Die Bedeutung von Bindung in Sozialer Arbeit, Pädagogik und

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Bindungsorientierung in der Sozialen Arbeit
Fachtagung am 11. und 12. Januar 2013
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
- Abteilung Aachen Robert-Schuman-Str. 25 D-52066 Aachen
Tel.: + 49 (0) 241-60003-19
[email protected]
Abstracts
Bindungsorientierung in der Sozialen Arbeit ......................................................................... 1
Die Bedeutung von Bindung in Sozialer Arbeit, Pädagogik und Beratung ........................... 2
Bindung biopsychosozial: Professionelle Beziehungsgestaltung in der Klinischen
Sozialarbeit ............................................................................................................................. 3
Bindungsorientierung im Praxisfeld der Frühen Hilfen ......................................................... 4
Entwicklungspsychologische Beratung zur Stärkung der elterlichen Kompetenzen ............. 5
Pädagogische Kunsttherapie bei Störungen im frühkindlichen Bindungsverhalten Fallarbeit/Supervision ............................................................................................................ 6
Bindung schaffen in der Individualpädagogik – das ist das tägliche Flechten dünner Fäden
zu einem haltbaren Seil .......................................................................................................... 7
Bindungsaspekte bei Studierenden ......................................................................................... 8
Pilotstudie zur Emotionsregulation, Empathiefähigkeit und bindungsrelevanten Einstellung
bei Studierenden der Sozialen Arbeit ..................................................................................... 9
Bindungsstile bei Professionellen der Sozialen Arbeit ........................................................ 10
Bindungswissen und Bindungsdiagnostik in der Erziehungsberatung ................................ 11
„Bindung in Bewegung“ – Psychische Erkrankungen von jugendlichen Müttern unter
bindungsspezifischen Gesichtspunkten ................................................................................ 12
Bindungsorientierte präventive Begleitung von Muliproblemfamilien ............................... 13
Bindung und Partnerschaft bei schizophren erkrankten Menschen ..................................... 14
Beziehungsarbeit und Psychose in der Akutpsychiatrie -Das Soteria-Konzept- ................. 15
Bindungsaspekte in der stationären Jugendhilfe - Lernen aus der Erfahrung ehemaliger
Kinderdorfkinder .................................................................................................................. 16
Verarbeitung traumatischer Erfahrungen von Pflegekindern ............................................... 17
Wie Bindung uns bewegt und bildet – eine kinematische Erfassung des
Explorationsverhaltens von Kindern in Zusammenhang mit ihrem Bindungsmuster ......... 18
Bindungsaspekte von Unterstützungsangeboten im ersten Lebensjahr ............................... 19
Die anthropologische und ethische Dimension der Bindungsorientierung .......................... 20
1
Die Bedeutung von Bindung in Sozialer Arbeit, Pädagogik und Beratung
Karl Heinz Brisch
………..
2
Bindung biopsychosozial: Professionelle Beziehungsgestaltung in der
Klinischen Sozialarbeit
Silke Birghitta Gahleitner
In meiner langjährigen Praxis in psychosozialen Arbeitsfeldern vermittelte sich mir die
Erfahrung, dass der Erfolg der Arbeit eng an die Qualität der professionellen
Beziehungsgestaltung gebunden ist. Ist Soziale Arbeit also per se eine Beziehungsprofession,
eventuell sogar die Beziehungsprofession schlechthin? Obwohl diese Erfahrung und diese
Fragestellung von vielen KollegInnen aus der Praxis und Forschung geteilt werden, gibt es
nach wie vor viel Unklarheit darüber, wie sich eine professionelle Beziehung im Detail
gestaltet bzw. gestalten müsste. Die Unsicherheiten und Unklarheiten verweisen u.a. auf die
Schwierigkeit, die Komplexität des Beziehungsgeschehens in prägnanten theoretischen
Konzepten und Theorien zu verorten.
Die Bindungsforschung, die sich in den letzten Jahren zunehmend damit befasst, auch
psychosoziale Praxiskonzepte auf der Grundlage der Bindungstheorie zu untersuchen und die
Ergebnisse zugänglich zu machen, bietet hier Aufschluss. Konzeptionen der Bindungstheorie
wurden aber von der Sozialen Arbeit lange abgelehnt, da sie sich in ihrer Herkunft stark auf
dyadische Beziehungskonstellationen und innerfamiliäre Szenerien beziehen. Auch in der
Psychotherapieforschung fokussieren die wesentlichen Studien ein dyadisches Geschehen
zwischen BehandlerIn und KlientIn.
