4. Bauliche Massnahmen

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Grosser Rat
Wortprotokoll
94. Sitzung
8. November 2011, 17.30 Uhr
Vorsitzender:
Dr. Theo Voegtli, Kleindöttingen-Böttstein
Protokollführung:
Adrian Schmid, Ratssekretär
Präsenz:
Anwesend 128 Mitglieder
(Art. 1541-1552)
Abwesend mit Entschuldigung 12 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Roland Aeschimann, Reinach; Martin Bhend,
Oftringen; Kurt Emmenegger, Baden; Dr. Marcel Guignard, Aarau,
Martin Keller, Obersiggenthal; René Kunz, Reinach; Nicole Meier
Doka, Baden; Franz Nebel, Bad Zurzach; Kathrin Scholl, Lenzburg;
Andreas Senn, Würenlingen; Herbert Strebel, Muri; Kurt Wiederkehr,
Baden
Behandelte Traktanden
Seite
1541 Verfassung des Kantons Aargau; Änderung; Gesetz über die Nutzung des tiefen Unter- 3546
grunds und die Gewinnung von Bodenschätzen (GNB); 1. Beratung; Eintreten, Detailberatung und Gesamtabstimmung
1542 Postulat Pascal Furer (Sprecher), SVP, Staufen, Andrea Moll, FDP, Sins, und Andreas 3556
Villiger, CVP, Sins, vom 14. Dezember 2010 betreffend Erhöhung der Sicherheit in Dörfern und Quartieren durch den Verzicht auf Verkehrsbeschränkungen für landwirtschaftliche Fahrzeuge auf Umfahrungsstrassen; Überweisung an den Regierungsrat und
gleichzeitige Abschreibung
1543 Interpellation Jürg Caflisch, SP, Baden, vom 14. Dezember 2010 betreffend Bewilligung 3557
des Bundes für die Nutzung von Fruchtfolgeflächen im Zusammenhang mit dem Golfplatzprojekt Bergdietikon; Beantwortung und Erledigung
1544 Interpellation Roland Agustoni, GLP, Rheinfelden, vom 11. Januar 2011 betreffend Gü- 3561
terverkehrsproblematik auf der Linie (Basel-) Fricktal-Bözberg-Limmattal; Beantwortung
und Erledigung
1545 Postulat Samuel Schmid, parteilos, Biberstein, vom 11. Januar 2011 betreffend Verbes- 3564
serung der Verkehrssicherheit für Fussgänger; Überweisung an den Regierungsrat und
gleichzeitige Abschreibung
1546 Interpellation Samuel Schmid, parteilos, Biberstein, vom 11. Januar 2011 betreffend 3568
Sicherheitsrisiko bei Fussgängerquerungen; Beantwortung und Erledigung
1547 Postulat Max Läng, CVP, Obersiggenthal, vom 1. März 2011 betreffend Überprüfung von 3573
Signalisationen und baulichen Massnahmen für den Veloverkehr; Überweisung an den
Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung
1548 Postulat Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, vom 1. März 2011 betreffend 3. Etappe der 3576
Wiggertalstrasse (K 204); Überweisung an den Regierungsrat
1549 Interpellation Urs Leuenberger, CVP, Widen, Bettina Ochsner, FDP, Oberlunkhofen, und 3581
Hans Dössegger, SVP, Seon, vom 1. März 2011 betreffend Anwendung des Submissionsdekrets; Beantwortung, Diskussion und Erledigung
1550 Interpellation Rosmarie Groux, SP, Berikon, vom 15. März 2011 betreffend Regelung bei 3585
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der Abklassierung von Kantonsstrassen zu Gemeindestrassen; Beantwortung und Erledigung
1551 Postulat Samuel Schmid, parteilos, Biberstein (Sprecher), Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, 3586
SVP, Windisch, und Gregor Biffiger, SVP, Berikon, vom 22. März 2011 betreffend Stärkung der Eigenverantwortung für erdbebengerechtes Bauen; Überweisung an den Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung
1552 Interpellation Samuel Schmid, parteilos, Biberstein (Sprecher), Dr. Jürg Stüssi- 3587
Lauterburg, SVP, Windisch, und Gregor Biffiger, SVP, Berikon, vom 22. März 2011 betreffend Erdbebensicherheit im Kanton Aargau; Beantwortung und Erledigung
3545
Art. 1541
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Vorsitzender: Ich begrüsse Sie zur 94. Sitzung der Legislaturperiode 2009/2013.
1541 Verfassung des Kantons Aargau; Änderung; Gesetz über die Nutzung des tiefen Untergrunds und die Gewinnung von Bodenschätzen (GNB); 1. Beratung; Eintreten, Detailberatung
und Gesamtabstimmung
(Vorlage des Regierungsrats vom 15. Juni 2011 und die Synopse mit den abweichenden Anträgen der
Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung (UBV) vom 26. August 2011, denen der Regierungsrat teilweise zustimmt. Auf der Regierungsbank nimmt für die Dauer der Beratungen dieses Geschäfts Dr. Philippe Baltzer, Leiter der Abteilung für Umwelt, BVU, Einsitz)
Flury Oliver, SVP, Lenzburg; Vizepräsident der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und
Raumordnung (UBV): Zur Ausgangslage: Die Nutzung des tiefen Untergrunds gewinnt heute zunehmend an Bedeutung. So wird tief im Boden des Kantons Aargau längst nicht mehr nur Salz abgebaut
sondern beispielsweise auch nach Erdgas gesucht. Vor allem aber birgt die Gewinnung von Tiefenwärme für die Energiegewinnung grosses Potenzial. Für die Bewilligung solcher Nutzungen fehlt heute aber die rechtliche Grundlage. Mit der vorliegende Anpassung der Kantonsverfassung und dem
neuen Gesetz über die Nutzung des tiefen Untergrunds und der Gewinnung von Bodenschätzen
(GNB) sollen Klarheit geschaffen und die Kompetenzen geregelt werden.
Zur Beratung in der Kommission: Die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung hat die Vorlage an ihren Sitzungen vom 9. und vom 26. August 2011 beraten. Eintreten war unbestritten.
Es herrschte auch weitgehend Einigkeit über die Notwendigkeit einer Regelung der Materie zur Wahrung der Rechte von Investoren. Besonders intensiv wurde die Frage diskutiert, ob die Ergebnisse von
Untersuchungen und Bohrungen im Untergrund dem Kanton unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Dauer von 5 Jahren, für die gemäss regierungsrätlichem Vorschlag Ergebnisse von
Vorabklärungen vor einer Weitergabe an Dritte geschützt sind, erschien den meisten Kommissionsmitgliedern zudem zu kurz. Sie wurde für Resultate von nutzungsspezifischen Versuchen auf 10 Jahre
verlängert. Auch bei der maximalen Konzessionsdauer sprach sich die Kommission UBV für eine längere Frist aus, das heisst neu 60 Jahre statt, wie in der Botschaft vorgeschlagen, 40 Jahre.
Es wurden verschiedene ergänzende Anträge gestellt. Die von der Kommission UBV angenommenen
Anträge haben Sie in der blauen Synopse mit der Stellungnahme des Regierungsrates erhalten. Ich
werde die Erklärungen und das Abstimmungsverhalten aller gestellten Anträge an der entsprechenden Stelle bei der Detailberatung bekanntgeben.
Eintreten
Vorsitzender: Stillschweigend treten die Fraktionen der GLP und der EVP auf die Vorlage ein.
Ungricht Gusti, SVP, Bergdietikon: Die SVP ist gegen Eintreten auf dieses neue Gesetz. Eine Mehrheit der SVP ist der Meinung, dass es für die Nutzung des tiefen Untergrundes und für die Gewinnung
von Bodenschätzen kein neues Gesetz braucht. In diesem Sinne bitten wir Sie, unseren Antrag gegen
Eintreten zu unterstützen.
Bachmann-Steiner Regula, CVP, Magden: Die CVP-BDP-Fraktion stimmt der Verfassungsänderung
und dem Entwurf des Gesetzes über die Nutzung des tiefen Untergrundes zu. Im Gegensatz zur SVP
sind wir der klaren Meinung, dass es gesetzliche Grundlagen für die Nutzung der Geothermie braucht.
Wir begrüssen deshalb dieses Gesetz. Wir sind auch der Ansicht, dass das vorliegende Gesetz die
erforderlichen Rahmenbedingungen liefert und zwar Rahmenbedingungen, die eine Nutzung dieser
Energie unter optimalen Bedingungen erlaubt. Mit der Stossrichtung des vorliegenden Gesetzesentwurfes sind wir einverstanden.
Die Nutzung der Erdwärme hat im Kanton Aargau aus unserer Sicht einen hohen Stellenwert, das
heisst, sie wird einen hohen Stellenwert erhalten. Wir verfügen nämlich in unserem Untergrund über
ein grosses, nutzbares Potenzial. Erdwärme gewinnt für die Produktion von Wärme und Strom zunehmend an Bedeutung.
Nun noch ein paar Bemerkungen zu einzelnen Paragrafen: Dass Erdwärmesonden bis zu einer Tiefe
von 400 Metern keine Konzessionen benötigen, ist wichtig. Die Erdsonden sollen wie bisher gemäss
dem Umweltrecht bewilligt werden. Die Geothermie ist mit aufwendigen Vorabklärungen verbunden.
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Wir halten es deshalb für wichtig, dass der Kanton bei der Nutzung von Geothermie auf eine Konzessionsabgabe verzichtet. Hingegen soll bei Rohstoffen wie Gas der Marktwert, die Wirtschaftlichkeit
und das öffentliche Interesse bei der Bemessung der Konzessionsabgabe berücksichtigt werden.
Noch etwas Letztes: Bei der Konzessionsdauer, die umstritten war, sprechen wir uns für die Kommissionsvariante von 60 Jahren aus.
Wir bitten Sie, dem Gesetz zuzustimmen und einzutreten.
Andermatt-Bürgler Astrid, SP, Lengnau: Das vorliegende Gesetz regelt ein weiteres Regalrecht des
Kantons. Der tiefe Untergrund wird je länger je mehr vor allem zur Gas- und Erdwärmegewinnung
eine interessante Variante im Energiebereich. In anderen Kantonen sind solche Nutzungen ebenfalls
durch Erlasse geregelt. Es gilt also, nichts Neues für den Kanton Aargau zu erfinden, aber das Beste
zu übernehmen. Die Mehrheit der Anhörungsteilnehmenden stellt sich auch positiv zum Entwurf.
Streitpunkte sind die Daten, die dem Kanton bei Bohrungen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden sollen und die Höhe der Abgaben. Beim ersten Punkt verstehen wir die Angst, dass teuer erworbene Daten an Dritte weitergegeben werden könnten. Die Abgabe an Dritte muss darum sauber geregelt werden. Der Lösungsansatz im Gesetz ist gut. Die Konzessionsdauer von 40 Jahren erachten wir
als angemessen und unterstützen den Regierungsrat. Seitens einiger Bürgerlichen wird eine längere
Konzessionsdauer gewünscht. Dies lehnen wir aber ab. Wie auch bei anderen Technologien, welche
die Umwelt schädigen könnten, fordert die SP klare Sicherheitsleistungen bei der Bewilligungs- oder
Konzessionserteilung. Bei der Detailberatung wird Martin Christen im Namen der SP mitreden.
Die SP unterstützt die Vorlage im Grossen und Ganzen.
Dr. Scholl Bernhard, FDP, Möhlin: Der Freisinn setzt sich in vorderster Front für die Geothermie ein.
Sie wird im Gegensatz zu Wind- und Sonnenenergie Bandenergie liefern und ist dem Wind und der
Sonne in unseren Breitengraden an Effizienz haushoch überlegen. Energieeffizienz ist das, wofür wir
uns einsetzen. Wir haben diesem Thema bereits zwei Parteitage gewidmet und wohlgemerkt, die erste fand vor dem Ereignis in Fukushima statt. Der Fraktionspräsident Daniel Heller ist übrigens im Vorstand des Vereins geothermische Kraftwerke. Auf Ebene Bund hat die FDP eine Motion eingereicht,
mit welcher der Bundesrat beauftragt werden soll, Voraussetzungen zur Stromgewinnung durch Geothermie zu schaffen. Dazu gehört auch ein rechtlicher Rahmen. Eine Arbeitsgruppe des Amtes für
Raumentwicklung ARE stellte den entsprechenden Handlungsbedarf fest und will bis Ende Jahr im
Rahmen der laufenden Revision des Raumplanungsrechts konkrete Regulierungsvorschläge machen.
Wir sind gegenüber bundesrechtlichen Lösungen jedoch etwas skeptisch: Sie sind zumeist einschränkender und bürokratischer als kantonale Regelungen. Mit dem GNB betritt der Kanton Aargau, der
bezüglich seiner Fläche als einer der grössten Kantone gilt, Neuland. Eine Regelung auf Ebene Kanton macht für den Energiekanton sehr viel Sinn. Wir werden rascher sein als der Bund. Bevor der
Bund ein Gesetz erlässt, läuft im Kanton Aargau schon das erste Werk. Durch das GNB werden klare
Voraussetzungen geschaffen.
Ich zähle fünf fundamentale Punkte auf, die für die Erfolgsaussichten dieser neuen Technologie unabdingbar sind:
1. Das GNB enthält klare rechtliche Regelungen für die Exploration und Standortsicherung.
2. Es definiert einheitliche und beschleunigte Bewilligungsverfahren und regelt Kompetenzen und
Beurteilungskriterien bei Konzessionsverfahren. Der Konzessionär bleibt der Kanton.
3. Die Abgaben richten sich nach marktwirtschaftlichen Kriterien. Es ist deshalb wichtig, dass § 19
Abs. 2b gestrichen bleibt, so wie die Kommission UBV dies vorschlägt. Die Marktfähigkeit der Stromgewinnung aus Erdwärme muss gewährleistet bleiben.
4. Es schützt das unternehmerische Risiko und schafft Rechtssicherheit für die Investoren. Es ist deshalb wichtig, dass die Konzession für 60 Jahre gewährt wird.
5. Es ermöglicht den Wettbewerb und verhindert, dass Beschränkungen und Explorationsergebnisse
kostenlos Dritten zugänglich gemacht werden.
Das vorliegende GNB erfüllt diese Voraussetzungen, so wie es aus der Kommissionsberatung hervorgegangen ist.
Die FDP stimmt für Eintreten und für die vorliegende Synopse. Ich bitte Sie, dasselbe zu tun.
Wittwer Hansjörg, Grüne, Aarau: Unser Baudirektor wird sich freuen: Es herrscht, wie Sie sagen "JaStimmung". Der Nutzung und Förderung von Energie aus dem tiefen Untergrund wird zukünftig wesentlich mehr Bedeutung beigemessen werden. Die Frage ist aber berechtigt: Braucht es dazu ein
neues Gesetz? Der Regierungsrat meint Ja und die Grünen auch. Denn der tiefe Untergrund ist keinesfalls Allgemeingut. Das vorliegende Gesetz soll also Rechtssicherheit schaffen, zum Beispiel auch
für die Realisierung von geothermischen Kraftwerken im Kanton. Es soll aber auch verbindliche Re-
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geln für die Nutzung unserer Bodenschätze festlegen. Was wir anstreben und fordern ist der Ausschluss von Wildwestgebaren mit unkontrolliertem Goldschürf- und Glücksrittertum. Wir wollen eine
zivilisierte und geordnete Nutzung unserer Bodenschätze unter der Oberaufsicht des Kantons. Nach
Ansicht der Grünen wurde das neue Gesetz in der Kommission UBV sehr eingehend beraten und
diskutiert.
Die Grünen stimmen der Vorlage zu und bitten Sie, dies auch zu tun.
Knecht Hansjörg, SVP, Leibstadt: Der Untergrund bietet ein paradiesisches Tummelfeld und vor allem
eine Fülle von Aufträgen für Geologen. Nicht umsonst ist diese Berufsgattung denn auch auf Bundesebene die Triebfeder für neue Regelungen der Raumplanung bezüglich dieses Untergrundes. Worauf
das Ganze hinauslaufen könnte, zeigt das Beispiel der Stadt Helsinki eindrücklich: Dort gehört der
Untergrund ab sechs Metern Tiefe generell der Stadt und zwar auch im Bezug auf Privatgrundstücke.
Die Folge davon ist, dass Untergrundbauten wie beispielsweise Garagen nur gegen eine staatliche
Mietgebühr erstellt werden können. Der Untergrund wird dort somit zu einer einträglichen Geldquelle
des Staates. Meine Befürchtung ist nun, dass mit Regelungen für die Nutzung des Untergrunds auch
in der Schweiz letztlich das Privateigentum einmal mehr eingeschränkt wird und der Staat auf diesem
Weg die Grundeigentümer und Bauherren zur Kasse bittet. Die vorliegende zur Beratung anstehende
Verfassungs- und Gesetzesrevision, welche Untergrundnutzungen ab einer bestimmten Tiefe neu
einer gebührenpflichtigen Konzession unterstellen will, geht meines Erachtens in diese Richtung. Die
Vorlage zeichnet sich auch durch Überregulierung, Rechtsungleichheiten und Willkür aus. Nach meiner Meinung sucht der Staat seinen Wirkungskreis auf Kosten privater Eigentümer auszudehnen. Die
teilweise vagen Formulierungen erhöhen den Spielraum für behördliche Eingriffe in rechtsstaatlich
fragwürdiger Weise. Das Bauen ist heute in der Schweiz schon genug stark reglementiert. Hüten wir
uns davor, das Bauen bald zu verunmöglichen. Es ist zu befürchten, dass das Ganze über kurz oder
lang auf eine kalte Enteignung von Grundeigentümern hinausläuft. Denn in der Vorlage ist die Rede
von Duldung von Eingriffen ins Privateigentum und Enteignungen.
Ich bin der Auffassung, dass das schweizerische Privatrecht die Nutzung des Grundes grundsätzlich
regelt. Die Eigentumsbeschränkungen stehen im Grundbuch und das Bauen im Untergrund ist dem
Baurecht zugeordnet. Zum anderen bedarf die Gewinnung von Bodenschätzen einer Konzession.
Weitere Regelungen sind meines Erachtens nicht nötig. Daher ist die Schaffung dieses neuen Gesetzes wirklich fragwürdig.
Sollte Eintreten beschlossen werden, so werde ich mir erlauben, in der Detailberatung Änderungsanträge zu stellen, um die neuen Gesetzesbestimmungen wenigstens etwas abzuschwächen.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Es ist tatsächlich so, wir regeln wieder etwas Neues oder etwas, das bisher noch nicht geregelt wurde, weil es vor 10 Jahren noch keinen Bedarf dafür gab. Der
Kanton hat Regale, das heisst, er hat das Eigentum zum Beispiel an der Jagd, an der Fischerei, am
Salzverkauf, an der Fassung und Nutzung von öffentlichen Gewässern, wie Heilquellen und Thermalwasser sowie an der Gebäudefeuerversicherung. Das alles ist in der Verfassung aufgelistet. Die Nutzung des tiefen Untergrunds ist jedoch nicht in der Verfassung aufgeführt. Demzufolge ist es offen,
wie man diese Nutzung überhaupt zulassen will oder ob man sie überhaupt als Regal betrachten
kann.
Wir definieren dies nun in der Verfassung und legen fest, dass die Nutzung des tiefen Untergrunds
auch zu den Regalen gehört, wie das von der Bundesverfassung grundsätzlich zugelassen wird.
Wir grenzen somit das Eigentum oder den Einfluss zwischen der Umweltschutzgesetzgebung – die
Tiefe ist durch die SIA-Norm festgelegt und geht bis in eine Tiefe von 400 Metern – und der Nutzung
der Geothermie ab. Die Idee von Herrn Knecht mit einer Tiefe von 6 Metern müssten wir uns nochmals überlegen. Vielleicht wäre dies attraktiv. Aber ich meine, der Ansatz wäre falsch. Wir gehen auf
400 Meter und lassen in diesem Bereich diese Nutzung nach Umweltschutzgesetzgebung zu.
Wir regeln neu den tiefen Untergrund und die Nutzungen in diesem Bereich. Dies ist absolut notwendig, gerade wenn wir an die Geothermie denken. Aber es ist nicht ein Gesetz für die Geothermie, sondern es regelt die Verfahren für die allgemeine Nutzung.
Zurzeit läuft ein Konzessionsgesuch für die Nutzung von Gas. Wir erlassen dabei Regeln. Es handelt
sich aber um Regeln des Regierungsrats, die nicht gesetzlich abgesichert sind. Wenn Beschwerden
geführt werden, hat der Unternehmer keine Garantie in welche Richtung das Gericht entscheiden
wird.
Es gibt aber neben der Geothermie auch noch andere Nutzungen im tiefen Untergrund, zum Beispiel
die CO2-Sequestrierung: Falls wir die Schweizer Stromproduktion stark auf Gas ausrichten müssen,
ist dies durchaus ein Thema. Dies sollten wir nicht erst dann angehen, wenn die Situation eintrifft. Wir
sollten bereits heute Überlegungen anstellen, damit es möglich wird, Sequestrierungen gesetzlich
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abzuhandeln. Das wird mit diesem Gesetz möglich.
Es kann sein, dass wir im tiefen Untergrund unterirdische Gasreservoire bauen, nämlich dann, wenn
wir eben auf Gasversorgung umsteigen. Dann brauchen wir die Puffer in der Schweiz. Das ist heute
noch kein Thema. Gas ist noch keine grossflächige Versorgungsvariante. Aber es wäre durchaus
einmal möglich. Wir hätten dann in diesem Bereich ein Gesetz und würden die Verfahren und die
Kompetenzen kennen. Ich meine daher, dass Sie den Nichteintretensantrag der SVP wirklich zurückweisen müssen.
Der Regierungsrat sieht keine andere Möglichkeit, diese Thematik abzuhandeln. Was machen die
anderen Kantone? Der Kanton Zürich hat die Tiefenbohrung nach der Umweltschutzgesetzgebung
bestimmt. Aber es war nie die Meinung, 5’000 Meter als Grundwasser zu betiteln. Demzufolge ist dort
auch die Fragwürdigkeit gegeben.
Wäre eine Einsprache eingereicht worden, hätte das Gericht beurteilen müssen, ob das Umweltschutzgesetz auch für diese Tiefe zuständig ist. Ich bin ziemlich sicher, dass das Gericht entschieden
hätte, dass es aufgrund der ganzen Materialien nicht so ist und diese Bewilligung hätte zurückgezogen werden müssen.
Wir brauchen dieses Gesetz, wenn wir an die Zukunft denken. Der Kanton Aargau braucht dieses
Gesetz für die Nutzung verschiedener Vorkommen, ich denke an Gas, Sequestrierung und insbesondere auch an Geothermie. Es ist eine gute Voraussetzung, diesen Bereich wirklich organisiert handhaben zu können. Das Gesetz gibt Sicherheit für Investoren. Sie wissen, wie die Verfahren sind und
sie wissen wo ihre Rechte liegen. Sie wissen auch, wo ihre Pflichten liegen. Sie wissen, dass sie eine
Konzession im Ausführungsfall erhalten und was in dieser Konzession geregelt wird. Es schafft somit
Rechtssicherheit.
Wenn wir kein Gesetz haben, dann besteht das Risiko, dass man im Einzelfall etwas festlegt, das
nicht gerichtsfest ist. Ich sage nicht, es bestehe dabei eine gewisse Willkür.
Aus diesem Grund bitte Sie wirklich, den Nichteintretensantrag zurückzuweisen.
Auf die einzelnen Punkte möchte ich nicht eintreten. Ich betone jedoch, dass mit diesem Gesetz keine
kalte Enteignung vorgesehen ist. Es stimmt nicht, dass man hier ein Eigentum entzieht, das man als
Privater beanspruchen möchte. Die Grenze liegt bei 400 Metern. Kein Eigentümer von 1’000 Quadratmetern wird irgendwo ein Recht beanspruchen, dass er in einer Tiefe von 5’000 Metern irgendetwas machen darf. Diese Regelung wurde nicht im Gesetz aufgenommen, um Privateigentum einzuschränken. Nach heutiger Verfassung und geltendem Regalrecht sind Funde von Gold oder Edelsteinen in dieser Tiefe Staatsbesitz. Somit ändern wir auch in diesem Bereich nichts.
Wichtig ist mir, dass Sie auch anerkennen, dass der Boden nicht einfach nur aus Steinen und Erde
besteht. Es gibt darin auch Grundwasser und verschiedene Grundwasserströme; es gibt gespannte
Grundwasser, die man nicht anbohren soll. Da gibt es grosse Risiken. Ins Erdreich zu bohren ist nicht
ganz problemlos. Wir kennen Fälle aus Deutschland, wo sich aufgrund der Probleme mit den gespannten Grundwassern ganze Städte erhoben haben. Es gibt ein grosses Risikopotenzial. Deshalb
braucht es eben auch eine klare Regelung und eine klare Zuständigkeit. Auch für die Bewilligungsbehörden braucht es klare Regelungen, damit man fordern kann, was notwendig ist, um eine Bewilligung
zu erteilen.
Ich bitte Sie, dem vorgeschlagenen Entwurf zu entsprechen und dem Gesetz zuzustimmen.
Abstimmung
Eintreten wird mit 81 gegen 37 Stimmen beschlossen, beziehungsweise der Nichteintretensantrag
wird damit abgelehnt.
Detailberatung
Kantonsverfassung
I. § 55 Abs. 1 lit. g) (neu), Abs. 2, II., III., IV.
Zustimmung
Gesetz über die Nutzung des tiefen Untergrunds und die Gewinnung von Bodenschätzen (GNB)
Titel und Ingress, I.
Zustimmung
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§1
Knecht Hansjörg, SVP, Leibstadt: Bei meinem Antrag geht es um die Konkretisierung der Nutzung des
tiefen Untergrunds. In der Botschaft steht, dass die Verfassungsnorm offen gestaltet wird und die Nutzung des tiefen Untergrunds im Gesetz genauer definiert werden soll. Trotzdem wird auch im Gesetz
eine völlig offene Bestimmung vorgeschlagen. Deshalb beantrage ich die folgende Anpassung beziehungsweise Konkretisierung. Mein Antragstext lautet bei § 1 Abs. 1: "Dieses Gesetz regelt die Nutzung von tiefer Erdwärme (Geothermie) und die Gewinnung von Bodenschätzen."
Ich bitte Sie, um Zustimmung zu diesem Antrag.
Flury Oliver, SVP, Lenzburg; Vizepräsident der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und
Raumordnung (UBV): Dieser Antrag wurde in der Kommission nicht gestellt.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Ich habe in meiner Einführung gesagt, dass es hier nicht nur
um die Geothermie oder die tiefe Erdwärme geht, sondern auch um die Nutzung für andere Anliegen.
Ich habe die Sequestrierung erwähnt. Das ist das Einbringen von CO2 in Kohleschichten, was im Aargau möglich wäre. Diese Techniken sind aber heute noch nicht praxistauglich, sie werden erst in Pilotprojekten angewendet. Sie verhindern eine schlechte CO2-Bilanz der Gaskombikraftwerke. Es kann
also durchaus sein, dass diese in der nahen Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Es können auch –
wie ich gesagt habe – Nutzungen für Gaslagerungen sein, welche wirklich ein Problem sind. Es gibt
im Kanton Aargau Formationen, die geeignet wären, um im tiefen Untergrund etwas in dieser Art anzubringen. Wie tief diese liegen, ist nicht relevant. Unsere Strategie war, diesen Text offen zu gestalten und nicht wieder einzuschränken. Ich bitte Sie, uns in diesem Sinne zu unterstützen. Wir wollen
alle Möglichkeiten offen lassen und die entsprechenden Verfahren regeln und uns nicht einfach nur
auf die Wärmenutzung beschränken.
Ich bitte Sie, den Antrag Knecht abzulehnen.
Knecht Hansjörg, SVP, Leibstadt: Noch eine kurze Ergänzung. Sollten später einmal weitere Nutzungen des tiefen Untergrunds, wie beispielsweise die Sequestrierungen von CO2, machbar werden,
dann lässt sich das nach meiner Meinung problemlos mit einer Gesetzesanpassung bewerkstelligen.
Ich möchte aber jetzt nicht einfach Tür und Tor öffnen, wie ich das in meinem Eintretensvotum am
Beispiel von Helsinki erwähnt habe. Die Geothermie soll ermöglicht werden, jedoch nicht einfach so
alle anderen Verfahren. Das ist meine Haltung dazu.
Abstimmung
Der Antrag von Hansjörg Knecht, Leibstadt, wird mit 80 gegen 41 Stimmen abgelehnt. Somit Zustimmung zum Antrag des Regierungsrats.
§ 2 Abs. 1 und 2
Zustimmung
§ 2 Abs. 3
Knecht Hansjörg, SVP, Leibstadt: Hier geht es um die Tiefe bezüglich Erdwärmesonden. Aus meiner
Sicht ist es durchaus denkbar, dass künftig private Erdwärmesonden tiefer als maximal 400 Meter –
wie dies in der Gesetzesbestimmung vorgesehen ist – in den Untergrund gelegt werden können.
Wenn schon eine metergenaue Grenze festgelegt werden soll, sollte diese aus meiner Sicht bei mindestens 600 Metern liegen. So besteht auch etwas Raum für künftige Entwicklungen. Ich habe auch
gesehen, dass beispielsweise im Kanton Bern die Regelung so ausgelegt ist, dass dies bis 500 Meter
möglich sein soll. Darum stelle ich folgenden Antrag: "Erdwärmesonden bis zu einer Tiefe von 600
Metern benötigen keine Konzession gemäss diesem Gesetz. Sie werden gemäss den Vorschriften
des Umweltrechts bewilligt."
