Wohnungslosigkeit und Wohnungslosenhilfe in Salzburg 2011 Bedarfslage wohnungsloser SalzburgerInnen, Wirkungsanalyse der Salzburger Wohnungslosenhilfe, Maßnahmenempfehlungen Heinz Schoibl, Salzburg April 2011 2 Wohnungslosigkeit und Wohnungslosenhilfe im Bundesland Salzburg Heinz Schoibl – Forschung und Beratung, Salzburg Im Auftrag von: Land Salzburg, Abteilung für Soziales Land Salzburg, Abteilung für Wohnen Verband gemeinnütziger Wohnbauträger, Landesstelle Salzburg Dieser Bericht wurde auf der Grundlage der quantitativen Basis der jährlichen Wohnungslosenerhebungen des Forums Wohnungslosenhilfe Salzburg und mit aktiver Unterstützung durch die MitarbeiterInnen der Mitgliedseinrichtungen des Forums erarbeitet. Für Unterstützung und konstruktive Kritik möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken. 3 4 Gliederung Vorwort I. 7 Quantitative Aspekte der Wohnungslosigkeit und der Wohnungslosenhilfe in Salzburg II. Qualitative Aspekte der Bedarfslage wohnungsloser SalzburgerInnen III. IV. 9 48 Wirkungsanalyse der Wohnungslosenhilfe in Salzburg und Maßnahmenempfehlungen 113 Anhang 124 5 6 Vorwort EINLEITUNG Die jährliche Wohnungslosenerhebung wird seit mehr als 10 Jahren vom Forum Wohnungslosenhilfe durchgeführt und stellt eine ausgezeichnete Datengrundlage für die Wohnungslosenhilfe auf der Ebene Salzburg – Stadt und Umgebung sicher. Damit lassen sich die Anzahl der bekannten Wohnungslosen (sichtbare Wohnungslosigkeit) sowie spezifische Verteilungsmuster nach Alter, Geschlecht, Art der aktuellen Wohnungslosigkeit respektive des akuten Wohnprekariats ablesen. Der mehrjährige Vergleich der Datenreihen und Verteilungsmuster gewährleistet zudem die Möglichkeit, Trends der Entwicklung von Wohnungslosigkeit sowie Verschiebungen in den Zielgruppen der Wohnungslosenhilfe (WLH) abzulesen. In den vergangenen fünfzehn Jahren stand das Forum WLH im Rahmen der Interpretation der jeweiligen Ergebnisse wiederholt vor Fragen, die auf der Grundlage dieser rein quantitativen Erhebungen nicht beantwortet werden konnten. Dabei handelte es sich vor allem um folgende Aspekte der Entwicklung der Wohnungslosigkeit in der Stadt Salzburg: Wie erklärt sich die Zunahme des Anteils der wohnungslosen Frauen in der Gesamtgruppe der erfassten Personen in Wohnungsnot? Warum nehmen immer mehr Frauen die Möglichkeit in Anspruch, bei Bekannten / Verwandten notdürftig unterzuschlüpfen, um ihre akute Wohnungslosigkeit zu überbrücken? Warum bleibt die Anzahl jener Personen, die akut wohnungslos sind und / oder überhaupt auf der Straße leben, trotz Weiterentwicklung der Angebote und Vorsorgen der WLH (Notschlafstellen, Beratung und Betreuung) über Jahre hinweg konstant hoch? Wie steht es um die verdeckte Wohnungslosigkeit von jungen Erwachsenen in extremer Wohnungsnot? Fragen wie diese waren der Anlass dafür, dass das Forum WLH die Durchführung dieser ergänzenden und vertiefenden qualitativen Studie initiierte. Im ersten Teil dieses Berichts (Teil A) werden die Daten und Ergebnisse der bisher vorliegenden quantitativen Erhebungen ausgewertet und in Bezug zu Daten und Ergebnisse der österreichweiten Armutsberichterstattung gesetzt. 7 Wohnungslosigkeit ist die letzte Stufe eines extremen Verarmungsprozesses. Die der Wohnungslosigkeit zu Grunde liegende sozioökonomische Krise einzelner Personen oder Familien führt zu einem radikalen Verlust von gesellschaftlicher Integration. Die Teilhabe wohnungsloser Menschen an der Gesellschaft schrumpft gegen Null. Zugleich mit dem eigenen Wohnraum gehen elementare Lebenschancen verloren, wie der gleichberechtigte Zugang zu Erwerbsarbeit und Existenzsicherheit, zu sozialen Kontakten und soziokulturellen Aktivitäten aller Art. Wohnungslosigkeit stellt in dieser Hinsicht eine besondere Form der Diskriminierung dar. Wohnungslose Menschen verlieren mit dem Verlust ihrer Wohnung auch ihren Status als gleichberechtigte Mitglieder dieser Gesellschaft. „Ohne Wohnung kommt ‚man/frau‘ buchstäblich um!“ (Vilem Flusser). In diesem Sinne stellt Wohnungslosigkeit eine äußerst komplexe und vielschichtige Problematik dar, die mit fortschreitender Dauer dazu führt, dass letztlich sämtliche Lebensbereiche belastet und in ihrer Qualität abgebaut werden. Die dem zweiten Abschnitt dieses Berichtes (Teil B) zugrundeliegenden Betreuungsdokumentationen belegen den Ausgangsbefund von Komplexität und kumulativer Problemlage und geben exemplarische Beispiele für die ausgesprochen negative Dynamik, die sich im Zuge einer Wohnungslosenkarriere nahezu zwangsläufig ergibt. Dieser Bericht wird abgerundet mit einer zusammenführenden Wirkungsanalyse der Wohnungslosenhilfe (Teil C), wie sie aktuell im Bundesland Salzburg strukturiert und ausgestattet ist, und schließt mit einem Ausblick auf konkrete Bedarfsstellungen und daran orientierten Maßnahmenempfehlungen. Im Anhang sind die aufbereiteten Unterlagen, Materialien und Tabellenbände zum vertiefenden Gegenlesen versammelt. 8 I. Quantitative Aspekte der Wohnungslosigkeit und der Wohnungslosenhilfe in Salzburg Detailgliederung 1. Bedarfsperspektiven der Wohnungslosigkeit in Salzburg 11 2. Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit im Ballungsraum Salzburg 19 2.1. Ausgewählte Details aus der Wohnungslosenerhebung 10/09 21 2.1.1 Geschlechterverteilung 22 2.1.3 Altersverteilung 25 2.1.3 Jung und wohnungslos 27 2.2. Wohnformen und (Über)Lebensstrategien wohnungsloser Menschen 29 2.3. Entwicklung der Wohnungslosigkeit im Ballungsraum Salzburg-Stadt; in Relation zu österreichweiten Daten 31 2.3.1 Substandard 32 2.3.2 Überbelag 34 2.3.3 Bedroht von Wohnraumverlust durch Delogierungsverfahren und Zwangsräumung 35 2.3.4 Haftentlassung in die Wohnungslosigkeit 37 2.3.5 Entlassung aus stationärer Betreuung in die Wohnungslosigkeit 39 2.3.6 Betreutes Wohnen und (teil-)stationäre Wohnbetreuung 40 2.3.7 Mittelfristig bis dauerhaft in unbetreuten (Billig-)Pensionen 42 2.3.8 Temporäre Unterkunft bei Bekannten / Verwandten 43 2.3.9 Nächteweise in Notunterkünften versorgt 45 2.3.10 Obdachlosigkeit / sleeping rough 46 9 10 Bedarfsperspektiven der 1. Wohnungslosigkeit in Salzburg Die Analyse des von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit betroffenen Klientels von Einrichtungen der kommunalen Wohlfahrtseinrichtungen, der sozialen Dienste sowie der Wohnungslosenhilfe, in Salzburg ergibt ein komplexes Bild. In der folgenden Zusammenfassung werden die zentralen Feststellungen und Kernaussagen vorgestellt und kurz erläutert. Wohnungslosigkeit bleibt über den Zeitraum der vergangenen Jahre auf einem hohen Niveau und stellt eine relevante Herausforderung an armuts- als auch wohnpolitische Vorsorgen dar. In den vergangenen Jahren konnte die jährliche Wohnungslosenerhebung im Sinne einer zielgruppenspezifischen Diversifizierung der Fragestellungen und einer systematischen Erschließung ergänzender Problembereiche (Wohnprekariat: Substandard und Überbelag; Problemgruppen: MigrantInnen und Jugendliche; Schnittstellen: soziale Dienste in Krankenhäusern, psychiatrischen Abteilungen und Gefangenenhaus etc.) weiterentwickelt werden. Trotz dieser Verbesserungen der Datengrundlagen ist festzustellen: die Wohnungslosenerhebung des Forums Wohnungslosenhilfe stellt tatsächlich keine Vollerhebung dar und kann weite Bereiche der verdeckten Wohnungslosigkeit nur ungenügend transparent machen die Erhebung beschränkt sich auf den engeren Bereich der Stadt Salzburg und der näheren Umgebung der Zusammenhang zwischen Armutsbelastung und Wohnversorgung in den ländlichen Regionen ib. der Bezirke im Innergebirg bleibt damit ungeklärt mit den Daten der jährlichen Erhebung können letztlich keinerlei Auskünfte über Ausmaß, Intensität und zielgruppenspezifische Aspekte des Problemtransfers aus dem ländlichen Raum in den städtischen Kontext gewährleistet werden die Schnittstelle zwischen sozialen Einrichtungen einerseits und den Angeboten der Wohnungswirtschaft, ib. der gemeinnützigen Wohnbauträger, kann nur unzureichend abgebildet werden. 11 Hohes Niveau des Monitorings von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit trotz fehlender struktureller Grundlagen und ausreichender Ressourcen Über die Jahre hinweg sind Trends in der Zusammensetzung des Klientels der WLH und zielgruppenspezifische Verschiebungen sichtbar geworden, ohne dass es jedoch im Detail möglich war, den Hintergrund dieser Entwicklungen zu erschließen bzw. Fragen nach den Ursachen zu beantworten. Diese Einschränkung der Aussagekraft ist wesentlich auf strukturelle Besonderheiten der Wohnungslosenerhebung zurückzuführen: die Teilnahme an der WL-Erhebung ist nicht formell begründet sondern beruht ausschließlich auf dem freiwilligen Engagement der MitarbeiterInnen in den teilnehmenden Einrichtungen der Grad der Vollständigkeit der WL-Erhebung ist abhängig von der Intensität und Qualität der bereichsübergreifenden Vernetzung der Sozialeinrichtungen nachdem die Sozialeinrichtungen in den ländlichen Regionen Salzburgs nicht in die wesentlich auf den städtischen Raum fokussierten Vernetzungsstrukturen eingebunden sind, bleibt auch die Wohnungsnot / Wohnungslosigkeit in den ländlichen Regionen Salzburgs durchgängig ausgeklammert Personalfluktuationen an den Schnittstellen zu den Sozialdiensten von Krankenhäusern, Psychiatrie, Beratungseinrichtungen für MigrantInnen etc. führen demgemäß zu Schwankungen in der Erfassung von KlientInnen aus diesen Bereichen behördliche Einrichtungen wie etwa die Sozialämter der Stadt Salzburg respektive der Bezirkshauptmannschaften konnten mangels Ressourcen, unzureichend gewährleisteter Einbindung in die vorhandenen Vernetzungsstrukturen und aufgrund eines fehlenden Auftrags bis dato nicht an der WL-Erhebung teilnehmen. Für die Durchführung der jährlichen WL-Erhebung kann das Forum WLH ausschließlich auf Ressourcen zurückgreifen, die von den beteiligten Einrichtungen bereit gestellt werden. Somit war es in den vergangenen Jahren auch notwendig, die Aufwände für die Erhebung sowie für die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse so aufwandsneutral als möglich zu halten. Eine in spezifischen Fragestellungen erforderliche Nachbesserung der quantitativen Grundlagen (Nachtelefonieren, Hilfestellung bei der Beibringung von Fallmeldungen aus Bereichen mit rückläufiger Teilnahme an der Erhebung etc.) sowie qualitative Vertiefungen und Ergänzungen der Fragebogenerhebung konnten bis dato bestenfalls ansatzweise eingelöst werden. 12 Die Klientel im Einzugsbereich der WLH ist ausgesprochen heterogen. Unterschiedliche Teilgruppen der von Wohnungsnot, prekärer Wohnversorgung bzw. Wohnungslosigkeit betroffenen SalzburgerInnen zeichnen sich durch jeweils verschiedene Profile bzgl. der Ursachen von Wohnungslosigkeit aus. Je nach Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund sind zudem unterschiedliche Strategien zur Bewältigung von Wohnungsnot bis Wohnungslosigkeit festzustellen: Männliche Wohnungslose dominieren in den klassischen Angebotsbereichen der WLH und sind in den Notschlafstellen aber auch in den unbetreuten Pensionen überrepräsentiert; ihr Anteil geht in den Kontexten der (stationären) Wohnbetreuung deutlich zurück Weibliche Wohnungslose sind deutlich jünger und ib. in prekären Wohnformen, allem voran in der verdeckten Wohnungslosigkeit, zu finden. Während Frauen in den Problembereichen der akuten Obdachlosigkeit, der prekären Unterbringung in unbetreuten Pensionen sowie hinsichtlich der Nutzung von Nächtigungsangeboten in Notschlafstellen deutlich unterrepräsentiert sind, bleibt ein übergroßer Teil des weiblichen Klientels in tendenziell unzureichend erfassten informellen Bewältigungsstrategien (temporäre Unterkunft bei Bekannten / Verwandten) ohne wohnrechtliche Absicherung vom Goodwill ihres sozialen Netzes abhängig Auffällig ist weiters der hohe Anteil, der auf jüngere Altersgruppen entfällt. Das betrifft insbesondere die große Anzahl mitziehender minderjähriger Personen, die von der Wohnungslosigkeit bzw. prekären Wohnversorgung ihrer Familien betroffen sind und z.B. in überbelegten Wohnungen mit denkbar schlechten Aufwachsbedingungen konfrontiert sind Demgegenüber ist eine kleine aber nennenswerte Gruppe von minderjährigen Personen festzustellen, die unmittelbar von Wohnungslosigkeit betroffen sind. Ein großer Anteil der alleinstehenden Minderjährigen in Wohnungsnot nutzt die Angebote betreuter Wohnformen respektive der Notschlafstelle für Jugendliche Alarmierend hoch fällt der Anteil der jungen Erwachsenen (jünger als 29 Jahre) aus, ib. bei den weiblichen KlientInnen im Umfeld der WLH. Zumal in dieser Lebensphase Aufgaben der Festigung beruflicher sowie familiärer Perspektiven anstehen, können existenzielle Notlagen, wie etwa Wohnungslosigkeit, zu nachhaltigen Beeinträchtigungen der künftigen Lebenschancen dieser Personen führen. 13 Die Gruppe der InländerInnen trägt die quantitative Hauptlast der Wohnungsnot / Wohnungslosigkeit in Salzburg. Allerdings ist festzustellen, dass die NichtÖsterreicherInnen in Relation zum ihrem Anteil in der Salzburger Bevölkerung deutlich überrepräsentiert sind Es sind vor allem viele Dritt-Staaten-Angehörige / ArbeitsmigrantInnen, die im Rahmen der WL-Erhebung als wohnungslos erfasst wurden. Auffällig viele wohnungslose Frauen mit Migrationshintergrund leben unter sehr prekären Wohnverhältnissen (Substandard und Überbelag). Gleichermaßen Männer wie Frauen sind zudem häufig temporär bei Bekannten untergekommen. Demgegenüber fallen andere Bewältigungsstrategien (Nutzung von Notschlafstellen oder betreuten Wohnangeboten) bei den wohnungslosen ArbeitsmigrantInnen kaum ins Gewicht. Wohnungslose EU-AusländerInnen verteilen sich relativ ausgewogen über die verschiedenen Bewältigungsformen. Auffällig ist jedoch, dass diese Personengruppe in den Untergruppen der obdachlosen Personen (sleeping rough) sowie der NutzerInnen von Nächtigungsangeboten in Notschlafstellen erheblich überrepräsentiert ist. AsylwerberInnen bilden mit einem Anteil von 4% die kleinste Untergruppe im erfassten Klientel. In Hinblick auf Problemstellungen oder Bewältigungsformen lassen sich aufgrund der kleinen Gesamtzahl keine signifikanten Besonderheiten feststellen. Akute Wohnungslosigkeit, Obdachlosigkeit und ‚sleeping rough‘ bewegt sich über die Jahre hinweg auf konstant hohem Niveau Über die Jahre hinweg, seit das Forum WLH die jährlichen WL-Erhebungen durchführt, kann festgestellt werden, dass die Anzahl obdachloser Personen in Salzburg weitgehend konstant bleibt. Der Ausbau der WLH-Vorsorgen und ib. die Differenzierung in ergänzende Nächtigungsangebote war bis dato offensichtlich nicht ausreichend, um diese extreme Form von Armut und sozialer Ausgrenzung wirkungsvoll und nachhaltig zu bekämpfen. Die obdachlosen Personen in Salzburg sind überwiegend männlich. Der Frauenanteil liegt in dieser Gruppe mit 11% ausgesprochen niedrig. Betroffen von akuter Wohnungslosigkeit sind hauptsächlich InländerInnen sowie – deutlich überdurchschnittlich – EU-AusländerInnen. Jede/r siebte Obdachlose in Salzburg kommt aus einem anderen EU-Land. 14 Die Nutzung von Nächtigungsangeboten in Notschlafstellen nimmt im Jahresvergleich deutlich ab Auch in dieser Untergruppe sind männliche Klienten (überwiegend handelt es sich dabei um männliche Inländer) deutlich überproportional vertreten. Wesentlich erscheint somit die Feststellung, dass weibliche Wohnungslose offensichtlich informelle Bewältigungsstrategien bevorzugen. Der Schluss erscheint naheliegend, dass reine Nächtigungsangebote, in unmittelbarer Anbindung an eine Notschlafstelle für männliche Wohnungslose, an den Bedürfnissen von akut wohnungslosen Frauen vorbeigehen respektive keine ausreichende Akzeptanz findet. Auffällig ist weiter, dass die Anzahl der Notschlafstellennutzer in den vergangenen Jahren kontinuierlich abnimmt – möglicherweise ein Indiz dafür, dass die Fluktuation in diesem Versorgungssegment abnimmt respektive die Aufenthaltsdauer steigt. Temporärer Aufenthalt in unbetreuten (Billig)Pensionen: stabiler Verlauf auf relativ hohem Niveau Ein erheblicher Anteil des wohnungslosen Klientels in Salzburg findet temporär Unterschlupf in (Billig)Pensionen und informellen Herbergen, die sich wesentlich dadurch auszeichnen, dass sie einen betreuungsfreien Raum anbieten. Billig sind in den von Wohnungslosen zu erheblichen Anteilen genutzten Pensionen und Herbergen wohl in erster Linie die qualitativen Standards – sowohl bezüglich der Ausstattung der Räumlichkeiten, der gewährleisteten Privatsphäre als auch der Vorsorgen für eine individuelle Ansprache, Beratung und Betreuung. 15 Die Ergebnisse der WL-Erhebung machen auf Schnittstellenprobleme der WLH-Vorsorgen aufmerksam Wohnungslosigkeit ist nur zu oft die Folge von Problemen in unterschiedlichsten Aufgabenbereichen der sozialen Arbeit bzw. der psychosozialen und medizinischen Versorgung. So kann es etwa in der Folge einer Entlassung aus einem stationären Aufenthalt (Krankenhaus, Kur, Psychiatrie, Jugendwohlfahrt oder Haft) zu Problemen mit der anschließenden Wohnversorgung kommen. Die Salzburger WL-Erhebung liefert den Beleg dafür, dass eine nennenswerte Anzahl von Personen für die Zeit nach ihrer Entlassung aus einem stationären Aufenthalt auf unterschiedlichste Formen des Wohnprekariats verwiesen bzw. von akuter Wohnungslosigkeit bedroht ist, wenn im Rahmen der Entlassungsvorsorgen keine adäquate Wohnversorgung gewährleistet werden kann. Insbesondere stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie an der Schnittstelle dieser stationären Einrichtungen zu den Angeboten der WLH die Zusammenarbeit funktioniert, ob z.B. die zur Entlassung anstehenden Personen entweder nachbetreut oder bereits vor der Entlassung von MitarbeiterInnen der WLH auf die Zeit nach ihrer Entlassung vorbereitet werden können. Substandard, Überbelag und ungesicherte Wohnversorgung betreffen ein Vielfaches der wohnungslosen Klientel im engeren Sinn Wohnungsnot im Sinne von prekärer Wohnversorgung, Substandard, Überbelag, unzureichender oder fehlender rechtlicher Absicherung, überteuerter bzw. nicht leistbarer Unterkunft, zeitlicher Befristung der Wohnverhältnisse, Überteuerung der Wohnkosten etc. stellt die Wohnungslosigkeit im engeren Sinn bei weitem in den Schatten. Insbesondere der Datenvergleich zwischen WL-Erhebung und Dringlichkeitsmeldungen des Wohnungsamtes der Stadt Salzburg verweist ganz deutlich auf die Tatsache, dass die ‚einfache‘ Wohnungsnot für die WLH offensichtlich nur in Ausnahmefällen ein Thema ist. 16 Wohnungsnot und Armut stehen in einem engen Zusammenhang, ein übergroßer Anteil der Armutsbevölkerung ist mit Problemen der Wohnversorgung konfrontiert: Wohnkosten übersteigen 25% des Haushaltseinkommens; Überbelag, Substandard und fehlende Wohnsicherheit betreffen einen großen Teil der Armutshaushalte. Demgegenüber bleibt die WLH insbesondere jenen Personen verpflichtet, die aufgrund von kumulierter Armut und sozialer Ausgrenzung auch in Hinblick auf ihre Wohnversorgung benachteiligt sind / werden. Gleichermaßen wird jedoch evident, dass der Frage der Vermittlung von geeigneten und leistbaren Wohnungen einerseits sowie von bedarfsorientierten Angeboten der sozialen Arbeit andererseits für beide Zielgruppen der Armutsbekämpfung eine herausragende Bedeutung zukommt. Ambulant betreutes Wohnen & Angebote der (teil)stationären Betreuung kommen nur wenigen wohnungslosen Menschen zugute In der aktuellen Situation der WLH in Salzburg stellen Angebote des betreuten Wohnens, sei es nun in heimförmigen Strukturen oder als ambulante und nachgehende Betreuung in selbstständigen Wohn- und Lebensformen, eine wichtige Übergangsphase in der Bewältigung von Wohnungsnot bzw. Wohnungslosigkeit dar. Vor diesem Zielhintergrund erscheint es allerdings nachgerade absurd, dass das quantitative Verhältnis zwischen jenen Personengruppen ohne ausreichende oder adäquate Wohnversorgung (von Obdachlosigkeit, der Nutzung von Notschlafstellen bis hin zu prekären Wohnformen) und den wohnbetreuten Wohnungslosen sehr einseitig ausfällt. Lediglich etwa jede/r Fünfte der erfassten Wohnungslosen wird im Kontext der ambulanten bis (teil)stationären Wohnbetreuung wohnversorgt. Allem voran wird in diesen Ziffern ein erheblicher Bedarf nach räumlichen sowie personellen Ressourcen für die ambulante Wohnbetreuung und die begleitende Unterstützung im Rahmen der Rehabitation deutlich. 17 Prekäre Wohnformen und informelle Bewältigungsstrategien stellen hohe Anforderungen an die WLH Die Ergebnisse der WL-Erhebung legen den Schluss nahe, dass die WLH offensichtlich nur unzureichend in der Lage ist, potenzielle KlientInnen aus dem näheren und weiteren Umfeld akuter Wohnungslosigkeit zu erreichen; insbesondere Jugendliche und Frauen, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind, sind zu hohen Anteilen im Dunkelfeld versteckter Wohnungslosigkeit nur schwer von formellen Angeboten der WLH zu erreichen und nehmen damit ein erhebliches Risiko (Gewalt, Abhängigkeit etc.) in Kauf. Der dokumentierte kontinuierliche Anstieg der Anzahl der prekär wohnversorgten Personen belegt einen zunehmenden Bedarf nach niederschwelligen und nachgehenden Angeboten im Kontext der WLH, um die betroffenen Personen mit Information und Hilfestellung zu erreichen, diese Personen zum Einstieg in begleitende Unterstützungsformen zu motivieren und eine nachhaltige Bekämpfung ihrer akuten Wohnungslosigkeit einleiten zu können. Armut und Wohnungslosigkeit im ländlichen Raum kein Thema für die WLH? Praxiserfahrungen aus den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe weisen darauf hin, dass es infolge fehlender Angebote in den Landbezirken zu einem erheblichen Problemtransfer in den Ballungsraum Salzburg-Stadt kommt. Leider weist auch die WL-Erhebung einen blinden Fleck hinsichtlich der regionalen Reichweite auf und bildet letztlich ein Charakteristikum der WLH selbst ab: In den ländlichen Regionen Salzburgs gibt es mit Ausnahme der Kontakt- und Beratungsangebote der Delogierungsprävention keine spezifischen Angebote zur Bekämpfung und Bewältigung von Wohnungslosigkeit. Die Einrichtungen und Angebote für wohnungslose Menschen im Bundesland Salzburg sind zur Gänze in der Stadt Salzburg angesiedelt. Versuche in den vergangenen Jahren, auch in den anderen Bezirken Salzburgs einschlägige Angebote für Menschen in Wohnungsnot, prekärer Wohnversorgung und / oder Wohnungslosigkeit (Beratungsstellen, Tageszentren, Nächtigungsangebote etc.) aufzubauen, haben sich letztlich nicht etablieren können. 18 Wohnungsnot und 2. Wohnungslosigkeit in Salzburg Für den Oktober 2009 ergibt sich, einschließlich der Daten des Wohnungsamtes und des Bundesrechenzentrums, eine Gesamtzahl von insgesamt 4.405 Nennungen (inkl. Doppelnennungen) für Personen, die von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit betroffen waren. Diese Nennungen verteilen sich auf folgende Teilbereiche. WOHNUNGSNOT UND WOHNUNGSLOSIGKEIT IN SALZBURG, 10/09 obdachlos 57 80 89 152 304 Entlassung aus stationärem Aufenthalt unbetreute Pensionen 823 2900 (Übergangs)Einrichtungen der WLH Freunde / Bekannte Überbelag / Substandard delogierungsgefährdet In dieser Zusammenstellung (vgl. dazu Tabellen im Anhang) sind die Nennungen des Bundesrechenzentrums über laufende Delogierungsverfahren sowie des Wohnungsamtes der Stadt Salzburg über Dringlichkeitsfälle (Haushalte in Überbelag oder Substandard) inkludiert. Im Langzeitvergleich der Daten für den Ballungsraum Salzburg-Stadt lässt sich ein langsamer Anstieg quer durch alle Subgruppen gemäß Status, Geschlecht, Alter etc. feststellen. Zu berücksichtigen ist hier jedoch, dass es im Verlauf der jährlichen Erhebungen gelungen ist, die Reichweite der Erhebung deutlich auszubauen, wodurch ein Teil dieses Zuwachses somit mit methodischen Aspekten zu erklären sein dürfte. 19 MINDERJÄHRIGE IN WOHNUNGSNOT / WOHNUNGSLOSIGKEIT 53 87 unbegleitete Minderjährige (Erhebung Forum: Oktober2009) mitziehende Minderjährige (Erhebung Forum: Oktober2009) 598 Minderjährige in Haushalten mit prekärer Wohnversorgung (Erhebung Wohnungsamt: Jahresstatistik 2009) Bei dieser Aufstellung ist zu berücksichtigen, dass über die Zusammensetzung der Haushalte, die aktuell durch laufende Delogierungsverfahren in ihrer Wohnsicherheit erheblich bedroht sind, keine detaillierten Unterlagen vorliegen. In jedem Fall dürfte somit die Gesamtzahl der Minderjährigen in Wohnungsnot erheblich über der hier erfassten Gesamtzahl liegen. Bemerkenswert erscheint vor allem, dass Wohnungslosigkeit von minderjährigen Personen allem voran ein Problem jener Kinder und Jugendlichen ist, die von der Wohnungsnot / Wohnungslosigkeit / Gefährdung der Wohnversorgung mit betroffen sind, mit denen ihre Familien konfrontiert sind. Während jedoch die unbegleiteten Minderjährigen in Wohnungsnot auf eine eigenständige Hilfestruktur (Notschlafstelle und Tagesaufenthalt im exit7, Beratungsstelle und Tagesaufenthalt im BIVAK) zurückgreifen können, zeichnet sich die Hilfestruktur in Salzburg vor allem dadurch aus, dass es für minderjährige Angehörige von wohnungslosen Familien keine eigenständigen Vorsorgen gibt. In einer zielgruppenspezifischen WLH-Planung ist zudem die Tatsache zu berücksichtigen, dass in der WL-Erhebung eine erhebliche Anzahl von jungen Männern und Frauen (zwischen 18 und 29 Jahren) erfasst wird, die im Oktober des Vorjahres mit Wohnungsnot in ihren unterschiedlichen Ausprägungen konfrontiert waren. Es erscheint deshalb als erforderlich, die Vorsorgen für junge Menschen in Wohnungsnot systematisch zu evaluieren und unter Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse während der Adoleszenz und des ErwachsenWerdens zu überarbeiten. 20 2.1 Detailauswertung der Wohnungslosenerhebung 10/09 In der Folge werden die Daten über jene Personen genauer vorgestellt, die in der Wohnungslosenerhebung des Forums für den Zeitraum Oktober 2009 erfasst wurden. Das betrifft insgesamt 759 erwachsene und 53 unbegleitete minderjährige Personen, zusammen also 812 Personen in Wohnungsnot / Wohnungslosigkeit. WOHNUNGSLOSE ERWACHSENE / GEGLIEDERT NACH STAATSBÜRGERSCHAFT 29 132 41 557 InländerInnen EU-AusländerInnen Dritt-Staat-Angehörige AsylwerberInnen Wohnungslosigkeit betrifft zu einem hohen Ausmaß Personen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft. Mit einem Anteil von zusammen etwa 27% an der Population der SalzburgerInnen in Wohnungsnot bzw. Wohnungslosigkeit sind sie im Vergleich zum AusländerInnenanteil in Salzburg erheblich überrepräsentiert. In diesen Zahlen kommt offensichtlich zum Ausdruck, dass die ungleichen Voraussetzungen auf dem Wohnungsmarkt es Personen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft tendenziell erschweren, eine adäquate und leistbare Wohnversorgung auf Dauer zu sichern. Von dieser selektiven bis ausgrenzenden Wirkung der wohnrechtlichen Bestimmungen sind auch AsylwerberInnen betroffen, die mit Wohnungsnot und Wohnprekariat konfrontiert sind, wenn die Grundversorgung ausfällt. 21 2.1.1 Geschlechterverteilung in den einzelnen Untergruppen Der Anteil der Frauen ist insbesondere in den Untergruppen der Dritt-Staat-Angehörigen (45%) und der unbegleiteten Minderjährigen (41%) deutlich über dem Durchschnitt von knapp 30%. Demgegenüber sind die Frauen in den Untergruppen der EU-AusländerInnen (20%) und der AsylwerberInnen (23%) erheblich unterrepräsentiert. GESCHLECHTERVERHÄLTNISSE IN DEN EINZELNEN STATUSGRUPPEN 29.00% Gesamt 71.00% 41.00% unbegleitete Minderjährige 59.00% 23.00% AsylwerberInnen 77.00% 45.00% Dritt-Staat-Angehörige 55.00% 20.00% Eu-AusländerInnen 80.00% 25.00% InländerInnen 0% 75.00% 20% Frauen 40% 60% 80% 100% Männer Die Ergebnisse der Wohnungslosenerhebung in Salzburg unterstreichen mithin die bereits häufig beklagte Erfahrung von einschlägigen Hilfeeinrichtungen, dass Frauen in Wohnungsnot respektive Wohnungslosigkeit nur sehr schwer zu bewegen sind, professionelle Hilfeangebote in Anspruch zu nehmen. Diese Feststellung wird durch die Tatsache zusätzlich unterstrichen, dass die erfassten Frauen in Wohnungsnot zu einem erheblichen Anteil in der verdeckten Wohnungslosigkeit zu überleben versuchen. Viele von ihnen versuchen die Zeit ihrer akuten Wohnungsnot durch eine behelfsmäßige Unterkunft bei Bekannten oder Verwandten zu überbrücken – in der Hoffnung, dass sie in der Folge in der Lage sind, wieder eine adäquate Wohnform zu realisieren. Ob und in welcher Intensität sich diese Frauen dann an Einrichtungen des Hilfesystems wenden, um sich bei der Bewältigung ihrer Notlage und bei der Suche nach einer adäquaten und leistbaren Wohnung unterstützen zu lassen, hängt nach Meinung der MitarbeiterInnen in Beratungseinrichtungen für Frauen nicht zuletzt davon ab, inwieweit die vorgefundenen Hilfeangebote auch tatsächlich in der Lage sind, frauenspezifische Vorsorgen zu realisieren respektive spezifische Schutz- und Förderungsangebote zu gewährleisten. 22 FRAUEN IN WOHNUNGSNOT NACH STATUSGRUPPEN UND WOHNFORM 80 70 60 50 40 30 Inländerinnen EU-Bürgerinnen Migrantinnen 20 10 Asylwerberinnen unbegl. Minderjährige 0 Der differenzierte Blick auf die unterschiedlichen Überlebensformen der Frauen, differenziert nach ihrem fremdenrechtlichen Status, ergibt ein sehr auffälliges Bild. Betrachten wir zunächst die Wohnversorgung der erfassten Inländerinnen, so fällt auf, dass annähernd jede zweite Inländerin (48%) bei Freunden/Bekannten lebte und somit im Bereich der verdeckten Wohnungslosigkeit wohnversorgt war. Der zweite Rang im Ranking der Wohnversorgung von Inländerinnen in Wohnungsnot entfiel auf prekäre Wohnformen; etwa jede Sechste (17%) lebte im Überbelag bzw. Substandard. Den dritten Rang teilten sich unbetreute und betreute Wohnformen (jeweils 10%). Etwa jede zwölfte Inländerin (8%) steht nach einem stationären Aufenthalt (Psychiatrie / Kur oder Haft) vor der großen Unsicherheit, dass sie für die Zeit nach ihrer Entlassung über keine adäquate Wohnversorgung verfügt. Mehrheitlich handelt es sich dabei um Patientinnen der Psychiatrie. In den Kategorien der Nutzung von Notschlafstellen sowie akuter Wohnungslosigkeit (Obdachlosigkeit) fallen die erfassten Inländerinnen (wie auch in den anderen Untergruppen) beinahe gar nicht ins Gewicht (jeweils 3% der erfassten Inländerinnen). 