Akteuren der Timesharing-Branche aufnehmen, um eine möglichst wirksame freiwillige Selbstkontrolle zu erreichen. Die Verhaltenskodizes im Bereich des Timesharing könnten herangezogen werden, um die Standards anzuheben und die unfairen und undurchsichtigen Praktiken zu beseitigen, gegen die in der Richtlinie keine Maßnahmen vorgesehen sind. Ich habe vor kurzem erfahren, dass von einem europäischen Fachverband rechtliche Schritte gegen bestimmte Ferienklubs in Spanien eingeleitet wurden, weil diese gegen das spanische Gesetz zur Regelung von Teilnutzungsrechten verstoßen hatten. Den Behörden waren von dem betreffenden Verband Informationen über unredliche Praktiken vorgelegt worden, die daraufhin untersucht wurden. Im Zuge der Ermittlungen wurden in den letzten Wochen einige Ferienklubunternehmen geschlossen und deren Direktoren verhaftet. Auf diese Weise kann und sollte eine systematischere Zusammenarbeit zwischen der Industrie und den zuständigen Kontaktstellen in den Mitgliedstaaten gefördert werden. Das Ziel einer solchen Zusammenarbeit sollte darin bestehen, Unternehmen zu ermitteln, mit denen Probleme aufgetreten sind und gegen die Durchsetzungsmaßnahmen eingeleitet werden können. Die Kommission wird daher auf die Erfahrungen der europäischen Zentren, der Euro-Guichets, zurückgreifen und mit den neu geschaffenen Clearingstellen des Europäischen Netzes für die außergerichtliche Streitbeilegung sowie dem International Marketing Supervision Network zusammenarbeiten, um eine Lösung für die derzeit noch bestehenden Probleme zu 78 03/07/2002 finden und diese zur engen Zusammenarbeit mit der Industrie zu ermutigen. irischen Regierung. Wir werden ihm seine Anfrage schriftlich beantworten. Speziell die Punkte, die Frau Wallis im Zusammenhang mit dem Zugang zur Justiz angesprochen hat, sind wichtig, und ich bin der Meinung, dass sie die grenzüberschreitende Natur dieses Problems zu Recht hervorgehoben hat. 3-202 Unser Vorschlag im Folgedokument über den fairen Handel bezieht sich speziell auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung der Rechtsvorschriften. In unserem Konsultationsprozess mit den Mitgliedstaaten und anderen fand dieser Teil des Dokuments, der sich auf die Zusammenarbeit bei der Durchsetzung bezieht, große Beachtung. Die Kommission plant deshalb, bis Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres einen konkreten Vorschlag zu diesem Thema vorzulegen. Die türkische Regierung plant die Verabschiedung einer umstrittenen Gesetzesvorlage zu den Massenmedien, die im Widerspruch zur Verfassung des Landes sowie den gegenüber der EU eingegangenen Verpflichtungen steht. Amtsträger der EU, Diplomaten der Mitgliedstaaten sowie die Vertreterin der Kommission in Ankara haben bereits ihrer Besorgnis über den Inhalt dieser Gesetzesvorlage Ausdruck verliehen. Darüber hinaus glaube ich, dass Fragen, wie die Möglichkeit gegenseitiger gerichtlicher Anordnungen zwischen den Mitgliedstaaten, ebenfalls von Bedeutung sind und von Nutzen sein könnten. Auch das EU-weite Vertrags- und Verbraucherrecht muss überprüft werden. Wie viele von Ihnen sicher wissen, wird diese Überprüfung derzeit in meiner GD durchgeführt, und wir werden für diesen Bereich zu gegebener Zeit, ich hoffe, eher früher als später, ebenfalls Vorschläge vorlegen. Dies sind unsere Pläne, aber wenn nach der Durchführung der von mir beschriebenen Maßnahmen noch immer Probleme bestehen, die durch diese Maßnahmen nicht gelöst werden können, werde ich nicht zögern, eine Überarbeitung der Richtlinie über Teilnutzungsrechte zu veranlassen, wie dies in der kürzlich von der Kommission verabschiedeten verbraucherpolitischen Strategie bereits angedeutet wurde. 3-199 Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. 3-200 Fragestunde (Rat) 3-201 Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Fragestunde (B5-0253/2002). Wir behandeln eine Reihe von Anfragen an den Rat. Unter uns weilt der amtierende Ratspräsident, Herr Haarder, mit dem Mehrwert, dass er lange Zeit Abgeordneter war und mit den Arbeitsabläufen dieses Hauses sowie den Wünschen der Abgeordneten sehr vertraut ist. Anfrage Nr. 6 des Abgeordneten Gallagher wird nicht behandelt, da der Verfasser nicht mehr Abgeordneter des Europäischen Parlaments ist, dies aus einem politisch interessanten Grund: Er ist mittlerweile Minister der Der Präsident. – Anfrage Papayannakis (H-0356/02): Betrifft: Nr. 1 von Mihail Gesetzesvorlage zu den Massenmedien in der Türkei Mit dieser Gesetzesvorlage wird das bestehende Verbot von Rundfunkund Fernsehsendungen in kurdischer Sprache aufrecht erhalten, obwohl die Türkei zugesichert hatte, dieses Verbot bereits Ende vergangenen Monats aufzuheben. Damit ist der wichtige demokratische Grundsatz der Meinungsfreiheit bedroht und wird der Weg zur Schaffung eines unkontrollierbaren Monopols bereitet. Ist die Verabschiedung der Gesetzesvorlage nach Auffassung des Rates politisch und rechtlich mit den Beitrittskriterien von Kopenhagen sowie der Zollunion EU-Türkei vereinbar? Wird der Rat tätig werden, damit die demokratischen Regeln und die Menschenrechte gemäß den Prinzipien des Völkerrechts gewährleistet werden? 3-203 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich bedanke mich für den freundlichen Empfang. Man könnte sagen, Herr Pat Callagher ist nicht hier, weil er zum Minister ernannt wurde; ich aber bin hier, weil ich Minister geworden bin – so kann es gehen. Zu der Anfrage möchte ich sagen, dass die umstrittene Gesetzesvorlage zu den Massenmedien, auf die der Herr Abgeordnete hinweist, am 15. Mai dieses Jahres vom Parlament der Türkei verabschiedet wurde. Der Rat ist der Ansicht, dass dieses Mediengesetz, wenn es in die Praxis umgesetzt wird, einen eindeutigen Rückschritt darstellt und zu einer weiteren Verschärfung der Restriktionen für die freie Rundfunk- und Fernsehberichterstattung in der Türkei führt. Der Rat weist darauf hin, dass das türkische Verfassungsgericht am 13. Juni auf Antrag des türkischen Präsidenten Sezer fünf Artikel dieses Gesetzes außer Kraft gesetzt hat, so z. B. den Artikel über die Benennung der Mitglieder und den Artikel über wirtschaftliche Sanktionen bei Verstößen. Das Verfassungsgericht prüft zurzeit die Substanz des übrigen Textes. Der Rat weist darauf hin, dass die Europäische Kommission umgehend auf dieses Gesetz reagiert hat, das zum einen die politischen Kopenhagener Kriterium nicht erfüllt und zum anderen gegen die Beitrittspartnerschaft verstößt, der zufolge alle Rechtsvorschriften, die türkischen Bürgern die Verwendung ihrer Muttersprache in Fernseh- und Radiosendungen verbieten, kurzfristig aufgehoben werden. Die EU hat in ihren Gesprächen mit der Türkei eindeutig auf diese Voraussetzung hingewiesen, so zuletzt auf dem Treffen der politischen Direktoren am 17. Mai in Madrid unmittelbar nach Verabschiedung des Gesetzes durch das türkische Parlament. Der Rat wird die Entwicklung genau verfolgen, da es hier um wichtige 03/07/2002 Prinzipien geht. In diesem Punkt sind sich der Rat und Herr Papayannakis also einig. 3-204 Papayannakis (GUE/NGL). – (EL) Ich danke dem Ratspräsidenten und, wie ich ihn auch bezeichnen kann, Kollegen. Ich danke Ihnen wirklich sehr. Ihre Antwort war überaus deutlich und erschöpfend. Ich habe nichts hinzuzufügen. Ich möchte Sie lediglich noch etwas anderes fragen: Haben wir eventuell Informationen darüber, wann diese Geschichte enden wird, ob nun positiv oder negativ? Ich hoffe selbstverständlich positiv. Wann also werden wir endlich einen Beschluss über das Inkrafttreten dieses Gesetzes haben? 3-205 Haarder, Rat. – (DA) Ich möchte Herrn Papayannakis für die freundlichen Worte danken und freue mich, dass wir darin einer Meinung sind. Leider kann ich nicht sagen, wann die Angelegenheit abgeschlossen sein wird. Wir sollten die Sache im Auge behalten und weiterhin mit Nachdruck verfolgen. Wir hoffen auf eine rasche Lösung. 3-206 Der Präsident. – Die Anfrage Nr. 2 ist hinfällig, da der Fragesteller nicht anwesend ist. Anfrage Nr. 3 von Alexandros Alavanos, der von Mihail Papayannakis vertreten wird (H-0365/02): Betrifft: Aufhebung der Beschlüsse von Nizza im Hinblick auf die europäischen Streitkräfte Auf dem Europäischen Rat von Nizza beschlossen die fünfzehn Mitgliedstaaten, dass an der Planung von Operationen der europäischen Streitkräfte nur die Mitgliedstaaten der Europäischen Union teilnehmen, unabhängig davon, ob Infrastrukturen der NATO genutzt werden. Gegen diesen letzten und einzigen Beschluss der Europäischen Union gab es heftigen Widerspruch aus Ankara, das mit der Ausübung seines Vetorechts im Rahmen der NATO drohte, sollte die Türkei nicht gleichberechtigt mit den Mitgliedstaaten in die Entscheidungsfindung eingebunden werden. Es folgte eine außerinstitutionelle amerikanischbritische Initiative, aus der der „Text von Ankara“ hervorging, der dem Buchstaben und dem Geist der Beschlüsse von Nizza widerspricht. Ist der „Text von Ankara“, der außerhalb der EU- sowie der NATOVerfahren verabschiedet wurde, für die Europäische Union verbindlich? Auf der Grundlage welchen Beschlusses der EU üben der EU-Ratsvorsitz sowie der Hohe Vertreter Druck auf die Mitgliedstaaten aus, den „Text von Ankara“ zu akzeptieren? 3-207 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, zur Haltung des Rates kann ich Folgendes sagen: Auf der letzten Ministerkonferenz am 14. Mai in Reykjavik bekräftigten die Europäische Union und die NATO ihre Zusage in Bezug auf die Herstellung enger und transparenter Beziehungen zwischen der Union und der NATO und stellten fest, dass hinsichtlich der Regelung der Unterstützung von EU-geführten Operationen durch die NATO in einigen Punkten Fortschritte erzielt worden sind. Entsprechend den Beschlüssen des NATO-Gipfels von 1999 in Washington und später der 79 Ministerkonferenz und des Europäischen Rates von Nizza müssten aber zu einigen Punkten weitere Überlegungen angestellt werden. Weitere Resultate konnten bekanntlich nicht erzielt werden, weil ein NATO-Mitglied Bedenken geäußert hatte. Der „Text von Ankara“ ist ein unverbindlicher Versuch, Richtlinien zu definieren, die diesen Bedenken Rechnung tragen und dazu beitragen können, die Zusage bezüglich der Herstellung enger und transparenter Beziehungen zwischen der EU und der NATO zu erfüllen. Der Europäische Rat von Barcelona unterstrich die Bedeutung der Erzielung von Dauervereinbarungen zwischen der Europäischen Union und der NATO. Die Präsidentschaft wurde deshalb ersucht, gemeinsam mit dem Hohen Vertreter, Herrn Solana, entsprechende Kontakte auf höchster Ebene aufzunehmen, um ein positives Ergebnis sicherzustellen. Die Präsidentschaft und der Hohe Vertreter tun ihr Möglichstes, um eine akzeptable Lösung für alle Mitgliedstaaten der EU und der NATO zu finden, die vollständig mit den Beschlüssen des Europäischen Rates von Nizza übereinstimmt, sowie rasche Fortschritte in Richtung auf das von allen Ministern der EU- und der NATOMitgliedstaaten in Reykjavik bestätigte Ziel zu ermöglichen. Schließlich gab der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 21. bis 22. Juni dieses Jahres in Sevilla seiner Genugtuung über die Fortschritte Ausdruck, die bisher vom spanischen Vorsitz in Bezug auf die Umsetzung der Bestimmungen von Nizza über die Beteiligung der nicht der Europäischen Union angehörenden europäischen Bündnispartner erzielt worden sind. In Sevilla wurde der nächste Vorsitz, also der dänische, beauftragt, diese Zusammenarbeit gemeinsam mit dem Generalsekretär, d. h. dem Hohen Vertreter, fortzusetzen. 3-208 Papayannakis (GUE/NGL). – (EL) Herr Ratspräsident! Ihre Ausführungen waren sehr prägnant. Ich möchte Sie nur bitten, wenn es möglich ist, einige zusätzliche Einzelheiten über die Weiterführung nach den Beschlüssen von Sevilla zu nennen. Wenn ich richtig verstanden habe, wurde der spanische Ratsvorsitz in Sevilla für seine Arbeit gelobt und beschlossen, weitere Anstrengungen für eine Lösung zu unternehmen, aber ich denke, es wurden auch einige Zusätze zu diesem berühmten Text diskutiert, die zwar nicht bindend, aber gleichwohl politisch bedeutsam sind. Gibt es nach Sevilla weitere Informationen? Wissen wir, wie die Verbesserung dieses Textes vorangetrieben wird und welche diesbezüglichen Möglichkeiten er bietet? 3-209 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich muss Herrn Papayannakis sagen, dass ich seine Frage und auch seine Zusatzfrage im Grunde nicht beantworten kann. Dänemark übt den Ratsvorsitz aufgrund der Ausnahmeregelung in Verteidigungsfragen in den Fällen nicht aus, in denen es um die Ausarbeitung und Durchführung von Entscheidungen und Maßnahmen geht, die sich auf den Verteidigungsbereich auswirken. Diese Aufgaben übernimmt gegebenenfalls Griechenland, und ich möchte daher bitten, eventuelle 80 03/07/2002 Zusatzfragen schriftlich zu stellen, damit sie nach der genauen Anweisung meines griechischen Kollegen beantwortet werden können. Schlussdokument an, in dem es insbesondere unter Punkt 14 heißt, dass er Georgien und die Behörden der EU auffordert, umgehend das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) umzusetzen, um die Grundlage für die Aufnahme von Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen zu schaffen. 3-210 Der Präsident. – In diesem Ausnahmefall erteilen wir Herrn Papayannakis das Wort zur Geschäftsordnung. 3-211 Papayannakis (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Ich wollte wirklich nicht auf das opt-out Dänemarks anspielen, aber die Antwort des Herrn Ratspräsidenten bedeutet, da das opt-out die Gemeinsame Außenpolitik und den Euro betrifft, dass irgendwann vielleicht auch der griechische Vertreter zu unseren Sitzungen, auf denen die Anfragen an den Rat behandelt werden, eingeladen wird. Ich sage das Ihnen, Herr Präsident, damit Sie es gegebenenfalls an das Präsidium weiterleiten. Die von Herrn Haarder empfohlenen schriftlichen Fragen reichen nicht aus. Sie sind gut, aber die mündliche Anfrage hat einen anderen Charme, weil sie auch Zusatzfragen und Erwiderungen erlaubt. Sollten wir das nicht berücksichtigen? 3-212 Der Präsident. – Als Sitzungspräsident nehme ich dieses Problem aufmerksam zur Kenntnis, doch hat nun Herr Haarder das Wort. Kann der Rat erschöpfend ausführen, welche Punkte des Kooperationsabkommens noch nicht verwirklicht worden sind, welche Gründe es dafür gibt sowie die vom Rat ausgearbeitete Strategie und Agenda nennen, damit das gesamte Abkommen umgehend durchgeführt werden kann. Ist der Rat darüber hinaus nicht der Ansicht, dass in dem äußerst schwierigen regionalen Kontext in Georgien das PKA oder eventuell sogar ein Assoziierungsabkommen die richtige Antwort der Union wäre, die es Georgien ermöglichen würde, die Probleme mit denen es konfrontiert ist, zu bewältigen? Hält es der Rat nicht auch für angebracht, der Frage des Beitritts Georgiens zur EU nicht mehr auszuweichen und Georgien unverzüglich auf die Liste der Bewerberländer zu setzen, wobei selbstverständlich sein Beitritt von seiner Fähigkeit abhängen wird, den gemeinschaftlichen Besitzstand zu übernehmen? 3-215 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit Georgien trat am 1. Juli 1999 in Kraft. Es sollte zunächst 10 Jahre gelten und sich dann automatisch jedes Jahr verlängern. Dieselbe Vereinbarung findet sich in allen Partnerschafts- und Kooperationsabkommen der EU. Deshalb war klar, dass dieses Abkommen mit Georgien für beide Seiten eine langfristige Verpflichtung darstellte. 3-213 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich möchte Herrn Papayannakis versichern, dass Dänemark den Vorsitz im Ausschuss für innere Angelegenheiten ausüben wird, obwohl wir gegenüber einigen der dort angesiedelten Themen Vorbehalte haben. Wir werden auch im ECOFIN-Rat den Vorsitz wahrnehmen, wenn es aber um Entscheidungen und Maßnahmen geht, die sich auf den Verteidigungsbereich auswirken, haben wir uns aus Rücksicht auf die von den Dänen vor vielen Jahren getroffene Entscheidung dazu entschlossen, der griechischen Präsidentschaft die Führung in diesem Punkt zu überlassen. Ich möchte noch ergänzen, dass die dänische Regierung und auch die Mehrheit des dänischen Parlaments diese Vorbehalte so bald als möglich ausräumen möchten, aber bis in einer Volksabstimmung darüber entschieden wird, werden wir darauf Rücksicht nehmen. Wir respektieren also eine demokratische Entscheidung, und es freut mich, dass Herr Papayannakis das auch so sieht. Wir sind sehr froh darüber, dass die griechische Regierung so hilfsbereit ist und die Zusammenarbeit im Hinblick auf das Tätigkeitsprogramm des dänischen Ratsvorsitzes so gut funktioniert und Griechenland den Abschnitt über die Verteidigung beigesteuert hat. 3-214 Der Präsident. – Anfrage Nr. 4 von Olivier Dupuis (H0371/02): Betrifft: Georgien Der parlamentarische Kooperationsausschuss EU-Georgien nahm am Ende seines vierten Treffens vom 29. und 30. April 2002 in Tiflis ein Betrachtet man den Zweck des Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, wird deutlich, dass damit eine solide Basis für engere Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Georgien geschaffen wurde. Es ist ein Rahmen für den politischen Dialog entstanden, der zur Verbesserung unserer Beziehungen und zur Entwicklung der wirtschaftlichen Kontakte zwischen den Seiten beigetragen hat. Andererseits ist klar, dass vor allem im Hinblick auf die Unterstützung der Bemühungen Georgiens um eine Konsolidierung seiner Demokratie und die Entwicklung seiner Wirtschaft noch viel zu tun bleibt. Auch in den Bereichen Gesetzgebung, Verwaltung, Wirtschaft, Soziales, Finanzen, zivile Wissenschaft sowie technologische und kulturelle Zusammenarbeit bedarf es noch großer Anstrengungen. Es war also zu erwarten, dass unsere Zusammenarbeit im Rahmen des Partnerschaftsund Kooperationsabkommens einige Zeit in Anspruch nehmen würde. Zudem hatte Georgien mit einigen ganz speziellen Problemen zu kämpfen. Seit 1991 haben 1 Million Menschen Georgien verlassen, das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner ist um 70 % gesunken, und 60 % der Bevölkerung leben zurzeit unterhalb der Armutsgrenze. Zwei ungelöste innere Konflikte haben dazu geführt, dass es jetzt fast 300 000 Vertriebene im Land gibt. Die regionale Sicherheitslage in Georgien ist äußerst schwierig. Der Kampf gegen die Korruption ist mehrfach auf großen Widerstand gestoßen – insgesamt eine recht tragische Situation. Wir unterstützen die Hoffnungen Georgiens auf weitere Integration in die europäischen Modelle und Strukturen. Seit Erlangung der Unabhängigkeit 1991 hat das Land 03/07/2002 Hilfe in Höhe 350 Mio. Euro erhalten, aber der Rat hält es zurzeit nicht für angebracht, über weitere vertragliche Schritte nachzudenken. Wir sollten uns vielmehr auf die vollständige Erfüllung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens konzentrieren. Das geht auch aus einem Schreiben hervor, das Präsident Schewardnadse vor kurzem an Xavier Solana gerichtet hat und in dem davon die Rede ist, dass weitere Fortschritte bei der Durchführung dieses Abkommens erforderlich sind. Dies ist natürlich von politischen, sozialen und wirtschaftlichen Reformen wie auch von der Lösung der beiden internen Konflikte abhängig, für die Georgien selbst die volle Verantwortung trägt. In diesem Zusammenhang möchte der Rat betonen, dass die internen Konflikte in Georgien und der Konflikt zwischen den übrigen Ländern im südlichen Kaukasus zu einer instabilen Lage in dieser Region geführt haben. Die fehlende Stabilität schafft Probleme wie Terrorismus, Armut, Korruption, schwache politische Institutionen, illegalen Handel, Auswanderung und das Risiko ethnischer Auseinandersetzungen. Konfliktlösung muss deshalb höchste Priorität haben. Dazu bedarf es des guten Willens und der Anstrengungen aller Länder im südlichen Kaukasus sowie der internationalen Gemeinschaft. Wir arbeiten mit Georgien im Rahmen der regelmäßigen Sitzungen unseres Kooperationsrates und Kooperationsausschusses zusammen. Es gibt aber Maßnahmen, die Georgien aus eigener Initiative zum Zwecke der Selbsthilfe durchführen kann. Die mangelhafte Anwendung bestehender Gesetze hemmt den Fortschritt und begrenzt die Effizienz der EU-Hilfe. Das nationale Programm zur Durchführung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens, zu dem sich Georgien im Oktober 2000 verpflichtet hat, ist noch immer nicht beschlossen. In diesem Punkt erwarten wir Fortschritte. Abschließend möchte ich Herrn Dupuis für sein großes Engagement danken. Ich hoffe, meine Antwort hat deutlich gemacht, dass der Rat die Situation aufmerksam verfolgt und dass wir das Bedauern von Herrn Dupuis über die Situation teilen. Unserer Meinung nach tun wir, was uns möglich ist. Aber wir müssen auch Georgien auffordern, einen Beitrag zu leisten. 3-216 Dupuis (NI). – (FR) Herr amtierender Ratspräsident! Ich stimme Ihrer Feststellung hinsichtlich der Tragik der Lage in Georgien vollauf zu. Ich bin auch völlig einverstanden mit dem, was Sie und was Präsident Rasmussen heute Morgen über die Bedeutung des Erweiterungsprozesses zur Überwindung der derzeitigen Spaltung des europäischen Kontinents gesagt haben. Uns ist auch bewusst, welche Bedeutung die Aussicht des Beitritts zur Europäischen Union für alle Länder Mitteleuropas im Hinblick auf die Lösung der enormen Probleme hat, die dort bestanden und nach wie vor weiter bestehen. Was wir im Falle Georgiens vorschlagen, unterscheidet sich nicht von dem, was wir den Ländern Mittel- und Osteuropas angeboten und gegeben haben, nämlich eine Beitrittsperspektive. Beitrittsperspektive heißt nicht, dass 81 der Beitritt bereits morgen stattfindet, sondern dass Georgien über einen sicheren Rahmen für die Lösung seiner Probleme verfügen wird. Bislang ist dieser Rahmen nicht gegeben. Wir wissen, welchen Druck Russland ausübt. Wir wissen, welche Rolle Russland in den inneren Konflikten, die Sie angesprochen haben, spielt. Daher lautet meine Frage: Wären Sie bereit, als amtierender EU-Ratspräsident dem Rat vorzuschlagen, über die Möglichkeit der Aufnahme Georgiens in die Liste der Beitrittsländer nachzudenken? 3-217 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich muss meinem guten Freund und ehemaligen Kollegen, Herrn Dupuis, sagen, dass es unrealistisch ist, Georgien auf die Liste der Bewerberländer zu setzen. Meines Erachtens sollte sich die Europäische Union über Alternativen zu einer Mitgliedschaft unserer näheren und entfernteren Nachbarn in Ost und Süd Gedanken machen. Für bestimmte europäische Länder ist die Mitgliedschaft die naheliegendste Lösung, für andere völlig unrealistisch. Wir dürfen bei den politisch Verantwortlichen der Länder, mit denen wir zusammenarbeiten, keine falschen Hoffnungen wecken. Es wäre ganz sicher nicht klug – jedenfalls nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt -, bei Schewardnadse oder anderen Entscheidungsträgern Georgiens Hoffnungen auf eine Mitgliedschaft zu wecken. 3-218 Posselt (PPE-DE). – Herr Kollege Haarder! Auch ich möchte Ihnen und uns gratulieren, dass Sie jetzt als Ratspräsident hier sind. Meine Frage bezieht sich auch auf Georgien. Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, dass die Sicherheitslage Georgiens von der Sicherheitslage im Kaukasus abhängt, und ich möchte Sie fragen, welche Anstrengungen der Rat unternimmt, um die Sicherheitslage im Kaukasus durch eine Lösung des Tschetschenien-Problems zu verbessern, um so auch Georgien zu stabilisieren. Denn so lange Tschetschenien destabilisiert ist, und so lange dort Unfreiheit und Krieg herrschen, so lange ist auch Georgien nicht zu stabilisieren. 3-219 Der Präsident. – Es sind Nachbarstaaten, Herr Posselt. Ich weiß nicht, inwieweit dies eine Ergänzungsfrage zum Thema Georgien ist, doch liegt es im Ermessen des Herrn Ratspräsidenten zu antworten. 3-220 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich kann Herrn Posselt nur kurz antworten, dass wir mit der russischen Regierung einen Dialog über das TschetschenienProblem führen. Wir dürfen dieses Problem nicht unterschätzen, und das tun wir auch nicht. Überlegungen zu diesem Thema sind fester Bestandteil des Dialogs mit Russland, und ich will nicht bestreiten, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Tschetschenien-Problem und den Problemen in Georgien geben kann. In gewisser Hinsicht gebe ich Herrn Posselt also Recht Ich sage nur, dass es einen Dialog gibt, der nicht in Vergessenheit 82 03/07/2002 geraten ist. Das wird aus späteren Fragen deutlich werden, wenn wir dazu kommen. 3-221 Evans, Robert (PSE). – (EN) Auch ich möchte Herrn Haarder in seiner neuen Funktion willkommen heißen. Zu dieser Wortmeldung veranlasst hat mich die Aussage von Herrn Haarder, er wolle bestimmten Ländern, wie zum Beispiel Georgien, auf das sich Herr Dupuis bezog, keine Hoffnungen machen. Ich weiß aus meiner eigenen Erfahrung mit Rumänien, das an elfter oder zwölfter Stelle in der Liste der Länder steht, die auf die Aufnahme in die EU warten, dass das Einzige, was dieses Land zusammenhält das Licht am Ende des Tunnels ist, die Hoffnung, dass es in die Europäische Union, in den Kreis seiner reichen Nachbarn und in den Club der Wohlhabenden aufgenommen wird. Wenn Sie anderen Ländern, sei es nun Georgien oder eines der Länder des ehemaligen Jugoslawien, sagen, dass wir ihnen keine Hoffnungen machen wollen, besteht dann nicht die Gefahr, dass es zu Unruhen, zu internen Kämpfen, möglicherweise auch zu Gewalt, in diesen Ländern kommt und dass dadurch der Druck zur Abwanderung in den Westen wächst? Herr Ratspräsident, ich bitte Sie, Ihre Position klarzustellen. 3-222 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich verstehe diesen Gedankengang sehr gut, aber die Frage ist doch, ob es für Georgien im Hinblick auf die derzeitigen Probleme ein guter Rat und eine gute Lösung ist, auf ein Licht am Ende des Tunnels hinzuweisen. Der Tunnel kann ja sehr lang sein – und das ist er in diesem Falle auch –, so dass dies eine zu geringe Hoffnung ist und dadurch sogar die Aufmerksamkeit von näherliegenden und aktuellen Forderungen abgelenkt wird, die Georgien, einschließlich bestimmter Abkommen mit uns, nicht erfüllt. Ich halte es nicht für klug, Georgien dazu aufzufordern, auf eine Mitgliedschaft hinzuarbeiten. Vielmehr muss ich unser Rat viel stärker auf die Gegenwart beziehen: Erfüllt die bestehenden Abkommen, löst die vor Euch liegenden Probleme. Aber Georgien liegt natürlich in Europa, und es besteht theoretisch die Möglichkeit, dass das Land früher oder später Mitglied wird. Das ist nicht auszuschließen, darf aber in der gegenwärtigen bedauerlichen Situation keine Rolle spielen. 3-223 Der Präsident. – Anfrage Nr. 5 von Liam Hyland (H0379/02): Betrifft: WTO und Einfuhren aus den ärmsten Ländern der Welt Die EU hat vor kurzem beschlossen, Einfuhren aus den 48 ärmsten Ländern (landwirtschaftliche Erzeugnisse eingeschlossen) unbegrenzten zollfreien Zugang zu den EU-Märkten zu gewähren. Hier handelt es sich weltweit um eine Premiere. Man hoffte außerdem, dass andere Industrienationen dem Vorbild der EU folgen würden. Kann der Rat mitteilen, wie die derzeitige Situation in Verbindung mit dem genannten Beschluss aussieht und ob andere Industrienationen dem Vorbild der EU folgen? 3-224 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, die Europäische Union war Gastgeber der UN-Konferenz über die am wenigsten entwickelten Länder im Mai 2001 in Brüssel. Auf der Konferenz wurden eine Abschlusserklärung und ein Aktionsprogramm verabschiedet, denen zufolge den am wenigsten entwickelten Ländern präferenzieller Marktzugang eingeräumt werden soll, indem auf das Ziel des zollfreien und mengenmäßig unbegrenzten Marktzugangs für alle Produkte aus diesen Ländern auf die Märkte der entwickelten Länder hingearbeitet wird. Der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ beschloss am 26. Februar vorigen Jahres seine „Everything but Arms“Inititative, und die EU forderte während der Vorbereitungen zur WTO-Ministerkonferenz in Doha im November vergangenen Jahres andere entwickelte Länder zu ähnlichen Initiativen auf, um die multinationale Zusage eines zollfreien Zugangs für die Produkte der am wenigsten entwickelten Länder zu ihren Märkten einzulösen. Diese Zusage war Bestandteil des Aktionsplans der WTO, der 1996 in Singapore beschlossen wurde. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, hat diese Forderung ebenfalls mit Nachdruck erhoben. Zurzeit gibt es allerdings von Seiten der großen Länder keine Maßnahmen, die mit der „Everything but Arms“-Initiative vergleichbar wären. Die Initiative Neuseelands kommt dem Beispiel der EU am nächsten. Kanada, Japan und die USA haben zwar auch Fortschritte zu verzeichnen, reichen aber an die Initiative der Union nicht heran. Eine von der UNCTAD kürzlich durchgeführte Untersuchung beleuchtet die Auswirkungen dieses Vorschlags und kommt zu dem Schluss, dass die am wenigsten entwickelten Länder von dem Vorschlag profitieren werden. Der Nutzen wäre allerdings ungleich größer, wenn die anderen Konferenzteilnehmer – Kanada, Japan und die USA – dem Beispiel der EU folgen würden. Gegenwärtig wird nämlich die Hälfte des Exports dieser Länder in Kanada, Japan und den USA mit Zoll belegt. Auf dem G8-Treffen, das vor kurzem in Alberta in Kanada stattfand, bot sich erneut die Gelegenheit zur Erörterung dieser Fragen. Im Mittelpunkt stand dabei Afrika, wo die meisten dieser armen Länder zu finden sind. Es ist also Bewegung in die Sache gekommen, und die Europäische Union kann stolz darauf sein, dass sie hier auf globaler Ebene die bedeutendste Initiative vorgelegt hat. 3-225 Hyland (UEN). – (EN) Herr Präsident, ich möchte den Ratspräsidenten ebenfalls willkommen heißen und ihm für seine ausführliche und umfassende Antwort danken. Mit dem Beschluss, den ärmsten Ländern der Welt Zugang zu den EU-Märkten zu gewähren, haben wir unseren Wunsch in die Tat umgesetzt, diesen Ländern langfristig bei ihrer wirtschaftlichen Entwicklung zu helfen. Das ist der einzige glaubwürdige und nachhaltige Weg nach vorne. Liegen dem Rat Erkenntnisse darüber vor, in welchem Umfang die Länder diese von der EU gebotene Möglichkeit nutzen? Vielleicht kann der Ratspräsident außerdem erläutern, welche Schwierigkeiten die Länder bewältigen müssen, um die 03/07/2002 für Ausfuhren in die Europäische Union geltenden Anforderungen erfüllen zu können. 