Ich bitte Sie um Zustimmung.
Flury Oliver, SVP, Lenzburg; Vizepräsident der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und
Raumordnung (UBV): Dieser Antrag wurde in der Kommission nicht gestellt.
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Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Betreffend der Tiefe für Erdwärmesonden haben wir mit Fachleuten Diskussionen geführt. Es ist so, dass ab 200 bis 250 Metern neue, andere und teure Technologien angewendet werden müssen. Wir haben uns schlussendlich entschieden, dass wir die Empfehlung des SIA – 400 Meter – übernehmen. Der Kanton Bern hat die Grenze bei 500 Metern festgelegt;
dies, weil die Empfehlung des SIA zu einem späteren Zeitpunkt herausgegeben wurde. Diesbezüglich
wird der Kanton Bern nochmals über die Bücher gehen müssen. Das Bohren eines Loches sowie die
Nutzung in einer Tiefe von 600 Metern sind sehr aufwendig. Wenn man die Wärme dafür nutzt,
Warmwasser aufzubereiten oder Gebäude zu heizen, kann es sich lohnen, dreimal 200 oder zweimal
300 Meter zu bohren als einmal 600 Meter. Je tiefer die Bohrung, desto problematischer wird sie. Man
muss genau wissen, was einen zwischen 200 Metern und 600 Metern erwartet. Das sind sehr aufwendige Untersuchungen. Wir wollen in diesen Tiefen nach Umweltschutzrecht diese Geothermie für
die Wärmepumpen nutzen können. Wenn schon eine Norm oder eine Empfehlung eines anerkannten
Instituts wie der SIA besteht, möchte ich, dass wir diese auch übernehmen. Ich hoffe, dass diese
Norm dann auch schweizweit berücksichtigt wird. Es ist gesagt worden, dass wir hier die ersten sind,
die ein modernes und neues Gesetz machen. Dies wird sicher auch wegweisend sein.
Ich bitte Sie wirklich, die 400 Meter als Norm zu nehmen; mehr wird nicht benötigt. Normale Bohrungen gehen bis 200 Meter, ausnahmsweise bis 250 Meter. Im übrigen weise ich darauf hin, dass die
Bohrproblematik ab 100 Meter steigt, weil die Toleranzen extrem werden. Diese Problematik war der
Branche lange nicht bewusst. Im Zusammenhang mit Nagra-Bohrungen wurden Messungen durchgeführt, bei denen die Abweichungen enorm waren. Sie sehen, dass es durchaus empfehlenswert ist, für
den privaten Gebrauch die Grenzen nicht zu tief zu legen.
Deshalb bitte ich Sie, die SIA-Norm zu übernehmen, welche 400 Meter beträgt.
Abstimmung
Der Antrag Hansjörg Knecht, Leibstadt, wird mit 76 gegen 42 Stimmen abgelehnt. Somit Zustimmung
zum Antrag des Regierungsrats.
§ 2 Abs. 4, §§ 3-5
Zustimmung
§6
Dr. Stüssi-Lauterburg Jürg, SVP, Windisch: Hiermit beantrage ich dem Grossen Rat den ganzen § 6
dieser Gesetzesvorlage zu streichen. Warum? Der § 6 ist ein direkter Angriff auf das Privateigentum
durch den Staat. § 6 würde im Kanton Aargau in einem Segment die Wirtschaftsfreiheit durch Behördenwillkür ersetzen. Er wäre ein Schritt hin zu dem, was im englischen Sprachraum "crony capitalism"
genannt wird und im französischen "affairisme". Denn, wer entscheidet, welche Firmen zu begünstigen und welche Eigentümer zu benachteiligen sind? Das ist natürlich der Regierungsrat, die Gesuche
sind ja beim Departement einzureichen, siehe § 5.
Verehrte Anwesende, solche Verfahren widersprechen der Eigentumsgarantie der Bundesverfassung.
Sie widersprechen auch der Rechtsgleichheit. Denn, wo ist die gleiche Nähe des Regierungsrats zu
den verschiedenen Akteuren? Soll, wer vielleicht die grösseren Umsätze oder die grössere Nähe zum
Regierungsrat hat, Willkür üben oder sollen die bewährten Mittel von Markt, Vertrag und Freiheit zur
Anwendung gelangen? Denn, nicht wahr, wenn wir den Artikel streichen, müssen sich die Interessenten mit den Eigentümern einigen. Das kann doch nicht zu viel verlangt sein. Wenn sehr grosse Interessen im Spiele sind, es um sehr viel Geld geht, dann kann man den Eigentümern auch genügend
grosse Offerten machen. Wenn die Eigentümer aber auch dann noch nicht wollen – wenn zum Beispiel eine Ortsbürgergemeinde sagt, das verkaufen wir nicht, hier wollen wir auch nicht bohren lassen
– dann soll man sie in ihrem über Jahrhunderte ererbten ruhigen Besitz ungestört und unangetastet
belassen. Selbstverständlich muss man enteignen können. Wenn es um Dinge geht, welche der Allgemeinheit zugute kommen und die anders nicht zu realisieren sind. Zu denken ist an Schulhäuser
oder an Eisenbahnlinien oder an Endlager für radioaktive Abfälle. Aber doch nicht für Erz- oder Goldgruben, ich bitte Sie! Da werden die Eigentumsordnung und die Vertragsfreiheit zu besseren, eben zu
guten Lösungen führen. Gesetzt den Fall, das übergeordnete Recht setze unserer gesetzgeberischen
Freiheit in diesem Bereich Grenzen, muss das übergeordnete Recht respektiert werden, aber nicht
mehr. Streichen wir § 6.
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Dr. Scholl Bernhard, FDP, Möhlin: Nur zwei Bemerkungen: 1. Ich finde es schade, dass wir jetzt die
Kommissionssitzung hierher verlegt haben. Die ganzen Einwände hätte man dort schon diskutieren
und in viel mehr Details gehen können. Dann hätten wir vielleicht eine bessere Synopse. Das hat man
leider wieder verpasst und holt dies nun hier nach.
2. Zu Jürg Stüssi: Wenn Sie das Ganze gelesen und aufgepasst hätten, hätten Sie festgestellt, dass
es nicht um das Bohren, sondern lediglich um eine Vorabklärung geht. Es geht um eine Vorabklärung,
wie wenn zum Beispiel ein Lastwagen der Nagra Erschütterungsmessungen macht. Oder es geht bei
Strassenprojekten oder beim Leitungsbau um Messungen, die man vornehmen muss, ohne dass man
irgendwelches Eigentum beschädigt. Das ist gängiges Recht im Baugesetz. Ich verstehe hier die Einwände nicht, was da so neu sein soll.
Dr. Stüssi-Lauterburg Jürg, SVP, Windisch: Da hätten Sie vielleicht auch zuhören und Ihr Votum entsprechend anpassen müssen. Ich habe gesagt, was uns das übergeordnete Recht gibt, das wollen wir
respektieren, aber keinen neuen Angriff auf das Privateigentum, der eben durch solche Vorabklärungen erfolgt.
Flury Oliver, SVP, Lenzburg; Vizepräsident der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und
Raumordnung (UBV): Dieser Antrag wurde in dieser Form in der Kommission nicht gestellt. Hingegen
wurde ein Antrag gestellt, der eine Einschränkung dieser Eingriffe gewollt hat. Dieser Antrag wollte,
dass man den Passus "im öffentlichen Interesse nach Vorabklärungen" einfügt. Dieser Antrag wurde
jedoch in der Kommission mit 10 gegen 2 Stimmen, bei 1 Enthaltung, abgelehnt.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Die Möglichkeit der Abklärungen und der Zutritt zu einem
Grundstück wird heute in verschiedenen Gesetzen geregelt. Bezüglich Vorabklärungen steht im Baugesetz unter § 150, Vorbereitende Handlungen: "1. Die nötigen vorbereitenden Handlungen wie Begehungen, Planaufnahmen, Bodenproben, Aussteckungen und Vermessungen haben die Grundeigentümer zu dulden. Sie sind rechtzeitig zu benachrichtigen. 2. Auf Begehren der betroffenen Grundeigentümer entscheidet die Schätzungskommission oder ihr Präsident endgültig über die Zulässigkeit
der vorbereitenden Handlungen." Dies sind die beiden Absätze, die wir auch haben. Es ist klar, dass
das öffentliche Interesse vorausgesetzt wird. Ob es sich nun um ein öffentliches Interesse handelt
oder nicht, wenn wir auf Edelsteine stossen, kann man diskutieren. Wenn wir Gas explorieren, wie
jetzt gerade von der Firma SEAG (Aktiengesellschaft für schweizerisches Erdöl), dann werden wir den
Zugang zu jenen Grundstücken beanspruchen müssen, die aufgrund von Erschütterungsmessungen
ausgewählt wurden, um festzustellen, wie sich der Untergrund präsentiert. Es ist zu berücksichtigen,
dass diese Unternehmen nicht einfach 500 Meter oder 1 Kilometer entfernt etwas tun können. Das ist
auch das Problem der Nagra. Sie muss gewisse Geometrien einhalten, damit die Resultate dann
überhaupt lesbar sind. Wir können das Privatrecht über alle Massen loben. Aber es geht nicht darum,
dass hier jemand enteignet wird, sondern, dass er den Zugang zu seinem Grundstück akzeptieren
muss, so, wie es auch im Baugesetz steht. Auch im Wassernutzungsgesetz, das vom Grossen Rat
vor nicht allzu langer Zeit verabschiedet wurde, steht dies unter § 27: "2. Die Projektierungsberechtigten sind befugt, die in Frage kommenden Grundstücke zu betreten und die erforderlichen Arbeiten und
Untersuchungen im Zusammenhang mit der Projektierung einer Baute vorzunehmen. 3. Sie haben
den finanziellen Nachteil zu ersetzen, der den Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern in der
Benutzung oder Bewirtschaftung der Grundstücke daraus entsteht." Sie werden also entschädigt. Das
ist vorgesehen. Aber wenn wir den Zutritt verhindern, wird auch die Untersuchung für eine Exploration
faktisch verunmöglicht. Ich garantiere Ihnen, dass es bei einer Erdsonde sehr viele Grundstückseigentümer geben wird, die sich dagegen wehren werden. Aber wenn ein öffentliche Interesse da ist, müssen wir einen Rechtstitel schaffen, so wie in den anderen Gesetzen auch. Sonst kann man nicht handeln. Es ist die Schätzungskommission, die dafür eingesetzt wird. Wir nehmen den Rechtstitel hier auf
und regeln das Verfahren so, dass der Wille des öffentlichen Interesses ohne Willkür umgesetzt werden kann. Es handelt sich dabei nicht um regierungsrätliche und auch nicht um staatliche Willkür. Das
Wort Willkür von Herrn Stüssi muss ich zurückweisen. Dafür schaffen wir genau diese gesetzliche
Grundlage.
Ich bitte Sie, den Antrag abzulehnen und den § 6 stehen zu lassen. Es ist ein wichtiger Paragraf, der
die Grundlage zum Handeln schaffen wird. Das öffentliche Interesse ist jedoch immer implizit integriert. Deshalb muss man es auch im Gesetz nicht erwähnen.
Abstimmung
Der Streichungsantrag von Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, Windisch, wird mit 80 gegen 44 Stimmen abgelehnt. Somit Zustimmung zum Antrag des Regierungsrats.
3552
8. November 2011
Art. 1541
§ 7 Abs. 1
Zustimmung
Knecht Hansjörg, SVP, Leibstadt: Dieser Antrag wird aufgrund des Entscheides bei § 1 obsolet. Aber
ich erlaube mir, zur Bemerkung von Herrn Scholl noch etwas zu sagen. Ich bin nicht Kommissionsmitglied. Und wenn ich hier in diesem Plenum etwas zu sagen habe oder wenn ich Abänderungsanträge
stelle, dann mache ich das, ob es Ihnen passt oder nicht. Ich denke, hier spreche ich auch im Namen
von Jürg Stüssi.
§ 7 Abs. 2
Die Kommission beantragt eine Höchstdauer von 60 Jahren. Der Regierungsrat hält an 40 Jahren
fest.
Christen Martin, SP, Turgi: Es geht hier um eine Differenz zwischen dem Regierungsrat und der
Kommission. Ich spreche im Namen der SP-Fraktion, die ganz klar und eindeutig den regierungsrätlichen Antrag unterstützt und zwar eine Konzessionsdauer von 40 Jahren. Denn unseres Erachtens
sprechen einige gewichtige Gründe für diese 40 Jahre. Es steht schon in der Botschaft, dass diese 40
Jahre dem aargauischen Wassernutzungsgesetz entsprechen, bei dem eine Konzessionsdauer von
40 Jahren für Kühlwasserheilquellen und Thermalwasser vorgesehen ist. Für Grundwassernutzungen
ist eine Frist von 30 Jahren vorgesehen. Das war bereits im Vernehmlassungsentwurf so. Die Vernehmlassungsantworten haben dann ergeben, dass 41,2 Prozent diese 30 Jahre unterstützt haben.
43,5 Prozent waren für eine längere Dauer, so dass diese 40 Jahre einen guten Kompromiss darstellen. Denn heute besteht generell eine allgemeine Tendenz zu kürzeren Zeiträumen mit der Möglichkeit, diesen Zeitraum zu verlängern, wie das auch hier in § 7 Abs. 2 vorgesehen ist.
Meine Damen und Herren, 60 Jahre sind eine nicht mehr überschaubare und nicht mehr planbare
Frist. Es ist ein Zeithorizont, der über unseren eigenen Horizont hinausgeht. Der Spielraum und die
Handlungsmöglichkeit des Staates sollen nicht unnötig eingeschränkt werden.
In der regierungsrätlichen Botschaft sind noch weitere Argumente erwähnt, zum Beispiel: 40 Jahre
reichen aus, um die Investitionen zu amortisieren. Die Lebensdauer von mechanischen Anlageteilen
wird im Allgemeinen mit 40 Jahren angegeben.
Unseres Erachtens sind 40 Jahre genug. Unterstützen Sie bitte den Regierungsrat.
Dr. Scholl Bernhard, FDP, Möhlin: Ich will die Diskussion nicht unnötig verlängern: Wir treten für 60
Jahre ein. Es handelt sich um eine neue Technologie. Es ist nicht klar, wie lange diese hinhält. Es
kann sein, dass die Investoren schon nach 20 Jahren den Standort wechseln müssen. Es geht aber
darum, die Geothermie zu unterstützen, damit die Investoren Geld in die Hand nehmen. Es geht um
viel Geld. Es geht, wie wir am Beispiel von St. Gallen gesehen haben, um 180 Millionen Franken.
Deshalb wollen wir Rechtssicherheit und ein Investitionssicherheitsklima schaffen, damit in diese neue
Technologie investiert wird. Ob man später einmal dazu kommt, diese Konzession zu kürzen, sei unbenommen. Es geht uns jetzt darum, die Geothermie zu stützen, dass wir auch wirklich etwas machen. Deshalb bin ich erstaunt, dass gerade aus dieser Ecke wieder der Vorschlag kommt, dies nicht
zu tun. Wir haben das auch in der Kommission bereits so diskutiert.
Flury Oliver, SVP, Lenzburg; Vizepräsident der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und
Raumordnung (UBV): Die Änderung, welche die Kommission vorgenommen hat, wurde mit 8 gegen 5
Stimmen in der Kommission beschlossen.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Ein Zeitraum von 60 Jahren ist für die Dauer einer Konzessionserteilung sehr, sehr lange. Wir sprechen ja nicht nur über Geothermie, sondern über allgemeine
Nutzungen. Bei einer Investition von 180 Millionen Franken für die Produktion von 5 Megawatt wird
auch ein solcher Betrieb nach 40 Jahren amortisiert sein. Grosse Kraftwerksanlagen bekommen Betriebsbewilligungen für einen Zeitraum von 30 oder 40 Jahren. Ein Kernkraftwerk, welches einiges
mehr als eine Geothermie-Anlage kostet, hatte bisher eine Betriebsbewilligung von 40 Jahren. Es ist
von dieser Seite betrachtet wirklich nicht notwendig, dass man so lange Konzessionslaufzeiten festlegt.
Wir haben diese Angelegenheit schon einmal bei der Wasserkraft diskutiert. Auch in diesem Bereich
sind Turbinen nicht mehr 80 Jahre lang betriebsbereit; diese müssen nach 40 Jahren und die elektri-
3553
Art. 1541
8. November 2011
sche Anlage bereits nach 20 Jahren ersetzt werden.
Andernorts wird die Elektronik wegen der technisch schnelleren Generation nach 10 Jahren ausgetauscht. Es ist deshalb nicht so, dass eine lange Laufzeit für eine Wirtschaftlichkeit absolut notwendig
ist. Der Ersatzanspruch würde einfach sehr gross.
Wir wollen hier eine generelle Regelung verabschieden. In § 7 Abs. 2 sagen wir, dass bei speziellen
Verhältnissen, also wenn die Investitionen innerhalb der ordentlichen Konzessionsdauer nachweisbar
nicht amortisiert werden können, auch längere Konzessionen erteilt werden können. Wird also eine
Geothermie-Anlage nicht gebaut, weil die Amortisation in der normalen Zeitspanne nachweisbar nicht
möglich ist, dann können wir die Konzessionsdauer verlängern. Deshalb bitte ich Sie, hier nicht einfach eine Dauer festzusetzen, die sehr, sehr hoch ist. Wir wollen eine vernünftige Dauer festlegen, die
ungefähr bei 40 Jahren liegt.
In Deutschland beispielsweise wird bei Wasserkraftanlagen eine Konzession für die Dauer von 40
Jahren erteilt. Dort ist die Wirtschaftlichkeit auch gegeben. Wir haben dieselben Verhältnisse wie im
Ausland. Von dieser Warte ist eine Dauer von 40 Jahren für eine Konzessionslaufzeit richtig.
Ich bitte Sie, im Sinne des Regierungsrats zu entscheiden und den Zusatz in Abs. 2 nochmals zu lesen. Eine Verlängerung ist möglich, wenn nachgewiesen wird, dass die Amortisation in der vorgesehenen Zeitspanne nicht gewährleistet werden kann.
Abstimmung
Der Rat entscheidet sich mit 77 gegen 37 Stimmen für die Version der Kommission.
§§ 8-10
Zustimmung
§ 11
Knecht Hansjörg, SVP, Leibstadt: Dieser § 11 ist mir auch ein Dorn im Auge. Vor allem ist es aus
meiner Sicht ein krasser und nicht zu rechtfertigender Eingriff in das Eigentumsrecht. Deshalb beantrage ich, diesen § 11 vollständig zu streichen.
Flury Oliver, SVP, Lenzburg; Vizepräsident der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und
Raumordnung (UBV): Dieser Antrag wurde in der Kommission nicht gestellt.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Zu den Vorabklärungen: Ich kann mich wiederholen. Das Bundesgesetz gibt hier vor, dass eine Enteignung möglich ist, wenn das öffentliche Interesse zur Durchführung einer Baute und Anlage vorhanden ist. Eingriffe ins Privateigentum sind daher zulässig, wenn
die Einschränkung durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt oder verhältnismässig ist. Das sind
die beiden Begriffe, die im Bundesgesetz und der Bundesverfassung erwähnt werden.
Würde dem Kanton das Enteignungsrecht nicht zugestanden, dann wäre es ihm nicht mehr möglich,
seinen tiefen Untergrund zu nutzen. Denn hier geht es um die Konzession. Dann könnte der Eigentümer sagen, okay, ich will nicht. Damit könnten wir uns vermutlich bei sehr vielen Projekten – ich denke
an die Erdwärmenutzung – schon von vornherein verabschieden. Wahrscheinlich müsste man lange
suchen, bis jemand sein Terrain wirklich hergeben wollte.
Ich bitte Sie, auch hier Klarheit zu schaffen. Enteignung ist bei Vorhaben im öffentlichen Interesse
möglich und nicht zur wirtschaftlichen Nutzung oder zu irgendeinem anderen Zweck. Das öffentliche
Interesse und die Verhältnismässigkeit müssen gewährleistet sein. Ich bitte Sie daher, § 11 im Gesetz
stehen zu lassen, damit wir in diesem Bereich Klarheit haben.
Wir referenzieren auf das Baugesetz. Dort gilt die gleiche Regelung, welche bis heute zu keinerlei
Problemen oder gar Rechtsentscheiden geführt hat.
Abstimmung
Der Streichungsantrag von Hansjörg Knecht, Leibstadt, wird mit 76 gegen 42 Stimmen abgelehnt.
Somit Zustimmung zum Antrag des Regierungsrats.
3554
8. November 2011
Art. 1541
§§ 12-17
Zustimmung
Ungricht Gusti, SVP, Bergdietikon: Für die 2. Lesung stelle ich im Namen der SVP-Fraktion zu den
§§ 17 – 19 folgenden Prüfungsantrag: "Die Höhe von Abgaben und Gebühren sind in einem Dekret zu
regeln." Wir wollen uns so die Möglichkeit offen halten, über den Grossen Rat auf die Kosten, die Bürger und Unternehmen angelastet werden, Einfluss nehmen zu können.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Hier haben wir insofern eine Besonderheit, weil wir ein Gesetz
verabschieden wollen, das hinsichtlich der Nutzungen, die wir ermöglichen wollen, relativ offen ist.
Darum ist es hier ein bisschen schwieriger als im Wassernutzungsgesetz, in welchem im Dekret festgelegt wird, wie die Gebühren für Kleinkraftwerke zu regeln sind; es betrifft etwa 200 gleichartige
Kraftwerke. Bei diesem Gesetz werden wir nicht 200 gleichartige Anlagen abhandeln müssen.
In § 18 haben wir uns auf die gleiche Formulierung wie beim Wassernutzungsgesetz abgestützt. Wir
haben auch hier versucht, den Ermessensspielraum einzuschränken. Wir können nicht willkürlich Gebühren erheben. Im Prinzip können wir den Aufwand in Rechnung stellen. Das haben wir hier auch
festgelegt.
Ich nehme den Prüfungsantrag entgegen, um die Sachlage nochmals klarer darzulegen. Ich möchte
aber doch darauf hinweisen, dass es in diesem Bereich ein spezielles Gesetz ist, weil die Anzahl oder
die Breite der möglichen Nutzungen eine generelle Regelung mit Ausnahme der im Gesetz festgelegten Grundausrichtung nicht zulassen.
Ich kann diesen Prüfungsantrag entgegennehmen und werde die Fakten zur 2. Lesung nochmals
erläutern.
Abstimmung
Der Prüfungsauftrag von Gusti Ungricht, Bergdietikon, wird mit 85 gegen 32 Stimmen überwiesen.
§§ 18-24, II. EG Umweltrecht § 15 Abs. 2 und 3, III. 1. Aufhebung des Gesetzes über die Ausübung
des Salzregals, 2. Aufhebung der Vollziehungsverordnung zum Gesetz über die Ausübung des Salzregals, IV.
Zustimmung
Flury Oliver, SVP, Lenzburg; Vizepräsident der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und
Raumordnung (UBV): Der Antrag 1 wurde in der Kommission mit 12 gegen 0 Stimmen angenommen.
Der Antrag 2 wurde in der Kommission mit 11 gegen 0 Stimmen, bei 1 Enthaltung, angenommen.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Ich bitte um Ihre Zustimmung und danke Ihnen für die Diskussion.
Glarner Andreas A., SVP, Oberwil-Lieli: Ich will unseren freisinnigen Freunden ein bisschen ins Gewissen reden. Es gibt einen pedalenden Advokaten aus dem Tessin. Der hat kürzlich gesagt, man
solle keine neuen Gesetze mehr machen. Man hätte eine Bürokratie-Stopp-Initiative lanciert. Er hat
gesagt, es gäbe in gewissen Kantonen noch Regierungsräte, die das nicht begriffen hätten und laufend neue Gesetze brächten, die man nicht brauche. Ich glaube, er hat Sie gemeint.
Sie stimmen hier laufend zu und alle Anträge auf Erleichterung lehnen Sie ab – sogar dort, wo Ihr
Regierungsrat von technischem Fortschritt spricht und 5 Minuten später aus tiefem Herzen sagt:
"Nein, tiefere Bohrungen sind nicht möglich, der Bohrer würde sich verlaufen." Aber vor 5 Minuten war
der technische Fortschritt "allerheilig", um etwas anzunehmen. Wir verstehen die Welt nicht mehr. Wir
sind uns bewusst, dass Sie dieses Gesetz jetzt nicht ablehnen werden. Aber wir wollten Ihnen ein
bisschen den Widerspruch in Ihrem Verhalten aufzeigen.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: 1. Ich möchte das Votum von Herrn Andreas Glarner nicht
kommentieren. Ich habe am Anfang erklärt, was ein Gesetz soll, nämlich Rechtssicherheit geben. Ob
das Bürokratie ist, weiss ich nicht. Nach meiner Auffassung ist es richtig, wenn wir einfache Gesetze
haben, die auch einfach zu vollziehen sind. Es ist richtig, wenn wir klare Regelungen erstellen, damit
Bewilligungen umgesetzt werden können.
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Art. 1542
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2. Ich habe nicht gesagt, dass diese Bohrungen nicht möglich seien. Ich habe gesagt, dass es ab 100
Meter Tiefe massive Erschwernisse bei den Bohrungen gibt. Diese tiefen Bohrungen "verlaufen", dass
heisst, es gibt Abweichungen von 20, 30, 40, 50 Metern. Zum Beispiel bohrt jemand auf meinem
Grundstück und das Ende der Bohrung befindet sich dann beim übernächsten Nachbarn. Pech gehabt, kann man dann nur sagen. Solange dieser Nachbar nicht auch noch bohrt, spielt dies keine Rolle. Bedenken Sie, es sind bisher über 5’000 Bohrungen erfolgt. Möglicherweise bohrt man dann in die
Bohrung des Nachbarn hinein. Dann kommt die Haftpflicht ins Spiel und man muss klären, wer haftbar
und haftpflichtig ist und wer Probleme hat. Wir werden dann wunderbare Rechtsfälle haben. Ich bin
sicher, dass diese nicht ganz einfach sein werden und sehr viel Bürokratie für die Gerichte mit sich
bringt.
Es gibt Möglichkeiten, absolut vertikal zu bohren, aber das ist sehr teuer. Wenn man schon ein einfaches Verfahren hat, dann soll man wenigstens einen “Fisch” hinunter lassen – so heisst das Hilfsmittel, mit welchem man Bohrungen elektronisch messen kann. Damit hat man Gewissheit, wo diese
Bohrung gelandet ist und kann sie auf einem Plan einzeichnen. Wenn der Nachbar dann ebenfalls
bohrt, kann ich ihn darauf hinweisen und ihm sagen: "Pass auf, du hast nicht nur eine Gas- und eine
Wasserleitung in einer Tiefe von 3 Metern, sondern auf minus 200 Metern noch eine Bohrung. Pass
auf, dass du diese Bohrung nicht triffst." Das ist die Koordination der Gewerbe. Ob man das als Bürokratie bezeichnen soll, weiss ich nicht. Ich meine, wenn wir Bewilligungen erteilen, ist es auch unsere
Verpflichtung, dass wir angeben können, wo es Hindernisse gibt.
Wir haben das Grundbuch: Darin werden sehr viele Leitungen angezeigt. Wir haben kein Grundbuch
mit Aufzeichnungen von minus 100 Metern, minus 150 Metern oder minus 200 Metern – aber wir haben dort Probleme. Wer sagt, es sei nur Zufall, dass sich zwei Bohrungen treffen und dies komme nie
vor, der liegt falsch. Es gibt bereits zwei Fälle, wo Bohrungen ineinander verlaufen sind und die man
deshalb wiederholen musste. Es handelte sich um den gleichen Eigentümer. Man dachte, so etwas
sei nicht möglich. Es ist aber vorgekommen.
Auch als Schützer des Privateigentums sind wir der Meinung, dass wir da richtig handeln. Wir haben
einfache Verfahren, aber doch solche, die dazu führen, dass wir Haftpflichtfälle im tiefen Untergrund
verhindern können.
Danke, dass Sie mir noch zugehört haben.
Gesamtabstimmung
Antrag 1 wird mit 82 gegen 37 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 2 wird mit 81 gegen 38 Stimmen gutgeheissen.
Beschluss
1. Der vorliegende Entwurf einer Änderung der Verfassung des Kantons Aargau wird in 1. Beratung
zum Beschluss erhoben.
2. Der vorliegende Entwurf eines neuen Gesetzes über die Nutzung des tiefen Untergrunds und die
Gewinnung von Bodenschätzen (GNB) wird in 1. Beratung zum Beschluss erhoben.