Die Bindungstheorie und weitere psychologische Bezugsgrößen bieten daher für das
dyadische
Beziehungsgeschehen
in
der
psychosozialen
Arbeit
einen
wichtigen
Orientierungsrahmen, sie müssen jedoch für eine tragfähige Anwendung im Praxiskontext der
Sozialen Arbeit um weitere Theoriebestände erweitert werden. Der Vortrag legt seinen
Schwerpunkt auf das Zusammendenken dieser notwendigen Wissensbestände für eine
professionelle Beziehungs- und Umfeldgestaltung – insbesondere für AdressatInnen und
KlientInnen, die bereits vielfach Beziehungsabbrüche und Vertrauensmissbrauch erlebt haben
und in originär psychosozialen und klinischen Arbeitsfeldern verortet sind.
Prof. Dr. Silke Birgitta Gahleitner, Alice-Salomon-Hochschule, Steinstr. 15,
10119
Berlin
0175/24222315, [email protected]
3
Bindungsorientierung im Praxisfeld der Frühen Hilfen
Dorothee Roeb-Flemming
Im Kontext der Bindungsthematik nehmen Angebote der Frühen Hilfen eine zentrale Rolle
ein, denn die Weichenstellungen für die Entwicklung einer sicheren Bindungsbeziehung
werden bekanntermaßen bereits im ersten Lebensjahr gelegt. Frühe Hilfen fokussieren darauf,
den Eltern gerade in dieser frühen Zeit zur Seite zu stehen, damit der Start mit dem Baby
gelingt und gute Grundlagen für seine weitere Entwicklung gelegt werden. Die Palette der
Hilfen reicht von Entlastungsangeboten im Alltag über Eltern-Kind- Treffs bis hin zu
therapeutischen Angeboten, die gezielt an der Verbesserung der Eltern-Kind-Interaktion
arbeiten – basierend auf dem Wissen, dass gelingende Interaktionen die Grundlage einer
sicheren Bindung bilden. Am Beispiel der Frühen Hilfen in Aachen wird dargestellt, wie
Konzepte Früher Hilfen praxistauglich gestaltet sein müssen: Dabei werden wir neben dem
zentralen Aspekt der Bindungsförderung auch Möglichkeiten des Zugangs zur Zielgruppe, die
Bedeutung von Netzwerken und konkrete Bedarfe der Eltern in den Blick nehmen.
Dorothee Roeb-Flemming, Kinderschutzbund Aachen, Kirberichshofer Weg 27-29, 52066
Aachen, 0241/949940, [email protected]
4
Entwicklungspsychologische Beratung zur Stärkung der elterlichen
Kompetenzen
Helga Remmen, Ruth Renz
EPB ist eine videobasierte, ressourcenorentierte Arbeit mit dem Ziel, die Bindungsbeziehung
zwischen Kind und Eltern oder anderen Erziehern zu fördern und zu stärken. Besonders
eignet sich diese Methode in der Arbeit mit sehr jungen Müttern, und mit psychisch kranken
Eltern(-teilen). Das Kind steht bei der Videographie im Fokus, somit lässt sich durch
intensives Betrachten eine genaue Entwicklungsdiagnostik erheben und eine Sensibilisierung
auch für die Feinzeichen des Kindes entwickeln. Der andere Schwerpunkt liegt auf der
genauen Wahrnehmung der Interaktion von Vater/Mutter und Kind, wobei es hier um die
Stärkung des positiven Erlebens und somit der Bindungsförderung geht. In einem Panel kann
die Arbeit mit EPB anhand eines Fallbeispiels veranschaulichend erklärt werden. Durch
Betrachten des Filmmaterials wird der Teilnehmer an der Analyse mitarbeiten und somit an
der Erarbeitung der Vorteile von EPB für Familie und Betrachter beteiligt sein.