3-226 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, der Fragesteller ist zu Recht der Meinung, dass eine solche Unterstützung wichtig ist, aber mit den Einzelheiten dieses Problems muss sich die Kommission befassen. Deshalb bitte ich darum, hierzu die Kommission zu befragen. 3-227 Der Präsident. – Anfrage Nr. 7 von Dirk Sterckx (H0384/02): Betrifft: Unzulänglichkeit der „Erdbeer-Verordnung“ im Falle ernsthafter Behinderungen des freien Warenverkehrs Seit November 2001 ist der Eisenbahngüterverkehr zwischen Frankreich und dem Vereinigten Königreich durch den Kanaltunnel ernsthaft beeinträchtigt. Die Kommission hat alle aufgrund der „Erdbeer-Verordnung“4 in ihren Möglichkeiten stehenden Maßnahmen ergriffen. Wenn wir uns die heutige Situation ansehen, müssen wir feststellen, dass die der Kommission kraft der genannten Verordnung zustehenden Befugnisse unzureichend sind. Der freie Güterverkehr durch den Kanaltunnel unterliegt weiterhin schwerwiegenden Einschränkungen. Warum lehnt der Rat den Vorschlag der Kommission ab, den Geltungsbereich der Verordnung auszuweiten und ihren Inhalt zu verbessern, und welche Maßnahmen haben die Mitgliedstaaten getroffen, um die Entschließung des Rates „Binnenmarkt“ vom 27. September 2001 zur Ausführung zu bringen? 3-228 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich kann Ihnen mitteilen, dass in den nördlichen Mitgliedstaaten immer noch Erdbeerzeit ist. In seinen Schlussfolgerungen vom 27. September 2001, auf die Herr Sterckx hingewiesen hat, nimmt der Rat Kenntnis vom Bericht der Kommission über die Anwendung der Verordnung über den freien Warenverkehr – der so genannte ErdbeerVerordnung. Der Bericht der Kommission enthielt u. a. Vorschläge zur möglichen Ausweitung des Geltungsbereichs der Verordnung und zur Beschleunigung der Verfahren. Der Bericht war allerdings kein formaler Kommissionsvorschlag, zu dem der Rat Stellung nehmen sollte. Rat und Parlament wurden lediglich gebeten, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen. Dennoch entschloss sich der Rat zu einer Stellungnahme zu dem Kommissionsbericht und nahm auf der Sitzung des Rates „Binnenmarkt“ an diesem Tag Schlussfolgerungen an. So soll die Verordnung von den Mitgliedstaaten und der Kommission in enger Zusammenarbeit noch dynamischer umgesetzt werden, wobei die Grundrechte, einschließlich des Rechts oder der Freiheit zum Streik, zu berücksichtigen sind. Auch wenn die Erfahrungen mit der Anwendung der Verordnung noch immer begrenzt sind, begrüßte der Rat die Vorschläge der Kommission, die die praktische Anwendung erleichtern sollen, wie z. B. die Annahme eines Vademekums, in dem festgelegt ist, welche Verfahren im Falle einer Behinderung des freien Warenverkehrs anzuwenden sind. Der Rat setzt sich weiterhin vorbehaltlos für den freien Warenverkehr 4 Verordnung (EG) 2679/98 des Rates, ABl. L 337 vom 12.12.1998. 83 zwischen den Mitgliedstaaten als zentrales Element des Binnenmarktes ein. Die Entschließung des Rates vom 7. Dezember 1998, die gleichzeitig mit der Verordnung angenommen wurde, sowie die Schlussfolgerungen vom 27. September 2002 tragen dem Rechnung. Zu Herrn Sterckxs Anfrage, welche Maßnahmen die Mitgliedstaaten getroffen haben, um die Entschließung des Rates vom 27. September zur Ausführung zu bringen, ist zu sagen, dass es nicht Aufgabe des Rates ist zu kontrollieren, welche Maßnahmen die Mitgliedstaaten in diesem Bereich durchführen. Der Rat wird von den Mitgliedstaaten über solche Maßnahmen auch nicht informiert, und deshalb kann ich diese Frage leider nicht beantworten. 3-229 Sterckx (ELDR). – (NL) Herr Ratspräsident! Es ist mir natürlich ein besonderes Vergnügen, in dieser Funktion das Wort an Sie richten zu können. Es handelt sich hier im Grunde genommen um eine Behinderung des freien Güterverkehrs durch den Kanaltunnel, der seit November letzten Jahres mit 40 % seiner Kapazität arbeitet. Das ist sehr nachteilig für eine Reihe von Unternehmen ebenso wie für die Bahn generell, die ja doch ein umweltfreundliches Transportmittel ist, und stellt daher ein großes Problem dar. Deshalb möchte ich den Herrn Ratspräsidenten bitten, in den Ratssitzungen dafür Sorge zu tragen, dass die Präsidentschaft Druck auf die Mitgliedstaaten ausübt, alles Mögliche zur Wahrung des freien Güterverkehrs zu unternehmen. Meine Frage lautet also: Was gedenken Sie als Ratspräsident zu unternehmen? Die Erdbeer-Verordnung ist derzeit zu schwach. Meines Erachtens sollten wir sie verbessern. Herr Bolkestein antwortete mir auf eine diesbezügliche Anfrage, der Rat lehne dies ab. Hat Herr Bolkestein das nicht richtig verstanden? Ich frage: Was können Sie in der Praxis tun, um dafür zu sorgen, dass der freie Güterverkehr auch im Kanaltunnel gewährleistet ist? Diese Angelegenheit wird nämlich immer wieder zurückgestellt. 3-230 Haarder, Rat. – (DA) Ich werde mich vergewissern, dass meine Auffassung, die Kommission sei für die Einhaltung solcher Vorschriften zuständig, korrekt ist. Ich möchte das von Herrn Sterckx erwähnte Problem im Übrigen nicht bagatellisieren. Man kann sich lebhaft vorstellen, welche wirtschaftlichen Verluste entstehen, und die Betreffenden können das ja nicht verstehen, wenn es sich um EU-Vorschriften handelt, die ihren Absatz sichern sollten. Ich möchte das Problem also nicht bagatellisieren und es im Rat einbringen, aber die Inspektion muss von der Kommission durchgeführt werden. 3-231 Der Präsident. – Anfrage Nr. 8 von Marit Paulsen (H0389/02): 84 Betrifft: Protein 03/07/2002 Futterfisch und Verbot der Verfütterung von tierischem Die Auswirkungen von Futterfisch auf die Umwelt und die Artenvielfalt sind allgemein bekannt. Diese Fische dienen bekanntlich in erster Linie der Gewinnung von proteinreichem Fischmehl zur Tierproduktion und zur Aufzucht edlerer Fische. Gemäß der Entscheidung des Rates vom 4. Dezember 2000 (2000/766/EG5) ist die Anwendung von verarbeitetem tierischem Protein in Tierfutter in der EU verboten. Kann der Rat angeben, inwieweit dieses Verbot negative Auswirkungen auf die europäische Tierproduktion hat? Falls nein, ist der Rat bereit, zu der Schlussfolgerung zu gelangen, dass Futterfische nicht als Proteinlieferanten für landwirtschaftliche Nutztiere in Frage kommen dürfen? 3-232 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, 1992 wurde ein Bericht über die industrielle Fischerei in Nordsee, Skagerrak und Kattegatt – den Gewässern um Dänemark – vorgelegt. Der Rat hat seitdem mehrmals über die Auswirkungen der Fischerei auf die Umwelt diskutiert, jedoch zu keinem Zeitpunkt einen Gemeinsamen Standpunkt zu diesem Thema verabschiedet. Am 28. Mai dieses Jahres legte die Kommission eine Mitteilung über die Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik vor, in der sie vorschlägt, dass der Fischfang für die Fischmehlproduktion auf Fische abzielen sollte, die nicht für den unmittelbaren menschlichen Verbrauch vermarktet werden, und dass diese Form des Fischfangs auch in Zukunft überwacht werden muss. Der Rat hat diese Kommissionsmitteilung noch nicht behandelt. Die Entscheidung des Rates Nr. 2000/766/EG gilt nur für die Verwendung von Fischmehl zur Verfütterung an Wiederkäuer und auch nur, wenn das Futter die Vorschriften der Kommissionsentscheidung erfüllt. Das ist meine Antwort, die – zugegebenermaßen – nicht besonders zufriedenstellend ist, aber der Rat hat die Mitteilung der Kommission noch nicht behandelt. Ich möchte abschließend mein Verständnis dafür ausdrücken, dass diese Frage gestellt wurde. Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann ich nicht mehr sagen. 3-233 Der Präsident. – Zur Neuformulierung Ihrer Frage? Sehr gut. Wir danken Frau Paulsen für diesen Entschluss. 3-234 Der Präsident. – Anfrage Nr. 9 von Cecilia Malmström (H-0396/02): Betrifft: Maßnahmen gegen die kubanische Unterstützung der Demokratiebewegung Regierung und Der Lars-Leijonborg-Preis für Verfechter der Demokratie ist Frau Gisela Delgado Sablón, der Vorkämpferin für freie Bibliotheken auf Kuba, zuerkannt worden. Dieser Preis wird von meiner Partei an Personen in Diktaturen vergeben, die sich auf verdienstvolle Weise für Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Frau Delgado Sablón ist nach Stockholm eingeladen worden, um den Preis entgegen zu nehmen, und ich selbst habe sie eingeladen, an einem Seminar des Europäischen Parlaments über die Lage auf Kuba teilzunehmen. 5 ABl. L 306 vom 7.12.2000, S. 32. Bedauerlicherweise haben wir die Mitteilung erhalten, dass sich die kubanische Regierung weigert, Frau Delgado Sablón ein Ausreisevisum aus Kuba zu bewilligen. Schon seit langem werden Demokraten von dem kommunistischen Regime auf Kuba systematisch verfolgt, und dieser Vorfall ist nur ein weiteres Beispiel dieser Politik. Für die Demokratiebewegung wäre es überaus wichtig gewesen, dass Frau Delgado Sablón Stockholm und Brüssel hätte besuchen können, um über die Lage in ihrem Heimatland zu berichten. Welche Maßnahmen gedenkt der Rat gegen die kubanische Regierung zu ergreifen, um diese zu veranlassen, die Verfolgung von Demokraten einzustellen, und um jene zu unterstützen, die sich für Demokratie und Menschenrechte auf Kuba einsetzen? 3-235 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, der Rat ist sich über die Situation im Hinblick auf die Menschenrechte und Grundfreiheiten in Kuba sowie die Notwendigkeit der Einführung eines Systems im Klaren, das auf den Grundfreiheiten und anderen Rechten basiert. Ein solches System ist zwar in der kubanischen Verfassung verankert, aber nicht umgesetzt worden. Das ist der Hauptgrund, weshalb die EU mit Kuba als einzigem Land in Lateinamerika noch kein Kooperationsabkommen geschlossen hat. Seit 1996 werden die Beziehungen der Europäischen Union zu Kuba durch den Gemeinsamen Standpunkt der EU zu Kuba bestimmt. Entsprechend dem Gemeinsamen Standpunkt verfolgt die Union gegenüber Kuba das Ziel, den Übergang zu einer pluralistischen Demokratie, die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie einen nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung zu fördern und den Lebensstandard der kubanischen Bevölkerung zu verbessern. Unserer Auffassung nach sind ein zielgerichteter Dialog und humanitäre Hilfe die besten Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Der Dialog mit Kuba, den die kubanischen Behörden im April 2000 unterbrochen haben, wurde am 1. und 2. Dezember letzten Jahres offiziell wieder aufgenommen, als drei hohe Beamte der EU nach Havanna gereist sind. Die Troika traf mit der kubanischen Delegation unter Leitung des Außenministers Felipe Perez Roque zusammen. Außerdem gab es ein Treffen mit der kubanischen Delegation auf Expertenebene, als die UNMenschenrechtskommission im April dieses Jahres tagte. Der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ hat auf seiner Sitzung am 17. Juni dieses Jahres in Luxemburg die elfte Bewertung des Gemeinsamen Standpunkts der Europäischen Union zu Kuba gebilligt. Der Rat bestätigte erneut, dass diese Zielsetzungen weiterhin Gültigkeit besitzen. Nach Auffassung des Rates ist die Fortsetzung des Dialogs mit Kuba von wesentlicher Bedeutung, um konkrete Ergebnisse zu erzielen. Er erwartet von der kubanischen Regierung eindeutige Signale zur Verwirklichung der Ziele des Gemeinsamen Standpunkts. Als der kubanischen Nationalversammlung am 20. Mai dieses Jahres das Varela-Projekt vorgelegt wurde, begrüßte der Ratsvorsitz im Namen der Europäischen Union diese Initiative in einer Erklärung. Wir halten das 03/07/2002 Varela-Projekt für ein wichtiges Vorhaben, das mit starker Unterstützung der kubanischen Zivilgesellschaft die Veränderungen auf den Weg bringen kann, die das Land braucht und die das kubanische Volk fordert. Ziel der Initiative, die mit der kubanischen Verfassung im Einklang steht, ist die Einführung eines Systems von Grundfreiheiten und anderen Rechten, die zwar in der Verfassung verankert, aber nicht umgesetzt worden sind. In der Erklärung gibt die EU ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die Nationalversammlung die Initiative prüft und dass das Varela-Projekt eine Debatte auslöst, die den friedlichen Übergang zu einer pluralistischen Demokratie sowie eine kubanische Gesellschaft fördern wird, die mit sich selbst in Frieden lebt. Auf seiner Sitzung am 17. Juni in Luxemburg hat der Rat diese elfte Bewertung des Gemeinsamen Standpunkts zu Kuba zur Kenntnis genommen. Er bekräftigte, dass der Gemeinsame Standpunkt die Grundlage für die Politik der Europäischen Union gegenüber Kuba bleibt und weiterhin Gültigkeit besitzt. Der Rat nahm jedoch einige positive Anzeichen wie eine größere Religionsfreiheit, die Abnahme der Zahl politischer Häftlinge, die Nichtanwendung der Todesstrafe seit zweieinhalb Jahren und die Ratifizierung von mehr Rechtsakten der UN im Bereich der Menschenrechte zur Kenntnis. Außerdem konnte er seit kurzem Anzeichen für eine größere Offenheit bei den kubanischen Behörden feststellen, hält diese jedoch nur für die ersten Schritte. Der Rat erwartet von der kubanischen Regierung positive Schritte hin zu echten Reformen, die zu einem auf demokratischen Werten basierenden politischen System führen. Er verfolgt in diesem Zusammenhang mit Interesse die Entwicklung des genannten Projekts, das mit der Verfassung im Einklang steht, und fordert die kubanische Regierung auf, es als rechtmäßige Initiative zur Einführung dieser Reformen zu betrachten. Der Rat befasst sich also intensiv mit Kuba, verfolgt seine Entwicklung, stellt dem Land Forderungen und wird dies auch weiterhin tun. Gleichzeitig verzeichnet er jedoch bescheidene Fortschritte, die es trotz allem gibt und die, wie der Rat hofft, den Beginn einer Entwicklung darstellen. 3-236 Malmström (ELDR). (SV) Herr Ratsvorsitzender, herzlich willkommen in unserem Hause! Es ist schön, Sie zu sehen. Ich möchte mich für Ihre Antwort bedanken und darauf hinweisen, dass seit der Formulierung meiner Anfrage einiges geschehen ist. Morgen führt die Fraktion der Liberalen ein Seminar zur Demokratisierung Kubas durch. Wir hatten vier kubanische Staatsbürger zur Teilnahme an diesem Treffen eingeladen, ihnen wird jedoch von den kubanischen Behörden die Ausreise verweigert. Vor einer Viertelstunde erhielt ich ein Fax vom Botschafter Kubas, in dem das Seminar als Verunglimpfung des kubanischen Volkes bezeichnet wird. Wie Sie wissen, hat das kubanische Regime auch eine Verfassungsänderung durchgesetzt, die den Sozialismus auf ewig in der Verfassung verankert. Was in Kuba geschieht, ist für das kommunistische Regime natürlich eine unglaubliche Provokation. 85 Bereitet der dänische Ratsvorsitz in Anbetracht der vielen verschiedenen Initiativen für eine Demokratisierung Kubas weitere Maßnahmen vor, um Druck auf das Regime auszuüben? Die geringfügigen Verbesserungen, die wir sahen, scheinen nichts zu bewirken. Die Europäische Union muss hier eine sehr aktive Rolle spielen. Die kubanische Opposition ist auf uns angewiesen. 3-237 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, das war meines Erachtens ganz eindeutig eine Frage. Sie läuft darauf hinaus, was ich von der Initiative der Fraktion der Liberalen halte und was ich dazu sage, dass man kein Visum bekommt, um ein solches Seminar zu besuchen. Meine Antwort lautet, dass es sich um eine interessante und positive Initiative zu handeln scheint. Was sich in ihrem Umfeld abgespielt hat, beweist leider, dass es bis zur Anerkennung der grundlegenden Menschenrechte in Kuba noch ein weiter Weg ist. Das darf uns aber nicht dazu veranlassen aufzugeben, und ich bin dankbar für die Informationen, die Frau Malmström uns hier gegeben hat. Sie sind lehrreich, und wir müssen sie natürlich in unsere Überlegungen einbeziehen. 3-238 Korakas (GUE/NGL). – (EL) Herr Ratspräsident! Finden Sie nicht, dass es heuchlerisch ist, sich für die Demokratie und die Menschenrechte in einem Land zu interessieren, dem es trotz des vor Jahren verhängten unmenschlichen Embargos und des unerklärten Krieges der USA gelungen ist, das höchste Lebens- und Bildungsniveau in Mittel- und Lateinamerika zu erreichen? Und sind Sie nicht auch der Meinung, dass wir den Willen der überwältigenden Mehrheit des kubanischen Volkes zur Verteidigung seines sozialistischen Vaterlandes respektieren sollten und dass sich die Forderung unmittelbar an die USAdministration richten muss, damit das verbrecherische Embargo aufgehoben und der Terror gegen Kuba und die Führung des kubanischen Volkes eingestellt wird? Was werden Sie, Herr Ratspräsident, denn nun wirklich unternehmen, um die Freilassung der fünf kubanischen Kämpfer gegen den Terror zu erwirken, die in den USA eben deshalb festgehalten werden, weil sie den Terror der Regierung der Vereinigten Staaten gegen Kuba und seine Führung angeprangert haben? 3-239 Haarder, Rat. – (DA) Ich möchte Herrn Korakas gerne sagen, dass ich nicht hoffe, dass sozialistische Fortschritte mit einem Mangel an Demokratie und Menschenrechten, mit Einschränkunken der Reisefreiheit und der freien Meinungsäußerung einhergehen müssen. Eine solche Definition sozialistischer Errungenschaften hielte ich unklug. Man kann von dem amerikanischen Embargo halten, was man will – ich verzichte hier auf Einzelheiten –, es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass es auf Kuba hätte freie Wahlen geben können und dass bedeutend größere Fortschritte in punkto Menschenrechte möglich gewesen wären. Dann hätten die Fürsprecher einer Aufhebung des Embargos gute Argumente gehabt. 86 3-240 Der Präsident. – Anfrage Nr. 10 von Lennart Sacrédeus (H-0399/02): Betrifft: UN-Sondersitzung über Kinder In der am 11. April 2002 vom Parlament im Vorfeld der UNSondersitzung über Kinder angenommenen Entschließung hat das Europäische Parlament unter anderem festgestellt, „dass es die Auffassung unterstützt, dass die Familie die Keimzelle der Gesellschaft ist und die Hauptverantwortung für den Schutz, die Erziehung und die Entwicklung der Kinder trägt“ und daher „eine kinderfreundliche Welt (…) auch eine familienfreundliche Welt sein muss“. Welche Schritte hat der Rat während der Sondersitzung der UN über Kinder unternommen, um die Ansichten des Parlaments in das auf der Sondersitzung angenommene Schlusspapier integriert zu sehen, und welchen Erfolg erzielte er dabei, die Rolle der Familie als Keimzelle der Gesellschaft hervorzuheben? 3-241 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich möchte Herrn Sacrédeus zunächst auf die Antwort verweisen, die der Rat auf eine ähnliche Anfrage im Oktober vergangenen Jahres in Bezug auf die Sondersitzung der UN über Kinder gegeben hat, die für September 2001 geplant war. Wie Sie wissen, wurde die Sitzung wegen der Terrorangriffe auf die USA am 11. September 2001 auf den 10.-12. Mai 2002 verschoben. Im Übrigen möchte ich Sie darüber informieren, dass die Ergebnisse der Sondersitzung jetzt auf der UNICEFHomepage zur Verfügung stehen. Ich freue mich, dem Parlament mitteilen zu können, dass der auf der Sitzung beschlossene Aktionsplan auch einen Abschnitt über die Familie enthält, der von der Europäischen Union vorgeschlagen wurde. Dieser Abschnitt hat auf Englisch folgenden Wortlaut: 3-242 „The family is the basic unit of society and as such, should be strengthened. It is entitled to receive comprehensive protection and support. The primary responsibility for the protection, upbringing and development of children rests with the family. All institutions of society should respect children's rights and secure their wellbeing and render appropriate assistance to parents, families, legal guardians and other care givers so that children can grow and develop in a safe and stable environment and in an atmosphere of happiness, love and understanding, bearing mind that in different cultural, social and political systems various forms of the family exist.“ 3-243 (DA)... dieser Abschnitt war Teil eines Pakets, das vom Präsidenten der Sitzung am letzten Tag der Sondersitzung vorgeschlagen wurde, als der EURatsvorsitz deutlich gemacht hatte, dass die EU auf der Aufnahme dieses Themas in den Aktionsplan besteht. Wir können stolz darauf sein, dass in dem Aktionsplan nicht nur auf die Familie als Keimzelle der Gesellschaft, sondern auch auf die Existenz unterschiedlicher Formen der Familie hingewiesen wurde, obwohl in Bezug auf einige der zuletzt doch noch gelösten Fragen keine 03/07/2002 Übereinstimmung bestand. Ich denke, Herr Sacrédeus weiß, woran ich dabei denke. Ich möchte ferner darauf hinweisen, dass die Vereinten Nationen in der auf der Sondersitzung beschlossenen Erklärung alle Mitglieder der Gemeinschaft aufgefordert haben – und hier zitiere ich erneut auf Englisch – „to join us in a global movement that will help build a world fit for children through upholding our commitments“. Wenn der Herr Abgeordnete genauere Informationen über die Beratungen der UN-Sondersitzung über Kinder haben möchte, bitte ich Kontakt mit der Delegation des Europäischen Parlaments zur Sondersitzung aufzunehmen. Einige der Abgeordneten hier im Parlament können meine Antwort nämlich bestätigen. 3-244 Sacrédeus (PPE-DE). (SV) Ich möchte Herrn Bertel Haarder für seine Antwort danken und unseren früheren Kollegen als Europaminister hier im Europäischen Parlament begrüßen. Ich danke der Europäischen Union für die geleistete Arbeit zur Hervorhebung der Familie als Keimzelle der Gesellschaft und habe diesbezüglich noch einige Fragen an Herrn Haarder: Ergeben sich hieraus Konsequenzen für die Arbeit des Rates bezüglich der demografischen Herausforderung, die der schwedische Ministerpräsident Göran Persson auf dem Europäischen Rat von Stockholm im März 2001 als einen der zentralen Bereiche für die zukünftige Arbeit der Europäischen Union herausstellte? Beinhaltet die Formulierung, dass es unterschiedliche Formen der Familie gibt, nicht trotzdem, dass die EU das Recht der Kinder auf eine Mutter und einen Vater unterstreicht, darauf, in einer Gemeinschaft und somit in mehr Geborgenheit aufzuwachsen? 3-245 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich die falsche Silbe des Namens von Herrn Sacrédeus betont habe. Das wird nicht noch einmal passieren – ich bin es selbst so gewohnt. Ich empfinde meine Formulierung als recht ausgewogen. Ich stimme dem zu, dass es für das Heranwachsen eines Kindes normalerweise am besten ist, wenn es einen Vater und eine Mutter hat, aber das verläuft nicht immer so optimal. Andererseits gibt es Kinder, die ohne Vater oder Mutter aufwachsen und trotzdem eine glückliche Kindheit und ein gutes Leben haben. Deshalb halte ich es für wichtig, dass wir den Begriff Familie nicht zu eng fassen. Über die demografische Herausforderung, also die schrumpfende Bevölkerungszahl, ließe sich lange diskutieren. Ich halte das Problem nicht für so dramatisch, wie es teilweise eingeschätzt wird, aber es ist nicht meine Aufgabe, im Namen des Rates zu einer Debatte Stellung zu nehmen, die wir, wie ich denke, zu dieser Frage noch führen werden. Das hängt im Übrigen auch mit der Frage der Einwanderung in unsere Länder 03/07/2002 87 zusammen, und ich finde, dass eine Diskussion darüber jetzt zu weit gehen würde. 3-246 Der Präsident. – Da sie dasselbe Thema betreffen, werden die Anfragen Nr. 11 und 12 gemeinsam behandelt. Anfrage Nr. 11 von Carlos Carnero González (H0402/02): Betrifft: Verfahren gegen führende Politiker der demokratischen Opposition in Äquatorialguinea Heute, am 23. Mai 2002, stehen in Äquatorialguinea auf Grund von völlig haltlosen Beschuldigungen und ohne die geringsten einem Rechtsstaat eigenen Verfahrensgarantien verschiedene führende Köpfe der demokratischen Opposition, unter ihnen auch Plácido Micó, Führer einer der repräsentativsten oppositionellen Gruppierungen, der Convergencia para la Democracia Social (CPDS), vor Gericht. Dieses Verfahren ist der überdeutliche Beweis dafür, dass das Regime in Äquatorialguinea in keiner Weise bereit ist, den Verpflichtungen nachzukommen, die es der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der EU, gegenüber eingegangen ist, den Übergangsprozess zur Demokratie einzuleiten. Welche Maßnahmen hat die EU anlässlich dieses Verfahrens und zum Schutz der demokratischen Opposition vor den inakzeptablen Übergriffen der Diktatur von Teodoro Obiang ergriffen oder wird sie noch ergreifen? Anfrage Nr. 12 von Raimon Obiols i Germà (H0407/02): Betrifft: Festnahme Äquatorialguinea führender Oppositionspolitiker in Der Generalsekretär der Partei Convergencia para la Democracia Social (CPDS) von Äquatorialguinea, Plácido Micó Abogo, ist unter Hausarrest gestellt worden, nachdem er am 9. Mai festgenommen worden war, weil er an einer mutmaßlichen Sitzung im Haus von Emilio Ndong Biyogo und Felipe Ondo Obiang teilgenommen hatte, in der angeblich von Plänen zum Umsturz von Präsident Obiang die Rede war. Die CPDS wurde im Februar 1993 auf Druck der internationalen Gemeinschaft legalisiert, nachdem das Regime, das der CPDS vorwarf, mit dem Projekt des „demokratischen Experiments“, für das die Regierung von Äquatorialguinea damals eintrat, unvereinbar zu sein, sich der Legalisierung dieser und anderer Parteien hartnäckig widersetzt hatte. Über welche Informationen verfügt der Vorsitz des Rates im Hinblick auf die Festnahme von Oppositionspolitikern, die demokratischen Parteien wie der CPDS in Äquatorialguinea angehören? Wie sieht der Vorsitz des Rates die Entwicklung des Prozesses der Demokratisierung in diesem Land? Welche Maßnahmen hat der Rat ergriffen, um die Achtung der grundlegenden Menschenrechte und der politischen Rechte der verschiedenen demokratischen politischen Kräfte in diesem Land zu gewährleisten? 3-247 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, der Rat hat die Festnahme von Oppositionspolitikern in Äquatorialguinea aufmerksam registriert, auch die fragwürdigen Umstände der Festnahme, des Gerichtsverfahrens und der jüngsten Urteile. Die Staatsanwaltschaft forderte zwar die Todesstrafe, letztendlich wurden die Oppositionsführer aber zu Gefängnisstrafen zwischen sechs und zwanzig Jahren verurteilt, weil sie angeblich den Sturz von Präsident Obiang geplant hatten. Ungeachtet der Versicherung des Präsidenten, die Menschenrechte zu achten, hat die EU ihre Besorgnis bezüglich der Unregelmäßigkeiten in dem Verfahren sowie des Vorwurfs der Folter und Misshandlung der Angeklagten zum Ausdruck gebracht. Es bestehen noch immer ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Festnahme. Der Ratsvorsitz hat am Montag, dem 10. Juni, kurz nach der Verkündung der Urteile, eine Erklärung abgegeben, in der er an die zuständigen Behörden in Äquatorialguinea appelliert, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Urteile zu revidieren und sicherzustellen, dass die Grundrechte der Angeklagten respektiert werden. Nach Meinung der EU stehen die schwachen Beweise gegen die angeklagten Politiker in scharfem Widerspruch zur Härte der Urteile. Daher die Forderung nach Wiederaufnahme der Verfahren. Die Union hat ernsthafte Zweifel am Willen der Behörden geäußert, das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit zu wahren und den Verpflichtungen zur Achtung der Menschenrechte nachzukommen, die das Regime vor kurzem im Zusammenhang mit der 58. Sitzung der UNMenschenrechtskommission eingegangen ist. Zudem hat die EU auf die Verpflichtungen Äquatorialguineas entsprechend dem Abkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung hingewiesen, dem das Land kürzlich beigetreten ist. Die Union hat also schnell, entschieden und mit Nachdruck reagiert und hegt, wie deutlich geworden ist, großes Misstrauen gegen besagte Gerichtsentscheidungen in Äquatorialguinea. 3-248 Carnero González (PSE). – (ES) Bei allem Respekt, aber ich glaube, man hat dem Herrn amtierenden Ratspräsidenten eine Antwort vorgegeben, die sich sonst wo bewegt, nur nicht auf dieser Erde, nicht in der Europäischen Union und erst recht nicht in Äquatorialguinea. Herr amtierender Ratspräsident, mit Ihrer Antwort belegen Sie, dass Sie entweder nicht zur Kenntnis genommen haben oder nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass in Äquatorialguinea ein Prozess ohne jegliche demokratische Garantien stattgefunden hat, bei dem auf der Grundlage haltloser Beschuldigungen Strafen verhängt wurden und die Verhafteten bzw. später Verurteilten überdies Bedingungen unterliegen, die ihr Leben hochgradig gefährden. Ich weiß nicht, ob Ihnen beispielsweise bekannt ist, dass sie seit einer Woche 88 keinerlei Nahrung mehr erhalten und zwei von ihnen vor 48 Stunden als Notfälle mit schwersten Erkrankungen ins Krankenhaus von Malabo eingeliefert werden mussten. 