1542 Postulat Pascal Furer (Sprecher), SVP, Staufen, Andrea Moll, FDP, Sins, und Andreas
Villiger, CVP, Sins, vom 14. Dezember 2010 betreffend Erhöhung der Sicherheit in Dörfern und
Quartieren durch den Verzicht auf Verkehrsbeschränkungen für landwirtschaftliche Fahrzeuge
auf Umfahrungsstrassen; Überweisung an den Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung
(vgl. Art. 0993)
Mit Datum vom 11. Mai 2011 erklärt sich der Regierungsrat bereit, das Postulat entgegenzunehmen
und beantragt mit folgender Begründung die gleichzeitige Abschreibung:
Umfahrungsstrassen wie die Neue Staffeleggstrasse werden in der Regel als Hauptverkehrsstrassen
projektiert und gebaut um Städte und Gemeinden vom Fern- und Durchgangsverkehr zu entlasten und
den Verkehrsfluss zu verbessern. Die Grundlagen für die Projektierung liefert die Schweizer Norm SN
640042 der Vereinigung Schweizerischer Strassenfachleute (SSV). Hauptverkehrsstrassen verbinden
Regionen, regionale Zentren und grössere Siedlungsgebiete. Sie haben eine nationale bis regionale
Bedeutung im Strassennetz. Zusammen mit den Hochleistungsstrassen (Autobahnen) bilden sie das
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8. November 2011
Art. 1543
übergeordnete Strassennetz. Weiter sollen sie eine beeinflussende Wirkung auf die Verkehrsströme
haben. Schwere Motorwagen zum Gütertransport sowie der Pendler- und Durchgangsverkehr sollen
primär über diese Strassen rollen. Hauptverkehrsstrassen sollen eine hohe Transportleistung und
Verkehrssicherheit bei mittleren Geschwindigkeiten zwischen 60 km/h und 80 km/h ermöglichen. Entsprechend dem Ausbaugrad ist ein möglichst reibungsloser Betrieb anzustreben. Umfahrungen werden grundsätzlich nicht für Motorfahrzeuge gebaut, welche eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von höchstens 25–40 km/h erreichen. Langsam fahrende Motorfahrzeuge können auf diesen
Strassen zu Verkehrsbehinderungen und zu Sicherheitsrisiken führen, die den Sinn und Zweck der
Umfahrung in Frage stellen. Langsam fahrende Fahrzeuge mit Geschwindigkeiten im Bereich von 25–
40 km/h sollen wie bis anhin die anderen Kantons- und Gemeindestrassen benutzen.
Das Sicherheitsrisiko darf nicht unterschätzt werden. Verkehrsteilnehmende erwarten keine landwirtschaftlichen Motorfahrzeuge auf Umfahrungsstrassen und erachten sie als Hindernis. Viele können
nicht nachvollziehen, weshalb solche Fahrzeuge auf diesen Strassenkategorien unterwegs sind. Insbesondere der Überraschungseffekt durch nicht erwartete und langsam fahrende landwirtschaftliche
Motorfahrzeuge ist sehr gross. Für das Überholen einer landwirtschaftlichen Fahrzeugkombination
durch ein schweres Sattelmotorfahrzeug sind je nach den gefahrenen Geschwindigkeiten und Länge
der Fahrzeuge Mindestsichtweiten von 500 m und mehr nötig. Lange und risikoreiche Überholvorgänge sind daher keine Seltenheit. Auf kurvigen Umfahrungsstrassen ist das Überholen solcher Fahrzeugkombinationen daher nahezu unmöglich. Verfügen solche Strassen über ein starkes Längsgefälle
in der Fahrbahn verschärft dies die Situation zusätzlich. Das Resultat sind lange Fahrzeugkolonnen
und ungeduldige Verkehrsteilnehmende. Trotz dieser negativen Punkte, welche den normalen Verkehrsablauf auf dem Hauptverkehrsstrassennetz inklusive Umfahrungsstrassen beeinflussen, sind im
Kanton Aargau grundsätzlich keine Einschränkungen für landwirtschaftliche Fahrzeuge verfügt. Ausnahmen bilden Tunnelstrecken, welche aus Sicherheitsgründen eingeschränkt werden. Für diese
Tunnelstrecken sind in der Regel Alternativrouten mit kurzen und zumutbaren Wegstrecken verfügbar.
Im Kanton Aargau werden Tunnels ausserorts, welche mit einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h
befahren werden können, grundsätzlich mit einem Verbot für landwirtschaftliche Motorfahrzeuge signalisiert. Eine Ausnahme bildet der Tunnel in Bremgarten, welcher jedoch nur eine Länge von rund
200 m aufweist. Dieser Tunnel müsste mit einer unzumutbaren Wegstrecke von zirka 13 km umfahren
werden.
Aus den dargelegten Gründen ist der Regierungsrat bereit, das Postulat entgegen zu nehmen, beantragt aber dessen gleichzeitige Abschreibung.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'753.–.
Vorsitzender: Pascal Furer, Staufen, erklärt sich namens der Postulanten mit der gleichzeitigen Abschreibung einverstanden.
Keine weiteren Wortmeldungen
Vorsitzender: Das Postulat wird stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen und gleichzeitig von
der Kontrolle abgeschrieben.
1543 Interpellation Jürg Caflisch, SP, Baden, vom 14. Dezember 2010 betreffend Bewilligung
des Bundes für die Nutzung von Fruchtfolgeflächen im Zusammenhang mit dem Golfplatzprojekt Bergdietikon; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0994)
Mit Datum vom 2. März 2011 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Mit der Beantwortung von vier parlamentarischen Vorstössen (Postulatsantwort 10.70 vom 16. Juni
2010, Motionsantwort 10.98 vom 30. Juni 2010, Motionsantwort 10.166 vom 25. August 2010 und
Motionsantwort 10.168 vom 25. August 2010) hat der Regierungsrat seine Haltung zur Bedeutung und
Erhaltung der Fruchtfolgeflächen dargelegt und die eingeleiteten Massnahmen aufgezeigt.
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Art. 1543
8. November 2011
Die Grundfragen der vorliegenden Interpellation gehen von einer falschen rechtlichen Ausgangslage
aus. Gemäss dem Bundesratsbeschluss zum Sachplan Fruchtfolgeflächen vom 8. April 1992 und der
Raumplanungsverordnung (RPV) vom 28. Juni 2000, Stand am 1. September 2009, obliegen dem
Kanton Aargau folgende Verpflichtungen:
 der Kanton stellt sicher, dass der Anteil von 40'000 Ha (ha) an Fruchtfolgeflächen dauernd erhalten
bleibt
 der Kanton verfolgt die Veränderungen bei Lage, Umfang und Qualität der Fruchtfolgeflächen und
teilt Veränderungen dem Bundesamt mindestens alle vier Jahre mit
 der Kanton teilt dem Bundesamt rechtzeitig die Änderung von Nutzungsplanungen mit, wenn
Fruchtfolgeflächen um mehr als drei Ha vermindert werden.
Im Rahmen der Richtplanung besteht einzig eine Meldepflicht alle vier Jahre, im Rahmen der Nutzungsplanung eine rechtzeitige Meldepflicht beim Verbrauch von Fruchtfolgefläche über 3 ha. Eine
Bewilligungspflicht, wie der Interpellant schreibt, besteht nicht. Der Bund hat unter der Voraussetzung,
dass der Mindestumfang gesichert ist, rechtlich keine Kompetenz, den Kantonen über die Anrechenbarkeit als Fruchtfolgeflächen hinausgehende Auflagen zum Umgang mit den Fruchtfolgeflächen zu
machen.
Sämtliche Richtplananpassungsvorlagen werden dem Bund parallel zur öffentlichen Vernehmlassung
und Mitwirkung zur Vorprüfung zugestellt. Da Verminderungen von Fruchtfolgeflächen über 3 ha im
Kanton Aargau eine Richtplananpassung erfordern, wird der Meldepflicht bereits in einem sehr frühen
Stadium nachgelebt. Dies erfolgte auch zur Richtplananpassung "Golfplatz Bergdietikon". Der Bund
hat zu dieser Vorlage jedoch keinen Vorprüfungsbericht erstellt.
Mit dem Beschluss einer Richtplananpassung durch den Grossen Rat treten behördenverbindliche
Vorgaben für den Kanton in Kraft. Die Genehmigung des Bundes ist nur relevant bezüglich der Behördenverbindlichkeit für den Bund und die Nachbarkantone und damit insbesondere für Inhalte im
Zuständigkeitsbereich des Bundes.
Zur Frage 1: "Wieso hat der Regierungsrat die Abstimmung über den Golfplatz Bergdietikon durchführen lassen, obwohl noch keine Genehmigung des Bundes für eine Umnutzung vorgelegen hat?"
Wie einleitend dargelegt, hat der Bund keine Genehmigungskompetenz bezüglich der im Richtplan
beschlossenen Umnutzung von Fruchtfolgeflächen für einen Golfplatz Bergdietikon. Der Richtplanbeschluss des Grossen Rats ist somit für die Gemeinde Bergdietikon abschliessend verbindlich. Eine
Genehmigungspflicht durch den Bund für eine auf einem kantonalen Richtplanbeschluss basierende
Zonenplanänderung besteht nicht. Der Gemeinderat Bergdietikon konnte deshalb nach dem Richtplanbeschluss über den Zeitpunkt eines Antrags an die Gemeindeversammlung frei entscheiden.
Zur Frage 2: "Hätten die StimmbürgerInnen von Bergdietikon dem Golfplatz zugestimmt, der Bund die
Bewilligung für die Umnutzung aber verweigert, wäre der Kanton gegenüber den Initianten entschädigungspflichtig geworden? Wie hoch wäre in diesem Fall die Summe der Entschädigung ausgefallen?"
Entsprechend der Antwort zur Frage 1 bestand zu keinem Zeitpunkt ein Risiko einer Entschädigungspflicht.
Zur Frage 3: "Sieht es der Regierungsrat grundsätzlich nicht als problematisch an, wenn der Kanton
sich nicht an gesetzliche Abläufe hält? Wie sieht der Kanton hier seine Vorbildfunktion für die korrekte
Handhabung gesetzlicher Abläufe?"
Der Kanton hat sich an die gesetzlichen Abläufe gehalten. Die Unterstellung des Interpellanten weist
die Regierung zurück.
Zur Frage 4: "Wie viele Hektaren FFF hat der Kanton Aargau aktuell, wie viele sind im Richtplan ausgewiesen?"
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Art. 1543
Ende 2010 verfügte der Kanton netto über 40'691 ha Fruchtfolgeflächen bei einem zu sichernden
Kontingent von netto 40'000 ha. Im Richtplan beziehungsweise in den gemeindeweisen Grundlagenkarten im Massstab (Mst.) 1:10'000 ist die Bruttofläche von 48'289 ha ausgewiesen.
Entwicklung der Fruchtfolgeflächen
Die Fruchtfolgeflächen werden jährlich per 31. Dezember nachgeführt. Es zeigt sich folgende Entwicklung der Gesamtbilanz:
Stand per 31. Dezember 2010
Stand per 31. Dezember 2009
Stand per 31. Dezember 2008
Stand per 31. Dezember 2007
Stand per 31. Dezember 2006
Stand per 31. Dezember 2005
Stand per 31. Dezember 2004
Stand per 31. Dezember 2003
Stand per 31. Dezember 2002
Stand per 31. Dezember 2001
40'691 ha gegenüber Vorjahr
40'712 ha
40'737 ha
40'763 ha
40'798 ha
40'807 ha
40'826 ha
40'857 ha
40'871 ha
40'888 ha
- 21 ha
- 25 ha
- 26 ha
- 35 ha
- 9 ha
- 19 ha
- 31 ha
- 14 ha
- 17 ha
Seit 2001 ist die Fruchtfolgefläche im Kanton Aargau also um 197 ha zurückgegangen. Dies sind im
Durchschnitt 22 ha pro Jahr.
Weiter zurückliegende Zahlen können nicht aufgeführt werden, da im Jahr 2001 die Berechnungsbasis im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Raumentwicklung geändert wurde. Bis 1999 nahm die
Fläche der gesicherten FFF zu, da der Flächenzuwachs an FFF infolge von Auszonungen, die im
Rahmen der Umsetzung der neuen raumplanerischen Gesetzgebung des Bundes erforderlich wurden,
grösser waren als der Flächenverlust durch Neueinzonungen.
Zur Frage 5: "Wie viele dieser FFF befinden sich innerhalb Siedlungs- oder Bauentwicklungsgebieten,
also nicht in potentiellen Bauzonen; wie viele dieser Flächen befinden sich in offenen Kiesabbauflächen oder noch nicht beanspruchtem Kiesabbaugebiet; wie viele dieser Flächen werden von Naturschutzgebieten, Renaturisierungsflächen, Strassenbauten, Bahnlinien, Fahrrad- & Wanderwegen etc.
überlagert?"
Die nachgewiesenen und im Richtplan festgelegten Fruchtfolgeflächen (siehe Antwort zur Frage 2)
liegen alle ausserhalb der Bauzonen und ausserhalb des Siedlungsgebiets. Naturschutzgebiete, Renaturierungsflächen, Kantonstrassen oder Bahnlinien sind definitionsgemäss keine Fruchtfolgeflächen.
Flurwege, Fahrrad- oder Wanderwege werden wie Bäche, Waldabstandsflächen oder Obstbaumanlagen flächendeckend digitalisiert und in der Bruttofläche mitgezählt. Der prozentuale Abzug für diese
Flächen wird gemeindeweise entsprechend der konkreten Situation festgelegt. Gesamtkantonal erfolgt
zur Berechnung der Nettofläche ein durchschnittlicher Abzug von aktuell 15,7 %.
In rechtskräftigen Materialabbauzonen liegen derzeit 301 ha Fruchtfolgeflächen (brutto). Diese Flächen werden durch den "wandernden" Abbau nur temporär beansprucht und bleiben mit den entsprechenden Auflagen und Massnahmen zur Rekultivierung gemäss dem Merkblatt des Bundes von 1995
und kantonaler Praxis grundsätzlich anrechenbare Fruchtfolgeflächen.
Zur Frage 6: "Wie viele FFF werden bereits für Sportplätze, Schwimmbäder, Fussball- und Golfplätze
beansprucht? (Beanspruchung gemäss BGE und ARE-Bericht)"
Sportplätze, Schwimmbäder, Fussballplätze und ähnliche Nutzungen erfordern eine Bauzone und sind
definitionsgemäss keine Fruchtfolgeflächen. Mit der Zonierung als Bauzone fällt die entsprechende
Fläche als Fruchtfolgefläche weg. Eine Statistik darüber, auf welchen Bauzonen ursprünglich die Qualität von Fruchtfolgeflächen vorlag, wird nicht geführt. Nebst den Golfplätzen gibt es im Kulturland eine
geringe Zahl von Spezialzonen gemäss Art. 18 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG), welche Fruchtfolgeflächen von total 8 ha umfassen. In diesen Zonen erfolgt
die Sicherstellung der Fruchtfolgeflächen mit speziellen Vorschriften. Bezüglich der Golfplätze siehe
die Aussagen zur Frage 9. Dort wird diese Thematik gesamthaft beantwortet.
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Zur Frage 7: "Wurde ein Nachweis über die Prüfung von Alternativen ohne Beanspruchung von FFF
wie es das ARE vorsieht und das Bundesgericht bestätigte erbracht?"
Im Rahmen der Richtplanvorlage zu einem Golfplatz in Bergdietikon erfolgte eine umfassende Interessenabwägung, wie es die Gesetzgebung verlangt. Dabei ist festzustellen, dass die Festlegung
eines Golfplatzstandorts im Kanton Aargau aufgrund unserer Verhältnisse nicht ohne Beanspruchung
von Fruchtfolgeflächen erfolgen kann. Die Prüfung von Alternativen bezüglich eines Fruchtfolgeflächenverlusts konzentriert sich deshalb auf die umfassende Prüfung und Optimierung der im Rahmen
der Bundeskriterien anzustrebenden Minimierung des Verlusts von Fruchtfolgeflächen.
Zur Frage 8: "Welches sind/waren die Möglichkeiten und Massnahmen oder Pläne des Kantons für die
flächengleiche Kompensation des Verlustes an FFF?"
Im Kanton Aargau sind die Fruchtfolgeflächen mit den landwirtschaftlichen Eignungskarten im Mst.
1:5'000 und der Umsetzung aller vorhandenen Fruchtfolgeflächen in den gemeindeweisen Grundlagenkarten im Mst. 1:10'000 flächendeckend ausgewiesen. Zusätzliche, zur Kompensation zur Verfügung stehende Flächen sind einzig in drei Fällen möglich:
 Flächen mit altrechtlichen Nutzungen, vorwiegend Materialabbaustellen, die bei der Erhebung zwischen 1985 und 1990 keine Fruchtfolgeflächen waren, jedoch mit der Rekultivierung neu die Kriterien als Fruchtfolgeflächen erfüllen. Solche Flächen werden nach der Abnahme der Rekultivierung
jährlich als neue Fruchtfolgeflächen ausgewiesen.
 Bodenverbesserungen durch geeigneten Bodenaushub von Flächen, welche bisher die Kriterien
für Fruchtfolgeflächen nicht erfüllten (schlecht rekultivierte Böden, Flächen mit Bodenschwund,
Erosion oder Verdichtung). Solche Flächen werden nach der Abnahme einer erfolgten Bodenverbesserung jährlich als neue Fruchtfolgeflächen ausgewiesen.
Eine Übersicht über den genauen Umfang solcher Flächen liegt noch nicht vor.
 Umzonung von noch nicht überbauten Bauzonen oder Spezialzonen, welche die Kriterien von
Fruchtfolgeflächen erfüllen.
In den eingangs erwähnten Beantwortungen von parlamentarischen Vorstössen hat der Regierungsrat
die Möglichkeiten, Grenzen und Massnahmen speziell bezüglich den Kompensationsmöglichkeiten mit
Auszonungen dargelegt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die möglichen Massnahmen zur Erhaltung und zum Schutz der Fruchtfolgeflächen und zur Kompensation insbesondere mit
den Entwürfen zur Gesamtrevision Richtplan ausgeschöpft werden. Die tatsächlichen Kompensationsmöglichkeiten sind jedoch sehr eingeschränkt.
Zur Frage 9: "Bei welchen Golfplätzen im Kanton AG sind FFF gemäss Qualitätskriterien der ARE
Vollzugshilfe vorhanden? Falls, wie viele und wann sind diese Qualitätskriterien und durch wen überprüft worden? (gemäss Anhang Vollzugshilfe, Seite 15, Punkt 7.3)"
Entsprechend der bis 2006 verbindlichen Vollzugshilfe des Bundes von 1995 gelten auch rückführbare
Fruchtfolgeflächen beispielsweise von Golfplätzen als anrechenbare Fruchtfolgeflächen. In den in
diesem Sinne altrechtlichen Golfplätzen von Schinznach-Bad, Oberentfelden, Frick/Hornussen und
Rheinfelden bestehen entsprechend insgesamt 55 ha Fruchtfolgeflächen, welche angerechnet werden. Es besteht keine Statistik darüber, welche Fläche davon die Kriterien als Fruchtfolgeflächen direkt erfüllt und welcher Teil zuerst innert 2 Jahren zurückgeführt werden müsste. Die in diesen Anlagen als nicht rückführbar geltende Fläche zum Beispiel für Greens oder Weiher von insgesamt 5 ha,
wurden als Fruchtfolgeflächen entsprechend den Einzelbeschlüssen des Grossen Rats gestrichen.
Nach der neuen Vollzugshilfe 2006 können nun als rückführbare Fruchtfolgeflächen bezeichnete Flächen zukünftig nicht mehr angerechnet werden.
Aufgrund des Richtplanbeschlusses vom 17. März 2009 zur Festsetzung des Golfplatzes Bergdietikon
dürfen mit dem Projekt die Fruchtfolgeflächen um maximal 5 % der im Perimeter liegenden Fruchtfolgeflächen von 64 ha reduziert werden, das heisst um maximal 3,2 ha. Sofern das Projekt, allenfalls
reduziert, weiter verfolgt wird, sind in den weiteren Verfahren die erforderlichen Massnahmen festzulegen und umzusetzen, um die Erhaltung der rund 61 ha Fruchtfolgeflächen im Golfplatzareal zu sichern. Dies speziell im erforderlichen Gestaltungsplan, im Baubewilligungsverfahren und durch eine
entsprechende Kontrolle und Aufsicht während dem Bau. Nebst der diesbezüglich hauptverantwortlichen Gemeindebehörde sind die entsprechenden kantonalen Fachstellen mitbeteiligt.
3560
8. November 2011
Art. 1544
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'697.–.
Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
1544 Interpellation Roland Agustoni, GLP, Rheinfelden, vom 11. Januar 2011 betreffend Güterverkehrsproblematik auf der Linie (Basel-) Fricktal-Bözberg-Limmattal; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 1007)
Mit Datum vom 23. März 2011 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Zur Frage 1: "Wie stellt sich der Regierungsrat grundsätzlich zu den drei angesprochenen Problemen
und der Bevorzugung des Güterverkehrs auf der Schiene im Besonderen?"
Die Kapazität auf dem Schienennetz im Kanton Aargau, insbesondere auf der angesprochenen NordSüd- sowie auf der West-Ost-Verbindung, ist sehr knapp, in den Hauptverkehrszeiten oft sogar ungenügend. Bereits heute können zusätzliche Angebote nicht mehr realisiert werden, welche für die Abdeckung der steigenden Nachfrage dringend notwendig wären.
Der Regierungsrat und der Grosse Rat haben in diesem Zusammenhang wiederholt festgehalten,
dass in Anbetracht der knappen Trassenkapazität dem regionalen Zugsverkehr hohe Bedeutung zukommt:
 Gesamtverkehrsstrategie mobilitätAARGAU (2006): "Der Regionalverkehr auf der Schiene hat
hohe Priorität und darf nicht verdrängt werden." (Strategie 3.8)
 Richtplan, Planungsgrundsatz zum Güterverkehr auf der Schiene: "Der Kanton unterstützt die Verlagerungsziele des Bundes im Güterverkehr von der Strasse auf die Schiene für den Verkehr über
lange Distanzen. Der Regionalzugsverkehr darf durch den Güterverkehr nicht verdrängt und seine
Entwicklung nicht behindert werden."
 Richtplan, Planungsgrundsatz zu den NEAT-Zufahrtsstrecken: "Der Bund ist gestützt auf den Alpentransitbeschluss auf den Ausbau der Zufahrtsstrecken zu den Basistunnels bis zu deren Inbetriebnahme zu verpflichten. Der Ausbau berücksichtigt insbesondere die Angebotskonzepte gemäss ZEB (Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur) und Bahn 2030, die künftigen Kapazitätsanforderungen des Regionalzugsverkehrs sowie die Umwelt- und Landschaftsschutzinteressen."
Dementsprechend setzt sich der Regierungsrat in verschiedenen Gremien dafür ein, dass die notwendigen Kapazitäten auf der Schiene geschaffen werden und diese auch der Entwicklung des Regionalzugsverkehrs zugute kommen.
Zur Frage 2: "Was für Konsequenzen hat der Entscheid der EU, den Güterverkehr bevorzugt zu behandeln, auf unsere jetzt schon stark belastete Bözberglinie?"
Die EU-Verordnung Nr. 913/2010 vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr ist am 9. November 2010 in Kraft getreten. Sie
muss hinsichtlich des Korridors Zeebrugge–Antwerpen/Rotterdam–Duisburg–(Basel)–Mailand–Genua
bis zum 10. November 2013 umgesetzt werden. Der Einbezug der Schweiz beziehungsweise die Umsetzung durch die Schweiz ist zum heutigen Zeitpunkt noch offen. Die Schweiz ist sehr stark daran
interessiert, dass sie auch mit Inkrafttreten und Umsetzung der Verordnung – wie bis anhin – in den
Gremien zu den Korridoren mitarbeiten und mitentscheiden kann. Daher wird die Schweiz zusammen
mit der EU im Rahmen des Gemischten Ausschusses Schweiz-EU und in Zusammenarbeit mit den
Korridorstaaten in Bälde festlegen, wie das formale Vorgehen zu gestalten ist.
Gemäss Art. 14 der VO 913/2010 werden grenzüberschreitende Güterzugstrassen durch die verschiedenen Infrastrukturbetreiberinnen eines Korridors im Voraus festgelegt und organisiert, wobei der
Kapazitätsbedarf anderer Verkehrsarten einschliesslich des Personenverkehrs anzuerkennen ist. In
der Interpretation des Bundesamts für Verkehr (BAV) ist vorgesehen, dass eine vorab bestimmte
Trassenzahl dem internationalen Güterverkehr zugewiesen wird und diesem Verkehr dann auch zur
Verfügung steht. Dies steht aus Sicht des BAV nicht im Konflikt mit den in der Schweiz geltenden Prioritätenregelungen und der gängigen Praxis in der Schweiz. So werden zum Beispiel im heutigen Trassenkatalog auch Trassen für die verschiedenen Verkehrsarten ausgewiesen. Die ausdrückliche Er-
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Art. 1544
8. November 2011
wähnung des Personenverkehrs belegt, dass aus dem Verfahren keine Minderung der Kapazitäten
des Personenverkehrs resultieren soll.
In diesem Sinne sind keine zusätzlichen Belastungen für die Bözberglinie zu erwarten, die über die
vorgesehenen Güterverkehrs-Trassenzahlen für die volle Inbetriebnahme der NEAT und die Umsetzung des Verlagerungsauftrags hinausgehen.
Zur Frage 3: "Der Kanton Aargau beteiligt sich zurzeit an Studien und Vorprojekten zur Erweiterung
der Bahnanlagen im Raum Basel. Werden diese künftigen Entwicklungen im EU-Raum mit einbezogen und ist dabei sichergestellt, dass auf der Bözberglinie der Viertelstundentakt für den Personenverkehr möglich bleibt?"
Die Planung für die gewünschte Weiterentwicklung des Angebots auf der Regio-S-Bahn Basel im
Fricktal (Linie S1) wurde im Sommer 2008 sowohl mit den Plänen zur zukünftigen Entwicklung der
Bahninfrastruktur (ZEB) abgeglichen, als auch mit den im Rahmen der Trinationalen Langfristplanung
Basel (TLB) abgestimmten Annahmen. Die gemeinsamen Abklärungen von SBB und Nordwestschweizer Kantonen im Rahmen der ZEB-Planungen zeigen, dass der 15 Minuten-Takt auf der S1 bis
Rheinfelden ohne Vierspurausbau zwischen Pratteln und Rheinfelden möglich ist, wenn die Infrastrukturen im Raum Basel angepasst werden (Entflechtungen und Wendegleis). Allerdings zeigen verschiedene Szenarien, so auch die Prognose im Rahmen des Konzepts Bahn 2030 einen zusätzlichen
Bedarf nach Güterzugstrassen, welcher den Ausbau des Regionalverkehrs beeinträchtigen könnte.
Dieser Entwicklung kann aus Sicht des Kantons Aargau nur mit einem zusätzlichen Juradurchstich
begegnet werden. Daher ist diesem Ausbau hohe Priorität beizumessen.
Zur Frage 4: "Erwartet der Regierungsrat durch die Verzögerung des Baus des Brennertunnels Gütermehrverkehr durch Verkehrsverlagerung auf unseren Schienen und Strassen?"
Die Inbetriebnahme der NEAT dient in erster Linie der Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs durch die Schweiz. Mit dem Gotthard-Basistunnel werden aber zweifelsfrei die schweizerischen
Bahnachsen gegenüber den Bahnachsen Frankreich-Italien und Österreich-Italien attraktiver gemacht.
Ob hieraus tatsächlich Verlagerungen auf die schweizerischen Achsen erfolgen, kann schwer beurteilt
werden. Der Hauptanteil des Güterverkehrs über den Brenner dient zum Beispiel dem Warenaustausch zwischen Italien und den Staaten Ost- und Mitteleuropas, für den ein Leitweg durch die
Schweiz nicht logisch ist.
Zur Frage 5: "Ist der Regierungsrat bereit, sich für einen Neat-tauglichen Ausbau auf der Bözberglinie
einzusetzen? Wenn dieser nicht in absehbarer Zeit realisiert wird: Wie beurteilt der Regierungsrat die
Tatsache, dass das Transportgewerbe aus verständlichen Gründen mit ihren Sattelschleppern vermehrt wieder die Strasse benutzen muss? Teilt der Regierungsrat die Befürchtung, dass diese Güterverkehrsentwicklungen die Autobahnzollanlage in Rheinfelden zusätzlich belasten werden?"
In Zusammenhang mit dem nächsten Verlagerungsbericht (voraussichtlich 2012) wird der Bundesrat
dem Parlament zu Kosten, Finanzierung und Zeitpunkt der Realisierung eines 4 m-Korridors (für Sattelschlepper) genauere Angaben vorlegen und entsprechende Massnahmen vorschlagen. Eine Umsetzung bis zur Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels wird angestrebt.
Zur Frage 6: "Wird unter all diesen Voraussetzungen eine für später geplante An-gebotserweiterung
der Regio S-Bahn im Abschnitt Stein - Säckingen -Laufenburg hinfällig?"
Der Kanton verfolgt aufgrund der Beschlüsse im Mehrjahresprogramm öffentlicher Verkehr (öV) weiterhin die Idee, die Züge der Regio-S-Bahn in Stein-Säckingen zu trennen (beziehungsweise in der
Gegenrichtung zu vereinen) und jeweils halbstündlich eine Zugseinheit nach Laufenburg beziehungsweise Frick weiter zu führen. Erste Abklärungen der SBB zeigen, dass das "Flügeln" der Züge in
Stein-Säckingen kurzfristig nicht umsetzbar ist, aber mittel- beziehungsweise langfristig als Option
weiterverfolgt werden soll. Die Machbarkeit wird abhängig sein von der Fahrplanlage der Fernverkehrszüge beziehungsweise von der Anzahl Güterzüge via Bözbergachse. Ohne bauliche Anpassungen an der Gleisinfrastruktur in Stein-Säckingen ist das Trennen beziehungsweise Vereinen von Zügen nicht möglich.
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Art. 1544
Zur Frage 7: "Was hat diese Entwicklung für Auswirkungen auf den Schienen- und Strassenverkehr
zum geplanten Container-Terminal im Limmattal?"