23 In Hinblick auf die Wohnversorgung der Drittstaatangehörigen fällt auf, dass die Verteilung der Gastarbeiterinnen ein gänzlich anderes Profil aufweist. Zum überwiegenden Anteil finden sich diese in der Kategorie der prekären Wohnversorgung (39%). Jeweils jede Vierte (25%) konnte auf eine betreute Wohnform oder eine informelle Unterstützung durch Bekannte zurückgreifen. Einige wenige bewohnten ein Zimmer in einer unbetreuten Pension (7%). In den übrigen Kategorien finden sich jeweils nur ganz wenige oder überhaupt keine Migrantinnen (wie z.B. in den Notschlafstellen). Während EU-Bürgerinnen und Asylwerberinnen relativ gleichmäßig über die verschiedenen Kategorien verteilt sind, ist das Verteilungsbild bei den unbegleiteten Minderjährigen etwas eindeutiger. Betreute Wohnformen lagen bei der Untergruppe der unbegleiteten Mädchen mit einem Anteil von 36% deutlich an der Spitze, gefolgt von der Nutzung der Jugendnotschlafstelle Exit7 und / oder einer Unterkunft bei Bekannten (jeweils 20%). MÄNNER IN WOHNUNGSNOT NACH STATUSGRUPPEN UND WOHNFORM 250 200 150 Inländer 100 EU-Bürger Migranten 50 0 Asylwerber unbegl. Minderjährige Auch bei den wohnungslosen Männern sind es vor allem Inländer, die eine akute Wohnungslosigkeit durch eine (temporäre) Unterkunft bei Bekannten zu bewältigen suchen. Diese Teilgruppe bildet mit einem Anteil von 42% eine einsame Spitze in der oben vorgestellten Grafik. Allerdings liegt der Anteil, der auf die Wohnform bei Bekannten entfällt, bei der Untergruppe der männlichen Gastarbeiter noch um einiges höher. Mehr als die Hälfte 24 der männlichen wohnungslosen Migranten (53%) lebte im Oktober des Vorjahres in verdeckter Wohnungslosigkeit. Nennenswerte Größen entfallen bei den wohnungslosen Männern auch auf die Kategorien Wohnbetreuung (12%), Notschlafstellen (13%) und unbetreute Pensionen (10%). Deutlich abgeschlagen kommen bei den wohnungslosen Männern die Kategorien der Obdachlosigkeit (7%) und des Wohnprekariats (6%) zuunterst im bereichsspezifischen Ranking zu liegen. Von besonderer Bedeutung erscheint hier insbesondere die Tatsache, dass Obdachlosigkeit lediglich bei 7% der wohnungslosen Inländer festzustellen ist. Demgegenüber liegt der Anteil der Obdachlosigkeit bei den wohnungslosen EU-Bürgern mit 20% erheblich darüber. Dieses Ergebnis erscheint insofern von besonderer Bedeutung, zumal in der öffentlichen Meinung nahezu ausschließlich Obdachlosigkeit als besonders sichtbare Form der Wohnungslosigkeit Beachtung findet, während für andere Aspekte der Zusammensetzung des Problems Wohnungslosigkeit nur sehr schwer Aufmerksamkeit gefunden werden kann. Zweierlei erscheint mithin für die weiteren Bearbeitungsschritte von besonderer Relevanz. Das ist einmal die Frage, warum Obdachlosigkeit sich trotz eines sehr fortgeschrittenen Ausbaus der Hilfe- und Unterstützungsstrukturen auf einem relativ hohen Niveau hält, das auch im Mehrjahresvergleich stabil zu sein scheint. Weiters erscheint der Anteil der obdachlosen EU-Bürger eklatant hoch, womit sich im Wesentlichen die Frage nach der Zugänglichkeit der Hilfestrukturen für diese Statusgruppe mit großer Dringlichkeit stellt. 2.1.2 Altersverteilung der wohnungslosen InländerInnen Zu großen Anteilen sind die erfassten wohnungslosen Menschen jünger als 30 Jahre. Insgesamt 41 Frauen (29%) und 92 Männer (22%) sind jünger als 25 Jahre. Weitere 14% der Frauen und 11% der Männer entfallen auf die 25-29Jährigen. Wohnungslosigkeit und Wohnungsnot treten deutlich häufiger bei jüngeren Frauen (43% aller erfassten Frauen sind jünger als 30 Jahre) auf als in der Gruppe der Männer in Wohnungsnot, bei denen der Anteil der unter 30Jährigen lediglich bei 33% liegt. 25 ALTERSVERTEILUNG NACH GESCHLECHT, IN PROZENT 50 45 40 35 30 25 weiblich 20 männlich 15 10 5 0 18 - 29 30 - 39 40 - 49 50 59 60 plus Die Alterskurve flacht bei den Frauen ab dem Alter von 50 Jahren rasch ab. Etwa jede siebte Frau (16%) ist älter als 49 Jahre. Demgegenüber liegt der Anteil der wohnungslosen Männer in fortgeschrittenem Alter deutlich darüber. Etwa jeder vierte Mann (24%) gehört zur Altersgruppe der über 50Jährigen. Im Zehnjahresvergleich der Daten aus den Erhebungen des Forums (Oktober 1999 bis Oktober 2009) ergeben sich in Hinblick auf die Altersgruppen der jüngeren sowie der älteren Wohnungslosen keine nennenswerten oder eindeutigen Entwicklungen, die etwa als Trends der Problementwicklung interpretiert werden könnten. Vielfach kolportierte und veröffentlichte Meldungen, wonach die Wohnungslosen immer jünger werden (zuletzt etwa: Die Presse, 18.6.2010) können somit mit den Zahlen der Salzburger Langzeiterhebung nicht belegt werden. Unabhängig davon steht jedoch fest, dass Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit in einem erheblichen Ausmaß jungen Erwachsenen zum Problem werden. Diese Tatsache sollte insbesondere vor dem Hintergrund zu denken geben, dass damit die soziale, kulturelle und demokratische Teilhabe sondern darüber hinaus die je individuelle Positionierung im Erwerbsleben in Frage gestellt sind. Allem voran steht damit das gesamte Hilfesystem auch hinsichtlich der Aufgabe vor großen Anforderungen, einen potenziell angelegten Einstieg in eine Langzeitkarriere im gesellschaftlichen Abseits möglichst frühzeitig zu verhindern. Dies erscheint sowohl in menschlicher als auch in volkswirtschaftlicher Hinsicht von höchster Priorität. 26 2.1.3 Jung und wohnungslos Die Ergebnisse der Wohnungslosenerhebung im Oktober 2010 belegen, dass Jugendliche und junge Erwachsene einen hohen Anteil an den Wohnungslosen im Ballungsraum Salzburg-Stadt stellen. Das betrifft insbesondere eine hohe Anzahl von mitziehenden Minderjährigen (insgesamt sind 738 minderjährige Personen erfasst, die von Wohnungsnot / Wohnungslosigkeit betroffen waren). Es ist anzunehmen, dass viele dieser Personen in Beratungs- und Betreuungsvorsorgen aus angrenzenden Hilfesystemen (z.B. der Familienberatungsstellen) bekannt sind und jeweils nur ausnahmsweise in die Betreuungszuständigkeit von WLH-Einrichtungen fallen. Anders sieht es mit der Personengruppe der jungen Erwachsenen (18 bis 29 Jahre alt) aus. Mit einem Anteil von 43% der Frauen und 33% der Männer bilden diese Personen eine nennenswerte Untergruppe der wohnungslosen KlientInnen von WLH- sowie Einrichtungen aus angrenzenden Hilfebereichen. Die detaillierte Darstellung der WLH-Angebote in Salzburg (siehe dazu im Anhang) gibt jedoch keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob und inwieweit die Ausgestaltung der Angebotsschwerpunkte hinreichend auf zielgruppenspezifische Bedürfnisse und Anforderungen in der Betreuung von Jugendlichen / jungen Erwachsenen ausgerichtet ist. In jedem Fall ist offensichtlich, dass es einerseits keine Angebote gibt, die sich dezidiert der Personengruppe der jungen Erwachsenen annehmen. Mithin wird im Rahmen der weiteren Bearbeitungsschritte zu klären sein, ob und inwieweit sich innerhalb der aktuell realisierten (durchgängig altersgemischt genutzten) Beratungs- und Betreuungseinrichtungen andererseits dezidiert auf die Zielgruppe der jungen Erwachsenen abgestellte Ressourcen und Angebotssegmente finden bzw. ob damit der entsprechende Bedarf gedeckt werden kann. Leider sind die Daten über mitziehende Minderjährige in Haushalten, die im Wohnprekariat leben oder von laufenden Delogierungsverfahren in ihrer Wohnsicherheit erheblich belastet sind, hinsichtlich Geschlecht und Verteilung auf fremdenrechtliche Statusgruppen nicht differenziert bzw. überhaupt nicht adäquat ausgewiesen. Die nachstehende Grafik behilft sich dementsprechend z.T. mit Annäherungen bzw. Pauschalwerten, ergibt jedoch insgesamt gesehen einen eindrücklichen Hinweis darauf, dass Minderjährigen und jungen Erwachsenen in Wohnungsnot verstärkt und gezielt Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. 27 WOHNUNGSNOT UND WOHNUNGSLOSIGKEIT BEI MINDERJÄHRIGEN 800 700 600 500 400 300 725 598 200 100 0 53 87 198 28 2.2 Wohnformen und (Über)Lebensstrategien wohnungsloser Menschen Gemäß der international akkordierten Definition von Wohnungslosigkeit und Wohnprekariat (ETHOS) unterscheide ich im Folgenden nach den zentralen Kriterien der spezifischen Wohnund Unterbringungsformen, mit denen die im Rahmen der Wohnungslosenerhebung (10/2009) erfassten Personen konfrontiert waren. Hervorgehoben werden hier die Kriterien der Obdachlosigkeit und Nutzung von NächtigerInnenangeboten, des Aufenthalts in stationären Institutionen (Haft, Klinik etc.) und der bevorstehenden Entlassung mit ungesicherter Wohnperspektive, des temporären Aufenthalts in einer unbetreuten Pension, der Wohnbetreuung in einer Einrichtung der WLH, der übergangsweisen Nächtigung bei Bekannten / Verwandten und der Belastung durch Überbelag bzw. erheblichem Substandard. KLIENTEL DER WOHNUNGSLOSENHILFE – OKTOBER 2009 obdachlos (sleeping rough) 57 Out Reach / amb. WLH temporär in Notschlafstellen 64 NOST (Übergangs-)Einrichtungen der WLH 77 stationäre WLH Entlassung aus stationärer Verwahrung (Klinik, Haft etc.) 80 soziale Dienste an den Schnittstellen zur WLH unbetreute Pensionen / Herbergen 89 ambulante WLH bei Freunden / Bekannten 304 ambulante WLH wohnungslos ungenügend wohnversorgt Wohnungsämter / (Gesundheitsgefährdung / Überbelag) 8231 Wohnberatung potenziell wohnungslos / delogierungsgefährdet 2.900 Delogierungsprävention2 1 2 333 Dringlichkeitsfälle; hochgerechnet mit Durchschnittsbelag von 2,3 Personen pro Haushalt, sowie Ergebnisse aus der Erhebung des F-WLH; hoher Anteil von mitziehenden Minderjährigen! 1.261 Verfahren im Ballungsraum Salzburg-Stadt betreffen bei Ø 2,3 Personen pro Haushalt 2.900 betroffene Personen (Angaben zur Zusammensetzung der Haushalte fehlen, erfahrungsgemäß ist jedoch von einem hohen Anteil von minderjährigen Familienmitgliedern auszugehen!) 29 Ergänzt werden die Daten der Wohnungslosenerhebung vom Oktober 2009 hier durch die Daten des Wohnungsamtes zu den Dringlichkeitsfällen aufgrund von Überbelag und Substandard sowie mit den Daten des Bundesrechenzentrums über laufende Verfahren zur gerichtlichen Auflösung von Wohnverhältnissen (jeweils hochgerechnet auf die Anzahl der Haushaltsmitglieder). Die Grafik versucht insbesondere den Blick auf die Zugangsbereiche in Wohnungslosigkeit und Wohnprekariat zu fokussieren und verdeutlicht mithin auch den engen Zusammenhang zwischen Armutsverhältnissen und Einschränkungen der Wohnversorgung respektive spezifischen Risiken, wohnungslos zu werden. Zugleich damit wird jedoch auch deutlich, dass die WLH im engeren Sinn mit ihren unterschiedlichen Hilfe- und Unterstützungsangeboten einen (zwar wichtigen jedoch) insgesamt gesehen kleinen Ausschnitt aus dem breiteren Umfeld der Belastung durch unzureichende bis fehlende Wohnversorgungssicherheit abzudecken vermag. Eine große Bedeutung kommt in jedem Fall der ambulanten Wohnungslosenhilfe zu, die über Notschlafstellen, Sozialberatungsstellen sowie nachgehende / aufsuchende Angebote einen erheblichen Anteil der wohnungslosen Personen im Ballungsraum Salzburg erreicht. Das betrifft gleichermaßen Personen, die in unbetreuten Pensionen und Herbergen leben, als auch eine große Anzahl von Personen, die Strategien der verdeckten Wohnungslosigkeit und eine temporäre Unterkunft bei Bekannten etc. den formellen Hilfeangeboten vorziehen, aber in mehr/minder intensivem Kontakt zur ambulanten WLH bzw. sozialen Diensten aus benachbarten Hilfebereichen stehen. Im Detail ist jedoch insbesondere in Frage zu stellen, ob die Schnittstelle zwischen verdeckter Wohnungslosigkeit und formellen Hilfeangeboten ausreichend und adäquat gestaltet ist: Wie wird mit den konkreten Risiken, die mit verdeckter Wohnungslosigkeit einhergehen, umgegangen? Welche Motive, Ängste und / oder Erwartungen sind dafür verantwortlich, dass Strategien der verdeckten Wohnungslosigkeit den formellen Angebote vorgezogen werden? Welche Hürden behindern / verhindern die Nutzung formeller Hilfeangebote? Wie ist es um Verweildauer und Fluktuation in der verdeckten Wohnungslosigkeit bestellt? Was bräuchte es aus Sicht der Betroffenen, um die Übergänge zwischen verdeckter und sichtbarer Wohnungslosigkeit bewältigen zu können? 30 2.3 Entwicklung von Wohnungsnot und -losigkeit in Salzburg, in Relation zu österreichweiten Daten Unterschiedliche Datenquellen (Volks- und Häuserzählung 2001, Aufstellungen und Berichte von Ministerien (Sicherheitsbericht, Gesundheitsbericht etc. sowie insbesondere die Haushaltserhebungen im Rahmen von EU-SILC, ausgeführt von Statistik Austria) gewährleisten einen quantitativen Überblick über Aspekte problematischer Wohnversorgung in Österreich und belegen den Zusammenhang zwischen Armut und Wohnungsnot sowie den Bedarf nach wohnspezifischen Unterstützungsangeboten, z.B. durch die WLH. ARMUTSRELEVANTE REFERENZDATEN IM ÜBERBLICK bedroht von WL betroffen von WL 1,018.000 -- von akuter Armut Betroffene in Österreich (EU-SILC 2008) 424.000 -- Überbelag (EU-SILC 2007; Stichtag) 606.000 -- inadäquater Wohnraum (EU-SILC 2007; Stichtag) 223.000 -- wohnhaft in Einrichtungen für sozial Bedürftige (Volkszählung 2001; Stichtag; ÖSTAT, 2005) -- 4.214 Wohnbetreuung in Einrichtungen der WLH (BAWO 2009; Stichzeitraum) -- 5.000 Delogierungsverfahren, Räumungsexekutionen (Justizministerium 20063); jeweils hochgerechnet auf zwei erwachsene Haushaltsmitglieder 85.000 30.960 bedroht durch häusliche Gewalt / polizeiliche Intervention in Haushalten (Sicherheitsbericht 2004); hochgerechnet auf zwei erwachsene Haushaltsmitglieder / Frauen und Kinder in Frauenhäusern (2006) 37.000 3.143 8.471 3.811 Entlassung aus stationärer Betreuung (Psychiatrie etc.) k.A. k.A. temporär bei Bekannten / Verwandten k.A. k.A. nächteweise in Notunterkünften (BAWO 2009; im Jahr 20065) -- 1.150 obdachlos (BAWO 2009; im Jahr 20066) -- 1.100 Armutsgefährdung in Österreich (EU-SILC 2008) Haftentlassene4 (Sicherheitsbericht 2006) 3 4 5 6 Von im Jahr 2006 anhängigen insgesamt 42.514 gerichtlichen Verfahren zur Auflösung von Wohnverhältnissen wurden letztlich insgesamt 13.460 Verfahren als Räumungsexekutionen bei den Gerichten eingebracht (Anfragebeantwortung des Justizministeriums). Tatsächlich exekutiert wurden in der Folge 7.183 Räumungen. Für diese Hochrechnung wurde jedoch von der Zahl der Räumungsexekutionen ausgegangen: 13.460 Verfahren abzüglich 10% angenommener wohnfremder Nutzung x 2,3 Haushaltsmitglieder = 30.960. Schätzungsannahme: 45% der Haftentlassenen verfügen über keine geeignete Wohnung. Angaben ohne Wien, BAWO 2009, S. 94 Angaben ohne Wien und Steiermark; BAWO 2009, S. 93 31 Die armutsrelevanten Referenzdaten legen nahe, dass ein großer Teil der Armutsbevölkerung von weitreichenden Beeinträchtigungen ihrer Wohnversorgung (Überbelag, inadäquater Substandard, gerichtlicher Aufkündigung des Wohnverhältnisses bzw. bevorstehender Räumungsexekution) bis hin zu Wohnungslosigkeit (in einem weiteren Verständnis als der akuten Obdachlosigkeit) betroffen ist. Die entsprechenden Daten werden im folgenden Abschnitt den Ergebnissen aus der Salzburger Wohnungslosenerhebung gegenüber gestellt, um so eine Einschätzung der entsprechenden Risiken in Salzburg im nationalen Vergleich zu ermöglichen. 2.3.1 Wohnen im Substandard In Österreich gehören etwa 3,3% aller Mietwohnungen zur Kategorie der schlecht ausgestatteten Kategorie D Wohnungen – ohne WC / Wasserinstallation innerhalb der Wohnung (alle zusammen: 109.406 Wohnungen)7. Nach EU-SILC 20088 sind überproportional armutsgefährdete bzw. akut arme Haushalte von prekären Wohnverhältnissen betroffen. Betroffen von einer prekären Wohnsituation sind 28% der armutsgefährdeten und 30% der akut armen Haushalte. Diese sind von zwei oder mehr der folgenden Wohnprobleme betroffen: kein WC oder Badezimmer in der Wohnung Feuchtigkeit, Schimmelbildung dunkle Wohnräume keine Waschmaschine vorhanden 7 Stat. Nachrichten 8/2004, S. 774 8 BMASK 2010, S. 97 ff.; EU-SILC beruht auf einer Stichprobenerhebung und erlaubt keine regionale Differenzierung der Ergebnisse. 32 REGIONALE DIFFERENZIERUNG – SALZBURG Im Bundesland Salzburg entfallen gemäß der Gebäude- und Wohnungszählung aus dem Jahr 2001 insgesamt 1,1% der erfassten Wohnobjekte auf die Kategorie D (keine Wasserinstallation in der Wohnung) – mithin deutlich weniger als im österreichweiten Vergleich. Insgesamt lebten knapp 5.000 Menschen im Substandard. Der Bestand an alten und schlecht ausgestatteten Wohnungen ist in Salzburg in den vergangenen Jahrzehnten rapide zurückgegangen. Diese Tatsache kommt auch in der WL-Erhebung des Forums zum Ausdruck. WL-Erhebung 10/09: Differenziert nach Geschlecht und Statusgruppen ergibt sich für Salzburg eine Gesamtanzahl von 22 Personen, die in unzumutbaren Wohnungen leben. Substandard wurde im Rahmen der WL-Erhebungen des Forums erst im Jahr 2005 als eigene Kategorie mit aufgenommen. Die Verlaufsdarstellung seit 2005 ergibt folgenden Verlauf: unzumutbare Wohnung 40 35 30 25 20 15 10 5 0 2005 2006 2007 2008 2009 Unzumutbare Wohnverhältnisse betreffen überwiegend weibliche KlientInnen (7,6% der erfassten Frauen in Wohnungsnot lebten im Oktober 2009 im Substandard). Demgegenüber entfielen nur 1,9% der erfassten Männer auf diese Kategorie. Auch in den Daten des Wohnungsamtes kommt zum Ausdruck, dass unzumutbare Wohnverhältnisse in Salzburg eine eher untergeordnete Rolle spielen. Danach entfielen von den 333 Dringlichkeitsfällen, die den Kriterien für Wohnungslosigkeit / Wohnungsnot des Forums entsprachen, nur etwa 10% auf diese Kategorie; hochgerechnet etwa 80 Personen. 33 2.3.2 Wohnen in überbelegten Wohnungen Überbelag (zwei oder mehr Personen leben in einem Raum) betrifft viele Haushalte in Österreich und kann als Indiz für versteckte Wohnungslosigkeit interpretiert werden. Im Jahr 2008 lebten in Österreich rund 606.000 Menschen oder neun Prozent aller Personen in Mehrpersonenhaushalten in einer überbelegten Wohnsituation.9 Die SILC-Erhebung beruht auf einer für Österreich repräsentativen Stichprobe, erlaubt jedoch keine Differenzierung nach Ländern und einzelnen Städten. WL-Erhebung 10/09 Im Oktober 2009 wurden insgesamt 20 Personen (11 Frauen und 9 Männer) erfasst, die in überbelegten Wohnungen lebten. Auch hier wird mithin deutlich, dass in der Kategorie Überbelag die weiblichen KlientInnen klar überrepräsentiert sind. Der mehrjährige Vergleich zeigt folgenden Verlauf: Überbelag 30 25 20 15 10 5 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Daten des Wohnungsamtes Salzburg Von den 333 Dringlichkeitsfällen des Wohnungsamtes, die im Oktober 2009 vom Forum nach den Kriterien für Wohnungsnot / Wohnungslosigkeit erfasst wurden, entfielen etwa 90% auf die Kategorie Überbelag. 9 Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Armutsgefährdung in Österreich. Ergebnisse aus EU-SILC 2008, Wien 2010, S. 97ff. 34 2.3.4 Bedroht von Wohnraumverlust durch Delogierung Nachdem es über viele Jahre nicht möglich war, quantitative Evidenz über die gerichtlichen Räumungsverfahren sowie durchgeführte Exekutionen zu erhalten, stellt nun das Bundesrechenzentrum im Auftrag des BM:Justiz regelmäßig Daten über laufende Verfahren sowie durchgeführte Räumungsexekutionen in regionaler Differenzierung vor. Einschränkend ist hier anzumerken, dass diese Daten lediglich einen gesamthaften Überblick bieten. Weitergehende Differenzierungen über die tatsächliche Nutzung der betroffenen Wohnungen (etwa für Wohnzwecke, für gewerbliche Nutzung oder überhaupt Leerstand), über die Zusammensetzung der betroffenen Haushalte und spezifische Statusmerkmale der betroffenen Personen (Geschlecht, fremdenrechtlicher Status, Minderjährigkeit etc.) liegen aktuell noch nicht vor. Ebenso geben die Daten über die tatsächlichen Räumungsexekutionen keine Auskunft darüber, wie es um die Wohnversorgung der delogierten Personen bestellt ist. Im Jahr 2006 waren in Österreich insgesamt 42.514 Delogierungs- und Räumungsverfahren bei den Bezirks- und Arbeitsgerichten anhängig; insgesamt 13.460 Räumungen wurden tatsächlich exekutiert. Abzüglich eines geschätzten Anteiles für nicht wohngenutzten Bestand von etwa 10% bedeutet das, dass insgesamt 12.120 Haushalte respektive etwa 24.500 Personen vom Verlust ihres Wohnraumes betroffen waren. Die vorliegenden Zahlen verdeutlichen, dass ein hoher Anteil der Delogierungsverfahren im Bundesland Salzburg in der Landeshauptstadt Salzburg (63%) anfällt. Demgegenüber sind entsprechende Verfahren in den kleineren Bezirksstädten bzw. den ländlichen Regionen eher selten. In diesen Zahlen kommt eine Besonderheit des Salzburger Wohnungsmarktes zum Ausdruck, wonach Mietverhältnisse, um die es hier ja wesentlich geht, eher auf den städtischen Raum konzentriert sind. Im Verlauf der vergangenen 10 Jahre zeigt sich hinsichtlich der regionalen Verteilung sowie der anfallenden Gesamtzahlen bei den Anträgen auf Räumungsexekution eine leichte Zunahme der anfallenden Verfahren in den Bezirken Tennengau, Flachgau, Pongau und Pinzgau. Demgegenüber ist die Situation in der Landeshauptstadt Salzburg – auf einem hohen Niveau – sowie im Lungau – auf einem denkbar niedrigen Level – annähernd gleich geblieben. 35 ANTRÄGE AUF R Ä U M U N G S E X E K U T I O N , 2 0 0 1 - 2 0 0 9 10 800 700 600 500 400 300 200 100 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Salzburg Flachgau Pongau Tennengau Pinzgau Lungau 2008 2009 Bundesland Salzburg Die Hauptlast dieser Verfahren entfällt auf die Landeshauptstadt Salzburg (vgl. dazu die Tab. im Anhang), allerdings geht der Anteil der Stadt Salzburg am Gesamt aller Verfahren im Bundesland gemäß der Zunahme der Verfahren in den ländlichen Regionen Salzburg zurück. Der Blick auf die Entwicklung der Zwangsräumungen – als unmittelbares Ergebnis der Räumungsexekutionsverfahren – unterstreicht diesen Hinweis, wonach es im Verlauf der letzten zehn Jahre in der Frage der Delogierungsverfahren und Zwangsräumungen zu einer tendenziellen Verlagerung der Problemstellung gekommen ist. Die Anzahl der im Bundesland Salzburg angefallenen Zwangsräumungen ist im Verlauf der letzt fünf Jahre deutlich zurückgegangen. Dieser Rückgang ist nahezu zur Gänze der rückläufigen Entwicklung in der Landeshauptstadt Salzburg geschuldet, während die Landbezirke ihr eher niedriges Niveau an exekutierten Räumungen in etwa gehalten haben. 10 Aufstellung des Bundesrechenzentrums, Wien 2010 36 VOLLZOGENE ZWANGSRÄUMUNGEN IN S A L Z B U R G , 2 0 0 4 - 2 0 0 9 11 350 300 250 200 150 100 50 0 2004 2005 2006 2007 Salzburg Flachgau Tennengau Pongau Pinzgau Tamsweg 2008 2009 Bundesland Salzburg Etwa 14% der gerichtlichen Kündigungs-/Räumungsverfahren münden in eine Zwangsräumung. Dieser Wert liegt im Österreich weiten Vergleich ausgesprochen niedrig, was wohl zu einem wesentlichen Teil auf die positive Bilanz der Delogierungsberatung zurückzuführen sein dürfte. Zum Vergleich: Im Jahr 2006 wurden von der Fachstelle für Gefährdetenhilfe insgesamt 1.495 Haushalte brieflich kontaktiert, 937 Familien nahmen eine Erstberatung in Anspruch, eine erfolgreiche Intervention zur Wohnungssicherung konnte in 335 Fällen verzeichnet werden. 2.3.4 Haftentlassung in die Wohnungslosigkeit Zur Frage der Wohnversorgung von Haftentlassenen gibt es in Österreich leider keine verlässlichen Daten und Untersuchungen. Praxisberichte belegen, dass es für viele Haftentlassene ein großes Problem darstellt, eine erschwingliche Wohnung nach der Entlassung zu finden. Internationale Studien verweisen darauf, dass etwa 80% der Haftentlassenen von dieser Problematik betroffen bzw. überhaupt für die erste Zeit nach ihrer Entlassung wohnungslos sind. 11 Aufstellung des Bundesrechenzentrums, Wien 2010; Ziffern über vollzogene Zwangsräumungen werden erst seit 2004 zur Verfügung gestellt. 37 Über Art und Qualität der Wohnversorgung nach der Haft liegen in Österreich jedoch keine gesicherten Daten vor.12 Das betrifft insbesondere auch die Frage, in welches Bundesland sich die Haftentlassenen nach ihrer Entlassung begeben. Demgemäß liegen für die Stadt Salzburg keine gesicherten Angaben darüber vor, wie viele Personen sich jährlich in Salzburg niederzulassen versuchen. Eine Bedarfserhebung zu Armutsgefährdung und Wohnversorgung von KlientInnen der Haftentlassenenhilfe in der Stadt Salzburg13 zeigt demgegenüber, dass etwa 45% der Haftentlassenen (in Kontakt mit der Haftentlassenenhilfe / Neustart) für die Zeit nach der Entlassung über keine gesicherten Wohnverhältnisse verfügen bzw. auch nicht in der Lage sind, eine reguläre Wohnversorgung aus eigenem Vermögen sicherzustellen. Wohnungslosenerhebung 10/09 Im Oktober 2009 standen in den Salzburger Haftanstalten insgesamt 37 Personen vor ihrer Entlassung, ohne dass für die Zeit nach der Haft eine adäquate und leistbare Wohnversorgung gewährleistet war. Überwiegend waren davon Männer betroffen (86%). WOHNUNGSLOSIGKEIT VON HAFTENTLASSENEN: 2004 – 2009 haftentlassene InländerInnen 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Im Verlauf der Jahre 2004 bis 2006 ist ein deutlicher Rückgang der Anzahl der erfassten InländerInnen festzustellen, die vor einer Haftentlassung standen, ohne dass ein gesicherter Wohnraum zur Verfügung stand. Inzwischen ist diese Zahl in etwa gleich geblieben. 12 13 Der Sicherheitsbericht des Innenministeriums gibt lediglich die Gesamtzahl der Haftentlassenen in Österreich wieder, schweigt sich diesbezüglich jedoch zur Gänze aus. Bernhard Eisl, Armutsgefährdung nach der Haft, Salzburg 2001 38 2.3.5 Entlassung aus stationärer Betreuung in Wohnungslosigkeit Für den Bereich der Wohnungsversorgung nach der Entlassung aus stationärer Betreuung (nach Kuraufenthalten, Entwöhnungsbehandlungen, psychiatrischer Betreuung etc.) liegen in Österreich keine verlässlichen Untersuchungen vor. Über den Status der Wohnversorgung respektive über Fragen der Wohnungslosigkeit sind somit keine empirisch belegten Aussagen möglich. Dieses Thema wird im jüngsten vorliegenden Psychiatriebericht noch nicht einmal erwähnt. Wohnungslosenerhebung 10/09: Im Rahmen der Wohnungslosenerhebung im Oktober 2009 wurden insgesamt 42 Personen gemeldet, bei denen eine Entlassung in eine unsichere bzw. inadäquate Wohnversorgung bevorstand. WOHNUNGSLOSIGKEIT VON KUR-/PSYCHIATRIEENTLASSENEN: 2004 - 2009 InländerInnen vor Kur/Psychiatrieentlassung 35 30 25 20 15 10 5 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Differenziert nach Geschlecht und Statusgruppen zeigt sich, dass Wohnungslosigkeit bei der Entlassung aus einem therapeutischen stationären Aufenthalt überproportional häufig bei männlichen KlientInnen der Fall ist (83%). Nachdem in den vergangenen Jahren seit 2004 jeweils nur sehr wenige Personen festgestellt werden konnten, die nach einem stationären Kur- oder Therapieaufenthalt ohne geeignete Wohnversorgung vor der Entlassung standen, steigt in der WL-Erhebung vom Oktober 2009 die Zahl der Entlassenen ohne adäquate Wohnversorgung wieder deutlich an. 39 Anzumerken ist hier allerdings, dass es für die jahresspezifischen Schwankungen letztlich keine Erklärungen aus der Praxis der WLH-Einrichtungen gibt. Vielmehr dürften hier Erhebungsunschärfen, z.B. infolge eines Personalwechsels in den kooperierenden / respondierenden Einrichtungen, zum Ausdruck kommen. Im Detail wird auf Fragen wie diese in der qualitativen Vertiefung in den weiteren Arbeitsschritten noch näher einzugehen sein. 2.3.6 BETREUTES WOHNEN & (teil-)stationäre Wohnbetreuung Erstmalig wurden österreichweit in der Volkszählung 2001 nicht nur sämtliche Anstaltshaushalte erhoben, sondern auch differenzierte Daten zu den erfassten Kategorien von stationären Einrichtungen ausgewiesen14. Damit liegen für 2001 Stichtagsdaten über die Anzahl der Personen, unterschieden nach Alter und Geschlecht, vor, die zum Erhebungszeitpunkt 1.1.2001 in Einrichtungen für sozial Bedürftige / Wohnungslose überwiegend mit längerer zeitlicher Perspektive ihren Hauptwohnsitz angemeldet hatten. TAB.: STATIONÄRE WOHNUNGSLOSENHILFE UND SOZIALHEIME ETC. gesamt Gesamt abs. 4.214 Männlich in % 100% abs. 3.208 in % 76% weiblich abs. 1.006 in % 24% Im Jahr 2007 konnte im Rahmen einer BAWO-Studie der Bestand der WLH-Angebote in Österreich (BAWO-Studie 2009) und der wohnungslosen Personen in stationärer Wohnbetreuung erhoben werden. Leider konnten aus methodischen Gründen weder Doppelnennungen systematisch ausgefiltert noch angrenzende Versorgungsbereiche, die auch mit Problemen der Wohnversorgung bzw. der Wohnungslosigkeit ihrer KlientInnen befasst sind, umfassend in die Erhebung einbezogen werden. Auf Grund von Doppelnennungen und eingeschränkter Reichweite der Erhebung liegt sowohl eine systematische Überschätzung als auch eine erhebliche Unterschätzung der Größenordnung von Wohnbetreuung in der WLH vor. 14 STATISTIK AUSTRIA, Haushalte und Familien, Wien 2005, S. 67 40 Die Ergebnisse dieser Wohnungslosenerhebung stellen somit lediglich eine Annäherung an das tatsächliche Potenzial der WLH Österreichs dar: in stationärer bzw. ambulanter Wohnbetreuung standen Ende 2007 (Stichzeitraum 12/07) insgesamt 5.005 Personen; davon waren 704 Minderjährige; der Frauenanteil bei den erwachsenen KlientInnen betrug 32%. Nachdem es in dieser Erhebung nicht möglich war, Doppelnennungen systematisch auszuschließen, ist ein direkter Vergleich mit den Daten aus 2001, wonach es in den letzten Jahren zu einem Ausbau der Kapazität der stationären Wohnungslosenhilfe von bis zu 20% gekommen ist, nur als Annäherungswert zu verstehen. WL-Erhebung Salzburg: Im Oktober 2009 standen insgesamt 90 männliche und 48 weibliche aller erfassten KlientInnen in einer stationären Wohnbetreuung (inkl. den minderjährigen KlientInnen des Exit7). Der Frauenanteil von 35% liegt somit deutlich über dem Frauenanteil in der Gesamtzahl der erfassten wohnungslosen oder prekär wohnversorgten Personen in Salzburg von 29%. ZUM VERGLEICH: Bei der Untergruppe der erfassten erwachsenen InländerInnen liegt der Frauenanteil mit 25% noch einmal niedriger. Lediglich in den Untergruppen der MigrantInnen sowie der unbegleiteten Minderjährigen findet sich ein noch höherer Frauenanteil. Dieser liegt bei der Gruppe der ArbeitsmigrantInnen mit Dritt-Staatszugehörigkeit bei 45% und in der Gruppe der unbegleiteten Minderjährigen bei 42%. Unbegleitete Minderjährige Relativ groß ist in dieser Kategorie auch der Anteil der unbegleiteten Minderjährigen. Mit einem Gesamtscore von 33 Personen (einschließlich der KlientInnen des Exit7) liegt der Anteil der minderjährigen Personen in dieser Kategorie bei 24%. 