03/07/2002 Herr amtierender Ratspräsident, gedenken Sie die vom zuständigen Kommissionsmitglied während der letzten Plenartagung vorgetragene Antwort der Kommission auf die Lage in Äquatorialguinea zu achten und darüber hinaus die diesbezügliche Entschließung dieses Parlaments einzuhalten, indem Sie den Inhalt des Abkommens von Cotonou umsetzen? eingegangenen Verpflichtungen hinweisen. In der Regel ist es ja schwierig – entschuldigen Sie bitte, wenn ich das so sage –, in die betreffenden Länder einzumarschieren, um eine Polizeiaktion durchzuführen. Der Rat tut deshalb in diesem Fall genau dasselbe, was auch das Parlament in vielen Fällen tut, nämlich appellieren, Beschlüsse verabschieden, die Länder auf ihre Verpflichtungen und die internationalen Abkommen hinweisen, die sie unterzeichnet haben. Das haben wir getan, das kann man in solchen Fällen tun, und ich kann Ihnen versichern, dass der Rat die Situation auch künftig äußerst aufmerksam verfolgen wird. 3-249 3-252 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, im CotonouAbkommen gibt es Paragraphen, die es der Europäischen Union ermöglichen, in einen Dialog einzutreten, Kritik zu üben und Erklärungen zu verlangen. Das hat die Europäische Union getan, und ich habe in meiner Antwort Äquatorialguinea keineswegs in Schutz genommen. Im Gegenteil: Ich habe starke Worte gebraucht und abschließend das Misstrauen der Union gegenüber den Gerichten und den verkündeten Urteilen zum Ausdruck gebracht. Wenn Herr Carnero González es wünscht, werde ich im Namen der Union auch ausdrücklich die Art und Weise missbilligen, in der Angeklagte und Gefangene in Äquatorialguinea behandelt werden. Der Präsident. – Anfrage Nr. 13 von Bill Newton Dunn (H-0405/02): Betrifft: Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen Wie beabsichtigt der Rat in Anbetracht der verbindlichen Verpflichtungen der 15 Mitgliedstaaten im Rahmen des KyotoProtokolls ihre Emissionen der sechs Treibhausgase zu reduzieren seinen eigenen Energieverbrauch zu drosseln. Ist ihm klar, dass er eine erhebliche Reduzierung herbeiführen könnte, indem er sich einfach auf einen einzigen Arbeitsort für das Europäische Parlament einigt? 3-253 3-250 Obiols i Germà (PSE). – (ES) Herr Präsident, Sie werden mir gestatten, in meinem kurzen Redebeitrag nichts zu beschönigen. Es geht um Leben oder Tod von Menschen, die uns wirklich sehr nahe stehen. Mit Plácido Micó, dem Generalsekretär der CPDS (einer sozialdemokratischen Partei, die der Sozialistischen Internationale angehört), bin ich persönlich befreundet, und er ist in diesem Prozess verurteilt worden, in einer wahrhaft schändlichen Farce, in der offenkundig nicht nur jegliche Garantiegrundsätze absolut und in jeder Hinsicht verletzt worden sind, sondern es auch zu sehr schweren körperlichen Misshandlungen gekommen ist. Wir intervenieren also, um den Ratspräsidenten zum sofortigen Handeln aufzufordern, denn die Informationen, die uns von vorgestern aus Malabo vorliegen, sind – wie mein Kollege Carlos Carnero bereits aufgezeigt hat – außerordentlich alarmierend. Es geht nicht einfach nur darum, die Situation mit mehr oder weniger schönen Worten zu verurteilen, sondern das Gewicht der Europäischen Union einzusetzen, um zu erreichen, dass dieser entsetzliche Skandal ein für alle Mal ein Ende findet. 3-251 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich war selbst Mitglied des Europäischen Parlaments und an der Formulierung von Beschlüssen gegen Übergriffe und Grausamkeiten überall in der Welt beteiligt. Was man in vielen Fällen tun kann, ist das, was ich hier im Namen des Rates dargelegt habe. Man kann appellieren, prüfen und die betreffenden Länder auf die von ihnen Haarder, Rat. – (DA) Ich kann Herrn Newton Dunn versichern, dass sich der Rat intensiv um die Umsetzung des Kyoto-Protokolls bemüht und auch den Energieverbrauch in Gebäuden als wichtiges Anliegen betrachtet. Ich möchte auf die Entschließung über Energieeffizienz in der Europäischen Gemeinschaft von 1998 sowie auf die vom Rat am 30. Mai 2000 und 5. Dezember 2000 angenommenen Schlussfolgerungen über den Aktionsplan der Kommission zur Energieeffizienz verweisen, in dem Sondermaßnahmen für den Baubereich gefordert werden. Der Rat hat die Bedeutung der Energieeffizienz auch in den Schlussfolgerungen über gemeinsame und koordinierte Politiken und Maßnahmen in der EU zur Verringerung der Treibhausgasemissionen vom 10. Oktober 2000 unterstrichen, die dazu beitragen, die Ziele des Europäischen Programms zur Klimaänderung zu erreichen. Was die im Aktionsplan vorgeschlagenen besonderen Maßnahmen angeht, so hat die Kommission inzwischen einen Richtlinienvorschlag zur Energieeffizienz in Gebäuden vorgelegt. Vor dem Hintergrund der Stellungnahme des Parlaments hat der Rat dem Parlament seinen Gemeinsamen Standpunkt vor Beginn der Sitzungsperiode im letzten Monat übermittelt. Zur zweiten Frage ist zu sagen, dass Bedingungen wie der Sitz der EU-Organe durch das Protokoll zum EUVertrag, dem EGKS-Vertrag und dem EURATOMVertrag über die Festlegung der Sitze der Organe und bestimmter Einrichtungen und Dienststellen der Europäischen Gemeinschaften sowie des Sitzes von Europol geregelt werden. Dieses Protokoll kann nur nach dem Verfahren in Artikel 48 EU-Vertrag geändert 03/07/2002 werden. Das Problem muss daher einem anderen Forum vorgetragen werden, und ich bin sicher, dass Herr Newton Dunn mir da zustimmt. 3-254 Newton Dunn (ELDR). – (EN) Ich möchte mich meinen Vorrednern anschließen und ebenfalls meine Freude über die Anwesenheit des Ratspräsidenten zum Ausdruck bringen. Es ist schön, ihn als Freund und Kollegen hier wiederzusehen, und ich bin sicher, dass wir ihn, sollten sich die Dinge in Kopenhagen jemals nicht so entwickeln, wie er es sich wünscht, jederzeit gerne wieder hier auf einem dieser Plätze sehen würden. Lassen Sie uns aber nicht über eine solche negative Entwicklung spekulieren, darüber können wir immer noch sprechen, wenn sie tatsächlich eintritt. Ich danke Ihnen für Ihre Antwort auf meine Anfrage. Mit ist klar, dass die Frage des Sitzes an anderer Stelle entschieden werden muss, obwohl wir eine Menge Energie sparen könnten, wenn wir dieses Gebäude aufgeben würden. Ich bin ganz besonders an diesem Thema interessiert, weil die EU-Organe hier mit gutem Beispiel vorangehen sollten. Ich hoffe, wir werden der Welt mit unseren Energiesparbemühungen ein gutes Vorbild sein. Ich schlage also vor, dass der Ratspräsident mir zusichert, dass er mir berichten wird, welche Maßnahmen der Rat zur Energieeinsparung in seinen eigenen Gebäuden getroffen hat und wie er hier mit gutem Beispiel vorangegangen ist, wenn ich in der Dezember-Sitzung eine Anfrage zu diesem Thema vorbringe. Dazu zählen zum Beispiel der Einbau energiesparender Lichtschalter ebenso wie alle anderen Maßnahmen, die der Rat in den nächsten sechs Monaten treffen wird, um der Welt ein Beispiel zu geben. 3-255 Haarder, Rat. - (DA) Herr Präsident, ich möchte mich bei Herrn Newton Dunn für die Begrüßung herzlich bedanken. He has made his point very clear, and I shall be happy to communicate that point to the services of the Council. 3-256 Der Präsident. – Anfrage Nr. 14 von Bernd Posselt (H0408/02): Betrifft: Loya Jirga und die Zukunft Afghanistans Wie beurteilt die Ratspräsidentschaft den Vorbereitungsprozess zur Loya Jirga in Afghanistan, und welche Maßnahmen plant sie zur weiteren Stabilisierung dieses Landes? 3-257 Haarder, Rat. - (DA) Herr Präsident, ich möchte Herrn Posselt für die Anfrage danken. Der Rat ist, ebenso wie UNAMA und andere internationale Beobachter, prinzipiell mit dem Ergebnis der Sondersitzung zufrieden, die Mitte Juni in Kabul stattfand. Im Großen und Ganzen war die Zusammenkunft der Loya Jirga erfolgreich und hat die Ziele des Bonner Abkommens erreicht, d. h. die Wahl eines Staatsoberhaupts und die 89 Anerkennung der Struktur sowie der zentralen Persönlichkeiten der Übergangsregierung. Die wichtigsten politischen Kräfte des Landes haben die Loya Jirga unterstützt, und die Unterstützung durch das Volk war während des gesamten Treffens ungewöhnlich groß. Diese Loya Jirga war wohl die repräsentativste, die das Land jemals hatte. Sie war ethnisch ausgewogen, und es gab eine große Anzahl Frauen unter den Delegierten. Das ist ein beachtliches Unterfangen, wenn man die schwierige politische und Sicherheitslage, den engen Zeitplan sowie die Tatsache berücksichtigt, dass die Bevölkerung zum Teil vertrieben wurde und es an zuverlässiger Infrastruktur einschließlich Statistiken mangelt. Der Rat ist sich jedoch der Schwierigkeiten und Probleme bewusst, die es bis zur Loya Jirga gegeben hat. In mehreren Fällen wurde die Wahl der Delegierten durch organisatorische Probleme behindert, aber auch durch Versuche, Kandidaten zu schikanieren, zu bestechen, einzuschüchtern oder zu töten. Diese Zwischenfälle waren allerdings selten und konnten weder die Struktur und den Zeitplan der Versammlung beeinflussen noch ihre Legitimität untergraben. Der Rat ist nach wie vor davon überzeugt, dass die Sondersitzung die Aussöhnung des Volkes befördert hat und nunmehr eine stabile politische Struktur geschaffen werden kann, wie sie für den weiteren Wiederaufbau Afghanistans notwendig ist. In diesem Zusammenhang möchte der Rat noch einmal betonen, dass die in Tokio zugesagte Unterstützung der EU beim Wiederaufbau auch künftig davon abhängig sein wird, dass alle afghanischen Partner einen positiven Beitrag zu diesem Prozess und zur Erreichung der Ziele leisten, wie sie im Bonner Abkommen festgelegt sind. Im Hinblick auf die weitere Stabilisierung des Landes hat die Union seit Beginn des Bonner Prozesses wiederholt bekräftigt, dass sie fest entschlossen ist, den Wiederaufbau Afghanistans zu unterstützen. Die Mitgliedstaaten werden auch in Zukunft das Gros der ISAF-Kräfte in Kabul stellen. Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten stellen die auf der internationalen Geberkonferenz in Tokio im Januar dieses Jahres vereinbarten Hilfen zum Wiederaufbau des Landes zur Verfügung. So wurden allein für dieses Jahr 600 Mio. Euro und für die folgenden Jahren bis 2006 2,3 Mrd. Euro zugesagt. Als einer der vier Vorsitzenden der Steuerungsgruppe für den Wiederaufbau Afghanistans wird die EU weiterhin eine aktive Rolle beim Wiederaufbau des Landes spielen. Sie wird auch künftig die nötige humanitäre Hilfe bereitstellen und übernimmt damit den größten Teil der Unterstützung für Afghanistan. Ich möchte hinzufügen, dass entsprechend den Schlussfolgerungen von Sevilla eine Hilfe zur Repatriierung gewährt werden soll, wie sie vom Hohen Kommissar der UN für Flüchtlinge vorgeschlagen wurde. In den letzten Monaten sind einige kurzfristige Projekte vor Ort durchgeführt worden. Etliche mittel- und langfristige Wiederaufbau- und Entwicklungsprojekte kommen allmählich in Gang. Die EU wird sich weiterhin aktiv für die notwendige Reform des Sicherheitsbereichs einsetzen. So sind mehrere 90 Mitgliedstaaten auch künftig führend an der Ausbildung der Streitkräfte, des Grenzschutzes, der Polizei, an der Drogenbekämpfung usw. beteiligt. Durch Besuche von EU-Delegationen auf hoher Ebene sind die politischen Kontakte mit den afghanischen Führern vertieft worden. Diese Kontakte werden fortgesetzt; sie sind nicht zuletzt eine gute Basis für den weiteren Dialog mit den afghanischen Behörden über substanzielle Fragen. Die EU wird dadurch auch besser wahrgenommen, sie kann sich profilieren und an der Kanalisierung künftiger EUHilfe für Afghanistan mitwirken. Deshalb ist es wichtig, dass die EU einen Sonderbeauftragten in Kabul hat, dass die Mitgliedstaaten Botschaften eröffnen und die Kommission über eine Repräsentanz verfügt. 3-258 Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich danke sehr für diese präzise Antwort, auch in der Frauenfrage. Ich muss sagen, wir sind da oft ungerecht. Die tschechische sozialdemokratische Regierung – und es ist immerhin ein Beitrittsland – hat heute noch keine einzige Frau in ihren Reihen. Hoffentlich ändert sich das jetzt! Wir verlangen aber von einer archaischen Stammesgesellschaft, dass sie sich von einem Tag auf den anderen ändert. Ich glaube, wir müssen an zwei Punkten ansetzen. Danach will ich Sie fragen. Erstens: Förderung des interethnischen Dialoges, denn die Loya Jirga hat bei den Paschtunen Wunden zurückgelassen, nicht zuletzt auch durch die Ungeschicklichkeit amerikanischer Vertreter. Zweitens müssen wir junge Leute auf kommunaler Ebene schulen. Ich möchte Sie konkret nach dem Institution Building fragen, ob hier vielleicht der Rat etwas initiieren könnte, ein eigenes Hilfsprogramm für Institution Building. 3-259 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich darf mitteilen, dass wir im Hinblick auf den Aufbau von Institutionen die Kapazitäten der EU in diesem Bereich verstärken, um bessere Unterstützung geben zu können. Zu der Information von Herrn Posselt, dass die Loya Jirga die Paschtunen verletzt hat, möchte ich anmerken, dass nichts perfekt ist, und ich habe nicht behauptet, dass die Loya Jirga Ausdruck einer perfekten Demokratie sei. Dieser Meinung waren auch die europäischen Medien nicht. Bedenkt man aber, dass vorher mittelalterliche Zustände geherrscht haben, so ist es doch imponierend und macht jedenfalls Hoffnung für die Zukunft, dass man trotz allem so weit gekommen ist. Dass auch die tschechische Sozialdemokratie offenbar nicht perfekt ist, kann uns in diesem Fall als Trost dienen. Ich weiß nicht, ob diese beiden Tatsachen viel miteinander zu tun haben. Das möchte ich aber Herrn Posselt überlassen, denn er kennt sich mit Tschechien besser aus als ich. 3-260 Der Präsident. – Da sie dasselbe Thema betreffen, werden die Anfragen Nr. 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23 und 24 gemeinsam behandelt. 03/07/2002 Anfrage Nr. 15 von Luigi Vinci (H-0412/02): Betrifft: PKK und Antiterror-Liste Ist der Rat nicht der Ansicht, dass er mit der Aufnahme der PKK am 2. Mai d. J. in die „Antiterror-Liste“ zum Komplizen der türkischen Repressionspolitik – sowohl des Militärs als auch der Polizei – gegen das gesamte kurdische Volk wird? Welche Initiativen gedenkt der Rat zu ergreifen, um den Friedensprozess in der Türkei wiederzubeleben, und vor allem, wer sollen die Gesprächspartner sein? Anfrage Nr. 16 von Giuseppe Di Lello Finuoli (H0414/02): Betrifft: Europäische Union, PKK und Türkei Wie gedenkt der Rat nach der Aufnahme der PKK in die Liste der terroristischen Organisationen gemäß der Verordnung (EG) 2580/20016 auf die Türkei Druck auszuüben, um zu erreichen, dass die Grundrechte des kurdischen Volkes geachtet werden? Oder beabsichtigt der Rat hingegen, die türkische Politik zur Ausrottung des kurdischen Volkes zu fördern und zu unterstützen? Anfrage Nr. 17 von Fausto Bertinotti (H-0416/02): Betrifft: Türkei, Vereinigungen“ PKK, KADEK und „Liste terroristischer Mit der Aufnahme der PKK in die „Liste terroristischer Vereinigungen“ macht sich der Rat objektiv zum Verbündeten der türkischen Politik, die auf die Unterdrückung der Rechte des kurdischen Volkes gerichtet ist. Welche unmittelbaren Initiativen gedenkt der Rat einzuleiten, damit die Türkei die Grundrechte des kurdischen Volkes achtet, wozu sie aufgrund zahlreicher internationaler Verträge über die Menschenrechte und die Rechte der Völker verpflichtet ist? Beabsichtigt der Rat nicht, die Abhaltung einer internationalen Konferenz zur „Kurden-Frage“ zu unterstützen? Anfrage Nr. 18 von Luisa Morgantini (H-0421/02): Betrifft: PKK, KADEK und Liste terroristischer Organisationen Wie beurteilt der Rat politisch gesehen die Gründung der KADEKPartei, die aus der PKK entstanden ist? Will er vielleicht auch die KADEK auf die Liste terroristischer Organisationen setzen lassen und damit die Verfolgung der Kurden in der Türkei unterstützen? Anfrage Nr. 19 von Feleknas Uca (H-0428/02): Betrifft: Kurdische Arbeiterpartei auf europäischer Liste der Terrororganisationen 6 ABl. L 344 vom 28.12.2001, S. 7.0 03/07/2002 Seit dem 2. Mai 2002 wird die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) in der gesamten Europäischen Union als terroristische Gruppe angesehen. Die PKK hat aber nach eigenen Angaben ihren gewaltsamen Kampf gegen die türkische Armee 1999 mit einem Waffenstillstand eingestellt. 91 Kann der Rat erläutern, wen er auf der kurdischen Seite als seinen Gesprächspartner im Friedensprozess ansieht, nachdem die PKK auf die Liste der terroristischen Organisationen gesetzt wurde? Im April 2002 hat sich die PKK aufgelöst, und der Kongress für Freiheit und Demokratie in Kurdistan (KADEK) wurde gegründet. KADEK verfolgt nach eigenen Angaben einen friedlichen, demokratischen und politischen Weg zur Lösung der kurdischen Frage. Anfrage Nr. 23 von Alain Lipietz (H-0478/02): Was hält der Rat von der neugegründeten kurdischen Organisation KADEK? Betrifft: Wird die KADEK in Zukunft auch in die Liste der terroristischen Organisationen aufgenommen? Welche Auswirkungen hat die Liste auf die zivilen Organisationen in der Türkei und in Europa, nachdem bekannt wurde, dass auch Menschenrechtsorganisationen in die Liste der Terrororganisationen aufgenommen werden sollten? Anfrage Nr. 20 von Matti Wuori (H-0457/02): Betrifft: Friedensprozess in der Türkei Nachdem die PKK in die Liste der terroristischen Organisationen aufgenommen wurde, sind die Kurden sehr besorgt, da die türkischen Behörden dies als eine Gelegenheit betrachten, den Druck gegen die Kurden zu erhöhen. Ist sich der Rat darüber im Klaren, dass er nach dem Beschluss vom 3. Mai über die Aufnahme der PKK in die Liste der terroristischen Organisationen der türkischen Repression Legitimität verschafft hat? Anfrage Nr. 24 von Koldo Gorostiaga Atxalandabaso (H-0479/02): Friedensprozess in der Türkei Nachdem die Kurdische Arbeiterpartei des Volkes (PKK) jüngst auf die EU-Liste terroristischer Organisationen gesetzt wurde, wird zunehmend befürchtet, dass der türkische Staat seine Politik der Unterdrückung gegenüber dem kurdischen Volk verschärfen wird. Wie wird sich diese Entscheidung dem Rat zufolge auf eine friedliche Lösung der Kurdenfrage auswirken? Wen betrachtet der Rat als Dialogpartner im Friedensprozess auf kurdischer Seite, nachdem die PKK auf die Liste terroristischer Organisationen gesetzt wurde? Betrifft: Politischer Dialog in der Türkei Welche Haltung nimmt der Rat in der Kurdenfrage ein, nachdem die PKK in die Liste der terroristischen Vereinigungen aufgenommen wurde? Wie kann man sich einen politischen Dialog in der Türkei vorstellen, wenn die EU für den Ausschluss von Verhandlungspartnern eintritt, die unbedingt einbezogen werden müssen? 3-261 Anfrage Nr. 21 von Eurig Wyn (H-0463/02): Betrifft: Friedensprozess in der Türkei Die Aufnahme der inzwischen aufgelösten PKK in die offizielle Liste terroristischer Organisationen ist für den Friedensprozess in der Türkei nicht hilfreich und dient nur dazu, die Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung durch die türkischen Behörden zu verschärfen. Könnte der Rat klarstellen, auf welche Kriterien er die Entscheidung stützte, die PKK am 2. Mai 2002 auf diese Liste zu setzen, obwohl diese Organisation sich im April 2002 aufgelöst hat? Anfrage Nr. 22 von Nelly Maes (H-0477/02): Betrifft: Friedensprozess in der Türkei Nachdem die PKK in die Liste der terroristischen Organisationen aufgenommen wurde, sind die Kurden sehr besorgt, da die türkischen Behörden dies als eine Gelegenheit betrachten, den Druck gegen die Kurden zu erhöhen. Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, ich möchte all denen danken, die diese sehr berechtigte Frage gestellt haben. Der Rat möchte betonen, dass die Liste terroristischer Organisationen in der Anlage zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates über spezifische Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus regelmäßig überprüft wird. Die jüngste Überprüfung hat dazu geführt, dass die PKK in die Liste aufgenommen wurde. Das geschah nach einer gründlichen Bewertung auf der Grundlage von Artikel 1 des Gemeinsamen Standpunkts. Der Rat ist nicht der Ansicht, dass durch die Aufnahme der PKK in diese Liste die Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung in der Türkei verschärft wird. Man sollte die jüngste Empfehlung des Nationalen Sicherheitsrats der Türkei zur Aufhebung des Ausnahmezustands beachten, der noch immer in vier überwiegend kurdisch besiedelten Provinzen im südöstlichen Teil des Landes gilt. Der Rat ist sich dessen bewusst, dass es nach wie vor erhebliche und bedauerliche Einschränkungen der Grundfreiheiten, der Menschenrechte und nicht zuletzt der kulturellen Rechte gibt, insbesondere in den Gebieten, in denen der Ausnahmezustand noch immer in Kraft ist. Dies alles fällt natürlich unter die politischen Kopenhagener Kriterien, und es ist klar, dass keine Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden können, solange diese Kriterien nicht vollständig erfüllt sind. Die EU nutzt alle Möglichkeiten des politischen Dialogs mit 92 der Türkei, um auf weitere Fortschritte in Richtung auf demokratische Reformen zu drängen. Dabei wird immer wieder hervorgehoben, dass bei der Bekämpfung des Terrorismus die Menschenrechte und das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit in vollem Umfang beachtet werden müssen und dass der Terrorismus keine Rechtfertigung für die Einführung oder Aufrechterhaltung von Einschränkungen dieser Rechte sein darf. 3-262 Di Lello Finuoli (GUE/NGL). – (IT) Herr Präsident Haarder, ich glaube, der Rat wollte nie erwägen, dass sich die PKK aufgelöst hat, keine bewaffneten Aktionen mehr durchgeführt hat und sich viele ihrer wichtigen Mitglieder den Türken ergeben haben. Die Aufnahme der PKK in die Liste terroristischer Organisationen ist, insbesondere im Lichte dieser von mir erwähnten neuen Tatsachen, absurd und wird die Türkei dazu veranlassen, immer grausamer gegen die Kurden vorzugehen; dadurch wird weiterhin ein Friedensabkommen verhindert, und die Situation wird sich verschlechtern. Ich möchte nachdrücklich darauf hinweisen, dass die PKK zu dem Zeitpunkt auf diese Liste gesetzt wurde, als sie einseitig damit begann, wesentlich mehr als die Türkei die Menschenrechte des türkischen Volkes zu achten. Deshalb sollte der Rat seine Entscheidung überdenken und die PKK von der Liste terroristischer Organisationen streichen, eben weil ihre Mitglieder keine Terroristen mehr sind. 03/07/2002 kurdische Seite betrachten müssen: Mehr als viertausend kurdische Dörfer sind völlig zerstört worden. Wer wird denn hier agieren und die kurdische Bevölkerung in Schutz nehmen? Geht es hier nicht um Terroristen? Und wenn wir uns andererseits den Fall Leyla Zana ansehen: Sie ist Sacharow-Preisträgerin des Europäischen Parlaments und ist in der Türkei wegen ihrer Unterstützung der PKK verurteilt worden. Nach der neuesten Liste innerhalb der Türkei ist Leyla Zana eine Terroristin. Die Frage ist: Welche Terrorakte hat denn die Abgeordnete Leyla Zana ausgeübt, um als Terroristin eingestuft zu werden? 3-265 Haarder, Rat. – (DA) Ich kann Frau Uca versichern, dass ich von den mehreren Tausend zerstörten Dörfern weiß und auch das Schicksal von Leyla Zana kenne, an deren Auszeichnung mit dem Sacharow-Preis ich selbst mitgewirkt habe. Aber gerade weil alles objektiv ablaufen muss, ist es wichtig, dass die Dinge gründlich untersucht werden. KADEK, die Nachfolgeorganisation der PKK, wird überprüft. Im Augenblick kann ich jedoch nichts über das Ergebnis dieser Überprüfung sagen. Das wäre unsachlich. Die Dinge müssen korrekt ablaufen, wir müssen uns an unsere eigenen Regeln halten und die Experten anhören, die wir beauftragt haben zu beurteilen, ob unsere Kriterien erfüllt sind oder nicht. 3-266 3-263 Haarder, Rat. – (DA) Ich denke, der Herr Abgeordnete kann sich ganz darauf verlassen, dass die Angelegenheit von Experten sorgfältig geprüft worden ist. Das geschah nicht von ungefähr und auch nicht unüberlegt. Es besteht immer die Hoffnung, dass sich etwas entwickelt und die PKK früher oder später von der Liste gestrichen wird. Aber momentan steht die PKK auf der Liste, und sie ist nicht ohne Grund aufgenommen worden. Es hat genaue Untersuchungen gegeben, das war keine unsachliche Entscheidung. Diesem Beschluss liegen objektive Kriterien zugrunde. Gerade weil es objektive Kriterien gibt, kann die PKK aufgrund derselben Kriterien später wieder von der Liste gestrichen werden. Abschließend möchte ich dem Argument widersprechen, die Türkei würde sich den Kurden gegenüber grausamer verhalten – oder wie immer man das ausdrücken will. Dafür gibt es keine Anzeichen. Ich habe in meiner Antwort ein Beispiel genannt, das sogar in die andere Richtung weist. Ich hoffe und glaube nicht, dass mein ehemaliger Kollege in diesem Punkt Recht behält. 3-264 Uca (GUE/NGL). – Herr Präsident! Ich bedanke mich für die Beantwortung, Herr Haarder. Leider habe ich keine Antwort auf meine Fragen bezüglich der HADEP bekommen, wie Sie die Organisation einstufen, und ob in Zukunft die HADEP auch in die Liste der terroristischen Organisationen aufgenommen wird. Darüber haben Sie kein Wort gesagt. Bezüglich des anderen Punktes möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass, wenn wir hier über die Liste der terroristischen Organisationen sprechen, wir auch die Wuori (Verts/ALE). – (FI) Herr Präsident! Der Kampf gegen den Terrorismus hat auch zu Übergriffen und zu übertriebenen Notwehrreaktionen geführt, die sich leicht gegen ihren Zweck selbst richten können. Daher ist von großer Wichtigkeit, dass die Europäische Union und ihr Ministerrat konsequent handeln und sich ihren Realismus und einen kühlen Kopf bei der Betrachtung dieser Probleme bewahren. Besonders jetzt, da wir über die Haltung zum Statut des Internationalen Gerichtshofs und zur Friedenssicherung in Bosnien debattieren. Dies steht in enger Verbindung zu der Frage, die wir heute behandeln. 3-267 Haarder, Rat. – (DA) Ich stimme mit dem, was mein ehemaliger Kollege und guter Freund, Herr Wouri, zuletzt gesagt hat, überein – wenn ich es richtig verstanden habe. Der Überlegung, dass es wichtig ist, objektiv zwischen terroristischen und nicht terroristischen Organisationen zu unterscheiden, habe nicht viel hinzuzufügen. Es muss objektiv zugehen. Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich Herrn Wouris Engagement für die Menschenrechte in diesem Parlament den größten Respekt zolle. Ich bedanke mich für das Buch, das er mir heute Vormittag gegeben hat. Ich werde es ganz bestimmt lesen. 3-268 Maes (Verts/ALE). – (NL) Herr Ratspräsident! Ich bitte um zwei detailliertere Auskünfte. Meine erste Frage lautet: Welche Kriterien genau haben zu dem Beschluss geführt, die PKK in die Liste der terroristischen Organisationen aufzunehmen? Und die zweite Frage: Wie wird dieser Begriff hinsichtlich der Personen interpretiert, die mit einer solchen Organisation 03/07/2002 zusammenarbeiten? Das könnte nämlich eines Tages sehr weit gehen, da es sich um eine Bewegung handelt, die von den Kurden selbst als eine Art nationale Befreiungsbewegung anerkannt wird. Und abschließend: Wen betrachten Sie als Gesprächspartner, um für die Kurden zu sprechen, wenn es darum geht, den Friedensprozess in Gang zu bringen? Auch in Nordirland musste man dazu Partner nehmen, die man anfangs nicht für geeignet hielt. 3-269 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, die Kriterien für die Einstufung von Organisationen als Terrororganisationen finden sich im Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 2. Mai 2002. Dort gibt es genaue Angaben, und ob diese Kriterien erfüllt sind, wird von Experten geprüft. Ich kann gut verstehen, dass Nelly Maes auf Nordirland und andere Orte verweist, wo man mit ehemaligen Terrororganisationen letztendlich einen Kompromiss geschlossen hat. Wir können nur hoffen, dass dies auch in Zukunft geschehen wird, denn oftmals ist das eine Möglichkeit, Terrororganisationen zur Aufgabe des Terrors zu bewegen. In Anbetracht der Geschehnisse und der Bedrohung, der unsere Länder offensichtlich ausgesetzt sind, hat die internationale Gemeinschaft jedoch in großer Einmütigkeit beschlossen, gegen mögliche Terrororganisationen vorzugehen. Das hat zu diesen Kriterien und zu dieser Liste geführt. Ich sehe nicht, was man sonst tun könnte. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ehemalige Mitglieder der PKK bei einer künftigen Regelung einbezogen werden, um die Rechte sicherzustellen, für die kurdische Organisationen gekämpft haben und für die ich wohl ebenso viel Verständnis habe wie Nelly Maes. Wir waren uns über diese Dinge weitgehend einig, als wir noch zusammen hier im Parlament saßen. 3-270 Der Präsident. – Herr Haarder, wir werden Ihnen nun für heute die letzte Frage im vorgesehenen Zeitrahmen stellen, den wir über 19.00 Uhr hinaus ausgedehnt haben, denn wir haben mit über fünfzehn Minuten Verspätung angefangen. 3-271 Der Präsident. – Anfrage Nr. 25 von Konstantinos Alyssandrakis (H-0420/02): Betrifft: Versuch der Unterstrafstellung politischer Überzeugungen in der Slowakei Im slowakischen Parlament ist ein Vorschlag zur Änderung des Strafgesetzbuches (Gesetz 140/1961) eingegangen, demzufolge Gefängnisstrafen für Sympathisanten kommunistischer Ideen eingeführt werden sollen. Dieser Versuch, politische Aktivitäten unter Strafe zu stellen, steht in Zusammenhang mit den Wahlen im September 2002, bei denen Schätzungen zufolge die Kommunistische Partei der Slowakei möglicherweise die Fünfprozenthürde schaffen und Einzug ins Parlament halten wird. Ziel dieser Gesetzesänderung ist also, die Wähler durch die Unterstrafstellung politischer Überzeugungen einzuschüchtern, da ihnen schließlich eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren droht, wenn sie nur mit dem Kommunismus „sympathisieren“ oder „dessen Verbrechen in Zweifel ziehen“, und die Bürger dieses Landes an der Ausübung ihres demokratischen Rechts auf Meinungsfreiheit zu hindern. 93 Verurteilt der Rat diese inakzeptable und von Grund auf undemokratische Maßnahme und wird er geeignete Schritte gegenüber den slowakischen Behörden unternehmen, um solche Versuche im Keim zu ersticken – wenigstens in einem Land, das sich unmittelbar auf den Beitritt zur EU vorbereitet? 