Die Container, welche von den Nordseehäfen via Basel zum geplanten Gateway-Terminal im
Limmattal fahren, haben eine Zieldestination in der Schweiz. Der grösste Teil der Container soll im
Rangierbahnhof auf andere Züge mit einer Destination in der Schweiz umgeladen werden. Die Waren,
welche ein Ziel im Wirtschaftsraum Zürich haben, werden via Lastwagen auf der Strasse weiter transportiert. Ein zusätzlicher Bedarf an Trassen im Zulauf zum geplanten Container-Terminal ist sicher,
und mögliche Konflikte mit dem Regionalverkehr sind absehbar. Allerdings findet diese Entwicklung
unabhängig von der in der Interpellation geschilderten Problemstellung statt.
Zur Frage 8: "Ist der Regierungsrat bereit, mit allen zuständigen Kantons- und Bundesstellen den Kontakt aufzunehmen und nach Lösungen zu suchen und damit der verkehrstechnischen Entwicklung auf
der Achse Basel-Fricktal-Bözberg-Limmattal besondere Beachtung zu schenken?"
Der Regierungsrat setzt sich bereits heute auf allen Ebenen, bei verschiedenen Stellen und in kantonsübergreifenden Gremien (zum Beispiel in kantonalen öV-Konferenzen, im Komitee pro Wisenberg, im Lötschberg-Komitee und im Gotthardkomitee) für ein gutes Angebot im SchienenPersonenverkehr ein. Die Anliegen des Regionalverkehrs haben dabei eine hohe Priorität. Zwischen
dem Departement Bau, Verkehr und Umwelt und den zuständigen Stellen, namentlich beim BAV sowie bei den SBB, finden regelmässig Gespräche statt.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'428.50.
Agustoni Roland, GLP, Rheinfelden: Ich bedanke mich beim Regierungsrat für seine Antworten, die
lediglich meine Befürchtungen bestätigen, aber keine erkennbaren Reaktionen auszulösen scheinen.
Die Absicht der Interpellation war eigentlich, dass sich der Regierungsrat über mögliche Szenarien
oder Vorgehensweisen in Bezug auf den bedrohlichen Schienenengpass auf der Bözberglinie Gedanken macht. Dem ist jedoch nicht so. Seine Zurückhaltung in dieser Sache kann ich nicht verstehen,
auch wenn zugegebenermassen der Bund und die SBB hier die Hauptverantwortung übernehmen
sollten. Man spürt in den Beantwortungen auch eine gewisse Hilflosigkeit. Schon seit Jahren mache
ich auf die kommenden Probleme auf unserer Bözberglinie aufmerksam, daher kann und will ich es so
nicht einfach hinnehmen, dass wir uns den Entwicklungen im Schienenverkehr nicht stellen.
Vorab liste ich einfach nochmals kurz die Problempunkte im Güterverkehr auf:
1. Durch die Baubeginn-Verschiebung des Brennerbasistunnels wird sich der Güterverkehr vermehrt
auf die Gotthardachse verlegen. 2. Die NEAT-Zufahrts-strecken inklusive des Bözbergtunnels sind
nicht hoch genug. So kann die Bahn zwar Container transportieren, nicht aber die höheren LKWs mit
Sattelauflieger. Diese Fahrzeuge sind gezwungen, die Strassen zu benutzen, was zu einem höheren
Verkehrsaufkommen an den Autobahnzollstellen – Rheinfelden lässt grüssen – führt. 3. Die EU hat
beschlossen, den Güterverkehr auf der Strecke Rotterdam – Duisburg – Genua bevorzugt zu behandeln. Wie sich dieser Beschluss auf das Gütereinfallstor Basel und das Fricktal mit der Zu- und Abfahrtsstrecke Bözberg auswirkt, kann nur erahnt werden. 4. Der geplante Containerterminal im
Limmattal wird zusätzlichen Gütermehrverkehr auf dieser Achse sowohl auf Schiene wie Strasse erzeugen. Der zusätzliche Bedarf an Trassen zum Containerterminal unbestritten und wird zusätzlichen
Druck auf den Regionalverkehr erzeugen. 5. Laufenburg wird aufgrund der Anzahl Güterzüge keine
Angebotserweiterung der Regio-S-Bahn im Abschnitt Stein – Säckingen – Laufenburg mehr erhalten.
Am 31. März 2011 hat die Aargauer Bundesrätin Doris Leuthard informiert, dass in der Etappe bis
2040 der Brüttener Tunnel und der Zimmerbergbasistunnel realisiert werden sollen. Hingegen wird der
Wisenbergtunnel erneut auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben. Dies will man umsetzen, obwohl
der Güterverkehr im Jahre 2010 um 12 Prozent zugenommen hat und hierzulande jede Person im
Durchschnitt 2’390 Kilometer mit der Bahn absolviert, was uns mit 1’000 Kilometern Vorsprung auf
Frankreich zum Eisenbahn-Europameister macht. Die Zukunftszahlen der EU prognostizieren noch
weit höhere Steigerungsraten. Der Viertelstundentakt in unserer Region wird nicht mehr zu halten
sein. Dies geht auch aus den Prognosen im Rahmen des Konzepts Bahn 2030 hervor. Hier steht,
dass ein zusätzlicher Bedarf an Gütertrassen besteht, welcher den Ausbau des Regionalverkehrs
beeinträchtigen könnte.
Ich bin mit der Abschreibung meiner Interpellation einverstanden. Ich lade den Regierungsrat aber ein
– einmal mehr – daraus mehr zu machen, denn die Zeit drängt. Aufgrund der regierungsrätlichen Aus-
3563
Art. 1545
8. November 2011
sage: "Es gibt viel zu tun, lassen wir es sein!", bin ich mit der Beantwortung der Interpellation jedoch
nicht zufrieden.
Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
1545 Postulat Samuel Schmid, parteilos, Biberstein, vom 11. Januar 2011 betreffend Verbesserung der Verkehrssicherheit für Fussgänger; Überweisung an den Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung
(vgl. Art. 1015)
Mit Datum vom 23. März 2011 erklärt sich der Regierungsrat bereit, das Postulat entgegenzunehmen
und beantragt mit folgender Begründung die gleichzeitige Abschreibung.
1.
Ausgangslage
Nach aktueller Rechtsauffassung begründet das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht nur die
Abwehr von Beeinträchtigungen, sondern auch eine staatliche Schutzpflicht gegen Gefährdungen
durch Dritte. Wie der Bund in seiner Strassenverkehrssicherheitspolitik "Via Sicura", setzt sich der
Kanton Aargau im Bereich der Strassenverkehrssicherheit verstärkt ein und hilft mit, die Anzahl der
schwer Verletzten und Toten im Strassenverkehr zu senken. Die Verkehrssicherheit ist eines der
Handlungsfelder, welche in der Gesamtverkehrsstrategie mobilitätAARGAU verankert sind. Im Rahmen der Agglomerationsprogramme sollen mittels Abstimmung von Verkehr und Siedlung nachhaltige
Lösungen aufgezeigt werden. Gleichzeitig wurde auf kantonaler Stufe das Konzept Raumentwicklung
AARGAU erarbeitet. Mobilität-AARGAU nimmt diese Entwicklungen auf und formuliert die für den
Kanton geeignete Verkehrsstrategie. Eine zukunftsorientierte Strassenverkehrssicherheit im Bereich
der Infrastruktur fordert die integrale Sicherheit des Strassenraums. Sie zeigt auf, mit welchen Massnahmen im Bereich Strasseninfrastruktur, Strassenraumgestaltung, Betrieb und Verkehrstelematik die
Sicherheit auf der Strasse erhöht werden kann. Diese Massnahmen sind bei allen Neu- und Ausbauten von Strassenanlagen, bei Unterhaltsarbeiten und beim Betrieb der Strassen zu berücksichtigen.
Das dazu entwickelte Konzept Strassenverkehrssicherheit Infrastruktur zeigt auf, mit welchen Massnahmen die Sicherheit auf den Strassen im Kanton Aargau erhöht werden soll. Folgende Einzelmassnahmen im Bereich Strasseninfrastruktur sind für den Regierungsrat prioritär:








Sanieren von Unfallschwerpunkten
Strassenraumgestaltung
Sichern von Fussgängerquerungen
Sichern von Querungen/Linksabbiegern für Velo und Mofa
Sanieren von Knoten mit Unfällen beim Richtungswechsel
Tempo-Regime 30/50
Überprüfen und Sanieren der Strassenbeleuchtung
Sanieren unbewachter Bahnübergänge
Ergänzt werden diese Einzelmassnahmen durch organisatorische und Qualität sichernde Massnahmen. So werden zum Beispiel alle Strassenprojekte durch die Fachstelle Verkehrssicherheit der Abteilung Tiefbau des Departements Bau, Verkehr und Umwelt mit einer Verkehrssicherheitsbeurteilung
(Road Safety Audit) überprüft.
Durch die Anwendung von Verkehrssicherheitsaudits können Defizite in der Planung und beim Zustand der Strassen systematisch ermittelt werden. Das Risikomanagement stellt Methoden zu einer
systematischen Ermittlung der Gefahren und zur Kosten-Nutzen-Analyse bereit.
2.
Fussgängerstreifen
Der Fussgängerstreifen ist die einzige Massnahme, die es den Zu-Fuss-Gehenden ermöglicht, punktuell und vortrittsberechtigt die Fahrbahn zu überqueren. Fussgängerstreifen sind also in erster Linie
eine Vortrittsregelung zugunsten des Fussverkehrs. Doch der hohe Anteil der auf Fussgängerstreifen
verunfallten Zu-Fuss-Gehenden sowie die tiefen Anhaltequoten bei Fussgängerstreifen zeigen, dass
Fussgängerstreifen nicht bedingungslos als Sicherheitsmassnahme bezeichnet werden können und
3564
8. November 2011
Art. 1545
deshalb im Zusammenhang mit Querungsstellen zwischen Vortritt und Sicherheit differenziert werden
muss. Konkret ist die Sicherheit für Zu-Fuss-Gehende beim Überqueren einer Strasse dann gegeben,
wenn entweder
 genügend grosse Zeitlücken im Fahrzeugstrom ein konfliktfreies Überqueren ermöglichen oder
 Fahrzeuge anhalten und Zu-Fuss-Gehende überqueren lassen.
Die Gestaltung von Querungsstellen muss diesen grundsätzlichen Überlegungen Rechnung tragen
und in erster Linie die Sicherheit an Querungsstellen gewährleisten. Im Einzelfall ist abzuklären, ob
dies mit oder ohne Vortrittsregelung (das heisst mit oder ohne Fussgängerstreifen) zu erreichen ist.
3.
Einsatz von infrastrukturellen Massnahmen und ihre Auswirkungen an Fussgängerstreifen
Die Einsatzmöglichkeiten von infrastrukturellen Massnahmen sind weitgehend bekannt, und die Auswirkungen auf den Verkehrsablauf und die Sicherheit wurden in verschiedenen Arbeiten untersucht
und beurteilt. Zur Verbesserung der Erkennbarkeit des Übergangs werden zum Teil Zusatzausrüstungen (Reflektoren, besondere Signale usw.) bei Fussgängerstreifen eingesetzt, um die Fahrzeuglenkenden entsprechend zu beeinflussen. Der Nutzen dieser Zusatzausrüstungen ist jedoch umstritten
und fraglich. Das Beeinflussen der Fahrzeuglenkenden setzt in einem ersten Schritt die Erkennbarkeit
des Fussgängerstreifens voraus. Mit entsprechenden infrastrukturellen Massnahmen kann der Erkennungsabstand des Übergangs verlängert werden. Auf den Sichtabstand des Zu-Fuss-Gehenden
selbst haben die meisten infrastrukturellen Massnahmen jedoch keinen Einfluss. Das Erkennen des
Fussgängerstreifens alleine stellt eine konkrete Information, aber keine eindeutige Handlungsanweisung dar. Folglich reicht die Wahrnehmung des Streifens alleine noch nicht aus, um das weitere Handeln abzuschätzen. Das bessere Erkennen des Fussgängerstreifens ist eine notwendige, aber keine
hinreichende Voraussetzung für das richtige Verhalten der Fahrzeuglenkenden. Grundsätzlich ist der
Kanton Aargau innovativen Ansätzen gegenüber offen. Diese werden verfolgt, wenn sie der Verkehrssicherheit insgesamt dienlich sind. Die grosse Gefahr besteht darin, dass verschiedene Klassen von
Fussgängerstreifen geschaffen werden: Solche die eine hohe Aufmerksamkeit erzeugen und solche,
die dann gar nicht beachtet werden. Die vermeintliche Verbesserung an einem Fussgängerstreifen mit
einer neuen Massnahme darf sich nicht nachteilig für andere Verkehrsteilnehmende auswirken.
4.
Subjektive, objektive und falsche Sicherheit
Im Zusammenhang mit Querungsstellen spielen diese Begriffe eine zentrale Rolle. Die subjektive
Sicherheit ist die von einer Person empfundene Sicherheit, die objektive Sicherheit ist die gemessene,
effektiv vorhandene Sicherheit. Eine hohe subjektive Sicherheit kann unvorsichtiges Verhalten zur
Folge haben. Ist in einer gegebenen Situation die subjektive Sicherheit grösser als die objektive Sicherheit, liegt eine falsche Sicherheit beziehungsweise ein hohes Gefahrenpotenzial vor. An diesen
Querungsstellen besteht ein erhöhtes Unfallrisiko, das primär auf einer falschen Sicherheitseinschätzung des durchschnittlichen Verkehrsteilnehmenden beruht.
Anhand des Beispiels "Fussgängerstreifen" soll dieses Konzept veranschaulicht werden:
 Fussgängerstreifen vermitteln ein hohes Sicherheitsgefühl (hohe subjektive Sicherheit). Dies zeigt
sich insbesondere an der Vehemenz, mit welcher die Bevölkerung oft Fussgängerstreifen von den
verantwortlichen Behörden verlangt sowie an den heftigen Reaktionen, welche negative Verfügungen auslösen.
 Lenkende von Fahrzeugen halten vor Fussgängerstreifen nicht immer an (tiefe objektive Sicherheit). So zeigen beispielsweise diverse Studien, dass Anhaltequoten unter 60 % nicht selten vorkommen.
Für eine hohe Sicherheit muss beim Fussgängerstreifen der Vortritt zugunsten der Zu-FussGehenden funktionieren. Die zwingenden Sicherheitskriterien sind zu erfüllen (zum Beispiel Sichtweite). Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass bestimmte verkehrstechnische Kriterien (zum Beispiel tiefes Geschwindigkeitsniveau) und Massnahmen (zum Beispiel Schutzinseln) die Sicherheit
positiv beeinflussen. Fussgängerstreifen, bei denen die sicherheitstechnischen Kriterien nicht oder nur
teilweise erfüllt werden, geben zwar eine hohe subjektive Sicherheit vor, weisen aber eine tiefe objektive Sicherheit und damit ein hohes Gefahrenpotenzial auf. Das Unfallrisiko, das beim Fordern des
Vortritts durch die Zu-Fuss-Gehenden besteht, wird nicht wahrgenommen oder falsch beurteilt. Die
Zu-Fuss-Gehenden wiegen sich in einer falschen Sicherheit. Fussgängerstreifen dürfen nur angeord-
3565
Art. 1545
8. November 2011
net werden, wenn die verkehrstechnischen Kriterien erfüllt werden oder baulich beziehungsweise signaltechnisch erreicht werden können. Zudem müssen die normativen Anforderungen an die Beleuchtung erfüllt sein. Es kann für Zu-Fuss-Gehende unter gewissen Bedingungen sicherer – wenngleich
weniger komfortabel – sein, eine mit andern Massnahmen gesicherte Querungsstelle zu überqueren.
In Kenntnis des fehlenden Vortrittsrechts, also ohne Fussgängerstreifen, wird er dies mit der nötigen
Vorsicht tun.
5.
Konzept Optimierung Sicherheit an Fussgängerstreifen auf dem Kantonsstrassennetz
Zurzeit werden alle Fussgängerstreifen auf Kantonsstrassen im Rahmen des Sicherheitskonzepts
erfasst. Insgesamt sind ca. 1'600 Fussgängerstreifen und rund 100 Querungshilfen auf Kantonsstrassen zu erfassen. Auf den Kantonsstrassen sind keine Fussgängerstreifen bekannt, an denen ein
grundsätzliches Gefahrenpotenzial besteht. Aufgrund der Unfallanalyse wurden keine Fussgängerstreifen eruiert, an denen ein erhöhtes Unfallrisiko besteht und die Unfälle auf eine mangelnde Anlage
des Fussgängerstreifens zurückgeführt werden können. Primär sind es Einzelereignisse auf Fussgängerstreifen, die auf ein Fehlverhalten der Verkehrsteilnehmenden zurückzuführen sind. Dennoch soll
die Verkehrssicherheit an Fussgängerstreifen langfristig verbessert und mit einem entsprechenden
Handlungsprogramm aufgewertet werden.
Für Fussgängerstreifen auf Gemeindestrassen sind die Gemeinden verantwortlich, der Kanton ist
Aufsichtsbehörde. Aus Ressourcengründen ist eine systematische Überprüfung durch den Kanton
nicht möglich, die Interventionen beschränken sich auf Fälle, die dem Departement Bau, Verkehr und
Umwelt gemeldet werden oder auf die es selber aufmerksam wird.
Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt schenkt dem Bau, Betrieb und Unterhalt des Kantonsstrassennetzes sowie der Verkehrssicherheit grösste Beachtung. Der Strassenraum wird nach gesetzlichen Vorgaben, VSS-Normen, Untersuchungen und Berichten der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu), des Bundesamts für Strassen (ASTRA) und von Hochschulen, von Ingenieurbüros und
auch von ausländischen Verkehrsinstituten projektiert. Dies setzt einen regen Kontakt mit diesen Beteiligten voraus. Auch im Bereich der Forschung auf nationaler und internationaler Ebene sowie mit
anderen Kantonen sind Kontakte vorhanden. Der Kanton ist in entsprechenden Gremien aus Normierung und Forschung vertreten.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass kantonale Strassenverkehrsanlagen im Aargau
nach sicherheitstechnischen Kriterien gebaut und optimiert werden. Auf dem 1'150 km umfassenden
Kantonsstrassennetz werden die Aspekte aller Verkehrsteilnehmenden, auch die des Langsamverkehrs, also der Radfahrenden und Zu-Fuss-Gehenden berücksichtigt.
Aufgrund dieser Ausführungen ist der Regierungsrat bereit das vorliegende Postulat entgegen zu
nehmen, beantragt aber dessen gleichzeitige Abschreibung.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'989.–.
Schmid Samuel, SLB, Biberstein: Ich darf Ihnen nun zeigen, dass ich auch kurz sprechen kann. Ich
möchte Sie herzlich einladen, die Abschreibung des Postulates nicht hinzunehmen und zu bestreiten.
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit begründet auch eine staatliche Schutzpflicht gegen Gefährdung durch Dritte. Der Kanton hat verschiedene Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit ergriffen
und bereits jetzt vollzogen: beispielsweise die bessere Erkennbarkeit der Streifen durch Zusatzausrüstungen. Verschiedene weitere Massnahmen sind ihm bekannt. Er hält fest, dass er innovativen Ansätzen gegenüber offen sei. Er weiss, dass bestimmte verkehrstechnische Kriterien und Massnahmen
die Sicherheit positiv beeinflussen und will die Verkehrssicherheit an Fussgängerstreifen langfristig
verbessern und diese mit einem entsprechenden Handlungsprogramm aufwerten. Leider haben aber
gerade die Ereignisse der letzten Wochen gezeigt, dass es in dieser Jahrzeit, in welche wir jetzt eintreten, erneut ein besonders wichtiges Thema ist. Der Regierungsrat ist mit seinen Aussagen eine
Selbstverpflichtung eingegangen. Der Kanton übernimmt die Pflicht als Aufsichtsbehörde für die Gemeindestrassen. Auch hier will er seiner Pflicht nachkommen. Geben wir doch dem Regierungsrat die
Möglichkeit, über diese Selbstverpflichtung und dieses Wahrnehmen der Pflicht als Aufsichtsbehörde
hinaus, uns Informationen zu geben. Geben wir dem Regierungsrat die Möglichkeit, Gutes zu tun,
Verbesserungen vorzunehmen und auch darüber zu reden, ohne dass es in ein paar Monaten erneut
nötig wird, einen Vorstoss einzureichen. Erhöhen wir die Motivation des Regierungsrates zur noch
konsequenteren Weiterführung des eingeschlagenen guten Weges. In diesem Sinn bitte ich Sie, das
entgegengenommene Postulat nicht zur Abschreibung freizugeben.
3566
8. November 2011
Art. 1545
Köchli Martin, Grüne, Boswil: Ich möchte das Votum von Samuel Schmid unterstützen. Wir müssen in
diesem Bereich die Diskussion aufrechterhalten. Die Unfallhergänge und die Statistiken beweisen,
Unfälle passieren bei Übermüdung und beim Umherhetzen. Wir Grünen möchten einen Aspekt einbringen, den das sogenannte Berner Modell umsetzt: Es ist die zeitlich beschränkte Begrenzung auf
Tempo 30 auch auf Kantonsstrassen, wenn sehr viel Verkehr vorhanden ist. Das Modell zeigt, dass
die Verlangsamung des Verkehrs eine Verflüssigung der Abläufe bewirkt und eine Verminderung der
Gefährdung. Also schreiben wir dieses Postulat nicht ab, halten wir die Diskussion wach und aufrecht,
damit wir mehr Sicherheit erreichen können.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Ich bitte Sie, das Postulat abzuschreiben. Wir machen sehr viel
für die Verkehrssicherheit. Wären die beiden Redner in der Kommission UBV, würden sie auch sehen,
dass wir Zielsetzungen haben in Bezug auf die Zahl der Unfälle, der Unfalltoten und Verletzten. Wir
dürfen sagen, dass wir sehr viel getan haben und die Anzahl der Unfälle im Kanton Aargau sehr tief
ist. Im Kanton Bern ist diese Anzahl nicht tiefer. Das Berner Modell ist eine Idee aus den 1990erJahren und man muss jetzt nicht mit diesem Modell kommen und behaupten, es sei etwas Neues. Wir
wollen den Verkehr nicht verhindern. Wenn wir Tempo 0 haben, dann gibt es 0 Unfälle, könnte man
denken, vielleicht wäre es so. Aber wir wollen den Verkehr nicht verhindern, er soll auf den Kantonsstrassen rollen.
Zur staatlichen Schutzpflicht: Das ist natürlich etwas Gewaltiges. Nach meiner Auffassung steht jedoch immer noch die Eigenverantwortlichkeit für sich selbst im Vordergrund. Wir können nicht freies
Springen vom Trottoir verhindern, demzufolge ist ein Risiko vorhanden. Jeder ist verpflichtet zu
schauen: "Luege, lose, laufe!" Das lernt man im Kindergarten, aber leider wird es oft wieder vergessen. Heutzutage läuft man, bevor man geschaut hat. Man läuft und hat gleichzeitig das Handy am Ohr
und hört dann den Verkehr nicht mehr. Auch wird der Verkehr beispielsweise mit Elektrofahrzeugen
so leise, dass man ihn fast nicht mehr hören kann. Das ist ein neues Phänomen.
Ich glaube, wir machen viel und wir brauchen das Postulat nicht, um weiter zielführend zu handeln.
Wir versuchen, an allen Orten die Fussgängerstreifen zu verbessern. Es ist der Irrglaube vorhanden,
dass der Fussgängerstreifen immer ein Schutz sei. Das stimmt nicht. Das zeigt auch das bfu (Beratungsstelle für Unfallverhütung). Das bfu sagt ganz klar: Ein Fussgängerstreifen ist nur ein scheinbarer
Schutz. Also muss man hier auch bewusst nach den bfu-Regeln vorgehen. Im bfu sind Fachleute.
Man kann nicht einfach generell sagen, im Kanton Aargau werde nichts gemacht. Der Kanton macht
sehr viel und will es weiter tun. Zero Unfall oder eine Zero Strasse, die keine Unfälle hat, das wäre
etwas Wunderbares. Ebenso werden die Fortschritte in der Elektronik und die baulichen Massnahmen
mithelfen.
Wir haben an Kreiseln beinahe keine Unfälle mehr. Das ist eine Eigenheit. Es gibt an Kreiseln keine
schweren Unfälle mehr. Das Überfahren eines Rotlichts an normalen Kreuzungen ist nichts Seltenes,
aber dies geschieht an Kreiseln nicht mehr. Das sieht man in den Statistiken. Es hat sich gelohnt, sich
in diese Richtung zu entwickeln. Das Beleuchten der Fussgängerstreifen wird dort gemacht, wo es
sinnvoll und zweckmässig ist. Das ist nicht überall der Fall, weil auch das wieder gewisse Gefahren in
sich birgt. Richtig ist, dass jeder zuerst schauen sollte. Ich bedaure natürlich, dass das Handzeichengeben beim Fussgängerverkehr abgeschafft wurde. Wenn Leute am Fussgängerstreifen miteinander
sprechen und plötzlich den Schritt auf den Fussgängerstreifen machen, ist es für einen Autofahrer
schwierig, gegen diese Unachtsamkeit der Fussgänger richtig reagieren zu können. Gegen diese Unachtsamkeit kann nichts anderes helfen, als die Eigenverantwortung: "Luege, lose, laufe!"
Bitte schreiben Sie das Postulat ab! Wir handeln weiter im Sinne unserer gesamten Verkehrsstrategie.
Schmid Samuel, SLB, Biberstein: Zwei kleine Berichtigungen in der Sache: 1. Ich habe nicht gesagt,
dass der Regierungsrat in Sachen Fussgängerquerungen nichts macht. Im Gegenteil, Sie haben sehr
viel gemacht und das ist anzuerkennen. Das Nichtabschreiben des Postulates soll vielmehr die Gelegenheit bieten, weiter darüber zu berichten und das Ganze am Kochen zu halten. Wir anerkennen
sehr, was Sie machen. Sie sind alles andere als untätig und das sei ganz deutlich gesagt.
2. Das mit der staatlichen Schutzpflicht ist ein schwieriger Begriff. Es ist ein Begriff, der aus Ihrer Antwort stammt. Nach aktueller Rechtsauffassung begründet das Recht auf körperliche Unversehrtheit
nicht nur die Abwehr von Beeinträchtigungen, sondern auch eine staatliche Schutzpflicht gegen Gefährdungen durch Dritte. Es ist völlig klar, dass man damit natürlich nicht von der Eigenverantwortung
entbunden wird. Dennoch ist es ein Begriff aus der Rechtssprechung; mit aller Problematik, der so aus
der Beantwortung des Postulats stammt.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Ich bitte Sie, die Postulate nicht als politische Tauchsieder zu
missbrauchen, um etwas am Kochen zu behalten. Wir haben einen Aufgaben- und Finanzplan. Darin
3567
Art. 1546
8. November 2011
hat es Indikatoren. Die Kommission kann die entsprechenden Fragen stellen und die entsprechenden
Aufgaben erteilen. Das ist der richtige Weg. Aber wenn wir Dutzende von Postulaten vorliegen haben
und dazu eine Berichterstattung machen müssen, dann erhalten Sie sehr, sehr dicke Bücher, die dann
doch niemand liest. Missbrauchen Sie das Postulat nicht! Wir haben das Anliegen überprüft. Wir erklären, dass wir im Sinne des Postulanten handeln. Aber lassen Sie bitte nicht einfach Postulate stehen,
damit dann irgendwo im Jahresbericht etwas darüber steht. Das sind normalerweise 4 – 5 Zeilen und
das bringt Sie auch nicht weiter.
Lehnen Sie die Aufrechterhaltung bitte ab, auch im Sinne der Reduktion der Bürokratie.
Vorsitzender: Das Postulat wird stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen.
Abstimmung
Der Rat beschliesst mit 88 gegen 20 Stimmen, das Postulat gleichzeitig abzuschreiben.
1546 Interpellation Samuel Schmid, parteilos, Biberstein, vom 11. Januar 2011 betreffend Sicherheitsrisiko bei Fussgängerquerungen; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 1019)
Mit Datum vom 30. März 2011 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Zur Frage 1: "Wie viele Unfälle auf Fussgängerstreifen mit Personenschaden haben sich in den letzten zehn Jahren im Kanton Aargau pro Jahr ereignet?"
In den letzten 11 Jahren ist die Gesamtanzahl Fussgängerunfälle an Fussgängerstreifen (FGS) pro
Jahr seit 2000 tendenziell rückläufig, obwohl die Verkehrsleistung im gleichen Zeitraum markant zugenommen und der Motorfahrzeugbestand im Kanton Aargau sogar um 23 % im selben Zeitraum
angestiegen ist. Die Bevölkerung nahm in der gleichen Periode um 13,2 % zu (612'611 Einwohnerinnen und Einwohner am 31. Dezember 2010).