41 INLÄNDERINNEN IN STATIONÄRER WOHNBETREUUNG, 2004 – 2009 wohnbetreute KientInnen 84 82 80 78 76 74 72 70 68 66 64 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Die Anzahl der Wohnbetreuungsplätze ist in Salzburg in den vergangenen Jahren weitgehend gleichgeblieben. Die Veränderungen in der Anzahl der wohnbetreuten InländerInnen im Verlauf der letzten 6 Jahre kann letztlich durch zweierlei Faktoren bedingt sein: Schwankungen in der Zusammensetzung des Klientels der Wohnbetreuung nach Statusgruppen unterschiedliche Fluktuation in dieser Kategorie und Schwankungen gemäß unterschiedlicher Anzahl von Doppelnennungen. 2.3.7 Mittelfristig bis dauerhaft in unbetreuten (Billig-) Pensionen Neben den speziell auf die Unterbringung bzw. Wohnbetreuung von wohnungslosen Menschen ausgerichteten ‘professionellen’ Einrichtungen finden sich viele wohnungslose Menschen, z.T. dauerhaft, in unbetreuten (Billig-)Pensionen – z.T. zu ausgesprochen unwürdigen Konditionen (Mehrbett-Zimmer, eingeschränkte hygienische Standards, keine Kochmöglichkeit, keine Privatsphäre etc.). Eine systematische Erhebung dieses Versorgungssegments liegt für Österreich leider nicht vor, so dass es derzeit auch nicht möglich ist, Anzahl und Zusammensetzung der unter solchen Bedingungen lebenden Menschen seriös zu schätzen. 42 WL-Erhebung 10/09: Die Wohnungslosenerhebung des Forums für 10/09 weist 89 Personen in prekärer Wohnversorgung in unbetreuten Pensionen aus. Jede Vierte (25%) ist eine Frau. IN UNBETREUTEN PENSIONEN, 2004 – 2009: InländerInnen in unbetreuten Pensionen 100 80 60 40 20 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 In dieser Kategorie zeigt sich ein weitgehend stabiler Verlauf auf einem durchweg hohen Niveau. Der Anteil der in dieser Form prekär wohnversorgten Menschen in der Gesamtgruppe der wohnungslosen Personen lag in den vergangenen Jahren jeweils bei ca. 11%. UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE PERSONEN: Die Unterbringung in unbetreuten Pensionszimmern spielt in der Untergruppe der unbegleiteten minderjährigen Personen kaum eine Rolle. Im Oktober 09 waren jeweils ein Mädchen und ein Junge in dieser äußerst prekären Wohnform erfasst. 2.3.8 Temporäre Unterkunft bei Bekannten / Verwandten Für Österreich liegen zu dieser Kategorien keinerlei systematisch erhobenen Daten vor. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kann angenommen werden, dass diese Personen jeweils den Daten zur Kategorie Überbelag zugeordnet wurden, ohne dass diese besonders prekäre Wohnform jedoch einer detaillierteren Analyse zugeführt wurde. Auch in der Wohnungslosenerhebung, die von der BAWO für die Jahre 2006 und 2007 durchgeführt wurde, war es nicht möglich, zu dieser Kategorie systematische Angaben und Zahlen zu erhalten. 43 WL-Erhebung 10/09 Die Wohnungslosenerhebungen des Forums Wohnungslosenhilfe weisen nach, dass diese sehr prekäre Wohnform für Menschen in Wohnungsnot / Wohnungslosigkeit eine eminent hohe Bedeutung im Sinne einer, wenn auch prekären, Strategie zur Bewältigung von Wohnungslosigkeit hat. So waren im Oktober 2009 insgesamt 346 Personen erfasst, die temporär bei Bekannten / Verwandten wohn(not)versorgt waren. Das entspricht einem Anteil von 41% an allen erfassten Personen in Wohnungsnot/Wohnungslosigkeit! Von den insgesamt 346 notdürftig bei Bekannten wohnversorgten Personen waren insgesamt 94 Frauen, das entspricht einem Anteil von 27%. UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE GESAMT: Insgesamt zwölf <18Jährige, davon fünf Mädchen lebten im Oktober 09 (zumindest zeitweise) bei Bekannten / Verwandten, um ihre akute Wohnungslosigkeit zu bewältigen. Das entspricht einem Anteil von 20% der erfassten Mädchen und 22% der erfassten Burschen. INLÄNDERINNEN TEMPORÄR BEI BEKANNTEN / VERWANDTEN, 2004 – 2009 InländerInnen, temporär bei Bekannten 300 250 200 150 100 50 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Der Mehrjahresvergleich belegt einen kontinuierlichen Anstieg der verdeckten Wohnungslosigkeit. Insbesondere ist hier auf den hohen Frauenanteil in den Subgruppen der wohnungslosen InländerInnen (36%) sowie bei den unbegleiteten Minderjährigen (42%) hinzuweisen. Verdeckt wohnungslose Frauen sind in der Subgruppe der wohnungslosen InländerInnen deutlich überrepräsentiert. 44 2.3.9 Nächteweise in Notunterkünften versorgt Über wohnungslose Personen, die nächteweise die Versorgungsangebote von Notschlafstellen etc. nutzen, liegen keine österreichweiten Daten vor. Auch die BAWO-Erhebung für die Jahre 2006 und 2007 weist zu dieser Frage erhebliche Leermeldungen auf, die eine Zusammenführung der Daten letztlich vereitelten, zumal Daten zur Nutzung von NächterInnenangeboten aus den großen Bundesländern Wien und Steiermark gänzlich fehlten. WL-Erhebung 10/09 Im Oktober 2009 haben insgesamt 79 Personen die Angebote der Salzburger Notschlafstellen (NOST für Frauen / Caritas; NOST für Männer / Caritas; NOST für Jugendliche / Caritas; Torwirt / SAG) genutzt. Unter diesen NutzerInnen waren insgesamt dreizehn Frauen (16%), die in dieser Subgruppe damit erheblich unterrepräsentiert sind. In der Verteilung der einzelnen Statusgruppen erscheint erwähnenswert, dass nach der Gruppe der InländerInnen mit einem Anteil von 69% als zweithäufigste NutzerInnengruppe Personen aus anderen EU-Ländern aufscheinen. Deren Anteil an den erwachsenen NächtigerInnen beträgt 18%. Demgegenüber nutzen MigrantInnen mit Dritt-StaatsAngehörigkeit (8%) sowie AsylwerberInnen (5%) die Angebote der Notschlafstellen lediglich in sehr bescheidenem Ausmaß. NUTZUNG VON NÄCHTIGUNGSANGEBOTEN IN DEN JAHREN 2004 – 2009 erwachsene InländerInnen, nächteweise in Notschlafstellen 70 60 50 40 30 20 10 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 45 Die Nutzung der Notschlafstellen (NOST für Männer und für Frauen der Caritas, Torwirt der SAG) geht über die Jahre 04 – 09 hinweg betrachtet kontinuierlich zurück. Diese Entwicklung legt die Vermutung nahe, dass sich in den vergangenen Jahren die Aufenthaltsdauer in den Notschlafstellen deutlich verlängert hat und damit die Frequenz in den Notschlafstellen aliquot zurückgegangen hat. Diese These wird in den weiteren Bearbeitungsschritte näher zu hinterfragen / überprüfen sein. 2.3.10 Obdachlosigkeit / sleeping rough Über Obdachlosigkeit, d.h. Aufenthalt und Nächtigung auf der Straße bzw. in Objekten, die nicht für den regulären Aufenthalt von Menschen gedacht sind (abgestellte Autos oder Eisenbahnwagons, Abbruchhäuser, Tiefgaragen etc.), liegen keine österreichweiten Zahlen vor. Auch die BAWO-Erhebung für die Jahre 2006 und 2007 weist diesbezüglich gravierende Lücken, ib. für das Bundesland Wien, auf und erlaubt demgemäß nur eine sehr unvollständige Schätzung. Danach lebten im Dezember 2007 insgesamt 1.100 ÖsterreicherInnen auf der Straße. Wohnungslosen-Erhebung 10/09 Im Oktober 2009 waren im Ballungsraum Salzburg-Stadt insgesamt 57 Personen obdachlos (‚sleeping rough‘). Das entspricht einem Anteil an allen erfassten wohnungslosen Personen von 7%. Gegenüber dem Vorjahr ist ein Rückgang der obdachlosen Personen um -17% zu verzeichnen. Dieser Rückgang ist ib. darauf zurückzuführen, dass im Jahr 2009 deutlich weniger obdachlose Männer erfasst wurden; von 61 obdachlosen Männern im Jahr 2008 auf 51 Personen ohne Obdach im Jahr 2009. Der Frauenanteil an den obdachlosen Personen belief sich im Jahr 2009 auf 11%. Dieser Anteil liegt damit erheblich unter dem Frauenanteil in der Gesamtgruppe der erfassten Personen in Wohnungsnot / -losigkeit. Die Verteilung der einzelnen Statusgruppen weist die InländerInnen mit einem Anteil von 68% als die größte Subgruppe aus. Am zweithäufigsten scheinen Personen aus anderen EULändern auf. Deren Anteil an den erwachsenen NächtigerInnen beträgt 14%. 46 Demgegenüber wurden MigrantInnen mit Dritt-Staats-Angehörigkeit (9%) sowie AsylwerberInnen (5%) lediglich in einem bescheidenem Ausmaß als obdachlos erfasst werden. UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE GESAMT: Obdachlosigkeit von minderjährigen Personen trat im Jahr 2009 lediglich in 2 Fällen auf, kann offensichtlich zum überwiegenden Teil durch die Unterstützungsangebote für wohnungslose Jugendliche (Notschlafstelle und Tagesstruktur im EXIT 7) aufgefangen und in ihren Auswirkungen gelindert werden. ENTWICKLUNG DER OBDACHLOSIGKEIT IN DEN JAHREN 2004 – 2009 Obdachlosigkeit von erwachsenen InländerInnen 48 46 44 42 40 38 36 34 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Der Blick auf den mehrjährigen Verlauf des Ausmaßes von Obdachlosigkeit im Ballungsraum Salzburg-Stadt relativiert den positiven Eindruck eines deutlichen Rückgangs gegenüber dem Vorjahr. Vielmehr liegt dieser Rückgang in etwa innerhalb der Schwankungsbreite. Der aktuell niedrige Stand des Ausmaßes von Obdachlosigkeit kommt nur geringfügig unter dem letzten Tiefstwert aus dem Jahr 2005 zu liegen. Im Gegenteil legt der Blick auf die Verlaufskurve den Eindruck nahe, dass in Salzburg – trotz eines professionellen und differenzierten Angebots für wohnungslose Menschen – diese Extremform von Armut und Ausgrenzung auf einem ausgesprochen hohen Ausmaß stabil bleibt. 47 II. Qualitative Aspekte der Bedarfslage wohnungsloser SalzburgerInnen Detailgliederung 1. Sekundäranalyse der Betreuung von wohnungslosen Personen 49 1.1 Anmerkungen zu Methode und Reichweite der Sekundäranalyse 49 1.2 Charakterisierung des erfassten Klientels 51 1.2.1 Alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede der Problembelastung 56 1.2.2 Mitziehende Minderjährige 57 1.3 Kampf gegen Wohnungslosigkeit in Salzburg 59 1.3.1 Anmerkungen zur Geschichte der WLH in Salzburg 59 1.3.2 Wege in die Wohnungslosigkeit 60 1.3.3 Bewältigung von Wohnungslosigkeit 66 1.3.4 Wege aus der Wohnversorgungskrise respektive Wohnungslosigkeit 75 1.3.5 Chancen, Potenziale und Grenzen der WLH in Salzburg 80 2. Wohnungslosigkeit und Wohnungslosenhilfe im Spiegel von Betreuungsdokumentationen 82 2.1 Wege in die Wohnungslosigkeit 82 2.1.1 Trennung / Scheidung / Wohnungslosigkeit 82 2.1.2 Häusliche Gewalt und deren Folgen für Männer 84 2.1.3 Häusliche Gewalt und deren Folgen für Frauen 85 2.1.4 Delogierung in die Wohnungslosigkeit 86 2.1.5 Ablöse von familiärer oder familienergänzender Betreuung 88 2.1.6 Aus stationärer Betreuung – in die Wohnungslosigkeit 90 2.1.7 Entlassung aus der Haft 92 2.1.8 Aufenthaltsrechtliche Probleme 93 2.1.9 Überleben im gesellschaftlichen Abseits – akut wohnungslos 94 2.2 Bewältigung von Wohnungslosigkeit 97 2.2.1 Prävention von Wohnungslosigkeit 97 2.2.2 Informelle Strategien zur Bewältigung der Wohnversorgungskrise 103 2.2.3 Professionelle Hilfen zur Bewältigung der Wohnungslosigkeit 105 48 1. Sekundäranalyse der Betreuung von wohnungslosen Personen 1.1 Anmerkungen zu Methode und Reichweite Es handelt sich bei der Untersuchung von Betreuungsverläufen um keine Vollerhebung sondern um die Analyse einer qualifizierten Stichprobe, die zum Ziel hat, charakteristische Problemkonstellationen, die zu existenzielle Krisen der Wohnversorgung respektive zu Wohnungslosigkeit führen und Verläufe der Bewältigung von Wohnungslosigkeit deutlich zu machen. Im Zentrum stehen damit eine zielgruppenspezifische Beschreibung von je besonderen Bedarfslagen sowie eine detaillierte Erhebung der je besonderen Anforderungen, die sich an die einzelnen Segmente des Hilfesystems in der Stadt Salzburg richten. Zu beachten ist weiters, dass die nachstehende Analyse auf einem zeitlich begrenzten Querschnitt beruht. Damit wird es zwar in Hinblick auf die einzelnen KlientInnen möglich, auch den zeitlichen Verlauf der jeweiligen Problemgenese sowie der einzelnen Etappen der Bearbeitung / Bewältigung zu erfassen. Einschränkend ist jedoch festzuhalten, dass Personen mit besonders komplexen Problemlagen sowie längeren Phasen existenzieller Krisen in Querschnittserhebungen in der Regel überrepräsentiert sind, während Personen mit eher kurzfristigen Phasen kritischer Wohnversorgung und sozialer Sicherheit aus methodischen Gründen nur in jenem Ausmaß erfasst werden, wie diese im Verlauf des relativ kurzen Erhebungszeitraums von etwa einem Monat in Einrichtungen des Hilfesystems vorsprechen. Die Auswahl der WLH-KlientInnen selbst erfolgte durch die MitarbeiterInnen der WLH-Einrichtungen – auf der Grundlage einer vorläufigen Empfehlung zur Verteilung der erfassten Personen (siehe dazu im Anhang). Schwerpunkt des erfassten Klientels sind Personen, welche die beteiligten Einrichtungen im Zeitraum April bis Juni 2010 frequentiert haben und über die (mehr/minder) detaillierte Unterlagen vorhanden waren. Z.T. beruhen die übermittelten Leitfäden auf ausführlichen Gesprächen mit diesen KlientInnen, in denen auch die individuellen Wünsche und Bedarfseinschätzungen erhoben wurden. Die Betreuungsdokumentationen wurden durch die MitarbeiterInnen der WLH auf der Grundlage eines differenzierten Leitfadens (siehe Anhang) aufbereitet und in anonymisierter Form für diese Auswertung zur Verfügung gestellt. 49 Rücklauf der Betreuungsdokumentationen Die wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit bedrohten KlientInnen, deren Betreuungsdokumentationen diesem Bericht zugrunde liegen, verteilen sich auf unterschiedliche Einrichtungen der mit Wohnungslosigkeit befassten Sozialeinrichtungen in Salzburg und decken den gesamten Bereich von Delogierungsprävention, Beratung bis hin zur Langzeitwohnbetreuung ab. Neben den WLH-Einrichtungen der SAG sowie der Caritas Salzburg haben sich auch der Frauentreffpunkt, das Vertretungsnetzwerk sowie der Verein Neustart an dieser Erhebung beteiligt und anonymisierte Betreuungsdokumentationen zur Verfügung gestellt. Eine detaillierte Aufstellung des Rücklaufs findet sich im Anhang. Die meisten Dokumentationen betreffen KlientInnen, die in Beratungsstellen ambulant beraten und betreut werden: Delogierungsprävention 11% Beratung 59% Ein weiterer großer Teil der KlientInnen wird ambulant in eigenen oder in Übergangswohnungen der WLH-Einrichtungen bzw. im stationären Kontext des betreuten Übergangs- bzw. Langzeitwohnens wohnbetreut: stationäre Wohnbetreuung nach einer Entwöhnungsbehandlung Übergangswohnbetreuung Langzeitwohnbetreuung 9% 13% 5% 50 1.2 Charakterisierung des erfassten Klientels15 Geschlechtsverteilung Von den in dieser Auswertung erfassten 44 63 wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit bedrohten Personen sind 41% weiblich und 59% männlich. Frauen Männer Altersverteilung Die Alterskurve zeigt eine relativ ausgewogene Verteilung mit Schwerpunkten in den Altersgruppen der unter 30Jährigen sowie der unter 50Jährigen. Jugendliche und junge 40 30 20 10 Erwachsene (jünger als 21 Jahre) sind leider gar nicht dokumentiert. 15 0 <21 21-30 Frauen 31-40 Männer 41-50 >50 gesamt Die Eckdaten des erfassten Klientels (Geschlecht, Alter, sozialer und ökonomischer Status etc.) werden im Anhang detailliert wiedergegeben. 51 Familienstand Überwiegend sind die dokumentierten 60 Personen alleinstehend. Lediglich knapp 50 27% der Frauen und 13% der Männer 40 sind verheiratet und/oder leben in einer 30 Lebensgemeinschaft. Bei den 20 männlichen Klienten ist das einseitige 10 Verhältnis zwischen Alleinstehenden 0 Ledig oder in Lebensgemeinschaft Lebenden Geschieden / verwitwet Frauen deutlich ausgeprägter als bei den Verheiratet / in Lebensgemeinschaft Männer gesamt Frauen. Fremdenrechtlicher Status Im Sample sind die ÖsterreicherInnen deutlich in der Überzahl, demgegenüber haben 17% eine nicht österreichische Frauen Männer gesamt 100 80 Staatsbürgerschaft. EU-StaatsbürgerInnen 60 sind kaum dokumentiert. 40 20 0 Österreich EU-Land Dritt-Staat Sozio-ökonomischer Status Mehr als drei Viertel der hier dokumentierten Frauen Personen waren während des Erhebungszeitraums im Sommer 2010 ohne Erwerbsarbeit (78%). Eine aufrechte Erwerbstätigkeit, sei es in Voll- oder in Teilzeit, ist demgegenüber nur in Einzelfällen gegeben. Männer gesamt Teilzeit nicht erwerbstätig 100 50 0 Vollzeit 52 Ökonomische Lebensgrundlage Entsprechend zur niedrigen Erwerbsbeteiligung der dokumentierten wohnungslosen Frauen Personen fällt der Anteil der Transferleistungs- (Pension, Karenz, Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe) und/oder SozialhilfebezieherInnen ausgesprochen hoch aus. Im Gesamtsample scheinen auch einige Männer Gesamt 35 30 25 20 15 10 5 0 männliche Klienten auf, welche auf keinerlei Einkommen zugreifen können, z.B. aufgrund eines ungeklärten aufenthaltsrechtlichen Status. Aktuelle Wohnversorgung / Wohnungslosigkeit Die männlichen Klienten sind relativ gleichmäßig über die unterschiedlichen Frauen 25 Demgegenüber kommt bei den weiblichen 20 Klientinnen eine geschlechtsspezifische 15 Ausdruck. Überwiegend leben diese in einer gesamt 30 Formen der Wohnversorgung verteilt. Abweichung in den Wohnverhältnissen zum Männer 10 5 0 (adäquaten oder unzureichenden) Mietwohnung oder (ohne Mietvertrag) bei Bekannten / Verwandten. Pensionszimmerunterbringung oder betreutes Wohnen sind nur in Ausnahmefällen dokumentiert. Diese Feststellung gilt auch für Nächtigungsangebote/NOST oder stationäre Aufenthalte (z.B. Klinikaufenthalt oder Haft), die im Rahmen dieser Auswertung lediglich in einzelnen Falldarstellungen berücksichtigt werden können. Demgegenüber sind Männer in den Kategorien eigene Mietwohnung sowie Unterkunft bei Bekannten anteilsmäßig deutlich unterrepräsentiert und frequentieren Notschlafstellen, Pensionszimmer und Wohnbetreuung erheblich häufiger als Frauen. Auch Obdachlosigkeit / das völlige Fehlen einer Wohnversorgung ist im Wesentlichen männlich dominiert. 53 Problemschwerpunkte und individuelle Belastungen bei jungen Frauen (<30 Jahre) Auf insgesamt 15 junge Frauen entfallen 45 Problemnennungen. Im Durchschnitt liegen bei den jungen Frauen (jünger als 30 Jahre) drei Problembereiche der Wohnungslosigkeit / -not zugrunde. Zu einer prekären Ablöse aus Jugendwohlfahrt 3 Ablöse von Familie 3 Schulden 6 Trennung vom Lebensgefährten 6 Einkommenssituation (100% der jungen Frauen) gesellen sich bei jeweils etwa jeder dritten jungen Frau eine Trennungserfah- 4 psychische Probleme 15 prekäres Einkommen rung (40%) und/oder psychische Probleme 0 5 10 15 (27%). Problemschwerpunkte und individuelle Belastungen bei jungen Männern Auf 15 Betreuungsdokumentationen entfallen insgesamt 48 Problemnen- Delinquenz 4 psychische Probleme 4 nungen; im Durchschnitt also 3,2 Problemnennungen. Die Liste wird, so wie bei den jungen Frauen, von der Kategorie des prekären Einkommens dominiert (93%), bei jeweils mehr als der Hälfte der jungen Männer (53%) liegt eine problematische Ablöse bzw. Überschuldung vor. 6 Abhängigkeitserkrankung 8 Ablöse von der Familie 10 Schulden 14 prekäres Einkommen 0 5 10 15 Nur in einem Ausnahmefall handelt es sich bei diesen Schulden auch um Rückstände bezüglich einer Unterhaltsverpflichtung. Jeder dritte junge Mann in Wohnungsnot ist weiters mit Folgen einer Abhängigkeitserkrankung (Alkohol oder Drogen) konfrontiert. 54 Problemschwerpunkte und individuelle Belastungen bei erwachsenen Frauen Auf 29 vorliegende Betreuungsdokumentationen entfallen insgesamt 106 Problemnennungen, im Durchschnitt also 3,7 Nennungen pro Frau. Neben dem prekären Einkommen stehen bei den erwachsenen Frauen eine Trennungserfahrung (69%) und psychische Probleme (66%) im Vordergrund. Delogierungserfahrungen (48%) und Abhängigkeitserkrankung Überschuldung (33%) stellen weitere Schulden wichtige Rahmenbedingungen für die aktuelle Wohnversorgungskrise dar. Abhängigkeitserkrankungen (24%) sowie Gewalterfahrungen in der Beziehung (14%) folgen als weitere Problemnennungen am Ende dieses 4 Gewalt in Beziehung 7 11 12 Delogierung psychische Probleme 20 Trennung vom LG 20 28 prekäres Einkommen 0 5 10 15 20 25 30 Rankings. Problemschwerpunkte und individuelle Belastungen bei erwachsenen Männern (>30 Jahre) Auf 47 Betreuungsdokumentationen kommen insgesamt 161 Problemnennungen; im Durchschnitt entfallen auf einen Mann 3,4 Nennungen. In den meisten Fällen liegen prekäre Erwerbstätigkeit oder eingeschränkte Arbeitsfähigkeit sowie ein entsprechend niedriges Einkommen (Transferleistungen aus der Arbeitslosenversicherung oder Sozialhilfe) der aktuellen Problemlage 5 Gewalt in der Beziehung Delinquenz 10 psychische Probleme 12 Schulden 21 Trennung von LG 24 31 Abhängigkeitserkrankung 41 prekäres Einkommen 0 20 40 60 zugrunde. Viele wohnungslose Männer leiden an Abhängigkeitserkrankungen (68%; überwiegend handelt es sich hier um Alkoholismus). Häufige Nennungen entfallen auf Trennungs- / Scheidungserfahrungen (51%), die z.T. in unmittelbarer Konsequenz zu einer Phase der Wohnungslosigkeit führten. Bei einigen Männern sind Vorfälle häuslicher Gewalt dokumentiert, welche in der Folge zu einer gerichtlichen Wegweisung und einer Auflösung der Lebensgemeinschaft führt. 55 Gewaltbegleitete Trennung liegen bei 11% der wohnungslosen Männer (>30 J.) vor. Annähernd jeder zweite Mann ist mit Schulden und Rückzahlungsverpflichtungen konfrontiert (47%). Vielfach handelt es sich dabei um eine Kombination aus Unterhaltsverpflichtungen respektive –schulden und Konsumschulden. In Anbetracht der Tatsache, dass die wohnungslosen Männer durch die Bank in einer ausgesprochen prekären Einkommenssituation stehen und in finanzieller Hinsicht arm sind, verwundert es auch nicht, dass Unterhaltsverpflichtungen in der Regel mit Unterhaltsschulden gleichzusetzen sind. Insgesamt ist annähernd jeder fünfte ältere Mann (19%) von Unterhaltsverpflichtungen und entsprechenden Schulden betroffen. Bei acht Männern (17%) sind Delogierungsverfahren bzw. Räumungen (vor allem aufgrund von Mietschulden) als auslösender Faktor für den krisenhaften Verlauf ihrer Erwerbs- und Wohnbiografie dokumentiert. 1.2.1 Alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede der Problembelastung Zwischen den dokumentierten Beratungs- / Betreuungsverläufen sind deutliche geschlechtsspezifische Differenzen – zum Beispiel bzgl. Familienstand, aktueller Wohnstatus sowie bei den Problemschwerpunkten – festzustellen. Danach sind die Frauen anteilsmäßig jünger als die Männer und leben häufiger in Lebensgemeinschaft, als dies bei den Männern der Fall ist. Auch in der Form der Wohnungsnot und der festgehaltenen Etappen der Bewältigung von Wohnungslosigkeit unterscheiden sich die weiblichen Klientinnen der WLH erheblich von den Verläufen, die bei den männlichen Klienten beobachtet werden können. So leben Frauen in Wohnungsnot überwiegend in einer eigenen Mietwohnung oder ohne mietrechtliche Absicherung bei Verwandten/Bekannten. Formelle Wohn- oder Nächtigungsangebote der WLH sowie informelle gewerbliche Unterkünfte in Pensionszimmern nehmen Frauen zu erheblich geringeren Anteilen in Anspruch als Männer; ganz krass zeigt sich das bei der Nutzung von Notschlafstellen. Die Nutzung von Notschlafstellen wird in den Verlaufsprotokollen der wohnungslosen Frauen nur in wenigen Ausnahmen als temporäre Zwischenstation dokumentiert. Zum Erhebungszeitpunkt (Sommer 2010) schien keine einzige Frau als Nutzerin der Notschlafstellen auf. 56 Insbesondere ergeben sich zudem hinsichtlich der Altersgruppen große geschlechtsspezifische Unterschiede bei der je spezifischen Kumulation von Problembereichen, die in einem (mehr / minder engen bis kausalen) Zusammenhang mit der aktuellen Wohnungslosigkeit / Wohnungsnot stehen. KUMULATION VON PROBLEMBEREICHEN NACH ALTER UND GESCHLECHT Frauen Männer Jünger als 30 Jahre prekäres Einkommen Trennung vom LG psychische Probleme aufenthaltsrechtliche Probleme prekäres Einkommen Ablöse von der Familie Schulden Abhängigkeitserkrankung Älter als 30 Jahre prekäres Einkommen Trennung vom LG psychische Probleme Delogierung Schulden Abhängigkeitserkrankung Gewalt in der Beziehung prekäres Einkommen Abhängigkeitserkrankung Trennung von LG Schulden psychische Probleme Delinquenz Gewalt in der Beziehung / Wegweisung Unangefochten steht in allen vier Teilgruppen unzureichendes / prekäres Einkommen respektive Einkommensarmut im Vordergrund und an erster Stelle der Problemnennungen. Während bei den Frauen, unabhängig von ihrem Alter, die Trennung von einem Lebensgefährten und psychische Probleme die folgenden Plätze im Ranking einnehmen, weisen junge und ältere Männer einen deutlich abweichenden Problembefund auf. So rangiert bei den jungen Männern die problematische Ablöse von ihren Eltern an zweiter Stelle, während bei den älteren Männern einer vorliegenden Abhängigkeitserkrankung (überwiegend Alkoholismus) eine wesentliche Rolle bei der Entstehung respektive Verfestigung von Wohnungslosigkeit zukommt. 1.2.2 Mitziehende Minderjährige Viele wohnungslose Menschen müssen in ihrer kritischen Lebenssituation / komplexen Problemlage zudem noch für mitziehende Kinder und Jugendliche sorgen. Insgesamt sind in den vorliegenden Betreuungsdokumentationen 32 Minderjährige erfasst, die in 17 Haushalten in extremer Wohnungsnot bzw. Wohnungslosigkeit leben. Über diese Untergrupe liegen keine detaillierten Angaben zur Geschlechts- und Altersverteilung vor. 57 VERTEILUNG DER MITZIEHENDEN MINDERJÄHRIGEN NACH DEM FAMILIENSTATUS Familienstatus Haushalte mit Kindern mitziehende Minderjährige verheiratete oder in Lebensgemeinschaft lebende Paare 7 15 alleinerziehende jüngere Frauen (<30J.) 4 6 ältere alleinerziehende Frauen (>30J.) 5 9 alleinstehende jüngere Männer (<30J.) 0 0 ältere alleinerziehende Männer (>30J.) 1 2 17 32 Gesamt Die Verteilung nach dem Familienstatus verweist auf die besonders prekäre Situation von wohnungslosen Frauen. Mehr als die Hälfte der mitziehenden Minderjährigen lebt in einem AlleinerzieherInnenhaushalt, wenig überraschend handelt es dabei überwiegend um alleinerziehende Frauen. Lediglich ein älterer wohnungsloser Mann lebt mit seinen beiden Kindern gemeinsam in einem Pensionszimmer. Demgegenüber ist dies bei keinem der jüngeren Männer der Fall. VERTEILUNG DER MITZIEHENDEN MINDERJÄHRIGEN NACH DEM AKTUELLEN WOHNSTATUS Wohnstatus mitziehende Minderjährigen Mietwohnung 20 Pensionszimmer 5 bei Bekannten 7 anderer Wohnstatus 0 Überwiegend sind die mitziehenden Minderjährigen von prekären Wohnbedingungen wie Überbelag, Substandard oder laufenden Delogierungsverfahren betroffen. Bemerkenswert viele Kinder/Jugendliche leben gemeinsam mit den Erziehungsberechtigten ohne wohnrechtliche Absicherung bei Bekannten (22%) oder ohne jegliche Privatsphäre in einem Pensionszimmer (16%), entbehren somit in jeder Hinsicht den Rahmenbedingungen für eine kindgerechte Umwelt. 58 1.3. Kampf gegen Wohnungslosigkeit in Salzburg 1.3.1 Anmerkungen zur Geschichte der Wohnungslosenhilfe in Salzburg Die Wohnungslosenhilfe in Salzburg ist im Jahr 1979 als Reaktion auf die Wiedereinführung des Straftatbestands der Nichtsesshaftigkeit entstanden und hat die bis dahin sehr unprofessionell geführten Vorsorgen für Armutshaushalte in existenziell bedrohlichen Notund Mangellagen (städtisches Substandard-Asyl in der Linzergasse) durch die Einrichtung einer Beratungsstelle, den Aufbau von zielgruppenspezifisch ausgerichteten Wohnprojekten sowie einer Einrichtung der geschützten Arbeit für wohnungslose Menschen (in der Trägerschaft des Vereins Treffpunkt) abgelöst. In der Folge konnte Ende der 80er Jahre dann auch das städtische Asyl aufgelöst und in eine betreute Notschlafstelle umgewandelt werden16. Damit setzte sich auch in Salzburg ein international beobachtbarer Prozess der Professionalisierung des Armenwesens durch, der eine weitgehende Diversifizierung der Angebotslandschaft in der Wohnungslosenhilfe einleitete. Sozialberatungsstellen, betreute Wohnheime und sozialtherapeutische Wohngemeinschaften bestimmten bis in die 90er Jahre hinein die Angebotsstruktur der Salzburger WLH. Weitere innovative Schritte zur Qualitäts- und Strukturentwicklung der WLH in Salzburg betrafen: Beratungs- und Betreuungsangebote für wohnungslose Frauen Fachstelle für Delogierungsprävention Einrichtung für wohnungslose Jugendliche und junge Erwachsene (Notschlafstelle und seit wenigen Jahren auch Tagesstruktur und Beratung) Einrichtungen für Wohnungslose mit psychiatrischen Krankheiten (Wohngemeinschaften) Einrichtung für alkoholkranke Wohnungslose nach einer erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung (heimförmig) ambulante, nachgehende Wohnbetreuung in eingestreuten Wohnungen aufsuchende Beratung / Betreuung von PensionszimmerbewohnerInnen. In den vergangenen Jahren hat die Entwicklung der WLH auch den Bereich der ambulanten Wohnbetreuung in eigenständigen eingestreuten Wohnungen erschlossen und erste Erfahrungen mit den fachlichen Anforderungen sowie dem Bedarf nach strukturellen Vorsorgen zur Absicherung der nachgehenden Betreuung gesammelt. Das betrifft 16 Siehe dazu Verein Treffpunkt 1984 sowie ZEBU o.J. 59 insbesondere die Thematik der Beziehungsarbeit unter den Vorzeichen der Freiwilligkeit in der Inanspruchnahme von Unterstützung. Bereits derzeit ist die WLH in ihrem Bemühen um die Reintegration von ehemals wohnungslosen Menschen mit der Erfahrung konfrontiert, dass diese die Einsamkeit in ihrem neuen Zuhause nur sehr schwer aushalten, dass ihnen also die sprichwörtliche Decke auf den Kopf fällt und sie in der Folge erst wieder ihre ‚Freizeit‘ an den altbekannten Treffpunkten (Bahnhof, Kneipen etc.) verbringen. Die Erhaltung einer adäquaten Wohnung und die Prävention von neuerlicher Wohnungslosigkeit sind auf Perspektive dadurch gefährdet, wenn die Ablöse aus dem Milieu der Wohnungslosen nicht ausreichend und nachhaltig gewährleistet werden kann. 1.3.2 Wege in die Wohnungslosigkeit Recht auf Wohnen ist in Österreich nicht als individuell durchsetzbares Recht in der Verfassung verankert, sondern als Staatszielbestimmung in den unterschiedlichen Gesetzesmaterien zur Raumordnung, Wohnbauförderung und Sozialhilfe / bedarfsorientierte Mindestsicherung festgelegt.17 Ungeachtet dieser verfassungsrechtlichen Einschränkung kann die reale Gesetzeslage durchaus normativ interpretiert werden. „Jeder Bewohner Österreichs hat im Fall der Obdachlosigkeit nach Maßgabe der Gesetze Anspruch auf eine angemessene Unterbringung.