3-272 Haarder, Rat. – (DA) Herr Präsident, der Rat legt großen Wert darauf, dass die Bewerberländer die politischen Kriterien für den Beitritt erfüllen, die 1993 in Kopenhagen aufgestellt wurden. Dies sind Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Schutz von Minderheiten. Es wurde beschlossen, dass diese Kriterien erfüllt sein müssen, bevor mit den Beitrittsverhandlungen begonnen werden kann. Die Verhandlungen mit der Slowakischen Republik wurden deshalb auch erst aufgenommen, als der Europäische Rat von Helsinki im Dezember 1999 feststellen konnte, dass die Kriterien jetzt erfüllt waren. Die Kommission kam in ihrem Bericht von 2001 über die Fortschritte in der Slowakei zu dem Ergebnis, dass die Slowakei die politischen Kriterien von Kopenhagen nach wie vor erfüllt. Die Kommission stellte weiter fest, dass das Land seit 1999 viel dafür getan hat, die Stabilität der Institutionen zu verbessern und damit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zu stärken. Was das von dem Herrn Abgeordneten angesprochene Problem betrifft, so wird der betreffende Gesetzentwurf nach vorliegenden Informationen zurzeit vom slowakischen Parlament behandelt. Die zweite Lesung, die Mitte Juni stattfinden sollte, wurde möglicherweise verschoben, weil zahlreiche Gesetzentwürfe zur Lesung anstanden. Der Rat kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt den Inhalt dieses Entwurfs nicht beurteilen. Es wäre unangemessen, wenn sich die EU in das demokratische Verfahren eines Drittlandes einmischen würde. Bei Annahme des Gesetzentwurfs wird sich die EU zweifellos mit seinem Inhalt befassen, und sollte sich herausstellen, dass er gegen grundlegende demokratische Prinzipien, insbesondere die Kopenhagener Kriterien, verstößt, wird die EU natürlich nicht zögern, dieses Problem bei jeder sich bietenden Gelegenheit anzusprechen, insbesondere in den entsprechend dem Europa-Abkommen eingerichteten Organen. Der Rat verfolgt also die Entwicklung dieses Gesetzes genau und wartet weitere Informationen über die Debatte in der gesetzgebenden Versammlung der Slowakei ab. 3-273 Alyssandrakis (GUE/NGL). – (EL) Herr Ratspräsident! Die Antwort des Rates erinnert mich an jemanden, der von einem geplanten Verbrechen Kenntnis hat, nichts tut, um es zu verhindern, und sich vorbehält, den Täter nach der Tat zu verfolgen. Der entsprechende Gesetzentwurf hat bereits Einfluss auf das politische Leben des Landes insbesondere im Vorfeld der Wahlen im September, bei denen abzusehen ist, dass die Kommunistische Partei die Fünfprozenthürde überwinden und im Parlament vertreten sein wird. Es sei denn, der Rat betrachtet es nicht als Problem und sieht keine Verletzung der Menschenrechte darin, dass mit diesem Gesetz die politischen Auffassungen derjenigen kriminalisiert und mit einer Gefängnisstrafe von sechs 94 03/07/2002 Monaten bis zu drei Jahren bedroht werden, die ihrer Sympathie für den Kommunismus Ausdruck verleihen oder seine Verbrechen anzweifeln. Ich frage mich, ob eine solche Strafandrohung, eine solche Kriminalisierung nach Ansicht des Rates innerhalb oder außerhalb der Achtung der grundlegenden politischen Rechte liegt. 3-274 Haarder, Rat. – (DA) Ich möchte darauf hinweisen, dass wir einige sehr eindeutige Kriterien, die so genannten Kopenhagener Kriterien, festgelegt haben. Das sind die vorbeugenden Maßnahmen, nach denen hier gefragt wird. Diese Kriterien – und das ist bei jeder Gelegenheit gesagt worden – müssen von jedem eingehalten werden, der Mitglied der Europäischen Union werden will. Noch ist nur die Rede von einem Gesetzentwurf, und zwar von einem Gesetzentwurf in einem Drittland. Die Europäische Union muss die Situation beurteilen, falls der Gesetzentwurf mit oder ohne Änderungen beschlossen wird. Dann wird darüber entschieden, ob hier ein Widerspruch zu den Kopenhagener Kriterien vorliegt. Ich möchte heute im Namen des Rates an dieser Stelle kein Urteil abgeben. 3-275 Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Haarder, für Ihr heutiges ausgiebiges Mitwirken. Wir erwarten Sie zur Fragestunde im nächsten Monat nach den Ferien. Da die für die Fragestunde vorgesehene Redezeit erschöpft ist, werden die Anfragen Nr. 26 bis 53 schriftlich beantwortet.7 Die Fragestunde mit Anfragen an den Rat ist geschlossen.8 (Die Sitzung wird um 19.25 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen). 3-277 VORSITZ: JOAN COLOM I NAVAL Vizepräsident 3-278 Maschinen 3-279 Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A5-0216/2002) von Herrn Wieland im Namen des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (KOM(2000) 899 - C5-0035/2001 - 2001/0004(COD)). 3-280 Wieland (PPE-DE), Berichterstatter. - Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kollegen! Ich berichte heute für den Ausschuss für Recht und Binnenmarkt als Berichterstatter für eine sehr technische Richtlinie, die 7 Siehe Anhang "Fragestunde". Übermittlung von Gemeinsamen Standpunkten des Rates: siehe Protokoll. 8 Maschinen-Richtlinie. Der Ausschuss für Recht und Binnenmarkt hat sich in den letzten eineinhalb Jahren in insgesamt neun Sitzungen und Anhörungen mit diesem Thema befasst. Ich selber bin von Beruf Jurist - diese technischen Sachen sind für einen Juristen manchmal sehr unangenehm, aber wir müssen uns eben auch um diese technischen Dinge kümmern. Deshalb ist es eines der Anliegen der vorliegenden Änderungsanträge, dass wir jedenfalls beim gegenwärtigen Stand der Dinge und die Kommission möge uns dies nicht krumm nehmen - den Artikel bezüglich der Kommission und der Komitologie schlicht aus dem Vorschlag der Kommission streichen, weil wir nach wie vor die Komitologie für noch nicht ausreichend und noch nicht befriedigend geklärt halten. In meinem Land besitzt die Regierung Möglichkeiten, Rechtsvorschriften fortzuentwickeln. Aber die Kehrseite dieser Medaille ist die komplette Verantwortlichkeit der Kommission gegenüber dem Parlament. Diese Verantwortlichkeit zwischen Kommission und Parlament ist gegenwärtig noch nicht vorhanden, deshalb haben wir Schwierigkeiten, die Fortentwicklung von Rechtsvorschriften komplett und unkontrolliert der Zuständigkeit der Kommission zu überlassen, und haben deshalb die Streichung dieses Artikels beantragt. Ansonsten sind in dieser Richtlinie und in dem, über das morgen abgestimmt wird, sehr viele technische Details enthalten. Oftmals geht es dem Ausschuss für Recht und Binnenmarkt auch nur darum, die Struktur bestimmter Vorschriften zu verbessern, weil wir nicht den Eindruck haben, dass dies juristisch-handwerklich immer perfekt geregelt ist. Wir wissen auch, dass im Rat intensiv darüber diskutiert wird, wie die Definitionsfragen strukturiert werden. Über die einzelnen Definitionen gibt es treffliche Diskussionen. Wir haben uns im Ausschuss für Recht und Binnenmarkt nunmehr geeinigt. Ich habe den Eindruck, dass die Vorschläge des Ausschusses morgen weitgehend auf breite Zustimmung stoßen werden. Ich habe mich mit dem Schattenberichterstatter - Bill Miller, der nachher noch sprechen wird und dem ich auch sehr danke - ausführlich unterhalten, und ich glaube, dass die Position des Parlaments in der ersten Lesung weitgehend deutlich ist. Mir geht es noch um ein weiteres Anliegen, das sich auch in den Artikeln wiederfindet, aber noch präziser in den Erwägungsgründen. Ich habe bereits erwähnt, dass ich Jurist bin, aber als ich mich mit dieser Richtlinie auseinandergesetzt habe, habe ich zwischenzeitlich durchaus auch mal die Krise bekommen, weil dies alles sogar für einen Juristen manchmal sehr, sehr unverständlich und ein steiniger Acker ist. Wir müssen diese ganzen Dinge klarer regeln, damit unsere Kunden unsere Kunden sind die europäischen Verbraucher und die Rechtsteilnehmer in Europa - dies alles verstehen können. Deshalb wird in diesem Bericht letztendlich vorgeschlagen, dass wir eine Querschnitts-Richtlinie bilden, die übergeordnet CE-Richtlinie heißt und in der die Erteilung von CE-Kennzeichen, die Gestaltung von CE-Kennzeichnung, die Marktüberwachung, und 03/07/2002 anderes mehr klar geregelt sind. Unterhalb dieser Ebene eine allgemeine Produktsicherheits-Richtlinie, zusammen zwei überwölbende Richtlinien. Darunter dann die einzelnen Segment-Richtlinien über Niederspannung, über Maschinen, über medizinische Geräte, gegebenenfalls über Hochspannung und über anderes mehr. Es sollte nur noch in den SegmentRichtlinien gesagt werden, wir brauchen diese und jene Konformitätserklärung, oder wir brauchen eine Baumusterprüfung, oder wir brauchen schlicht eine Hinterlegung von entsprechenden Überprüfungen, die der Hersteller entsprechend vornimmt. Klarere Richtlinien, durchschaubarer für den Verbraucher, aber auch innerhalb der Richtlinie eine klarer strukturierte Form der einzelnen Elemente. 3-281 Pérez Álvarez (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. – (ES) Herr Präsident, meine Damen und Herren, Herr Kommissar! Vor kurzem ist die europäische Strategie für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz 2002-2006 vorgelegt worden. Wollten wir drei ihrer Grundzüge herausstellen, so würde ich wohl nicht fehl gehen, wenn ich die Notwendigkeit einer starken Bewusstseinsbildung erwähnte, die Förderung einer Kultur der Vorbeugung sowie die Notwendigkeit, Programme und konkrete Maßnahmen in kleinen und mittleren Unternehmen voranzutreiben und die demographischen Bedingungen zu berücksichtigen, unter denen diese Strategie umgesetzt werden soll. Ein viertes Grundelement ist die Horizontalisierung der Politikkonzepte zur Gesundheit am Arbeitsplatz. Dies hat viel mit dem Gegenstand unserer Debatte zu tun. Die Maschinen-Richtlinie findet praktisch auf alle Maschinen in der Europäischen Union Anwendung, auf feststehende oder bewegliche Maschinen sowie auf Maschinen für kommerzielle, industrielle oder private Zwecke. Als Verfasser der Stellungnahme habe ich mich darum bemüht, die diesbezüglichen Standpunkte von Unternehmern, Gewerkschaften, Vertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft, technischen und juristischen Beratern sowie aus dem Hochschulbereich kennen zu lernen. Die Änderungsanträge des Ausschusses für Beschäftigung zielten darauf ab, mit den Beiträgen aus dem gesellschaftlichen Dialog eine Gefährdung bzw. Abschwächung der Bestimmungen über Gesundheitsschutz und Sicherheit zu vermeiden, die notwendige Vereinfachung bestimmter Klauseln und Vorschriften zugunsten der Klarheit der Schutzbestimmungen herbeizuführen und diese sinnvollerweise an andere gemeinschaftliche Regelungen anzuknüpfen, insbesondere an die Rahmenrichtlinie 89/391/EWG. Durch eine Anpassung der einzelstaatlichen Vorschriften zu Gesundheit und Sicherheit kann so der freie Verkehr von Maschinen erleichtert werden, ohne dass das bestehende und zu fordernde Schutzniveau sinkt, und die spezifischen 95 Maßnahmen werden die Qualität der Arbeitsplätze verbessern, sofern die Maschinen sachgemäß bedient werden. Darüber hinaus wird die Haftung von Personen, die eine grundlegende Veränderung an einer Maschine vornehmen oder vornehmen lassen, eindeutig festgelegt. Sichere Maschinen und Einrichtungen plus Vorbeugung – das heißt Bewusstseinsbildung, Präventionskultur – gleich geringere Wahrscheinlichkeit, dass aus der Gefahr ein Unglück wird, und somit bessere Arbeitsplätze im Sinne der Strategie des Europäischen Rates von Lissabon. Der Berichterstatter hat gesagt, dass diese Maßnahmen Produktsicherheit gewährleisten werden. Gestatten Sie mir zu ergänzen, auch die Sicherheit der Beschäftigten im Besonderen sowie der Bürger im Allgemeinen. Die Sicherheit von Produkten beinhaltet und erfordert Sicherheit am Arbeitsplatz. 3-282 Harbour (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, im Namen der PPE-DE-Fraktion möchte ich Herrn Wieland herzlich begrüßen und ihm zu seinen umfangreichen und langwierigen Bemühungen gratulieren. Damit wurde sein Durchhaltevermögen getestet, und wie er bereits angemerkt hat, handelt es sich um einen komplizierten Fachbericht. Als Rechtsanwalt hat er lange damit gekämpft. Als Ingenieur muss ich sagen, dass auch ich meine Schwierigkeiten hatte. Nach reiflichen Überlegungen und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich hier um die erste Lesung handelt, möchte ich der Kommission heute Abend sagen, dass sie sich gemeinsam mit dem Rat noch ausführlicher mit diesem Sachverhalt befassen muss. Im Lichte der jüngsten Mitteilung von Herrn Prodi zur Vereinfachung und Verbesserung der Rechtsvorschriften ist dies ein Thema, mit dem sich die Kommission noch eingehender beschäftigen sollte. Denn wir benötigen vor allem eine Rechtsvorschrift, mit deren Hilfe der Binnenmarkt funktionieren kann und zudem, wie von Kolleginnen und Kollegen bereits angemerkt, konstant hohe Sicherheitsstandards für die Benutzer von Maschinen und Personen, die mit ihnen arbeiten, gewährleistet werden. Angesichts der Tatsache, dass es sich um eine technische Richtlinie handelt, muss ich die Kommission heute Abend darauf hinweisen, dass das Dokument des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt einige wichtige politische Signale enthält. Dazu gehört insbesondere ein Sachverhalt, mit dem Herr Miller und ich uns beschäftigt haben - ich weiß, dass er gleich darauf eingehen wird nämlich die Behandlung der einzelnen Kategorien von Aufzügen für Behinderte insbesondere in Privathäusern. Wir waren sehr beunruhigt, als wir im Entwurf feststellen mussten, dass diese wichtige Maschinenkategorie in der Richtlinie benachteiligt wird. Diese Art Maschinen leisten äußerst zufrieden stellende Dienste. Sie tragen deutlich zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen bei, weil sie in den eigenen vier Wänden installiert werden 96 können. Ich habe diese Einrichtungen begutachten können. Sie entsprechen sehr hohen Sicherheitsstandards. Wir müssen sicherstellen, dass sie auch weiterhin genutzt werden können. Es ist nicht Aufgabe dieser Richtlinie, zufrieden stellende Anlagen ohne jeglichen Beweggrund vom Markt zu nehmen. Wir fordern daher die Kommission dazu auf sicherzustellen, dass diese Maschinen in der Richtlinie angemessene Berücksichtigung finden. Es bedarf noch weiterer Bemühungen und einige Aspekte sind noch zu berücksichtigen. Lassen Sie noch darauf verweisen, dass wir den Aspekt des Binnenmarkts in den Vordergrund stellen müssen, vor allem was den Vorrang der CE-Kennzeichnung betrifft, da wir damit noch nicht vollständig zufrieden sein können. 3-283 Miller (PSE). – (EN) Herr Präsident, auch ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Wieland, meinen Dank aussprechen. Er hat sich lange und ausführlich mit dieser Angelegenheit beschäftigt. Wenn er als Rechtsanwalt und Herr Harbour als Ingenieur damit Schwierigkeiten hatten, dann hoffe ich, Sie haben ein wenig Verständnis für mich als Milchmann, denn mir ist es noch schwerer gefallen. Ich möchte auf eine Reihe von Bereichen eingehen und morgen einen mündliche Änderung zum Änderungsantrag 14 Ziffer 2 vorbringen, denn wir haben zwar „Seeschiffe“ aufgenommen, doch war ich so nachlässig, die „Binnenschiffe“ nicht zu erwähnen. Man hat mich und ich wiederum habe den Berichterstatter darauf hingewiesen, der einer Aufnahme mittels eines mündlichen Änderungsantrags zugestimmt hat, und ich hoffe, dass alle dafür stimmen werden. Lassen Sie mich nun auf die von Herrn Harbour erwähnten Aufzüge eingehen. Das Thema ist vielleicht nicht besonders fesselnd, aber es ist wichtig, denn diese Anlagen sind für Tausende von Menschen mit Behinderungen in ganz Europa eine große Hilfe. Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass sich in die englischsprachige Version ein Fehler eingeschlichen hat. Die in der englischen Fassung erwähnte Geschwindigkeit lautet „0,015 Meter pro Sekunde“, es sollte jedoch „0,15 Meter pro Sekunde“ heißen. Wenn man die Geschwindigkeit um ein Zehntel reduzieren würde, dann wären die Menschen tot, bevor sie ihr Ziel erreicht hätten. Diese Aufzüge sind schon langsam genug, machen wir sie nicht noch langsamer. Meine Kritik gilt in diesem Zusammenhang nicht der Kommission, denn nicht sie hat die technischen Feinheiten ausgeklügelt, die verhindern, dass diese Aufzüge unter diese Richtlinie fallen. Dies hat sich im Rahmen der Erörterungen im Ausschuss für Recht und Binnenmarkt ergeben. Die Kommission trifft hier keinerlei Schuld. Erneut gilt mein Dank dem Berichterstatter für die Annahme der von Herrn Harbour und mir vorgelegten Änderungsanträge, an denen wir 03/07/2002 lange Zeit gefeilt haben. Wie ich bereits anmerkte, ist dies für Tausende von Menschen von großer Bedeutung. Das also sind die beiden Bereiche, die ich für besonders relevant halte. Sie werden noch im Rat erörtert. Es scheint eine Blockade zu geben, und ich hoffe, dass diese Situation so schnell wie möglich geklärt wird, denn die Angelegenheit dieser beiden Arten von Aufzügen ist für zahlreiche Menschen von grundlegender Bedeutung. Wir wollen sie nicht enttäuschen. Bitte bemühen Sie sich so schnell wie möglich um eine Lösung. 3-284 Zappalà (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, auch ich möchte den Kollegen Wieland zu seiner ausgezeichneten Arbeit im Zusammenhang mit diesem Richtlinienvorschlag, dessen Inhalt sehr technisch ist, beglückwünschen. Und obwohl ich Ingenieur bin, fiel es auch mir nicht immer leicht, all seine Mechanismen zu verstehen. Im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag der Kommission tragen die vom Ausschuss für Recht und Binnenmarkt angenommenen Änderungsanträge dazu bei, den freien Warenverkehr in Europa zu erleichtern und die für die Verbraucher bestimmten Erzeugnisse sowie den Gesundheitsschutz zu verbessern. Letztendlich wird der Text dadurch klarer und die Fälschung des CE-Kennzeichens erschwert. Der Meinungsaustausch im Rechtsausschuss konzentrierte sich auf einige Fragen, von denen eine bereits genannt worden ist. Artikel 14 Absatz 3 der geänderten „Aufzugsrichtlinie“ enthielt einen Hinweis, der darauf abzielte, Hebeanlagen mit einer Fahrgeschwindigkeit unterhalb 0,15 m/s von deren Anwendungsbereich auszuschließen, um aufwändige Anpassungen von Anlagen mit geringem Risiko zu vermeiden. Zu diesen Anlagen gehören auch Aufzüge zur Beförderung von Personen mit eingeschränkter Beweglichkeit oder älteren Menschen. Der Rechtsausschuss hat zu Recht jene Änderungsanträge abgelehnt, die darauf gerichtet waren, strengere Parameter als von der Kommission vorgesehen für die Geschwindigkeit, Förderhöhe und Nutzung der Aufzüge durch bevollmächtigte Personen einzuführen. Eine Annahme dieser Änderungsanträge hätte den Gebrauch dieser Anlagen stark eingeschränkt und dazu geführt, dass viele der in öffentlichen Einrichtungen oder privaten Wohnhäusern unserer Länder bereits installierten Aufzüge nicht mehr betrieben werden dürften, ohne dass es dafür handfeste Gründe in Bezug auf die Sicherheit gäbe. Die Auswirkungen wären äußerst negativ gewesen. Eine solche Maßnahme hätte dazu beigetragen, dass der europäische Integrationsprozess bei den Bürgerinnen und Bürgern auf Ablehnung stößt. Die jetzige neue Formulierung der Bestimmungen von Artikel 24 des Richtlinienvorschlags betreffend die Besonderheiten gemäß Anhang 1 Nummer 7 in dem Bericht Wieland, wie sie geändert wurde... 03/07/2002 (Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.) 3-285 Vitorino, Kommission. - (EN) Herr Präsident, ich begrüße den Abschluss der ersten Lesung zur Änderung der Richtlinie über Maschinen. Mein besonderer Dank gilt dem Berichterstatter, Herrn Wieland, und dem Ausschuss für Recht und Binnenmarkt. Wie meine Vorredner bereits betont haben, besteht das Ziel dieses Vorschlags in einer Erhöhung der Rechtssicherheit durch die klarere Fassung des Anwendungsbereichs der Richtlinie sowie durch eine Beseitigung mehrdeutiger Formulierungen, die zu unterschiedlichen Auslegungen geführt haben. Gleichzeitig geht es darum, ein höchstmögliches Niveau an Gesundheitsschutz und Verbrauchersicherheit zu gewährleisten. Der Europäische Maschinenbausektor, der unter die Maschinenrichtlinie fällt, umfasst eine große Zahl von Produkten: Maschinen, mechanische Geräte und Baugruppen. Im Jahre 1998 wurden in diesem Sektor Waren im Wert von 300 Milliarden Euro produziert. In allen 15 Mitgliedstaaten beschäftigt er mehr als 2,2 Millionen Fachkräfte. Das Produktionsvolumen liegt über dem von Japan und konkurriert mit dem der USA. Die Europäische Union ist vor den USA und Japan der weltweit größte Exporteur von Maschinen und mechanischen Geräten. Die Erfahrungen der vergangenen 12 Jahre haben die Kommission zu der Zielsetzung bewogen, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren und gleichzeitig die Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften zu erleichtern, ohne dabei die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit außer Acht zu lassen. Darüber hinaus entspricht er den Empfehlungen der Expertengruppen, da er sich an einer Verbesserung der Rechtsetzung innerhalb des Binnenmarkts orientiert. Der Vorschlag und seine Auswirkungen waren Gegenstand ausführlicher Erörterungen mit zahlreichen Interessenvertretern. Ich möchte hervorheben, dass mit dem Vorschlag Verbesserungen in Bereichen erzielt werden sollen, die bei der Anwendung bisher Schwierigkeiten bereitet haben. Zahlreiche der vorgeschlagenen Änderungen tragen zu einer Verbesserung des Kommissionsvorschlags bei. Einige könnten in ihrer jetzigen Form in einen geänderten Vorschlag aufgenommen werden, während sich andere teilweise oder grundsätzlich übernehmen lassen. Einige der vorgeschlagenen Änderungen beziehen sich auf detaillierte, hochtechnische Fragestellungen, erbringen keinerlei neuen Nutzen und werden daher nicht in dem geänderten Vorschlag berücksichtigt. Andere wiederum befinden sich außerhalb des Anwendungsbereichs, den wir für die Maschinenrichtlinie als richtig erachten. 97 Was Änderungsantrag 5 zu Jahrmarktgeräten betrifft, so ist sich die Kommission dieses Problems bewusst, und wir beabsichtigen, eine diesbezügliche Studie in die Wege zu leiten. Derzeit bereiten wir eine Kommissionsmitteilung zur Funktionsweise dieses neuen Konzepts vor, die im kommenden Herbst veröffentlicht werden soll. Das neue Konzept im Bereich der technischen Harmonisierung und Standardisierung sieht den freien Warenverkehr und ein hohes Niveau an Gesundheits-, Verbraucher- und Umweltschutz vor. Wir wollen uns nicht in die allgemeine Debatte zur Komitologie einmischen, sondern uns auf die praktische Anwendung der vor uns liegenden Richtlinie konzentrieren. Daher ziehen wir es vor, die Diskussion zu Themen, die sich auf die ca. 20 Richtlinien des neuen Konzepts beziehen, bis zu der von mir bereits angekündigten Mitteilung zurückzuhalten, um einen einheitlichen Ansatz zu gewährleisten. Die praktische Anwendung der derzeitigen Maschinenrichtlinie hat gezeigt, dass ein Regelungsausschussverfahren zur Lösung technischer Fragen erforderlich ist, mit dem die demokratische Kontrollfunktion des Europäischen Parlaments nicht verletzt wird. Darüber hinaus sind wir auch grundsätzlich der Ansicht, dass, wie in Änderungsantrag 13 vorgeschlagen, künftig konsolidierte Veröffentlichungen von Rechtstexten sichergestellt werden sollten. Dieser Änderungsantrag geht jedoch über den Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie hinaus, so dass wir ihn aus rechtlichen Gründen nicht annehmen können. In der Praxis werden die konsolidierten Texte geänderter Richtlinien in den meisten Fällen auf die Website der Kommission gestellt, und dies wird auch bei der geänderten Aufzugrichtlinie der Fall sein. Demgemäß lautet der Standpunkt der Kommission zu den Änderungsanträgen wie folgt. Vollständig oder teilweise annehmen kann die Kommission die Änderungsanträge 2, 3, 14 bis 18, 23, 27, 42, 45, 47, 49, 56, 57, 59, 63, 66, 69, 72, 74 bis 76 und 80. Grundsätzlich kann sie Änderungsanträge 22, 30, 41, 51, 61, 62 und 64 annehmen. Nicht annehmen kann sie schließlich alle weiteren Änderungen: die Änderungsanträge 1, 4 bis 13, 19 bis 21, 24 bis 26, 28, 29, 31 bis 40, 44, 48, 50, 55, 58, 60, 65, 67, 70, 71, 73, 77 bis 79, 82 und 83. 3-286 Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.9 3-287 Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit 3-288 Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A5-0189/2002) von Herrn 9 Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll. 98 Ceyhun im Namen des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten über den Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (KOM(2001) 664 C5-0689/2001 - 2001/0270(CNS)). Herr Ceyhun, der Berichterstatter, hat sich für seine Abwesenheit entschuldigt und wird von Herrn Evans vertreten. 3-289 Evans, Robert (PSE), in Vertretung des Berichterstatters. – (EN) Herr Präsident, zunächst einmal möchte ich mich beim Europäischen Parlament im Namen von Herrn Ceyhun entschuldigen, der in Deutschland festsitzt und daher nicht hier sein kann. Deshalb ist es mir eine Freude, seinen Bericht an seiner Stelle vorzustellen. Ich möchte mich über Sie, Herr Präsident, bei Herrn Ceyhun dafür bedanken, dass er mir, der ich kein deutscher Muttersprachler bin, kurze Anweisungen auf deutsch geschickt hat, auf die ich mich heute Abend stützen werde. Ich begrüße diesen sehr ambitionierten und lang ersehnten Bericht: ein Bericht, den das Parlament seit langer Zeit gefordert hat. Darüber hinaus möchte ich Herrn Vitorino meine Anerkennung aussprechen, denn dieser Bericht zeigt ganz klar, mit welchen hohen Maßstäben und mit wie viel Einsatz er an diesen Sachverhalt herangeht. Wir Abgeordneten – sowie ganz sicher die Mitglieder meines Ausschusses – sind ihm für seine umfangreichen Bemühungen sehr dankbar. Dieser Bericht ist zudem sehr aktuell und kommt zur rechten Zeit. Wir mussten erleben, dass Rechtsextremismus und Populismus einen Aufschwung erfahren haben. Le Pen hat in Frankreich ein hohes Wahlergebnis erzielen können, und vergleichbare Entwicklungen sind in anderen Ländern zu beobachten. Dort, wo Rechtsextreme sind, lassen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht lange auf sich warten, und wir müssen ein wachsames Auge darauf haben. Den Kolleginnen und Kollegen wird bekannt sein, dass Fragen des Asyls und der Einwanderung derzeit in Europa ebenfalls Beunruhigung hervorrufen. Mit zahlreichen Horrorgeschichten verbreitet die Presse falsche Informationen unter ihren Lesern. Mit diesem Bericht soll eine eindeutige Definition von Rassismus und Fremdenhass sowie strafbaren Handlungen geliefert werden. Unsere Fraktion und der Ausschuss haben die Bemühungen der Kommission zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften begrüßt. Der Berichterstatter weist ebenfalls auf die Bedeutung des Schutzes der freien Meinungsäußerung sowie des Erfordernisses des Schutzes von Minderheiten und anderen Gruppen hin. Wir müssen sicherstellen, dass neue Rechtsvorschriften auf keinen Fall diesen bedeutenden europäischen Grundrechten im Wege stehen. 03/07/2002 Was die Strafen für eine Überschreitung dieser Rechtsvorschriften betrifft, so müssen sich die einzelnen Regierungen mit den vorliegenden Empfehlungen auseinander setzen, die in der Spanne von sechs Monaten für einige Straftaten bis zu zwei Jahren für andere Straftaten liegen. Dies müssen wir als Mindestanhaltspunkte – als kleinste gemeinsame Nenner – betrachten und die Mitgliedstaaten dazu auffordern, mehr zu unternehmen. Herr Ceyhun geht in seinem Bericht außerdem auf die wachsende Nutzung des Internet ein, das sich nicht auf Europa beschränkt, sondern weltweit zugänglich ist und keine Grenzen kennt. Die Internetanbieter tragen diesbezüglich eine große Verantwortung für ihre Websites, Nutzer und Inhalte. Dies bedeutet nicht, dass sie immer für alles verantwortlich sein müssen, das auf ihren Seiten geschieht, doch sie müssen für die Bereitstellung rassistischer und fremdenfeindlicher Inhalte zur Verantwortung gezogen werden. Die Frage, ob eine Strafverfolgung möglich ist, gestaltet sich dagegen komplizierter - dem Kommissar wird dies in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt bekannt sein -, wenn konkrete Opfer fehlen. Vielleicht könnten die Mitgliedstaaten dafür verantwortlich zeichnen, da einige von ihnen nicht damit zufrieden sind. Ich möchte mich nun der Herstellung, Verbreitung und dem privaten Besitz von rassistischem und fremdenfeindlichen Material zuwenden. Der Berichterstatter hat sich mit allen Möglichkeiten eingehend beschäftigt. Wir müssen unmissverständlich deutlich machen, dass die Herstellung und Produktion von solchem Material einen Straftatbestand darstellt. Jedoch wird sich der private Besitz derartiger Materialien in vielen Fällen als nicht strafbar erweisen, was auch wünschenswert wäre, denn es würde die Menschen davon abhalten, z. B. alte Bücher, Fotos und anderes historisches Material aufzubewahren, das in großen Mengen vernichtet werden müsste. Der Berichterstatter will mit Hilfe von Europol und Eurojust die bestehenden Strukturen in Zusammenarbeit mit den Justizorganen der einzelnen Mitgliedstaaten stärken. Ich bin mir sicher, dass der Austausch von Daten bei der Umsetzung dieses Rahmenbeschlusses hilfreich sein wird. Der Berichterstatter bittet die Kommission um regelmäßige Fortschrittsberichte zum Fortgang ihrer Bemühungen, was bereits gängiger Praxis entspricht. Dieser Rechtsakt stößt überall in Europa, in allen Fraktionen im Ausschuss sowie bei zahlreichen europäischen NRO auf große Unterstützung. Er kommt zur rechten Zeit. Ich freue mich, dass sich die Kommission so ausführlich damit beschäftigt hat, und hoffe sehr, dass das Parlament dem Bericht morgen seine volle Unterstützung zuteil werden lässt, damit wir in unserem Vorgehen gegen rassistische und fremdenfeindliche Inhalte vorankommen und tatsächliche Fortschritte erzielen können. 03/07/2002 3-290 Hermange (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, der Vorschlag, der uns heute von der Kommission unterbreitet wurde, verfolgt ein zweifaches Ziel: einerseits soll erreicht werden, dass rassistisches und fremdenfeindliches Verhalten in allen Mitgliedstaaten wirklich unter Strafe gestellt wird, und andererseits soll die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden im Hinblick auf derartige Straftaten ausgebaut werden. Vor dem politischen Hintergrund, wie er sich in einigen Mitgliedstaaten darstellt, kommt dieser Vorschlag wie gerufen. Die Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit stellt übrigens in ihrem letzten Bericht fest, dass das Ausmaß rassistischer Gewalt, antisemitischer Übergriffe und rassistischer Drohungen und Einschüchterungsversuche in Frankreich, Deutschland, Spanien, Schweden und im Vereinigten Königreich im Jahr 2000 wesentlich angestiegen ist. Laut Bericht stieg der Prozentsatz rassistischer Straftaten in Deutschland innerhalb eines Jahres im Vergleich zu 1999 um 33 % an, während sich die Anzahl rassistischer Gewalttaten und rassistischer Übergriffe im Zeitraum 1999-2000 im Vereinigten Königreich verdoppelt hat. Diese Zahlen müssen uns Mahnung sein, wie es bereits die Wahlergebnisse in Frankreich waren. Darüber hinaus steht zu befürchten, dass die internationale Lage zu einer Zunahme solcher Akte führt. Die Europäische Volkspartei begrüßt folglich den Vorschlag für einen Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und schlägt zugleich Veränderungen vor, die ihn unserer Meinung nach besser verständlich machen und seine Anwendung erleichtern. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf verweisen, dass den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung und Anwendung dieses Rahmenbeschlusses unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips einen großen Ermessensspielraum haben müssen, und dass es insbesondere noch zu beachten gilt, dass der Beschluss nicht ausschließt, dass die Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften einführen oder aufrechterhalten, die im Rahmen des Strafrechts ein höheres Schutzniveau gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gewährleisten. Ferner unterstützen wir die auf Initiative meines Kollegen Lehne eingereichten Änderungsanträge, mit denen der Anwendungsbereich des Beschlusses genauer bestimmt und klar und deutlich darauf verwiesen wird, dass dieser für Straftaten gilt, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats begangen werden, zugleich aber auch für Straftaten unabhängig vom Tatort, soweit sie von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats begangen worden sind. Schließlich erscheint mir auch wichtig, darauf zu verweisen, dass erschwerende, eine Verschärfung der Strafe rechtfertigende Umstände auch auf Fälle ausgedehnt werden sollten, in denen das Opfer minderjährig ist, oder sich die Tat oder die Person, die 99 die Straftat begangen hat, an ein besonders leicht zu beeinflussendes Publikum, etwa Kinder, wendet. Ich möchte noch hinzufügen, dass meine Fraktion den Änderungsantrag 12 unterstützen, jedoch nicht für die Änderungsanträge 24 und 25 stimmen wird. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, und ich danke Ihnen, Herr Kommissar, dass Sie diese rechtlich, aber auch politisch sehr bedeutsame Angelegenheit vor das Parlament gebracht haben. 3-291 Zrihen (PSE). – (FR) Herr Präsident! Herr Kommissar! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der eigentlich erfreuliche Umstand, dass die Nutzung digitaler Netze sowie des Internets fortschreitet und an Einfluss gewinnt, bietet aber auch rassistischen und fremdenfeindlichen Botschaften neue Verbreitungsmöglichkeiten, die zudem noch gefördert werden durch das Gefühl, dass aufgrund des vermeintlich virtuellen Charakters einer im Web begangenen Straftat negative Folgen nicht zu erwarten sind. In der Tat bietet das Internet ein öffentliches Forum für Meinungsäußerungen von jedermann. Manche jedoch scheinen vor ihrem Computer die öffentliche Dimension ihrer Äußerungen oder Handlungen und die damit zwangsläufig einhergehende Verantwortung zu vergessen. Die internationale Dimension, die Vielzahl der Provider und die Anonymität haben offenkundig den Eindruck begünstigt und verstärkt, dass der virtuelle Raum eine Art extraterritorialen, rechtsfreien Raum bildet. Aber auch wenn es sich um einen virtuellen Raum handelt, so bleibt die Verantwortung dennoch real. Wenn das Internet ein Instrument der freien Meinungsäußerung sein und auf die entsprechenden Rechte und den Raum Anspruch erheben will, so versteht sich von selbst, dass es auch allen Pflichten unterliegt. Und wenn dieses grenzüberschreitende Instrument zur Emanzipation der Gesellschaft und ihrer „Cyberbürger“ beitragen will, so darf es keinesfalls die Lücken aufgrund mangelnder Koordinierung der nationalen Politiken ausnutzen, um das eigentliche Ziel zu beeinträchtigen, das sich die Europäische Union gestellt hat, nämlich ein Raum des Friedens, der Gerechtigkeit und der Sicherheit zu sein. Danke für diesen Vorschlag, Herr Kommissar. Genau das soll im Bericht vermittelt werden. Es geht also nicht darum, Anweisungen zu geben, sondern diesbezügliche Anregungen zu vermitteln. 3-292 Schmidt, Olle (ELDR). (SV) Herr Präsident, Herr Kommissar! Im Namen der Fraktion der Liberalen begrüße ich diesen Vorschlag, der die Bekämpfung von wachsender Fremdenfeindlichkeit und zunehmendem Rassismus in Europa mit Hilfe des Gesetzes zum Ziel hat. Diese düstere Entwicklung steht im direkten Widerspruch zu den Grundwerten der Europäischen Union: Freiheit, Demokratie, Wahrung der 100 Menschenrechte und Rechtssicherheit. Ich finde, der Kollege Ceyhun verdient eine Eloge für seine vorzügliche Arbeit. Es ist wichtig, innerhalb der EU gemeinsam eine Verbesserung des Schutzes derjenigen anzustreben, die fremdenfeindlichen und rassistischen Angriffen ausgesetzt sind, dafür zu sorgen, dass die Schuldigen bestraft und die Lücken in der Gesetzgebung geschlossen werden. Unterschiede in der Gesetzgebung der einzelnen Mitgliedstaaten sollen nicht von Straftätern ausgenutzt werden können. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit müssen auf breiter Front bekämpft werden, was im vorliegenden Bericht getan wird. Kriminelle Handlungen müssen bestraft werden und solche, die aus Fremdenfeindlichkeit und Rassismus begangen werden, noch härter. Rassismus muss bei der Festlegung des Strafmaßes einen erschwerenden Umstand darstellen. Es ist höchste Zeit, dass wir von Seiten des Europäischen Parlaments und der Institutionen der Europäischen Union ein klares und deutliches Signal geben, dass wir rassistische Schandtaten in unserem Europa nie akzeptieren werden. Wir müssen mit demokratischen Mitteln alle bekämpfen, die ihre Bürger zu Verbrechen aufwiegeln. Unser Europa soll ein sicherer Platz für alle sein, unabhängig von ethnischer Identität, Rasse, Glauben oder sexueller Orientierung. Das ist gegenwärtig nicht der Fall. Wir wissen, dass in Europa heute viele um ihr Leben fürchten, um die Sicherheit ihrer Familien. Sie wollen das Haus nicht verlassen, fühlen sich bedroht. Das ist völlig inakzeptabel. Unser Wille, eine Gesellschaft für alle – ohne Rassismus und Fremdenfeindlichkeit – zu schaffen, ist vielleicht nur ein Traum, aber ein wichtiger. Er darf indes nicht zu einer Einschränkung des Rechts jedes Einzelnen auf freie Meinungsäußerung in Wort und Schrift führen, das in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist. Aus diesem Grunde hoffe ich auf Ihre Unterstützung für unsere Änderungsanträge 24 und 25, die die Meinungsfreiheit von Journalisten, Künstlern und anderen verteidigen. Die Meinungsfreiheit ist von grundlegender Bedeutung und darf im Prinzip nie eingeschränkt werden. In einigen Mitgliedstaaten, darunter in meinem eigenen, sind sowohl die Meinungs- als auch die Pressefreiheit in der Verfassung verankert. Natürlich dürfen wir niemals zulassen, dass andere Menschen bedroht oder beleidigt werden, besonders nicht aus rassistischen Gründen. Doch es ist auch nicht sicher, dass eine Strafbarkeit in jedem Falle das Richtige ist. Hier handelt es sich um eine Gratwanderung und ich finde es wichtig, die dunklen Mächte beim Namen zu nennen, denn wenn sie das Tageslicht erblicken, können wir sie bezwingen. Aus diesem Grunde bin ich nicht ganz frei von Zweifeln bezüglich einiger Vorschläge von Herrn Ceyhun, die ein Verbot der Verbreitung fremdenfeindlichen Materials 03/07/2002 beinhalten und in der Praxis eine Kriminalisierung der Mitgliedschaft in bestimmten Organisationen ermöglichen. Meine diesbezüglichen Zweifel und Bedenken tun indes meiner vorbehaltlosen Unterstützung der Vorschläge Ceyhuns keinen Abbruch. 3-293 Sylla (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kommissar! Es trifft zu, dass dieser Bericht in einer Situation vorgelegt wird, da überall in Europa populistische und fremdenfeindliche Wahlergebnisse zunehmen, die das Mark unseres Kontinents zu vergiften drohen. Alle Berichte, seien sie von Institutionen, NRO oder der Wiener Beobachtungsstelle erstellt, verweisen auf das Fortbestehen bzw. die Zunahme rassistischer Gewalt. Ich persönlich begrüße es, dass der Berichterstatter mit seiner Auffassung, Rassismus sei keine Sache der Anschauung, eines klarstellt: Beleidigungen oder Erniedrigungen haben nichts mit Meinungsfreiheit zu tun, es handelt sich dabei schlicht und einfach um Straftaten. Man äußert „ich mag keinen Pudding“ nicht auf die gleiche Weise wie „ich mag keine Araber“. Man ist sich sehr wohl bewusst, dass das nicht die gleichen Folgen hat. Viel wichtiger, als lediglich einzelne Personen oder Handlungen zu bestrafen, ist es, diejenigen in die Verantwortung zu nehmen, die Menschen ideologisch rüsten, die dann zur Tat übergehen. Unter diesem Gesichtspunkt sind die zum Internet angestellten Überlegungen sehr interessant. Wir wissen alle, dass man heutzutage über jenes einzigartige Kommunikationsmittel, welches das Internet darstellt, revisionistische Zeitschriften bestellen, das Dritte Reich glorifizierende CDs kaufen, den Antisemitismus anstacheln und seit dem 11. September im Namen der Meinungsfreiheit ganze Foren nutzen kann, um antiarabischen und islamfeindlichen Hass zu verbreiten. Das darf nicht hingenommen werden. Meiner Ansicht nach darf im Konzept für die Erweiterung Europas und die friedliche Koexistenz zwischen den Völkern des alten Kontinents die Sensibilisierung der Jugendlichen gegen den Rassismus nicht fehlen. Der Verfassungsrat in Frankreich hat kürzlich entschieden, der Vereinigung SOS Rassismus das Recht einzuräumen, ganz legal „Tests“ vorzunehmen, um Besitzern von Nachtclubs auf die Spur zu kommen, die bestimmten Jugendlichen keinen Einlass gewähren. Dies ist ein nachahmenswertes Beispiel. Ich möchte schließen und Ihnen, Herr Kommissar und Herr Präsident, sagen, dass dieser Bericht - so sehr ich es auch bedaure, dies sagen zu müssen - dennoch scheitern wird, solange keine wirtschaftlichen und sozialen Rechte ... (Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.) 3-294 Boumediene-Thiery (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sorge 03/07/2002 bezüglich der Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ist für unsere Institutionen nicht neu. Schon mehrfach wurde der Kampf gegen den Rassismus in unserem Plenum erörtert. Heute verfügen wir über eine Europäische Beobachtungsstelle und über Artikel 13 EG-Vertrag, in dem die Zuständigkeit der Union im Bereich der Bekämpfung von Diskriminierungen verankert ist. Darüber hinaus verfügen die europäischen Länder über nationale Rechtsvorschriften zur Bekämpfung des Rassismus. Andererseits aber traten rassistische Diskriminierungen im realen Leben noch niemals in so zugespitzter Form auf. Als Beleg dafür möchte ich den Bericht der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit anführen, in dem das Wiederaufleben von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, darunter der „Islamfeindlichkeit“ bestätigt wird, was darin zum Ausdruck kommt, dass rechtsextreme Kräfte einen Besorgnis erregenden Zulauf verzeichnen. Ziel des Vorschlags des Rates zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, um den es hier geht, ist es, bereits bestehende Rechtsmittel zu stärken und zu ergänzen. Andererseits ist es außerordentlich bedauerlich, ein weiteres Mal feststellen zu müssen, dass die Vergemeinschaftung der Straftaten und der Strafen auf den kleinsten gemeinsamen Nenner ausgerichtet wird. Wie kann man gewährleisten, dass diese Straftaten in allen Mitgliedstaaten auf die gleiche Art und Weise bekämpft werden, wenn keine einheitlichen Definitionen vorliegen? Man könnte sich fragen, ob es wirklich Ziel dieses Vorschlags ist, den Rassismus zu bekämpfen, oder eher das Gewissen zu beruhigen. Wenn man nicht bereit ist, den Stier bei den Hörnern zu packen, bietet man den Rassisten und jenen, die den Rechtsextremisten in die Hände arbeiten oder Populismus und demagogische Gleichsetzungen zu Wahlkampfzwecken missbrauchen, das Recht auf Straffreiheit. Vergessen wir nicht, dass die Bekämpfung des Rassismus nicht nur den Schutz von Ausländern beinhaltet, sondern auch den Schutz unserer demokratischen Werte - der Menschenrechte und Grundfreiheiten als Grundfesten für den Aufbau der Union. Abgesehen davon, weshalb sollten die Staaten aus der Umsetzung dieses Beschlusses ausgeklammert werden, da doch genau bekannt ist, dass es institutionellen Rassismus gibt, der mit größter Konsequenz bekämpft werden muss? Dieser institutionelle Rassismus, der sich in einem ganzen Bündel sozialer, wirtschaftlicher, beruflicher, kultureller und politischer Ausgrenzungen offenbart, beruht auf ethnischen und religiösen Motiven sowie auf dem Grundsatz der nationalen Präferenz, an dessen Stelle nunmehr die europäische Präferenz tritt. Um den Rassismus im alltäglichen Leben besser bekämpfen zu können, genügt es nicht, Rechtstexte zu verabschieden. Wir sind der Überzeugung, dass die Bekämpfung aller Formen des Rassismus allein durch gleiche Rechte - einschließlich politischer Rechte - für alle Bürger, unabhängig von ihrer Nationalität, möglich wird, indem durch die Ausübung der bürgerlichen 101 Rechte das erforderliche politische Kräfteverhältnis entsteht. Leider geht dieser Rahmenbeschluss nicht so weit. Dennoch müssen wir jede Initiative unterstützen, durch die die menschliche Würde in den Mittelpunkt der Gestaltung der Europäischen Union gerückt wird, zu der auch die Bekämpfung des Rassismus gehört. 3-295 Borghezio (NI). – (IT) Herr Präsident, ich ergreife das Wort, um einige Änderungsanträge zu unterstützen, aber auch, um Lösungsmöglichkeiten für einige schwer wiegende Versäumnisse zum Thema Rechte der Völker und Volksgruppen aufzuzeigen. Kraft des Subsidiaritätsprinzips gilt es, jenes Bündel von Änderungsanträgen anzunehmen, denen zufolge die Entscheidung, wie die strafrechtliche Verfolgung durchgeführt wird, auf jeden Fall den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen bleiben muss. Es gibt nämlich einen festen Grundsatz, den das Europäische Parlament insbesondere in einem so heiklen Bereich nie aus den Augen verlieren darf, und zwar, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung des Rassismus nie dazu führen dürfen, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Vereinigungsfreiheit oder die Meinungsfreiheit, die in Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert sind, missachtet werden. Dass diese Sorge, die ich hiermit bekunde, wohl begründet ist, zeigt der aktuelle Fall eines Gerichtsverfahrens, das eine angeblich antirassistische Bewegung in Frankreich angestrengt hat, um das Verbot des von der italienischen Schriftstellerin Oriana Fallaci verfassten Buches „Wut und Stolz“ in Frankreich zu beantragen. Einmal abgesehen von jeder inhaltlichen Betrachtung zu diesem Buch – das in Italien, einem nicht rassistischen Land, einen enormen Verlagserfolg hatte – ist dennoch eine grundlegende Frage noch offen: Es besteht nämlich die Gefahr, dass die so genannten antirassistischen Bestimmungen zu Zwecken der politisch-ideologischen Zensur und der Beeinträchtigung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung, das als ein Grundprinzip der Europäischen Union gewährleistet ist, missbraucht werden. Nach Auffassung des Berichterstatters sollen die Mitgliedstaaten Straftaten ihrer eigenen Staatsangehörigen auch dann bestrafen, wenn diese nicht im eigenen Staatsgebiet begangen worden sind. Meines Erachtens liegt es hingegen auf der Hand, dass es so zu einer Einmischung eines Staates in die Rechtsordnung eines anderen Staates kommen kann, indem dessen Souveränität ungebührend eingeschränkt wird. Außerdem gibt es in Europa ganze Völker, Gruppen sowie sprachliche und religiöse Minderheiten, die auch innerhalb von Mitgliedstaaten, die von sich behaupten, die freiheitlichen Werte zu wahren, gerade hinsichtlich dieser Grundrechte keinerlei Schutz genießen. Oder ist es vielleicht kein Rassismus, den Gebrauch der Muttersprache vor Gericht zu verbieten bzw. zu unterdrücken, Straßenschilder in der Lokalsprache abzubauen – wie es dieser Tage in der Stadt Bergamo geschah – oder den Unterricht in der Muttersprache und in Heimatgeschichte an den Schulen zu verweigern, wodurch nicht nur eine gravierende Diskriminierung aus 102 ethnischen Gründen, sondern auch ein regelrechter kultureller Völkermord begangen wird? Der Staatsrassismus geht in einigen Fällen, wie gegenwärtig gegenüber der bretonischen Unabhängigkeitsbewegung, sogar so weit, das Grundrecht auf Verteidigung oder das ebenfalls in Frankreich gesetzlich verankerte Recht auf freien und kostenlosen Zugang zu Prozessunterlagen zu verweigern, was ich in einer Anfrage an den Rat kritisiert habe. Ebenso muss der Anwendungsbereich in Bezug auf strafbare Handlungen des öffentlichen Leugnens klar abgegrenzt werden, indem spezifiziert wird, dass das Leugnen mit rassistischer oder fremdenfeindlicher Absicht erfolgt und drohend, erniedrigend oder beleidigend ist. Auf diese Weise werden der ungehinderte Verkehr von historischen Texten und Dokumenten und insbesondere die Freiheit der wissenschaftlichen und historischen Forschung und Arbeit besser gewahrt. Die Grenze zwischen diesen Handlungen und dem Leugnen und Verharmlosen kann nämlich manchmal sehr dünn sein, doch sie existiert, und unsere liberale Kultur gebietet uns, die vollständige Freiheit der Geschichtsforschung und der Meinungsäußerung zu gewährleisten. 3-296 Santini (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, wir reden hier über einen sowohl ersehnten als auch heiklen Bericht, der jedoch, wenn er mit einigen vom EP eingereichten grundlegenden Änderungen angenommen wird, wirklich dazu beitragen kann, ein schwer wiegendes Problem zu lösen. Auf jeden Fall wird er uns dabei helfen, in unserem Engagement zur Bekämpfung jedweder diskriminierenden Haltung gegenüber Personen aus Gründen der Rasse, Religion oder einer anderen Staatsangehörigkeit einen Schritt voranzukommen. Ziel ist es, gemeinsame Aktionen der Mitgliedstaaten auf den Weg zu bringen, die sich bemühen, das Problem auf eine maximal koordinierte Weise anzugehen, um insbesondere zu vermeiden, dass in verschiedenen EUStaaten begangene strafbare Handlungen dann zu unterschiedlich und uneinheitlich beurteilt und geahndet werden. Im ersten Teil des Berichts wird versucht, eine möglichst präzise Definition der rassistischen oder fremdenfeindlichen Straftaten zu geben. Hierzu möchte ich den Herrn Kommissar auf den wertvollen Beitrag von Änderungsantrag 12 hinweisen, dem die einzelnen Begriffe zu entnehmen sind, um in diesem Rahmen eine unnütze Hexenjagd, zu der es leicht kommen kann, wenn von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gesprochen wird, zu vermeiden, gleichzeitig jedoch Haltungen, die wirklich rassistisch oder fremdenfeindlich sein könnten, nicht zu unterschätzen. Sodann werden in dem Bericht gemeinsame Mindestsanktionen sowohl gegen natürliche als auch gegen juristische Personen umrissen. Vor allem aber ist dieser Bericht zeitgemäß, weil er sowohl die im Alltag der Bürgerinnen und Bürger geschehenden als auch die virtuellen, d. h. die tagtäglich über das Internet begangenen Straftaten berücksichtigt. Interessant ist der 03/07/2002 Passus, in dem dargestellt wird, dass Rassismus in bestimmten Fällen, d. h. bei Straftaten unterschiedlichen Ursprungs und Charakters, als erschwerender Umstand hinzutritt. Schließlich muss, um diese Ziele zu erreichen, die justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bewusst verstärkt werden. Es handelt sich um eine neue Initiative, die andere, bereits früher eingeleitete Aktionen fortführt und auf einer Gemeinsamen Maßnahme aus dem Jahr 1996 basiert. Hoffen wir, dass diese „Mutterinitiative“ künftig noch mehr solche „Tochterinitiativen“ wie diesen Bericht hervorbringen möge. 3-297 Marinho (PSE). – (PT) Herr Präsident! Wir alle wissen ja, wie einfach rassistische und fremdenfeindliche Verhaltensweisen von den Migrationserscheinungen ausgelöst werden, mit denen Europa konfrontiert ist. Dieser bequeme Weg, der im Bewusstsein der Bürger unterschwellig Einwanderung mit Gewalt gleichsetzt, öffnet Tür und Tor für rassistische und fremdenfeindliche Entartungen, höhlt heute die Grundlagen eines staatsbürgerlichen Zusammenlebens in Europa aus und bringt Populisten in Machtpositionen. Währenddessen zerfällt Europa, dieser Mehrwert, der dazu beitragen kann, ein gemeinsames Problem zu lösen, in nationalistische und polizeiliche Barrieren, die jeder einzelne Staat für sich errichtet, im Grunde Sandburgen, die einstürzen, sobald ein schärferer Wind bläst. Aus all diesen Gründen ist auf die wahrhaft europäische Bedeutung dieses Rahmenbeschlusses hinzuweisen, mit dem die strafrechtliche Verfolgung der Verbrechen des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit auf europäischer Ebene festgelegt werden soll, die ja bisher entweder durch internationales oder durch innerstaatliches Recht der Mitgliedstaaten geregelt ist, ein Netz mit zu weiten Maschen, durch das die Straftäter entkommen. Herr Präsident! Europa kann sich nicht schützen, wenn es politisch untätig bleibt, nur redet ohne zu handeln oder es sich gegenüber den Wählern in verantwortungsloser Weise ganz einfach macht und sagt, dass die anderen schuld seien. Europa schützt sich mit Gesetzen, Sanktionen und Gerichten. Darum, Herr Kommissar, befürworten wir diese Initiative und erwarten, dass sie vom Rat auf jeden Fall zügig angenommen wird. 3-298 Schröder, Ilka (GUE/NGL). – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn der Bericht das Versprechen, das er mit dem Titel gibt, einhalten würde, täte ich nichts lieber als zuzustimmen. Ich möchte kurz begründen, warum er das genau nicht tut. Stichwort Internet. Es ist bereits im Internet alles illegal, was auch offline illegal ist. Dieses Faktum scheint sich in diesem Hause nicht herumgesprochen zu haben. Es ist anderen Fraktionen zu verdanken, dass Provider wirklich nur dann bestraft werden können, wenn sie von illegalen Inhalten auf ihren Websites 03/07/2002 wissen. Der Berichterstatter hat alles dafür getan, um das Internet insgesamt zu kriminalisieren. Hier, finde ich, zeigt sich wunderbar die wirkliche Intention des Berichterstatters. Zweiter Punkt: In dem Bericht wird der Ansatz verfolgt, dass man vor allen Dingen das bestraft, was gedacht wird. Auf Taten wird weniger eingegangen. Dadurch kommen wir davon weg, hate crime zu bestrafen, nämlich das, was wirklich auf rassistischer Motivation beruht, und gehen in Richtung von mind policing. Das führt zu mehr Zensur, zu weniger Presse- und Redefreiheit. Das kann man doch nicht unterstützen! Letzter Punkt: Antirassismus, so wie es hier steht, würde bedeuten, die Lebensbedingungen von Migrantinnen und Migranten konkret zu verbessern. Was macht der Bericht? Der Bericht geht nicht gegen institutionellen Rassismus vor, wo Eurodac nur die Spitze des Eisberges ist, nicht gegen ökonomischen Rassismus und nicht gegen den puren Rassismus, der in Sevilla genau nochmal beschlossen wurde, nämlich die Festung EU nicht nur auszubauen, sondern eben so weit zu gehen, dass man Drittstaaten direkt im Würgegriff hält. Deswegen kann man diesen Bericht als Antirassist überhaupt nicht ernst nehmen. 3-299 Coelho (PPE-DE). – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir beglückwünschen den Kollegen Ozan Ceyhun, und bedauern zugleich die wachsende Zahl rassistischer Vorfälle in den europäischen Ländern. Der Europäischen Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zufolge war im Jahre 2000 (im Vergleich zum Vorjahr) eine Zunahme der Feindseligkeiten und Angriffe zu verzeichnen, in einigen Ländern der Union besonders stark. Mit den tragischen Ereignissen vom 11. September 2001 hat sich die Lage verschärft, und es kam zu einer weiteren Zunahme insbesondere der antiislamischen Spannungen und Gewalttaten. Einmal mehr muss hervorgehoben werden, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einen klaren Verstoß gegen die Grundsätze der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit darstellen – Grundsätze, die das Fundament der Europäischen Union bilden und die den Mitgliedstaaten gemeinsam sind. Die Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft ist in allen Staaten verboten, doch im Anwendungsbereich, beim Wortlaut und bei der Umsetzung dieses Verbots zeigen sich beträchtliche Abweichungen. Die Mitgliedstaaten müssen die Möglichkeit haben, vorteilhaftere Bestimmungen für den Schutz des Grundsatzes der Gleichbehandlung einzuführen oder beizubehalten. Entscheidend ist jedoch, dass es Mindestvorschriften auf europäischer Ebene gibt. Wer derartige Straftaten begeht, darf nicht die Möglichkeit haben, von bestehenden Unterschieden zu profitieren und der Strafverfolgung zu entgehen, indem er von einem Land in ein anderes übersiedelt. 103 Dieser Vorschlag für einen Rahmenbeschluss muss zu einer Angleichung der nationalen Strafvorschriften führen und einen gemeinsamen Ansatz begründen, um eine wirksame Bekämpfung rassistischer Straftaten in der Europäischen Union zu ermöglichen. Allerdings kann man nie genug betonen, dass zwischen dem Kampf gegen die Geißel des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit und der Wahrung der Grundrechte und -freiheiten, insbesondere der Freiheit der Meinungsäußerung, der Presseund Versammlungsfreiheit, ein ausgewogenes Verhältnis bestehen muss. Doch im Interesse der Wahrheit muss man auch daran erinnern, dass man den Rassismus nicht nur bekämpft, indem man dessen Äußerungen, vor allem die gewaltsamen, bestraft. Vor allen Dingen kommt es darauf an, vorbeugend zu wirken, ihn zu verhindern, indem man zur Gleichheit erzieht und vernünftige Maßnahmen trifft, die keine unerwünschten Reaktionen provozieren. Ein ganz aktuelles Beispiel hierfür sind die Maßnahmen, die im Bereich der Asyl- und Einwanderungspolitiken zu ergreifen sind. 3-300 VORSITZ: JOSÉ PACHECO PEREIRA Vizepräsident 3-301 Korakas (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Welche positiven Maßnahmen der Rat und der zur Diskussion stehende Bericht für eine Reform in Richtung auf eine unnachsichtigere Politik der Europäischen Union im Sinne einer strengeren strafrechtlichen Verfolgung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auch immer vorschlagen, sie laufen ins Leere, wenn wir uns die Beschlüsse von Sevilla zu den Einwanderern vergegenwärtigen. Dort wurde wirklich eine Politik der systematischen Verfolgung und Terrorisierung der Einwanderer konzipiert, die auf die Logik der rechtsextremen Kräfte, die in den Einwanderern die Schuldigen für alle Gebrechen des Kapitalismus sehen, abgestimmt ist. Es geht um Einwanderer, die letzten Endes vornehmlich aus den Ländern kommen, die Opfer der unmenschlichen Ausbeutung auch durch die Länder der Europäischen Union sind. Gleichzeitig stellen wir in vielen Ländern wie beispielsweise auch in Griechenland, dem Land mit dem vielleicht höchsten Prozentsatz an Einwanderern, Praktiken fest, die eine grobe und brutale Verletzung der grundlegenden Menschenrechte der Einwanderer darstellen. Unlängst wurde aufgedeckt, dass 2 700 Einwanderer unter solch furchtbaren Bedingungen festgehalten wurden, dass sie sich aufgelehnt und zu einem Protestmarsch formiert haben. Herr Präsident! In diesem deprimierenden Kontext bilden der Vorschlag des Rates und der Bericht Ceyhun in Verbindung mit der bestehenden Gesetzgebung zum Europäischen Haftbefehl im Grunde Maßnahmen zur Beschönigung und Verschleierung der rassistischen und fremdenfeindlichen Politik der Europäischen Union. 