Jahr
Unfälle
Leichtverletzte
Schwerverletzte
Tote
Jahr
Unfälle
Leichtverletzte
Schwerverletzte
Tote
2000
bei
FGS
73
32
32
8
Abseits
FGS
93
46
37
7
2001
bei
FGS
73
34
36
3
Abseits
FGS
87
37
41
4
2002
bei
FGS
77
40
32
5
Abseits
FGS
92
61
25
6
2003
bei
FGS
45
34
9
1
2006
bei
FGS
64
43
17
2
Abseits
FGS
80
52
24
3
2007
bei
FGS
54
31
21
2
Abseits
FGS
84
52
27
7
2008
bei
FGS
59
41
18
0
Abseits
FGS
94
67
25
0
2009
bei
FGS
60
44
15
1
Abseits
FGS
94
62
26
6
Abseits
FGS
95
72
14
3
2004
bei
FGS
59
42
17
0
2010
bei
FGS
60
42
17
1
Abseits
FGS
88
59
18
8
2005
bei
FGS
57
39
17
1
Abseits
FGS
111
87
23
3
Abseits
FGS
91
58
25
2
Tabelle: Zusammenstellung der Anzahl Unfälle mit Fussgängerbeteiligung von 2000–2010 bei oder abseits von
Fussgängerstreifen
Die Anzahl Fussgängerunfälle an Fussgängerstreifen hat sich in den letzten 5 Jahren stetig bei rund
60 Unfällen pro Jahr eingependelt. Jedoch ist die Anzahl tödlich Verunglückter an den Fussgängerstreifen gegenüber dem Jahr 2000 markant zurückgegangen. Generell ist die Anzahl tödlich Verunglückter im Kanton Aargau rückläufig. Im Kanton Aargau verstarben im Jahr 2009 20 Menschen im
Strassenverkehr, davon eine Person an einem Fussgängerstreifen. Das Springen/Laufen über die
Fahrbahn und Nichtbenützen des Fussgängerstreifens waren im Jahr 2009 die häufigsten Ursachen
bei den insgesamt 155 Fussgängerunfällen.
3568
8. November 2011
Art. 1546
120%
bei FGS
Abseits FGS
110%
105%
100%
100%
100%
90%
88%
82%
78%
80%
81%
81%
74%
70%
62%
60%
50%
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
Diagramm: Total Fussgängerunfälle pro Jahr auf oder abseits von Fussgängerstreifen indexiert auf das Jahr 2000
Auffallend ist, dass sich in den letzten 10 Jahren rund 60 % (918 Unfälle) aller Unfälle (insgesamt
1'539 Unfälle) mit Fussgängerbeteiligung abseits von Fussgängerstreifen ereigneten. Rund 6 % dieser
Unfälle endeten tödlich.
Zur Frage 2: "Wie stellt sich die Unfallsituation auf Fussgängerstreifen im Kanton Aargau dar im Vergleich und in Bezug zu den Zahlen und Erkenntnissen, welche die Schweizerische Beratungsstelle für
Unfallverhütung (bfu) in ihrem 2007 veröffentlichten Sicherheitsdossier vorlegte?"
Im Quervergleich zu den andern Kantonen steht der Kanton Aargau gut da. Bei einer Aussage zum
Quervergleich ist die nötige Vorsicht geboten, da einerseits Angaben zur Anzahl Fussgängerstreifen
der jeweiligen Kantone fehlen und ein Vergleich auf die Anzahl Einwohnerinnen und Einwohner nicht
typisch ist. Dennoch kann festgehalten werden, dass sich im Kanton Aargau auf 100'000 Einwohnerinnen und Einwohner pro Jahr 4 Personen in den letzten 10 Jahren, beziehungsweise 3 Personen in
den letzten 5 Jahren auf Fussgängerstreifen schwer verletzt haben. Vergleicht man diese Zahl mit
Kantonen mit ähnlichen Verkehrsleistungen, steht der Kanton Aargau sogar sehr gut da. Ein Vergleich
mit der Anzahl Getöteter auf Fussgängerstreifen mit andern Kantonen ist nicht repräsentativ, da die
Anzahl sehr gering und somit nicht statistisch relevant ist.
300%
250%
200%
150%
122%
101%
100%
100%
64%
56%
56%
51%
50%
52%
41%
28%
AG
BE
BL
LU
SO
ZG
ZH
0%
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
Diagramm: Fussgängerunfälle pro Jahr im Kanton Aargau und den Nachbarkantonen mit Schwerverletzten auf
100'000 Einwohner valdiert und indexiert auf das Jahr 2000
3569
Art. 1546
8. November 2011
Zur Frage 3: "Geht der Interpellant zu Recht davon aus, dass alle Fussgängerstreifen grundsätzlich
den vorgeschriebenen Sicherheitsanforderungen genügen? Dennoch weisen gewisse Fussgängerquerungen ein (zumindest zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Konstellationen) erhöhtes oder
sogar wesentlich erhöhtes Gefahrenpotenzial auf. Nach welchen Kriterien beurteilt der Kanton eine
Fussgängerquerung bezüglich Verkehrssicherheit?"
Jeder neu angelegte Fussgängerstreifen auf Kantonsstrassen muss von der Abteilung Tiefbau, Sektion Verkehrstechnik, des Departements Bau, Verkehr und Umwelt bewilligt werden. Grundlagen für
eine sicherheitstechnische Beurteilung eines Fussgängerstreifens bilden die VSS-Norm 640'241
(Fussgängerstreifen) sowie die neusten Forschungsergebnisse, Bundesgerichtsentscheide oder Beurteilungshilfen der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu). Die VSS-Norm gilt als Weisung des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation im Sinne von Art. 115
Abs. 1 der Signalisationsverordnung (SSV) vom 5. September 1979. Damit ein Fussgängerstreifen
sicher ist, müssen anlage- sowie betriebstechnische Kriterien erfüllt sein.
Sofern die Bedingungen wie Fahrzeug- und Fussgängerfrequenzen, Sichtbarkeit des Fussgängerwarteraums und der wartenden Zu-Fuss-Gehenden für den nahenden Fahrzeugführenden, Strassenbreiten, Anzahl Fahrspuren, Tempolimiten, Wunschlinien, Beleuchtungsverhältnisse etc. erfüllt sind, werden Fussgängerstreifen bewilligt.
Zur Frage 4: "Wie viele Fussgängerquerungen – unterschieden nach Kantons- und Gemeindestrassen
– sind dem Kanton aktuell bekannt, bei welchen ein grundsätzlich oder zeitweise erhöhtes Gefahrenpotenzial besteht oder wo es bereits zu Unfällen gekommen ist?"
Im Jahr 2010 wurden nahezu alle Fussgängerstreifen auf Kantonsstrassen im Rahmen des geplanten
Sicherheitskonzepts neu erfasst. Insgesamt wurden 1'620 Fussgängerstreifen und 88 Querungshilfen
auf Kantonsstrassen erfasst. Die Anzahl der Fussgängerstreifen auf Gemeindestrassen ist nicht bekannt, sie wird auf ca. 1'300 geschätzt. Auf den Kantonsstrassen sind keine Fussgängerstreifen bekannt, an denen ein grundsätzliches Gefahrenpotenzial besteht.
Aufgrund der Unfallanalyse werden keine Fussgängerstreifen eruiert, an denen ein erhöhtes Unfallrisiko besteht und die Unfälle auf eine mangelnde Anlage des Fussgängerstreifens zurückgeführt werden können. Primär sind es Einzelereignisse auf Fussgängerstreifen, die auf ein Fehlverhalten der
Verkehrsteilnehmenden zurückzuführen sind.
Für Fussgängerstreifen auf Gemeindestrassen sind die Gemeinden verantwortlich. Dem Kanton obliegt bei diesen Fussgängerstreifen die Aufsicht. Aus personellen Gründen ist eine systematische
Überprüfung nicht möglich, die Gebietsverantwortlichen der Sektion Verkehrstechnik beschränken
sich auf die extremen Fälle, auf welche sie aufmerksam gemacht werden.
Zur Frage 5: "Überprüft der Kanton systematisch und nach einem gewissen Konzept die Sicherheitslage der Fussgängerstreifen?"
Siehe Antwort zu den Fragen 3 und 4.
Zur Frage 6: "Von welchen Gemeinden hat der Kanton in den letzten fünf Jahren Meldungen bezüglich sicherheitsproblematischer Fussgängerquerungen erhalten? Um welche Fussgängerquerungen
handelt es sich dabei? Der Interpellant erbittet zu jeder solchen Fussgängerquerung um tabellarische
Auskunft auf die Fragen: Wie hat der Kanton diese Meldungen bearbeitet? Welche Schritte erfolgten?
Was ist der aktuelle Stand? Welche Problemlösung wurde vorgenommen? Falls die Umsetzung noch
aussteht: Bis wann wird die Umsetzung erfolgen?"
Siehe Antwort zur Frage 4. Die Meldungen von Gemeinden, Schulpflegen, Privaten, Polizei etc. können schriftlich, per E-Mail, telefonisch, mündlich, vor Ort etc. erfolgen. Die Überprüfung und das Einleiten allfälliger Massnahmen erfolgt umgehend durch die Sektion Verkehrstechnik. Es erfolgt keine systematische Erfassung solcher konkreten Anfragen.
Zur Frage 7: "Andere Kantone und Länder verfügen über Erfahrungen mit verschiedenen infrastrukturellen Anpassungen, welche im Einzelfall zu einer wesentlichen Verbesserung der Aufmerksamkeit
der Verkehrsteilnehmenden und der Sicherheitslage beitragen."
3570
8. November 2011
Art. 1546
"a) Haben bereits Kontakte zu Verantwortlichen in anderen Kantonen oder Ländern stattgefunden,
wo solche Massnahmen zur Anwendung kommen und Erfahrungen vorhanden sind?"
Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt schenkt dem Bau, Betrieb und Unterhalt des Kantonsstrassennetzes sowie der Verkehrssicherheit grösste Beachtung. Der Strassenraum wird nach gesetzlichen Vorgaben, VSS-Normen, Untersuchungen und Berichten der bfu, des Bundesamts für Strassen
(ASTRA) und der Hochschulen von Ingenieurbüros und auch von ausländischen Verkehrsinstituten
projektiert. Dies setzt einen regen Kontakt mit diesen Beteiligten voraus. Auch im Bereich der Forschung auf nationaler und internationaler Ebene sowie mit anderen Kantonen sind Kontakte vorhanden. Zudem ist der Kanton mit Vertretern in entsprechenden Gremien aus Normierung und Forschung
vertreten.
"b) Hat sich der Kanton Aargau an Pilotversuchen beteiligt oder diese begleitet? Wenn ja, welche,
wann und wie?"
Der Kanton Aargau hat im Jahr 2008 in einem Verkehrsversuch eine neue Form der Mittelinsel entwickelt, welche auf 7,5 m breiten Strassen realisiert werden kann. Sie wird nachfolgend als "markierte
Fussgängerschutzinsel" oder kurz "markierte Mittelinsel" bezeichnet. Es ist unbestritten, dass gebaute
Fussgängerschutzinseln zur Erhöhung der Sicherheit beitragen. Dies wurde in verschiedenen Studien
nachgewiesen und hat auch Eingang in die VSS-Normen gefunden. Aufgrund der Platzverhältnisse
sind baulich gesicherte Mittelinseln mit einer Breite von 2 m jedoch nicht überall realisierbar, da die
Fahrbahnbreite zu gering und eine Verbreiterung mit aufwändigen Anpassungen an der Strassengeometrie, teilweise mit Landerwerb, verbunden ist.
"c) Welche Haltung nimmt der Kanton gegenüber solchen infrastrukturellen Massnahmen ein? Sollte
es eine kritische sein, obschon diese nachweislich zur Verkehrssicherheit beitragen: Worauf
stützt er sich dabei? Welches sind die Vorbehalte?"
Grundsätzlich zeigt sich der Kanton Aargau gegenüber innovativen Ansätzen offen. Diese werden
verfolgt, wenn sie der Verkehrssicherheit insgesamt dienlich sind. Die grosse Gefahr besteht darin,
dass verschiedene Klassen von Fussgängerstreifen geschaffen werden: Solche, die eine hohe Aufmerksamkeit erzeugen und solche, die dann gar nicht beachtet werden. Die vermeintliche Verbesserung an einem Fussgängerstreifen mit einer neuen Massnahme darf sich nicht nachteilig für andere
Verkehrsteilnehmende auswirken.
Zur Frage 8: "Welche verschiedenen Massnahmen hat der Kanton in den vergangenen fünf Jahren
konkret ergriffen, um die Sicherheit an Fussgängerquerungen zu erhöhen?"
Infrastruktur
 Erarbeitung der Grundlagen zu markierten Mittelinseln, Standardisierung vorangetrieben
 Ausrüstung der Anlagen an Kantonsstrassen fortlaufend vorangetrieben (Signalisation Signal Nr.
4.11 Fussgängerstreifen)
 Schaffung von Querungshilfen (Fussgängerquerungen ohne gelbe Markierung)
Planung/Projektierung/Verbesserung
 Einflussnahme bei der Erarbeitung von Betriebs- und Gestaltungskonzepten (BGK)
 Auditieren von geplanten Strassenprojekten mittels eines standardisierten Verfahrens (Road Safety
Audit RSA) im Jahr 2007
 Einführung Black Spot Management, ein Verfahren zur Erarbeitung von Sanierungsmassnahmen
an Unfallschwerpunkten im Jahr 2008
 Berücksichtigung der Ansprüche an das behindertengerechte Bauen auch an Fussgängerstreifen
 Erarbeitung von Merkblättern und Richtlinien
Organisation/Allgemeines
 Schaffung der Fachstelle Verkehrssicherheit im Jahr 2006
 Regelmässige und enge Zusammenarbeit mit der Polizei
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Art. 1546
8. November 2011
 Erfassung und Analyse der Fussgängerstreifen im Jahr 2010 durch die Fachstelle Verkehrssicherheit
Veranstaltungen für Gemeindebehörden und Ingenieurbüros
 Durchführung der Informationsveranstaltung "Fussgängerquerungen" zusammen mit Fussverkehr
Schweiz und bfu im Jahr 2008
 Verkehrsforum Aargau 2004 mit Patrick Eberling, bfu, Thema Tempo-30-Zonen
 Verkehrsforum Aargau 2006 mit Heinz Leu, bfu, Thema Problemzone Fussgängerstreifen/Fussgängerquerung
 Verkehrsforum Aargau 2010 mit Kurt Grauwiler, Abteilung Tiefbau des Departements Bau, Verkehr
und Umwelt, Thema Strassenraumgestaltung
Zur Frage 9: "Der Regierungsrat prognostiziert ein Bevölkerungswachstum von 10 % in zehn Jahren.
Dies sowie die Entwicklung der Mobilität führen zwangsläufig zu höherem Verkehrsaufkommen sowohl beim Langsamverkehr als auch beim motorisierten Verkehr und damit zu höherem Gefahrenpotenzial bei Fussgängerquerungen. Ist der Regierungsrat bereit, mit einer aktiven und vorausschauenden Planung und entsprechenden, auch infrastrukturellen Massnahmen Einfluss zu nehmen und damit die Verkehrssicherheit zu verbessern?"
Im Rahmen der täglichen Arbeiten der Fachstellen wird die Strassenverkehrssicherheit laufend optimiert.
Zur Frage 10:"Ist der Kanton bereit, auf die Bedürfnisse der Gemeinden hinsichtlich Verkehrssicherheit für Fussgänger bei der Überquerung von Kantonsstrassen schnell und unbürokratisch einzugehen?"
Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt verfolgt diesen Ansatz bereits heute. Gemäss heutigem
Konzept des Departements Bau, Verkehr und Umwelt werden vor jeder Strassensanierung die
Schwachstellen der bestehenden Strassenanlage, unter anderem durch das Analysieren der Unfälle,
eruiert sowie die Anforderungen überprüft. Dabei wird der Verkehrssicherheit ein hoher Stellenwert
eingeräumt. Insbesondere werden die Belange des Fuss- und Radverkehrs berücksichtigt. Im Verkehrsrichtplan als Teil der Nutzungsplanung, der durch die lokalen Gemeindebehörden zu erarbeiten
ist, sind unter anderem auch die Langsamverkehrsnetze festzulegen. Fussverbindungen betreffen das
gesamte Gemeindegebiet. Die Strassen im Innerort stellen eine Verbundaufgabe dar, wobei im Bereich der Kantonsstrassen der Kanton und auf Gemeindestrassen die Gemeinden zuständig ist. Zur
Erreichung von durchgängigen Fusswegverbindungen ist somit eine enge Zusammenarbeit und Koordination zwischen den Gemeindebehörden und dem Kanton notwendig.
Zwischen dem sicherheitstechnisch Wünschbaren und dem wirtschaftlich, planerisch und gestalterisch
Vertretbaren muss in der Regel ein Kompromiss gefunden werden. Als Grundlage dazu wurde der
Ausbaustandard für Kantonsstrassen im Innerort erarbeitet. Dabei werden Kriterien definiert, wann
Gehweg, Schutzinseln etc. sinnvoll und notwendig sind. Die einzelnen Objekte werden auf ihre Kostenwirksamkeit überprüft. Die Sektion Verkehrstechnik und die Fachstelle Verkehrssicherheit, welche
alle Strassenbauprojekte verkehrs- und sicherheitstechnisch überprüfen, sind mit den Fachstellen auf
Bundesebene, unter anderem mit der Abteilung Langsamverkehr des Bundesamts für Strassen, sowie
auch mit der bfu in ständigem Kontakt.
Zur Frage 11: "Ist der Kanton bereit, die Gemeinden bei ihren Bestrebungen zur Verbesserung der
Verkehrssicherheit für Fussgänger bei der Überquerung von Gemeindestrassen aktiv zu unterstützen?
Wie?"
Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt unterstützt die Gemeinden mit den entsprechenden
Richtlinien und Merkblättern, die auch im Internet zur Verfügung gestellt werden. Die Gebietsverantwortlichen der Sektion Verkehrstechnik der Abteilung Tiefbau stehen mit den Gemeinden in engem
Kontakt und beraten und unterstützen diese. Bei Bedarf steht zudem die Fachstelle Verkehrssicherheit zur Verfügung. Gemäss Gesetz über den Vollzug des Strassenverkehrsrechtes vom 6. März 1984
(GVS) müssen diese Leistungen der Gemeinde verrechnet werden (§ 4 Abs. 4).
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 3'523.–.
3572
8. November 2011
Art. 1547
Schmid Samuel, SLB, Biberstein: Jeder Tote und jeder Verletzte bei einer Fussgängerquerung ist
einer zuviel. Wir dürfen uns nicht mit der statistisch korrekten Aussage begnügen, dass die Tendenz
rückläufig sei und der Aargau im interkantonalen Vergleich gut dastehe. In seiner Antwort hat der Regierungsrat dargelegt, welche Massnahmen bisher eingeleitet und umgesetzt wurden. Verkehrssicherheit ist für das Departement BVU ein zentrales Thema. Dies geht aus der Beantwortung klar hervor. Das vom Regierungsrat entgegengenommene Postulat betreffend Verbesserung der Verkehrssicherheit für Fussgänger und diese Interpellation zeigen konkrete Wirkung. Ich nenne drei Beispiele: 1.
Im Frühjahr hat die Abteilung Tiefbau alle Gemeinden bezüglich der Verkehrssicherheit an Fussgängerstreifen angeschrieben. Verschiedene Gemeinden haben daraufhin direkte Massnahmen ergriffen,
wie beispielsweise die Erneuerung abgenützter Markierungen und die Kennzeichnung des Fussgängerstreifens gemäss Signalisationsverordnung. Den 2. Punkt die Selbstverpflichtung und die Aufsichtspflicht des Kantons habe ich bereits in meinen Ausführungen zum vorherigen Postulat erwähnt.
3. Die Vorkehrungen für Präventionsarbeit durch Schulung und positive Beeinflussung des Verkehrsverhaltens wurden intensiviert. Alles in allem ist es erfreulich, zu sehen, wie engagiert, konstruktiv,
rasch und auf Nachhaltigkeit ausgerichtet das Departement, und insbesondere die Abteilung Tiefbau,
gearbeitet haben und arbeiten. Dies zeigt sich auch in der hohen Qualität bei der Beantwortung der
Interpellation: eine Qualität, die hoffentlich zum Standard wird!
Dem Departementsvorsteher und seinen Mitarbeitenden in der Abteilung Tiefbau danke ich herzlich
für die gute Beantwortung, die angenehme Zusammenarbeit und alle zwischenzeitlich getroffenen und
vorbereiteten Massnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit bei Fussgängerquerungen. Das
Ziel ist noch nicht erreicht, aber wir sind ein gutes Stück weitergekommen und setzen alle Bemühungen fort.
Ich bin mit der Beantwortung zufrieden.
Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
1547 Postulat Max Läng, CVP, Obersiggenthal, vom 1. März 2011 betreffend Überprüfung von
Signalisationen und baulichen Massnahmen für den Veloverkehr; Überweisung an den Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung
(vgl. Art. 1072)
Mit Datum vom 4. Mai 2011 erklärt sich der Regierungsrat bereit, das Postulat entgegenzunehmen
und beantragt mit folgender Begründung die gleichzeitige Abschreibung:
1.
Allgemeines
Im Kanton Aargau geniesst der Zweiradverkehr einen grossen Stellenwert. Das vom Grossen Rat
bewilligte 950 km lange Radwegnetz wird mit hoher Priorität umgesetzt. Vielfach behindern Einsprachen ein noch rascheres Vorgehen. Die Anlagen für Velofahrende werden in der Regel in Zusammenarbeit mit der Pro Velo geplant. In Bezug auf eine Bevorzugung der Velofahrenden gilt der Grundsatz,
dass unsere Strassen allen Verkehrsteilnehmenden zur Verfügung stehen müssen. Langsamverkehr
und Individualverkehr wie auch der öffentliche Verkehr sollen in etwa gleichrangig behandelt werden,
wobei ihr Anteil am Gesamtverkehr sowie mögliche Verlagerungen berücksichtigt werden sollen.
Die geltende Gesetzeslage regelt die Vortrittsverhältnisse für Zweiradfahrende wie folgt:
Art. 40 Abs. 4 und 5 der Verkehrsregelnverordnung (VRV) vom 13. November 1962 regelt die Vortrittsverhältnisse von Radwegen und Radstreifen verbindlich.
Absatz 4 VRV bestimmt, dass Führer anderer Fahrzeuge ausserhalb von Verzweigungen, zum Beispiel Einfahrten zu Liegenschaften, beim Überqueren von Radwegen oder Radstreifen den Radfahrern den Vortritt lassen müssen.
Absatz 5 VRV hält fest:
"Verläuft ein Radweg in einem Abstand von nicht mehr als 2 m entlang einer Fahrbahn für den Motorfahrzeugverkehr, gelten bei Verzweigungen für die Radfahrer die gleichen Vortrittsregeln wie für die Fahrzeugführer der anliegenden Fahrbahn. Die Motorfahrzeugführer der anliegenden Fahrbahn haben beim Abbiegen den Radfahrern
den Vortritt zu gewähren."
Radwege werden in der Regel nach diesen Gesetzesgrundlagen projektiert und signalisiert.
3573
Art. 1547
8. November 2011
2.
Radwege
Bei der Planung von neuen Radwegen wird der nahen Parallelführung zur bestehenden Fahrbahn im
Bereich eines Knotens grosse Beachtung geschenkt. Bei älteren Anlagen, oder wenn spezielle Verhältnisse vorliegen, kann der maximale Abstand von 2 m nicht immer eingehalten werden.
Der Radweg zwischen Sarmenstorf und Villmergen wurde kostengünstig auf dem alten Bahntrasse
erstellt. Bei der Querung von zwei Quartierstrassen in Hilfikon verläuft der Radweg in einem Abstand
von 3,5–5,0 m zur K 252, und die Sichtzonen sind eingeschränkt. Die Benützerinnen und Benützer
des Radwegs haben deshalb keinen Vortritt. Die Vortrittsregelung und Markierung entsprechen somit
den Bestimmungen von Art. 40 VRV.
Bei allen Grundstückzufahrten oder Querungen von untergeordneten Strassen sind die Benützerinnen
und Benützer des Radwegs vortrittsberechtigt.
3.
Lichtsignalanlagen
Bei der Planung von Anlagen für die Velofahrenden wird die Pro Velo mit einbezogen. Kann der Zweiradverkehr baulich oder mit genügend Platz vom motorisierten Verkehr getrennt werden, wird er ohne
Anbindung an ein Lichtsignal oder mit "Dauergrün" geführt. Sind eigene Velospuren verfügbar, werden
eigene Phasen im Steuerungsablauf vorgesehen. Aus Platzgründen ist dies nicht immer möglich. In
diesen Fällen muss eine sichere, konfliktfreie Lösung angeboten werden.
Der Veloverkehr kann bei Knoten mit Lichtsignal gleichzeitig wie der motorisierte Verkehr, in gleicher
Richtung, fahren. Zu den im Postulat angeführten Beispielen ist Folgendes zu bemerken: Vor der Siggenthalerbrücke, Seite Boldi, werden die Radfahrenden mit dem übrigen Verkehr geregelt. Den Radfahrenden wird in diesem Fall mit seitlich angeordneten Radstreifen eine möglichst sichere Linienführung angeboten, welche über die Lichtsignalanlage gesteuert wird. Es ist Radfahrenden jedoch freigestellt, die Normalspur zu benützen.
Dauergrün oder Gelbblinken können für Radstreifen nur eingerichtet werden, wenn sie getrennt von
Schleppkurven der anderen Verkehrsströme geführt werden können. Dies müsste allenfalls auch baulich sichergestellt werden. Entsprechende Stellen im Strassenetz müssen einzeln überprüft werden.
4.
Bauliche Massnahmen
Neuanlagen werden in der Regel, falls ein Niveauunterschied notwendig ist, mit einem schräggestellten Stein gebaut. Wo möglich wird gemäss Art. 40 VRV der Radstreifen oder der Radweg vortrittsberechtigt und niveaugleich geführt.
Untergeordnete Strassen können zur vereinfachten Vortrittsregelung auch als Gehwegüberfahrten
ausgeführt werden. Diese baulichen Massnahmen haben einen gut erkennbaren vertikalen Anschlag
von mindestens 3 cm aufzuweisen.
In den letzten Jahren wurden öfters auch Radstreifen auf bestehenden, überbreiten Trottoirs signalisiert oder markiert. Hier ist in der Regel ebenfalls ein ca. 3 cm hoher Anschlag bei der Absenkung des
Trottoirs vorhanden.
Die Realisierung der eingangs erwähnten Radrouten wird zurzeit prioritär behandelt, da sie in den
Agglomerationen teilweise in den Genuss von Bundesbeiträgen kommen. Bei allen neuen Vorhaben
wird der sanften aber notwendigen Ausgestaltung der vertikalen Absätze die entsprechende Beachtung geschenkt. Dabei muss den sicherheitstechnischen Bedürfnissen aller Verkehrsteilnehmenden
Beachtung geschenkt werden. Korrekturen an bestehenden Anlagen werden fallweise in Kombination
mit anderen Bauvorhaben nach der Fertigstellung des Radroutennetzes in Angriff genommen.
Aufgrund dieser Ausführungen ist der Regierungsrat bereit, das Postulat entgegenzunehmen, beantragt aber dessen gleichzeitige Abschreibung.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'753.–.
Läng Max, CVP, Obersiggenthal: Die Juliausgabe der NZZ Folio war dem Velo gewidmet. Ich zitiere
daraus drei Sätze: "Beamte, Studenten, Professoren, der Kronprinz, alle schwingen sich in den Sattel.
In Zürich fahren 7 Prozent der Leute mit dem Velo zur Arbeit. In Kopenhagen sind es 35 Prozent. Das
Velo ist das Verkehrsmittel Nr. 1." Diesen Stand werden wir in der Schweiz nie erreichen. Die Topographie und die engen Platzverhältnisse setzen dem Veloverkehr Grenzen. Trotzdem anerkenne ich,
dass gerade im Kanton Aargau schon viel gemacht worden ist. So bin ich sehr zufrieden, dass in der
3574
8. November 2011
Art. 1547
Abteilung Tiefbau die Verbesserungsmöglichkeiten in baulicher Hinsicht erkannt worden sind.
Hingegen nicht zufrieden bin ich mit der Auskunft betreffend Signalisation. Der Regierungsart begründet die heutige Situation mit dem Hinweis auf die Verkehrsregelnverordnung (VRV) Art. 40 Abs. 4 und
5. Wer Abs. 5 liest, hat es nicht einfach, diese Regelung zu verstehen und vor allem zu interpretieren.
Dies bestätigt der Regierungsrat indirekt mit dem nächstfolgenden Satz: "Radwege werden in der
Regel nach diesen Gesetzesgrundlagen projektiert und signalisiert."
Ich habe festgestellt, dass die Verkehrsregelnverordnung im Kanton Aargau sehr unterschiedlich angewendet wird und nenne ein Beispiel: Parallel zur Kantonsstrasse führt in W ürenlingen ein Veloweg
mit einem Abstand von 2,80 Metern. Gemäss Verordnung müsste damit ganz klar der Autofahrer Vortritt haben. Dies trifft aber nicht zu. Mehrere Strassen aus dicht überbauten Quartieren kreuzen den
Veloweg und immer hat der Zweiradfahrer Vortritt. Ich könnte noch andere Beispiele nennen.
Es ist mein Anliegen, den Zweiradverkehr zu fördern. Wenn wir dies wollen, dann müssen wir die Signalisation zugunsten des Velofahrenden verbessern. Möglicherweise – dies schliesse ich nicht aus –
müsste dazu die Verkehrsregelnverordnung überprüft und geändert werden. Aus diesen Gründen bitte
ich Sie, die Abschreibung des Postulates abzulehnen. Damit kann der Regierungsrat die Situation
zugunsten des Velos noch einmal überprüfen.