“ (a.a.o., S. 186) Tatsächlich jedoch gehören Wohnungsverluste nach wie vor zur gesellschaftlichen Wirklichkeit. So werden Haushalte u.a. aufgrund von Mietschulden delogiert. An dieser Tatsache können auch die inzwischen realisierten Vorsorgen für Delogierungsprävention jeweils nur in Einzelfällen etwas ändern. Bedauerlich erscheint in diesem Zusammenhang, dass nach wie vor keine systematische Dokumentation des Wohnversorgungsstatus von Haushalten nach einer exekutierten Delogierung gewährleistet ist. Des Weiteren werden Menschen aus der Haft entlassen, ohne dass systematisch nachgefragt und dokumentiert wird, ob sie für die Zeit nach der Haft eine Unterkunft haben. 17 Als Ergebnis ihrer verfassungsrechtlichen Analyse zum Recht auf Wohnen stellt Gutknecht 1982 fest: „…, dass sich weite Bereiche des Wohnrechts nur für eine verfassungsrechtliche Verankerung in Form von Staatszielbestimmungen eignen. Dies gilt vor allem auch für die Wohnbauförderung. Für den Komplex Mieterschutz ist in der gegenwärtigen Rechtslage ein Gesetzgebungsauftrag adäquat, das Wohnungseigentum hingegen eignet sich für eine Institutsgarantie. Die Verankerung eines subjektiven Anspruches ist für den Bereich der Obdachlosenunterbringung möglich.“ S. 186 60 Ebenso steht es um Entlassungen aus der stationären Versorgung in Krankenhäusern, psychiatrischen Anstalten18, Einrichtungen der Jugendwohlfahrt sowie Institutionen zur Behandlung von Alkohol- oder Drogenabhängigen. PROBLEMKONSTELLATIONEN Die vorliegenden Betreuungsdokumentationen (siehe dazu im Detail den nachstehenden Abschnitt „Wohnungslosigkeit und Wohnungslosenhilfe im Spiegel der Betreuungsdokumentationen; S. 82 ff.) ermöglichen ein erstes Ranking der bedeutendsten Gründe für die Entstehung von Wohnungslosigkeit und geben einen Einblick in die Praxis der mit Wohnungslosigkeit befassten Salzburger Einrichtungen. Tabellarischer Überblick über die Wege in die Wohnungslosigkeit, in Prozent der jeweiligen Zielgruppe (Mehrfachnennungen, Spaltensumme > 100%) Gründe für die Wohnungslosigkeit Frauen Männer Gesamt (107) <30J. (15) >30J. (29) <30J. (16) >30J. (47) Trennung von LebensgefährtInnen 40% 69% 6% 51% 45% Entwöhnungsbehandlung 13% 24% 44% 68% 45% psychiatrische Behandlung 27% 69% 31% 25% 38% Delogierungsverfahren bzw. -erfahrungen 13% 41% 6% 17% 21% Ablöse aus Erziehungskontext (Familie oder JW) 40% 0% 69% 0% 16% häusliche Gewalt / Wegweisung 13% 14% 6% 11% 11% An prominenter erster Stelle dieser Reihung nach ursächlichen Problemhintergründen stehen Trennungen von Lebensgemeinschaften und existenzielle Belastungen im Zusammenhang mit Abhängigkeitserkrankungen respektive Entwöhnungsbehandlungen (ib. Alkoholismus). Ergänzend ist hier anzuführen, dass die Trennung von Lebensgemeinschaften in vielen Fällen mit Gewaltvorkommnissen und deren Folgen (Flucht aus der gemeinsamen Wohnung oder Verlust der zu teuren Wohnung bei weiblichen Opfern / Wegweisung bei männlichen Tätern) 18 Im letzten Psychiatriebericht Österreichs wird das Thema der Wohnversorgung nach einer stationären Behandlung nicht erwähnt. Dementsprechend wird darin auch nicht auf die Tatsache eingegangen, dass viele PsychiatriepatientInnen nach ihrer Entlassung ausgesprochen prekär wohnversorgt sind und z.B. in Pensionszimmern ohne Privatsphäre oder bei Bekannten im Überbelag sowie ohne mietrechtliche Sicherheit zurechtkommen müssen. 61 zusammenhängt. Das ist in insgesamt 24% aller dokumentierten und problemverursachenden Auflösungen von Lebensgemeinschaften der Fall. Bereits an dritter Stelle stehen Probleme der Wohnversorgung / -sicherheit im Zusammenhang mit psychosozialen Problemlagen respektive psychiatrischer Behandlung. Dieser Problemzusammenhang ist insbesondere bei den älteren Frauen sehr häufig. Demgegenüber sind drohende oder tatsächliche Wohnungsverluste infolge von Delogierungsverfahren bereits deutlich abgeschlagen und liegen dementsprechend an vierter Stelle dieser Reihung. Bei jüngeren KlientInnen ist im Unterschied zu den älteren KlientInnen vor allem eine problematische Ablöse aus familiären bzw. institutionellen Erziehungskontexten als ursächlich für den Einstieg in eine Phase der Wohnungslosigkeit zu beobachten. Das ist insbesondere bei den jüngeren Männern der Fall. ZIELGRUPPENSPEZIFISCHE ANFORDERUNGEN AN DAS HILFESYSTEM Erwartungsgemäß zeigen sich im oben vorgestellten Überblick über die ursächlichen Problemzusammenhänge und –aspekte deutliche geschlechts- und altersspezifische Unterschiede der Wege in die Wohnungslosigkeit. Dementsprechend ergeben sich auch geschlechts- und altersspezifisch unterschiedliche Anforderungen an die Vorsorgen für die Prävention sowie für die Bewältigung von Wohnungslosigkeit. JUNGE ERWACHSENE (JÜNGER ALS 30 JAHRE) Bei den jüngeren Frauen steht der Eintritt in eine Phase der Wohnungslosigkeit allem voran im Zusammenhang mit der Trennung einer Lebensgemeinschaft sowie der Ablöse aus dem familiären Erziehungskontext (jeweils 40%). Demgegenüber stehen Probleme im Rahmen der psychosozialen Stabilisierung bzw. psychiatrischer Behandlungen bei den jüngeren Frauen nur bei etwas mehr als jeder vierten Frau in einem ursächlichen Zusammenhang mit ihrer akuten Wohnversorgungskrise. In Einzelfällen finden sich hier auch Einträge unter Abhängigkeitserkrankungen, Gewalt in der Beziehung bzw. Erfahrungen mit einem Delogierungsverfahren (jeweils 13%). Bei den jungen Männern liegen die Problemgewichtungen deutlich anders. Hier steht die Ablöse aus Erziehungskontexten, ib. Jugendwohlfahrt, klar an erster Stelle (69%), gefolgt von Bedürfnissen im Rahmen der Suchthilfe (44%) und der psychosozialen / psychiatrischen Versorgung (31%). Jeweils einer der jungen Männer weist einen Problemhintergrund im 62 Kontext der Trennung von der Lebensgefährtin, in Kombination mit einer Wegweisung, und einem laufenden Delogierungsverfahren auf (jeweils 6%). WOHNUNGSLOSIGKEIT BEI ÄLTEREN ERWACHSENEN Die Wohnungslosigkeit der älteren Frauen steht überwiegend in Zusammenhang mit der Trennung von einem Lebensgefährten bzw. mit Problemen im Rahmen der psychosozialen / psychiatrischen Versorgung (jeweils 69%). Bei über 40% der älteren Frauen sind frühere oder aktuelle Erfahrungen mit Delogierungsverfahren dokumentiert. Jede vierte erwachsene Klientin der WLH benötigt Hilfen zur Bewältigung einer Abhängigkeitserkrankung und bei jeder siebten (13%) stand die Auflösung einer Lebensgemeinschaft unter den Vorzeichen traumatisierender Gewalt durch ihren Ex-Partner. Völlig anders ist der Problemhintergrund bei den männlichen Klienten gestaltet. Hier stehen Problemnennungen im Zusammenhang mit einer Abhängigkeitserkrankung (allem voran Alkoholismus) deutlich im Vordergrund (69%), mit Abstand gefolgt von Trennungserfahrungen (51%). Bei annähernd jeder vierten Trennungserfahrung war Gewalt im Spiel, die eine Wegweisung zur Folge hatte. Weitere 25% der männlichen Klienten benötigen Hilfen der psychosozialen Stabilisierung / psychiatrischen Behandlung. Bei jedem Sechsten (17%) sind frühere oder aktuelle Erfahrungen mit Delogierungsverfahren dokumentiert. CHANCEN UND POTENZIALE FÜR DIE PRÄVENTION VON WOHNUNGSLOSIGKEIT Entsprechend der komplexen Problemlagen, die hinter der aktuellen Wohnversorgungskrise stehen, und ib. der großen geschlechts- und altersspezifischen Unterschiede in den ursächlichen Faktoren, die zu dieser Wohnversorgungskrise geführt haben, steht die WLH vor der zentralen Anforderung, ihre Angebote eher breit, d.h. zielgruppen- und problemspezifisch auszugestalten, um wirksam der Entstehung von Wohnungslosigkeit entgegenwirken zu können. Allem voran stehen in der WLH mithin vier große Aufgabenbereiche an, die in Hinblick auf die Prävention von Wohnungslosigkeit von überragender Bedeutung sind: Scheidung oder Trennung von Lebensgemeinschaften / Gewaltvorkommnisse / Wegweisung und Flucht aus der Beziehung Schnittstellen zur Suchthilfe sowie zur psychosozialen Versorgung / Psychiatrie Ablöse aus Familie bzw. familienergänzenden / -ersetzenden Erziehungseinrichtungen Prävention von Wohnungsverlusten durch Zwangsräumungen. 63 WL-Risiko: Trennung von LebensgefährtIn Die Verhinderung von Wohnungslosigkeit im Kontext der Auflösung von Lebensgemeinschaften, ib. im Zusammenhang mit Gewalt an Frauen und Kindern, ist in den hier vorliegenden Betreuungsdokumentationen letztlich kein unmittelbares Thema. Dementsprechend sind die beobachtbaren Interventionsstrategien eher darauf ausgerichtet, von Wohnungslosigkeit Betroffene möglichst frühzeitig zu erreichen, sie bei der Bewältigung von Wohnungslosigkeit zu unterstützen und ihnen dabei behilflich zu sein, möglichst rasch einen adäquaten Weg aus der existenziellen Wohnversorgungskrise zu eröffnen. Die Betreuung durch die WLH und mit Wohnungslosigkeit befasster Einrichtungen aus benachbarten Segmenten des Hilfesystems setzt offensichtlich erst dann ein, wenn Wohnungslosigkeit bereits akut geworden ist. WL-Risiko an der Schnittstelle zu Suchthilfe und Psychiatrie Auch in diesem Aufgabenbereich erweisen sich die Einrichtungen vor allem damit befasst, die Betroffenen bei der Bewältigung ihrer Wohnversorgungskrise zu unterstützen und Wege aus der Wohnungslosigkeit (wieder) zu eröffnen. Präventive Vorsorgen an den Schnittstellen der WLH zu den angrenzenden Versorgungsbereichen der Suchthilfe sowie der psychosozialen / psychiatrischen Versorgung19, die also einer Wohnungslosigkeit in der Folge einer Entlassung aus dem stationären Kontext vorbeugen könnten, sind (nicht nur) in Salzburg offensichtlich ebenfalls keineswegs bedarfsdeckend realisiert. WL-Risiko: Problematische Ablöse aus Erziehungskontexten Auch in Bezug auf problematisch verlaufende Ablösen aus dem familiären oder dem institutionellen Erziehungszusammenhang bleiben die vorliegenden Betreuungsdokumentationen weitgehend darauf fokussiert, eine bereits eingetretene Wohnungslosigkeit zu bearbeiten. 19 Zu Hilfen an der Schnittstelle von WLH und psychosozialer / psychiatrischer Versorgung in Salzburg vgl. die Dokumentation der Fachtagungen des FORUM WLH 1999 und 2000 64 In diesen Fällen sind offensichtlich die bis dahin vorhandenen Unterstützungsnetzwerke so nachhaltig zerrissen, dass in der Beratung und Betreuung dieser jungen Erwachsenen gewissermaßen von vorne begonnen werden muss, die Grundlagen für die Bewältigung der Wohnungslosigkeit zu gewährleisten respektive Wege aus der Wohnungslosigkeit zu eröffnen. Lediglich eine Betreuungsdokumentation weist eine alternative Interventionsstrategie aus, indem die WLH unmittelbar am Zeitpunkt der drohenden Wohnungslosigkeit in Form einer temporären Wohnbetreuung einsetzt und so den in den meisten anderen Fällen dokumentierten prekären und überwiegend informellen Formen der Bewältigung von Wohnungslosigkeit vorbeugen kann. WL-Risiko: Mietschulden und unleidliches Verhalten Die Prävention von Wohnungslosigkeit infolge von Delogierungsverfahren und Zwangsräumungen hat im Bundesland Salzburg bereits Tradition. Tatsächlich war die Fachstelle für Gefährdetenhilfe in Österreich ein Vorreiter für die Einführung der inzwischen fast flächendeckenden Vorsorge für systematische Intervention zur Verhinderung von Wohnungsverlusten durch Zwangsräumungen. Der vergleichende Blick auf die große Anzahl an Delogierungsverfahren, die jährlich eingeleitet werden (siehe dazu ausführlicher im ersten Zwischenbericht), belegt eindrücklich die hohe Quote von Haushalten, die von Delogierungsverfahren in ihrer Wohnsicherheit bedroht sind und Hilfen durch die Fachstelle in Anspruch nehmen eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit, mit der durch diese Intervention einem Wohnungsverlust vorgebeugt werden kann den volkswirtschaftlichen Nutzen, der ib. darin zum Ausdruck kommt, dass lediglich ein kleiner Teil der für die Wohnungssicherheit eingesetzten Mittel von der öffentlichen Hand bereitgestellt werden muss. Die vorliegenden Betreuungsdokumentationen verweisen ergänzend zu diesen allgemeinen Feststellungen vor allem darauf, dass die den eingeleiteten Delogierungsverfahren zugrundeliegenden Problemlagen ausgesprochen komplex sind und keineswegs ‚nur‘ mit dem Hinweis auf materielle Notlagen ausreichend erklärt werden können. Sichtbar wird vielmehr ein hoher Bedarf der betroffenen Haushalte nach ergänzenden Betreuungsleistungen und 65 fachlichen Interventionen etwa in Form von Schuldenberatung und –regelung, Sicherung der Erwerbsbeteiligung sowie psychosozialer Stabilisierung. In Frage steht damit wesentlich, inwieweit es im Rahmen der Bemühungen um die Wohnungssicherung auch gelingt, den Zugang zu bedürfnisadäquaten weiterführenden Unterstützungsleistungen zu eröffnen und eine weiterführende begleitende Hilfestellung auch für die Zeit nach der Wohnungssicherung einzuleiten und zu gewährleisten. Auffällig ist in den vorliegenden Betreuungsdokumentationen vor allem auch die Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Intervention zur Wohnungssicherung bereits mehr / minder geballte Problemlagen vorliegen. Nicht nur sind zu diesem Zeitpunkt die Verfahren bereits eingeleitet. Wesentlicher erscheint, dass es bereits zu einer – wie zu befürchten steht – nachhaltigen Zerrüttung der sozialen Situation der betroffenen Haushalte gekommen war. 1.3.3 Bewältigung von Wohnungslosigkeit Die Lebensumstände von Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht bzw. bereits akut betroffen sind, zeichnen sich vor allem durch die Kumulation von Belastungen und Benachteiligungen in unterschiedlichen Lebensbereichen aus. Die Bewältigung ihrer kritischen und Existenz bedrohenden Lebenslage erfordert große regelmäßige Anstrengungen, ihr Überleben zu gewährleisten. Wohnungslosigkeit verursacht Stress und Traumata, beeinträchtigt die Gesundheit und geht auf Kosten sämtlicher Aspekte der Lebensqualität (Bildung, soziale Kontakte und Beziehungen, Arbeitsfähigkeit, Fähigkeit für Beziehungen und ib. auch für die Erziehung der mitziehenden Kinder, kulturelle und demokratische Teilhabe – um nur die Wichtigsten zu nennen). Insbesondere vor diesem Hintergrund erscheint es als besonders wichtig, dass durch adäquate Hilfen dazu beigetragen wird, die Dauer der tatsächlichen Wohnungslosigkeit kurz zu halten, um allfälligen und nachhaltigen Sekundärschäden vorzubeugen. Der WLH kommt in sekundärpräventiver Hinsicht eine vorrangige Bedeutung zu. AUFGABENSTELLUNGEN DER SEKUNDÄRPRÄVENTION NIEDERSCHWELLIGER ZUGANG ZU ADÄQUATER HILFE Eine zentrale Anforderung an die WLH stellt die Bereitstellung niederschwelliger Zugänge zu konkreten Überlebenshilfen wie Beratung, Notschlafstellen, Tageszentren und aufsuchende Hilfen (Out-Reach-Services) dar. Damit wird den Unterstützungsbedürftigen ein Zugang in das Hilfesystem zu einem Zeitpunkt gewährleistet. Von Bedeutung erweist sich dieser 66 niederschwellige Zugang insbesondere deshalb, da damit die ursächlichen Problembelastungen zu einem frühen Zeitpunkt in der Problementwicklung bearbeitet und nachhaltige Sekundärschäden durch das Überleben im sozialen Abseits vermieden werden können. Der Zugang zum Hilfesystem stellt die Grundlage dafür dar, weitergehende Maßnahmen der Existenzsicherung und der gesundheitlichen / psychosozialen Stabilisierung einleiten und in eine systematische Bearbeitung problemverursachender Belastungen und Benachteiligungen eintreten zu können. AUFBAU EINER BETREUUNGSBEZIEHUNG ALS PERSONALE GRUNDLAGE FÜR AKZEPTANZ UND MITWIRKUNG Für den Übergang vom niederschwelligen Zugang ins Hilfesystem in die weiterführende Bewältigung der Problemlage Wohnungslosigkeit erweist sich der Aufbau einer stabilen Betreuungsbeziehung als wesentlich. In der WLH wird, in den vorliegenden Betreuungsdokumentationen gut nachvollziehbar, dieser Anforderung durch das Angebot einer Bezugsbetreuung entsprochen, wonach eine SozialarbeiterIn als fallführende Begleitperson die einzelnen Betreuungsschritte koordiniert und so sicherstellt, dass die für die Bewältigung der Wohnungslosigkeit wichtigen Aufgaben angegangen werden. SOZIALE SICHERHEIT DURCH TRANSFERLEISTUNGEN UND – AUF MITTLERE SICHT – ERWERBSBETEILIGUNG Eine Kernaufgabe im Kontext des niederschwelligen Zugangsbereichs zur WLH stellt die Realisierung des Zugangs zu Transferleistungen und / oder Sozialhilfe und mithin die Gewährleistung von sozialer Sicherheit dar. Unterstützung bei der Beschaffung der nötigen Antragsunterlagen sowie die begleitende Hilfestellung bei der Antragstellung, z.B. bei ausländischen Pensionsversicherungsanstalten, stehen mithin am Beginn der konkreten Leistungsangebote. Damit kann eine stabile materielle Basis, in Ergänzung zur personalen Grundlage in der Bezugsbetreuung, geschaffen werden, damit von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen sich mit den für ihre Wohnungslosigkeit ursächlichen Faktoren wie Abhängigkeits- oder psychischen Erkrankungen, Überschuldung, Beziehungsproblemen oder Trennungserfahrungen etc. systematisch auseinander setzen können. Soziale Sicherheit und stabile Betreuung bilden die unverzichtbare Grundlage dafür, dass Auswege aus der Wohnungslosigkeit respektive Perspektiven für ein selbständiges Leben jenseits von Wohnungs- und Arbeitslosigkeit eröffnet werden können. 67 EINSTIEG IN HÖHERSCHWELLIGE FACHLICHE UNTERSTÜTZUNGSFORMEN In einer Reihe von Betreuungsdokumentationen wird deutlich, dass bei Bedarf fachliche Ergänzungen, z.B. durch spezialisierte Einrichtungen wie die Schuldnerberatung, eng in die Hilfestruktur eingebunden werden. Damit ist auch sichergestellt, dass es in der Bearbeitung komplexer Problemlagen nicht zu einem Wechsel in der Betreuungszuständigkeit und damit auch zu einem Abbruch von Betreuungsbeziehungen kommt. Damit kann dem Risiko von Abbrüchen und Rückschlägen in der Bewältigung von Wohnungslosigkeit vorgebeugt werden. TEMPORÄRE ASPEKTE DER BEWÄLTIGUNG VON WOHNUNGSLOSIGKEIT Die vorliegenden Betreuungsdokumentationen machen überdeutlich, dass die Bewältigung von Wohnungslosigkeit in zeitlicher Hinsicht eher verzögert funktioniert. Verweildauer in der Wohnungslosigkeit, in Prozent der jeweiligen Zielgruppe Dauer der Phase von Wohnungslosigkeit Frauen Männer Gesamt (107) <30J. (15) >30J. (29) <30J. (16) >30J. (47) weniger als 1 Jahr 33% 17% 13% 9% 15% 1 bis 5 Jahre 33% 45% 62% 43% 45% 5 bis 10 Jahre 7% 7% 25% 17% 14% länger als 10 Jahre 0% 14% 0% 21% 13% keine Angaben zur Dauer 25% 17% 0% 11% 13% Bei knapp der Hälfte der hier dokumentierten KlientInnen liegt die Verweildauer in der Wohnungslosigkeit zwischen einem und fünf Jahren. Insbesondere bei den älteren Männern (>30 Jahre) liegt die Dauer der Wohnungslosigkeit deutlich höher; jeweils etwa jeder Fünfte ist zwischen 5 und 10 Jahren bzw. bereits länger als 10 Jahre wohnungslos. Eine relativ günstige Verteilung bezüglich der Verweildauer in der Wohnungslosigkeit findet sich letztlich nur bei den jüngeren Frauen, die zum Erhebungszeitraum jeweils zu einem Drittel entweder weniger als ein Jahr oder zwischen einem und fünf Jahren wohnungslos waren. 68 BEWÄLTIGUNGSSTRATEGIEN UND DIE AKTUELL JEWEILS REALISIERTE WOHNVERSORGUNG Der Blick auf die unterschiedlichen Bewältigungsformen und –strategien (siehe tab. Überblick auf der folgenden Seite) zeigt insgesamt gesehen ein deutliches Übergewicht von informellen, prekären bzw. überhaupt fehlenden Lösungen. In geschlechts- und altersspezifischer Differenzierung wird deutlich, dass überproportional viele Frauen auf informelle Strategien zur Bewältigung ihrer Wohnversorgungskrise zurückgreifen und temporär bei Bekannten unterkommen. Das ist auch bei etwa jedem dritten der jüngeren Männer der Fall. Demgegenüber sind die älteren Männer zu hohen Anteilen in prekären Wohnverhältnissen in einem Pensionszimmer temporär versorgt oder überhaupt akut wohnungslos/obdachlos bzw. als (Langzeit-)Nutzer der Nächtigungsangebote in den Notschlafstellen dokumentiert. Auch die jungen Männer scheinen überproportional häufig als Nutzer der Notschlafstellen auf. Bewältigungsformen von Wohnungslosigkeit im tabellarischen Überblick , in % der jeweiligen Altersgruppe Status der Bewältigung von Wohnungslosigkeit Frauen Männer Gesamt (107) <30J. (15) >30J. (29) <30J. (16) >30J. (47) Informell: Unterkunft bei Bekannten 27% 34% 31% 15% 24% Prekär: temporär in einem Pensionszimmer 7% 17% 13% 19% 16% Übergang: Wohnbetreuung in der WLH 13% 10% 9% 15% 14% Obdachlos: Leben auf der Straße / in Notschlafstellen 7% 3% 19% 19% 13% Ambulant: Betreutes Wohnen in der WLH 7% 7% 0% 13% 8% Überbelag / Substandard 20% 7% 0% 6% 8% Dass jede fünfte jüngere Frau mit äußerst beengten Wohnverhältnissen zurechtkommen muss, ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass diese den wenigen verfügbaren Raum mit minderjährigen Kindern teilen müssen. Insbesondere auffällig ist weiters, dass nur wenige von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens unterstützt werden. Insbesondere die jüngeren Männer scheinen in den Betreuungsdokumentationen aus diesem Leistungsbereich der WLH gar nicht auf. 69 CHANCEN UND POTENZIALE FÜR DIE BEWÄLTIGUNG VON WOHNUNGSLOSIGKEIT Während einerseits in den vorliegenden Betreuungsdokumentationen die Komplexität der zu bewältigenden Problemlagen und die daraus erwachsenden Anforderungen an die Hilfestruktur überdeutlich vorgestellt und Leistungen sowie Erfolge in der Betreuung differenziert dargestellt werden, fallen demgegenüber die dokumentierten Ergebnisse in der konkreten Wohnversorgung von akut wohnungslosen Menschen ausgesprochen bescheiden aus. Der oben vorgestellte Überblick über den Status der Wohnversorgung von Wohnungslosen in Salzburg verweist auf schwierige bis unmögliche Zugänge zu leistbaren Wohnungen. Das Gros der dokumentierten Personen belegt die unzureichenden Potenziale und Perspektiven für eine reguläre Wohnversorgung und unterstreicht die Problematik informeller oder prekärer Bewältigungsstrategien. Niederschwelligkeit der Beratungsangebote gewährleistet den Zugang zu persönlicher Hilfestellung und sozialer Sicherheit Die WLH in Salzburg zeichnet sich offensichtlich durch ein gutes Beratungs- und Betreuungsangebot im Zugangsbereich zum Hilfesystem aus. Bemerkenswert hoch erscheint insbesondere der Anteil jener KlientInnen, die im informellen Wohnversorgungskontext eher dem Bereich der verdeckten Wohnungslosigkeit zugeordnet werden können. In einzelnen Betreuungsdokumentationen wird insbesondere auch darauf verwiesen, dass selbst KlientInnen, die sich sonst durch die Ablehnung von professioneller Betreuung auszeichnen, die Angebote der Beratungsstellen verbindlich und regelmäßig in Anspruch nehmen. Das betrifft zum einen die Möglichkeit, in den Beratungsstellen eine amtlich anerkannte Kontaktstelle oder Meldeadresse einzurichten. Zum anderen ergibt sich aus kleineren Überlebenshilfen wie diesen auch die Möglichkeit für einen verbindlichen und persönlichen Betreuungskontakt, aus dem sich bei behutsamer Kontaktpflege auch die Chance ergibt, in eine systematische Bearbeitung von problemverursachenden Aspekten in der Lebensführung, z.B. Konsum von Suchtmitteln etc., einsteigen zu können – auf der Grundlage von je individueller Bedarfsanmeldung und allem voran in dem Tempo, das die KlientInnen vorgeben und zu gehen bereit sind. 70 Bildung / Berufsbildung / Erwerbsbeteiligung entsprechende Angebote der WLHL sind enden wollend Die vorliegenden Betreuungsdokumentationen werfen ein bezeichnendes Licht auf Grundcharakteristika der Klientel der WLH: der Anteil jener Personen, deren höchster Bildungsabschluss die absolvierte Pflichtschule darstellt, ist ausgesprochen hoch (42%) eine abgeschlossene Berufsausbildung liegt nur bei jeder vierten KlientIn vor (25%) eine weitergehende schulische oder eine höhere berufliche Ausbildung findet sich nur in einigen wenigen Ausnahmen die überwiegende Mehrzahl der KientInnen ist mehr/minder dauerhaft arbeitslos bzw. aufgrund von Krankheit oder Behinderung vom Erwerbsleben ausgeschlossen (78%) nur relativ wenige gehen einer regulären Erwerbsarbeit (22%) nach, etwa die Hälfte davon steht in einer Vollzeitbeschäftigung. Insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es sich beim überwiegenden Teil der hier dokumentierten Betreuungen eben nicht um Neuzugänge in die Beratung / Betreuung handelt, im Gegenteil auch die Betreuung bereits eine längere Laufzeit hinter sich hat, erscheint dieser niedrige Anteil der Erwerbsbeteiligung als besonderes Indiz dafür, dass die spezifische Kumulation von Benachteiligungen und Problemfaktoren eine hohe Tendenz zur Verfestigung der Armutslage nach sich zieht: keine Arbeit keine Wohnung kein ausreichendes Einkommen kein Einkommen Wohnung ist zu teuer keine Wohnung und keine Arbeit 71 Die Analyse der vorliegenden Betreuungsdokumentationen legt die Vermutung nahe, dass es der WLH nur sehr schwer gelingt, diesen Teufelskreis der Kumulation von Armutsfaktoren wirkungsvoll und nachhaltig zu durchbrechen. Kooperation mit dem psychosozialen / psychiatrischen Sektor und die Frage der Krankheitseinsicht Bei der Durchsicht der Betreuungsdokumentationen fällt auf, dass in vielen Fällen einer psychosozialen Stabilisierung der KlientInnen ein großer Stellenwert in der Einschätzung der individuellen Perspektiven und Chancen zur Rehabilitation beigemessen wird. Insbesondere bei den weiblichen Klientinnen häufen sich die Vermerke psychischer Instabilität bzw. psychiatrischer Erkrankungen. In deren Fachgeschichten dominieren stationäre Aufenthalte in psychiatrischen Einrichtungen bzw. findet sich wiederholt der Verweis auf eine fehlende Krankheitseinsicht sowie auf die Verweigerung von Medikation und psychiatrischer Behandlung. Demgegenüber finden sich in einigen wenigen Falldarstellungen auch konkrete Hinweise auf eine systematische Kooperation mit dem psychosozialen / psychiatrischen Sektor. Kooperation mit der Suchthilfe und die Frage der Abstinenzbereitschaft Ein ähnliches Bild ergibt sich unter dem Gesichtspunkt der Abhängigkeitserkrankungen (ib. von Alkohol, nennenswert jedoch auch von bewusstseinsverändernden Substanzen). So wie im voranstehenden Kapitel bereits auf die große Bedeutung des WL-Risikos Abhängigkeitserkrankung und Schnittstelle zu Einrichtungen der Suchthilfe hingewiesen wurde, so ist auch unter dem Gesichtspunkt der Bewältigungsstrategien von Wohnungslosigkeit festzustellen, dass einer systematischen Kooperation mit Einrichtungen der Suchthilfe offensichtlich bedeutsame Hürden entgegenstehen. 72 Insbesondere kann dies mit Blick auf die fragliche Abstinenzbereitschaft bzw. auf die fehlenden niederschwelligen konsumtolerierenden Angebote der Wohnbetreuung festgemacht werden. In diesem Hilfesegment sind offensichtlich die Zugangsanforderungen sehr hoch angesetzt, so dass den Betroffenen vielfach nur die Wahl bleibt zwischen nächteweiser Nutzung von Notschlafstellen, dem temporären Überleben bei Bekannten oder der völlige Verzicht auf Privatsphäre im betreuungsfreien Raum der (Billig-)Pensionen. Zugang zu adäquater Wohn(not-)versorgung und die Frage der Wohnfähigkeit Die Phase der Bewältigung von Wohnungslosigkeit und dem systematischen Abbau von individuellen Belastungen und Problemkumulationen ist, so kann den vorliegenden Betreuungsdokumentationen entnommen werden, gekennzeichnet durch ausgesprochen unzureichende Wohnverhältnisse. Informelle Hilfestellungen (Wohnen bei Bekannten) und prekäre Auswege (Überleben im Pensionszimmer) erweisen sich jedoch gerade für Personen mit großen Problembelastungen (Kumulation aus prekärem bis fehlendem Einkommen und psychosozialer Auffälligkeit bis Krankheit) als denkbar ungünstige bis de facto ungeeignete Grundlage für eine erfolgreiche Problembewältigung. Offensichtlich wird, dass die WLH in Salzburg in Ermangelung von ausreichenden Kapazitäten zur Versorgung ihrer KlientInnen mit adäquaten und leistbaren Wohnungen tatsächlich in einer sehr einschränkenden Flaschenhalssituation steckt. Während ständig Neuzugänge eine Lösung ihrer aktuellen Wohnversorgungskrise einfordern, werden offensichtlich nur unzureichend Versorgungskapazitäten im betreuten (Übergangs-)Wohnen frei. Eine Ablöse in eigenständige günstige Wohnungen ist jedoch vielfach durch fehlende Ansprüche auf längere Zeit verstellt. In mehrfacher Hinsicht ist die WLH damit in die Zwangslage versetzt, die AnwärterInnen für eine Aufnahme in Wohnbetreuungsangebote zu filtern. Letztlich kommen dann bevorzugt jene in den Genuss einer bedarfsadäquaten (Übergangs-)Versorgung, deren aktuelle Situation eine relativ günstige Prognose hinsichtlich einer Wohnvermittlung bzw. ihrer Fähigkeit, eine eigenständige Wohnung dann auch über einen längeren Zeitraum zu halten, erlaubt. Demgegenüber werden Personen mit ‚ungünstigen‘ Rahmenbedingungen, sprich: hoher Problembelastung und tendenziell ungünstiger Prognose, eher darauf verwiesen, sich im betreuungsfreien Raum mit informellen oder prekären Zwischenlösungen zu begnügen. 