Helga Remmen, Frühe Hilfen, Viktoriastr. 37, 52066 Aachen, 0241-997 996 70,
[email protected]
Ruth
Renz, Frühe Hilfen, Viktoriastr. 37, 52066 Aachen, 0241-997 996 70,
[email protected]
5
Pädagogische Kunsttherapie bei Störungen im frühkindlichen
Bindungsverhalten - Fallarbeit/Supervision
Wolfgang Domma
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses workshops sind eingeladen, aus ihrer
pädagogischen und/ oder therapeutischen Tätigkeit Kinder vorzustellen - vorzugsweise mit
dazu gehörigem Bildmaterial (!) - um dann gemeinsam folgenden Fragestellungen zu
arbeiten: Welche besonderen diagnostischen Erkenntnisse bieten uns die gestalterischen
Ausdrucksweisen, wie verstehen wir das symptomatische Verhalten der Kinder auf dem
Hintergrund
von
frühkindlichen
Entwicklungstheorien
und
wie
können
mögliche
Interventionen mittels ästhetischer Verfahren aussehen, die im Rahmen pädagogischtherapeutischer Kompetenzen Sozialer Arbeit verantwortungsvoll zu realisieren sind.
Prof. Dr. Wolfang Domma, Katholische Hochschule NRW, Abteilung Aachen, RobertSchuman-Str. 25, 52066 Aachen, 0241/60003-31, [email protected]
6
Bindung schaffen in der Individualpädagogik – das ist das tägliche
Flechten dünner Fäden zu einem haltbaren Seil
Liz Möller
Seit der Gründung von Courage e.V. und VoG als individualpädagogischer Träger in 2004
stehen meine tägliche Arbeit und die unserer MitarbeiterInnen explizit unter dem Focus eines
angemessenen Aufbaus von Bindung in der pädagogischen Beziehung. Das Leben in unseren
SPLGs ist sehr intensiv: Das rechte Maß im Zusammenleben (bei uns „24Stunden täglich und
365 Tage im Jahr“
andauernden) mit den hoch-unsicher gebundenen Kindern und
Jugendlichen zu finden, bedeutet regelmäßige und intensive Reflexion der eigenen
Bindungsmuster und Bindungsfähigkeit. Was geschieht, wenn da im Spannungsfeld zwischen
Privatsphäre und öffentlichem Erziehungsauftrag „Welten“ aufeinandertreffen, ist nur von
einem verlässlichen Netzwerk mit hoher Professionalität zu bewältigen. Wir erhalten
möglichst die positiven Bindungen der Kinder zur Herkunftsfamilie und legen
Bindungsgrundlagen, um ausreichend Stabilität und Sicherheit für ein selbstbestimmtes Leben
zu erreichen. Wir müssen Betreuungsformen finden, die Bindung gewähren aber auch
Überforderung vermeiden. Dies braucht viel Zeit und einen langen Atem, Respekt für den
Eigensinn des Gegenüber und Demut in Bezug auf das Erreichen der gesetzten pädagogischen
Ziele.
-
Gerne beteilige ich mich in Form eines (praxisorientierten) Vortrags oder
-
Gemeinsam mit ca. 3 MitarbeiterInnen können kleine „Erzählbuden“
gestaltet
werden, in denen sie – mit dem Focus auf Entwicklung in der Beziehungsgestaltung
und den Aufbau von Bindung - anhand eines Fallbeispiels aus ihrer Praxis berichten
Liz Möller, Leitung Courage e.V. (D) und VoG (B), Hergenratherstraße 99, B-4730 Hauset,
+32 (0)87 63 09 29, [email protected]
7
Bindungsaspekte bei Studierenden
Anne Bochynek
Themen der Bindungstheorie gewinnen zunehmend an Bedeutung in der sozialpädagogischen
Intervention. Doch welche Bindungsmuster weisen Sozialarbeiter auf und wie wirken sich die
Bindungsmuster von ihnen auf ihre Arbeit aus? Dem tragen bisher nur wenige Studien
Rechnung. Diese Studie widmet sich dem Bindungshintergrund von Studierenden der
Sozialen Arbeit und vergleicht jenen mit der Bindung von Studierenden des Maschinenbaus,
die in beiden Kohorten anhand des Bielefelder Fragebogens zu Partnerschaftserwartungen
erhoben wurde. Entsprechend dem Titel werden für diese Personengruppen gegensätzliche
Stereotypen
angenommen,
da
aufgrund
der
stark
divergierenden
Studiengänge
unterschiedliche Interessen unterstellt werden können. Diese bestätigen sich im Rahmen der
Auswertung und es werden signifikante Unterschiede in den Bindungsstilen deutlich, die sich
vor allem innerhalb der Cluster“ sicher“ und „vermeidend-verschlossen“ abzeichnen.