Köchli Martin, Grüne, Boswil: Ich kann den Herrn Baudirektor natürlich verstehen, dass es langsam
lästig wird, wenn ihm die Postulate, wie Fliegen um die Ohren fliegen und man sie nicht wegbringt. Ich
möchte auch in diesem Fall die Aufrechterhaltung des Postulates 11.52 unterstützen. Die Grünen
begrüssen und verdanken die Anstrengungen, die der Kanton Aargau in Sachen Radroutennetz unternahm und unternimmt. Im Sinne einer anzustrebenden und noch viel stärkeren Förderung einer
CO2- und nuklearstromfreien Mobilität kann der nun erreichte Stand als gute 1. Etappe bezeichnet
werden. Wie gut das an sich gute Angebot aber für den Arbeitsweg genutzt wird, habe ich mit meinem
experimentellen Herfahren mit dem Flyer feststellen können. Im Gegensatz zu Strasse und Bahn ist
die Benutzung dieser Verkehrsflächen immer noch sehr bescheiden. Velofahrer in zweistelliger Art
oder Anzahl sind erst zwischen Hunzenschwil und Suhr anzutreffen und es sind allesamt Schüler.
Also das Velo wird nur sehr marginal als Mittel, um zum Arbeitsplatz zu gelangen, genutzt. Die Anstrengungen, die Attraktivität dieses Verkehrsangebots, also der Velowege, zu erhöhen, sind unbedingt zu verstärken. Die in der Antwort des Regierungsrates aufgeführten Verbesserungs- und Ausbauvorschläge sind zwar richtig und wichtig, für einen anzustrebenden – zum Beispiel niederländischen oder dänischen – Anteil des Veloverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen aber, wie gesagt,
nur eine 1. Etappe.
Ich komme mit dem Gleichen: Es ist ein Stau von Regelungen. Es ist ein Stau von allenfalls möglichen
Massnahmen, der noch vorhanden ist. Ja, es tut mir leid, aber ich lasse diese Fliege fliegen und
möchte diese Fliege noch fliegen lassen! Ich plädiere für das Aufrechterhalten dieses Postulats.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Wir haben keine kantonalen Verkehrsregelungen für den Veloverkehr. Das ist Bundessache und es wird in der Verkehrsregelnverordnung (VRV) aufgeführt. Es ist
natürlich schon so, dass die lokale Interpretation auch dazu führt, dass nicht überall alles genau gleich
ist. Das ist einfach zwangsweise so. Wenn verschiedene Regeln miteinander verbunden werden müssen, dann gibt es auch gewisse Abweichungen. In der Antwort auf Seite 2 steht: "Radwege werden in
der Regel nach diesen Gesetzesgrundlagen projektiert und signalisiert." Aber die Ausnahmen bestätigen die Regel.
Die Radfahrer bestimmen ihre Regeln teilweise auch selbst. Zum Beispiel kennt der radfahrende
Rechtsabbieger beim Rotlicht das Rotlicht nicht mehr. Das ist üblich. Die Jugend fährt mittlerweile
quer über Rotlichter, das ist Standard. Als wir jung waren, haben wir die Verkehrsregeln noch respektiert. Es zeigt ein bisschen die Problematik, dass die Einhaltung der Regeln eben auch bedingt, dass
die Velofahrer diese Regeln einhalten und einhalten wollen.
Was in diesen ganzen Gesetzen auch zu wenig aufgenommen wurde, sind die Probleme mit den EBikes, die mittlerweile 40 Kilometer pro Stunde fahren. Das ist gesetzlich nicht gelöst. Aufgrund der
höheren Geschwindigkeit hat und benötigt man bei den E-Bikes längere Reaktionszeiten. Der Bund
hat in diesem Bereich sicher einen Nachholbedarf, aber nicht auf kantonaler Ebene. Das ist auch der
Grund, warum wir sagen, dass wir dieses Postulat abschreiben und nicht einfach weiterziehen wollen.
Wir werden die Problematik weiterverfolgen. Wir bauen die Velowege aus. Wir sind jetzt bei
930 Kilometern Veloweglänge angelangt. Wir haben dieses Netz innerhalb weniger Jahre ausgebaut.
Wir sind dabei, die Gemeinden zu verpflichten, dass sie auch ihre Velowege, ihre Planung machen
und ihre Beziehungen zwischen den verschiedenen Orten definieren, damit auch in diesen Bereichen
der Veloverkehr optimiert wird. Dafür haben wir noch keine gesetzlichen Grundlagen. Aber es wäre
eine zu schaffen, wenn dies alles nicht auf fakultativer Ebene möglich sein sollte. Das Velo hat Zu-
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kunft, aber es hat auch Grenzen. Die E-Bikes werden uns noch herausfordern. Ich überlasse Ihnen
die Entscheidung über die Abschreibung. Ich werde sicher dankbar für die Abschreibung sein.
Wie ich Herrn Samuel Schmid bereits zuvor geantwortet habe, macht es keinen Sinn, dass wir einen
Vorstoss stehen lassen, der spätestens beim Ausscheiden des Postulanten aus dem Grossen Rat
obsolet wird.
Vorsitzender: Das Postulat ist nicht bestritten. Es wird stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen.
Abstimmung
Das Postulat wird mit 59 gegen 51 Stimmen abgeschrieben.
1548 Postulat Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, vom 1. März 2011 betreffend 3. Etappe der
Wiggertalstrasse (K 204); Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 1073)
Mit Datum vom 11. Mai 2011 beantragt der Regierungsrat, das Postulat mit folgender Begründung
abzulehnen:
In den Jahren 2007 und 2008 wurde unter der Leitung des Departements Bau, Verkehr und Umwelt
eine Variantenstudie für einen neuen Aareübergang und die Linienführung der Wiggertalstrasse im
Abschnitt Erzo, Oftringen, bis Rishalden, Rothrist, ausgearbeitet. Die Stellungnahmen der Gemeinden
zur Studie waren mehrheitlich positiv. Anschliessend wurde eine umfassende Berechnung der Verkehrszahlen im Gebiet Zofingen, Oftringen, Rothrist durchgeführt, um eine verlässliche Aussage über
die zukünftigen Verkehrsströme zu erhalten. Die Entlastungswirkung der Wiggertalstrasse ist je nach
Abschnitt unterschiedlich und hat keine regionale Dimension. Vielmehr handelt es sich jeweils um
lokale Verkehrsumlagerungen. Die Inbetriebnahme des Abschnitts Zofingen bis Oftringen Erzo führte
vor allem zu Entlastungen von Teilabschnitten der K 104 zwischen A1-Anschluss Oftringen und dem
Knoten Lanz beziehungsweise Heidengässli. Der Abschnitt Mitte ab Oftringen Erzo bis zur K 235
Bernstrasse wird zu Entlastungen der K 104 zwischen Oftringen A1-Anschluss bis Kreuzplatz sowie
der Sägetstrasse in Rothrist führen. Gleichzeitig wird mit einer Mehrbelastung eines Abschnitts auf der
K 235 Bernstrasse gerechnet. Weil die prognostizierte Verkehrsbelastung auf dem nördlichen Abschnitt K 235 Bernstrasse bis zum A1-Anschluss Rothrist (Rishalden) ohne flankierende Massnahmen
zu gering ist und darum auch keine Entlastungen bewirkt, wurde für die Erarbeitung des Generellen
Projekts der Wiggertalstrasse der nördliche Abschnitt abgekoppelt.
In der Folge wurde das Generelle Projekt und der Kantonale Nutzungsplan für den Abschnitt K 235
Bernstrasse, Aarburg/Oftringen bis K 233 Strengelbacherstrasse, Zofingen, erstellt.
Anfang 2011 wurde die Anhörung zur Kreditvorlage des Generellen Projekts, sowie das Vernehmlassungs- und Mitwirkungsverfahren zum Kantonalen Nutzungsplan Aarburg, Oftringen, Zofingen, Wiggertalstrasse, Abschnitt K 235 Bernstrasse bis K 233 Strengelbacherstrasse, durchgeführt. Es wurden
rund 60 Eingaben eingereicht. Hauptforderungen waren die unverzügliche Bearbeitung des Abschnitts
Nord der Wiggertalstrasse und des neuen Aareübergangs.
Im März 2011 fand eine Besprechung zwischen dem Gemeinderat Rothrist und dem Vorsteher des
Departements Bau, Verkehr und Umwelt statt. Die Darlegung der Anliegen und Erwartungen der Gemeinde Rothrist und des Departement Bau, Verkehr und Umwelt hat gezeigt, dass beide Seiten für
eine gemeinsame Lösungssuche für die Wiggertalstrasse im Abschnitt Nord offen sind.
Die Siedlungs- und Verkehrsentwicklung im unteren Wiggertal erfordert rasche und Ziel führende
Massnahmen an der Verkehrsinfrastruktur. Aus diesem Grund soll in einem nächsten Schritt mit dem
Ausbau der Wiggertalstrasse im Abschnitt Zofingen/Strengelbacherstrasse bis Aarburg/Bernstrasse
zügig vorangegangen werden. Eine Verknüpfung mit dem Abschnitt Nord würde die Realisierung dieser dringenden Massnahmen verzögern, zumal hierfür auch noch ein Entscheid über die beiden Varianten auf Aarburger beziehungsweise auf Rothrister Gemeindegebiet ausstehend ist.
Für die Weiterentwicklung der Variante im Gebiet Bifang/Wiggermatte in Rothrist spricht das hier vorhandene Erschliessungspotenzial. Damit bekommt diese Achse neben einer reinen Transitfunktion
eine zusätzliche Bedeutung. Die Planungen hierfür sind von der Gemeinde Rothrist und dem Departement Bau, Verkehr und Umwelt gemeinsam anzugehen, um die Bedürfnisse der Nutzungsplanung,
der Linienführung der Wiggertalstrasse und die Möglichkeiten für flankierende Massnahmen auf dem
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heutigen Strassennetz mit Aufwertungen der entlasteten Ortsdurchfahrt auf der K 235 Bernstrasse
optimal aufeinander abzustimmen.
Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt hat dem Gemeinderat Rothrist vorgeschlagen, hierfür
eine Planungsgruppe aus Vertretungen der Gemeinde Rothrist und des Departements Bau, Verkehr
und Umwelt (Abteilung Raumentwicklung, Abteilung Tiefbau und Abteilung Verkehr) zu bilden.
Ziel dieses Vorgehens ist, in nützlicher Frist Lösungen zu entwickeln, welche bei Erfüllung der verkehrs- und siedlungsplanerischen Voraussetzungen im Anschluss an die Realisierung des Neubauabschnitts der Wiggertalstrasse (Erzo / Nigglihüserstrasse bis K 235 Bernstrasse) umgesetzt werden
könnten.
Im kantonalen Richtplan sind die Vorhaben einer nördlichen Wiggertalstrasse enthalten (Zwischenergebnis auf Seite Rothrist beziehungsweise Vororientierung auf Seite Aarburg und Zwischenergebnis
für einen neuen Aareübergang). Vorbehältlich den Beschlüssen des Grossen Rats zur Gesamtrevision, sind im kantonalen Richtplan keine Änderungen vorgesehen.
Aus den obigen Ausführungen geht hervor, dass eine zeitverzugslose Realisierung der 3. Etappe im
Anschluss an die 2. Etappe zu einer Verzögerung der Realisierung der 2. Etappe führen würde, weshalb der Regierungsrat die Ablehnung des Postulats beantragt.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'399.–.
Scholl Herbert H., FDP, Zofingen: Die Wiggertalstrasse (K 204) besteht aus 3. Etappen. Die 1. Etappe
ist gebaut. Die 2. Etappe ist in Plan und die 3. Etappe ist noch offen. Wir wissen nicht, wohin sie führen wird. Das Postulat dreht sich um diese 3. Etappe.
Die Wiggertalstrasse kann ihre Funktion der Entlastung für das untere Wiggertal nur dann erfüllen,
wenn alle drei Etappen realisiert werden. Wenn nun nur die 2. Etappe realisiert wird, die jetzt in der
Planung ist, dann entsteht eben nur eine sehr beschränkte Entlastungsfunktion für unser Tal auf dieser Strasse zwischen der Autobahn A2 und dem lokalen Kantonsstrassennetz. Das Auflageverfahren
ist durchgeführt worden, die Einwendungen sind am Bereinigen.
Insbesondere aber entstehen ganz schwierige Zustände für die Gemeinde Rothrist, weil der Verkehr
dann durch die Gemeinde hindurchführt und diese Entlastung eben nicht stattfinden kann.
Dem Regierungsrat ist ein sehr kreatives Auslegungspotenzial zuzusprechen. Sie haben es vielleicht
gelesen. Wenn man diesem Postulat, das die 3. Etappe fordert und der Planung und Realisierung
zustimme, dann könne man die 2. Etappe nicht bauen, weil das Wort "zeitverzugslos" im Postulat
steht. Man müsse zuerst warten, bis die 3. Etappe fertig geplant und rechtskräftig festgesetzt sei, erst
dann könne man die 2. Etappe bauen. Ich muss sagen, ich habe gestaunt, wie kreativ die Rechtsabteilung des Baudepartements bei der Beantwortung dieses Postulates gewesen ist. Eine vernünftige
Auslegung zeigt etwas anderes: Es zeigt nämlich, dass dem Regierungsrat, insbesondere dem Vorsteher des Baudepartements, der Rücken gestärkt werden soll.
Wir erleben in unserem Tal ganz unterschiedliche Aussagen der einzelnen Abteilungen des Baudepartements. Die einen sind eher für eine rasche und die anderen für eine zurückhaltende Realisierung. Mit diesem Postulat geht es nur um etwas: um die "zeitverzugslose", rasche Realisierung der
ganzen Wiggertalstrasse.
Wenn der Grosse Rat – was wir alle hoffen – diesem Postulat zustimmt, dann hat der Baudirektor
auch freie Hand, zusammen mit den direkt betroffenen Gemeinderäten, insbesondere mit dem Gemeinderat Rothrist, aber auch mit den Gemeinderäten in Oftringen und Aarburg, diese Verhandlung
zu Ende zu führen.
Alle 15 Mitglieder des Grossen Rats aus dem Bezirk Zofingen haben dieses Postulat unterschrieben.
Es würde uns sehr freuen, wenn auch die übrigen Mitglieder des Grossen Rats aus den anderen 10
Bezirken uns hier helfen und zustimmen würden. Selbstverständlich würden wir bei anderer Gelegenheit Gegenrecht halten. Ich danke für die Unterstützung.
Villiger Jörg, Grüne, Aarburg: Die Grünen sind bei der 3. Etappe der Wiggertalstrasse in derselben
schwierigen Situation wie bei der 2. Etappe. Der tägliche Verkehrskollaps wird mit der 2. Etappe nicht
entschärft. Der Verkehr verlagert sich einfach wie bei allen Entlastungsstrassen zum nächsten Nadelöhr. In diesem Fall verlagert er sich auf die Bernstrasse, den engen Rösslikreisel in Rothrist, den notorisch überlasteten Kreuzplatz in Oftringen sowie die Kreisel beim Autobahnzubringer Rishalden. Die
heutige Verkehrssituation in der Region Olten – Aarburg – Oftringen – Rothrist – Zofingen ist die Folge
einer katastrophalen Raumplanung. Die Lösung des Problems ist nur mittels Gesamtverkehrskonzept
und dem Einbezug des Langsamverkehrs sowie des öV zu lösen. Die 3. Etappe ist aus unserer Sicht
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Teil dieses Konzepts. Aus diesem Grund sind wir bereit, das Postulat zu unterstützen. Wir weisen
jedoch darauf hin, dass wir die bereits vorhandenen Neueinzonungsgelüste von Bau- und Industrieland entlang der geplanten oder bereits realisierten Entlastungsstrassen höchstens in Form von flächengleichen Auszonungen im gleichen Perimeter in Landwirtschaftsland unterstützen.
Freiermuth-Salz Sabina, FDP, Zofingen: Ich habe drei Punkte: 1. Ein Vorhaben, welches in drei Etappen und eben nur in drei Etappen realisiert werden kann, darf nicht einfach nach zwei Etappen unterbrochen werden. Ich bin sicher, niemand plant bei einem Tunnel nur Eingang und Röhre, denn der
Ausgang gehört dazu, sonst lässt man es lieber von Anfang an bleiben.
2. Die in der regierungsrätlichen Botschaft erwähnten lokalen Verkehrsumlagerungen wirken sich
durchaus auch regional und kantonal aus. Die durch die unhaltbare Verkehrssituation tagtäglich behinderten Betriebe tragen auch zum kantonalen Steuersubstrat bei. Aus dieser Sicht erstaunt es mich
doch, wenn unsere Verkehrsprobleme mit lokaler Dimension abgetan werden.
3. Als wichtiger kantonaler wie auch nationaler Verkehrsknoten übernimmt das Wiggertal eine grosse
Verantwortung und erträgt dafür auch einige Beschwerlichkeiten. Im Sinne eines Gebens und Nehmens erwarten wir nun vom Kanton, dass er unsere Anliegen ernst nimmt und für eine zügige Planung
und Realisierung der 3. Etappe der Wiggertalstrasse sorgt. Nach zwei Dritteln die Hände in den
Schoss zu legen, wäre einfach nur schade für die bereits investierten Millionen Franken. Ich bitte Sie,
das Postulat zusammen mit uns zu überweisen.
Lerch-Germann Martin, EDU, Rothrist: Der Regierungsrat schreibt in seiner Antwort zum Postulat,
dass die Siedlungs- und Verkehrsentwicklung im unteren Wiggertal rasche und zielführende Massnahmen an der Verkehrsinfrastruktur erfordere. Weiter schreibt er: "Die Planungen sind von der Gemeinde Rothrist und dem Departement Bau, Verkehr und Umwelt gemeinsam anzugehen." Ich kann
Ihnen sagen, dass es nicht an der Gemeinde Rothrist liegen soll, diese Planungsarbeiten zügig voranzutreiben. Zudem kann ich nicht verstehen, wie Herbert H. Scholl bereits auch bemerkt hat, dass eine
möglichst rasche Realisierung der 3. Etappe eine Verzögerung der 2. Etappe zur Folge haben muss.
Denn man kann durchaus an der 3. Etappe planen, auch wenn sich die 2. Etappe im Bau befindet.
Wenn ich die Antwort des Regierungsrats lese, kann ich nicht verhehlen, dass daraus ein gewisser
Verdacht hervorgeht, dass sich der Regierungsrat aus der Verantwortung stehlen will. Denn sonst
würde er das Postulat nicht ablehnen.
Wir sind uns einig, dass bereits heute eine teilweise Überbelastung vorhanden ist. Sollte nun zusätzlicher Verkehr über den Rösslikreisel geführt werden, wird sich einfach der Stau vergrössern, notabene
im Wohngebiet!
Dem im Stau steckenden Verkehrsteilnehmer ist es eigentlich egal, welche Art von Verkehr diesen
Stau verursacht hat, ob es der Quellverkehr, der Zielverkehr, der Durchgangsverkehr oder eben der
lokale oder regionale Verkehr gewesen sein soll oder ist. Aus diesen Gründen bitte ich Sie, dem Postulat zuzustimmen, damit der Regierungsrat sich in die Verantwortung eingebunden fühlt.
Rüegger Kurt, SVP, Rothrist: Nachdem durch das Departement BVU der dritte nördliche Abschnitt der
Wiggertalstrasse abgekoppelt wurde, muss ich schon ein paar Gedanken dazu äussern. Die Wiggertalstrasse geht ja an und für sich noch weiter. Da hat ein gewisser Kurt Rüegger am 26. September
2000 eine Motion im Grossen Rat zur Planung und Erstellung eines neuen Aareübergangs im Raum
Aarburg/Rothrist eingereicht.
Ich möchte 2 – 3 Sätze aus der damaligen Antwort zitieren, die ich am 21. Februar 2001 erhalten habe. Das Postulat wurde am 29. Mai 2001 überwiesen. In dieser Beantwortung steht beispielsweise
Folgendes: "Die Konkretisierung der neuen Aarebrücke Aarburg/Rothrist ist dringlich, weil die Koordination mit der Wiggertalstrasse im Bereich des Anschlusses A1 Rishalden hohe technische Anforderungen stellt. Es liegt deshalb auf der Hand, den Aareübergang als weiteren Projektierungsschritt in
das generelle Projekt der Wiggertalstrasse aufzunehmen. Einer Festsetzung des Aareübergangs im
Richtplan, gestützt auf das generelle Projekt, steht dann nichts mehr im Wege." Oder ein anderer Satz
lautet: "Die Festsetzung der Wiggertalstrasse im Richtplan ist nicht von gleicher Dringlichkeit wie die
Wiggertalstrasse." Die vorstehend beschriebenen Änderungen und Rahmenbedingungen haben diese
Aussage bereits relativiert.
Dann kommt das entscheidende Faktum: "Die Planung des Baudepartements sieht vor, das generelle
Projekt der Wiggertalstrasse inklusive Aareübergang bis Mitte 2002 dem Grossen Rat vorzulegen."
Mein lieber Herr Regierungsrat Beyeler, was ist seither passiert? Gar nichts, überhaupt nichts ist passiert! Nein, jetzt haben Sie uns den 3. Abschnitt auch noch abgekoppelt. Ich glaube es einfach nicht.
Es ist mir klar, dass die von mir damals geforderte Brücke sowieso bereits als Verabschiedung aus
dem Traktandum gefallen ist. Das ist ganz klar, denn der Kanton Solothurn bewegt sich nicht oder in
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die falsche Richtung. Das wissen wir schon länger. Dass die Gemeinde Rothrist nun mit diesem Projekt so ausgebootet werden soll, das geht mir einfach nicht hinunter. Das kann ich Ihnen sagen.
Wir werden nicht nochmals 40 Jahre warten. Die Wiggertalstrasse war seinerzeit – ich weiss nicht,
wem hier im Saal das noch etwas sagt – von Prof. Kneschaurek gefordert worden; aber diesen Mann
kennen wahrscheinlich nicht mehr alle hier.
Zur Argumentation des Departements BVU betreffend den 3. Abschnitt: Die Argumentation ist ja ganz
etwas Neues. Sie brauchen mehr Verkehr für diese Strasse – das habe ich bis zum heutigen Datum
wirklich noch nie gehört. Bis jetzt habe ich hier in diesem Saal immer gehört, dass eine neue Strasse
mehr Verkehr anzieht, aber offenbar ist das gar nicht wahr.
Die Gemeinde Rothrist steht in Verhandlungen mit dem Departement BVU. Nur ist dabei das Problem,
dass dort nicht alle Abteilungen am gleichen Strick ziehen. Während die Abteilung Verkehr mehr Verkehr in diesem Abschnitt fordert, stellt sich die Abteilung Raumplanung gegen neue Einzonungen. Ich
weiss einfach nicht, was das soll, es kommt aus dem gleichen Haus. Mit solchen Divergenzen haben
wir schon ein bisschen Probleme, das muss ich ehrlich sagen.
Nach den neuesten Zahlen, die mir gestern der Gemeindeammann Hans Jürg Koch aus Rothrist
übergehen hat, ist es erwiesen, dass wir genügend Verkehr in unserem Dorf haben. Ich bitte Sie, dem
Postulat zuzustimmen, damit diese 3. Etappe zeitverzugslos realisiert wird.
Brünisholz-Kämpfer Lothar, SP, Zofingen: Meine Vorredner haben bereits alles gesagt. Auch wir – ein
Grossteil der SP – stehen hinter dieser Forderung. Ein Teil wird sich der Stimme enthalten. Aber für
uns aus der Region Zofingen ist ganz klar, dass es ein unbedingtes Muss ist, diese 3. Etappe an die
Hand zu nehmen.
Hottiger Hans-Ruedi, Parteilos, Zofingen: Sie sehen, ich bin der 6. Redner aus unserer Region. Daran
sehen Sie, wie wichtig dieses Thema für uns ist.
Für mich ist es eigentlich ein bisschen erstaunlich, wenn ich mit den Verantwortlichen des Baudepartements spreche – und ich spreche jetzt als Präsident des Regionalplanungsverbandes Zofingen Regio – dann ist eigentlich alles klar: Man will die 2. Etappe so rasch wie möglich realisieren und gleichzeitig mit der Planung der 3. Etappe beginnen. Das wollen wir auch!
Jetzt kommt das Wörtchen "zeitverzugslos" ins Spiel, das jemandem eine These in den Kopf gesetzt
hat. Vielleicht könnte man mit der 2. Etappe fertig sein, wenn die Planung der 3. Etappe noch nicht
fertig ist und dann kann man das nicht zeitverzugslos lösen.
Ich meine, wir können die Bedeutung von zeitverzugslos ein bisschen dehnen und die ganze Sache
so machen, dass wir eben wirklich jetzt realisieren und gleichzeitig planen können und dann schauen
wir, dass die 3. Etappe so rasch wie möglich realisiert werden kann. Ich glaube, das muss unbedingt
in einem Postulat Platz haben. Ich bitte Sie, dieses Postulat zu überweisen.
Plüss-Mathys Richard, SVP, Lupfig: Es ist noch nicht einmal zwei Monate her, als der Grosse Rat bei
der Richtplandebatte, auch mit Hilfe der FDP, unsere Umfahrung Lupfig aus einem 30-jährigen Verkehrskonzept kippte.
Zu Herbert H. Scholl: Warum soll ich jetzt als Birrfelder der Region Zofingen helfen? Gibt es da Gründe? Ich bin in der Region Zofingen aufgewachsen. Ich laufe jetzt nach hinten. Vielleicht haben Sie
Glück, weil ich die Verkehrssituation auch dort sehr gut kenne.
Wehrli-Löffel Peter, SVP, Küttigen: Ich komme zwar nicht aus der Region Zofingen, aber eins kann ich
sagen: Wir in Küttigen haben die NK107, den Staffeleggzubringer, bekommen. Ich kann Ihnen sagen,
das hat nicht nur für unser Dorf – und das kann auch der Aarauer Stadtammann bestätigen – sondern
für alle umliegenden Gemeinden sehr viel gebracht. Wir haben nicht mehr so viel Verkehr. Auch bezüglich des Umweltschutzes hat es viel gebracht, denn es gibt keine Dreiviertelstunden dauernden
Staus mehr über die Staffelegg. Wir haben also etwas für die Umwelt getan.
Ich bitte Sie, dieses Postulat nicht abzuschreiben, damit wir die 3. Etappe der Wiggertalstrasse möglichst schnell ausbauen können.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Es scheint sich hier ein Komplott zu bilden. Ich nehme es natürlich gerne auf. Ich habe Respekt vor Postulaten, denn es geht dabei ja darum, dass sich jemand mit
einem Problem beschäftigt hat und einen Vorschlag macht. Ich nehme die Wortlaute der Postulate
immer ernst. Alle diejenigen, die ein Postulat schreiben, insbesondere Anwälte und Juristen, schreiben ganz bewusst Wörter hinein. Ich bin aber als einfacher Ingenieur auch in der Lage, diese Formulierung zeitverzugslos zu interpretieren, also ich und nicht die Rechtsabteilung. Zeitverzugslos heisst
für mich, es muss eine absolute zeitliche Folge zwischen der 2. und 3. Etappe sein.
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Die Formulierung zeitverzugslos wurde nun in der Debatte relativiert, was diese Sache ein bisschen
realistischer macht.
Zur Wiggertalstrasse: Sie hat eine interessante Geschichte. Schon im Jahr 2000 habe ich mich bemüht, das Projekt Wiggertalstrasse voranzutreiben. Aber einmal war die eine Gemeinde dafür, dann
war die andere dagegen. War diese Gemeinde wieder dafür, war die andere wieder dagegen. Die
Einigkeit unter den betroffenen Gemeinden Aarburg, Oftringen und Rothrist – Zofingen lasse ich aus,
weil Zofingen am tolerantesten und deshalb nicht direkt involviert war – war "einmalig", um es diplomatisch zu sagen. Wir kamen mit diesem Projekt wirklich schlecht voran.
Ich habe nachgerechnet. Von meinen elf Jahren als Baudirektor habe ich mich vermutlich ein halbes
Jahr nur mit der Verkehrssituation in Zofingen herumgeschlagen. Wieso ist das Problem dort so
gross? Weil die Einzonung und die Siedlung nicht mit dem Verkehr abgestimmt wurden. Es wurden
und werden sehr viele verkehrsintensive Anlagen gebaut. Die Strasse ist auch von der Nationalstrasse her überlastet, wo die Knoten keine Kapazitäten mehr aufnehmen können. Das ist ein Riesenproblem. Wir haben generell das Problem, dass die Nationalstrasse in die Zuständigkeit des Bundes fällt
und der Bund nicht investieren will oder nicht daran denkt, zu investieren. Der Bund macht jetzt diesen
grossartigen 6-Spur-Ausbau der A1, wobei die Strasse zwischen Egerkingen und Wiggertal um
1,20 Meter verbreitert wird. Dafür hat die Bewilligung einen Zeitraum von 10 Jahren benötigt.
Zusammen mit dem Bund sind wir dabei zu schauen, dass die Anschlüsse verbessert werden: einerseits im Kanton Solothurn, andererseits sind diese Projekte schon relativ weit fortgeschritten in der
Entscheidungsfindung. Es sollen Halbanschlüsse gemacht werden und ebenso zusätzliche Anschlüsse an die A1 und A2 im Raum des “Wilden Westens”.
Es ist eine langwierige Sache, mit dem Bund Verhandlungen zu führen und hat immer Einfluss auch
auf den ganzen Verkehrsfluss.