73 Vor dem Hintergrund der vorliegenden Betreuungsdokumentationen wird deutlich, dass im Falle von akuter Wohnungslosigkeit der Art und Qualität der jeweils realisierten Vermittlung in eine Wohn(Not)Versorgung eine entscheidende Rolle zukommt. Dementsprechend kann folgende Faustregel formuliert werden: Je akuter und problematischer die individuellen Belastungen der Hilfesuchenden eine systematische Bearbeitung von Wohnungslosigkeit bzw. der dafür ursächlichen Problemlagen behindern umso prekärer gestaltet sich die Wohn(Not)Versorgung umso höher die Verweildauer in der Wohnungslosigkeit eine tatsächliche Bewältigung der Wohnungslosigkeit wird mehr und mehr unwahrscheinlich. LANGZEITWOHNUNGSLOSIGKEIT UND ZEITLICH UNBESCHRÄNKTE VERSORGUNGSANGEBOTE In den Fällen, in denen es der WLH nicht gelingt, ihre KlientInnen bei der Bewältigung der Wohnungslosigkeit respektive der ursächlichen Problembelastungen nachhaltig zu unterstützen, kommt es zu einer Verfestigung der prekären Wohn- und Lebenssituation, die für die Betroffenen letztlich zum Bedarf nach einer dauerhaften (Not-)Lösung im Rahmen einer Basisversorgung mit kontinuierlicher Begleitung führt. Für diese Bedarfsgruppe werden von der WLH einige betreute Dauerwohnplätze bereit gestellt. Dieses Angebot erscheint letztlich als alternativlos, zumal die Betroffenen andernfalls in ihrem Überleben gefährdet wären. Zu fragen wäre jedoch, ob und inwieweit eine Integration dieser Personengruppe in stationäre Angebote der Seniorenhilfe (Seniorenheime, Pflegeheime) aufgrund ihres besonderen Unterstützungsbedarfs respektive der entsprechenden Toleranz hinsichtlich Alkoholabhängigkeit und / oder auffälligem Verhalten realistisch ist oder durch eine ambulante Wohnbetreuung in einer eigenen Wohnung eine angemessene Lebenssituation gewährleistet werden kann. 74 1.3.4 Wege aus der Wohnversorgungskrise respektive Wohnungslosigkeit In der Landeshauptstadt Salzburg hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine veritable Wohnungsnot ausgebreitet und stabilisiert. Die Nachfrage nach leistbaren Wohnungen steht in keinem Verhältnis zu den verfügbaren Kapazitäten des Altbaubestands als auch der Neubauleistungen. So entfallen beim städtischen Wohnungsamt in Salzburg auf eine verfügbare Wohnung etwa zehn WohnungswerberInnen mit zuerkannter Dringlichkeit, so dass sich eine statistische Wartezeit von durchschnittlich zehn Jahren ergibt. Die politischen und administrativen Körperschaften sind bislang mit Vorschlägen der WLHEinrichtungen, ein Kontingent von Wohnungen für die Wohnversorgung von wohnungslosen Menschen bereitzustellen und / oder die Tatsache der Wohnungslosigkeit bei der Vergabe von Wohnungen nachdrücklicher zu berücksichtigen, eher ablehnend umgegangen20. WOHNUNGSLOSENHILFE UND DER WOHNUNGSMARKT Der Salzburger Wohnungsmarkt kommt in den vorliegenden Betreuungsdokumentationen nicht gut weg. Das betrifft zum einen die Tatsache, dass die überwiegende Mehrzahl der KlientInnen der WLH über gar keinen eigenständigen Wohnraum verfügen. Die Beispiele von Personen, die auf dem regulären Wohnungsmarkt wohnversorgt sind, verweisen zum anderen nahezu durchgängig auf z.T. gravierende Missstände: Wohnungen sind für Haushalte mit Kindern zu klein und überbelegt Wohnungen sind zu teuer und nicht leistbar Mietschulden und / oder unleidliches Verhalten haben zur Einleitung von Delogierungsverfahren geführt bei einigen KlientInnen der WLH geht die aktuelle Phase der Wohnungslosigkeit auf einen Wohnungsverlust infolge einer Zwangsräumung zurück weitere KlientInnen leben mit ihren Kindern in Wohnungen, die durch unzumutbaren und gesundheitsgefährdenden Substandard eigentlich nicht für Wohnzwecke geeignet sind. 20 Vgl. dazu die Dokumentation der Fachgespräche des FORUM WLH zu Modellen für wohnpolitische Beiträge zur Lösung und Bewältigung von Wohnungslosigkeit 75 Gemeinsam haben diese Einzelbeispiele, dass sie sich entweder eine Übersiedlung in eine adäquatere Wohnung einfach nicht leisten können und solcherart darauf angewiesen sind, mit den prekären Verhältnissen zurechtzukommen, oder aber aufgrund fehlender Ansprüche auf eine geförderte leistbare Wohnung von einem befristeten Wohnverhältnis in die nächste Übergangslösung zu wechseln. Auffällig ist in diesem Zusammenhang weiters, dass es im Rahmen der WLH nur sehr schwer gelingt, ihre hilfesuchenden KlientInnen bei der Bekämpfung der wohnungsmarktspezifischen Problemlagen von Zwangssesshaftigkeit in Überbelag oder Substandard bzw. von Zwangsmobilität von einer überteuerten Wohnung in die nächste wirkungsvoll zu unterstützen. Offensichtlich fehlen diesbezüglich entsprechende rechtliche Ressourcen respektive der notwendige politische Rückhalt, um im wohnpolitischen Kontext eine aktive Rolle spielen und Einfluss auf die Konditionen des privaten Wohnungsmarktes nehmen zu können. In jedem Fall machen die vorliegenden Betreuungsdokumentationen überdeutlich, dass der private Wohnungsmarkt zu einem erheblichen Teil als Ursache der je aktuellen Wohnkrisen angesehen werden kann. Zentrale Charakteristika wie hohe Anmietungskosten, Begrenzung der Mietvertragsdauer, hohe Miet- und Betriebskosten stellen für Armutshaushalte große Belastungen bzw. überhaupt ein Risiko dar, wohnungslos zu werden. Auch aus der Sicht der WLH ist hier festzustellen, dass der private Wohnungsmarkt nur wenige Optionen und Chancen bereit hält, zur Bewältigung von Wohnungslosigkeit beizutragen. Vor allem in Hinblick auf die anzustrebende Nachhaltigkeit der Bewältigung von Wohnungslosigkeit erscheint im Gegenteil eine Vermittlung in Wohnungen des privaten Wohnungsmarktes als WLH-Strategie tendenziell kontraindiziert. Ungeachtet dieser Ausgangssituation bleibt der WLH jedoch insbesondere für jene KlientInnen, welche die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer geförderten oder Gemeindewohnung noch nicht erfüllen (z.B. Drittstaatsangehörige ohne verfestigten Aufenthaltsstatus, AsylwerberInnen, ÖsterreicherInnen mit berufsbedingten Binnenwanderungen etc.), gar keine andere Wahl. In diesen Fällen gestaltet sich die Suche nach einer leistbaren Wohnung äußerst schwierig, zumal hier letztlich nur der private Wohnungsmarkt in Frage kommt. Die Nischen für preisgünstige schlecht ausgestattete (Substandard-) Wohnungen sind jedoch erfahrungsgemäß in den vergangenen Jahrzehnten auf einen kleinen Restbestand zusammengeschrumpft. Dementsprechend ist es um die Wohnperspektiven dieser Haushalte ausgesprochen schlecht bestellt. Erschwerend kommt hier zum Tragen, dass die WLH nicht in die Lage versetzt ist, auch nur annähernd adäquate Alternativen zu eröffnen. 76 ZUGANG ZU ERSCHWINGLICHEN WOHNUNGEN DES SOZIALEN WOHNUNGSMARKTES In einer ganzen Reihe von Betreuungsverläufen steht die konkrete Betreuungsarbeit letztlich unter den Vorzeichen der Suche nach einer leistbaren adäquaten Wohnung. Bedarfsanmeldung für eine leistbare Wohnung Bedarf nach einer leistbaren Wohnung absolut in % Weibliche Wohnungslose 31 70% Männliche Wohnungslose 40 63% 71 66% gesamt In der Mehrzahl der vorliegenden Betreuungsdokumentationen (66%) verweisen die BetreuerInnen dezidiert auf die Dringlichkeit der Suche nach einer leistbaren Wohnung. Nach Möglichkeit werden diese KlientInnen von ihren BetreuerInnen dabei unterstützt, ihre Ansprüche auf eine Gemeindewohnung geltend zu machen. Viele KlientInnen der WLH sind dabei jedoch mit der Tatsache konfrontiert, dass sie die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen nicht oder noch nicht erfüllen, wie in manchen Betreuungsdokumentationen dezidiert vermerkt wird. Im besten Fall handelt es sich dabei darum, der Vorgabe eines durchgängigen regulären Wohnsitzes in der Stadt Salzburg zu entsprechen. Insbesondere vor dem Hintergrund einer unregelmäßigen Wohngeschichte, von Unterbrechungen der Meldezeiträume etc. ist es vielen wohnungslosen Menschen eben nicht möglich, einen lückenlosen Aufenthaltsnachweis zu erbringen. Besonders problematisch ist in diesem Zusammenhang die Situation von Drittstaatsangehörigen, die (noch) nicht auf den Status eines verfestigten Aufenthalts verweisen können. Unter den gegebenen wohnpolitischen Vorzeichen bleibt der WLH häufig nichts anderes übrig, als Zwischen- und Überbrückungslösungen anzubieten, um die sozialarbeiterischen Bemühungen um eine Bewältigung der Wohnungslosigkeit nach Möglichkeit nicht zusätzlich zu belasten. Im Einzelnen stehen der WLH in dieser Situation folgende ergänzende oder ersatzweise Optionen zur Auswahl: Rahmenbedingungen für die Überbrückung der Wartezeit bereitzustellen Hilfestellungen zur Erfüllung von Anspruchsvoraussetzungen; z.B. Absicherung des Aufenthaltsstatus, Antragstellung auf die österreichische Staatsbürgerschaft 77 psychosoziale Stabilisierung und Bewältigung von Faktoren, die zur Entstehung der Wohnungslosigkeit ursächlich oder verschärfend beigetragen haben (ib. Schulden, Konsumverhalten, soziale Integration etc.) ambulante und nachgehende Betreuung im Wohnumfeld In einzelnen Betreuungsdokumentationen wird dezidiert darauf verwiesen, dass der Antrag auf eine Gemeindewohnung aktuell bereits eingebracht werden konnte. Ein Betreuungsverlauf schließt mit der Feststellung, dass der Antrag auf eine Gemeindewohnung bewilligt und bereits eine Wohnung zugewiesen wurde. HILFESTELLUNGEN ZUR ÜBERBRÜCKUNG VON WARTEFRISTEN – IM SPANNUNGSFELD VON ABSTINENZAUFLAGEN, KRANKHEITSEINSICHT UND ERWERBSBETEILIGUNG Die Betreuungsverläufe, die aus dem engeren Bereich der WLH (Beratung und Betreutes Wohnen) zur Verfügung gestellt wurden, stehen wesentlich unter dem Vorzeichen, förderliche Rahmenbedingungen für die Überbrückung von Wartezeiten auf die Vermittlung einer leistbaren Wohnung bereit zu stellen und die Zeit bis dahin so gut und intensiv als möglich für die Aufarbeitung von ursächlichen Problemfaktoren zu nützen. Dabei geht es in vielen Fällen um die psychosoziale Stabilisierung der KlientInnen, ib. in Hinblick auf die Einleitung einer Entwöhnungsbehandlung. In etwas niedrigerem Maße steht die Förderung der psychischen Gesundheit auf dem Programm. Fragen der individuellen Arbeitsfähigkeit, von beruflicher (Um)Schulung und Arbeitsintegration kommen auf dem dritten Rang zu liegen. In mehreren Betreuungsverläufen stehen weiters fremdenrechtliche Beratung und entsprechende Unterstützungen an, damit die KlientInnen die Anspruchsvoraussetzungen für die Vermittlung preisgünstiger Wohnungen erfüllen können. Aufgabenstellungen im Vorfeld der Wohnvermittlung, tabellarischen Überblick , in % der jeweiligen Altersgruppe Frauen Männer Gesamt (107) <30J. (15) >30J. (29) <30J. (16) >30J. (47) Behandlung von Alkoholoder Drogenabhängigkeit 0% 14% 13% 51% 28% Stabilisierung der psychischen Befindlichkeit 27% 31% 25% 9% 20% Förderung der Arbeitsintegration 13% 3% 13% 15% 11% fremdenrechtliche Beratung 13% 7% 0% 6% 7% 78 FÖRDERUNG UND ABSICHERUNG VON ZUGANGSVORAUSSETZUNGEN, IB. FREMDENRECHTLICHE BERATUNG UND HILFESTELLUNG In einzelnen Betreuungsdokumentationen wird dezidiert darauf hingewiesen, dass aktuell die Anspruchsvoraussetzungen auf die Beantragung einer Gemeindewohnung noch nicht erfüllt sind. Allerdings wird diese Detailfrage eher nur unsystematisch beantwortet, sodass hier kein statistischer Überblick über die jeweiligen Begründungen für fehlende Ansprüche möglich ist. Die nachstehenden Kernaussagen aus einzelnen Betreuungsverläufen geben jedoch ein meines Erachtens stimmiges Bild der entsprechenden Problemlagen: Konventionsflüchtling, nach Auslaufen der Bundesbetreuung noch kein Anspruch auf eine Gemeindewohnung nach Scheidung mit den minderjährigen Kindern aus der BRD nach Salzburg zurückgekehrt – kein Anspruch auf eine Gemeindewohnung nach Delogierung aus Gemeindewohnung noch offene Mietschulden – kein Anspruch nach Gewalt in der Beziehung Flucht aus der Wohnung in die Stadt – kein Anspruch nach Auflösung der Lebensgemeinschaft ist die gemeinsame Wohnung nicht mehr leistbar (zu groß und zu teuer) – kein durchgängiger Aufenthalt in der Stadt Salzburg und noch kein Anspruch nach problematischer Ablöse von seinen Eltern zieht Klient in die Stadt Salzburg, kann sich aber eine Wohnung auf dem privaten Wohnungsmarkt sicherlich nicht leisten, auf eine Gemeindewohnung besteht jedoch (noch lange) kein Anspruch nach jahrelanger Beschäftigung im Gastgewerbe mit wechselnden Arbeitgebern und Aufenthaltsorten kann der Klient keinen durchgängigen Wohnsitz vorweisen, damit besteht auch kein Anspruch auf eine Gemeindewohnung Als gemeinsamer Nenner dieser Bedarfsanmeldungen sind ib. die prekäre Einkommenssituation, eingeschränkte Erwerbsfähigkeit sowie eine existenziell belastende Problemlage zu nennen. In Hinblick auf die Faktoren, die zur Zuerkennung einer dringlichen Wohnversorgung angerechnet werden, besteht in allen diesen Fällen wohl kein Zweifel, dass eine tatsächliche Bewältigung der Wohnversorgungskrise von einer Vermittlung in eine leistbare und adäquate Wohnung abhängig ist. Trotz vorliegender Dringlichkeit und fachlich begründetem Bedarf sind diese Haushalte aufgrund der Nichterfüllung der Anspruchsfristen darauf verwiesen, sich mit teils sehr prekären Zwischen- und Übergangslösungen zu behelfen, sofern sie nicht überhaupt in zeitlich unbeschränkten Wohnbetreuungsangeboten jenseits einer regulären Wohnversorgung verweilen. 79 1.3.5 Chancen, Potenziale und Grenzen der WLH in Salzburg Bei aller Würdigung der inzwischen realisierten fachlichen und strukturellen Weiterentwicklungen ist festzuhalten, dass die quantitative und qualitative Weiterentwicklung der WLHAngebote in Salzburg einem sozialpädagogischen Interventionsschema gefolgt ist und demgemäß auf den engeren sozialpolitischen Bereich fokussiert blieb. Das in Salzburg, weitgehend analog zur WLH in Österreich (siehe dazu den Ländervergleich zur Entwicklung der WLH im Anhang), realisierte Versorgungssystem entspricht in seinen Grundzügen einem Stufenmodell, das den wohnungslosen Menschen einen schrittweisen Aus- und Aufstieg aus der Wohnungslosigkeit gewährleistet: o Prävention von Delogierungen für Haushalte, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind o niederschwelliger Zugang in Anlauf- und Beratungsstellen o niederschwellige NächtigerInnenangebote für akut wohnungslose Menschen o Angebote des (sozialtherapeutisch angelegten) betreuten Übergangswohnens o ambulant betreute Übergangswohnungen o eigenständige Wohnungen mit temporärer Begleitung und Nachbetreuung Mit Ausnahme der Delogierungsprävention, die ansatzweise über den sozialpädagogischen Aufgabenrahmen hinausreicht und gezielt auch rechts- und wohnpolitische Fragestellungen behandelt, war es in Salzburg bislang kaum möglich, wohnpolitisch relevante Regelungsbereiche in der Struktur- und Qualitätsentwicklung der WLH aufzugreifen. Selbst unter präventiven Gesichtspunkten so wichtige Aufgabenbereiche wie etwa bedürfnisadäquate Vorsorgen an den Schnittstellen zum Gesundheitssystem (ib. Psychiatrie und Suchthilfe) sowie zur Rechts- und Justizpflege (Strafvollzug und Haftentlassenenhilfe; gerichtliche Wegweisung) sind nur schwer zu gewährleisten. Der Wohnungslosenhilfe in Salzburg ist es in diesem Sinne nur ansatzweise möglich, eine strukturell angelegte Eindimensionalität zu überwinden und ihre Angebote und Maßnahmen zur Bewältigung von Wohnungslosigkeit als Querschnittagenda unter systematischer Einbeziehung anderer Politikbereiche (allem voran denke ich dabei an Gesundheit und Wohnen) zu gestalten. Nach wie vor, so kann hier resümiert werden, steht die WLH in Salzburg im Bann eines Paradigmas, das die Hilfestruktur nahezu ausschließlich an den Defiziten und Schwächen der betroffenen Menschen ausrichtet. Strukturell angelegte Schwachstellen und Problembereiche, allem voran der Mangel an leistbaren Wohnungen, bleiben letztlich in der Ressourcen- und Kompetenzausstattung der WLH unberücksichtigt. 80 Dementsprechend gilt in der WLH das fachliche Diktum, wohnungslose Personen dahingehend zu unterstützen, damit diese wieder wohnfähig werden – unter der stillschweigend hingenommenen Unterstellung, dass sich dann das Problem unzureichender Zugänge zu leistbaren Wohnungen von selbst lösen würde. INTERNATIONALE MODELLE FÜR EINE GANZHEITLICH ANGELEGTE WOHNUNGSLOSENHILFE Einzelne EU-Mitgliedsländer (ib. Finnland und die Niederlande) haben inzwischen einen alternativen Arbeitsansatz aufgegriffen, der auf ein in den USA entwickeltes und in einzelnen US-Bundesstaaten bereits erfolgreich umgesetztes Modell zurückgeht, in dem die Unterbringung von wohnungslosen Menschen in eigenständige, leistbare und adäquate Wohnungen an vorderster Stelle der Intervention steht21. Dieses Modell wird unter dem Fachterminus ‚Housing first‘ diskutiert und steht in diametralem Gegensatz zu den Vorsorgen in den meisten EU-Ländern, die sich wesentlich dadurch charakterisieren lassen, dass sich die wohnungslosen Menschen über klar voneinander abgegrenzte Stufen eines Versorgungssystems (Stufenmodell) durch- respektive hinaufarbeiten müssen. Eine endgültige Versorgung auf dem Regelwohnungsmarkt ist im österreichischen System erst als letzte Stufe eines komplexen, zeitaufwändigen und differenzierten Prozesses vorgesehen, in dem sich die wohnungslosen Menschen jeweils bewähren müssen, bevor sie in die nächste Etappe aufgenommen werden. Belastet wird dieses Modell in der Praxis jedoch auch dadurch, dass die Kapazitäten für diesen Wechsel häufig nicht ausreichen und es dann zu letztlich kontraproduktiven Ausweitungen der Verweildauer in der Wohnungslosigkeit bzw. sogar zu einer Verfestigung der ursächlichen Problemlagen kommt. Der Arbeitsansatz des ‚Housing first‘ geht von der Annahme aus, dass die komplexe Problematik der Lebenssituation wohnungsloser Personen erst dann systematisch und nachhaltig bearbeitet werden kann, wenn der existenziell bedrohliche Mangel an einer adäquaten und leistbaren Wohnung behoben ist. Demzufolge erfolgt die Unterstützung der ehedem wohnungslosen Personen bei der Erhaltung ihrer Wohnung (regelmäßige Zahlung von Miet- und Betriebskosten, Einhaltung von Hygiene und Hausregeln, friktionsfreier Umgang innerhalb der Hausgemeinschaft etc.) sowie die systematische Bearbeitung und Bewältigung jener individuellen Problemlagen, die den Weg in die Wohnungslosigkeit bereitet oder verursacht haben, als Aufgabe flankierender Maßnahmen der individuellen Betreuung erst nach der Vermittlung in eine eigenständige Wohnung. 21 Vgl. dazu Busch-Geertsema 2009, Tainio & Fredrikson 2010 81 Die Tatsache eines wie immer gestalteten Betreuungs- und Unterstützungsbedarfs stellt demgemäß keinen Grund für einen Ausschluss von einer adäquaten Wohnversorgung dar. Im Gegenteil gilt hier die Vermittlung einer Wohnung als erster und wesentlicher Schritt, auf dessen Grundlage dann erst Maßnahmen zur gezielten Bearbeitung weitergehender Bedürfnisse in einem begleitenden und ambulanten Setting gewährleistet werden. 2. Wohnungslosigkeit und Wohnungslosenhilfe im Spiegel von Betreuungsdokumentationen 2.1. 2.1.1 Wege in die Wohnungslosigkeit Trennung / Scheidung / wohnungslos Der wohl wichtigste Auslöser bzw. der unmittelbare Anlass für den Einstieg in eine Phase der Wohnungslosigkeit liegt in der Trennung von Ehen / Lebensgemeinschaften. Im Durchschnitt betrifft dies knapp die Hälfte der detailliert dokumentierten Fälle (45%). Insbesondere bei den Frauen (älter als 30 Jahre) stehen Trennungserfahrungen (z.T. in Kombination mit häuslicher Gewalt) als Problemursache deutlich im Vordergrund (69%). In einem Einzelfall hat der Suizid des Lebensgefährten zu einer nachhaltigen psychosozialen Beeinträchtigung geführt, die ökonomische Überforderung war in der Folge Anlass für den Wohnungsverlust. In einem weiteren Einzelfall hat die Inhaftierung des Lebensgefährten dazu geführt, dass die Frau sich die Wohnung nicht mehr leisten konnte und ausgezogen ist. Auch bei den Männern kommt der Trennung von Lebensgefährtinnen eine prominente Rolle beim Einstieg in die Wohnungslosigkeit zu. Dies ist bei etwa jedem zweiten Mann (älter als 30 Jahre) der Fall (51%). Allerdings lässt sich in diesen Fällen beobachten, dass hier der Einstieg in die Wohnungslosigkeit aus völlig anderen Motiven erfolgt als bei den Frauen. Teilweise lässt sich die folgende Wohnungslosigkeit (der vorübergehende Unterschlupf bei Bekannten, die Anmeldung in einer Notschlafstelle etc.) in manchen Fälle sogar als eine Strategie zur Bewältigung der Trennungserfahrung interpretieren. 82 Bei den jüngeren Frauen (jünger als 30 Jahre) liegt dieser Wert bei 40%, bei den jüngeren Männern bei 7%. Hier stehen andere Ursachenbündel als Auslöser für die Wohnungslosigkeit im Vordergrund, wie z.B. Ablöse von der Familie respektive aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt. Fallbeispiel aus der Delogierungsprävention, weiblich (Fall Nr. 3) Angaben zur Person weiblich / Ledig, 21-30 J. / Österreich / nicht erwerbstätig – arbeitslos / Transfer aus der Arbeitslosenversicherung / Mietwohnung / Schulden höchster Bildungsabschluss: HASCH Einkommen: € 1.020 Fixausgaben: € 980 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Trennung vom Lebensgefährten infolge von Gewalt und finanzieller Ausbeutung, Überschuldung, Arbeitslosigkeit und Einkommenseinbußen WL-Status: junge Frau bleibt in zu teurer Wohnung, Mietschulden und Delogierungsverfahren Status der Betreuung: Delo-Prävention erfolgreich, Wohnung gesichert Bedarf: Beratung bzgl. gesamter Lebenssituation, ib. psychosozialer Stabilisierung, Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und der sozialen Sicherheit, Schuldenregulierung Fallbeispiel aus dem betreuten Wohnen, weiblich (Nr. 100) Angaben zur Person: Weiblich, >50 Jahre; geschieden; arbeitslos – AL/NH; Österreich; Übergangswohnen Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Scheidung, Haftstrafe, kann teure Mietwohnung nicht halten, psychisch instabil / Depression und Alk.Problem höchster Bildungsabschluss: Poly Status der Betreuung: lebt derzeit im betreuten Übergangswohnen Einkommen: € 800 Fixausgaben: € 300 Bedarf: Beratung, Gemeindewohnung, stabile Abstinenz Fallbeispiel aus der Sozialberatung, männlich (16) Angaben zur Person: männlich / >50J.; ledig / Österreich / Nicht erwerbstätig; arbeitslos – aktuell nicht arbeitsfähig / Behinderung / Pensionszimmer höchster Bildungsabschluss: Hauptschule Einkommen: € 700 Fixausgaben: € 350 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Tod der Lebensgefährtin, psychosoziale Instabilität, prekäre Beschäftigung und häufig arbeitslos; aktuell nicht erwerbsfähig wegen psych. Behinderung; seit ca. 10 Jahren prekäre Wohnversorgung; Alk-Problem WL-Status: WLH-Übergangswohnen abgebrochen, seit mehreren Jahren in Pensionszimmer Bedarf: Beratung und Amtshilfe, günstiger Wohnraum, psychosoziale Betreuung und Behandlung der Alk.Probleme 83 2.1.2 Häusliche Gewalt und deren Folgen für Männer (Wegweisung – wohnungslos) Bei fünf der älteren (>30 Jahre) und einem der jüngeren Männer stehen häusliche Gewalt und / oder Wegweisung am Beginn einer Phase der Wohnungslosigkeit. Das entspricht einem Anteil von 27% an den dokumentierten Auflösungen von Lebensgemeinschaften. Anders als bei den betroffenen Frauen erfolgt bei den Gewalttätern der Einstieg in die Wohnungslosigkeit als unmittelbare Konsequenz des Gewaltvorfalls bzw. als Folge einer externen Intervention. Zumindest befristet ist der reguläre Wohnsitz damit nicht mehr gegeben und eine zumindest temporäre Wohnungslosigkeit die Folge. Die Anmietung eines Pensionszimmers, die temporäre Unterkunft bei Freunden / Bekannten sind die häufigsten Strategien zur Bewältigung dieser akuten Notlage, die Vorsprache in einer WLH-Einrichtung bzw. die Nutzung eines Nächtigungsangebotes in einer Notschlafstelle werden in der Regel aus letzter Ausweg gewählt. Fallbeispiel aus der Sozialberatung, männlich (Nr. 39) Angaben zur Person männlich / 41-50J.; geschieden / Dritt-Staat; in Sbg seit 2007 / Arbeitslos; AL-Bezug / Notschlafstelle höchster Bildungsabschluss: Hauptschule Einkommen: € 700 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: nach Vorfällen häuslicher Gewalt -> gerichtliche Wegweisung WL-Status: Pensionszimmer, bei Freunden, NOST Status der Betreuung: laufender Kontakt mit Beratungsstelle Bedarf: Beratung; Suche nach günstigem Wohnraum Fixausgaben: k.A. Fallbeispiel aus der Sozialberatung, männlich (Nr. 50) männlich / 21-30J.; ledig; Unterhaltspflicht für Kinder / Österreich / Arbeitslos, Arbeitslosenbezug / Schulden, ib. Unterhaltsschulden / wohnt bei Bekannten ohne Mietvertrag höchster Bildungsabschluss: Poly Einkommen: € 600 Fixausgaben: € k.A. Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: prekäre Erwerbstätigkeit sowie Wohnversorgung; Wegweisung in die WL WL: wohnt sich bei Bekannten, ib. weiblichen, durch Bedarf: Beratung und Aufbau einer stabilen Betreuungsbeziehung 84 Fallbeispiel aus der Sozialberatung (Nr. 29 & 30) Angaben zu den Personen: weiblich / 21-30 J.; verheiratet; 2 Kinder / Dritt-Staat / Aufenthaltsrecht an Ehe gebunden / Nicht erwerbstätig; Karenzgeld Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: ohne eigenständiges Bleiberecht; Trennung von früherer LG; nunmehr in neuer LG und gemeinsam mit den Kindern in zu kleiner Wohnung männlich 31-40 J.; verheiratet / DrittStaat / öst. Staatsbürgerschaft / Vollzeit / Schulden; WL: Überbelag und zu teure Wohnung Kleinst-Mietwohnung – 30m2 – zu viert höchster Bildungsabschluss: k.A. Haushaltseinkommen: € 1.800 Fixausgaben: € 850 2.1.3 Betreuungsstatus: regelmäßiger Kontakt in der Beratungsstelle Bedarf: Beratung und Amtshilfe, Schuldenregulierung, günstiger Wohnraum Häusliche Gewalt und deren Folgen für Frauen (Überteuerung, Unsicherheit etc.) Vier der älteren (>30 Jahre) sowie zwei der jüngeren Frauen (<30 Jahre) führen als Ursache für die Wohnungslosigkeit Gewalterfahrungen, ausgeübt von ihren Lebensgefährten, an. Das entspricht einem Anteil von 23% an allen dokumentierten Auflösungen von Lebensgemeinschaften. Unter mehreren Gesichtspunkten stellt häusliche Gewalt für Frauen einen Auslöser für existenzielle Krisen dar, die in Wohnungslosigkeit münden können. Das betrifft an erster Stelle die psychischen Folgen wie etwa Trauma, Angst und psychische Instabilität, die es den betroffenen Frauen in letzter Konsequenz unmöglich machen, in der gemeinsamen Wohnung zu verbleiben. Selbst eine gerichtliche Wegweisung des gewalttätigen Mannes stellt vor diesem Hintergrund keine ausreichende Maßnahme dar. In vielen Fällen ist die finanzielle Grundlage für die Erhaltung der Wohnung nicht sichergestellt, insbesondere wenn unklar ist, ob und wann entsprechende Unterhaltsleistungen der männlichen Täter eingefordert respektive adäquate Bevorschussungen von den Behörden lukriert werden können. Die vorliegenden Betreuungsdokumente illustrieren in jedem Fall, dass viele betroffene Frauen als unmittelbare Gewaltfolge auf informelle Lösungen und Bewältigungsstrategien zurückgreifen und mehr / minder vorübergehend bei Bekannten oder Verwandten Schutz und Hilfe suchen. 85 Fallbeispiel aus der Sozialberatung, weiblich (Nr. 37) Angaben zur Person weiblich / 31-40J.; geschieden; 2 Kinder / Österreich / Nicht erwerbstätig; Sozialhilfe / Familienbeihilfe / Bei Bekannten höchster Bildungsabschluss: Hauptschule Einkommen: € 464 plus Familienbeihilfe Fixausgaben: k.A. Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Trennung von LG (Gewalterfahrung) und Rückkehr nach Österreich; aus dem Frauenhaus zu Bekannten weitergezogen; kein Anspruch auf Gemeindewohnung WL: lebt mit den Kindern provisorisch bei Bekannten Status der Betreuung: laufender Kontakt mit Beratungsstelle Bedarf: Beratung und psychosoziale Versorgung, Hilfe bei Suche nach günstigem Wohnraum Fallbeispiel aus der Sozialberatung, weiblich (Nr. 57) Angaben zur Person Weiblich; 21-30J.; geschieden; 1 Kind; Österreich; teilzeit erwerbstätig; Einkommen plus Unterhalt; bei Bekannten / ohne Mietvertrag Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Gewalt in der Beziehung – Flucht aus der Wohnung (unsicher trotz Wegweisung) WL-Status: seit Ende 2009 in prekären Lösungen höchster Bildungsabschluss: kein Abschluss Einkommen: € 1.170 Fixausgaben: € keine Betreuungsstatus: Kontakt in Beratungsstelle Bedarf: leistbare Wohnung 2.1.4 Delogierung in die Wohnungslosigkeit Im Hintergrund vieler Karrieren wohnungsloser Personen, wie sie in den Betreuungsdokumentationen der Salzburger Beratungseinrichtungen vorgestellt werden, stehen Mietschulden, Delogierungsverfahren und Räumungsexekutionen (21%). In einigen wenigen Fällen ist auch unleidliches Verhalten bzw. Konflikt mit VermieterInnen oder Nachbarn als auslösende Ursache für die Einleitung von Räumungsverfahren festgehalten. 86 Tab.: geschlechts- und altersspezifische Aspekte bzgl. Delogierungserfahrung Geschlecht Alter Anzahl Prozentanteil Frauen Unter 30 Jahre 2 13% Über 30 Jahre 12 41% Über 30 Jahre 8 17% Unter 30 Jahre 1 6% 23 21% Männer Gesamt aus 107 In den dokumentierten Fällen stehen Armutsfaktoren wie prekäre Erwerbstätigkeit / unzureichendes Einkommen im Hintergrund der konkreten Delogierungsverfahren, in Kombination mit unterschiedlichsten Belastungs- oder Problemfaktoren wie Gewalt in der Beziehung, Trennungserfahrungen, Abhängigkeitserkrankungen etc. In vielen dokumentierten Delo-Erfahrungen wurden unterschiedlichste informelle Strategien gewählt, um die Problemlage zu bewältigen, bevor es zu einem regulären Kontakt mit einer Hilfeeinrichtung gekommen ist. Das reicht bis hin zum Versuch, über Privatkredite und Umschuldungsversuche die Löcher im Mietbudget zu stopfen. Einzelne Personen sind vor dem Hintergrund der anwachsenden Mietschulden freiwillig ausgezogen und z.B. bei Bekannten untergekommen, um so dem drohenden Delogierungsverfahren respektive der Räumungsexekution zuvorzukommen. Probleme in der Wohnversorgung und –sicherheit, wie sie in der Einleitung von Delogierungsverfahren behördlich dokumentiert werden, sind offensichtlich kein ausreichender Anlass für die Aufnahme eines Beratungskontakts respektive einer helfenden professionellen Intervention. Die Erfahrungen der Delogierungsprävention, wie sie in den entsprechenden Betreuungsdokumentationen ausgewiesen sind, belegen zudem den hohen Bedarf der betroffenen Haushalte nach weitergehenden Hilfestellungen und Begleitmaßnahmen, die auch nach einer erfolgreichen Wohnungssicherung erforderlich wären. Fallbeispiel aus der Delogierungsprävention, männlich (Nr. 2) Angaben zur Person: Männlich / Ledig, 21 – 30 J. / Österreich / Teilzeit beschäftigt / Mietwohnung; Überschuldung und Verwaltungsstrafen höchster Bildungsabschluss: Poly Einkommen: € 849 Fixausgaben: € 410 Ursachen der Wohnversorgungskrise: familiäre Streitigkeiten, problematische Ablöse in verdeckte Wohnungslosigkeit und prekäre Erwerbsbeteiligung / häufig arbeitslos; Überschuldung / seit 2008 mehrere Delo-Verfahren – jeweils provisorisch abgewendet (z.T. mittels Kredit), aktuell neuerliches Delogierungsverfahren Status der Betreuung: Intervention der Delo-Prävention Bedarf: Schuldenregelung, Hilfestellung bei der Arbeitssuche 87 Fallbeispiel aus der Delogierungsprävention, weiblich (Nr. 1) Angaben zur Person: Weiblich / Alleinerzieherin, 40 J., drei mj. Kindern / verwitwet / Österreich / nicht erwerbstätig / Mietwohnung Ursache der Wohnversorgungskrise: Tod des Ehemanns und psychosoziale Instabilität, Schulden WL: laufendes Delogierungsverfahren wegen Mietschulden höchster Bildungsabschluss: Lehre Betreuungsstatus: Delo-Prävention Einkommen: mtl. € 2.120 Bedarf: Haushaltsanalyse und Klärung von Ansprüchen (Sozialhilfe), Beratung und Delo-Prävention Fixausgaben: mtl. € 870 Fallbeispiel aus der Delogierungsprävention, Familie mit zwei Kindern, (Nr. 4) Angaben zu den Personen: weiblich / 31-40J.; 2 mj. Kinder / Österreich / nicht erwerbstätig / Mietwohnung / höchster Bildungsabschluss: Poly männlich / 41-50 / arbeitslos / Unterhaltspflichten & Überschuldung / Österreich höchster Bildungsabschluss: Lehre Haushaltseinkommen: € 1.719 Fixausgaben: € 1.387 Ursachen für Wohnversorgungskrise: Übersiedlung in größere Wohnung, Fehlgeburt, psychiatrisch/stationäre Behandlung der Frau – nicht erwerbsfähig, Arbeitslosigkeit des Mannes, Überschuldung WL: Wohnung ist nach Einkommenseinbußen nicht leistbar, Mietschulden und Delogierungsverfahren Betreuungsstatus: Delo-Prävention Bedarf: Delo-Prävention, Haushaltsplanung, Beratung und Amtshilfe, Schuldenregulierung Fallbeispiel aus der Sozialberatung, weiblich (Nr. 49) Angaben zur Person: weiblich / >50J.; ledig / Österreich / Nicht erwerbstätig; Sozialhilfe / Mietwohnung – ohne Warmwasser, überteuert höchster Bildungsabschluss: keine Angaben Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: psychisch krank, aber keine Krankheitseinsicht – verweigert Behandlung; Delogierung wegen unleidlichem Verhalten WL: aktuell in Substandardwohnung Betreuungsstatus: laufender Kontakt mit Sozialberatung Einkommen: € 464 Fixausgaben: € 600 Bedarf: Beratung, eine niederschwellige frauenspezifische Wohnform (Weglaufhaus) ist in Sbg leider nicht im Angebot 2.1.5 Ablöse von familiärer oder familienergänzender Betreuung (JW) In den Betreuungsdokumentationen jüngerer KlientInnen zeigt sich im Unterschied zu den älteren Personen, dass einer problematischen Ablöse aus familiären oder familienergänzenden Rahmenbedingungen eine ausgesprochen prominente Rolle beim Einstieg in die Wohnungslosigkeit zukommt. 