Anne Bochynek, Soziale Arbeit M.A., Bergheim, 0177/7724525, [email protected]
8
Pilotstudie zur Emotionsregulation, Empathiefähigkeit und
bindungsrelevanten Einstellung bei Studierenden der Sozialen Arbeit
Paul Krappmann
Eine Beziehungsgestaltung, die dem Bindungsbedürfnis gerecht wird, gilt als Voraussetzung
gelingender Bildungs- und Beratungsprozesse, denn nur so kann Neugier entwickelt und zur
Exploration der externen Umwelt bzw. inneren Schemata ermutigt werden. Gemäß der
Bindungstheorie sollte dies eher gelingen, wenn Fachkräfte empathisch sind, einen sicheren
Bindungsstil aufweisen sowie ihre Emotionen, insbesondere in schwierigen Situationen,
regulieren können.
Ausgangspunkt der vorliegenden Studie war die Fragestellung, ob Studierende der Sozialen
Arbeit günstige Voraussetzungen für ihr späteres Arbeitsfeld mitbringen. Als günstig wurden
eine vorbereitungsorientierte Emotionsregulation, eine hohe Empathiefähigkeit und ein
Bindungsverhalten, das wenig durch Angst und Vermeidung geprägt ist, definiert. Zur
Beantwortung der Fragestellung wurden das Ausmaß der Empathiefähigkeit sowie die Form
der Emotionsregulationsprozesse von Studierenden der Sozialen Arbeit
und der
Betriebswirtschaft miteinander verglichen. Zudem wurde der Zusammenhang zwischen
Emotionsregulation, Empathiefähigkeit und bindungsrelevanter Einstellung untersucht. Die
genannten Dimensionen wurden mit dem ERQ (Emotion Regulation Questionnaire), IRI
(Interpersonal Reactivity Index) und RSQ (Relationship Scales Questionnaire) erfasst. Die
Ergebnisse dieser Pilotstudie werden präsentiert und insbesondere im Hinblick auf die
Hochschulausbildung diskutiert.
Prof. Dr. Paul Krappmann, Dipl. Psych., Hochschule K o b l e n z, University of Applied
Sciences, Fachbereich Sozialwissenschaft, Konrad-Zuse-Straße 1, 56075 Koblenz, Tel.:
+49261-9528.247, [email protected]
9
Bindungsstile bei Professionellen der Sozialen Arbeit
Diana Kreutz
Die Bindungstheorie findet mittlerweile in den psychosozialen Berufsfeldern großen Anklang.
Aus der Psychotherapie-Forschung wissen wir, dass der Bindungshintergrund der
Professionellen einen Einfluss auf die Beziehung mit dem Klienten und damit einhergehend
auf den Erfolg der Intervention hat. Doch gibt es in der Sozialen Arbeit nur wenige Studien,
die sich mit den Bindungsstilen von Fachkräften beschäftigten. Dies ist Ziel der vorliegenden
Studie. Dazu konnten über 200 Fachkräfte in der Sozialen Arbeit, vornehmlich in der
Städteregion Aachen, befragt werden. Die Befragung wurde anhand des Bielefelder
Fragebogens zu Partnerschaftserwartungen in Form einer Online-Befragung durchgeführt.
Bisherige Zwischenergebnisse weisen auf eine hohe Ausprägung beider ambivalenter
Bindungsmuster hin. Die endgültigen Ergebnisse werden auf der Tagung vorgestellt.