Die Wiggertalstrasse wurde angedacht als Umfahrungs- und Entlastungsstrasse der Hauptverkehrsrichtung. Alle Modelle, die wir bisher gerechnet haben, zeigen, dass nur eine Regionalverkehrsstrasse
entsteht. Diese Strasse befahren etwa 2’000 Fahrzeuge und diese Grössenordnung fällt unter die
Kategorie kleine Quartierstrasse. Eine echte verkehrliche Entlastung, wie sie angedacht war, wird es
nicht geben. Trotzdem ist die Strasse wichtig geworden, weil in Oftringen beim Bau der 2. Etappe
eingezont wurde. Ungefähr im Jahr 2002 wurde gegen den Willen des Regierungsrats massiv eingezont und das ganze Gebiet ist nicht erschlossen. Es handelt sich hier um eine Doppelfunktion; es ist
eine Durchgangsfunktion kombiniert mit Erschliessung und darum ist die 2. Etappe nicht nur Kantonsstrasse, sondern auch eine Erschliessungsstrasse für die Gemeinde.
Genau das Gleiche ist bei der 3. Etappe der Fall. Die Strassenführung war ursprünglich auf der Nordseite der Aare geplant. Man realisierte dann, dass sie dort überhaupt keine Erschliessungs- oder Verbindungsfunktion mehr ausüben würde. Besser wäre es, das Projekt mit Rothrist zu kombinieren. Sie
kennen den Rösslikreisel. Sie kennen Möbel Hubacher. Dieses ganze Gebiet soll in Bezug auf die
verkehrliche Erschliessung verbessert werden, damit der Verkehr von der 2. Etappe nicht über den
Rösslikreisel zur Firma Hubacher vorfährt, sondern direkt eine Strasse mit Erschliessungs- und
Durchgangsfunktion hätte. Dieses Gebiet wird sicher mal erschlossen. Nun geht es darum, dass man
mit der Gemeinde abklärt, was man auf dieser grossen Wiese genau will. Wie will man dieses Gebiet
erschliessen? Das sind keine einfachen Fragen, die man einfach so übers Knie brechen kann. Um
eine neue Strasse anzulegen, braucht es diese Überlegungen. Wir müssen die Gesamtsituation anschauen.
Es gehört dazu, das Gesamtverkehrskonzept anzuschauen und das geht eben nicht so schnell, weil
dabei auch die Nutzungsplanung betroffen ist. Die Abteilung für Raumentwicklung ist nicht gegen die
Einzonung, sondern wir machen die Planung gemeinsam. Deshalb muss ich Ihre Aussage dazu korrigieren. Die Abteilung Verkehr sagt nicht, dass sie mehr Verkehr will, sondern nur, dass diese Strasse
wenig Verkehr aufnimmt. Das ist das tatsächliche Problem. Man kann keinen Verkehr umleiten, der
nicht umgeleitet werden will. Die Funktionalität ist nur vorhanden, wenn man diese Doppelfunktionen
Durchleitung und Erschliessung machen kann. Wir sind daran, mit den Gemeinden Lösungen zu suchen.
Die zeitverzugslose Folge der 3. Etappe sehe ich nicht; selbst wenn es mit der 2. Etappe gut läuft. Wir
haben wieder Beschwerden eines Verbandes vorliegen. Deshalb bezweifle ich, dass der Bau ohne
Weiteres weitergehen kann. Es kann also noch Jahre dauern, bis wir diese Strasse bauen können, die
aber für die Erschliessung der eingezonten Grundstücke und die wirtschaftliche Entwicklung in diesem
Gebiet notwendig ist.
Wir gehen davon aus, dass Sie dieses Postulat entgegennehmen werden. Ich widersetze mich diesem Ansinnen insofern nicht, da ich die Bedeutung der Formulierung "zeitverzugslos" relativiert habe
und davon ausgehe, dass wir die Verkehrsprobleme im ganzen Raum Zofingen immer wieder grundsätzlich angehen müssen. Die Lösungen liegen nicht mehr einfach auf der Hand, weil sie so komplex
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geworden sind. Wir können mittlerweile nicht mehr einfach sagen: Wir machen eine neue Strasse und
dann funktioniert es. Das ist nicht mehr der Fall. Wir haben zu viele kritische Punkte, die ausgewiesen
sind. Wir haben zu viele Probleme mit dem Bund, der handeln muss, aber nicht handeln kann oder
will. Das sind die vorliegenden Fakten.
Ich nehme das Anliegen sehr ernst. Ich habe bereits sehr viel Zeit in die ganzen verkehrlichen Verhältnisse im Wiggertal investiert. So wird es auch bleiben.
Zur Aarebrücke: Auch die erwähnte Brücke von Kurt Rüegger ist nicht vergessen. Aber sie hat eine
direkte Funktionalität mit der Anbindung im Gäu und das können wir nicht einfach ignorieren. Wir planen nicht Brücken, die dann funktional nicht mehr funktionieren. Sie geht über ein Naturschutzgebiet
usw. Sie kennen die Situation, die ist nicht einfach. Darum wollen wir auch vorwärtsmachen. Aber wir
sind ganz generell und hier im Besonderen mit dem Schritttempo des Bundes konfrontiert. Sie entscheiden. Ich gehe davon aus, dass Sie das Postulat übernehmen werden. Ich werde mich nicht widersetzen.
Abstimmung
Das Postulat wird mit 98 gegen 13 Stimmen an den Regierungsrat überwiesen.
1549 Interpellation Urs Leuenberger, CVP, Widen, Bettina Ochsner, FDP, Oberlunkhofen, und
Hans Dössegger, SVP, Seon, vom 1. März 2011 betreffend Anwendung des Submissionsdekrets; Beantwortung, Diskussion und Erledigung
(vgl. Art. 1082)
Mit Datum vom 25. Mai 2011 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Zur Frage 1: "Welches waren letztlich die Gründe, die bei der Teilrevision des Submissionsdekrets im
Jahre 2005 zur Aufnahme der Gruppe "andere Träger kantonaler oder kommunaler Aufgaben" in das
Submissionsdekret geführt haben?"
Der Grosse Rat hat am 24. Mai 2005 den Beitritt des Kantons Aargau zur revidierten Interkantonalen
Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (rIVöB) vom 15. März 2001 beschlossen. Die
Revision von § 5 Abs. 1 lit. c des Submissionsdekrets (SubmD) übernahm in Umsetzung der rIVöB die
entsprechende Formulierung, wonach "andere Träger kantonaler oder kommunaler Aufgaben" als
Ausfluss aus dem Binnenmarktgesetz des Bundes den Regeln des Submissionsrechts unterstellt werden.
Zur Frage 2: "Teilt der Regierungsrat die Auffassung, dass mit der Aufnahme der Gruppe "andere
Träger kantonaler oder kommunaler Aufgaben" (§ 5 lit. c in das Dekret ein gewisser Widerspruch zur
bereits früher im Dekret aufgeführten Gruppe der "privatrechtlichen Träger" (§ 5 lit. d entstanden ist?"
Nein. Es besteht kein Widerspruch. Mit der Gruppe der privatrechtlichen Träger werden alle Auftraggebenden dem SubmD unterstellt, welche für den zu vergebenden Auftrag zu mehr als 50 % durch die
öffentliche Hand subventioniert werden, unabhängig von ihrer Tätigkeit und Rechtsform.
Träger kantonaler oder kommunaler Aufgaben fallen aufgrund ihrer Tätigkeit unter die Bestimmungen
des SubmD, unabhängig von der Höhe einer allfälligen Subventionierung. Bei kantonalen oder kommunalen Aufgaben handelt es sich um solche, die den Kantonen beziehungsweise den Gemeinden
durch die Kantonsverfassung und eine dazugehörige gesetzliche Grundlage zugewiesen werden.
Wenn Kanton oder Gemeinden solche Aufgaben nicht selber erfüllen, sondern Dritte damit beauftragen, unterliegen solche "Träger kantonaler oder kommunaler Aufgaben" den Bestimmungen des
Submissionsdekrets. Träger kantonaler Aufgaben sind beispielsweise die Kantonsspitäler in der
Rechtsform der Aktiengesellschaft, als Träger kommunaler Aufgaben sind beispielsweise Vereine
oder Stiftungen zu bezeichnen, die Trägerschaften von Altersheimen bilden. Die Anwendung von § 5
Abs. 1 lit. c SubmD ist jeweils im Einzelfall zu prüfen (vgl. auch Ausführungen zur Frage 5).
Zur Frage 3: "Hat die Anwendung der Bestimmungen unter § 5, lit. c und d SubmD in der Praxis ausser in dem erwähnten Fall des Zentrums Reusspark, Niederwil, auch bei anderen privatrechtlichen
Trägern zu Meinungsverschiedenheiten geführt?"
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Beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt gab es einen Meinungsaustausch bezüglich der Frage
der Unterstellung des Baus von Alterswohnungen unter das SubmD. Meinungsverschiedenheiten in
anderen Fällen als dem Zentrum Reusspark sind dem Regierungsrat nicht bekannt.
Zur Frage 4: "Teilt der Regierungsrat die Auffassung, dass die Bestimmungen unter § 5 lit. c und d
SubmD überprüft und allenfalls auch revidiert werden sollten?"
Nein. Aufgrund der Erfahrungen in den letzten 5 Jahren seit der Revision des SubmD ist eine Revision
nach Auffassung des Regierungsrats nicht notwendig.
Zur Frage 5: "Ist der Regierungsrat bereit – sofern für ihn die Bestimmungen unter § 5 lit. c und d
SubmD problemlos sein sollten – ,
a) die Auswirkungen einer strengen und konsequenten Anwendung von § 5 lit. c SubmD auf privatrechtliche Träger in den verschiedenen Bereichen kantonaler oder kommunaler Aufgaben aufzuzeigen und
b) dafür zu sorgen, dass die Auswirkungen von § 5 lit. c SubmD den durch diese Bestimmung erfassten privatrechtlichen Trägern kantonaler oder kommunaler Aufgaben durch Verwaltungsstellen des
Kantons allgemein und zusätzlich auch im Einzelfall mit ausreichender Begründung mitgeteilt werden?"
Ja. Wann ein Anwendungsfall von § 5 Abs. lit. c SubmD gegeben ist, kann jedoch nicht allgemein
gültig festgelegt werden, sondern ist weitgehend im konkreten Einzelfall zu prüfen.
Als Träger kantonaler oder kommunaler Aufgaben gelten insbesondere öffentlich-rechtliche Einrichtungen, die auf einer gesetzlicher Grundlage beruhende öffentliche Aufgaben erfüllen oder Private in
denjenigen Bereichen, in denen sie sowohl von der öffentlichen Hand beherrscht werden (zum Beispiel Mehrheit des Verwaltungsrats oder Mehrheit des Stiftungskapitals) als auch Aufträge vergeben,
die im Zusammenhang mit den ihnen übertragenen öffentlichen Aufgaben stehen. Als Beispiele seien
hier die Kantonsspitäler oder Alters- und Pflegeheime genannt.
Private, wie in den angeführten Beispielen eine Privatschule oder private Sicherheitsdienste die ohne
öffentlichen Auftrag eine Leistung erbringen, die auch die öffentliche Hand anbietet, sind hingegen
keine Träger kantonaler oder kommunaler Aufgaben.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'045.–.
Vorsitzender: Wir haben hier eine spezielle Situation. Die Interpellanten haben sich im Vorfeld der
Sitzung von der Antwort befriedigt erklärt und verzichten auf eine Stellungnahme. Ich habe jedoch
einen Antrag von Jean-Pierre Gallati, Wohlen, welcher gemäss GO, Paragraf 84, Abs. 4, eine Diskussion verlangt.
Gallati Jean-Pierre, SVP, Wohlen: Herr Baudirektor, es geht mir nicht um die Medienpräsenz, sondern
um die Sache. Ansonsten würde ich diesen Antrag auf Diskussion nicht stellen. Vorab möchte ich dem
Regierungsrat für die gute Antwort auf diese Interpellation danken.
Die Interpellation wurde für heute traktandiert. Die Interpellanten hatten das Recht, innert 10 Tagen
seit Erhalt der Beantwortung die Traktandierung zu verlangen. Man macht dies mit einem Kreuz, das
man auf dem entsprechenden Antragsformular machen kann, und sie haben es getan.
Wenn sie auf die Traktandierung gemäss Geschäftsordnung (GO) § 84 Abs. 2, verzichtet hätten, dann
wäre dieses Traktandum heute nicht auf der Traktandenliste und dann gäbe es auch keinen Antrag
auf Diskussion. Da aber dieses Thema auf der Traktandenliste steht, sind wir auch berechtigt, zumindest den Antrag auf Diskussion zu stellen. Das Parlament, das Plenum, kann nach GO § 84 Abs. 4
beschliessen, ob wir diskutieren wollen oder nicht.
Ich bin bis jetzt davon ausgegangen, wenn etwas auf der Traktandenliste steht, dass man dazu auch
Anträge stellen darf, weil wir ein Parlament sind, das den Selbstzweck der Diskussion hat.
Heute Morgen haben die Interpellanten eine Kehrtwende vollzogen und offenbar gegenüber dem Büro
erklärt, sie möchten sich doch lieber nicht zu ihrem eigenen Vorstoss äussern. Offensichtlich scheuen
sie aus irgendwelchen Gründen die Diskussion.
Es stellen sich sehr spannende Fragen, nämlich die Fragen zur Anwendbarkeit des Submissionsdekrets, welches wir hier drin auf den 1. Januar 2006 revidiert haben. Es stellt sich die Frage: Wendet
3582
8. November 2011
Art. 1549
man diese neuen Vorschriften beispielsweise in Altersheimen, Spitälern usw. gemäss § 5 überhaupt
an?
Vorsitzender: Jean-Pierre Gallati, es geht hier darum, ob wir die Diskussion eröffnen oder nicht. Ich
denke, wir sind entscheidungsfähig. Dann kann man sich dazu äussern.
Gallati Jean-Pierre, SVP, Wohlen: Sie werden jetzt gleich vonseiten der Interpellanten erfahren, wieso
sie nicht über diesen Vorstoss diskutieren wollen. Wir haben den Verdacht, dass einige Verantwortungsträger etwas zu verbergen haben.
Vorsitzender: Jean-Pierre Gallati hat die Diskussion zu dieser Interpellation verlangt. Wir stimmen
darüber ab, ob wir die Diskussion gewähren.
Abstimmung
Der Antrag auf Diskussion wird mit 89 gegen 20 Stimmen gutgeheissen.
Glarner Andreas A., SVP, Oberwil-Lieli: Es ist schon eine sehr spezielle Situation. Die Antwort, wenn
Sie das Geschäft allenfalls gelesen haben, gibt uns Recht. Sie gibt uns Recht, dass wir bezüglich der
Arbeitsvergabe im Reusspark einen gewissen Filz vermutet haben und feststellen konnten. Jetzt stellt
sich tatsächlich die Frage, warum man die Interpellation zurückziehen wollte. Ich bitte die Interpellanten, dies zu beantworten. War es schlechte Koordination, war es mangelnde Zeit für die Vorbereitung
oder gefiel Ihnen die Antwort nicht?
Wir selbst beurteilen das Vorgehen als etwas unfair. Man kann auf dem Formular das Kreuz machen.
Wir bereiten uns dann auf das Geschäft vor. Man verschickt die Unterlagen und das ist auch nicht
ganz günstig. Und dann plötzlich gibt es einen Rückzug. Wir sind generell der Meinung, dass man ein
Geschäft entweder nicht im Grossen Rat traktandieren lässt oder dann eben mit den Folgen der Beantwortung und der Diskussion leben muss.
Gallati Jean-Pierre, SVP, Wohlen: Vorab danke ich Ihnen, dass Sie uns die Gelegenheit zur Diskussion eröffnet haben. Es geht um die Frage, wie ist § 5 lit. c des Submissionsdekrets zu verstehen. Dieser Paragraf verlangt, dass auch andere Träger kantonaler oder kommunaler Aufgaben diesem Dekret und damit der Vergabepflicht unterstehen. Dank der eindeutigen Antwort des Regierungsrats ist es
völlig klar, dass der Ausbau des Reussparks, bei dem man ursprünglich von einer Vergabesumme
von insgesamt 12 Millionen Franken und einem Planerauftrag von 1,2 – 2,0 Millionen Franken ausgegangen ist, dem Dekret unterstanden hätte. Völlig klar ist auch, dass der Vorstand des Vereins
Reusspark diese Vorgaben des Submissionsdekrets nicht eingehalten hat. Ich möchte jetzt nicht auf
die abenteuerlichen Windungen und Ausreden des Vereinspräsidenten eingehen, darum geht es
nicht.
Der Verein hat Besserung gelobt und die künftigen Vergaben ausgeschrieben.
Wichtig ist uns aber, ob der Kanton selber – und das ist wichtig – die Vorgaben des Submissionsdekrets in seiner Fassung vom 1. Januar 2006 einhält oder nicht? Letzte Woche haben wir den Bericht der Finanzkontrolle erhalten, darin steht, man hätte das Konto 3185 "Externe Dienstleistungen
und Aufträge" überprüft. Man habe erst am Ende der Überprüfung realisiert, dass § 5 Submissionsdekret in seiner neuen Fassung der Verwaltung nicht bekannt gewesen sei. Wenn man dies vor der
Kontrolle gewusst hätte, wäre man auf noch viel mehr Ungereimtheiten gestossen.
Das kann es ja nicht sein! Darum haben wir die Diskussion verlangt. Wir dürfen vermutlich von der
Verwaltung verlangen, sei es das Departement Volkswirtschaft und Inneres, sei es das Gesundheitsdepartement, sei es das Baudepartement, sei es das Bildungsdepartement, dass das Submissionsdekret flächendeckend eingehalten wird. Ich nenne spontan einige Beispiele: Planeraufträge im Bereich Gesamtplanung Spital, Spitalplanung, Spitallandschaft, Spitalneubauplanung, Spitalbauten. Es
geht mir aber nicht nur um das Gesundheitsdepartement. Wir müssen durchsetzen, dass dieses Dekret auch von der übrigen Verwaltung eingehalten wird.
Ich bin gespannt auf Voten aus dem Rat. Wie sieht es nach Ihrer Wahrnehmung aus oder wie sieht es
in den Departementen aus? Gibt es hierzu eine Weiterbildung, Ausbildung oder Verpflichtung, dieses
Dekret einzuhalten? Eigentlich möchten wir keine weiteren Vorstösse schreiben. Es würde uns reichen, vom Regierungsrat eine verbindliche und glaubwürdige Erklärung zu erhalten, damit hier
Remedur geschaffen wird.
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Art. 1549
8. November 2011
Dössegger Hans, SVP, Seon: Einige Erklärungen aus Sicht der Interpellanten: Wir sind durch den
Rücktritt von Urs Leuenberger aus dem Grossen Rat etwas auf dem linken Fuss erwischt worden.
Bettina Ochsner und ich gingen bis vor einer Stunde davon aus, dass man eine Interpellation, selbst
wenn sie traktandiert ist, genau gleich wie ein Postulat oder eine Motion zurückziehen kann. Das ist
nämlich etwas, was in diesem Saal schon mehrfach passiert ist.
Vor einer Stunde hat man uns beschieden, dass es bei einer Interpellation nicht möglich sei. Wir respektieren das und gehen davon aus, dass dieser Umstand natürlich gewohnt seriös abgeklärt wurde.
Das ist die Erklärung, warum unser Verhalten etwas eigenartig daherkam.
Der Vorwurf, sich der Diskussion zu verschliessen, wie es Jean-Pierre Gallati vorgebracht hat, ist an
sich nicht angebracht. Meines Erachtens ist die Diskussion in dieser Frage sicher nötig. Aber ob man
diese Diskussion an dieser Interpellation aufhängen kann, ist allerdings fraglich. Jean-Pierre Gallati
hat sich sehr fair verhalten. Ich hatte befürchtet, dass wir hier eine relativ deutlich unter der Gürtellinie
gehende Auseinandersetzung mit dem Fall Reusspark haben würden. Danke, dass das nicht passiert
ist. Mit einer Auseinandersetzung über die Frage, wie die submissionsrechtlichen Fragen zu klären
sind, damit haben wir kein Problem.
Nachdem Jean-Pierre Gallati 2 – 3 Sätze zum Reusspark gesagt hat, erlaube auch ich mir, etwas
dazu zu sagen: Bei ganz vielen Institutionen war die Rechtsauffassung vor dem Fall Reusspark eben
schon etwas anders gelagert. Auch wenn wir heute wissen, dass diese Auffassung falsch war, so war
sie doch fast flächendeckend anders im Bewusstsein. Man ging nämlich davon aus – und ich habe
mich damals noch direkter in der Branche bewegt – dass eine Institution, wenn sie ein Vorhaben aus
eigenen Mitteln finanziert, dem Submissionsrecht nicht unterliegen würde. Dieser Paragraf betreffend
Tätigkeit zugunsten der Öffentlichkeit wurde plötzlich viel stärker gewichtet.
Die Interpellation wurde letztlich auch so geschrieben, damit genau diese Fragen beantwortet werden.
Wenn wir eine Diskussion zu diesem Submissionsrecht führen wollen, dann glaube ich, müsste man
sich auch darüber unterhalten, wie weit sie wirklich gehen soll. Ich weiss nicht, ob sich alle dessen
bewusst sind? Ich spreche nun als Hans Dössegger und nicht als VAKA-Präsident (Vereinigung Aargauischer Krankenhäuser) oder irgendwas. Ich nenne nur ein Beispiel, um zu zeigen, ob man sich
folgender Problematik bewusst ist: Die Hirslanden Klinik Aarau im Schachen ist zu 100 Prozent eine
voll private Trägerschaft, die jeden Franken bis jetzt selbst investiert hat. Sie übernimmt aber in der
Herzchirurgie Aufträge für die öffentliche Hand. Die Hirslanden Klinik Aarau wird nach dieser Beantwortung der Interpellation künftig bei jedem Bauvorhaben das Submissionsrecht einhalten müssen.
Ich denke, dazu werden sich noch einige Trägerschaften Gedanken machen müssen.
Bettina Ochsner wollte eigentlich auch noch nach vorne kommen und sagen: Wir sind mit der Beantwortung zufrieden – das scheinen Sie auch zu sein – und danken für die Beantwortung.
Die Diskussion müsste allenfalls geführt werden, wie weit geht die Anwendung über diese Branche
hinaus. Es wurden ein paar Beispiele genannt. Diese Diskussion können wir hier nicht abschliessen.
Ich bin auch gespannt, was die Kolleginnen und Kollegen aus dem Plenum dazu noch sagen werden.
Flach Beat, GLP, Auenstein: Ich werde mich hier hüten, etwas über das Verfahren Reusspark zu sagen. Ich benutze aber die Gelegenheit, um ganz generell etwas zu den Verfahren der Vergabepraxis
zu sagen. Ich arbeite als Jurist beim Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein in Zürich und
berate dort Mitglieder aber auch Bauherren, Unternehmer, Besteller ebenso wie Ausführende. Es ist
immer wieder eine Frage, wie die Ausschreibungen vonstattengehen müssen. Da sehe ich ganz, ganz
grossen Nachholbedarf – auch im Kanton Aargau.
Eines der bestehenden Probleme ist, dass diejenigen, die merken, dass sie an einem Verfahren beispielsweise nicht als Anbieter mitmachen durften, sich nicht getrauen, die rechtlichen Mittel an die
Hand zu nehmen, um dieser Situation Herr zu werden. Der Markt ist relativ klein. Die Entscheidungsträger trifft man immer wieder. Es ist deshalb an uns, hier dafür zu sorgen, dass das Submissionsdekret eingehalten wird.
Wenn es dann so ist, dass dann eine Institution, die man fürderhin für privatrechtlich organisiert und
finanziert hielt, dann plötzlich unter das Submissionsdekret fällt, weil sie eben zu einem grossen Teil
ihre Einnahmen aus öffentlichen Geldern bestreitet, dann ist es eben so. Das ist überhaupt keine Verschlechterung. Sondern das ist die Abmachung, die wir in diesem Land getroffen haben. Wir sagen,
die öffentliche Hand hält sich an die verwaltungsrechtlichen Grundregeln. Nach Treu und Glauben hat
jeder dasselbe Recht, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen, für einen Auftrag ein Gebot abgeben zu können.
Beyeler Peter C., Regierungsrat, FDP: Zur Aussage von Herrn Jean-Pierre Gallati, dass die Finanzkontrolle gewisse Ungereimtheiten bei Vergaben bei ihrer kürzlich vorgenommenen Kontrolle festgestellt hat: Der Regierungsrat hat dazu schriftlich Stellung genommen.
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8. November 2011
Art. 1550
Ich bin nicht im Detail informiert, aber es kann durchaus sein, dass bei einer freihändigen Vergabe
vielleicht mal die Überlegung, ob es zulässig ist oder nicht, nicht dokumentiert oder freier interpretiert
wurde. Der Regierungsrat ist sich bewusst, dass die Anwendung des Submissionsdekrets nicht einfach auf jedermann zugeordnet wird. Wir haben ein Kompetenzzentrum. Es befindet sich eins in meinem Bereich und da muss ich auch eins haben.
Herr Manfred Rüegger hat sich als Fachkraft ausbilden lassen und eine neue Juristin in der Rechtsabteilung hat sich auf die Auslegung dieses Gesetzes konzentriert und spezialisiert. Es gibt immer wieder Fragen, ob man freihändig vergeben oder Einladungsverfahren anwenden darf oder ob man öffentlich ausschreiben muss. Das ist nicht immer ganz klar. Der jeweilige Fall wird dann von diesen
Fachpersonen beurteilt.
Im Departement Finanzen und Ressourcen, in der Abteilung Immobilien Aargau, sind ebenfalls Kompetenzen vorhanden. Vielleicht gibt es in anderen Bereichen, wo weniger ausgeschrieben wird, weniger Fachwissen. Der Regierungsrat will Kompetenzzentren bilden, damit diejenigen, die ausschreiben
und nicht so erfahren sind, sich dort rückversichern können, damit das Verfahren richtig durchgeführt
wird.
Es ist nicht unser Ziel, ein Gesetz nicht richtig zu interpretieren. Das Risiko einer Beschwerde ist ja
immer vorhanden. Dann können die Aufträge nicht platziert werden und es gibt Verzögerungen. Das
ist nicht unser Ziel.
Ich habe hier einen Brief, der am 1.11.2011 an den Grossen Rat gegangen ist: "Es gibt zurzeit im
Kanton keine zentrale Stelle, die bei den komplexen Fragen zum Submissionsrecht weiterhelfen kann.
Das Know-how ist auf mehrere Stellen verteilt." Das ist auch richtig so. Es soll nicht unbedingt nur
zentral angesiedelt sein. Ich benötige in meinem Departement sicher eine lokale Stelle und kann dieses Know-how, allein schon aus praktischen Gründen, nicht bei einer anderen Stelle, die weit weg ist,
einholen. Der Regierungsrat beabsichtigt, das notwendige Fachwissen verstärkt zu bündeln. Durch
diese Bündelung soll den Organisationseinheiten ein beratendes Organ zur Verfügung stehen, es soll
diese entlasten und ein einheitliches, transparentes, effizientes Verfahren sicherstellen. Das war unsere Antwort. Ich danke Adrian Schmid für die prompte Erledigung.
Ich muss nochmals sagen, es ist ein Gesetz, das Interpretationsspielraum zulässt. Wenn wir ein EDVSystem ausbauen wollen, dann ist die öffentliche Ausschreibung aus technischen Gründen nicht mehr
möglich. Bei Ausnahmen ist es wichtig, dass man diese begründen kann und gerichtsfest begründet
und nicht einfach eine Entscheidung aus dem Gefühl heraus macht. Das ist wichtig und es wird auch
so gemacht. Aber überall, wo gehandelt wird – und wir haben Tausende von Ausschreibungen – können auch Fehler passieren. Das war auch der Grund, dass man hier reagiert hat. Das ist meine Anmerkung aus kantonaler Sicht.
Wir wissen, dass wir grundsätzlich gut handeln. Im Vergleich zu den Tausenden von Vergaben, welche wir jährlich machen, haben wir keine oder nur ganz wenige Beschwerdeverfahren. Demzufolge
nehmen wir an, dass es nur im Einzelfall Unstimmigkeiten gegeben hat oder geben kann, aber nicht
generell.
Vorsitzender: Besten Dank für die Diskussion; wir haben nichts zu entscheiden. Das Geschäft ist erledigt.
1550 Interpellation Rosmarie Groux, SP, Berikon, vom 15. März 2011 betreffend Regelung bei
der Abklassierung von Kantonsstrassen zu Gemeindestrassen; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 1149)
Mit Datum vom 25. Mai 2011 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Zur Frage 1: "Warum muss bei einer Übergabe hart, aber fair verhandelt werden, wenn die Abtretung
klar geregelt ist?"
Die Abteilung Tiefbau des Departements Bau, Verkehr und Umwelt hat die Modalitäten zur Abtretung
der Kantonsstrassen an die Gemeinde Oberwil-Lieli mit dem Gemeinderat besprochen. Dabei stellten
sich Fragen betreffend allfälliger künftiger Auflagen für die Strassenentwässerung und Lärmschutzmassnahmen, die durch die zuständigen Fachstellen geklärt wurden.
Zur Frage 2: "Muss der Leser des Zeitungsartikels vom 18. Februar zu Recht annehmen, dass nur die
Gemeinde, die hart verhandelt, auch das Maximum an Abgeltungen erhält?"
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Art. 1551
8. November 2011
Die Berechnung der Kosten für die Instandstellungsmassnahmen erfolgt nach einem Standardschlüssel über den ganzen Kanton einheitlich durch ein externes Ingenieurbüro. Es gibt kein Maximum oder
Minimum der Entschädigung. Auch an der so für Oberwil-Lieli errechneten Entschädigungssumme
wurden keine Änderungen vorgenommen.