88 Tabellarischer Überblick über Problemauslöser bei jungen Frauen und Männern (<30J.) Geschlecht Ablöse aus der Familie Ablöse aus Jugendwohlfahrt gesamt abs. in % abs. in % abs. in % Frauen (% aus 15) 3 20% 3 20% 6 40% Männer (% aus 16) 9 56% 2 13% 11 69% gesamt (% aus 107) 12 11% 5 5% 17 16% In den hier dokumentierten Fällen (siehe ausgewählte Beispiele unten) stehen kombinierte Problemlagen im Hintergrund, wie etwa: Schwierigkeiten mit dem Übergang von schulischer in berufliche Bildung problematischer Einstieg ins Erwerbsleben Konsum von Alkohol und / oder Drogen Krach wegen Regelbrüchen aller Art, wie z.B. Hausregeln in der Jugendwohlfahrt, innerfamiliäre Konflikte etc. Sichtbar wird bei dieser Untergruppe des Klientels jedenfalls auch eine große Distanz zu formellen Hilfe- und Unterstützungssystemen. Nahezu durch die Bank finden sich hier in erster Linie informelle Bewältigungsstrategien, ib. die temporäre Zuflucht bei Bekannten. Fallbeispiel aus der Sozialberatung (Nr. 77) Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Ablöse von Familie in die Wohnungslosigkeit / immer nur kurzfristige Arbeitsverhältnisse / kein Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung Angaben zur Person Weiblich; <20J.; Österreich; nicht erwerbstätig; Sozialhilfe; bei Bekannten / ohne Mietvertrag WL: prekäre Selbständigkeit – Jobs / temporäre und prekäre Unterkunft bei Bekannten höchster Bildungsabschluss: Hauptschule Status der Betreuung: ambulant, Aufbau der Betreuungsbeziehung Einkommen: € 464 Bedarf: Beratung, eigene Mietwohnung, Start einer Berufsausbildung Fixausgaben: k.A. Fallbeispiel aus der Sozialberatung (Nr. 83) Angaben zur Person: Männlich; 21-30J.; ledig; Österreich; nicht erwerbstätig; Schulden, Krankengeld; obdachlos Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Hilfsarbeiterjobs – viele Krankenstände – aktuell arbeitsunfähig; Alk.Problem WL: probl. Ablöse von Eltern (rausgeschmissen) -> WL seit 2007 (nur kurzzeitig in eigener Wohnung) höchster Bildungsabschluss: Poly Betreuungsstatus: regelmäßiger Beratungskontakt Einkommen: € 760 Bedarf: Beratung, sehr niederschwellige Wohnbetreuung, die es in Sbg nicht gibt Fixausgaben: k.A. 89 Fallbeispiel aus der Sachwalterschaft (Fall Nr. 12) Angaben zur Person Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: probl. Ablöse aus JW, nicht erwerbsfähig, psychisch krank; prekäre Wohnversorgung = alleine nicht wohnfähig / tw. bei Bekannten Weiblich / 21-30J.; ledig / Sozialhilfe, nicht erwerbstätig / Untersuchungshaft; hatte nie eigene Wohnung Status der Betreuung: ambulant, aktuell in U-Haft höchster Bildungsabschluss: kein Abschluss Bedarf: Einkommenssicherung und –verwaltung; stationäre Versorgung und psychosoziale Betreuung Einkommen: € 460 (vor der Haft) Fixausgaben: keine 2.1.6 Aus stationärer Betreuung – in die Wohnungslosigkeit Als besonders kritische Schnittstelle unterschiedlicher Hilfesysteme erweist sich nach Durchsicht der vorliegenden Betreuungsdokumentationen auch der Übergang aus stationären Behandlungseinrichtungen wie psychiatrische Kliniken, Entwöhnungseinrichtungen der Suchthilfe etc. Insbesondere kritisch gestalten sich in diesem Zusammenhang jene KlientInnen, die sich durch fehlende Krankheitseinsicht auszeichnen, die Behandlung tendenziell verweigern respektive vor Abschluss abbrechen. In diesen Fällen gibt es, wie es scheint, keinen funktionierenden / ausreichenden Filter vor einem Einstieg in die Wohnungslosigkeit. Im besten Fall realisieren diese Personen dann eine temporäre Zuflucht bei Bekannten oder eine prekäre Unterkunft in einem unbetreuten Pensionszimmer. Schlimmstenfalls landen sie jedoch auf der Straße, in der Obdachlosigkeit oder nächteweise in einer Notschlafstelle. Tab.: Überblick über die geschlechts- und altersspezifische Verteilung (Mehrfachnennungen) Geschlecht / Alter Psychiatrie Suchthilfe gesamt abs. in % abs. in % abs. in % Frauen, jünger als 30 Jahre (% aus 15) 4 27% 2 13% 6 40% Männer, jünger als 30 Jahre (% aus 16) 5 31% 7 44% 12 75% Frauen, älter als 30 Jahre (% aus 29) 20 69% 7 24% 27 93% Männer, älter als 30 Jahre (% aus 47) 12 25% 32 68% 44 93% gesamt (% aus 107) 41 38% 48 45% 89 83% 90 Fallbeispiel aus der Sozialberatung, weiblich (Nr. 87) Angaben zur Person Weiblich; 21-30J.; ledig; Österreich; nicht erwerbstätig; Pensionsvorschuss & Sozialhilfe; Schulden; Mietwohnung Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: probl. Ablöse aus JW; prekäre Erwerbsbeteiligung, häufig krank – psych. Probleme; stationär in CDK WL: prekäre Wohnversorgung seit 2008; häufig obdachlos höchster Bildungsabschluss: Poly Einkommen: € 510 Fixausgaben: 50 (f. Schulden) Betreuungsstatus: Kontakt in der Beratungsstelle Bedarf: Beratung, leistbarer Wohnraum, Schuldenregulierung, Stabilisierung der Gesundheit Fallbeispiel aus der Sozialberatung, weiblich (Nr. 14) Angaben zur Person weiblich / >50J.; ledig / Österreich / nicht erwerbstätig; seit vielen Jahren Sozialhilfebezug / Pensionszimmer / Schulden Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Delogierung vor ca. 10 Jahren (unleidliches Verhalten und Verwahrlosung der Wohnung), psychisch instabil; fragliche Erwerbsfähigkeit WL: nach der Delogierung einige Zeit in der Notschlafstelle und seit 10 Jahren in Pensionszimmer höchster Bildungsabschluss: Hauptschule Betreuungsstatus: loser Kontakt, keine verbindliche Betreuungsbeziehung Einkommen: € 460 Bedarf: Beratung und Amtshilfe, Schuldenberatung und günstiger Wohnraum, Basisversorgung – ev. Haushaltshilfe Fixausgaben: € 320 (Miete) Fallbeispiel aus der Sozialberatung, männlich (Nr. 55) Angaben zur Person: Männlich / 21-30J.; ledig; Österreich; arbeitslos; Sozialhilfe & Krankengeld; hohe Schulden; obdachlos Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Entlassung aus JW in die WL; psychisch sehr instabil; Alk.- und Drogenprobleme, prekäre Erwerbstätigkeit WL seit 2007 höchster Bildungsabschluss: Poly / Lehre abgebrochen Betreuungsstatus: nach Abbruch des betreuten Übergangswohnens Beratungskontakt Einkommen: € Sozialhilfe plus Krankengeld Bedarf: Beratung, Schuldenregelung und psychosoziale Stabilisierung, leistbare Wohnung mit begleitender Betreuung; geschützte Arbeit Fixausgaben: € k.A. Fallbeispiel aus der Sozialberatung, männlich (Nr. 17) Angaben zur Person: männlich / 41-50J.; ledig / Österreich / Nicht erwerbstätig; Sozialhilfebezug / Pensionszimmer Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Langzeitwohnungslos (ca. 15 Jahren), Drogenabhängigkeit; einmal Gemeindewohnung – verloren wegen Mietschulden höchster Bildungsabschluss: Hauptschule WL: nach Entwöhnungsbehandlung Entlassung in die Wohnungslosigkeit, danach Notschlafstelle und wiederholt Pensionszimmer Einkommen: € 460 Fixausgaben: € 50 Betreuungsstatus: loser Beratungskontakt (‚wenn er was braucht‘) Bedarf: Beratung und Amtshilfe, günstiger Wohnraum, psychosoziale Betreuung (ib. Drogenkonsum) 91 2.1.7 Entlassung aus der Haft Wohnungslosigkeit in Folge von Delinquenz und Haftstrafen scheint im Kontext der vorliegenden Betreuungsdokumentationen allem voran als Problem der männlichen Klienten auf. So weisen knapp jeder Dritte (31%) der jüngeren und jeder Fünfte der älteren Männer in ihrer Problemgeschichte eine Haftstrafe auf. Demgegenüber ist dies jeweils nur bei einer jüngeren sowie älteren Frau der Fall. Im Gesamtdurchschnitt liegt die Delinquenzquote im hier dokumentierten Sample bei 16%. Deutlich wird damit die große Bedeutung, die einer systematischen Vorsorge für eine adäquate Wohnversorgung nach der Entlassung aus einer Haftstrafe zukommt. Fallbeispiel aus der Sozialberatung, weiblich (Nr. 48) Angaben zur Person weiblich / 21-30J.; Lebensgemeinschaft / Österreich / Nicht erwerbstätig; Sozialhilfe / Pensionszimmer Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: probl. Ablöse von Familie; Lehrabbruch – unregelmäßiges Leben und WL (Punker Szene); Drogenabhängigkeit; Kindesabnahme; Haftstrafe wegen Verwaltungsdelikten WL: Entzug abgebrochen; Entwöhnung nicht angetreten Betreuungsstatus: regelmäßiger Beratungskontakt höchster Bildungsabschluss: Hauptschule, Lehre abgebrochen Einkommen: € 464 Bedarf: Beratung, Angebote des betreuten Wohnens für drogenkonsumierende junge Erwachsene gibt es in Sbg leider nicht Fixausgaben: € 300 Fallbeispiel aus der Sozialberatung, weiblich (Nr. 22) Angaben zur Person: weiblich / >50J.; geschieden / Österreich / Arbeitsunfähig; Rente / Obdachlos höchster Bildungsabschluss: Poly Einkommen: € 712 Fixausgaben: keine Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Tod ihres LG vor 2000; seither nicht erwerbsfähig und in Pension; Alk.Problem WL: aus Gemeindewohnung delogiert; Klinikaufenthalt und Haft; Entlassung in die Wohnungslosigkeit Bedarf: Beratung und Amtshilfe, günstiger Wohnraum, psychosoziale Betreuung (Alk.Konsum) – Basisversorgung Fallbeispiel aus dem ambulanten Betreuungssetting, männlich (Nr. 68) Angaben zur Person: Männlich; 21-30J.; ledig; Österreich; Vollzeit; Schulden; Pensionszimmer höchster Bildungsabschluss: Hauptschule Einkommen: € 900 Fixausgaben: 280 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: probl. Ablöse von Familie -> WL; prekäre Erwerbslaufbahn; Delinquenz WL: Haftstrafe, Entlassung in die Wohnungslosigkeit Betreuungssetting: ambulante Betreuung Bedarf: Beratung, betreutes Wohnen für junge Erwachsene 92 Fallbeispiel aus der Sozialberatung, männlich (Nr. 21) Angaben zur Person: Männlich / >50J.; geschieden / Österreich / Nicht erwerbstätig; Rente / Pensionszimmer höchster Bildungsabschluss: Hauptschule Einkommen: € 1.168 Fixausgaben: € 520 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Scheidung 2000; seither prekäre Beschäftigung bzw. Arbeitslosigkeit und prekäre Wohnversorgung; aktuell nicht erwerbsfähig und befristet in Pension; Alk.-Problem; WL: Klinikaufenthalt und Haft; Entlassung in die Wohnungslosigkeit, danach Notschlafstelle und Pensionszimmer; Bedarf: Beratung und Amtshilfe, günstiger Wohnraum, psychosoziale Betreuung (Alk.Konsum) – für Altersheim angemeldet 2.1.8 Aufenthaltsrechtliche Probleme In einzelnen Betreuungsdokumentationen wird die problematische Situation von Drittstaatsangehörigen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus und/oder eingeschränkten Zugängen zu sozialer Sicherheit und Wohnungssicherheit deutlich. Im hier vorliegenden Sample sind davon insgesamt 15 Personen (14%) betroffen, davon elf Männer und vier Frauen. Durchgängig ist in diesen Fällen zu beobachten, dass diese Haushalte große Schwierigkeiten damit haben, die Anmietungs- sowie die laufenden Mietkosten auf dem privaten Wohnungsmarkt aufzubringen. Die Folge davon sind ausgesprochen unzureichende Wohnverhältnisse. Das reicht von gesundheitsgefährdendem Substandard (verschimmelte Wohnung) bis hin zu unvorstellbarem Überbelag (zu sechst in einem Pensionszimmer). Die ökonomischen Belastungen werden bei manchen dieser Haushalte noch verschärft, wenn der Aufenthaltsstatus nur unzureichend geklärt ist, wenn etwa das Aufenthaltsrecht einer weiblichen Drittstaatsangehörigen an den Aufenthaltsstatus ihres männlichen Partners gebunden ist. So kommt es etwa dazu, dass eine Mutter von zwei Kindern plötzlich ohne eigenes Einkommen dasteht, weil ihr Lebensgefährte inhaftiert wurde. Die gemeinsame Wohnung ist unter diesen Vorzeichen nicht mehr leistbar, sie zieht aus und kommt (vorübergehend?) mit ihren Kindern bei Bekannten unter. Fallbeispiel aus der Sozialberatung, weiblich (Nr. 63): Angaben zur Person: Weiblich; 21-30J.; ledig – 2 Kinder; Dritt-Staat – pos. Asylbescheid (in Sbg seit 2007); arbeitslos; Sozialhilfe & Unterhalt; Schulden; sehr kleine Mietwohnung höchster Bildungsabschluss: Hauptschule Einkommen: € 880 Fixausgaben: 30 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Trennung von LG und Auszug aus Flüchtlingslager -> kleine Wohnung ist wegen Schimmel nicht bewohnbar und untragbar WL: Entlassung aus der Bundesbetreuung – in gesundheitsgefährdenden Substandard, auch nach Anerkennung des Flüchtlingsstatus – keine adäquate Wohnversorgung Betreuungsstatus: Kontakt mit Beratungsstelle Bedarf: Beratung und Schuldenregulierung, Deutsch-Kurs und berufliche Ausbildung, Gemeindewohnung 93 Fallbeispiel aus der Sozialberatung, männlich (Nr. 38): Angaben zur Person: männlich / 21-30J.; ledig / DrittStaat / Asylwerber; in Sbg seit 2007 / Nicht erwerbstätig; mittellos / in stationärer Behandlung Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Asylverfahren nicht abgeschlossen; psychisch krank; nicht erwerbsfähig; kein Anspruch auf Gemeindewohnung WL: in stationärer Behandlung in der CDK, für die Zeit nach der Entlassung ist keine Wohnversorgung in Aussicht Betreuungsstatus: loser Kontakt mit AusländerInnenberatung höchster Bildungsabschluss: k.A. Einkommen: kein Einkommen Fixausgaben: k.A. Bedarf: Beratung in asylrechtlichen Fragen und psychosoziale Versorgung, psych. Stabilisierung; Suche nach günstigem Wohnraum – ev. Pensionszimmer Fallbeispiel aus der AusländerInnenberatung, männlich (Nr. 18): Angaben zur Person: männlich / 41-50J.; ledig – 2 mitziehende Kinder / Dritt-Staat / Nicht erwerbstätig; Sozialhilfebezug / Pensionszimmer / Schulden höchster Bildungsabschluss: kein Abschluss Einkommen: € 460 Fixausgaben: € 320 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: langzeitwohnungslos; prekäre Erwerbstätigkeit bzw. nicht erwerbsfähig; Alk.-Problem; frühere Mietwohnung – verloren wegen Mietschulden und unleidlichem Verhalten WL: Haftstrafe; Entlassung in die Wohnungslosigkeit, danach Notschlafstelle und wiederholt Pensionszimmer Betreuungsstatus: Beratungskontakt Bedarf: Beratung in aufenthaltsrechtlichen Fragen, Amtshilfe, günstiger Wohnraum, psychosoziale Betreuung, und Schuldenregelung Fallbeispiel aus der AusländerInnenberatung, weiblich (Nr. 62): Angaben zur Person: Weiblich; 31-40J.; verheiratet – 2 Kinder; Dritt-Staat (in Sbg seit 2008); Karenz; bei Bekannten / ohne Mietvertrag Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: LG in Untersuchungshaft; kein eigenständiger Aufenthaltstitel – kein Anspruch auf Transferleistungen; WL: kann mangels Einkommen Miete nicht zahlen und zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus Betreuungsstatus: Beratungskontakt höchster Bildungsabschluss: Matura Einkommen: € keine Fixausgaben: k.A. Bedarf: Beratung, finanzielle Absicherung und Krankenversicherung, Aufenthaltstitel, psychosoziale Unterstützung, Wohnversorgung 2.1.9 Überleben im gesellschaftlichen Abseits – akut wohnungslos / obdachlos Insgesamt scheinen in den Betreuungsdokumentationen sechs Männer und zwei Frauen als akut wohnungslos / obdachlos auf. Weitere acht Männer sind als NutzerInnen von Nächtigungsangeboten (Notschlafstellen) dokumentiert. Weiters werden eine Frau sowie zwei Männer genannt, die aktuell in einem stationären Setting (Psychiatrie oder Haft) und jenseits einer eigenen (wie immer prekären) Wohnform leben. 94 Tab.: akute Wohnungslosigkeit (inkl. Mehrfachangaben) NOST obdachlos stationär gesamt Frauen 0 2 1 3 Männer 8 6 2 16 gesamt 8 8 3 19 Insbesondere bei den als obdachlos dokumentierten Personen verweisen die BetreuerInnen auf die Tatsache, dass es sich bei ihnen um eine Langzeitkarriere als Wohnungslose handelt, die sich mit dieser Situation inzwischen bereits weitgehend abgefunden haben. Der WLH kommen in diesen Betreuungsfällen vor allem Aufgaben einer niederschwelligen Kontaktstelle zu. Ihr Angebot einer Post- und Kontaktadresse, Hilfestellung bei Amtswegen und Behördengängen, Geldverwaltung und Dokumentenverwahrung etc. stellt eine wichtige Überlebenshilfe dar, ohne dass sich daraus zwangsläufig auch Optionen für eine systematische Bearbeitung oder Bewältigung der grundlegenden Problemlagen ergeben. Dementsprechend bescheiden sind denn auch die Wünsche und Perspektiven, die einige der obdachlosen Personen an die Einrichtungen und / oder ihre BetreuerInnen richten. Letztlich bleibt lediglich das Angebot als Ansprechperson, das dann mehr / minder regelmäßig in Anspruch genommen wird. Kleinere Überlebenshilfen wie die Vermittlung von neuer Bekleidung etc. oder aber die Begleitung in eine akut notwendige medizinische Behandlung stehen im Vordergrund, ohne dass die Betroffenen von sich aus zu mehr bereit wären. Fallbeispiel aus der Sozialberatung (Fall Nr. 55) Angaben zur Person: Männlich / 21-30J.; ledig; Österreich; arbeitslos; Sozialhilfe & Krankengeld; Schulden; obdachlos höchster Bildungsabschluss: Poly / Lehre abgebrochen Einkommen: € Sozialhilfe plus Krankengeld Fixausgaben: € k.A. Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Entlassung aus JW in die WL; psychisch sehr instabil; Alk.- und Drogenprobleme, prekäre Erwerbstätigkeit; überschuldet WL: seit 2007; aktuell obdachlos Status der Betreuung: Abbruch des betreuten Übergangswohnen; seither regelmäßiger Kontakt mit der Sozialberatung Bedarf: Beratung, Schuldenregelung und psychosoziale Stabilisierung, leistbare Wohnung mit begleitender Betreuung; geschützte Arbeit 95 Fallbeispiel aus der Sozialberatung, weiblich (Nr. 51) Angaben zur Person: weiblich / 21-30J.; ledig / Österreich / Nicht erwerbstätig; Sozialhilfe und Pensionsvorschuss / obdachlos höchster Bildungsabschluss: Lehre ohne Abschluss Einkommen: € 460 Fixausgaben: € k.A. Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Alk.Probleme, prekäre Erwerbstätigkeit WL: Entwöhnung abgebrochen – in die WL Betreuungsstatus: regelmäßiger Beratungskontakt Bedarf: Beratung und betreutes Wohnen, aber: längerfristige Wohnbetreuung für Frauen – mit ALK-Toleranz – gibt es in Salzburg nicht Fallbeispiel aus der Sozialberatung, männlich (Nr. 74) Angaben zur Person: Männlich; >50J.; ledig; Österreich; nicht erwerbstätig; Sozialhilfe; obdachlos höchster Bildungsabschluss: Lehre Einkommen: € 464 Fixausgaben: k.A. Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: seit über 10 Jahren sehr prekäre Lebensverhältnisse WL-Status: NOST im Winter; im Sommer im Freien Betreuungsstatus: Beratungskontakt; Wohnvermittlung sowie Antrag auf IVPension vom Kl. abgelehnt Bedarf: Beratung, begleitende Betreuung Klient: ist zufrieden, mit dem was er hat Fallbeispiel aus der Sozialberatung, männlich (Nr. 79) Angaben zur Person: Männlich; 31-40J.; ledig; Österreich; nicht erwerbstätig; ohne Einkommen; obdachlos höchster Bildungsabschluss: Sonderschule Einkommen: k.A. Fixausgaben: k.A. Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: keine Berufsausbildung, prekäre Erwerbslaufbahn; prekäre Wohnverhältnisse WL-Status: seit >10 Jahre ‚Zwischenlösung Kapuzinerberg‘ Betreuungsstatus: Beratungskontakt Bedarf: Beratung, Meldeadresse in Beratung Klient: kommt mit aktueller Situation gut zurecht, will nichts anderes 96 2.2 Bewältigung von Wohnungslosigkeit 2.2.1 Prävention von Wohnungslosigkeit Die zur Verfügung gestellten Betreuungsdokumentationen machen die Chancen und Potenziale zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit augenscheinlich. Das wird etwa in den Falldarstellungen der Delogierungsprävention klar belegt. Auch an der Schnittstelle zu Angeboten der Suchthilfe sowie der psychosozialen / psychiatrischen Versorgung ist die WLH aktiv in Maßnahmen zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit eingebunden. Für diese Aufgabenbereiche liegen ebenfalls mehrere Betreuungsdokumentationen dieser Auswertung zugrunde. Die Bewältigung von problematischen Ablösen aus dem familiären Kontext gibt es allerdings nur ein Beispiel dafür, wie mit den Angeboten der WLH zur Bewältigung einer drohenden Wohnungslosigkeit beigetragen werden kann. VERHINDERUNG VON WOHNUNGSVERLUSTEN / DELOGIERUNGS-PRÄVENTION Die Verlaufs- und Interventionsdarstellungen, die von der Delogierungsprävention vorgelegt wurden, verweisen vor allem auch auf die Tatsache, dass in vielen Fällen gezielte Anstrengungen nötig sind, die weit über die ‚nur‘ sozio-ökonomische oder exekutionsrechtliche Beratung und Hilfestellung hinausgehen. Das betrifft zum einen die Tatsache, dass die von laufenden Delogierungsverfahren betroffenen Haushalte in der Regel auch Bedarf nach ergänzenden Unterstützungsleistungen durch begleitende Sozialarbeit aufweisen, wie z.B. Schuldenregulierung, psychosoziale Stabilisierung etc. In Frage steht mithin, inwieweit es nach gelungener Wohnungssicherung möglich ist, eine weiterführende Begleitung von Fachdiensten wie der Schuldenberatung oder von mobilen / nachgehenden Betreuungsangeboten zur begleitenden Absicherung der Wohnversorgung zu realisieren. 97 Fallbeispiel aus der Delogierungsprävention (Nr. 10 & 11) Angaben zu den Personen: Lebensgemeinschaft: weiblich / 3140J. & männlich / 41-50J; mit 2 minderjährigen Kindern in einer Mietwohnung / Überschuldung & Mietschulden; beide: Österreich sie: nicht erwerbstätig / Bezug von Alimente; er: AMS-Maßnahme Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: prekäre Erwerbstätigkeit / eingeschränkt erwerbsfähig, Alk-Problem / frühere Delogierungen und in deren Folge ca. 3 Jahre in prekärer Wohnversorgung / temporär bei Bekannten; Schulden WL: laufendes Delo-Verfahren wegen Mietschulden Status der Betreuung: aktuell läuft Delo-Prävention höchster Bildungsabschluss: Poly / Hauptschule Einkommen: € 1.450 Fixausgaben: € 944 (Miete) Bedarf: Haushaltsplanung, Beratung und Amtshilfe, verfahrens- und exekutionsrechtliche Beratung, Schuldenberatung und günstiger Wohnraum Fallbeispiel aus der Delogierungsprävention (Nr. 5) Angaben zu den Personen: weiblich / 21-30J.; Sozialhilfe; Lebensgemeinschaft, 1 Kind / Österreicher / Karenz & Sozialhilfe / Mietwohnung, Überschuldung höchster Bildungsabschluss: Lehre Einkommen: € 900 Fixausgaben: € 960 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Arbeitslosigkeit, Einkommenseinbußen während Karenz, Überschuldung (überhöhter Konsum) WL: laufendes Delo-Verfahren wegen Mietschulden Status der Betreuung: aktuell läuft Delo-Prävention Bedarf: Delo-Prävention, Haushaltsplanung, Beratung und Amtshilfe, Schuldenregulierung Fallbeispiel aus der Delogierungsprävention (Nr. 9) Angaben zu den Personen: männlich / 41-50J.; ledig / Österreich / langzeitarbeitslos / langzeitwohnungslos, AMSMaßnahmen – bis dato ohne Erfolg; aktuell Pensionsvorschuss / aktuell: Mietwohnung, aber Mietschulden Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: problematische Ablöse von Familie in die Wohnungslosigkeit, prekäre Erwerbsbeteiligung; AMS-Maßnahmen ohne Erfolg, ausgeprägte Lese- und Schreibstörung; Einstellung der Pension wegen Verfahrensfehler, prekäre Wohnversorgung; häufiger Wohnungsverlust, Pensionszimmer etc., Alk-Problem WL: laufendes Delo-Verfahren wegen Mietschulden höchster Bildungsabschluss: Poly Einkommen: € 670 Fixausgaben: € 212 Status der Betreuung: aktuell läuft Delo-Prävention Bedarf: Delo-Prävention, Haushaltsplanung, Beratung und Amtshilfe, psychosoziale Stabilisierung und Behandlung der Alkoholsucht; Tagesstruktur & Beschäftigung SICHERSTELLUNG DER WOHNVERSORGUNG ZUR ABLÖSE VON DER FAMILIE In der Regel werden von den jungen Erwachsenen im Kontext ihrer Ablöse von der Familie informelle und offensichtlich prekäre (Zwischen)Lösungen angestrebt. So finden sich in den Betreuungsdokumentationen jüngerer KlientInnen vor allem Beispiele der temporären Unterkunft bei Bekannten, der Pensionszimmerunterbringung oder einer Aufnahme einer Beschäftigung mit Firmenquartier. Tatsächlich liegt nur eine Betreuungsdokumentation vor, 98 das die Aufnahme eines jungen Mannes in eine ambulant betreute Übergangswohnung dargestellt und so eine gelungene Intervention zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit im Zusammenhang mit einer (unfreiwilligen) Ablöse aus der familiären Wohnversorgung vorstellt. Fallbeispiel aus dem ambulant betreuten Übergangswohnen, männlich (Nr. 109) Angaben zur Person: Männlich, <20 J., Österreich, ledig, Vollzeit – Erwerbseinkommen und Sozialhilfe, Übergangswohnen höchster Bildungsabschluss: Poly – aktuell in Lehre Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Mutter in Strafhaft WL: die gemeinsame Wohnung steht nicht mehr zur Verfügung Einkommen: € 1.000 Betreuungsstatus: der Klient wird in das betreute Übergangswohnen aufgenommen Fixausgaben: € 300 Bedarf: Beratung und soziale Sicherheit, leistbare Wohnung PRÄVENTION VON WOHNUNGSLOSIGKEIT AN DER SCHNITTSTELLE ZUR SUCHTHILFE Die vorliegenden Beispiele zur Betreuung von Wohnungslosen mit akuter Abhängigkeitserkrankung verweisen darauf, dass die Aufnahme in eine betreute Wohneinrichtung wesentlich davon abhängt, inwieweit es den Betroffenen gelingt, auf den Konsum zu verzichten und abstinent / clean zu leben. Dabei erscheinen vor allem die Angebote für alkoholkranke Menschen tendenziell weicher in den Abstinenzauflagen, während es für drogenkonsumierende Menschen so gut wie gar keine akzeptierenden Angebote gibt. Die nachstehenden Beispiele stammen aus einer Übergangswohneinrichtung für abstinente Wohnungslose sowie aus dem Kontext der ambulanten Wohnbetreuung und illustrieren den komplexen Aufgabenrahmen, der sich bei der Hilfestellung zur Bewältigung der Wohnungslosigkeit bei dieser Zielgruppe ergibt. 