Diana Kreutz, Soziale Arbeit M.A., Hubertusstr. 29, 52064 Aachen, 0241/46818086,
[email protected]
10
Bindungswissen und Bindungsdiagnostik in der Erziehungsberatung
Mathias Berg
Der Beitrag „Bindungswissen und Bindungsdiagnostik in der Erziehungsberatung“
beschäftigt sich unter klinisch-sozialpädagogischer Perspektive mit der Anwendung der
Bindungstheorie in Erziehungs- und Familienberatungsstellen, jenseits der sogenannten
„Frühen Hilfen“. Es wird darauf Bezug genommen, dass gerade im letzten Jahrzehnt für die
psychosoziale Praxis hochinteressante Diagnostikverfahren entwickelt worden sind (z.B. für
die mittlere und späte Kindheit), welche die professionelle Einschätzung der Eltern-KindBeziehung bereichern können.
Hierzu werden Forschungsergebnisse aus dem Jahr 2011 vorgestellt, die Hinweise darauf
geben, inwieweit Konzepte der Bindungstheorie und –forschung bei Beratungsfachkräften
bekannt sind und ob das Konzept der Bindung bereits Einfluss auf deren diagnostisches
Vorgehen hat. In der Studie, welche an der KatHO NRW Aachen und mit Unterstützung der
Landesarbeitsgemeinschaft Erziehungsberatung NRW durchgeführt wurde, gaben mehr als
250
beraterisch-therapeutische
Fachkräfte
in
über
100
nordrhein-westfälischen
Beratungsstellen Einblick in Ihren Kenntnisstand zum Thema Bindung. Ersichtlich wird
dabei, dass eine mögliche Bindungsorientierung in der Beratungspraxis mindestens einen
Doppelcharakter aufweist: Es herrscht bedeutsames bindungsspezifisches Wissen vor –
jedoch scheint die „Wirklichkeit“ von den Professionellen häufiger mit anderen Begriffen und
Konzepten erklärt zu werden…
Mathias Berg, Soziale Arbeit M.A. (Klinisch-therapeutisch), Dipl. Soz. Päd., Systemischer
Berater (IF Weinheim), Vorstandsmitglied der LAG Erziehungsberatung NRW, Mitarbeiter
der Familienberatungsstelle Mittelstraße Kerpen und Lehrbeauftragter der KatHO NRW,
Aachen.
11
„Bindung in Bewegung“ – Psychische Erkrankungen von jugendlichen
Müttern unter bindungsspezifischen Gesichtspunkten
Sabine Trautmann-Voigt
Wenn schon kleinste Kinder Vernachlässigung, emotionale Überflutung oder Missbrauch
erleben, fehlt Ihnen die Basis für die Entwicklung einer „gesunden“ psychischen Perspektive.
Diese Kinder, wenn sie Mädchen sind, werden häufig selbst schon Mütter. Sie binden ihr
Baby an sich in der Hoffnung, endlich „eine gute Be-ziehung“ zu haben. Der Vortrag
problematisiert an Beispielen aus der eigenen psychotherapeutischen Praxis das Phänomen
der „jugendlichen Mutterschaftskonstellation“ in einer Gesellschaft, in der sich die
„bürgerliche Kern-familie“ aufgelöst hat, das Bedürfnis in der Jugend nach tragfähigen
Bindungen und Beziehungen jedoch weiterhin vorhanden ist. An klinischen Fallvignetten
werden Konzept-Leitlinien für eine auf Identitätsprobleme jugendlicher Mütter fokussierte
Eltern-Säuglings-Kleinkind-Psychotherapie dargestellt.
Dr.
Sabine
Trautmann-Voigt,
Köln-Bonner-Akademie
für
Psychotherapie
(KBAP),
Wenzelgasse 35, 53111 Bonn, 0228/9638134692451, [email protected]
12
Bindungsorientierte präventive Begleitung von Muliproblemfamilien
Rüdiger Kißgen
Das globale Ziel einer Präventionsmassnahme liegt darin, das Risiko für eine mögliche
negative Entwicklung zu minimieren. Diese Zielsetzung kann erreicht werden, indem
Risikofaktoren verringert oder ausgeschaltet und Schutzfaktoren unterstützt oder erzeugt
werden. Zur letzt genannten Zielsetzung zählt die Unterstützung der Entwicklung einer
sicheren Bindung des Kindes an seine Hauptbezugsperson. Die Ergebnisse der
Bindungsforschung zeigen, dass die sichere Bindung eines Kindes ein Schutzfaktor für dessen
psychosoziale Entwicklung ist. Bindungstheoretisch fundierte Präventionsprogramme widmen
sich dieser Zielsetzung. Am Beispiel des „STEEPTM-Programms“ soll zum einen erläutert
werden, wie sich dies in der Praxis gestaltet. Zum anderen werden aktuelle
Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit bindungstheoretisch fundierter Prävention vorgestellt.