3-302 104 Vitorino, Kommission. – (PT) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Kommission begrüßt den Bericht des Herrn Abgeordneten Ceyhun, denn er folgt dem Vorschlag, den wir für einen Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorgelegt haben. Wie der Berichterstatter betont, unterliegt die Freiheit der Meinungsäußerung in einem demokratischen Rechtsstaat bestimmten Einschränkungen, und vor allem darf sie nicht als Rechtfertigung benutzt werden, um die Rechte anderer zu verletzen oder um kriminelle Handlungen zu begehen. Leider sehen wir uns in einigen Gebieten Europas nach wie vor mit rassistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen konfrontiert, die in unseren demokratischen Gesellschaften unannehmbar sind. Ein integrierter Ansatz, der sowohl vorbeugende Maßnahmen als auch Strafmaßnahmen beinhaltet, ist von grundlegender Bedeutung, um diese Erscheinung wirksam zu bekämpfen. Ein Element dieses Ansatzes sind strafrechtliche Maßnahmen wie jene, die im Vorschlag der Kommission vorgesehen sind. Andererseits hat die Kommission jedoch immer betont, dass es hier um eine Auseinandersetzung kultureller Art geht. Darum hat sie bereits diverse Sensibilisierungsmaßnahmen ergriffen, in Bereichen wie Beschäftigung, Einwanderung, Asylpolitik und Bildungswesen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorzugehen. Bezüglich der Änderungsanträge zum Vorschlag der Kommission für einen Rahmenbeschluss vertritt der Berichterstatter den Standpunkt, wenn eine rassistische oder fremdenfeindliche Straftat mit Hilfe eines Massenkommunikationsmittels begangen werde, sei dies als erschwerender Umstand einzustufen. Die Kommission vertritt zu zusätzlichen erschwerenden Umständen eine flexible Haltung. Es könnte bei diesem Punkt aber zweckmäßiger sein, auf Materialien zu verweisen, die sich an ein breites Publikum wenden, da von einer einzigen Person verbreitetes rassistisches Material (zum Beispiel die Verteilung rassistischer Propaganda) ebenfalls für ein breites Publikum bestimmt sein kann. Die Änderungsanträge sechs und zwölf Buchstabe b) beinhalten zur Verantwortlichkeit von Internetdiensteanbietern einen Verweis auf die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr. In der Tat beeinträchtigen die Bestimmungen des Rahmenbeschlusses kein Instrument des ersten Pfeilers, insbesondere nicht die Richtlinie „elektronischer Geschäftsverkehr“. In dieser Hinsicht ist hervorzuheben, dass die Mitgliedstaaten gemäß dieser Richtlinie über den „elektronischen Geschäftsverkehr“ den Dienstleistungserbringern keine allgemeine Verpflichtung zur Überwachung der Inhalte auferlegen dürfen, aber eine Informationspflicht der zuständigen Behörden über betreffende Handlungen oder von den Adressaten übermittelte gesetzwidrige Informationen festlegen können. Demzufolge kann die Verantwortlichkeit der Anbieter immer festgelegt werden, wenn die Internetdiensteanbieter tatsächlich Kenntnis davon erhalten, dass sie rassistisches Material 03/07/2002 aufgenommen haben, das heißt, wenn diese Anbieter von einer Justizbehörde durch eine Anzeige darauf hingewiesen wurden, sie jedoch keine Maßnahmen ergriffen haben, um das betreffende Material zu entfernen. Bei den Straftatbestandsmerkmalen der öffentlichen Verherrlichung der Verbrechen des Völkermordes und anderer sehr schwerer Verbrechen vertritt die Kommission eine etwas andere Meinung als der Herr Berichterstatter. Die in diesem Punkt vom Änderungsantrag Nr. 12 vorgeschriebenen Bedingungen sind enger gefasst als sie von der Gemeinsamen Maßnahme von 1996 befürwortet wurden, denn sie verlangen, dass die betreffenden Worte oder Verhaltensweisen eine Drohung, Beschimpfung oder Beleidigung darstellen und mit rassistischen oder fremdenfeindlichen Motiven erfolgen. Nun verlangte die vor sechs Jahren angenommene Gemeinsame Maßnahme nur, dass die öffentliche Verherrlichung mit rassistischen oder fremdenfeindlichen Absichten erfolgt. Deshalb würden die vom Änderungsantrag Nr. 12 vorgeschriebenen Bedingungen eine höhere Schwelle für die Strafverfolgung festlegen, und aus diesem Grund bitten wir das Parlament, diese Frage zu überdenken. Abschließend möchte ich betonen, dass unser Vorschlag in Bezug auf die Definition und die Tatbestandsdarstellung des Verbrechens eindeutig ist, weil wir immer auf konkrete Handlungen und nicht auf Meinungen verweisen. Der Vorschlag für einen Rahmenbeschluss darf nicht so interpretiert werden, dass er die Grundrechte beeinträchtigt, insbesondere die Freiheit der Meinungsäußerung und die in den Artikeln 10 und 11 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und von der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannten Grundsätze. Allerdings muss im europäischen Recht ebenso wie im Recht jedes einzelnen Mitgliedstaates der Europäischen Union ein ausgewogenes Verhältnis gewährleistet sein. Gemäß Artikel 10 Absatz 2 der Europäischen Konvention kann und muss die Ausübung dieser Freiheiten Gegenstand einer Abwägung gegenüber der Aufrechterhaltung der Ordnung, der Verbrechensverhütung und dem Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer sein. In diesem Zusammenhang schlagen wir jetzt keineswegs vor, eine Gedankenpolizei zu schaffen, sondern wollen lediglich, dass die gesamte Union den Werten treu bleibt, die seit der Annahme der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte zu unserem gemeinschaftlichen Besitzstand gehören. In diesem Sinne muss es die klare politische Botschaft geben, dass rassistische und fremdenfeindliche Verbrechen im gesamten Raum der Europäischen Union mit Nachdruck und in übereinstimmender Form zu bekämpfen sind. (Beifall) 3-303 Der Präsident. - Vielen Dank, Herr Kommissar António Vitorino. Die Aussprache ist geschlossen. 03/07/2002 Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. 3-304 Revision der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates: Unternehmenszusammenschlüsse 3-305 Der Präsident. - Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A5-0217/2002) von Herrn Luis Berenguer Fuster im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über das Grünbuch der Kommission über die Revision der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (KOM(20021) 745 - C5-0159/2002 - 2002/2067(COS)). 3-306 Berenguer Fuster (PSE), Berichterstatter. – (ES) Herr Präsident, vor etwa zwei Jahren fand in Brüssel eine Tagung zur Feier des zehnjährigen Jubiläums der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen statt. Mit einer Einhelligkeit, die bei Expertenmeinungen recht ungewöhnlich ist, lobten auf dieser Tagung sämtliche Redner die Qualitäten der Verordnung. Ich teile diese Meinungen und bekunde meine Übereinstimmung mit der positiven Beurteilung. Wenn es nun um die Erarbeitung des Vorschlags zur Änderung der Verordnung geht, so muss von Anfang an ein Gedanke deutlich gemacht werden. Die positive Bewertung schließt nicht aus, dass partielle Reformen bzw. Anpassungen an Notwendigkeiten, die sich in der Praxis gezeigt haben, vorgeschlagen werden können, doch werden diese Reformen in jedem Fall begrenzt bleiben. Im Text der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 selbst ist vorgesehen, dass einige Aspekte zehn Jahre nach ihrem Inkrafttreten neu überdacht werden sollen. Nach Ablauf dieser Frist hat die Kommission ein Grünbuch vorgelegt, in dem sie vorschlägt, nicht nur die in der Verordnung vorgesehenen Punkte zu prüfen, sondern alle Punkte, die eine Aktualisierung des Textes erlauben. Zu dieser sehr positiven Initiative ist die Kommission zu beglückwünschen. Die vielleicht wichtigsten Punkte des genannten Grünbuches beziehen sich auf die Festlegung der Schwellenwerte für die Einstufung einer Operation als Transaktion von gemeinschaftsweiter Bedeutung und zweitens auf die Voraussetzungen, unter denen ein bei der Kommission angemeldeter Zusammenschluss zur Prüfung und Entscheidung an die Behörde bzw. Behörden der Mitgliedstaaten verwiesen werden kann und wann im Gegenzug eine bei den einzelstaatlichen Behörden angemeldete Transaktion gemeinsam an die Kommission verwiesen werden kann. Im ersten Abschnitt schlägt die Kommission vor, dass ein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung ist, wenn er in drei oder mehr Mitgliedstaaten angemeldet werden kann, so dass die in Artikel 1 Abs. 3 der Verordnung festgelegten komplizierten Verfahrensregeln entfallen. Einige nationale Wettbewerbsbehörden haben ihren Standpunkt zur 105 Änderung des genannten Absatzes bzw. zu seiner Ersetzung kundgetan und stützen sich dabei auf andere Kriterien als die der Kommission. Wir können mit diesen Einwänden nicht konform gehen. Die von der Kommission vorgeschlagene Regel der automatischen Kompetenzzuweisung trägt zu größerer Klarheit und zur Vereinfachung bei, sie fördert einheitliche Bewertungskriterien, verstärkt die Rechtssicherheit und spart Kosten für die Unternehmen. Deshalb findet sie unsere volle Unterstützung. Der zweite Abschnitt, in dem die Frage der Aktenübermittlung behandelt wird, ist komplexer, und aus diesem Grunde geben das Europäische Parlament sowie der Ausschuss für Wirtschaft und Währung dazu einige Anregungen. Die erste geht davon aus, dass es sinnvoll wäre, wenn die Parteien ihr Einverständnis zur Übermittlung der Akten durch die Europäische Kommission an eine oder mehrere nationale Behörden gäben. Wenn eine einheitliche Handhabung als effizienter und kostengünstiger für die Unternehmen betrachtet wird, so sieht es nicht so aus, als ob die Unternehmen durch die Übermittlung dazu gezwungen werden könnten, die Bearbeitung verschiedener Akten gegen ihren Standpunkt zu veranlassen. In einem zweiten Abschnitt macht das Europäische Parlament die Kommission auf das Problem aufmerksam, das sich bei einer möglichen Übermittlung stellt, wenn die letzte Entscheidung politischen Organen und nicht unabhängigen Behörden obliegt. Hier ist zu bedenken, dass die Entscheidungsbefugnis in mehreren Mitgliedstaaten bei einem politischen Organ liegt; in meinem Land beispielsweise liegt sie letztlich bei der Regierung. Aus diesem Grunde können die Kriterien, nach denen ein Zusammenschluss möglicherweise genehmigt oder abgelehnt wird, von denen abweichen, die sich aus der Analyse der Wirkungen auf den Wettbewerb und der potenziellen Effizienzvorteile ergeben. In einem in der Presse meines Landes veröffentlichten Interview wies Kommissar Monti kürzlich besonders auf den Druck hin, den Regierungen bei den Wettbewerbsakten ausüben. Es erfordert keinen besonderen Scharfsinn, um zu erraten, wie die Haltung dieser Regierungen aussehen könnte, wenn sie selbst die Entscheidungen treffen. Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas hält an zwei Änderungsanträgen fest: Der erste bezieht sich auf die Notwendigkeit, dass zu den Effizienzvorteilen, die die Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf den Wettbewerb ausgleichen können, auch die Wahrung oder die Schaffung von Arbeitsplätzen gehört. Im Grunde geht es um die Umsetzung des Prinzips der „failing company defence“, das bereits von der Kommission angewendet worden ist, und unserer Ansicht nach wird der Bericht verbessert, wenn sich dies im Wortlaut widerspiegelt. 106 Ebenso wird der Bericht durch den Inhalt des zweiten Änderungsantrages verbessert, in dem gefordert wird, dass nicht nur die Konkurrenten, sondern auch die Verbraucher und gegebenenfalls die Vertreter der betroffenen Arbeitnehmer in den Akten über einen Zusammenschluss als interessierte Parteien gelten sollen. 3-307 Gil-Robles Gil-Delgado (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Recht und Binnenmarkt. – (ES) Herr Präsident, mir kommt nun die Rolle zu, den Standpunkt des genannten Ausschusses zum Bericht des Herrn Berenguer darzulegen, den ich zu seiner Arbeit ebenso beglückwünsche wie die heute durch Herrn Kommissar Monti vertretene Kommission, dies im Hinblick auf die Initiative, die auch wir für sinnvoll halten. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung hat einige der Schlussfolgerungen des Rechtsausschusses in seinen Bericht aufgenommen. Insbesondere nenne ich hier diejenigen, die sich auf die Nichtausweitung der Vorabkontrolle auf neue Anträge beziehen, auf die Vereinfachung der Fristen oder die Ablehnung der Aufzeichnung mündlicher Aussagen, die die Rechtssicherheit beeinträchtigen könnten. Ich danke dem Berichterstatter für seine Offenheit gegenüber diesen Änderungsanträgen und dem federführenden Ausschuss für deren Annahme. Demgegenüber gibt es andere Punkte, in denen die Meinung des Rechtsausschusses keine Berücksichtigung gefunden hat und erneut bekräftigt werden muss. Konkret halten wir bei der Genehmigung von Zusammenschlüssen die Ablösung des Marktbeherrschungskriteriums durch das Kriterium einer wesentlichen Verminderung des Wettbewerbs nicht für sinnvoll, ebenso wenig die Ausweitung des Verfahrens der Verweisung von der Kommission an die zuständigen einzelstaatlichen Behörden und die Berechnung der Geldbußen auf der Grundlage des Geschäftsumfangs. Der Grund hierfür liegt darin, dass wir es nicht für ratsam erachten, aus dem Streben nach einer Einführung mehr oder weniger moderner neuer Verfahren Risiken im Hinblick auf die Rechtssicherheit einzugehen, wenn solche Verfahren nicht erforderlich sind. Nach diesen Überlegungen liegt es auf der Hand, dass nach Ansicht des Verfassers der Stellungnahme weder die von der Sozialistischen Fraktion eingereichten Änderungsanträge noch Änderungsantrag 5 der Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken Erfolg haben sollten, denn sie laufen dem Bemühen um eine klarere Gestaltung der Verfahren zuwider und zeichnen sich durch einen offenkundigen Mangel an Präzision aus; das Gleiche gilt für die anderen beiden Änderungsanträge, die mit dem Ziel, ein besseres Kontrollverfahren für Unternehmenszusammenschlüsse zu erreichen, nichts zu tun haben. Mein Glückwunsch also zu der Initiative, und Vorsicht, damit nicht etwas zerschlagen wird, was gut funktioniert! 03/07/2002 3-308 Doorn (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Auch ich gratuliere Herrn Berenguer Fuster zu dem meines Erachtens ausgezeichneten Bericht. Ich kann mich seinen Ausführungen uneingeschränkt anschließen. Das gilt allerdings nicht für die Änderungsanträge, die er für die Plenarsitzung eingereicht hat, aber darauf komme ich später zurück. Das Grünbuch „Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen“ zeichnet den Rahmen vor, in dem die Fusionskontrolle in Europa in den kommenden Jahren vonstatten gehen wird. Es ist begrüßenswert, die bestehenden Regeln zu prüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten. Seitens der Unternehmen wurde heftige Kritik an den Anmeldungsverfahren laut, vor allem bei grenzüberschreitenden Unternehmenszusammenschlüssen. Da zwischen den Mitgliedstaaten keine Abstimmung besteht, kommt es zu bürokratischen, teuren und zeitraubenden Verfahren. Die jetzt von der Kommission vorgeschlagene Lösung halte ich für ausgezeichnet. One stop shop in Brüssel für Mehrfachanmeldungen in mehr als zwei Mitgliedstaaten. Meines Erachtens sollte das one stop shop-Prinzip auch bei Anmeldung in mehr als einem Mitgliedstaat gelten. Eine Anmeldung in Brüssel kostet nicht nur weniger, sie kommt auch der Rechtssicherheit ganz wesentlich zugute. Erfreulicherweise nimmt nun endlich auch die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Fusionskontrolle allmählich eine gewisse Form an. Hier müssen selbstverständlich auch die neuen Mitgliedstaaten einbezogen werden. Hoffen wir, dass diese Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu weniger Bürokratie und einer Vereinheitlichung der Verfahren und Kriterien führt. Wir fordern die Kommission auf, bei dem Spiegelbild des one stop shop, der Verweisung an die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 9 durch die Kommission, gleichfalls die erforderliche Zurückhaltung an den Tag zu legen. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung hat in dem Bericht klargestellt, dass die Verweisung nur mit Einwilligung der betreffenden Unternehmen möglich ist bzw. sein darf. Auch das geschieht im Interesse der Rechtssicherheit. Herr Präsident, die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen dient der Überwachung der Auswirkungen von Fusionen auf den Markt. Es werden neue Strukturen geschaffen, die Folgen dieser Strukturen für den Markt stehen im Mittelpunkt der Kontrolle durch die Kommission. Hier haben wir es mit einer Regelung der Wirtschaft zu tun, bei der die Beurteilungskriterien, zu denen ich auch die Erhöhung der Effizienz rechne, auf dem Wettbewerbsrecht fußen. Meine Fraktion lehnt deshalb alle Änderungsanträge ab, die eine Ausweitung der Beurteilungskriterien um beispielsweise Folgen für die Beschäftigung und sonstige soziale Aspekte bezwecken. Dies gehört nicht in die Fusionskontrollverordnung. 03/07/2002 Dasselbe, Herr Präsident, gilt für Herrn Herzogs Änderungsanträge mit handelspolitischem Inhalt. Bei der Fusionskontrolle geht es nicht um die Stärkung europäischer Industrien oder um das Errichten starker Industrien. Die stärksten Industrien und die stärksten Unternehmen entstehen durch stärkeren Wettbewerb, und genau darin besteht das Ziel der Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass ich der Rechtssicherheit von Unternehmen bei solchen Verfahren große Bedeutung beimesse. Das Heranziehen verschiedener Kriterien kann zu konträren Schlussfolgerungen führen. Aus eben diesem Grund sind wir auch gegen mehr kollegiale Leitung bei der Beschlussfassung über Fusionen. Hier sind enorme Investitionen im Spiel. Die Unternehmen haben ein Recht auf schnelle und unbürokratische Verfahren. Das Grünbuch der Europäischen Kommission bietet dafür einen brauchbaren Ansatz. 3-309 Randzio-Plath (PSE). – Herr Präsident! Der Vorschlag der Kommission zur Reform ist zu begrüßen. Immerhin ist es ja weitsichtig, trotz der Erfolgsgeschichte der Fusionskontroll-Verordnung jetzt zu Modernisierungen und Reformen zu greifen. Ich denke, es ist auch insofern weitsichtig, weil damit bereits auf die Erweiterungsprozesse Rücksicht genommen wird. Ich unterstütze den Bericht des Berichterstatters – und die Fraktion unterstützt ihn –, ich teile aber auch die Sorgen, dass zum Beispiel einige Vorschläge im Grünbuch vielleicht doch nicht verwirklicht werden könnten. Von daher ist es ganz wichtig, von der Kommission tatsächlich die Zusage zu haben, dass die Frage der Definitionen, aber auch die Frage, dass Marktbeherrschungstests ersetzt werden, nicht auf spätere Revisionen vertagt werden. Ich denke, das gilt insbesondere im Hinblick auf die internationale Dimension der Fusionsprozesse und insbesondere für die innovativen Bereiche, in denen die Fusionen stattfinden. Die Anzahl von grenzüberschreitenden Firmenzusammenschlüssen ist in den vergangenen Jahren ständig gestiegen. Die damit steigende Anzahl und auch die Komplexität sind sicherlich mit ein Anlass für die Überarbeitung der Aufgabenverteilung und die Neuordnung bei der Abstimmung zwischen nationalen und EU-Wettbewerbsbehörden. Ich begrüße vor dem Hintergrund von Effizienz, Transparenz, Rechtssicherheit und Verkürzung der Fristen, Verringerung des Verwaltungsaufwandes für die Unternehmen die stärkere Konzentration auf die Kommission als zentrale Anlaufstelle, und ich unterstütze auch ausdrücklich den Hinweis der Kommission, dass es notwendig wäre, eventuell eine zusätzliche gerichtliche Instanz zu schaffen. Gründlich zu überprüfen – und da widerspreche ich meinen Vorrednern – sind aber auch die erheblichen Auswirkungen von Fusionen, vor allem auf die 107 Beschäftigungssituation, die Kriterien und Verfahren für die Überprüfung der Zulässigkeit einer Fusion. Durch die einschlägigen Umstrukturierungen sind Tausende von Arbeitsplätzen im gesamten EU-Raum verlorengegangen. Unternehmen sollten sicherlich die größtmögliche Freiheit haben, Managemententscheidungen zu treffen, aber gleichzeitig ist es häufig der größte Arbeitgeber in einer Region, der solche betrieblichen Umstrukturierungen durchführt. Der Verlust von Arbeitsplätzen trifft damit nicht nur die einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, sondern hat auch Folgen für den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in der ganzen Region. Ich möchte hier daran erinnern, dass der Europäische Rat von Nizza ausdrücklich wirtschaftliche Leistung und sozialen Fortschritt untrennbar miteinander verknüpft hat. Dies haben auch das Wettbewerbsrecht und die Wettbewerbspolitik zu berücksichtigen, auch im Rahmen der Fusionskontrolle. 3-310 Schmidt, Olle (ELDR). (SV) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Berenguer Fuster, für eine hervorragende Arbeit danken. Herr Kommissar, ich habe es bereits früher gesagt und auch in Schweden mehrfach unterstrichen: Sie sind vermutlich das wichtigste Kommissionsmitglied für die Bürger meines Heimatlandes, in dem Fragen des Wettbewerbs nie besonders große Beachtung fanden. Dies beginnt sich nun zu ändern, so habet Hoffnung! Die Wettbewerbspolitik ist besonders wichtig für kleine Länder, in denen die Gefahren der Monopolbildung und Unternehmenszusammenschlüsse deutlich sichtbar sind. Es ist zu begrüßen, dass die Europäische Union nun bereit ist zu untersuchen, wie die Prüfung von Zusammenschlussvorhaben in einer globalisierten Wirtschaft funktionieren soll. Die Welt verändert sich, wodurch auch neue Anforderungen an die Fusionskontrolle der EU gestellt werden. Nach dem Aufsehen erregenden Scheitern mehrerer geplanter Fusionen gab es in meinem Heimatland eine breite Diskussion zu diesen Fragen. Ich behaupte nicht, dass die Kommission in diesen Einzelfällen eine fehlerhafte Entscheidung getroffen hat. Hingegen bin ich der Meinung, dass ein breiterer Ansatz bei der Beurteilung von Fusionen von Vorteil wäre. Und noch einmal: Das ist besonders für kleine Staaten von großer Bedeutung. Einige wichtige Punkte möchte ich hierzu anführen. Erstens: Die Fusionskontrolle sollte sich stärker darauf konzentrieren, die Entwicklung und Rationalisierung der Unternehmen auf dem Binnenmarkt in seiner Ganzheit zu unterstützen. Wir müssen einen vollständigen Markt ohne Hemmnisse und Segmente schaffen, was gegenwärtig nicht der Fall ist. Zweitens: Die Fusionskontrolle muss vorhersehbarer werden. Drittens: Die Rechtssicherheit kann noch verstärkt werden. Es ist ein gesundes Prinzip, dass die einen Fall prüfende Behörde nicht dieselbe ist, die zuvor in der Angelegenheit entschieden hat. 108 Herr Präsident! Europa braucht stärkere Unternehmen. Wir brauchen einen stärkeren Wettbewerb und globale Akteure, die wachsen können, um sich einer immer härter werdenden Konkurrenz zu stellen. Aus diesem Grunde ist in der Beurteilung von Fusionen durch die Kommission eine langfristige und dynamischere Sichtweise notwendig. Diesbezüglich kann die EU vermutlich einiges von den USA lernen, mit dem Ziel, in Übereinstimmung mit den Schlussfolgerungen von Lissabon eine EU mit größerer Wachstumskraft und höherer Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen. 03/07/2002 werden, indem die Argumente der betroffenen Seiten angehört und Hinweise berücksichtigt werden. Das unternehmerische Interesse muss gewahrt werden, was auch das Ziel eines meiner Änderungsanträge ist. Selbstverständlich kann man hinsichtlich der Anfechtbarkeit der Entscheidungen noch weiter gehen. Echter Wettbewerb auf dem Binnenmarkt einerseits und Entwicklung der Unternehmen und der Beschäftigung andererseits - hinsichtlich dieser beiden Ziele ist vieles noch verbesserungswürdig. 3-312 3-311 Herzog (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident! Herr Kommissar! Angesichts der wachsenden Bedeutung von Unternehmenszusammenschlüssen und deren immensen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen können die Vorschläge des Grünbuchs durchaus noch weiter vervollkommnet werden. Wie der Berichterstatter, Herr Berenguer Fuster, betont, ist die Kontrolle der Unternehmenszusammenschlüsse ein wesentliches Element der Wettbewerbspolitik der Europäischen Union. Allerdings kann die Berechtigung von Unternehmenszusammenschlüssen nicht allein unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs beurteilt werden, sondern es müssen noch weitere Ziele - die in der Strategie von Lissabon enthalten sind - einbezogen werden, so die Dynamik zwischen Vollbeschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe. Diese beiden Zielkategorien sollten rechtlich gleichwertig behandelt werden, damit es zu keinen Einbußen der Wettbewerbsfähigkeit kommt, um zugleich aber auch die bislang noch hintan stehenden Interessen der Industrie und der Beschäftigung zu befördern. Folglich ist die Frage der Neuformulierung der Beurteilungskriterien relevant. Es gilt, die Realitäten des Wettbewerbs auf internationaler Ebene besser zu berücksichtigen und einzusehen, dass der Begriff des nationalen Marktes, abgesehen von einigen Bereichen, seine Daseinsberechtigung verliert, dass der Begriff ‚europäischer Markt’ sachlich relevant ist und der Begriff ‚contestable market’ definiert werden muss, wobei man sich am Kriterium einer deutlichen Verminderung des Wettbewerbs orientieren sollte. Zugleich sind auch die Verfahren zu verbessern. Der Grundsatz einer einzigen Anlaufstelle für Transaktionen von gemeinschaftsweiter Bedeutung ist ausgezeichnet, wenn er mit geeigneten Kontrollbedingungen einhergeht. Die Frage der Schwellenwerte für die Anmeldung kann vereinfacht und die Zwei-Drittel-Regel beibehalten werden, ohne den Zusammenhalt der Gemeinschaft aus dem Blick zu verlieren. Allerdings bedarf es bei zwei methodischen Aspekten noch wesentlicher Fortschritte. Angesichts der enormen sozialen Auswirkungen von Fusionen ist es unerlässlich, bevor Entscheidungen getroffen werden, Arbeitnehmervertreter und andere Beteiligte anzuhören, wie es in den Änderungsanträgen von Herrn Goebbels und Herrn Berenguer Fuster vorgeschlagen wird. Das Markttestverfahren muss völlig transparent gestaltet Karas (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wie alle Redner schon gesagt haben, sind wir mit mehreren Herausforderungen konfrontiert. Auf der einen Seite mit der stärkeren Integration der Märkte, auf der anderen mit der wirtschaftlichen Globalisierung, die nicht zuletzt zu einer Zunahme an Unternehmenszusammenschlüssen führt, und schließlich mit der Herausforderung durch die Erweiterung. Der Wettbewerb ist ein wesentliches Instrument zur Erreichung unserer wirtschaftspolitischen Ziele unter Einhaltung unserer Grundsätze und im Rahmen des europäischen Ordnungsprinzips der ökosozialen Marktwirtschaft. Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit Europas im Weltmarkt. Es geht um den Wettbewerb innerhalb Europas, den wir zur Erreichung der LissabonZiele und zur Stärkung des Binnenmarktes dringend benötigen. Wir wollen nicht, dass staatliche Monopole durch private Monopole ersetzt werden. Wir wollen einen Wettbewerb auf der Basis gemeinsamer Regeln. So wie wir Wettbewerb verstehen, sichert und schafft er Arbeit, führt er zu konsumentenfreundlicheren Preisen und fördert den dringend notwendigen dynamisierten Erneuerungsprozess. Wir stehen vor der zusätzlichen Herausforderung der Erweiterung, die dringend eine gegenseitige Abstimmung grundlegender Aspekte der Wettbewerbsvorschriften der Mitgliedstaaten untereinander und mit den Beitrittsländern benötigt. Herr Kommissar, wir haben natürlich auch Wünsche. Wir wollen eine klare Abgrenzung des relevanten Marktes, gerade in der Zeit der Globalisierung. Wir bedauern, dass es keine Trennung zwischen den ermittelnden Behörden und der beschlussfassenden Behörde gibt. Wir unterstreichen die Notwendigkeit, dass die Kompetenzaufteilung und Koordinierung zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden kohärent gestaltet wird. Wir begrüßen, dass venture capital-Beteiligungen nicht mehr unter die EU-Fusionskontrolle fallen. Dass wir uns selbst erneuern müssen, zeigt auch Österreich, wo wir seit 1. Juli ein neues Wettbewerbs … (Der Präsident entzieht dem Redner das Wort) 3-313 Paasilinna (PSE). – (FI) Herr Präsident! Herr Kommissar! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen 03/07/2002 Dank für den guten Bericht. Der Binnenmarkt begünstigt Unternehmenszusammenschlüsse, das gleiche gilt für die gemeinsame Währung, die Erweiterung der Union und die Globalisierung, die ja eigentlich ein Prozess der Unternehmenszusammenschlüsse an sich ist und die globale Kontrolle der Kommunikation in wenigen Händen bedeutet. Die Konvergenz hat wiederum dazu geführt, dass der IT-Sektor, die Medien und der Telekommunikationssektor einander beinhalten, was in der Folge riesige Zusammenschlüsse, eine gewaltige Megamacht, hervorbringt, bei der die Wirtschafts-, Industrie, Kommunikations- und in vielen Fällen auch politische Macht praktisch in wenigen Händen konzentriert ist. Die Medien sind gleichermaßen stark zentralisiert, wobei ich nicht feststellen konnte, dass die Kommission hier wesentlich eingegriffen hätte. Die Situation in Italien erinnert an Russland, allerdings ist die russische Führung nicht im Besitz eigener Fernsehkanäle. Im Telesektor sind bald nur noch einige wenige Unternehmen oder Betreiber übrig. Auch wenn sich eine führende Marktstellung nicht in einem, zwei oder drei Ländern realisieren lässt, so ist dies global wohl möglich. Damit hat ein Unternehmen dann in einem Dutzend Ländern einen erheblichen Marktanteil. Ich hoffe, dass die Kommission hier eingreift und eine global wichtige Marktposition einschätzt. Unternehmen, die einen Vorteil erzielt haben, können den Markt manipulieren. Das Prinzip der Union, das zur sozialen Kohäsion verpflichtet, setzt voraus, dass soziale und Arbeitsrechte berücksichtigt werden, warum nicht auch die Rechte der Aktienbesitzer, was wohl zur gemeinsam beschlossenen Kohäsion gehört. 3-314 Laguiller (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident! Der Berichterstatter begrüßt es, dass die europäischen Institutionen eine Kontrolle über Unternehmenszusammenschlüsse ausüben. Diese Selbstzufriedenheit ist lächerlich, denn die Großunternehmer, die diese Zusammenschlüsse vornehmen, berücksichtigen die Interessen der Großaktionäre weitaus mehr als die Meinung des Europäischen Parlaments. Indem der Bericht behauptet, dass Unternehmenszusammenschlüsse zu größerer Wettbewerbsfähigkeit und folglich zu mehr Wirtschaftsund Beschäftigungswachstum führen, wird die Unternehmerthese wieder aufgelegt, wonach für die Gesellschaft günstig ist, was für die Unternehmer und die Aktionäre günstig ist. Allerdings braucht man nur die Bilanz der Unternehmenszusammenschlüsse zu ziehen, die den Abbau von Arbeitsplätzen und Betriebsschließungen nach sich gezogen, Tausende von Arbeitnehmern arbeitslos gemacht und ganze Regionen zugrunde gerichtet haben, um deutlich zu machen, dass die Interessen der Aktionäre das Gegenteil der Interessen der werktätigen Mehrheit der Gesellschaft darstellen. Die Vivendi-Affäre zeigt nach vielen anderen Affären, die sich in den Vereinigten Staaten abgespielt haben, wie Ihr System die Produktion in Finanzkapital, in ein bloßes Spekulationsobjekt umwandelt. Die Börse macht die Reichen reicher, einige Wenige werden ärmer, ärmer 109 wird aber vor allem die Gesellschaft. Reichtum wird nicht durch Spekulation, sondern durch Arbeit erzielt, und an der Börse werden lediglich die Früchte echter Arbeit vergeudet und in angebliche Werte umgewandelt. 