Zur Frage 3: "Warum werden Gelder an die Gemeinden ausbezahlt, wenn die Sanierung noch gar
nicht ausgeführt wird?"
In der (07.125) Botschaft des Regierungsrats an den Grossen Rat betreffend Bereinigung des Kantonsstrassennetzes vom 9. Mai 2007 (Kapitel 5.2) ist folgendes festgehalten:
"… Strassenübernahmen und -abtretungen zwischen den Gemeinden und dem Kanton erfolgen unentgeltlich. Die Strassen sind jedoch in einem instandgestellten Zustand zu übergeben oder die Instandstellung ist zu entschädigen. …"
Für die abzutretenden Innerortsstrecken wird nur der auf den Kanton entfallende Anteil nach Abzug
des Kostenanteils der Gemeinde gemäss Dekret über den Bau, den Unterhalt und die Kostenverteilung bei Kantonsstrassen (Kantonsstrassendekret) ausbezahlt.
Zur Frage 4: "Warum werden bei den abklassierten Strassen Lärmschutzmassnahmen versprochen,
als wären es noch Kantonsstrassen?"
Eine instandgestellte Strasse ist auch eine lärmsanierte Strasse. Der Kanton hat deshalb an allfällige
im Rahmen des laufenden Lärm-Sanierungsprojekts erforderliche Massnahmen seinen Beitrag zu
leisten.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 927.–.
Groux Rosmarie, SP, Berikon: Ich bedanke mich für die Beantwortung meiner Frage, obwohl ich damit
nicht zufrieden bin.
Ich hätte in der Beantwortung gerne gelesen, dass Abklassierungen von Kantons- zu Gemeindestrassen und die Abgeltung klaren gesetzlichen Regeln unterliegen und auch harte Verhandlungen des
Gemeinderates keine zusätzlichen Leistungen des Kantons an die Gemeinde generieren. Es entsteht
sonst in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass Leistungen des Kantons verhandelbar sind und je mehr
Druck eine Gemeinde macht, desto mehr Geld erhält sie. Es ist unnötig, dass die kantonalen Leistungen an die Sanierung der abklassierten Strassen der Gemeinde Oberwil-Lieli im Voraus überwiesen
werden, also noch bevor die Sanierungen in Angriff genommen wurden. Das ist "Wasser in die Reuss
getragen". Es erstaunt mich, dass die abklassierten Strassen auch noch Geld für allenfalls nötige
Lärmschutzmassnahmen erwarten können. So, als wären es noch Kantonsstrassen.
Für mich ist das Politik gemäss dem Motto:"de Foifer und ‘s Weggli ha".
Vorsitzender: Die Interpellantin erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
1551 Postulat Samuel Schmid, parteilos, Biberstein (Sprecher), Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg,
SVP, Windisch, und Gregor Biffiger, SVP, Berikon, vom 22. März 2011 betreffend Stärkung der
Eigenverantwortung für erdbebengerechtes Bauen; Überweisung an den Regierungsrat und
gleichzeitige Abschreibung
(vgl. Art. 1171)
Mit Datum vom 8. Juni 2011 erklärt sich der Regierungsrat bereit, das Postulat entgegenzunehmen
und beantragt mit folgender Begründung die gleichzeitige Abschreibung:
Der Regierungsrat hat im Mai 2011 eine neue Bauverordnung (BauV) beschlossen, die am 1. September 2011 in Kraft treten wird. Die neue BauV enthält eine Regelung, die die Bauherrschaft verpflichtet, dem Baugesuch "eine Konformitätserklärung zur erdbebengerechten Bauweise von Neu- und
Erweiterungsbauten sowie von Umbauten mit Eingriff in die Tragstruktur" beizulegen (§ 51 Abs. 1 lit. a
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8. November 2011
Art. 1552
BauV). Das kantonale Recht erklärt mit dieser Bestimmung ein Formular für anwendbar, das der Bund
kreiert hat und das dazu dienen soll, die Erdbebensicherheit im Baubewilligungsverfahren systematisch zu thematisieren.
Das Anliegen der Postulanten, die Eigenverantwortung der Bauherrschaft beim erdbebensicheren
Bauen zu unterstreichen, ist damit umgesetzt.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 691.–.
Vorsitzender: Namens der Postulanten erklärt sich Samuel Schmid, Biberstein, mit der gleichzeitigen
Abschreibung einverstanden. Das Postulat wird stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen und
gleichzeitig von der Kontrolle abgeschrieben.
1552 Interpellation Samuel Schmid, parteilos, Biberstein (Sprecher), Dr. Jürg StüssiLauterburg, SVP, Windisch, und Gregor Biffiger, SVP, Berikon, vom 22. März 2011 betreffend
Erdbebensicherheit im Kanton Aargau; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 1175)
Mit Datum vom 8. Juni 2011 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet
Die Erdbebensicherheit kantonseigener Bauten ist für den Kanton Aargau seit längerer Zeit ein Thema. In den Jahren 1996/97 sind 132 Gebäude des Kantons Aargau nach einem an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich entwickelten Verfahren zur Beurteilung der Erdbebensicherheit erfasst worden. Darauf basierend sind beim Kinderspital Aarau und beim Aargauer Kunsthaus (Aarau) Massnahmen umgesetzt worden, die die Erdbebensicherheit erhöhen.
Am 1. Januar 2003 sind die neuen Tragwerksnormen SIA 260–267, die aus dem Projekt
SWISSCODES hervorgegangen sind, in Kraft getreten. Die Norm SIA 261 (2003) schreibt für Neubauten eine wesentlich höhere Widerstandskraft bei Erdbebeneinwirkungen vor als bisher. Die Überprüfung der Erdbebensicherheit bestehender Bauten, die Inventarisierung und Priorisierung nach Bedeutung und Risiko erfolgen nach einem dreistufigen, vom Bund vorgegebenen Verfahren. Die drei Stufen
zeichnen sich durch zunehmende Bearbeitungstiefe und steigenden Bearbeitungsaufwand aus. Sie
erlauben eine risikobasierte Priorisierung der erforderlichen Massnahmen.1
Seit Einführung der Normen 2003 hat der Kanton diverse Objekte neu oder nochmals untersucht und
statisch verbessert. 2009/10 sind alle Spitalliegenschaften des Kantons Aargau auf ihre Erdbebensicherheit hin (und bezüglich Schadstoffe) nochmals beurteilt worden (Areal Kantonsspital Aarau [KSA],
Areal Kantonsspital Baden [KSB] und Areal Psychiatrische Klinik Königsfelden [PDAG]). Letztes Jahr
sind weitere 20 Objekte beurteilt worden.
Zum jetzigen Zeitpunkt sind ca. 69 % des kantonalen Hochbau-Verwaltungsvermögens2 mindestens
auf Stufe 1 untersucht worden. Jährlich sollen ca. 20 weitere Bauten hinzukommen, bis das gesamte
Verwaltungsvermögen erfasst sein wird.
Zur Frage 1: "Welche Ertüchtigungsmassnahmen zur Erdbebensicherung bestehender Bauwerken
des Kantons oder solcher mit kantonaler Beteiligung wurden bereits umgesetzt oder sind geplant?
(Bitte tabellarisch mit Angabe von Objekt, Ort, Massnahme und Zeit)"
Umgesetzt worden sind Ertüchtigungsmassnahmen bei folgenden Bauwerken:
1
2
Stufe 1:
Die wichtigsten Eigenschaften des Gebäudes und das Erdbebenrisiko werden mit einer einfachen
Checkliste grob erfasst. Die Prioritäten für die nachfolgende Stufe 2 werden aufgrund einer Risikokennzahl und einer Einsturzwahrscheinlichkeitskennzahl gesetzt.
Stufe 2:
Die Gebäude werden auf Mängel bezüglich Erdbebenresistenz identifiziert. Mit einfachen Ingenieurberechnungen wird die Erdbebensicherheit approximativ überprüft.
Stufe 3:
Auf der Stufe 3 soll eine definitive Aussage zur Erdbebensicherheit aufgrund wirklichkeitsnäheren
Verfahren getroffen und falls nötig Massnahmenvorschläge entwickelt werden.
Dieses umfasst gesamthaft einen Vermögenswert von 2,514 Milliarden Franken.
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
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
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

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

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
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1999 Aarau, Kantonsspital Aarau, Kinderklinik, Haus 09
2003 Aarau, Aargauer Kunsthaus
2007 Aarau, Alte Kantonsschule, Frank-Wedekind-Haus
2008 Wettingen, Kantonsschule Mensa, Löwen-Scheune
2008 Windisch, Psychiatrische Klinik, Pavillon P5
2008 Windisch, Psychiatrische Klinik, Pavillon P6, Schwimmbad
2008 Windisch, Psychiatrische Klinik, Pavillon P7
2008 Baden, Kantonsschule, Naturwissenschaftstrakt 07
2009 Wohlen, Kantonsschule, Pavillon
2009 Windisch, FHNW, Hauptgebäude
2009 Windisch, FHNW, Laborgebäude
2009 Windisch, FHNW, Aula/Mensa
2010 Wohlen, Kantonsschule, Schulgebäude, Teil "Zirkus"
2011 Brugg, Klassentrakt, Baslerstrasse 45
Bei einer umfangreichen Sanierung wird die Baute vorgängig untersucht und mit der Sanierung die
erforderliche Erdbebensicherheit hergestellt. Geplant sind die Sanierung namentlich folgender Gebäude:




Aarau, Kantonsspital, Hauptgebäude, Haus 1
Aarau, Höhere Fachschule Gesundheit und Soziales (HFGS), Haus 39, Sockelbau
Unterentfelden, Bildungszentrum, Haupttrakt
Zofingen, Bildungszentrum, Gebäude Mittelschule, Berufsschule, Turnhalle
Ferner sollen folgende Brücken und Werkhöfe saniert oder ersetzt werden. Mit der Sanierung wird die
erforderliche Erdbebensicherheit verwirklicht:3



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
Hochbrücke, Baden (zusätzliche Lager, Arbeit im Gang)
Unterhaltswerkhof Oftringen (Gesamtsanierung, zusätzliche Wandscheiben 2011/12)
Casinobrücke, Brugg (zusätzliche Lager, 2012/13)
Kettenbrücke, Aarau (Ersatz 2013/14)
Brücke Gnadental–Niederwil–Stetten (Ersatz 2015/16)
Zur Frage 2: "Verfügt der Kanton Aargau über ein Inventar der Erdbebensicherheit und Ertüchtigung
wichtiger kantonaler Bauwerke?
a. Wenn ja: Wie viele Gebäude, Brücken usw. sind darin erfasst? Zu welchem Prozentsatz sind die
kantonalen Bauwerke bereits inventarisiert?
b. Wenn nein: Teilt der Regierungsrat die Einschätzung des Bundesamts für Umwelt BAFU, dass ein
Handlungsbedarf besteht, die Erdbebensicherheit bestehender Bauwerke systematisch zu überprüfen, und ist er bereit, ein solches Inventar zu erstellen?"
Der Kanton verfügt bereits über entsprechende Inventare:
 Die Hochbauten des Kantons sind in einem eigenen Inventar erfasst. 69 % der Gebäude sind mindestens auf Stufe 1 untersucht worden. Das Inventar umfasst insgesamt 671 Gebäude.
 Die Kunstbauten der Kantonsstrassen (Brücken, Über- und Unterführungen usw.) sind ebenfalls
inventarisiert und in einer Kunstbautendatenbank aufgeführt. Für alle 240 Brücken ist die 1. Stufe
der Beurteilung gemäss der Dokumentation des Bundesamts für Strassen (ASTRA) "Beurteilung
der Erdbebensicherheit bestehender Strassenbrücken" durchgeführt worden. Für 177 der 240
überprüften Brücken zeigt sich die Sicherheit als genügend, für 63 Objekte ist eine 2. Stufe der Beurteilung notwendig. Daraus ergeben sich allfällige Sanierungsmassnahmen.
3
Eine detaillierte Liste der zu ertüchtigenden Objekte kann erstellt werden, wenn in ca. 4 Monaten die 2. Stufe
der Beurteilung abgeschlossen ist.
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Zur Frage 3: "Betreffend Förderung der Erdbebenvorsorge kommt in vielen Bereichen dem Bund nur
eine unterstützende Rolle zu. Bereits im Juni 2005 fand eine von der Koordinationsstelle für Erdbebenvorsorge organisierte Tagung "Erdbebenvorsorge – Was können die Kantone tun?" statt.
a. Welche Massnahmen zur Förderung der Erdbebenvorsorge hat der Kanton Aargau seither getroffen und welche Schlüsse daraus gezogen?
b. Wie sieht aktuell der präventive Massnahmenkatalog des Kantons Aargau aus?"
Im Anschluss an die Tagung hat der Kanton (Abteilung Tiefbau) mit der Beurteilung der Stufe 1 begonnen; diese ist in der Zwischenzeit abgeschlossen. Für 63 Brückenobjekte ist die Beurteilung der
Stufe 2 in Bearbeitung. Bei der Priorisierung wird auf die Wichtigkeit im Kantonsstrassennetz und auf
die Verkehrsbelastung geachtet. Erkannte Massnahmen werden umgehend eingeleitet.
Bei den Unterhaltswerkhöfen erfolgt die Überprüfung und Ertüchtigung im Zusammenhang mit anstehenden Sanierungsmassnahmen (Beispielsweise Werkhof Oftringen).
Zur Frage 4: "Der Bund hat Infrastrukturen, die nach einem Erdbeben in der Rettungs- und/oder Bewältigungsphase unbedingt erforderlich sind und in seinem Einflussbereich stehen, als Lifelines definiert. Hat der Kanton in seinem Strassennetz auch solche Rettungsrouten definiert?
a. Wenn ja: Welche Konsequenzen wurden und werden daraus gezogen?
b. Wenn nein: Warum nicht? Erkennt der Regierungsrat die Notwendigkeit von Rettungsrouten und
ist er bereit, ein solches Rettungsrouten-Netz zu definieren?"
Bekanntlich sind die Nationalstrassen mit gut 700 Brückenobjekten auf den 1. Januar 2008 in das
Eigentum des Bundes übergegangen. Auf dem Nationalstrassennetz werden zwischen 70 % und
80 % des Verkehrs im Aargau abgewickelt. Es ist für den Kanton Aargau von grosser Wichtigkeit,
dass der Bund diesem Netz eine entsprechende Bedeutung beimisst. Das Kantons- und Gemeindestrassennetz hingegen ist viel feinmaschiger; bei Strassensperrungen sind Umleitungen gut möglich.
Im Rahmen der Gefährdungsanalyse Kanton Aargau ist das Erdbeben eines von insgesamt 25 Szenarien. Das Risiko "Erdbeben" wurde und wird entsprechend bearbeitet. Bei einem Ereignis ist der
kantonale Führungsstab für die Bewältigung verantwortlich. Wo und wann bei einem Ereignis Strassenverbindungen unterbrochen sind, kann nicht im Voraus bestimmt werden. Umso wichtiger ist es,
dass im Katastrophenfall eine ausgebildete und gut eingespielte Organisation, wie es der kantonale
Führungsstab ist, tätig wird. Im Stab sind wichtige Personen aus allen Bereichen der kantonalen Verwaltung vertreten.
Wie bereits erwähnt, erfolgt die Überprüfung der Brücken und deren Ertüchtigung nach der Wichtigkeit
im Strassennetz unter Berücksichtigung der Verkehrsbelastung. Dabei soll in erster Priorität das
Hauptstrassennetz (HVS, früher 1. Klasse Kantonsstrassenobjekte) bezüglich der 2. Stufe beurteilt
werden.
Die Festlegung eines Rettungsroutennetzes ist in aller Regel ein allzu starres Gebilde und nicht zu
bevorzugen. Wenn ein Erdbeben eintritt, sind Fachleute gefragt, die mit der nötigen Flexibilität auf die
Situation reagieren.
Zur Frage 5: "Bei Lifelines und Rettungsrouten ist sowohl dem Zustand und der Erdbebenertüchtigung
von Kunstbauten (Brücken, Tunnels) Beachtung zu schenken als auch dem Strassen-Trassee, insbesondere wenn dieses durch geologische Verwerfungen führt.
a. Wurden die bestehenden Lifelines dahingehend geprüft und ertüchtigt? (Wenn ja, bitte tabellarisch
beantworten wie bei Frage 1)
b. Wird beim Neubau von Lifelines darauf geachtet (z.B. hinsichtlich Linienführung der Strasse, Befestigung usw.)?"
Eigentliche Lifelines und Rettungsrouten wurden im Kanton Aargau nicht festgelegt, und der Regierungsrat erachtet dies auch nicht als sinnvoll. Bei der Überprüfung und Ertüchtigung wird auf die Geologie Rücksicht genommen, ist diese doch für die statische Berechnung massgebend. Auch bei der
Trassierung von neuen Strassen wird auf die Bodenverhältnisse und den Untergrund soweit als möglich Rücksicht genommen. Die Abklärung des Untergrunds ist ein wichtiger Bestandteil für die Bearbeitung eines Projekts.
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Art. 1552
8. November 2011
Zur Frage 6: "Der Regierungsrat war bereit, das Postulat Gregor Biffiger vom 21. Dezember 2004
betreffend präventive Massnahmen zum Schutz der Aargauer Volkswirtschaft vor den finanziellen
Folgen von Erdbebenschäden entgegenzunehmen. Der Grosse Rat hatte das Postulat am 16. August
2005 stillschweigend überwiesen und am 22. Juni 2010 dessen Abschreibung zugestimmt. Das Postulat umfasste drei Bereiche:
a. Sensibilisierung hinsichtlich Ergreifen von präventiven baulichen Massnahmen
b. Hinwirken auf massgebliche Verstärkung des bestehenden Schweizerischen Pools für Erdbebendeckung ("Erdbebenpool")
c. Kreditrisiken der Aargauischen Kantonalbank in Zusammenhang mit möglichen Erdbebenschäden
Was konkret hat die Regierung hinsichtlich dieser drei Bereiche seit 2005 unternommen?"
zu a und c:
Bei neuen Gebäuden und bei Umbauten mit Eingriff in die Tragstruktur muss die Erdbebensicherheit
mit berücksichtigt werden.4 Durch die sukzessive Ertüchtigung von Objekten nimmt das vorhandene
Risiko laufend ab. Die Umsetzung nach wirtschaftlichen Aspekten wird aber noch einige Jahre in Anspruch nehmen.
zu b:
Vgl. Antwort zur Frage 7.
Zur Frage 7: "Der Kanton Zürich versichert Gebäude auch gegen Erdbebenschäden. Diese Schäden
werden aus einem Fonds bezahlt, der während 13 Jahren durch einen obligatorischen Prämienzuschlag von 0.05 Prozent gespiesen wurde. Heute ist die Erdbebendeckung prämienfrei. Der Kanton
Zürich allein hat damit eine Deckung von einer Milliarde Franken pro Ereignis erreicht. Der oben erwähnte "Erdbebenpool", welchem 18 kantonale Gebäudeversicherungen angehören, hat demgegenüber nur eine Deckung von zwei Milliarden Franken. Welche Strategie verfolgt der Kanton Aargau
diesbezüglich? (Verstärkung des "Erdbebenpools" oder obligatorische Erdbebenversicherung nach
dem Beispiel des Kantons Zürich oder Begnügen mit einer ungenügenden Deckung für die Hauseigentümer?)"
"Gesamtschweizerische Erdbebenversicherung"
Das Bundesamt für Privatversicherungen (BPV)5, die kantonalen Gebäudeversicherungen und die
Privatversicherungen haben am 4. Mai 2005 beschlossen, eine "Gesamtschweizerische Erdbebenversicherung" auszuarbeiten.6 Ziel war es, bis 1. Januar 2009 in der ganzen Schweiz eine obligatorische,
flächendeckende Erdbebenversicherung einzuführen, die den versicherten Personen eine substantielle Deckung für Erdbebenschäden gewährleisten sollte. Der Bundesrat wies allerdings einen ausgear4
5
6
Siehe dazu auch die Bestimmung in § 51 Abs. 1 lit. a der neuen Bauverordnung: Bei Neu- und Erweiterungsbauten sowie Umbauten mit Eingriff in die Tragstruktur muss die Bauherrschaft dem Baugesuch eine Konformitätserklärung zur erdbebengerechten Bauweise beilegen. – Der Kanton Aargau wird bis Herbst 2011 eine
flächendeckende Karte der seismischen Baugrundklassen nach SIA-Norm 261 zur Verfügung stellen. Zusammen mit der Karte der Erdbebenzonen lassen sich so die Erdbebenkräfte anhand der SIA-Norm 261 berechnen.
heute FINMA
Die Aargauische Gebäudeversicherung (AGV) war in der Projektleitung vertreten. Die "Gesamtschweizerische
Erdbebenversicherung" sollte folgende Rahmenbedingungen einhalten:
 Die Erdbebenversicherung wird im Rahmen der bestehenden Strukturen realisiert (d.h. das Versicherungssystem der kantonalen Gebäudeversicherungen mit Monopol und Obligatorium sowie dasjenige der Privatversicherungen mit obligatorischer Bindung an die Feuerversicherung und gesetzlich festgelegtem Prämienzuschlag werden nicht verändert).
 Sie muss im Interesse beider Parteien (kantonale Gebäudeversicherungen und Privatversicherungen) sein.
 Sie muss obligatorisch und landesweit einheitlich ausgestaltet sein.
 Die Versicherungsnehmenden müssen sich am Schaden finanziell angemessen beteiligen (substantieller
Selbstbehalt).
 Die Versicherungsprämie muss für die Versicherten angemessen sein (< 0,10 ‰).


Die Prävention muss Bestandteil der Erdbebenvorsorge werden.
Das Projekt muss innert nützlicher Frist realisiert werden können.
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beiteten Entwurf aufgrund der Opposition des Schweizerischen Hauseigentümerverbands (HEV
Schweiz) zurück. Ein Konsens konnte bis heute nicht gefunden werden.
Letztlich ist die Einführung einer gesamtschweizerischen Erdbebenversicherung daran gescheitert,
dass sie eine massive Prämienerhöhung (ca. 10 Rappen pro Fr. 1'000.– Versicherungskapital) für
eine auf 8–10 Milliarden Franken begrenzte, schweizweite Deckung zur Folge gehabt hätte. Für den
Kanton Aargau hätte dies zur Folge gehabt, dass die Prämien von rund 36 Rappen auf 41–44 Rappen
pro Fr. 1'000.– Versicherungskapital gestiegen wären.
"Interessengemeinschaft Erdbeben" der Privatversicherungen
Die Privatversicherungen haben mit der "Interessengemeinschaft Erdbeben" für Kantone ohne öffentlich-rechtliche Gebäudeversicherung einen freiwilligen Fonds von 200 Millionen Franken für Erdbebenschäden bereitgestellt. Zudem haben sie sich in den letzten Jahren stark für eine landesweite,
solidarische Erdbebenversicherung eingesetzt. Aufgrund der fehlenden Unterstützung durch Bundesrat und HEV für eine flächendeckende Erdbebenversicherung haben die Privatversicherungen die
"Interessengemeinschaft Erdbeben" jedoch per Ende 2010 aufgelöst. Sie setzen seither auf marktwirtschaftliche Lösungen und bieten Versicherungen gegen Erdbebenschäden auf dem Markt an.
Schweizerischer Pool der kantonalen Gebäudeversicherungen für Erdbebendeckung
Der Pool, in welchem alle kantonalen Gebäudeversicherungen – ausser Zürich7 – zusammengeschlossen sind, deckt auf freiwilliger Basis 8 Schäden als Folge eines Erdbebens in den Mitgliedkantonen bis zur Höhe von je 2 Milliarden Franken für zwei Erdbeben pro Jahr.9 Der Pool ist keine Versicherung und setzt erst bei sehr grossen Erdbebenschäden ein (EMS-Skala 7).
Ein Ausbau des Pools ist nicht vorgesehen. Es stellt sich die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, jährlich Rückversicherungsprämien von insgesamt über 26 Millionen Franken, wovon die Aargauische
Gebäudeversicherung 3,13 Millionen Franken trägt, an den Weltmarkt zu zahlen. Die Aargauische
Gebäudeversicherung setzt sich für eine Änderung der Poolleistungen ein. Diese müssen früher zum
Tragen kommen als heute und dürfen nicht auf Freiwilligkeit basieren. Allerdings müsste die Finanzierung genauer überprüft werden. Aus diesem Grund wird vorderhand im Kanton Aargau die Versicherung von Erdbebenschäden primär den Privatversicherungen überlassen.
Erdbebenversicherung in der Zukunft
Die Einführung einer Erdbebenversicherung analog dem Zürcher Modell ist nicht realistisch. Der Kanton Zürich verfügt über ein mehr als doppelt so grosses Versicherungskapital (Zürich: 427,6 Milliarden
Franken; Aargau: 188,3 Milliarden Franken). Wenn man bedenkt, dass 0,5 Rappen Gebäudeversicherungsprämie pro Fr. 1'000.– Versicherungskapital Einnahmen von 1 Million Franken bei der Aargauischen Gebäudeversicherung generieren, wäre nicht einmal mit einer massiven Prämienerhöhung eine
Fondsäufnung in sinnvoller Zeit möglich. Wenn man innerhalb von 10 Jahren einen Fonds in der
Grössenordnung von 250 Millionen Franken (analog Zürich: 250 Millionen Franken Fondsmittel und
750 Millionen Franken Rückversicherung) bilden wollte, müssten die Prämien im Kanton Aargau um
13 Rappen pro Fr. 1'000.– angehoben werden. Dies würde einen Prämienzuschlag von rund 35 %
bedeuten.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 4'231.–.
Schmid Samuel, SLB, Biberstein: Es ist kurz vor Schluss und mir obliegt die undankbare Aufgabe, das
letzte Geschäft hier noch vorzutragen. Ich halte mich sehr kurz.
Die Tragweite von Erdbeben wurde uns in der Vergangenheit sehr vor Augen gehalten. Wir vergessen
dabei, dass es aber auch in der Schweiz Erdbeben gab und jederzeit wieder geben könnte. Rein sta7
8
9
Die Gebäudeversicherung Zürich ist nicht Mitglied des Pools. Sie hat eine gesetzlich verankerte limitierte Erdbebenversicherung mit einem festgelegten Fonds für die Deckung von Erdbebenschäden, ergänzt durch zusätzlich eingekaufte Rückversicherung bis zur Limite von 1 Milliarde Franken.
ohne Rechtsansprüche der Gebäudeeigentümerinnen und Hauseigentümer
Die Finanzierung dieser freiwilligen Leistung von 2 Milliarden Franken erfolgt durch
 Mitgliederbeiträge (zurzeit ca. 0,2 Milliarden Franken),
 zugesicherte Beiträge der 18 kantonalen Gebäudeversicherungen (zurzeit 0,5 Milliarden Franken) und
 vom Pool eingekaufte Rückversicherung (zurzeit 1,3 Milliarden Franken für das erste und weitere 2 Milliarden Franken für ein zweites Erdbeben im gleichen Jahr).
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tistisch gesehen, könnte ein Erdbeben wie dasjenige in Basel des Jahres 1356 durchaus jederzeit
wieder vorkommen, Gott bewahre uns davor.
Der Regierungsrat hat sich seine Antwort nicht leicht gemacht. Er hat sehr ausführlich geantwortet
und ist auch in einen konstruktiven Dialog mit den Interpellanten getreten. Wir danken herzlich dafür.
Dennoch können wir nicht ganz zufrieden sein. Der Grund liegt in drei Punkten: 1. Der Regierungsrat
spricht in der Antwort auf Frage 5 von Lifelines und Rettungsrouten, die im Kanton Aargau eben nicht
festgelegt wurden. Aber die Tatsache, dass er das als starre Gebilde versteht – was sie nicht sein
sollen – entbindet doch nicht von der Aufgabe, dass man überhaupt welche festlegt. Das muss hinterfragt werden.
2. Die Kreditrisiken der Aargauischen Kantonalbank im Falle eines Erdbebens sind massiv und werden sehr stark unterschätzt. Am 21. Dezember 2004 hatte Gregor Biffiger ein entsprechendes Postulat eingereicht. Auch 7 Jahre später geht der Regierungsrat leider auf die damals vorgebrachten Argumente nicht ein und kann keine zufriedenstellende Auskunft bezüglich dem volkswirtschaftlichen
Schaden angeben, der durch einen Erdbebenvorfall und durch die Mitleidenschaft der Aargauischen
Kantonalbank entstehen würde.
3. Die Erdbebenversicherung: Auch hier hat der Regierungsrat die Problematik erkannt und verschiedene Varianten mit Vor- und Nachteilen sehr gründlich aufgezeigt. Aber es fehlt ihm der Mut, hier einen lösungsorientierten Schritt und einen klaren Vorschlag zu unterbreiten. Wir stehen kurz vor
Schluss und kurz vor der 2. Lesung des Gebäudeversicherungsgesetzes. Dort haben wir die Möglichkeit, einen mutigen Schritt zu wagen. Wir werden sehr gerne darauf zurückkommen. Aus den erwähnten Gründen danken wir herzlich für die Beantwortung, sind aber nur teilweise zufrieden.
Vorsitzender: Namens der Interpellanten erklärt sich Samuel Schmid, Biberstein, von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihr ausserordentliches Durchhaltevermögen, Ihre
Disziplin und Ihre Diskussionskultur. Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluss der Sitzung um 20.00 Uhr)
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