Univ.-Prof. Dr. Rüdiger Kißgen, Universität Siegen – Fakultät II, Lehrstuhl für
Entwicklungswissenschaft und Förderpädagogik, [email protected]
13
Bindung und Partnerschaft bei schizophren erkrankten Menschen
Johannes Jungbauer
In diesem Beitrag werden Ergebnisse aus einem von der DFG geförderten Forschungsprojekt
vorgestellt, in dem Bindungsmuster und Partnerschaftsqualität in Paarbeziehungen mit einem
schizophren erkrankten Partner untersucht wurden. Bei insgesamt 49 schizophren erkrankten
Menschen und 18 Partnern wurden mittels standardisierter Fragebogeninstrumente die
Partnerschaftsqualität sowie die Bindungsmuster erfasst und miteinander in Beziehung
gesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass der Anteil der unsicheren Bindungsstile in der
Patientenstichprobe deutlich erhöht ist. Häufig sind das ambivalent-verschlossene
Bindungsmuster und ein stark ausgeprägtes „Streitverhalten“. Akzeptanzprobleme und
geringe
Öffnungsbereitschaft
der
Erkrankten
wirken
sich
negativ
auf
die
Partnerschaftsqualität beider Partner aus. Aus den Ergebnissen der Studie werden
Schlussfolgerungen für die psychosoziale Praxis in der Psychiatrie abgeleitet.
Prof. Dr. Johannes Jungbauer, Katholische Hochschule NRW, Abteilung Aachen, RobertSchuman-Str. 25, 52066 Aachen, 0241/60003-37, [email protected]
14
Beziehungsarbeit und Psychose in der Akutpsychiatrie -Das SoteriaKonzeptWassili Hinüber
Der Begriff Soteria (altgriechisch: Wohl, Bewahrung, Rettung, Heil) stammt aus den
Siebziger Jahren. Der amerikanische Psychiater Loren Mosher entwickelte und realisierte die
Idee einer wohngemeinschaftsähnlichen Einrichtung als alternativem Behandlungsprojekt
außerhalb einer Psychiatrischen Klinik. In der Soteria bemüht man sich um die Schaffung
einer kognitiv-affektiven Beruhigung und Ausgeglichenheit. Die Mitarbeiter und Bewohner
gestalten ihre Beziehung gleichwertig, es gibt wenig Rollendifferenzierung und wenig
Hierarchie.. Es soll eine Ersatzfamilie auf Zeit geschaffen werden. Eine personelle und
konzeptuelle Kontinuität ist für die Bewohner und ihre Angehörigen wichtig, da dies in einer
meist angstbesetzten Psychose mehr zur Beruhigung beiträgt als ein Aufenthalt auf
Akutstationen mit häufig wechselnden Bezugspersonen und Behandlungsvorstellungen.
Wichtig sind die gemeinsame Entwicklung konkreter Behandlungsziele und das
alltagsorientierte Leben und Lernen in der Gemeinschaft.
Dr. Wassili Hinüber, Gangelter Einrichtungen, Bruchstr. 6, 52538 Gangelt, 02454-590,
[email protected]
15
Bindungsaspekte in der stationären Jugendhilfe - Lernen aus der
Erfahrung ehemaliger Kinderdorfkinder
Klaus Esser, Leiter des Bethanien Kinder- und Jugenddorfes Schwalmtal
Die stationäre Jugendhilfe nimmt Kinder und Jugendliche auf, die – für kurze oder längere
Zeit - nicht bei ihren primären Bindungspersonen aufwachsen können. Viele von ihnen haben
schon eine ganze Reihe von Bindungsabbrüchen erlebt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
der stationären Jugendhilfe arbeiten in einer hochkomplexen Situation. Die aufgenommenen
Kinder und Jugendlichen weisen auf der einen Seite in vielen Fällen Bindungsstörungen in
sehr unterschiedlichen Ausprägungen auf. Zugleich sind sie Kinder und Jugendliche mit
einem erheblichen Bindungsbedürfnis. Der Auftrag an die Jugendhilfe ist anspruchsvoll. Die
Schäden aus enttäuschten und irritierten Bindungssituationen sollen möglichst behoben,
bestehende Bindungsbeziehungen sollen erhalten und verbessert werden, neue korrigierende
Bindungsbeziehungen sollen aufgebaut werden ohne Loyalitätskonflikte zu erzeugen. Gelingt
es der stationären Jugendhilfe, diese Anforderungen zu erfüllen? Wie bewerten ehemalige
Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen ihre Erfahrungen? Welchen Anteil haben
Bindungsangebote am Gelingen der stationären Hilfe? Geben die Erfahrungen der ehemaligen
Heim- und Kinderdorfkinder Hinweise auf heutige Konzepte und Settings?