99 Fallbeispiel aus dem betreuten Übergangswohnen für alkoholkranke Männer (Nr. 97) Angaben zur Person: Männlich; 21-30J.; ledig; Österreich; arbeitslos / Schulung; Alu; bei Bekannten / ohne Mietvertrag höchster Bildungsabschluss: Lehre ohne Abschluss Einkommen: € 900 Fixausgaben: k.A Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Alk.Problem; verliert Arbeit und kann sich die Wohnung nicht mehr leisten; zieht vorübergehend bei Bekannten ein WL: nach erfolgreicher Ableistung einer Entwöhnungsbehandlung folgt die Aufnahme in eine betreute Wohneinrichtung Betreuungsstatus: Bezugsbetreuung mit Schwerpunkt auf psychosoziale und Abstinenzstabilisierung, Hilfestellung bei beruflicher Qualifizierung Bedarf: Beratung, Schuldenregulierung, leistbarer Wohnraum und ambulante Begleitung Fallbeispiel aus dem betreuten Übergangswohnen für alkoholkranke Männer (Nr. 92) Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Alk.Problem seit etwa 2000 Angaben zur Person: Männlich; 41-50J.; ledig; Österreich; vollzeit; Entgelt; Übergangswohnen höchster Bildungsabschluss: Lehre Einkommen: € 1.200 Fixausgaben: k.A. WL: Trennung von LG -> prekäre Lebensbedingungen und Wohnversorgung, Antritt einer Entwöhnungsbehandlung Betreuungsstatus: nach Entwöhnung Aufnahme in eine Übergangswohneinrichtung für abstinente Wohnungslose mit Schwerpunkt auf psychosoziale und Abstinenzstabilisierung Bedarf: Beratung, Schuldenregulierung; leistbare Wohnung, Aufbau von abstinentem Kontaktumfeld Kl.: Wechsel aus Gastronomie in andere Berufssparte; Beibehaltung der Abstinenz; Aufbau sozialer abstinenter Kontakte, eigene Wohnung beziehen 100 Fallbeispiel aus der ambulanten Wohnbetreuung, weiblich (Nr. 41) Angaben zur Person: weiblich / >50J.; geschieden / Österreich / Nicht erwerbstätig; IVRente / Ambulante Wohnbetreuung / Langzeitwohnen höchster Bildungsabschluss: Matura Einkommen: € 780 Fixausgaben: € 335 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: nach zweiter Scheidung – sozialer Abstieg; Alkoholabhängigkeit; aktuell aus gesundheitlichen Gründen nicht erwerbsfähig und IV-Pension WL: seit 2009 wohnungslos Betreuungsstatus: ambulante Wohnbetreuung, ohne zeitliche Befristung Bedarf: Beratung in gesundheitlichen Angelegenheit und begleitende Wohnbetreuung Fallbeispiel aus der Sozialberatung, weiblich (Nr. 48) Angaben zur Person: weiblich / 21-30J.; Lebensgemeinschaft / Österreich / Nicht erwerbstätig; Sozialhilfe / Pensionszimmer Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: nach Lehrabbruch – unregelmäßiges Leben und WL (Punker Szene); Drogenabhängigkeit; Entzug abgebrochen; Entwöhnung nicht angetreten; Haftstrafe wegen Verwaltungsstrafen / zwischenzeitiges Mietverhältnis wegen unleidlichem Verhalten gekündigt und delogiert höchster Bildungsabschluss: Hauptschule, Lehre abgebrochen WL seit dem 16. Lebensjahr / Ablöse von Familie, pendelt seither zwischen NOST, Bekannten, lebt nun seit 2 Jahren mit LG in Pensionszimmer Einkommen: € 464 Fixausgaben: € 300 Betreuungsstatus: regelmäßiger Beratungskontakt Bedarf: Beratung, Angebote des betreuten Wohnens für drogenkonsumierende junge Erwachsene gibt es in Sbg leider nicht WL-PRÄVENTION AN DER SCHNITTSTELLE ZUR PSYCHOSOZIALEN / PSYCHIATRISCHEN VERSORGUNG Der Überblick über die vorliegenden Betreuungsdokumentationen belegt eindrücklich die große Bedeutung, die der Schnittstelle der WLH zur psychosozialen / psychiatrischen Versorgung in der konkreten Praxis der Einrichtungen beigemessen werden muss. Nur zu oft jedoch wird hier auch sichtbar, dass es um die Perspektiven für eine erfolgversprechende Bewältigung von Wohnungslosigkeit häufig nicht sehr gut bestellt ist. Vielfach sind Personen mit ausgeprägten psychosozialen Belastungen bis Beeinträchtigungen sowohl in Hinblick auf ihre soziale Sicherheit als auch bezüglich ihrer Wohnversorgung auf ausgesprochen prekäre Lösungen angewiesen. Demgegenüber verdeutlichen einzelne Beispiele durchaus ambitionierte Ansätze, wie mit dieser Ausgangslage in enger Abstimmung und Kooperation der unterschiedlichen Hilfeangebote umgegangen werden kann. 101 Fallbeispiel aus dem betreuten Übergangswohnen (Nr. 107) Angaben zur Person: Männlich, 21-30 J., Österreich, ledig, erwerbstätig / Sozialhilfe, Übergangswohnen höchster Bildungsabschluss: Poly Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: nach dem Tod der Eltern wohnte er entweder in Dienstzimmern oder bei Freunden; psychisch instabil / Depression WL: Klient hatte noch nie eine eigene Wohnung Betreuungsstatus: Wohnbetreuung im Übergangswohnen Einkommen: € 1.100 Fixausgaben: € 300 Bedarf: Beratung, Schuldenregulierung, psychosoziale Stabilisierung, leistbare Wohnung Fallbeispiel aus der ambulanten Betreuung, weiblich (Nr. 45) Angaben zur Person: Weiblich / >50J., ledig / Österreich; in Sbg seit 2003 / Nicht erwerbstätig / ambulante Wohnbetreuung höchster Bildungsabschluss: HASCH Einkommen: € Sozialhilfe Fixausgaben: € 300 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: nach mehrjährigen Auslandsaufenthalten landet sie 2003 mittellos und hilflos in Salzburg, psychisch sehr belastet aber nicht in regulärer psychiatrischer Behandlung WL: wohnungslos in Salzburg gestrandet, über Intervention der Sozialberatung folgt die Aufnahme ins ambulant betreute Wohnen Betreuungsstatus: ambulante Wohnbetreuung Bedarf: Beratung und Amtshilfe, gesundheitliche und psychosoziale Stabilisierung Fallbeispiel aus der ambulanten Betreuung, männlich (Nr. 65) Angaben zur Person: Männlich; 41-50J.; geschieden; Österreich; Vollzeit; Schulden, Mietwohnung höchster Bildungsabschluss: Lehre Einkommen: € 1.100 Fixausgaben: 800 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Trennung von LG, stabile Erwerbslaufbahn bis zum Knick, Haftstrafe, aktuell Bodenlegen WL: Ende 08 Suizidversuch, CDK-Aufenthalt, Entlassung in die WL Betreuungsstatus: Hilfestellung bei der Anmietung einer eigenen Wohnung, kontinuierliche ambulante Betreuung Bedarf: Beratung, Schuldensanierung, Wohnungserhalt, Jobwechsel (wegen Gesundheit) WL-PRÄVENTION AN DER SCHNITTSTELLE ZUM WOHNUNGSMARKT An Einrichtungen der WLH wenden sich auch Personen, die zwar in einer eigenständigen Wohnung leben, jedoch in Hinblick auf finanzielle oder gesundheitsspezifische Gesichtspunkte nicht adäquat wohnversorgt sind. Das betrifft etwa Probleme im Zusammenhang mit den Wohnkosten bzw. mit der Größe der verfügbaren Wohnung und entsprechendem Überbelag sowie der Suche nach einer leistbaren und ausreichend großen 102 Wohnung. Insbesondere problematisch erscheint in manchen Fällen, dass die verfügbare Wohnung gravierende Mängel (Substandard, Schimmel etc.) aufweist, oder keine ausreichende mietrechtliche Absicherung gegeben ist. Fallbeispiel aus der Sozialberatung, weiblich (Nr. 58) Angaben zur Person: Weiblich; 41-50J.; ledig; Österreich; arbeitslos; Transfer aus der ALV; Gemeindewohnung höchster Bildungsabschluss: Hauptschule Einkommen: € 750 Fixausgaben: € 330 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: aufgrund gesundheitlicher Probleme und psychischer Instabilität (Depression) in den letzten Jahren prekäre Erwerbstätigkeit; 2009 Suizid des LG; neuer Freund erweist sich als gewalttätig WL: lebt derzeit in einer Gemeindewohnung – Probleme mit Schimmel Status der Betreuung: laufender Kontakt mit Beratungsstelle Bedarf: Beratung, gesundheitliche Abklärung, Wohnungswechsel 2.2.2 Informelle Strategien zur Bewältigung der Wohnversorgungskrise Ein großer Teil der hier dokumentierten wohnungslosen Menschen in Salzburg befindet sich aktuell in eher prekären Lebensumständen, und ist um informelle Lösungen der akuten Wohnversorgungskrise bemüht. TEMPORÄRE UNTERKUNFT BEI BEKANNTEN, VERWANDTEN ODER ARBEITGEBERINNEN Das betrifft in erster Linie die temporäre Unterkunft bei Bekannten. Wesentlich erscheint dabei die Tatsache, dass diese temporären Lösungen keinerlei mietrechtliche Absicherung gewährleisten und häufig mit Bedingungen des Überbelags und einem Verzicht auf Privatsphäre (für alle Beteiligten) verbunden sind. Fallbeispiel aus der Sozialberatung, weiblich (Nr. 80) Angaben zur Person: Weiblich; 41-50J.; geschieden; Österreich; nicht erwerbstätig; Sozialhilfe; bei Bekannten / ohne Mietvertrag höchster Bildungsabschluss: Poly Einkommen: € 464 Fixausgaben: k.A. Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: seit 2000 ohne Erwerbstätigkeit, wegen Burn Out & Depressionen in Behandlung -> arbeitsunfähig; nach Trennung von LG kommt es zu einer ersten Phase der Wohnungslosigkeit (2005) WL: 2007 Delogierung aus Gemeindewohnung Betreuungsstatus: loser Kontakt in der Beratungsstelle Bedarf: Stabilisierung der Betreuung, leistbare Wohnung 103 Entlassung aus der psychiatrischen Klinik in die Wohnungslosigkeit, weiblich (Nr.35) Angaben zur Person: weiblich / 21-30J.; ledig / Österreich / Nicht erwerbstätig; Pensionsvorschuss / bei Bekannten höchster Bildungsabschluss: Poly Einkommen: € 500 Fixausgaben: k.A. Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: problematische Ablöse von den Eltern; psychisch behindert; aktuell nicht erwerbsfähig WL: Klinikaufenthalte -> Entlassung in die WL Status der Betreuung: seit 2008 ohne eigenständigen Wohnsitz Bedarf: Beratung und psychosoziale Versorgung, Hilfe bei Suche nach günstigem Wohnraum Fallbeispiel aus der Sozialberatung, männlich (Nr. 24) Angaben zur Person: männlich / >50J.; ledig / Österreich / Nicht erwerbstätig; Rente / Bei Bekannten oder NOST Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Tod der Mutter im Erbschaftsstreit verliert er den Anspruch auf die Wohnung der Mutter; nicht erwerbsfähig – in Pension; psychisch krank WL: seither langzeitwohnungslos höchster Bildungsabschluss: Universitätsabschluss / Doktorat Betreuungsstatus: im Beratungskontakt Einkommen: € 750 Fixausgaben: keine Bedarf: Beratung und Amtshilfe, günstiger Wohnraum, ev. Seniorenheim – Basisversorgung TEMPORÄR IN (BILLIG-)PENSIONSZIMMER Eine temporäre Unterkunft in einem Pensionszimmer ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen in akuter Wohnungslosigkeit eine häufig gewählte Option. Das betrifft insbesondere Personen nach einem stationären Aufenthalt in der Psychiatrie, nach einer Haftentlassung oder auch nach einer gerichtlichen Wegweisung wegen Gewalt in der Beziehung. Diese Lebensverhältnisse erscheinen insbesondere dann als besonders belastend, wenn auch noch mitziehende Minderjährige davon betroffen sind. In dieser Situation kommt der nachgehenden und aufsuchenden Beratung und Betreuung eine besondere Bedeutung zu, um zu verhindern, dass sich die Notlage, wie ebenfalls häufig zu beobachten ist, verfestigt und quasi als Dauerstrategie etabliert. 104 Fallbeispiel aus der Sozialberatung, Familie mit Kindern (Nr. 27 & 28) Angaben zu Personen: Weiblich: 31-40J.; 2 Kinder Lebensgemeinschaft / EU-Ausland / nicht erwerbstätig; Karenzgeld Männlich: 31-40J / Lebensgemeinschaft / Dritt-Staat / nicht erwerbstätig; AL-Bezug gemeinsam mit LG und Kindern in Pensionszimmer höchster Bildungsabschluss: Hauptschule / Poly Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Frau: Trennung von früherem LG in der BRD – Rückkehr nach Sbg 2009; nunmehr mit neuem LG und Kindern in einem Pensionszimmer Mann: Wegweisung und Scheidung von der früheren LG / nach der Wegweisung temporäre Lösungen der WL in Notschlafstelle und Pensionszimmer WL: seit 2009 mit Kindern in Pensionszimmer Betreuungsstatus: Beratungskontakt / Überbelag Bedarf: Beratung und Amtshilfe, günstiger Wohnraum Einkommen: € 1.700 Fixausgaben: 320 Fallbeispiel aus der ambulanten Betreuung, männlich (Nr. 66) Angaben zur Person: Männlich; keine Altersangabe; ledig; Österreich; arbeitslos / AMS-Kurs; Pensionszimmer höchster Bildungsabschluss: Hauptschule Einkommen: € 600 Fixausgaben: € 300 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Problematische Ablöse von Familie und JW; Delinquenz und Haftstrafe; psychische Probleme und Klinikaufenthalte; Schulden; Suchterkrankung – Therapie abgebrochen -> WL; eingeschränkt arbeitsfähig und etwa 10 Jahre nicht erwerbstätig WL: Verlust der Wohnung durch Haft Status: regelmäßiger Beratungskontakt Bedarf: Beratung, Schuldenregelung, leistbare Mietwohnung; psychosoziale Stabilisierung und Drogenabstinenz 2.2.3 Professionelle Hilfen zur Bewältigung der Wohnungslosigkeit Die professionellen Hilfen zur Bewältigung von Wohnungslosigkeit in Salzburg (siehe dazu den Überblick über die WLH im Anhang) streuen von niederschwelligen Einrichtungen (Beratungsstellen, Tageszentren und Notschlafstellen) bis hin zu spezialisierten Fachdiensten (Delogierungsprävention) und den Angeboten des betreuten Wohnens. Den vorliegenden Betreuungsdokumentationen dieser Einrichtungen ist gemeinsam, dass die Komplexität der fachlichen Anforderungen gut abgebildet werden kann. In den nachstehenden Absätzen zu Kernaufgaben der Wohnungslosenhilfe sollen einerseits die breit gespannten Aufgabenstellungen illustriert werden und andererseits ansatzweise widersprüchliche Anforderungen an die Hilfestruktur exemplarisch herausgestrichen werden. 105 SICHERSTELLUNG FINANZIELLER SICHERHEIT Wohnungslosigkeit tritt in der Regel dann ein, wenn mindestens zwei Faktoren zusammentreffen. Das betrifft einerseits ökonomische Unsicherheit oder ein prekäres Einkommen einerseits sowie individuelle Belastungen (wie etwa im Kontext problematischer Ablöse- oder Trennungsprozesse) andererseits. In Situationen wie diesen brechen die sprichwörtlichen Dämme und Netze, der soziale Absturz in die Wohnungslosigkeit erscheint unter diesen Vorzeichen nahezu unausweichlich. Die zentrale Frage, die sich dann stellt, ist, ob die potenziellen Krisenopfer rechtzeitig den Weg in eine Beratungsstelle finden und den freien Fall gewissermaßen auffangen können – unter der Voraussetzung, dass es mithilfe der fachlichen Intervention dann möglich ist, für ein ausreichendes und bedarfsentsprechendes Einkommen zu sorgen. Tab.: Überblick über Art und Höhe des Einkommens Geschlecht / Alter bis € 500 bis € 1.000 über € 1.000 abs. in % abs. in % abs. in % Frauen, jünger als 30 Jahre (% aus 15) 5 33% 5 33% 2 13% Männer, jünger als 30 Jahre (% aus 16) 3 19% 9 56% 1 6% Frauen, älter als 30 Jahre (% aus 29) 10 34% 13 27% 5 17% Männer, älter als 30 Jahre (% aus 47) 8 17% 24 51% 13 28% gesamt (% aus 107) 26 24% 51 48% 21 20% ZUGANG ZUM ARBEITSMARKT UND STABILISIERUNG DER ERWERBSBETEILIGUNG Wohnungslosigkeit ist äußerst eng mit einer problematischen Erwerbsbeteiligung verknüpft. Die Erwerbsbeteiligung der hier dokumentierten Personen liegt bei 22%. Viele wohnungslose Personen sind nur eingeschränkt erwerbsfähig und zum Teil bereits als InvaliditätspensionistInnen formell aus der Erwerbsarbeit ausgeschieden. Ein weiterer großer Anteil ist formell arbeitslos gemeldet und z.T. bereits seit längerer Zeit ohne reguläre Erwerbsarbeit. Das betrifft zu hohen Anteilen auch jene Personen, die im Rahmen der Hilfeangebote des betreuten Wohnens betreut werden. Offensichtlich wird damit, dass der Arbeitsmarkt insbesondere für Personen mit niedriger bzw. überhaupt fehlender beruflicher 106 Qualifizierung sowie weitergehenden individuellen Belastungen (sozial, gesundheitlich etc.) tendenziell nur unzureichend aufnahmefähig ist. Tab.: Überblick über berufliche Qualifikation und Erwerbsbeteiligung Geschlecht / Alter Pflichtschule Lehre abs. in % abs. in % Frauen, jünger als 30 Jahre (% aus 15) 7 47% 3 20% Männer, jünger als 30 Jahre (% aus 16) 13 81% 1 6% Frauen, älter als 30 Jahre (% aus 29) 14 28% 7 24% Männer, älter als 30 Jahre (% aus 47) 21 45% 16 34% gesamt (% aus 107) 45 42% 27 25% In diesem Zusammenhang stellt sich insbesondere auch die Frage nach entsprechenden Angeboten und Hilfen durch das Arbeitsmarktservice, die in den vergangenen Jahren mit Verweis auf die eingeschränkte Arbeitsmarktrelevanz von psychosozial und / oder gesundheitlich belasteten Personengruppen eher restriktiv diskutiert bzw. überhaupt eingeschränkt wurden. Jüngere Ansätze wie „Hilfe zur Arbeit“ für die Zielgruppe von SozialhilfeempfängerInnen sowie die explizite Zielformulierung aktivierender Hilfestellung im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (siehe dazu: Salzburger Mindestsicherungsgesetz 2010) stellen einen Versuch dar, Auswege aus der prekären Erwerbsbeteiligung zu realisieren bzw. der nahezu durchgängigen Ausgrenzung dieser Zielgruppe aus dem Arbeitsleben entgegen zu wirken. PSYCHOSOZIALE STABILISIERUNG Die vorliegenden Betreuungsdokumentationen ergeben ein alarmierendes Bild bezüglich der psychosozialen Befindlichkeit der KlientInnen aus WLH und angrenzenden Hilfeeinrichtungen. Einschränkend ist hier jedoch anzumerken, dass es sich dabei nicht um fachärztliche Diagnosen handelt, sondern um z. T. gut begründete und nachvollziehbare Darstellungen von Problemlagen und dahinter vermuteten / beobachteten Ursachen. Ob und inwieweit diese Problembefunde den Anforderungen einer wissenschaftlich angeleiteten Sozialdiagnose entsprechen kann und soll hier nicht bewertet werden. Als Fakt erscheint immerhin, dass in der Praxis der sozialen Arbeit mit wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit betroffenen Menschen Fragen der psychosozialen Befindlichkeit sowie einer vorliegenden 107 Abhängigkeitserkrankung und entsprechenden Bedarfslagen zur Stabilisierung eine enorm wichtige Rolle spielen. Tab.: Bedarf nach psychosozialer Stabilisierung Geschlecht / Alter psychische Probleme Abhängigkeitserkrankung gesamt abs. in % abs. in % abs. in % Frauen, jünger als 30 Jahre (% aus 15) 4 27% 2 13% 6 40% Männer, jünger als 30 Jahre (% aus 16) 5 31% 7 44% 12 75% Frauen, älter als 30 Jahre (% aus 29) 20 69% 7 24% 27 93% Männer, älter als 30 Jahre (% aus 47) 12 26% 32 68% 44 94% gesamt (% aus 107) 41 38% 48 45% 89 83% In einzelnen Betreuungsdokumentationen wird dezidiert hervorgehoben, dass die Arbeit mit diesen Personen vor allem durch eine fehlende Krankheitseinsicht, die Verweigerung von medikamentöser / psychiatrischer Behandlung und / oder mangelnder Abstinenzbereitschaft erschwert wird. Behandlungsabbrüche stehen nur zu oft Pate für den Einstieg in eine Karriere des sozialen Abstiegs, stellen nur zu oft jedoch auch die Bemühungen um eine stabile Betreuungsbeziehung im ambulanten Kontext von Beratungsstellen und / oder Wohnbetreuung vor harte Bewährungsproben, insbesondere dann, wenn eine Vermittlung dieser Personen in niederschwellige und anforderungsarme Betreuungsangebote mangels entsprechender Einrichtungen nicht möglich ist. Die nachstehenden Falldarstellungen sollen gleichermaßen die spezifische Anforderung an die Hilfestruktur exemplarisch verdeutlichen und den Bedarf nach Hilfeangeboten mit entsprechenden Standardvorsorgen belegen. ZUGANG ZUR WOHNVERSORGUNG Die Wohnungslosenhilfe bietet ein vielfältiges Spektrum von spezialisierten Angeboten, die wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen einen Zugang zu einer bedarfsgemäßen Wohnversorgung eröffnen. Die tageweise Unterbringung in einer Notschlafstelle stellt einen formlosen und anforderungsarmen Zugang zum Hilfesystem sicher. Die Aufnahme in eine temporäre Wohnbetreuung im semistationären Kontext von Wohnheimen oder Wohngemeinschaften bietet darauf aufbauend die Möglichkeit zur 108 Bearbeitung bzw. Bewältigung von individuellen Problemlagen. Mit dem Angebot der ambulanten Betreuung in eigenständigen Wohnungen wird ein erster Schritt zu einem selbständigen Leben unabhängig von Betreuung und Begleitung gesetzt, der in weiterer Folge in die Vermittlung in eine adäquate und leistbare eigene Wohnung münden soll. Mit dieser Angebotsstruktur folgt die Salzburger WLH dem Paradigma einer aufbauenden und schrittweisen Unterstützung von wohnungslosen Menschen bei ihrer Reintegration in die Gesellschaft. Der Blick auf die vorliegenden Betreuungsdokumentationen verdeutlicht jedoch auch die Probleme respektive Grenzen dieses sozialpädagogisch ausgerichteten Ansatzes, dessen funktionieren wesentlich davon abhängig ist, ob es in angemessener Zeit dann auch möglich ist, eine Weitervermittlung dieser KlientInnen zu gewährleisten und einen zwischenzeitigen Abbruch in diesem Hürdenlauf zu vermeiden. Die WLH wird in diesem Kontext nur zu oft veranlasst, bei der Aufnahme in die Wohnbetreuung nach Passfähigkeit zu filtern, gewissermaßen Prognosen für einen erfolgversprechenden Verlauf zu stellen – und im Umkehrschluss jene Personen auszufiltern und von der Aufnahme auszuschließen, bei denen eine positive Erfolgsprognose eben nicht realistisch erscheint. Die nachstehenden Fallbeispiele verweisen u.a. auch auf die Problematik, inwieweit es wirklich die Aufgabe der WLH sein kann / darf, ihre KlientInnen nach dem Kriterium der Wohnfähigkeit und / oder ihrer Bereitschaft, Abstinenzauflagen zu befolgen, zu filtern, gewissermaßen das Menschenrecht auf Wohnen zu beugen und für jene Menschen auszusetzen, die sich in einem weiten Sinne als betreuungsresistent erweisen. BETREUTES WOHNEN IM ÜBERGANG Die vorliegenden Betreuungsdokumentationen aus dem betreuten Übergangswohnen spiegeln die breite Anforderungs- und Bedarfspalette der WLH gut wieder. Im Einzelnen geht es in diesen Betreuungen um: Schuldenregulierung Amtshilfe und Stabilisierung der sozialen Sicherheit psychosoziale Stabilisierung und Persönlichkeitsbildung Hilfestellung bei der Bewältigung einer Abhängigkeitserkrankung und beim Aufbau eines abstinenten sozialen Umfelds 109 Gemeinsamer Nenner der laufenden Wohnbetreuungen ist – wie nicht anders zu erwarten – die Suche nach einer leistbaren Wohnung. Fallbeispiel aus dem Übergangswohnen, männlich (Nr. 94) Angaben zur Person: Männlich; 41-50J.; geschieden; Österreich; nicht erwerbstätig; Sozialhilfe; Übergangswohnen Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Alk.Probleme; Entwöhnungsbehandlung WL: Haftstrafe, Entlassung in die WL höchster Bildungsabschluss: Lehre nicht abgeschlossen Status: ambulante Wohnbetreuung im Übergangswohnen Einkommen: € 464 Bedarf: Beratung, Schuldenregulierung; leistbare Wohnung und Aufbau eines abstinenten Kontaktumfelds Fixausgaben: € 51 für Schuldenraten Fallbeispiel aus dem betreuten Übergangswohnen, weiblich (Nr. 104) Angaben zur Person: Weiblich, <20 J.; Österreich, ledig, arbeitslos, AL/NH-Bezug, Schulden, Übergangswohnen höchster Bildungsabschluss: Lehre Einkommen: € 770 Fixausgaben: € 300 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: prekäres Einkommen; sehr unselbständig WL: Trennung vom LG -> in die Wohnungslosigkeit Status der Betreuung: betreutes Übergangswohnen Bedarf: Beratung und soziale Sicherheit, Amtsbegleitung, Arbeits- und Wohnvermittlung; Schuldenregelung Fallbeispiel aus dem ambulant betreuten Übergangswohnen, männlich (Nr. 107) Angaben zur Person: Männlich, 21-30 J., Österreich, ledig, erwerbstätig / Sozialhilfe, Übergangswohnen Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: hatte noch nie eigene Wohnung / nach dem Tod der Eltern -> Dienstzimmer oder bei Freunden; WL: psychisch instabil / Depression höchster Bildungsabschluss: Poly Einkommen: € 1.100 Fixausgaben: € 300 Betreuungsstatus: ambulant betreutes Übergangswohnen Bedarf: Beratung, Schuldenregulierung, psychosoziale Stabilisierung, leistbare Wohnung Fallbeispiel aus dem betreuten Übergangswohnen, weiblich (Nr. 102) Angaben zur Person: Weiblich, 41-50J.; Österreich, ledig, arbeitslos / AL/NH, Übergangswohnen höchster Bildungsabschluss: Lehre Einkommen: € 700 Fixausgaben: € 300 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: keine eigenständige Wohnversorgung; Alk.Problem / psych. instabil WL: späte Trennung von den Eltern Betreuungsstatus: betreutes Wohnen Bedarf: Beratung, soziale Sicherheit, leistbare Wohnung, Behandlung der Alk.Abhängigkeit 110 (LANGZEIT-)BETREUUNG IM STATIONÄREN KONTEXT DER WLH Unter dem Titel der Langzeit-Wohnbetreuung finden sich vor allem Personen, die infolge einer über viele Jahre hinweg verfestigten prekären Lebensform nur eingeschränkt in der Lage sind, selbständig zu wohnen, und einer kontinuierlichen Betreuung bedürfen. In den Betreuungsdokumentationen wird gut belegt, dass eine Ablösung dieser Personen aus dem Betreuungssetting eine Gefährdung des aktuellen Lebensstandards bedeuten würde. Letztlich stellt sich in diesen Fällen auf Sicht die Frage, welche Form einer Dauer- und Basisversorgung gewählt wird bzw. ob und inwieweit eine Alternative zum betreuten Dauerwohnen in Form einer Integration in ein Seniorenheim praktisch umgesetzt werden kann. Fallbeispiel aus dem betreuten Wohnen, weiblich (Nr. 41) Angaben zur Person: weiblich / >50J.; geschieden / Österreich / Nicht erwerbstätig; IVRente / Ambulante Wohnbetreuung / Langzeitwohnen höchster Bildungsabschluss: Matura Einkommen: € 780 Fixausgaben: € 335 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: nach zweiter Scheidung – sozialer Abstieg; Alkoholabhängigkeit; aktuell aus gesundheitlichen Gründen nicht erwerbsfähig und IV-Pension WL-Status: seit 2009 wohnungslos Betreuungsstatus: Langzeitwohnen Bedarf: Beratung in gesundheitlichen Angelegenheit und begleitende Wohnbetreuung Fallbeispiel aus dem betreuten Wohnen, männlich (Nr. 42) Angaben zur Person: männlich / >50J.; ledig / Österreich; seit 2004 in Sbg / Nicht erwerbstätig; Pensionsvorschuss / Wohnbetreuung höchster Bildungsabschluss: Hauptschule Einkommen: € 460 Fixausgaben: € 227 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Alkoholabhängigkeit führt zu Verlust von Arbeit und Wohnung; er kommt Delogierung zuvor und zieht weg aus damaligem Wohnort; aktuell aus gesundheitlichen Gründen nicht erwerbsfähig und Pensionsvorschuss WL-Status: seit 2004 in Salzburg – obdachlos, NOST, betreutes Wohnen Betreuungsstatus: Langzeit-Wohnbetreuung Bedarf: Wegen Angst vor Veränderungen (z.B. gescheiterter Bezug einer Gemeindewohnung) derzeit keine Alternative zu begleitender Wohnbetreuung 111 Fallbeispiel aus dem betreuten Wohnen, männlich (Nr. 43) Angaben zur Person: männlich / > 50J.; geschieden / Österreich / nicht erwerbstätig; Rente und Pflegegeld / Wohnbetreuung Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: Alkoholabhängigkeit; seit Unfall chronisch krank / behindert (Epilepsie etc.) und nicht erwerbsfähig WL-Status: sozialer Abstieg in Folge von Abhängigkeitserkrankung und Verfestigung prekärer Wohn- und Lebensverhältnisse höchster Bildungsabschluss: Lehre Einkommen: € 1.200 Fixausgaben: € 290 Status der Betreuung: wohnt seit etwa 10 Jahren in betreuter Wohngemeinschaft Bedarf: Perspektive Seniorenheim / Pflegeheim Fallbeispiel aus dem betreuten Wohnen, männlich (Nr. 44) Angaben zur Person: männlich / 41-50J.; ledig, Unterhaltspflicht für Kinder / Österreich / Arbeitslos; Pensionsvorschuss / Schulden / Wohnbetreuung höchster Bildungsabschluss: kein pos. Schulabschluss (Sonderschule); Lehre ohne Abschluss Einkommen: € 700 Fixausgaben: € 200 Ursachen für aktuelle Wohnversorgungskrise: verschimmelte Wohnung – Rechtsstreit – verweigerte Mietzahlung und Delogierung in die WL (2007); wegen gesundheitlichen Problemen nicht erwerbsfähig – Pensionsanträge bisher jedoch abgelehnt WL: seit der Delogierung wohnungslos Status: Kl. wohnt in (betr.) Wohngemeinschaft – seit ca. 3 Jahren – eigene Wohnung bedeutet für Klient Gefahr, wieder WL zu werden Bedarf: Beratung, Schuldenregulierung, betreutes Wohnen 112 III. Wirkungsanalyse der Wohnungslosenhilfe in Salzburg und Maßnahmenempfehlungen Detailgliederung 1. Datengrundlage für die Weiterentwicklung der WLH 114 1.1 Rahmenbedingungen der jährlichen Erhebung / Ressourcen- und Kompetenzausstattung 114 1.2 Reichweite der Erhebung 115 1.3 Methodische Aspekte der WL-Erhebung 116 1.4 Aussagekraft der vorliegenden Datenlage 117 2. Prävention von Wohnungslosigkeit 118 3. Bewältigung von Wohnungslosigkeit 120 4. Beendigung von Wohnungslosigkeit / Rehabitation 121 113 1. Datengrundlage zur Analyse der Wohnungslosigkeit Die Datenlage zur Wohnungslosigkeit ist in Österreich nach wie vor eher bescheiden. Die jährlichen Wohnungslosenerhebungen in Salzburg, die vom Forum Wohnungslosenhilfe seit nunmehr über einen Zeitraum von mehr als fünfzehn Jahren durchgeführt und bereitgestellt werden, stellen diesbezüglich eine bemerkenswerte Ausnahme dar. Die detaillierte Analyse dieser Datengrundlage weist jedoch einige Einschränkungen der Aussagekraft dieser Datenreihe aus, die durch entsprechende Nachbesserungen behoben werden könnten. 1.1 Rahmenbedingungen der jährlichen Erhebungen, Ressourcen- und Kompetenzausstattung Die jährlichen Wohnungslosenerhebungen beruhen auf einer informellen Vereinbarung, die im Rahmen des Forums Wohnungslosenhilfe zwischen den einzelnen Trägern der Wohnungslosenhilfe getroffen wurde und nunmehr bereits über einen langen Zeitraum hält. Dementsprechend bescheiden sind denn auch die Ressourcen zur Deckung der anfallenden zeitlichen / personellen Aufwände. Gravierender fällt jedoch ins Gewicht, dass diese Erhebung letztlich keinerlei Kompetenz im Sinne einer verbindlichen Mitwirkung der MitarbeiterInnen der unterschiedlichen Einrichtungen des Hilfesystems zukommt. Unter anderem deshalb kommt es regelmäßig zu Schwankungen in der Teilnahme einzelner Einrichtungen, ib. abhängig von Fluktuationen in den jeweiligen Teams, die sich in der Folge auch auf die Ergebnisse auswirken. Kleinere Veränderungen und Abweichungen der Detailergebnisse können somit ‚hausgemacht‘ sein und stellen mithin auch die Interpretation der einzelnen Jahresergebnisse auf die Probe. Auch Entwicklungen über längere Zeiträume hinweg leiden unter ähnlichen Einschränkungen der Aussagekraft, zumal sich im Verlauf der Jahre auch die Zusammensetzung der teilnehmenden Einrichtungen verändert und / oder weiterentwickelt. 114 Formelle Anerkennung und gezielte Vereinbarung als Grundlage Auf Perspektive wäre es wichtig, diese empirische Grundlage für die Planung und Steuerung der Hilfemaßnahmen zur Bekämpfung und Bewältigung von Wohnungslosigkeit durch eine verbindliche Vereinbarung zwischen dem Land Salzburg als planungsverantwortlicher Instanz und den einzelnen Trägern, die in ihrer laufenden Praxis mit mehr / minder problematischen Entwicklungen der Wohnversorgung ihrer KlientInnen befasst sind, auf eine adäquate Grundlage zu stellen, die Teilnahme an den jährlichen Erhebungen zu gewährleisten und so für eine Verbesserung von Aussagekraft und Verlässlichkeit der Datengrundlage zu sorgen. 1.2 Reichweite der Erhebung Aktuell ist die Reichweite auf den engeren Bereich des Ballungsraums Salzburg-Stadt eingeschränkt. Dies ist wesentlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass die jährliche Erhebung auf den bestehenden Strukturen für Zusammenarbeit und Vernetzung beruht. Analoge Strukturen, die auch die Einrichtungen in den ländlichen Bezirken Salzburgs mit einbinden, sind aktuell nicht in der Dichte und Verbindlichkeit gegeben, die es für eine landesweite Datenerhebung benötigen würde. Diese Einschränkung führt in letzter Konsequenz dazu, dass die Beobachtungen aus der Praxis, wonach insbesondere im Bereich der Wohnungslosigkeit von einem erheblichen Problemtransfer aus den ländlichen Regionen in die Anonymität der Stadt ausgegangen werden muss, letztlich durch das Instrument der Wohnungslosenerhebung nur sehr unzureichend abgebildet werden können. Gezielte Ausweitung der Reichweite Eine zentrale Voraussetzung dafür, dass auch die Wohnungsnot und die (zumeist wohl verdeckte) Wohnungslosigkeit in den Bezirken dokumentiert und deren Bewältigungsverläufe transparent gemacht werden können, ist die verbindliche Mitwirkung von bezirklichen Behörden (Sozial- und Jugendämter) sowie von Gemeinden. Um diese sicherstellen zu können, benötigt es ebenfalls die voranstehend bereits andiskutierte Neuregelung der Rahmenbedingen und Kompetenzausstattung der WL-Erhebung. 115 1.3 Methodische Aspekte der Wohnungslosenerhebung Die jährlichen Wohnungslosenerhebungen berufen auf einem relativ einfach gehaltenen Formblatt zur Dokumentation der zentralen Daten und Angaben über jene Personen, die den Einrichtungen als wohnungssuchend, wohnungslos bzw. mehr / minder prekär wohnversorgt bekannt sind. Um Doppelnennungen jener Personen, die im Erhebungszeitraum von mehreren Einrichtungen genannt werden, abgleichen zu können, werden zudem auch personenbezogenen Kerndaten, und zwar Geburtsdatum und Anfangsbuchstaben des Namens, erhoben. Zum Schutz der erfassten Personen werden die gesammelten Daten strikt anonymisiert ausgewertet und nach Abschluss dieser Datenaufbereitung vernichtet. Es ist damit aber auch ausgeschlossen, die Verläufe der je individuellen Bewältigungsversuche von Wohnungsnot/Wohnungslosigkeit über längere Zeiträume hinweg zu verfolgen und entsprechende Statusentwicklungen transparent zu machen. Die Wohnungslosenerhebung leidet damit unter dem wesentlichen Mangel von Querschnittsanalysen, in denen mehr / minder automatisch Personen überrepräsentiert sind, die eine längere Verweildauer in der Wohnungslosigkeit aufweisen. Demgegenüber sind Personen, denen es in relativ kurzer Zeit gelingt, ihre Wohnversorgungskrise zu bewältigen, tendenziell unterrepräsentiert. Das Bild vom Klientel der Wohnungslosenhilfe wird solcherart aus methodischen Gründen verfälscht und von individuellen Problemkonstellationen wie Mehrfachbelastung und sehr eingeschränkten Problemlösungskapazitäten dominiert. Einstieg in Längsschnittanalyse Ein Ausweg aus diesem Dilemma könnte darin liegen, alternative und in datenschutzrechtlicher Hinsicht adäquatere Formen der Anonymisierung von personenbezogenen Angaben für die Wohnungslosenerhebung zu realisieren. Beispielsweise könnte diese in der Form bewerkstelligt werden, dass eine dritte Instanz (z.B. das statistische Amt des Landes Salzburg) zwischengeschaltet wird, die ihrerseits die personenbezogenen Kerndaten codieren. Identische Personen, die von unterschiedlichen Stellen genannt werden, erhalten somit natürlich einen identischen Code. Auf dieser Grundlage werden dann von den teilnehmenden Einrichtungen die entsprechenden Angaben (Geschlecht, Alter, Wohn- und Familienstatus etc.) dokumentiert und für die Auswertung der Erhebung zur Verfügung gestellt. 