3-315 Andria (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, ich gratuliere dem Berichterstatter, Herrn Berenguer Fuster, zu seiner hervorragenden Arbeit. Die Investitionstätigkeit hat im zurückliegenden Jahrzehnt quantitativ und qualitativ an Bedeutung gewonnen und war auf einen bessere Einsatz der Mittel und eine gezielte Kosteneinsparung gerichtet. Unter anderem auch dank der Entwicklung der Informatik nahm ein offenkundiger und einschneidender Globalisierungs- und Konzentrationsprozess konkrete Gestalt an, der zwar von erheblichem Vorteil für die Entwicklung der Investitionen und der Produktionstätigkeiten war, jedoch auch Krisen ausgelöst hat, die zu einer Destabilisierung der Bankenund Finanzsysteme in den Entwicklungsländern führten. Die negativen Auswirkungen schlugen sich in der Produktion und Beschäftigung und zuweilen auch im Lebensstandard breiter sozialer Schichten dieser Länder nieder. Zwar haben die Unternehmenszusammenschlüsse die Wirtschaftssysteme einiger Staaten, die aufgrund ihrer nachgewiesenen Solidität von den gebotenen Chancen zu profitieren wussten, gestärkt, doch müssen sie auch Initiativen zum Ausbau der internationalen Unterstützung fördern können, die auf die Durchführung von Reformen zur Begünstigung der Integration im Welthandel abzielen muss. Oftmals jedoch weisen die Marktmechanismen, welche die Unternehmenszusammenschlüsse stimulieren und fördern, deutliche Mängel auf und können große Unzufriedenheit in jenem Teil der Bevölkerung auslösen, die von den etwaigen Vorteilen dieser Verhältnisse ausgenommen sind. Wenn die Unternehmenszusammenschlüsse ausschließlich auf den share golden value bzw. auf die Optimierung des Unternehmenswertes ausgerichtet sind, werden sie auf ihrem Weg in starke Konflikte mit anderen Marktteilnehmern und mit den Verbrauchern geraten. Im Banksektor, wo der Trend zu Zusammenschlüssen und zum blinden Gewinnstreben vorherrschend ist, sind die Folgen klar ersichtlich. Im Bericht Cruikshank – es ist schon das zweite Mal, Herr Kommissar, dass ich ihn Ihnen gegenüber erwähne – wird darauf hingewiesen, dass der britische Bankenmarkt einen Konzentrationsgrad aufweist, der schädlich für die Verbraucher ist. Die Tatsache, dass die vier wichtigsten Handelsbanken derart große Marktanteile besitzen, schlägt sich in unverhältnismäßig hohen Gebühren und Preisen sowie in einem spärlichen Angebot an Produkten und Dienstleistungen für Privathaushalte und Unternehmen nieder. 3-316 Monti, Kommission. – (IT) Herr Präsident, ich möchte mich beim Europäischen Parlament für die Unterstützung, die es dem Grünbuch der Kommission über die Revision der Fusionskontrollverordnung hat 110 angedeihen lassen, bedanken. Meinem Eindruck nach pflichtet das Europäische Parlament dem Ziel der Kommission, das rechtliche Instrumentarium im Bereich der Fusionskontrolle zu verstärken, eindeutig bei. Nur mithilfe moderner Methoden und Instrumente ist es möglich, Herausforderungen wie die bevorstehende Erweiterung, die Verstärkung der Beziehungen zu anderen Kartellbehörden und ein weltweit höheres Bewusstsein für die Bedeutung der Fragen bezüglich der Fusionskontrolle zu bewältigen. Ich möchte von dieser Stelle aus dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung und dem Berichterstatter, Herrn Berenguer Fuster, sowie all jenen, die zu dieser Debatte beigetragen haben, also insbesondere dem Ausschuss für Recht und Binnenmarkt, meinen Dank aussprechen. Dem öffentlichen Anhörungsverfahren ließen und lassen sich weiterhin zahlreiche interessante und gut dokumentierte Auffassungen zu den in dem Weißbuch aufgeworfenen rechtlichen, verfahrenstechnischen und inhaltlichen Fragen entnehmen. Ihr Bericht, Herr Berenguer Fuster, beinhaltet deren wohl durchdachte Zusammenfassung und legt besonders interessante Überlegungen dar. Sie kennen meine große Wertschätzung, die ich dem Beitrag des Europäischen Parlaments entgegenbringe, und ich kann Ihnen versichern, dass er äußerst sorgfältig analysiert werden wird. Auf der Grundlage all dieser Beiträge wird die Kommission noch vor Jahresende einen Vorschlag für eine neue Verordnung über die Unternehmenszusammenschlüsse annehmen, die anschließend im Rat behandelt wird. Ich betrachte diese Verordnung als Teil – der zwar wichtig, aber eben nur ein Teil ist – eines Reformpakets, das auch Auslegungsleitlinien für die Anwendung des substanziellen Kriteriums des Wettbewerbs umfassen wird – wir haben verschiedene Auffassungen zum gegenwärtigen Marktbeherrschungskriterium und dem eventuell alternativ anzuwendenden Kriterium der substantial lessening of competition, d. h. der wesentlichen Verminderung des Wettbewerbs, gehört -; sie dienen insbesondere der Klarstellung der Prüfungsmodalitäten für die Marktmacht im Falle von Fusionen sowie der Bedeutung, die den ebenfalls verschiedentlich erwähnten Betrachtungen zur Effizienz beizumessen ist. Selbstverständlich wird der Verordnungsvorschlag zu Anhörungszwecken veröffentlicht. Außerdem haben wir vorgesehen, mit Juristen- und Unternehmerkreisen eine Reihe neuer Leitlinien über die im Untersuchungsverfahren zu Unternehmenszusammenschlüssen anzuwendende beste Praxis zu vereinbaren. Sodann werden wir über die strukturellen und verwaltungstechnischen Veränderungen nachdenken müssen, die zur Flankierung dieses Reformpakets erforderlich sein werden, und vor allem über die Weiterbehandlung der Fragen des Verteidigungsrechts, der Stärkung unseres wirtschaftlichen Potenzials und der Rolle der Wirtschaftsanalyse in unserem Entscheidungsverfahren. 03/07/2002 Abschließend möchte ich kurz auf ein Problem zu sprechen kommen, das während dieser Sitzung von verschiedenen Damen und Herren Abgeordneten des EP angeschnitten wurde, und zwar die etwaige Verbindung zwischen Sozial- und Wettbewerbspolitik. Dieses Problem wirft Fragen zu den Grundsatzkriterien auf, nach denen die Unternehmenszusammenschlüsse bewertet werden müssen. Ich möchte in diesem Punkt richtig verstanden werden. Durch die Einführung zusätzlicher, sich von denen des Wettbewerbs unterscheidender Kriterien in das System zur Bewertung von Unternehmenszusammenschlüssen würde die vorrangige Funktion der Fusionskontrollverordnung, nämlich die Sicherung eines wirksamen Wettbewerbs, komplizierter, unübersichtlicher und letzten Endes zunichte gemacht werden. Das heißt jedoch nicht, dass der Beschäftigungspolitik nicht größte Aufmerksamkeit zu widmen wäre. Sowohl die Europäische Union als auch die Mitgliedstaaten verfolgen eine Beschäftigungspolitik, und die Kommission und ich persönlich befürworten die Verstärkung der beschäftigungspolitischen Maßnahmen; auch die Bewahrung eines gesunden Wettbewerbs fördert auf mittlere und lange Sicht das Wirtschaftswachstum, und mit dem Wachstum auch die Beschäftigung. Ein Durcheinander der Ziele und die Aufnahme des Ziels des Erhalts von Arbeitsplätzen in die Fusionskontrollverordnung würde sie jedoch meines Erachtens entstellen. Das bedeutet nicht, dass die Unternehmen im Zusammenhang mit Fusionsverfahren nicht auf ihre Pflicht zur Einhaltung der Sozialvorschriften aufmerksam gemacht werden können, wo dies erforderlich ist. Wir wollen den Arbeitnehmern und ihren Vertretern auf jeden Fall die Möglichkeit geben, der Kommission ihren Standpunkt während der Untersuchung darzulegen. Wie ich bereits sagte, nehmen wir eine Prüfung hinsichtlich des Wettbewerbs vor, und unter diesem Blickwinkel kann der Standpunkt der Beschäftigten und ihrer Vertreter, wenn er sich auf die Auswirkungen der Maßnahme auf den Wettbewerb bezieht, größere Bedeutung erlangen. Alles in allem verfolgen die wichtigen Sozialvorschriften und die ebenfalls wichtigen Wettbewerbsvorschriften mit vielfältigen unterschiedlichen, jedoch gleichermaßen gültigen Methoden Ziele, die sich fachlich voneinander unterschieden. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass eine Vermischung dieser Instrumente weder der Sozialnoch der Wettbewerbspolitik zum Vorteil gereichen würde. Ich danke dem Europäischen Parlament nochmals für den Beitrag, den es auch bei dieser Gelegenheit zur Vervollkommnung der Wettbewerbsinstrumente leistet. 3-317 Der Präsident. - Vielen Dank, Herr Kommissar Mario Monti. 03/07/2002 Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. 3-318 Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen im Südostatlantik 3-319 Der Präsident. - Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A5-0115/2002) von Frau McKenna im Namen des Ausschusses für Fischerei über den Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Übereinkommens über die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen im Südostatlantik durch die Europäische Gemeinschaft (KOM(2001) 679 - C5-0666/2001 - 2001/0280(CNS)). 3-320 McKenna (Verts/ALE), Berichterstatterin. – (EN) Herr Präsident, der Südostatlantik ist eines der letzten Gebiete der Weltmeere, in denen es keine regionale Fischereiorganisation gibt. Um dieser Notwendigkeit nachzukommen, wurde das neue Übereinkommen über die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen im Südostatlantik zur Errichtung der Fischereiorganisation für den Südostatlantik geschlossen. Bisher ist das Übereinkommen nur von Namibia ratifiziert worden. Mit der morgigen Abstimmung im Parlament wird die Ratifizierung durch die Europäischen Gemeinschaften hoffentlich beschleunigt. Dann wäre nur noch eine weitere Ratifizierung vor Inkrafttreten des Übereinkommens erforderlich. Ziel der Organisation ist es, neben den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften von Angola, Namibia und Südafrika die langfristige Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Südostatlantik sicherzustellen. Es umfasst Fische, Muscheln, Krebstiere und andere sesshafte Arten, mit Ausnahme von weitwandernden Arten, die unter das ICCAT-Übereinkommen fallen. Der Bericht liefert wichtige Hintergrundinformationen, die ich hier kurz vorstellen möchte. Für die gewerbliche Fischerei spielen derzeit folgende Fischbestände eine Rolle: Kaphechte, Stöcker, Sardinellen, Sardinen, Sardellen und Heringe. Die meisten von ihnen werden jedoch in nationalen Gewässern gefangen. Die Kommission weist darauf hin, dass die Fänge dieser Arten auf Hoher See außerhalb des SEAFO-Gebiets geringfügig sein würden. Es stellt sich somit die Frage, welche Arten unter die Bewirtschaftungszuständigkeit der SEAFO fallen werden. In anderen Regionen der Welt verlagert sich die Fischwirtschaft in Anbetracht der Tatsache, dass bei den Fischbeständen in den Küstengewässern eine zunehmende Überfischung und Dezimierung eintritt, auf Tiefseearten. In vielen Fällen ist die Fischerei bei diesen Arten völlig unreguliert, wobei jedoch die biologischen Merkmale dieser Fischarten dazu führen, dass sie auf eine Überfischung sehr anfällig reagieren. Sie zeichnen 111 sich durch ein äußerst langsames Wachstum, extreme Langlebigkeit und begrenztes Vorkommen aus. Die Vergangenheit hat wiederholt gezeigt, dass die Befischung dieser Bestände angesichts der Geschwindigkeit, mit der die Fischbestände dezimiert wurden, letztlich nur als Raubbau bezeichnet werden kann. In den Gewässern des Südostatlantiks gibt es eine Reihe von Beständen an Tiefseearten wie Schwarzer Seehecht, Kaiserbarsch, Oreos und Tiefseegarnelen. Bislang existieren nur sehr wenige Informationen über die Lebensformen und das Vorkommen dieser Arten. Dies allein sollte Anlass zu Besorgnis geben. Jedoch lässt die Tatsache, dass man sich vor kurzem immerhin auf Bewirtschaftungsmaßnahmen für einige Tiefseebestände im Nordostatlantik einigen konnte, neuen Mut schöpfen. In meinem Bericht bin ich auf einige Bereiche eingegangen, in denen der Text zwar deutlicher als einige frühere Übereinkommen, aber weniger deutlich als das UN-Übereinkommen über Fischbestände ist. Einer der wichtigsten Punkte ist vermutlich der Hinweis auf den Vorsorgeansatz, der wesentlich schwächer ausfällt, als im neuen Abkommen über die Bewirtschaftung der Thunfischbestände im Westpazifik. Darauf gehe ich in meinem Bericht näher ein. Begrüßenswert ist dagegen die Aufnahme der Übergangsregelung für die Überwachung, Kontrolle und Inspektion in das SEAFO-Übereinkommen. Ob die SEAFO den hohen Erwartungen und ehrgeizigen Zielen gerecht wird, bleibt abzuwarten. Der Erfolg jeder Regionalen Fischereiorganisation hängt völlig vom politischen Willen der Vertragsparteien ab. In dieser Hinsicht bin ich, was das Verhalten der Europäischen Union betrifft, etwas besorgt. Unglücklicherweise, und damit hat sich die Europäische Union keine Ehre erwiesen, gab es im Laufe der Jahre in mehreren Organisationen zahlreiche Fälle, in denen die Europäische Union nicht auf den wissenschaftlichen Rat der Regionalen Fischereiorganisationen gehört hat. So gesehen geben die Geschehnisse in der Vergangenheit nicht gerade Anlass zu der Hoffnung, dass die EU alles in ihrer beträchtlichen Macht Stehende tun wird, um die Erhaltung der Fischereiressourcen im Südostatlantik zu fördern. Meine Hoffung besteht darin, dass in der Europäischen Union in dieser Frage ein Sinneswandel stattfinden wird. Ich wünsche der neuen SEAFO größtmögliche Erfolge bei der Fischereibewirtschaftung und hoffe, dass sich die EU in diesem Bereich als konstruktive Kraft erweisen wird. 3-321 Miguélez Ramos (PSE). – (ES) Herr Präsident, die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas gratuliert zur Errichtung einer neuen regionalen Fischereiorganisation, der Fischereiorganisation für den Südostatlantik (SEAFO), deren Zuständigkeitsbereich, 112 wie der Name schon sagt, sich auf den Südostatlantik erstrecken wird, sowie zur Beteiligung der Gemeinschaft an dieser Organisation. Dabei geht es – wie Frau McKenna sagte, die ich sehr herzlich zu ihrem Bericht beglückwünschen möchte – um die geordnete Bewirtschaftung einer Zone, die von der Gemeinschaftsflotte befischt wird und in der wir überdies Fischereibeziehungen zu den Anrainerstaaten unterhalten. Als Beteiligte an der SEAFO wird die Gemeinschaft zur Untersuchung und zur Ergreifung von Maßnahmen zum Schutz der Fischereiressourcen beitragen, indem sie eine verantwortungsbewusste Fangtätigkeit ausübt, wie sie das Internationale Seerecht vorsieht. Ich lege der Kommission und dem Rat nahe, im Interesse des Fischereisektors der Gemeinschaft eine Beteiligung der Gemeinschaft an allen bereits existierenden und zukünftigen regionalen Fischereiorganisationen (RFO) anzustreben, so wie es das Europäische Parlament in seiner Entschließung zum Grünbuch gefordert hat. Ich möchte an zwei Probleme erinnern: Das erste leitet sich aus der Tatsache ab, dass es in den RFO kein durchdachtes Abstimmungssystem gibt, wodurch die Gemeinschaft benachteiligt ist, weil sie, wie ein vertragschließender Mikrostaat lediglich über eine einzige Stimme verfügt; das zweite Problem ist die schleppende Umsetzung der von diesen regionalen Fischereiorganisationen gefassten und für die Gemeinschaft verbindlichen Beschlüsse in Gemeinschaftsrecht. Die Verwaltungsverfahren müssen beschleunigt werden. Ferner ersuche ich die Kommission, ihre Haltung vor der Teilnahme an den Zusammenkünften der SEAFO und der anderen RFO nach Konsultierung des Fischereisektors entsprechend festzulegen, was eine gute Kommunikation und reibungslose Verbindungen zwischen der Kommission und dem Fischereisektor erfordert. Ich komme nicht umhin, meine Besorgnis über eine von der Kommission in ihrem Reformvorschlag zur Gemeinsamen Fischereipolitik geäußerte Idee zum Ausdruck zu bringen, wenn sie hinsichtlich der RFO darauf hinweist, dass die Gemeinschaft nur dann intervenieren sollte, wenn für den Fischereisektor der Gemeinschaft wirkliches Interesse besteht. Was versteht die Kommission unter wirklichem Interesse? Mir scheint, dass diese Selbstbeschränkung vor allem den Fischereigrundsätzen der Gemeinschaft schadet, die sie, gemäß Artikel 174 des Vertrags, in allen Foren vertreten sollte. In Artikel 174 heißt es, dass die Politik der Gemeinschaft auf diesem Gebiet zur „Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme“ beiträgt. Ich denke, dass die Präsenz und die führende Rolle der Gemeinschaft in den RFO notwendig sind, um die Nachhaltigkeit der Ressourcen in europäischen und gleichermaßen in nichteuropäischen Gewässern – wie es 03/07/2002 die Kommission selbst zum Ausdruck gebracht hat – zu schützen, und um darüber zu wachen, dass die Interessen der Nationen, die Hochseefischerei betreiben, gebührend, das heißt, in demselben Maße wie die Interessen der Küstenstaaten berücksichtigt werden. Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas ersucht daher die Kommission, den gesamten Komplex der Gemeinschaftspolitiken in der SEAFO und in den anderen RFO zu koordinieren, und umgekehrt, dass die Kommission auch all ihre Politiken zum Schutz der Interessen der Gemeinschaftsflotte in der Welt koordiniert, weil sie nur so die Interessen der europäischen Fischer schützen kann. Es ist daher notwendig, der für die RFO zuständigen Stelle der Kommission ausreichend Personal und Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, damit diese Aufgaben erfolgreich in Angriff genommen werden können. 3-322 Lage (PSE). – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Fischereiressourcen zu schützen, zu bewahren und zu erhalten ist gleichbedeutend damit, die Natur zu schonen, die Meere als wertvolle und unersetzbare Lebensräume anzusehen, das Leben und die biologische Vielfalt zu schützen. Es ist aber auch eine zwingende Notwendigkeit für das Überleben menschlicher Tätigkeitsbereiche. Wenn man nämlich die Meere mit Raubbaumethoden ausbeutet, versiegen sie, und dies bedeutet auch das Ende für diese Tätigkeiten. Kein Meeresbereich sollte dem Raubbau überlassen bleiben, und darum überrascht es, dass ein so weites Meeresgebiet wie der Südostatlantik nicht der Ordnung und Bewirtschaftung irgendeiner Organisation unterliegt. Deshalb ist das Übereinkommen zur Errichtung einer Regionalen Fischereiorganisation für dieses Hochseegebiet des Atlantiks zu begrüßen, das auch schon im April 2001 von den wichtigsten Küstenstaaten und anderen interessierten Staaten unterzeichnet wurde. Aus diesem Grund erhält der Vorschlag für einen Beschluss über den Abschluss des Übereinkommens über die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen im Südostatlantik durch die Europäische Gemeinschaft unsere uneingeschränkte Unterstützung. Hinzu kommt noch, dass die betroffenen Arten durch ihre biologischen Merkmale und ihren Lebensraum sehr empfindlich sind. Die Berichterstatterin, die Frau Abgeordnete McKenna, hat gut daran getan, nur einen einzigen Änderungsantrag zu stellen und – trotz punktueller Kritik - das Übereinkommen als positiv einzuschätzen. Wir stehen auf ihrer Seite und danken ihr für ihre Arbeit. 3-323 Fischler, Kommission. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte zunächst Ihnen, Frau McKenna, für Ihren hervorragenden Bericht und dem Europäischen Parlament für die nachhaltige Unterstützung unserer Bemühungen bei den Verhandlungen über das SEAFOAbkommen danken. 03/07/2002 Unsere Bemühungen haben sich bezahlt gemacht, denn wir stehen kurz vor der Ratifizierung dieses Übereinkommens durch die Gemeinschaft. Seitdem wir uns 1997 den Verhandlungen zu diesem Übereinkommen angeschlossen haben, ist die Gemeinschaft aktiv daran beteiligt und wird nun zu den ersten Vertragsparteien gehören, die das Übereinkommen ratifizieren. Damit tragen wir entscheidend zu seinem raschen Inkrafttreten bei. Der Weg hin zu diesem Übereinkommen war beispielhaft für eine positive und aktive multilaterale Zusammenarbeit in der internationalen Fischerei. Dieses Übereinkommen setzt die jüngsten Entwicklungen des Seerechts um, und es ist ein echter Beweis für das Engagement aller Beteiligten für eine verantwortliche Fischerei in einer Meeresregion, deren Bestände sehr empfindlich sind. An dieser Stelle möchte ich drei Punkte hervorheben: Erstens schafft das Übereinkommen ein gutes System zur Überwachung und Kontrolle der Fischereitätigkeit in dieser Region. Zweitens enthält es ein gutes Gleichgewicht bei der Verteilung der Fischereimöglichkeiten auf Küstenstaaten und Entwicklungsländer. Und drittens hat das Übereinkommen den Streitbeilegungsmechanismus des internationalen Seerechts übernommen. Damit hat die SEAFO alle Chancen, eine durchsetzungsfähige Organisation zu werden, um die Ressourcen verantwortungsvoll zu bewirtschaften, illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischfang entschlossen zu bekämpfen, und sie wird einer Reihe von Küstenstaaten nützen, deren Volkswirtschaften in großem Maß von diesen Ressourcen abhängig sind. Ich komme jetzt zu Ihrem Änderungsantrag, Frau McKenna, dem die Kommission nur zustimmen kann. Es ist eine Tatsache, dass das UN-Übereinkommen ohne Ratifizierung der Gemeinschaft in Kraft getreten ist. Der Beschluss des Rates von 1998 sah eine rasche, gleichzeitige Ratifizierung durch die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten vor. Trotzdem sind heute in drei Mitgliedstaaten die internen Verfahren zur Ratifizierung noch immer nicht abgeschlossen. Das hindert die Gemeinschaft daran, Vertragspartei des UNAbkommens zu werden. Ich habe mich im Rat und bei den Mitgliedstaaten mehrmals persönlich dafür eingesetzt, diesen Vorgang zu beschleunigen. Ihre weiteren Anliegen, dass wir auf die Empfindlichkeit der Bestände, besonders von Tiefseearten - wie Sie das auch vorhin erwähnt haben -, im Geltungsbereich der SEAFO Rücksicht nehmen müssen, und dass sich die Gemeinschaft stärker für eine weitgehende Anwendung des Vorsorgeansatzes bei der Bewirtschaftung dieser Bestände durch die SEAFO engagieren muss, kann ich nur unterstützen. Ich kann Ihnen versichern, Frau Abgeordnete, dass sich die Gemeinschaft weiterhin aktiv an der Arbeit der SEAFO beteiligen wird. In unserer Mitteilung zur Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik haben wir deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es unser Anliegen ist, eine 113 Zusammenarbeit aller Küstenstaaten für eine nachhaltige und verantwortungsvolle Hochseefischerei zu erreichen. 3-324 Der Präsident. - Vielen Dank, Herr Kommissar Franz Fischler. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. 3-325 Gemeinsame Fischereipolitik 3-326 Der Präsident. - Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über folgende Berichte: - A5-0176/2002 von Herrn Busk im Namen des Ausschusses für Fischerei über den Bericht der Kommission über die Überwachung der Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik (KOM(2001) 526 C5-0008/2002 - 2002/2001(COS)); - A5-0228/2002 von Frau Attwooll im Namen des Ausschusses für Fischerei über die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Aufgedeckte Fälle von Verhaltensweisen, die einen schweren Verstoß gegen die Gemeinsame Fischereipolitik darstellen, im Jahr 2000 (KOM(2001) 650 - C5-0197/2002 - 2002/2093(COS)). 3-327 Busk (ELDR), Berichterstatter. – (DA) Herr Präsident, Herr Kommissar! Die Kommission hat vor kurzem einen Reformvorschlag für die zukünftige Fischereipolitik vorgelegt, und in diesem Zusammenhang ist der Bericht der Kommission über die Überwachung der Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik, um den es in meinem Bericht geht, ein sehr wichtiges Instrument. Wir müssen alle Erfahrungen aus der bisherigen Fischereipolitik nutzen, damit die zukünftige Fischereipolitik zu eindeutigen Verbesserungen führt. Verbesserungen sind notwendig, da die bisherige Fischereipolitik zu viele Schwachstellen aufweist. Ein markantes Beispiel sind die MAP-Programme, die keine wirkungsvolle Kontrolle der Zahl der Fischereifahrzeuge ermöglicht und nicht die erforderliche Reduktion der Fangflotte sowie eine wirkungsvolle Kontrolle der tatsächlichen Flottenkapazität gewährleistet haben. Einige Mitgliedstaaten sind ihrer Verpflichtung zur Unterrichtung der Kommission über den Fischereiaufwand ihrer Schiffe überhaupt nicht oder nur gelegentlich im Berichtszeitraum nachgekommen. Bedauerlicherweis gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Einhaltung der Verpflichtung über die Fangmeldungen an die Kommission. Zu viele Mitgliedstaaten vernachlässigen ihre Verpflichtungen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik. Das gilt auch für die Meldung von Daten, die Durchführung gemeinsamer Beschlüsse und die Nutzung ausreichender Mittel zur Gewährleistung der vollständigen Durchführung der 114 Gemeinsamen Fischereipolitik. Zur Durchführung der Gemeinsamen Fischereipolitik bedarf es der Anwendung eines wirkungsvollen Systems der Kontrolle, Durchsetzung und Meldung in allen Mitgliedstaaten. Das ist auch deshalb notwendig, um die Unterstützung und Anerkennung der Fischer für die beschlossenen Maßnahmen zu gewinnen. Die Fischer müssen zudem die Gewissheit haben, dass diese Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise umgesetzt werden. Die Verantwortung für die Durchführung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften gemäß den Grundsätzen der Gemeinschaft obliegt natürlich den Mitgliedstaaten. Vieles deutet darauf hin, dass sie mehr Hilfe brauchen, um diese Verpflichtung zu erfüllen. Letztendlich trägt die Gemeinschaft die oberste Verantwortung für eine befriedigende Durchführung. Die Mitgliedstaaten haben im Rahmen ihrer rechtlichen und administrativen Traditionen Kontrollregelungen erlassen und zuständige Behörden benannt. Außerdem haben sie die Fischereiinspektoren mit rechtlichen Befugnissen für die Kontrollen und die Einleitung entsprechender Verfahren ausgestattet. Damit wäre eigentlich alles geregelt. Die Voraussetzungen sind jedenfalls gegeben; die nationalen Behörden sind in der Lage, die Gemeinschaftsbeschlüsse umzusetzen. Bedauerlicherweise gibt es dabei aber, wie der Bericht der Kommission feststellt, erhebliche Unterschiede, was natürlich bei den Fischern den Eindruck entstehen lässt, innerhalb der Gemeinschaft ungleich behandelt zu werden. Dem Kommissionsbericht konnte ich auch entnehmen, dass die Fischereiinspektoren keine ausreichende Ausbildung besitzen. Ich kann zwischen den Zeilen lesen, dass sie teilweise nicht einmal zwischen Hering und Sprotte unterscheiden können. Wenn ich Recht habe und dem so ist, muss hier wirklich etwas getan werden – nicht zuletzt deshalb, weil die Ausbildung der Inspektoren zum Teil von der EU finanziert wird. Es ist einfach nicht hinnehmbar, dass, wie die Kommission feststellen musste, offenkundige Ausbildungs- und Erfahrungslücken im Bereich der Überprüfung der Einhaltung der Gemeinschaftsvorschriften bestehen. Es ist höchste Zeit, die Mitgliedstaaten daran zu erinnern, dass sie ihre Verpflichtungen ernster nehmen. Es geht um mehr Effizienz der einzelstaatlichen Verantwortung. So dürfen Überwachung, Kontrolle und Beaufsichtigung nicht, wie das in einem Mitgliedstaat der Fall ist, auf sieben Behörden verteilt werden, denn das führt dazu, dass sich keine wirklich zuständig fühlt. Verstöße müssen wirksam geahndet, und es müssen genügend Mittel für die Überwachungs- und Kontrollfunktion zur Verfügung gestellt werden. Ich habe der Kommission vorgeschlagen, über ein Belohnungssystem – z. B. in Form von zusätzlichen Quoten – für die Mitgliedstaaten nachzudenken, die die Gemeinschaftsvorschriften einhalten. Natürlich müssen auch schärfere Sanktionen für den Fall eingeführt werden, dass die Mitgliedstaaten sich nicht daran halten. Herr Kommissar, ich bin davon überzeugt, dass der Schlüssel zum Erfolg der Reform unserer Fischereipolitik im Bereich der Kontrolle zu finden ist. 03/07/2002 3-328 Attwooll (ELDR), Berichterstatterin. – (EN) Herr Präsident, es ist schon etwas merkwürdig, dass ich mich so spät am Abend mit Verstößen beschäftigen soll, die mehr als zwei Jahre zurückliegen und unter Umständen begangen wurden, für die die Kommission bereits Reformvorschläge vorgelegt hat. Dennoch lohnt sich die Mühe, denn drei Punkte bieten Anlass zu Besorgnis; zwei beziehen sich auf die Mitteilung, einer auf den Vorschlag. Zunächst einmal geht es um Verzug. Die für Juni vorgesehene Kommissionsmitteilung wurde erst im November veröffentlicht. Die entsprechende Mitteilung für das Jahr 2001 ist bereits mehr als einen Monat überfällig. Ich hoffe, die Kommission kann dem Ausschuss für Fischerei versichern, dass eine Veröffentlichung kurz bevorsteht. Zweitens geht es um den Inhalt. Nicht alle Mitgliedstaaten haben wie erforderlich in elektronischer Form Bericht erstattet, und es wurden nicht immer die zutreffenden Codes benutzt. Einige Berichte waren unvollständig oder unleserlich. Ein Mitgliedstaat hat im vergangenen Jahr überhaupt nicht Bericht erstattet, obwohl er, wenn ich mich Recht erinnere, in den vergangenen Jahren immer seiner Pflicht nachgekommen ist. Nach Durchsicht der Unterlagen musste ich feststellen, dass die Mitgliedstaaten bei der Einordnung der Verstöße nicht immer einheitlich vorgegangen sind. Einige Strafen scheinen zusammenfassend verhängt worden zu sein, so dass der prozentuale Anteil der Fälle, in denen Strafen verhängt wurden, nur schwer festzustellen ist. Dies alles ist sehr bedauerlich, da es, wie auch die Kommission selbst zugegeben hat, auf diese Weise unmöglich ist, eindeutige und einheitliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Aus inoffiziellen Kontakten mit der Kommission geht hervor, dass die Qualität der Berichterstattung für 2001 besser gewesen ist. Der Ausschuss für Fischerei hofft nun, dass sie sich um eine umfassendere und ausgefeiltere Analyse bemühen werden. So kann z. B. die Zahl der von den Mitgliedstaaten erfassten Verstöße nur dann richtig gedeutet werden, wenn auch die Größe der beteiligten Flotten in Betracht gezogen wird. Der Kommissar wird es mir hoffentlich nicht übel nehmen, wenn ich davon ausgehe, dass von Seiten Österreichs mit bedeutend weniger Verstößen zu rechnen ist, als von Seiten einiger anderer Mitgliedstaaten. Allgemein betrachtet müssen wir, und auch bei Vorliegen besserer Daten, bei der Interpretation umsichtiger vorgehen. Bedeutet die Erfassung eines höheren Prozentsatzes von Verstößen, dass tatsächlich mehr Verstöße begangen wurden oder dass einfach nur die Aufdeckungsrate höher ist? Und sollten die auferlegten Strafen in absoluten Zahlen vergleichbar sein oder unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in den betreffenden Mitgliedstaaten? Bei einer richtigen 03/07/2002 Auslegung könnten die Informationen jedoch für den Umgang mit Verstößen im Verlauf der Reform der GFP von großem Nutzen sein. Die Mitteilung liefert ausreichend Beweise dafür, dass die Bandbreite an Strafen recht groß ist. Was z. B. Fälschungen oder unterlassene Eintragungen in Logbücher betrifft, variieren die Durchschnittsgeldbußen in den Mitgliedstaaten zwischen 88 Euro und 16 020 Euro. Der Ausschuss für Fischerei begrüßt die Tatsache, dass sich die Kommission in Kapitel 5 ihres Vorschlags über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen mit der Harmonisierung von Strafen befasst hat. Doch dies bringt mich zum dritten Punkt, der Anlass zu Besorgnis gibt: die Wortwahl orientiert sich nicht vollständig an den Punkten unseres Berichts. Zunächst fordern wir, dass für die Definition und Einstufung des Tatbestands sowie der Strafen objektive Kriterien zugrunde gelegt werden. Diesbezüglich möchten wir hervorheben, wie nützlich die in diesem Bericht genannten Daten sein können, wenn sie richtig ausgelegt werden. Zweitens enthält der Bericht die Forderung nach einem einheitlichen System von Mindeststrafen, während dieser Punkt im Vorschlag keinerlei Erwähnung findet. Sogar im Falle schwerer Vergehen können einige Tatbestände schwer wiegender als andere sein. Es ist zweckmäßig, eine Unterscheidung zwischen einem erstmaligen oder einem wiederholten Verstoß oder zwischen Fällen vorzunehmen, in denen ein beabsichtigter Verstoß oder ein wirkliches Fehlverhalten vorliegen. Im Sinne der Gerechtigkeit ist es wichtig, dass nicht alle Fälle gleich behandelt werden, sondern für gleich gelagerte Fälle auch vergleichbare Strafen verhängt werden. Aus diesen Gründen und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gewaltenteilung wäre es unverantwortlich, eine Ermessensausübung der Gerichte und Verwaltungen in diesem Zusammenhang auszuschließen. Vorbehaltlich dieser Einschränkung bin ich der Auffassung, dass wir weitere Fortschritte bei der Umsetzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung erzielen können, der, zusammen mit Maßnahmen wie der Einsetzung von regionalen Beratungsgremien einen wichtigen Beitrag dazu leisten kann, das Vertrauen unserer Fischergemeinschaften in die Gemeinsame Fischereipolitik zu gewinnen. Die ausführlichen Vorschläge des Kommissars zu diesem Thema erwarten wir mit Spannung. Ich versichere dem Kommissar, dass wir sie genauestens prüfen werden. 