Der Referent ist langjährig in der stationären Jugendhilfe tätig. Er hat zusammen mit anderen
Jugendhilfeeinrichtungen
eine
Befragung
ehemaliger
Heim-
und
Kinderdorfkinder
durchgeführt. Die Ergebnisse der Befragung werden dargestellt. Die Implikationen für
Jugendhilfeeinrichtungen, Anforderungen an Settings, Mitarbeiterkompetenz und Konzepte,
die sich daraus ergeben, werden vorgestellt und zur Diskussion gestellt.
Literatur:
Dr. Klaus Esser, Bethanien-Kinderdorf, Ungerather Str. 1-15, 41366 Schwalmtal,
02163/4902-330, [email protected]
16
Verarbeitung traumatischer Erfahrungen von Pflegekindern
Julia Düvel
In Deutschland befinden sich etwa 50.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in einem
Vollzeitpflegeverhältnis nach § 33 SGB VIII. Die Mehrzahl von ihnen war vor ihrer
Fremdunterbringung potentiell traumatisierenden Erfahrungen in ihrer Herkunftsfamilie
ausgesetzt. Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch haben in der Regel komplexe
Auswirkungen auf die gesamte Entwicklung des Kindes, die häufig über die klassischen
Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung hinausgehen. Aufgrund ihrer
Beziehungsabhängigkeit
können
sich
innerfamiliäre
Traumatisierungen
besonders
zerstörerisch auf das Bindungsverhalten des Kindes auswirken. Unter allen Hilfen zur
Erziehung greift die Vollzeitpflege am stärksten in die Bindungsentwicklung und -dynamik
des Kindes ein. Ausgehend davon behandelt dieser Beitrag die Frage nach den
Entwicklungschancen von Kindern in Vollzeitpflege:
• Kann sich ein Kind mit derartig negativen Beziehungserfahrungen erneut auf eine emotional
bedeutsame Eltern-Kind-Beziehung einlassen?
• Wie verläuft der Prozess des Bindungsaufbaus zwischen Pflegekind und Pflegeeltern?
• Welche Chancen bietet ein Vollzeitpflegeverhältnis hinsichtlich der Bearbeitung
traumatischer Erfahrungen und welche Voraussetzungen bedarf es hierfür?
Julia Düvel, Klinisch-therapeutische Soziale Arbeit (M.A.), Aachen, [email protected]
17
Wie Bindung uns bewegt und bildet – eine kinematische Erfassung des
Explorationsverhaltens von Kindern in Zusammenhang mit ihrem
Bindungsmuster
Birthe Assmann
Die Beziehung eines Kindes zu seiner Bezugsperson, sein Bindungsmuster, beeinflusst
maßgeblich die Qualität seines Explorationsverhaltens, welches die Voraussetzung für Lernen
und Bildung darstellt. Bildung wird als ein sich selbstorganisierender, selbstbildender Prozess
aufgefasst und aus der embryonalen Entwicklung des Kindes, in welcher die Bildung eines
Embryos, Fötus und Babys als Entstehungs- und Wachstumsprozess verstanden wird,
hergeleitet.
Auf diesem verkörperten Ansatz aufbauend wird ein kinematisches (bewegungsanalytisches)
Forschungsprojekt vorgestellt, das zeigt, wie der Bindungstyp von Kindern ihr Bewegungsund Explorationsverhalten beeinflusst. Eine kinematische Analyse des Explorationsverhaltens
von Kleinkindern im Raum in einem Längsschnitt zwischen 6-18 Monaten zeigt, wie das
Bindungsmuster von Kindern ihr motorisches Verhalten beeinflusst und dies mit
kinematischen Parametern sichtbar gemacht werden kann. Es werden Aspekte der
sensomotorischen Integration, der Orientierung in Raum und Zeit, der natürlichen
Spontaneität versus Angepasstheit und Zielgerichtetheit, so wie von Autonomie und
Beziehungsorientierung kinematisch erfasst und in Bezug zum Beziehungsmuster des Kindes
gesetzt. Als Abschluss werden der Beziehungsaspekt in der Psychomotorik und
Möglichkeiten
der
psychomotorischen
Entwicklungsförderung
bezüglich
der
Bindungsqualität betrachtet.
Dr. Birthe Assmann, Institut für Humanbiologie, Freie Universität Berlin; Niedersächsisches
Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung, Osnabrück
18
Bindungsaspekte von Unterstützungsangeboten im ersten Lebensjahr
Kerstin Stich
Bei jungen Familien als Adressaten Früher Hilfen besteht ein erhöhtes Risiko einer
unsicherdesorganisierten Bindung, welche die psychosoziale Entwicklung des Kindes
gefährdet. Daher sollte eine ausreichende Bindungssicherheit durch die Förderung der
mütterlichen Feinfühligkeit im Rahmen einer unterstützenden Hilfebeziehung zentrales Ziel
Früher Hilfen sein. Ziel der vorgestellten Studie war es, die Qualität der Hilfebeziehung unter
Berücksichtigung des Bindungshintergrundes von Helferin und Klientin, sowie deren
Auswirkung auf die Wirksamkeit Früher Hilfen zu untersuchen. Adressiert wurden
risikobelastete Mutter-Kind-Dyaden im 1. Lebensjahr, die Präventionsangebote bzw. Hilfen
zur Erziehung in Anspruch nahmen. Bindungsdiagnostische Instrumente wurden zu 3
Messzeitpunkten eingesetzt. Anhand von Fallbeispielen werden erste Ergebnisse präsentiert.
Es wird bestätigt, dass Qualität der Hilfebeziehung und Bindungshintergrund der Helferin die
Wirksamkeit Früher Hilfen beeinflussen. Eine gute Hilfebeziehung kann zur Unterbrechung
der transgenerationalen Weitergabe desorganisierter Bindungsmuster beitragen. Weitere
bindungstheoretisch fundierte Untersuchungen im Kontext Früher Hilfen sowie die
Integration von Bindungswissen in die Ausbildung von SozialarbeiterInnen sind notwendig.
Dipl. Päd. Kerstin Stich, Universität zu Köln, Pannhauser Straße 22, 52070 Aachen, 0241
41202111, [email protected]
19
Die anthropologische und ethische Dimension der Bindungsorientierung
Joachim Söder
Der breite Hauptstrom der neuzeitlichen Reflexion über den Menschen ist geprägt von der
Vorstellung eines sich selbst genügenden, monadischen Individuums. Diese meist
unhinterfragte Vorentscheidung liegt nicht nur der heute weltweit dominierenden
utilitaristischen Ethik zugrunde, sondern beeinflusst die Organisationformen unserer
Lebenswelt, der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Politik oft bis in Details. Neben seinen
unbezweifelbaren Freiheitspotentialen treten aber die sozialen Kosten dieses Modells immer
stärker zutage.
Die Bindungsorientierung hingegen macht darauf aufmerksam, dass die individuelle
Entfaltung des Menschseins zutiefst von der Interaktion mit anderen Menschen bestimmt ist.
Nicht das isolierte Subjekt ist letzter Baustein der Wirklichkeit, sondern erst im dialektischen
Prozess der Bindung formiert sich gelingende Subjektivität.
Dieser empirisch abgesicherte Befund hat Auswirkungen auf unser Menschenbild, er
impliziert aber zugleich ethische und politische Folgerungen, wie wir unser Zusammenleben
menschenangemessen gestalten sollten.
Prof. Dr. Joachim Söder, Katholische Hochschule NRW, Abteilung Aachen, Robert-SchumanStr. 25, 52066 Aachen, 0241/60003-28, [email protected]
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