3-329 Miguélez Ramos (PSE). – (ES) Herr Präsident, die sozialistische Fraktion möchte ihre herzlichsten Glückwünsche und ihre Befriedigung über die Berichte von Frau Attwooll und von Herrn Busk sowie über die 115 zwei Mitteilungen der Kommission Kontrollsystem zum Ausdruck bringen. über das Zufrieden sind wir auch, und dies ist an die Adresse von Kommissar Fischler gerichtet, über die auf dem Gebiet der Inspektion und Kontrolle erzielten Fortschritte, die der von der Europäischen Kommission angenommene Reformvorschlag zur GFP voraussetzt. Insofern stimmen wir vollkommen mit der Kommission überein, wenn sie sagt, dass die derzeitigen Maßnahmen zur Kontrolle und zur Umsetzung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften unzureichend waren, um EU-weite einheitliche Bedingungen zu gewährleisten. Darunter hat die Glaubwürdigkeit der GFP gelitten. Wir unterstützen den Vorschlag, wie vom Europäischen Parlament gefordert, ein gemeinsames Inspektions- und Kontrollsystem zu errichten. Dies wird sich als ein großer Schritt in Richtung auf eine stärkere Vergemeinschaftung der Gemeinsamen Fischereipolitik erweisen. Gleiches würden wir auch gern in anderen Bereichen dieser Politik reflektiert sehen. Dieser Schritt wird in dem Sinne, wie es das Europäische Parlament fordert, zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden führen und uns einem Gemeinsamen Inspektionssystem auf Gemeinschaftsebene sowie einheitlichen Regelungen näher bringen, darunter auch zur Höhe finanzieller Sanktionen. Ferner wird das Problem der momentan aufgrund fehlenden Personals und fehlender Finanzmittel unzulänglichen Kontrollen, die sich auf vereinzelte Inspektionen von Anlandungen beschränken, gemildert. Auch die wesentlichen Unterschiede bei von den Mitgliedstaaten durchgeführten Inspektionen und verhängten Sanktionen lassen nur wenig effektive Kontrollen zu. Daher forderten wir in der Entschließung zum Grünbuch – ich war Berichterstatter – ein harmonisiertes europäisches Inspektions- und Kontrollsystem, das durch alle Experten gleichermaßen anwendbar ist, niemanden benachteiligt und sich durch ein einheitliches System von Vorschriften und Sanktionsverfahren auszeichnet, das auf mehr Konformität seitens des Fischereisektors baut. Ohne ein solches System sind alle Anstrengungen zur Erhaltung der Ressourcen und zu einer rationalen Bewirtschaftung der Fischbestände zum Scheitern verurteilt. Die Kontrolle kann jedoch nicht effektiv erfolgen, wenn es keine Abstimmung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten gibt und letztere, wie Frau Attwooll sagte, nicht ihrer Meldepflicht bei Verstößen auf diesem Gebiet nachkommen. Daher bitte ich den Kommissar, uns möglichst anzuzeigen, was die Kommission angesichts der Versäumnisse von Mitgliedstaaten, die den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 2740/1999 nicht nachgekommen sind und auf die die Kommission in ihrer bevorstehenden Mitteilung hinweist, unternommen hat. Ferner bitte ich den Kommissar, uns mitzuteilen, ob man Frankreich um Aufklärung ersucht hat, warum es keinerlei Informationen übermittelt hat und welche Antwort gegeben wurde. 116 Wie Frau Attwooll bemerkte, kann man ohne das alles unmöglich gesicherte Schlussfolgerungen ziehen. Abschließend schließen wir uns dem Antrag meines Kollegen Busk an, mit dem die Kommission um die Ausarbeitung eines Katalogs von effizienteren und abschreckenderen Sanktionen gebeten wird, in dem die in den einzelnen Mitgliedstaaten gesammelten Erfahrungen zu Grunde gelegt werden und der als Leitfaden für alle dienen kann. Wir sind uns sicher, dass ein effizientes, objektives und homogenes europäisches Kontrollsystem zu einer breiteren Unterstützung sowie einer stärkeren Beachtung der Verordnungen auf dem Gebiet der Fischerei seitens der Fischer führen wird. 3-330 McKenna (Verts/ALE). – (EN) Herr Präsident, aus den hervorragenden Berichten von Frau Attwooll und Herrn Busk geht ganz klar hervor, dass die Kontroll- und Überwachungssysteme in der Europäischen Union einiges zu wünschen übrig lassen. Seit ich vor einigen Jahren meinen Bericht über die Kontrollen erstellt habe, hat sich nur sehr wenig geändert. Die Anwendung der Kontrollverordnung innerhalb der Gemeinschaft erfolgt ausgesprochen lückenhaft: einige Mitgliedstaaten setzen Teile davon gut und wieder andere weniger gut um. Die Höhe der Geld- und sonstigen Strafen weist innerhalb der Gemeinschaft große Unterschiede auf, obwohl wir über eine gemeinsame Liste schwerer Verstöße verfügen. Was wir dringend benötigen, ist eine EU-weite Koordinierung der Kontrollen und der Überwachung. Die Glaubwürdigkeit der Fischereipolitik steht in diesem Bereich auf dem Spiel. Anders formuliert müssen der Kommission diesbezüglich umfangreichere Zuständigkeiten erteilt werden, wie wir es im Parlament seit langen Jahren fordern. Daher unterstütze ich den im Reformpaket der Kommission enthaltenen Vorschlag, eine EU-Inspektion einzurichten, und meine Fraktion wird für beide Berichte stimmen. 3-331 Souchet (NI). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie der Berichterstatter des Ausschusses für Fischerei, unser Kollege Niels Busk, zu den Fragen der Überwachung der Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik betonte, ist es wichtig, dass die Regeln dieser Politik von den Fischern für gerecht, angemessen und verhältnismäßig empfunden werden, damit sie deren Unterstützung finden. Ich zitiere unseren Berichterstatter: „Die Unterstützung und Einhaltung der Fischereiverordnungen seitens der Fischer wird sich durch die Einbeziehung der Fischerorganisationen in den Entscheidungsprozess verbessern.“ Dies ist ein wesentlicher Punkt. Wenn die betroffenen Berufsangehörigen nicht eng in die Ausarbeitung der Entscheidungen und die Festlegung der Bestandsschutzund technischen Maßnahmen eingebunden werden, wenn sie feststellen, dass die Gemeinsame 03/07/2002 Fischereipolitik ungerecht und gegen sie gerichtet ist, wenn sie das Gefühl haben, von vornherein als Zuwiderhandelnde angesehen zu werden, dann können die Bestimmungen der Gemeinsamen Fischereipolitik niemals angemessen durchgesetzt werden, und keine Strafbestimmungen werden daran etwas ändern. Leider ist der von der Kommission gewählte Weg, um den Reformprozess für die Gemeinsame Fischereipolitik in die Wege zu leiten, genau das Gegenteil einer solchen notwendigen gemeinsamen Erarbeitung der neuen Regeln. Dennoch haben sich die Fischerorganisationen sehr aktiv und konstruktiv in den von der Kommission nach der Veröffentlichung ihres Grünbuchs in Gang gebrachten Konzertierungsprozess eingebracht. Sie meinten, die Reform der gemeinsamen Fischereipolitik würde die Möglichkeit bieten, mit der traurigen Tradition der von oben durchgesetzten Politiken zu brechen und Vertrauen wiederherzustellen. Umso mehr erfüllt es sie mit Bitterkeit, sich heute einem Reformprojekt gegenüber zu sehen, das ihre Vorschläge dennoch nicht berücksichtigt. Somit kommt zu dem grundsätzlichen Irrtum, welcher der Kommission unterlaufen ist, nun auch noch ein methodischer Irrtum hinzu. Was die Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung der Bestände anbelangt, will uns die Kommission - anstatt in Übereinstimmung mit der Interessenlage der Fischer Verfahren anzustreben, die mehr Abstimmung und Übernahme von Verantwortung erfordern - mehr Autoritarismus und Zentralisierung auferlegen, auch wenn beispielsweise durch die Einrichtung regionaler Beratungsausschüsse ein anderer Eindruck entstehen könnte. Rücksichtslos und willkürlich sind die Maßnahmen zur Regulierung des Fischereiaufwandes, die zunehmend auf das Abwracken von Schiffen und das Ausscheiden von Seeleuten hinauslaufen. Sollten solche Maßnahmen verabschiedet werden, so steht zu befürchten, dass die Kontrolle über die Umsetzung der künftigen Gemeinsamen Fischereipolitik in Zukunft noch viel problematischer sein wird als heute. Aber noch ist Zeit, Herr Kommissar, sich zu verbessern und den von der Basis an Sie gerichteten Signalen Gehör zu schenken. Sie wissen ja, dass Ihre Vorschläge nicht gerade auf Begeisterung gestoßen sind, sondern in unseren Häfen und an unseren Küsten Empörung ausgelöst haben. Wenn Sie es vermögen, den Grund dieser Empörung zu verstehen, werden Sie schnell feststellen, dass unseren Fischern eine nachhaltige Gestaltung des Fischfangs weitaus mehr am Herzen liegt als Ihren Umweltschützern, die vom Schreibtisch aus agieren. 3-332 Cunha (PPE-DE). – (PT) Herr Präsident! Angesichts der wachsenden Anzeichen für eine Dezimierung vieler Fischbestände hat die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) die Komponente des Schutzes und der Erhaltung dieser Ressourcen zunehmend einbezogen und verstärkt. Es handelt sich um eine Frage staatsbürgerlicher und politischer Verantwortung, denn solche Maßnahmen 03/07/2002 sind unbedingt erforderlich, um die Zukunft der Fischerei selbst und der Fischer zu sichern, auch wenn sie möglicherweise zunächst nicht besonders populär sind. Um die wirksame Umsetzung dieser wichtigen Dimension der GFP zu gewährleisten, gibt es seit geraumer Zeit einen Komplex von gemeinschaftlichen Kontroll-, Inspektionsund Überwachungsmechanismen, deren Einhaltung im Wesentlichen von den Mitgliedstaaten abhängt. Die Kommission hat jetzt einen Bewertungsbericht über die Umsetzung dieser Mechanismen in den Mitgliedstaaten vorgelegt. Dieser Bericht zeigt, dass es große Unterschiede bei der Auslegung und praktischen Anwendung dieser Maßnahmen gibt, und zwar insbesondere bei den Kontrollund Überwachungseinrichtungen, der Ausbildung der Inspektoren, der Häufigkeit der Kontrollmaßnahmen und den Sanktionsverfahren. Auch der Bericht der Frau Abgeordneten Attwooll beleuchtet einige der genannten Probleme. Aus diesen Unterschieden ergibt sich zwangsläufig eine objektive Ungleichbehandlung der Fischer in den einzelnen Mitgliedstaaten. Dies äußert sich letzten Endes auch in einer Wettbewerbsverzerrung. Dazu kam es beispielsweise bei den bekannten Mehrjährigen Ausrichtungsprogrammen für die Fischerei, den MAPF, bei denen jene Mitgliedstaaten, die die festgelegten Ziele nicht einhielten, keinerlei Sanktionen unterlagen, so dass die Täter letztlich noch begünstigt wurden. In diesem Bericht erklärt die Kommission nun, dass die Kontroll- und Überwachungsmechanismen der Fischerei wesentlich gestärkt werden müssen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, dass die Gruppe der Inspektoren der Kommission gegenüber den nationalen Behörden unabhängig handeln kann. Wir sind mit dieser Absicht einverstanden, und jetzt muss diese Debatte in die Debatte über die GFP nach 2002 eingebunden werden. Abschließend möchte ich nur noch sagen, dass ich dem Kollegen Niels Busk für die Unterstützung, die er dem Ausschuss für Fischerei erwiesen hat, und für seinen Bericht danke, dessen Inhalt wir im Wesentlichen zustimmen. 3-333 Lage (PSE). – (PT) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, Herr Kommissar! Die Berichte Busk und Attwooll sowie die Dokumente der Kommission, die sie behandeln, kommen zum richtigen Zeitpunkt und sind von größtem Nutzen. Tatsächlich befinden wir uns ja an einem Wendepunkt, an dem die Gemeinsame Fischereipolitik in all ihren Kapiteln einen Revisionsprozess durchläuft. Die Berichte tragen nun dazu bei, einen wesentlichen Bestandteil der Fischereipolitik zu erhellen und aufzuklären: die Kontrolle und die Sanktionen. Die Erhaltung von knappen, aber erneuerbaren Ressourcen ist eine lebenswichtige Frage, das kann man nicht oft genug wiederholen. Die fischereiliche 117 Sterblichkeit kann bekanntlich auf verschiedene Weise gesteuert werden, etwa durch eine Begrenzung der Fangmengen (TAC und Quoten) und die Begrenzung des Fischereiaufwands (Begrenzung der Seetage und periodische Einstellung des Fischfangs). Die Fangstruktur kann auch noch über technische Maßnahmen gesteuert werden, z. B. Maschenöffnungen, Fischmindestgrößen, Sperr- und Schongebiete). Der springende Punkt ist jedoch, dass die Kontrollregelungen sicherstellen sollen, dass diese Bestandserhaltungsmaßnahmen von den Fischern eingehalten werden. Leider ist heute festzustellen, dass die Wirksamkeit und Qualität der Fischereikontrollen unterschiedlich ist und viel zu wünschen übrig lässt. Manche Tätigkeiten werden effektiv kontrolliert, andere bleiben von jeder Kontrolle verschont. Sicher hat es Fortschritte gegeben, doch wie alle sagen, reichen sie nicht aus! Die Kontrollen und die verhängten Sanktionen fallen, wie es im Bericht heißt, je nach Mitgliedstaat so unterschiedlich aus, dass im Endergebnis ungerechte Unterschiede zwischen den Fischern in den einzelnen Länder entstehen, was die Zuverlässigkeit, Akzeptanz und Einhaltung der Gemeinschaftsvorschriften beeinträchtigt. Unter diesen Umständen ist es dringend erforderlich, das Kontrollinstrumentarium der Gemeinschaftsfischerei in den Bereichen Überwachung, Kontrolle und praktische Anwendung zu vervollkommnen. Gestatten Sie mir zum Abschluss, dass ich den Herrn Kommissar darin bestärke, sich um Kompromisse und Anpassungen zu bemühen, die seinen - so kontroversen Reformvorschlag für die Mitgliedstaaten annehmbar machen. Wir hoffen aufrichtig, dass bis Ende dieses Jahres eine Einigung erzielt werden kann und man nicht in einem Morast von Unklarheiten versinkt. 3-334 Nogueira Román (Verts/ALE). – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar! Die Mitteilungen der Kommission und die Berichte unserer Kollegen Busk und Attwooll zeigen, dass die Gemeinsame Fischereipolitik ein Riese auf tönernen Füßen ist! Für die GFP verfügt die Kommission über eine große politische Gesetzgebungsbefugnis, aber ein sehr schwaches Instrumentariums, was die Kommission selbst eingestehen muss. Bei der Leitung der Gemeinsamen Politik und bei der Kontrolle ihrer Umsetzung fehlt es ganz offenkundig an finanziellen Mitteln. Außerdem bestehen zwischen Staaten große Unterschiede bei den Kontrollen und bei den Sanktionen für die gleichen Verhaltenverstöße, was ein gewisses Misstrauen gegen die Gemeinsame Fischereipolitik hervorruft. Dieser Mangel beim Instrumentarium äußert sich auch im Fehlen von Personal und Finanzmitteln, in der Beteiligung der Regionalen Fischereiorganisationen und bei den Abkommen mit Drittländern sowie in den wissenschaftlichen Untersuchungen der 118 Fischereiressourcen, wo die glaubwürdiges System besitzt. 03/07/2002 Kommission kein bemühen, wenn wir in irgendeiner Hinsicht Erfolge erzielen wollen. Ich meine, wenn man das alles berücksichtigt, wäre es doch besser, die Reformierung der GAP damit zu beginnen, dass man für die Kommission die erforderlichen Verwaltungsund Finanzierungsinstrumente bereitstellt und den gleichberechtigten Zugang zu den Gemeinschaftsmeeren und den Fangmengen festlegt, und zwar stets nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung. Die Kommission hat empfohlen, die 6- und 12-MeilenZonen beizubehalten, um die anfällige Küstenfischerei zu schützen. Interessant ist dabei, dass die Kommission in dem ursprünglichen Entwurf der Reformvorschläge für die GFP, die im März durchsickerten, angegeben hat, dass die 6- und 12-Meilen-Zone ein fester und zeitlich unbegrenzter Bestandteil der GFP werden sollte. So wurde es formuliert. Diese Anmerkung ist nun auf mysteriösem Wege verschwunden und wurde lediglich durch die Bestätigung der Notwendigkeit von 12Meilen-Zonen ersetzt. Trotz der Versicherungen von Herrn Fischler, dass er dem Druck des spanischen Premierministers Aznar nicht nachgegeben hat, scheinen die spanischen Drohungen, gegen die Kommission in der Frage der Übereinkommen über den freien Zugang vor dem Gerichtshof Beschwerde einzulegen, doch Früchte getragen zu haben. Diese Änderungen sind sehr enttäuschend und alarmierend. Eine Erklärung, warum sie vorgenommen wurden, würde ich doch sehr begrüßen. 3-335 Parish (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, eingangs möchte ich eine kurze Rede meiner Kollegin Brigitte Langenhagen verlesen, die heute Abend nicht hier sein kann: „In dieser Woche hat der dänische Ratsvorsitz seine Tätigkeit aufgenommen, und bezüglich der Fischerei wird er vor einer schweren Aufgabe stehen. Wir befinden uns am Scheideweg und sind leider im Verzug. Wenn Sie sich die Fischbestände in unseren Gewässern anschauen, dann werden Sie begreifen, dass wir nicht viel Zeit zu verlieren haben. In meinen Augen geht aus den beiden Berichten, die wir nun erörtern, ganz klar hervor, dass wir handeln müssen. In einigen Mitgliedstaaten mangelt es an Zusammenarbeit, wodurch eine ordnungsgemäße Umsetzung der GFP behindert wird. Die Kontrollen müssen verschärft und einheitliche Sanktionen innerhalb der EU geschaffen werden. Ich bin daher der Ansicht, dass Europa mit dieser Reform der GFP seine Glaubwürdigkeit zurückgewinnen muss. Eine umfangreiche Reform kann nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn die Beteiligten die Anordnungen aus Brüssel verstehen und an den Erfolg der zu ergreifenden Maßnahmen glauben. Natürlich wollen wir auch im kommenden Jahrzehnt und darüber hinaus noch Fischerei betreiben, also lassen Sie uns unsere Kräfte bündeln und nach der richtigen Lösung suchen.“ Ich werde nun mit meinen eigenen Worten fortfahren. Der Berichterstatter, Herr Busk, sowie Frau Attwooll, haben bei der Erstellung dieser Berichte hervorragende Arbeit geleistet. Ich möchte Ihnen für ihre hilfreichen und unermüdlichen Bemühungen danken. Jedoch gestalten sich diese Maßnahmen derart, als würde man, um ein Sprichwort zu benutzen, erst dann handeln, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Wir werden lediglich dazu gezwungen, derart drastische Maßnahmen zu ergreifen, weil die GFP völlig fehlgeschlagen ist. Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dass diese Politik eine absolutes Desaster war und einen großen Anteil an der umweltbezogenen und wirtschaftlichen Katastrophe hat, in der wir uns jetzt befinden. Ich sehe und unterstütze die Notwendigkeit einer sofortigen Einführung von Kontrollund Überwachungsmaßnahmen der Fischereiflotten in europäischen Gewässern. Wir müssen alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen nutzen, insbesondere die Satellitentechnologie, und uns um eine strenge und einheitliche Umsetzung in allen Mitgliedstaaten Eine grundlegende Maßnahme ist die Rückübertragung der Zuständigkeiten für die Bewirtschaftung innerhalb der 12-Meilen-Grenzen an die betreffenden Mitgliedstaaten. Sie müssen eine umfassendere Zuständigkeit für Maßnahmen der Bestandserhaltung und -bewirtschaftung und deren Durchsetzung für alle Schiffe gleich welcher Herkunft erhalten, die sich innerhalb dieser Zonen bewegen. Was die strittige Frage der Rückwürfe betrifft, so ist es an der Zeit, dieses klägliche Übel endgültig aus der Welt zu schaffen. Wir können nicht weiter eine Strategie verfolgen, bei der alljährlich insgesamt 2 Millionen Tonnen gesunder Fische - 25 % des gesamten Fischfangs in der EU - tot zurück ins Meer geworfen werden. Die britischen Fischer sind sehr aufgebracht über die Rückwürfe, denn sie machen ständige fast 50 % ihrer Fänge aus. Ein Großteil des Problems lässt sich auf unseren Umgang mit den zulässige Gesamtfangmengen und den Quoten zurückführen. Dies müssen wir uns deutlich vor Augen führen. Die zulässigen Gesamtfangmengen und Quoten wurden nicht aus Gründen der Bestandserhaltung in die GFP aufgenommen, sondern um den Austausch von Fischereirechten zu unterstützen. Viele würden jedoch anbringen, das „Gerechtigkeit“ nicht unbedingt ein Wort ist, das für die GFP gilt. Als Großbritannien der GFP im Jahre 1972 beitrat, bedeutete das damals geschlossene Übereinkommen einen Schlag ins Kontor der britischen Fischwirtschaft. Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass die GFP in den Augen vieler Menschen nun ihre allerletzte Chance erhält, denn für einen zweiten Fehlschlag steht zuviel auf dem Spiel. 3-336 Pérez Álvarez (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident, meine Damen und Herren, Herr Kommissar! Zunächst möchte 03/07/2002 ich den Berichterstattern für ihre gute Arbeit und ihre Anstrengungen bei der Ausarbeitung der beiden Berichte danken. Verstöße oder potenzielle Verstöße gegen Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik sind vielfältig, und es ist eine Tatsache, dass die Verstöße unentdeckt und verborgen bleiben können, weil es an Auskünften seitens der Mitgliedstaaten sowie an Bezugspunkten und Vergleichsmöglichkeiten fehlt oder auch weil Schwierigkeiten in der Auslegung und im Verständnis auftreten, da es keine Angaben über vorgeschlagene Sanktionen, über die Flottenstärke, über effizientere Kontrollmittel und -mechanismen etc. gibt. Auch wenn ich einsehe, dass es eine gewisse Flexibilität bei der Auslegung von Vorschriften und bei der Bewertung von Verhaltensweisen geben muss, so glaube ich doch, dass es an der Zeit ist, auf eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen nationalen Kontrollbehörden zu setzen, um über Sanktionen für begangene Verstöße zu informieren. Ferner ist es an der Zeit, auf wirklich abschreckendem, effektive und effiziente Sanktionen zu setzen, und zwar durch Gleichbehandlung und durch einen kühnen Beschluss, der die Einfuhr von Produkten aus illegalem Fischfang in die Europäische Union verhindert. Die häufigsten und schwersten Verstöße betreffen den illegalen Fischfang, der nicht deklariert und nicht reglementiert wird, der gegen den Schutz der Fischereiressourcen verstößt und überdies diejenigen Fischer bestraft, die keine Verstöße begehen. Und die illegalen Aktivitäten derjenigen – ich spreche von den Gesetzesbrechern –, gegen die vielleicht Geldstrafen verhängt werden, werden weder verhindert noch unrentabel, und ebenso wenig werden diese Gesetzesbrecher davon abgehalten, mit ihrem illegalen Fischfang fortzufahren. Fazit ist, wir müssen ein wirkungsvolles System der Kontrolle, Durchsetzung und Berichterstattung entsprechend Erwägung A errichten, das aber zugleich auch eine wechselseitige Verantwortung und ein gegenseitiges Vertrauen sowie eine einheitliche Verpflichtung zur effektiven und gesicherten Berichterstattung über Verstöße in allen Mitgliedstaaten erfordert. Wenn wir die Reform der GFP für diese Zielsetzungen nutzen würden, Herr Kommissar, könnten wir der Aktion der Europäischen Union größere Transparenz und Effizienz verleihen. 3-337 Fischler, Kommission. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Beide in der jetzigen Debatte gemeinsam zu behandelnden Berichte befassen sich mit der Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik. Ich begrüße es sehr, dass Sie, Herr Busk, und der Ausschuss für Fischerei den Bericht der Kommission über die Überwachung der Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik unterstützen. 119 Wir sind uns darüber einig, dass Kontrollen und die Durchsetzung der Rechtsvorschriften Schlüsselthemen in der Gemeinsamen Fischereipolitik sind. Die Verbesserungen der Mitgliedstaaten bei der Kontrolle und Durchsetzung sind jedoch bislang nur ein Flickenteppich geblieben. Die Fischer fühlen sich daher zu Recht unterschiedlich behandelt. Es gibt in den Mitgliedstaaten ungleiche Wettbewerbsbedingungen und vollkommen ungleiche Ahndungen von Verstößen. Wir haben die Debatte im Europäischen Parlament über diesen Bericht aufmerksam verfolgt. Ihre Empfehlungen nehme ich zur Kenntnis. Ich werde der Kommission im zweiten Halbjahr dieses Jahres einen Aktionsplan für mehr Zusammenarbeit bei Kontrolle und Durchsetzung sowie über die gemeinsame Fischereiaufsicht vorlegen. Ziel dieses Aktionsplans wird neben einer wirksameren Kontrolle und Durchsetzung vor allem eine einheitlichere Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik sein. Sie fordern in Ihrem Bericht eine Liste von Sanktionen. Die Kommission begrüßt das. Die Grundlage dafür sind die Vorschläge zur Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik. Sobald diese verabschiedet sind, werden wir dem Europäischen Parlament und dem Rat auch eine solche Liste vorlegen. Zum Bericht von Frau Attwooll möchte ich sagen, dass ich mich ausdrücklich für ihre positive Stellungnahme zu unserer Mitteilung bedanken möchte. Sie, Frau Abgeordnete, haben damit klar zum Ausdruck gebracht, dass das Europäische Parlament und die Kommission bei der Gleichbehandlung gleichartiger Verstöße und bei der Forderung nach einheitlichen Sanktionen am gleichen Strang ziehen. Ziel unserer Mitteilung war es, transparent zu vergleichen, wie die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik befolgt und im Falle einer Übertretung auch geahndet werden. Die Übertretungen betreffen zum Beispiel die Nichtbeachtung der Vorschriften für Lizenzen, erlaubtes Fanggerät oder die Frage der Anlandungen und Kontrollen. Wir hatten bei der Ausarbeitung unserer ersten Mitteilung folgende grundlegende Probleme: Erstens haben die meisten Mitgliedstaaten die Angaben viel zu spät und nicht im vorgeschriebenen Format übermittelt, was eine computergestützte Verarbeitung ermöglichen sollte, die durch dieses Versäumnis erschwert wurde. Zweitens hat es ein Mitgliedstaat, nämlich Frankreich, bevorzugt, zunächst einmal überhaupt keine Angaben zu machen. Drittens haben einige Mitgliedstaaten Informationen nur lückenhaft übermittelt. Nun kann ich sagen, dass in der Zwischenzeit alle Mitgliedstaaten den Anforderungen der Verordnung 2740/99 nachgekommen sind. Aber diese Vorgehensweise, die zunächst eingeschlagen wurde, macht natürlich einen Vergleich der Situationen in den Mitgliedstaaten sehr, sehr schwierig. Aus den übermittelten Informationen konnten wir aber dennoch 120 folgende Schlüsse ziehen: Erstens, die meisten Verstöße betreffen das Fischen ohne Fangerlaubnis für eine bestimmte Zone. Zweitens: In einigen Mitgliedstaaten wird eine Übertretung strafrechtlich geahndet, in anderen wiederum nur verwaltungsmäßig. Drittens: Bei den Strafen gibt es zwischen den Mitgliedstaaten große Unterschiede. Häufig sind die Strafen überhaupt nicht so angelegt, dass sie abschreckend wirken. Wir haben daher im Rahmen der GFP-Reform gezielte Vorschläge vorgelegt. Wir brauchen einheitliche Vorschriften zur Durchsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik. Die Sanktionen müssen wirksam und auch geeignet sein, dem Verantwortlichen seinen wirtschaftlichen Gewinn aus der Übertretung zu entziehen, und wir brauchen Maßnahmen, die die Wiederholung von schweren Verstößen verhindern. Auch für die Mitteilung über Verstöße, die im Jahr 2001 aufgedeckt wurden, haben die meisten Mitgliedstaaten ihre Berichte wiederum nicht rechtzeitig eingereicht. Deshalb konnte auch die Kommission die Frist der zweiten Mitteilung, nämlich den 1. Juni 2002, nicht einhalten. Die Aufforderung, das Parlament künftig bis zum 15. April darüber in Kenntnis zu setzen, welche Mitgliedstaaten ihrer Berichtspflicht nicht nachgekommen sind, greife ich daher gerne auf. Ich werde das gerne tun, damit in der Öffentlichkeit klar wird, wer hier säumig ist und wer nicht. 3-338 Der Präsident. - Vielen Dank, Herr Kommissar Franz Fischler. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. 10 (Die Sitzung wird um 23.35 Uhr geschlossen.) 10 Tagesordnung für die nächste Sitzung: siehe Protokoll. 03/07/2002 03/07/2002 121 INHALT SITZUNG AM MITTWOCH, 3. JULI 2002 5 Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung ..................... 5 Tätigkeitsprogramm des dänischen Ratsvorsitzes .......................................... 6 Abstimmungen ..................................... 33 Bekämpfung des Hungers ................... 50 Konsequenzen des Schutzgesetzes für Bedienstete der Vereinigten Staaten auf die transatlantischen Beziehungen .... 62 Teilnutzungsrechte an Immobilien...... 73 Fragestunde (Rat) ................................. 78 Maschinen ............................................. 94 Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ........................... 97 Revision der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates: Unternehmenszusammenschlüsse... 105 Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen im Südostatlantik ............................................................. 111 Gemeinsame Fischereipolitik ............ 113