116 Mit wenig Mehraufwand wäre damit die Grundlage dafür sichergestellt, mittelfristig das enge Terrain einer Querschnittanalyse zu verlassen, die methodisch generierten Unschärfen in der Abbildung des Klientels der WLH zu überwinden und Möglichkeiten einer Längsschnittanalyse über Verlaufsspezifika (wie z.B. Statusänderungen im Verlauf der Jahre etc.) zu erschließen. 1.4 Aussagekraft der vorliegenden Datenreihe Unter anderem aufgrund der knappen Ressourcen für die Wohnungslosenerhebung und die Freiwilligkeit der Teilnahme beschränken sich die jährlichen Erhebungen auf ein Minimum an quantitativen Angaben. Damit kann zwar ein ungefähres Bild der laufend anstehenden Problembelastung der WLH-Einrichtungen erstellt werden. In ihrer Aussagekraft sind diese Erhebungen jedoch deutlich eingeschränkt auf den quantitativen Kontext von einigen wenigen Differenzierungen. Damit ist jedoch auch der mögliche Nutzen für die Agenden einer wissensgeleiteten Wohnungslosenhilfeplanung und einer bedarfsorientierten Angebotsentwicklung naturgemäß relativ gering. Aufbauend gestaltete qualitative Ergänzung der Erhebung Um gewährleisten zu können, das die vorgelegten Datenreihen der Wohnungslosenerhebung auch in der Lage sind, spezifische Fragestellungen etwa nach der Wirkung und z.B. der Nachhaltigkeit der Effekte einzelner Maßnahmen beantworten zu können, wäre es wichtig, in regelmäßigen Abständen (beispielsweise alle drei Jahre) die im Rahmen der quantitativen Erhebung gefundenen Feststellungen mit qualitativen Methoden vertiefend zu bearbeiten und zu analysieren. 117 2. Prävention von Wohnungslosigkeit Die Analyse der Betreuungsdokumentationen belegt eindrücklich, dass die Hilfen durch die WLH und angrenzender Hilfeangebote, konsequente Ausnahme bildet hier die Delogierungsprävention, tendenziell reaktiv gestaltet sind und erst zu einem relativ späten Zeitpunkt in der Problementwicklung einsetzen, in einer Phase also, in der sich die spezifischen Problemlagen durch die Kumulation von unterschiedlichen psycho- und ökosozialen Belastungen bereits zugespitzt haben. Die unterschiedlichen Aspekte der präventiven Aufgabenstellungen der WLH zusammengenommen, lässt sich im Spiegel der Betreuungsdokumentationen ein hoher Bedarf nach einem systematischen Ausbau der Präventivangebote im Rahmen der WLH, insbesondere an den Schnittstellen zu benachbarten Hilfesystemen (Gesundheit und Psychiatrie, Suchthilfe etc.) feststellen. Besonders vordringlich erscheint die Gewährleistung von zielgruppenspezifisch gestalteten präventiven Angeboten in der Betreuung von jungen Erwachsenen, zumal es bei problematischer Ablöse aus familiären oder familienergänzenden Zusammenhängen häufig auch um die Abklärung der beruflichen Perspektiven, z.B. durch die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice, geht. Dafür werden erfahrungsgemäß Kontinuität in der begleitenden Hilfestellung und eine verbindliche Bezugsbetreuung mit einem langen Atem für die Begleitung während einer relativ intensiven Phase der persönlichen Nachreifung benötigt. Entsprechende Vorsorgen für diese Zielgruppe sind in der aktuellen Verfasstheit der WLH nur sehr unzureichend gegeben. Eine weitere Problemfeststellung betrifft die Bereiche der psychosozialen / psychiatrischen Versorgung sowie der Suchthilfe. Die WLH ist hier insbesondere mit der Tatsache konfrontiert, dass KlientInnen dieser Hilfeschienen im Zweifelsfall in die Wohnungslosigkeit entlassen werden. Präventive Angebote an der Schnittstelle zu diesen Hilfebereichen lassen sich – aus der Sicht der WLH – als zu wenig flexibel im Umgang mit KlientInnen charakterisieren, die aufgrund einer Mischproblematik mit den Regelangeboten nicht zurecht kommen. 118 Ausbau der präventiven Angebote in der WLH In der Praxis der Delogierungsprävention hat es sich ausgesprochen bewährt, dass in Kooperation und Abstimmung mit den Gemeinnützigen Wohnbauträgern das Zeitfenster zwischen Einmahnung von Mietschulden und Androhung eines gerichtlichen Delogierungsverfahrens bis zum Vollzug der Räumungsexekution kontinuierlich ausgedehnt werden konnte. Damit bietet sich die Möglichkeit, gemeinsam mit den betroffenen Haushalten so unterschiedliche Angebote zu realisieren wie Finanz- und Haushaltsplanung, Start einer Schuldenregulierung, Abklärung von beruflichen Perspektiven etc. Eine analoge Verbesserung der Interventions- und Hilfemöglichkeiten für MieterInnen am privaten Wohnungsmarkt steht jedoch noch gänzlich aus. Insbesondere die enge Vernetzung mit weiteren spezialisierten Unterstützungsangeboten und die Vorbereitung einer weichen Übergabe in eine entsprechende Nachbetreuung leiden unter dem Zwang zur raschen Abklärung und helfender Intervention. Die dokumentierte Wohnungslosigkeit von jungen Erwachsenen, häufig im Kontext einer problematisch verlaufenen Ablöse aus familiären oder familienergänzenden Maßnahmen durch die Jugendwohlfahrt, stellt den präventiven Angeboten zur Verhinderung von Wohnprekariat und / oder Wohnungslosigkeit ein bedenkliches Zeugnis aus. Für diese Zielgruppe ist zudem ein ausgeprägter Mangel an geeigneten präventiven Vorsorgen in der WLH zu konstatieren. Das Setting erweist sich in vielen Fällen als zu eindimensional und zu wenig flexibel, um auf die besonderen Bedürfnisse dieser jungen Menschen adäquat eingehen zu können. Nur zu oft stoßen diese, sofern sie den Schritt in die WLH überhaupt bewältigen, auf relativ starre Reglements und Grenzen. Konflikte und Betreuungsabbrüche zeichnen, in Ermangelung adäquater Vorsorgen, den Weg dieser Personen durch das Hilfesystem. Die in den Betreuungsverläufen dokumentierte Wohnungslosigkeit bzw. prekäre und unsichere Wohnversorgung von psychisch kranken oder suchtkranken Menschen nach ihrer Entlassung aus einem stationären Aufenthalt verweist auf den grundsätzlichen Bedarf nach entsprechenden präventiven Angeboten an der Schnittstelle zu diesen Einrichtungen. Als erster Schritt zur Bearbeitung der damit verbundenen Belastungen (auch für die WLHEinrichtungen) wäre hier die Entwicklung und Implementierung eines verbindlichen und bereichsübergreifend gestalteten Schnittstellenmanagements zu nennen, das gleichermaßen 119 eine reguläre Entlassungsvorbereitung durch die stationären Einrichtungen als auch eine planmäßige Übernahme und Hinausbegleitung durch die extramuralen Einrichtungen der psychosozialen Versorgung und / oder der WLH gewährleisten kann. 3. Bewältigung von Wohnungslosigkeit In den von den MitarbeiterInnen der beteiligten Sozialeinrichtungen zusammengestellten und anonymisierten Betreuungsdokumentationen finden sich pointierte kritische Einschätzungen der verfügbaren Kapazitäten und Ressourcen sowie Verweise auf Mängel in der aktuellen Ausstattung des Hilfesystems in Salzburg. So manche dieser Bedarfsfeststellungen laufen darauf hinaus, dass die MitarbeiterInnen der WLH in Ermangelung geeigneter Einrichtungen und Vorsorgen letztlich dazu gezwungen sind, sich in der Betreuungsarbeit mit kleinen Erleichterungen und Überlebenshilfe zu begnügen und letztlich den Mangel zu verwalten. Für die Bewältigung von Wohnungslosigkeit fehlen … … … Kritische Anmerkungen der SozialarbeiterInnen betreffen vor allem folgende Lücken im Hilfesystem: Versorgungssicherheit trotz Abstinenzverweigerung – es gibt keine den Konsum von Alkohol oder Drogen akzeptierenden Angebote des Betreuten Wohnens psychisch kranke Wohnungslose, die aufgrund fehlender Krankheitseinsicht eine psychosoziale / psychiatrische Behandlung oder Therapie ablehnen, können mangels geeigneter Angebote nur schwer in ein adäquates Wohnbetreuungssetting vermittelt werden insbesondere fehlen in Salzburg niedrigschwellige Angebote, z.B. für junge Frauen und Männer mit psychiatrischen Krankheitsbildern, die verbindliche Betreuungsauflagen (Krankheitseinsicht, Behandlungsbereitschaft und regelmäßige Medikation) ablehnen (vgl. dazu das Modell des Weglaufhauses in Berlin) weiters fehlt in Salzburg eine niedrigschwellige Anlaufstelle für wohnungslose Drogenabhängige (vgl. dazu das Modell der Mentlvilla in Innsbruck, das akzeptierenden Drogenhilfe im Verbund mit einer Notschlafstelle, einen 120 Kontaktladen und ein Arbeitsprojekt für drogenkonsumierende junge Erwachsene anbietet) Standardverbesserung für die nachgehende und aufsuchende Beratung und Betreuung von wohnungslosen Personen, die sich dauerhaft in den Salzburger (Billig-)Pensionen im betreuungsfreien Raum eingerichtet haben; aktuell sind für diesen Aufgabenbereich 30 Wochenstunden für insgesamt 180 belegte Betten vorgesehen, davon werden ca. 80 Fälle über die Sozialhilfe finanziert; mit diesem Stundenkontingent kann weder eine Bezugsbetreuung gewährleistet noch eine perspektivische Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen in diesen Herbergen angeleitet und umgesetzt werden betreute Dauerwohnplätze – analog zu SeniorInnenheimplätzen – als adäquater Ersatz für Pensionszimmerunterbringung / Angebot von Basisversorgung plus psychosozialer Begleitung und ohne zeitliche Einschränkung Angebote für psychisch kranke / stark traumatisierte AsylwerberInnen – Grundversorgung mit psychosozialer Begleitung Männerspezifische Angebote zur Aufarbeitung der individuellen Hintergründe für gewaltförmige Beziehungskrisen – Arbeit mit den Tätern in Kombination mit niederschwelligen Nächtigungsangeboten (z.B. Notwohnungen im Beratungskontext) Anschlussfähigkeit der niederschwelligen Zugangseinrichtungen / Notschlafstellen in höherschwellige Betreuungsangebote, ib. betreutes Wohnen, die ohne starren Filter von Abstinenz, Krankheitseinsicht und Compliance eine sinnvolle Fluktuation in den Noteinrichtungen gewährleisten 4. Beendigung von Wohnungslosigkeit / Rehabitation Als zentrales Ergebnis der detaillierten Aufbereitung der quantitativen Grundlage der Wohnungslosenerhebung (für diese Studie wurden die Ergebnisse der Wohnungslosenerhebung aus dem Oktober 2009 herangezogen) und der eingehenden Analyse von Betreuungsdokumentationen aus dem Umfeld der WLH erscheint das augenfällige Missverhältnis in Bezug auf die Wohnsituation der KlientInnen. Der großen Mehrheit der betreuten KlientInnen, die in ausgesprochen prekären bis miserablen Wohn- und Lebensverhältnissen überleben, stehen lediglich einige wenige Personen gegenüber, die in regulären höherschwelligen Angebotsschienen betreut werden. 121 Offensichtlich wird auch, dass ein großer Teil der KlientInnen der WLH bereits über den Zeitraum von mehreren Jahren in sehr prekären Verhältnissen leben. Es liegt solcherart auf der Hand, dass der Transfer aus belastenden Phasen der Wohnungslosigkeit in eine aufbauend gestaltete und begleitete Wohnintegration, ib. in Richtung leistbarer Wohnungen, nur sehr schwer gelingt. Gerade in Hinblick auf verfügbare und leistbare Wohnungen zur gezielten Ablöse aus der Hilfestruktur in eigenständige Wohnund Lebensformen ist solcherart ein eklatanter Handlungsbedarf festzustellen. Eine Wohnung ist nicht alles, aber ohne Wohnung ist alles nichts Es ist ein bereits vielfach angesprochenes Dilemma der WLH, dass sie in der aktuellen Situation in Salzburg nur sehr schwer in der Lage sind, für ihre KlientInnen innerhalb fachlich gerechtfertigter Betreuungsperspektiven eine geeignete und leistbare Nachfolgewohnversorgung zu realisieren. Für die Zukunft der Salzburger Wohnungslosenhilfe erscheint es vor diesem Hintergrund als unverzichtbar, die Ressourcen für die ambulante Wohnbetreuung auszubauen und Kontingente für die Ablöse in eigenen Wohnraum zu erschließen Sonst läuft die WLH Gefahr, dass sie ihre KlientInnen in der Achterbahn der Wohnungslosenhilfe verwahrt bzw. dass ihnen die KlientInnen auf der Flucht vor der Betreuung in die verdeckte Wohnungslosigkeit verloren gehen. Insbesondere bin ich der Meinung, dass die bisher praktizierte Betreuungsform als Mittel zur „Wiederherstellung von Wohnfähigkeit“ obsolet wenn nicht gar kontraproduktiv ist, zumal damit die Erlangung persönlicher Kompetenzen, sich wieder eigenständig um das eigene Leben und Wohnen zu kümmern, tendenziell verzögert bzw. konterkariert wird. Ich halte dafür, dass die WLH gut beraten wäre, auf die gewohnte Aufnahmefilter (Abstinenz, Krankheitseinsicht, Betreuungs-Compliance etc.) zu verzichten – zugunsten jeweils gemeinsam mit den KlientInnen ausgehandelten und umgesetzten Rahmenbedingungen, wie sie ihr Leben mit mehr / minder intensiver Unterstützung leben möchten. In diesem Sinne empfehle ich den zügigen Ausbau von Gemeinwesenarbeit – in enger Abstimmung mit der WLH – zur begleiteten Wohnintegration ihrer KlientInnen während der Ablösephase sowie die Implementierung von HOUSING FIRST – PLUS. Dieser innovative Ansatz zur Beendigung von Wohnungslosigkeit aber auch von akuter Obdachlosigkeit hat 122 sich anderen Ländern (Niederlande und Finnland, die bis vor wenigen Jahren durchaus vergleichbare Rahmenbedingungen und Arbeitsansätze in der WLH gepflegt haben wie Salzburg) bereits bewährt. 123 IV. Anhang Detailgliederung Anmerkungen und Materialien zur quantitativen Datenbasis (Teil I.) 125 Monitoring von Wohnungslosigkeit in Österreich 125 Monitoring von Wohnungslosigkeit im EU-Vergleich 128 Zur Methode der Salzburger Wohnungslosenerhebung 129 Anmerkungen zur Reichweite der Wohnungslosenerhebung 132 Definition von Wohnungslosigkeit und prekärer Wohnversorgung: ETHOS – Typologie zu Wohnungslosigkeit und Wohnprekariat 135 Tabellenband zur Analyse der quantitativen Datengrundlage 137 Überblick über Angebote und Ressourcen der WLH in Salzburg 144 Materialien / Tabellenband zur Analyse der Betreuungsdokumentationen 145 Wohnungslosenhilfe in Österreich – ein Überblick 153 Literatur und verwendete Materialien 164 124 Anmerkungen zur quantitativen Datengrundlage Monitoring von Wohnungslosigkeit in Österreich Innerhalb Österreichs sind große Unterschiede zwischen den Bundesländern und den Landeshauptstädten bezüglich des Monitorings von Wohnungslosigkeit zu verzeichnen. In der nachstehenden Übersicht wird der Stand des Monitorings in den Bundesländern in Stichworten gegenübergestellt. Burgenland: kein systematisch aufbereitetes Wissen über Wohnungslosigkeit; keine quantitativen Grundlagen für eine wissensgeleitete Entwicklung der Hilfeangebote Wien: seit Jahren ist in Wien ein elaboriertes Doku-System und ein jährlicher WLH-Bericht die Norm; die Dokumentationsgrundlage ist formalisiert und wird regelmäßig elektronisch von den Partnereinrichtungen des Fonds Soziales Wien (FSW) übermittelt; nicht erfasst sind wenige Einrichtungen, die im privaten Rahmen (z.B. ausschließlich mit Spendenmitteln) betrieben werden. Die vorhandene Datengrundlage deckt mithin einen Großteil der engeren Wohnungslosenhilfe ab. Große Problembereiche wie die verdeckte Wohnungslosigkeit sowie die Obdachlosigkeit (sleeping rough) können jedoch im Rahmen dieser Monitoringvorsorge nicht systematisch erfasst werden. Niederösterreich: Monitoring und Dokumentation der Angebote der WLH sind im Niederösterreichischen Sozialhilferaumordnungsprogramm geregelt, betreffen jedoch nur den engeren Bereich der WLH. Eine weitergehende Datenerhebung sowie eine systematische Aufbereitung der Daten zum Ausmaß der Wohnungslosigkeit und eine differenzierte Analyse der Zusammensetzung der von Wohnungslosigkeit bedrohten oder betroffenen Personen / Haushalte wurde im Rahmen einer Bedarfserhebung im Jahr 2009 erstmalig durchgeführt. Dieser Bericht ist jedoch bis dato nicht öffentlich zugänglich. Steiermark: Die Dokumentation obliegt den Einrichtungen; dafür sind keine abgestimmten Standards vorgegeben, entsprechend unzureichend sind die Wissensgrundlagen für eine planmäßige Entwicklung der WLH; bezeichnend für die Haltung der Sozialpolitik und -verwaltung des Landes Steiermark erscheint dabei auch die Tatsache, dass im Rahmen der im Jahr 2005 erstellten Strukturanalyse zur Situation der WLH in Graz (Ohmacht 2005) zum einen die Bezirke außerhalb von Graz ebenso ausgeklammert wurden, wie zum anderen auch auf eine systematische Erhebung quantitativer Grundlagen zur Wohnungslosigkeit dezidiert verzichtet wurde. 125 Kärnten: Die Vorsorgen für Dokumentation und Monitoring im Rahmen der WLH sind in Kärnten nicht standardisiert; es sind für dieses Bundesland somit keine systematisch aufbereiteten Planungsgrundlagen zu Wohnungslosigkeit und WLH verfügbar. Oberösterreich: im Rahmen einer systematischen WLH-Planung wurden in den vergangenen Jahren auch differenzierte Standards der Dokumentation von Angeboten der WLH eingeführt; damit sind die Grundlagen und Vorsorgen für wissensgeleitete Planung seit wenigen Jahren auf einem hohen Niveau gewährleistet, wenn auch eingeschränkten auf den engeren Bereich der WLH. Salzburg: Die jährliche Erhebung von quantitativen Aspekten der Wohnungslosigkeit wird seit nunmehr mehr als 10 Jahren ausschließlich in der Regie der WLH-Einrichtungen ausgeführt und beschränkt sich, unter anderem aufgrund der fehlenden Kooperation der Sozialverwaltung des Landes, (noch) auf die Wohnungslosigkeit in der Stadt Salzburg; qualitative Aspekte und / oder eine systematische Vertiefung blieben bislang ausgeklammert. Tirol: In einzelnen Einrichtungen der WLH ist ein hoher Dokumentationsstandard etabliert, jeweils beschränkt auf den engeren Bereich der einzelnen Einrichtungen; allerdings verzichtet die Sozialplanung des Landes nach wie vor auf eine einrichtungsübergreifende Abstimmung der Dokumentationsstandards. Vor wenigen Jahren wurde von MitarbeiterInnen einer WLH-Einrichtung eine einrichtungsübergreifende Erhebung der quantitativen Aspekte von Wohnungslosigkeit im Raum Innsbruck initiiert. Da viele WLHEinrichtungen wegen der Sorge vor einer missbräuchlichen Verwendung der erhobenen Daten sowie ungenügender Abklärung von Kategorien und Standards ihre Mitwirkung verweigern, bilden die vorliegenden Daten zur Wohnungslosigkeit im Raum Innsbruck nur einen Teilbereich der Problematik ab und stellen somit keine ausreichende Grundlage für eine wissensgeleitete Planung dar. Vorarlberg: Eine Studie für den Zeitraum 2007 – 2008 hat sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte von Wohnungslosigkeit und der Wirkung von Wohnungslosenhilfe systematisch ausgeleuchtet und Grundlagen für eine wissensgeleitete Planung und Entwicklung gewährleistet. Im Unterschied zu anderen EU-Mitgliedsstaaten hat die Erhebung des Ausmaßes sowie die differenzierte Analyse der Entwicklung von Wohnungslosigkeit in Österreich keinerlei Tradition. Tatsächlich liegen für Österreich bis dato lediglich zwei Studien vor, die aufbauend und im 10Jahresabstand eine erste Annäherung zum Problemumfang sowie zur Zusammensetzung des Personenkreises der Betroffenen erlauben (Eitel/Schoibl 1998 und 126 Schoibl 2009). Beide Studien kommen letztlich zum übereinstimmenden Ergebnis, dass die Grundlagen für die Datensammlung in den Ländern sehr uneinheitlich ausfallen bzw. gar nicht gegeben sind. Damit ergibt sich die große Schwierigkeit, dass die gesammelten Daten zum einen wesentliche Lücken aufweisen und zum anderen nicht vergleichbar sind. In beiden Anläufen zur Erhebung des Ausmaßes der Wohnungslosigkeit war es mithin nicht möglich, repräsentative, verlässliche und valide Daten zu generieren und für die differenzierte Analyse bereit zu stellen. In Hinblick auf die fehlenden bzw. unzureichenden Vorsorgen in den Bundesländern ist es evident, dass in Österreich somit keine validen bzw. vollständigen Daten zur Wohnungslosigkeit gewährleistet sind. Dieser grundsätzliche Mangel wird auch durch österreichweite Datenerfassungen bislang nicht ausgeglichen. a) Auch die bisher durchgeführten Haushaltserhebungen durch Statistik Austria blieben, mangels differenzierter Erfassung unterschiedlicher prekärer Wohnverhältnisse, eher dem Bereich der statistischen Annäherung verhaftet. Die Stichtagserhebung im Jahr 200122 erfasste auch unterschiedliche Formen von Anstaltenhaushalten und damit unter anderem auch Personen, die in stationären Einrichtungen der WLH betreut werden. Weitere prekäre Wohnformen, etwa ambulant betreute Haushalte in Übergangswohnungen von WLH-Trägern oder Übergangswohnen in unbetreuten Pensionen und Herbergen, konnten in diesen Erhebungen bis dato jedoch noch nicht erfasst werden. Eine Anpassung des methodischen Settings ist für die nächste Großerhebung im Jahr 2011 in Vorbereitung. b) Mittlerweile werden zwar vom Bundesrechenzentrum, im Auftrag des BM:Justiz, jährlich Datenreihen über laufende Delogierungsverfahren, Exekutionsverfahren sowie ausgeführte Zwangsräumungen aufgelegt, die auch regional differenziert aufbereitet werden. Leider wird in diesem Zusammenhang jedoch auf eine Dokumentation der Art der Wohnversorgung nach einer vollzogenen Zwangsräumen verzichtet, so dass aktuell keine Information darüber möglich ist, ob und inwieweit es in Folge von Delogierungsverfahren zu Wohnungslosigkeit kommt. c) Vom Bundesministerium für Inneres wird im jährlichen Sicherheitsbericht detailliert aufgeführt, wie viele Personen sich in Haftanstalten aufhalten und wie viele im Verlauf eines Jahres aus der Haft entlassen werden. Bis dato wurde jedoch nicht erhoben und dokumentiert, wie es bei diesen Personen mit der Wohnversorgung nach verbüßter Haftstrafe steht. Aktuell sind Vorbereitungen eingeleitet, diesen 22 Statistik Austria, Haushaltserhebung, Wien 2005 127 Mangel zu beheben und den – in vielen Fällen kritischen – Verlauf der Haftentlassung differenziert zu dokumentieren. d) Das zahlenmäßig ausgesprochen umfangreiche Feld der stationären Behandlung in psychiatrischen Kliniken wird in Österreich bis dato nur sehr rudimentär erfasst und nur unzureichend differenziert dokumentiert. Die letzten Psychiatrieberichte nehmen auf die Frage der Wohnversorgung der psychiatrischen PatientInnen keinen Bezug und geben auch keinerlei Auskunft darüber, wie es mit der Wohnversorgung der entlassenen PatientInnen bestellt ist. Für Österreich sind damit letztlich keine vollständigen validen und empirisch abgesicherten Aussagen über die quantitativen Aspekte der Wohnungslosigkeit möglich. Daran haben auch die letzten Erhebungen, die von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAWO) in den Jahren 1989 und 2007 durchgeführt wurden, nichts Substanzielles ändern können. Monitoring von Wohnungslosigkeit im EU-Vergleich Österreich steht mit diesem Befund nicht alleine da. So kommt eine Vergleichsstudie zum Monitoring von Wohnungslosigkeit in den EU-Mitgliedsstaaten (MPHASIS 2008) zur Feststellung, dass nur in wenigen Mitgliedsstaaten auf nationaler oder regionaler Ebene regelmäßige und (zumindest annähernd) vollständige Erhebungen des Problemumfangs und / oder seiner Entwicklung im mehrjährigen Vergleich durchgeführt werden. Tatsächlich können Länder mit mehrjährigen Zeitreihen und Analysen zur Wohnungslosigkeit an einer Hand abgezählt werden. Das betrifft etwa Finnland, wo seit etwa 15 Jahren jährliche Erhebungen vorgenommen und die regional / kommunal aufbereiteten Datensätze landesweit zusammengeführt und differenziert ausgewertet werden. Seit einigen Jahren werden auch in den Ländern des UK sowie in Irland umfassende und differenzierte Erhebungen vorgenommen. Daneben können noch Dänemark und Schweden auf eine Tradition systematischer Dokumentation und Beforschung verweisen. 128 Stellenwert der WL-Erhebungsreihe im internationalen Vergleich Vor diesem Hintergrund steht die Salzburger Erhebung des Forums Wohnungslosenhilfe sehr gut da, als beispielhaft für die Bundesländer und Landeshauptstädte in Österreich, und findet sich mithin im internationalen Vergleich an hervorragender Position. Zur Methode der Wohnungslosenerhebung in Salzburg Die Erhebungsreihen, die in den vergangenen Jahren in Salzburg (seit 1994), Linz (gelegentlich) und Innsbruck (seit 2006) fokussieren im Kern auf die Erhebung jener wohnungslosen Personen, die den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe namentlich bekannt sind. Darüber hinausgehend wird im Rahmen der Vorbereitung dieser Erhebungen intensiv versucht, auch WLH-nahe Beratungseinrichtungen und Soziale Dienste einzubeziehen, um so sicherstellen zu können, dass möglichst weite Bereiche der Dunkelziffer, der Personen in verdeckter Wohnungslosigkeit also, ausgeleuchtet werden können. Beispielsweise ist es inzwischen Standard in den Erhebungen des Forums WLH in Salzburg, dass sich die sozialen Dienste von Landeskrankenanstalten, psychiatrischen Einrichtungen sowie der Haftanstalten ebenso an der Erhebung beteiligen. An den regelmäßigen Erhebungen nehmen auch die ambulanten Beratungsangebote der Suchthilfe, Schuldnerberatung, Sachwalterschaft, Frauenhilfe etc. sowie die (teil)stationären Betreuungsangebote der extramuralen Versorgung sowie der Suchthilfe teil. Aktuell konnten nun auch die Beratungsangebote der AusländerInnen-, Flüchtlingsberatung sowie der Integrationshilfe einbezogen werden. Weiters werden auch kirchliche Einrichtungen (Klöster, Pfarren etc.), die sich mit der Ausgabe von Essen, Kleidung etc. caritativ um die Linderung der Problemlagen wohnungsloser Menschen bemühen, sowie Einrichtungen der Tagesstruktur in die Erhebung einbezogen. Nach Möglichkeit werden auch von niederschwelligen Kontakt- und Hilfeangeboten, die in der Regel keine Aufzeichnungen personenbezogener Daten vornehmen, die Fragebögen zur Statuserhebung bezüglich Wohnungslosigkeit abgefragt (bei strikter Wahrung der Freiwilligkeit). Eine Besonderheit der Versorgungslage wohnungsloser Menschen in der Landeshauptstadt Salzburg liegt darin, dass viele alleinstehende Wohnungslose vorübergehend auch in sogenannten Billigpensionen (z.T. Mehrbettzimmer, ohne Betreuungsvorsorgen etc.) leben. Diese Personen werden im Rahmen eines nachgehenden Beratungsansatzes kontaktiert und 129 – so sie das aktiv wünschen – bei der Suche nach einer adäquateren Wohnversorgung / Wohnintegration unterstützt. Dieser Beratungsdienst nimmt ebenfalls an den regelmäßigen Erhebungen teil. Durch den breiten Ansatz der Salzburger Wohnungslosenerhebung ist gewährleistet, dass auch institutionen- und betreuungsferne Personen, die ein Leben auf der Straße / auf den Stadtbergen / im Wohnprekariat (bei Bekannten etc.) dem eher engen Betreuungssetting in den (Übergangs)Einrichtungen des Sozialsektors vorziehen, erfasst werden können. Sicherlich muss jedoch berücksichtigt werden, dass es damit (noch) nicht hundertprozentig gewährleistet ist, dass damit auch alle Personen erfasst werden können, die von Wohnungslosigkeit bedroht oder bereits akut betroffen sind. Insbesondere Personen, die temporär bei Bekannten unterschlüpfen, bis sie sich aus eigenem Vermögen wieder einen eigenständigen Wohnsitz sichern können, bleiben dann unberücksichtigt, wenn sie für die Wohnungssuche und die Bewältigung der akuten Wohnversorgungskrise keine Unterstützung durch das vorhandene System der sozialen Dienste und / oder der WLH in Anspruch nehmen. Dass viele Personen, die in mehr / minder gesundheitsgefährdendem Substandard oder Überbelag leben, sich aber nicht an soziale Einrichtungen und Beratungsstellen wenden, wurde z.B. im Rahmen der Erhebung vom letzten Jahr darin deutlich, dass vom Wohnungsamt der Stadt Salzburg eine große Anzahl an Personen / Haushalten gemeldet wurden, die nach den Kategorien des Forums (Überbelag, Substandard) als prekär bis ungenügend wohnversorgt sind. In diesem Sinne ist trotz aller Bemühungen um eine möglichst breite Erfassung des betroffenen Personenkreises davon auszugehen, dass neben der erfassten Wohnungslosigkeit auch weiterhin ein großes Dunkelfeld verdeckter Wohnungslosigkeit besteht, das durch Erhebungen wie diese nicht oder nur unzureichend abgebildet werden kann. Eine tatsächliche Totalerhebung würde in jedem Fall einen völlig anderen und um vieles aufwändigeren Erhebungsansatz, z.B. im Rahmen einer Haushaltserhebung, voraussetzen. ABGLEICHUNG VON DOPPELNENNUNGEN Im Vorfeld der Erhebung wird in tel. Kontakt mit den eingeladenen Einrichtungen das Prozedere der Erhebung (Zeitraum, Abgabetermine, offene Fragen bzgl. der verwendeten Begriffe, differenzierte Definition der Wohnungslosigkeit) abgeklärt. Dieses sieht vor, dass von allen wohnungslosen Personen, die in Kontakt mit den Einrichtungen stehen und 130 namentlich bekannt sind, ein Eintrag auf dem schriftlichen Erhebungsbogen vorgenommen wird, in dem auch der erste Buchstabe des Familiennamens sowie das Geburtsdatum anzugeben sind. Diese personenbezogenen Daten dienen ausschließlich der Abklärung von Doppelnennungen und werden nach Abschluss der Datenaufbereitung, die selbst strikt anonymisiert durchgeführt wird, gelöscht und dem Reißwolf anvertraut. Der Gesamtüberblick hinsichtlich Gesamtzahl der wohnungslosen Personen und deren aufenthaltsrechtlichem Status ist damit um Doppelnennungen bereinigt. VORSCHLAG FÜR EINE DATENSCHUTZKONFORME ABGLEICHUNG VON DOPPELNENNUNGEN Diese Vorgangsweise ist in datenschutzrechtlicher Hinsicht nicht wirklich zufriedenstellend, auch wenn die ausführenden MitarbeiterInnen von WLH-Einrichtungen sich um größtmögliche Anonymität bemühen und eine missbräuchliche Verwendung der personenbezogenen Daten tatsächlich ausgeschlossen werden kann. Diese ‚Unsauberkeit‘ ist umso bedauerlicher, als eine datenschutzrechtlich unbedenkliche Vorgangsweise technisch jederzeit möglich wäre, jedoch ohne Extrafinanzierung tatsächlich nicht realisierbar ist. An sich wäre es lediglich nötig, ein externes edv-gestütztes System zur Vergabe von anonymen Personenkennzahlen zwischenzuschalten. Danach erhalten die mitwirkenden Einrichtungen für die von ihnen erfassten KlientInnen jeweils eine Kennziffer, die dann auf den individuellen Erhebungsbögen vermerkt wird. Die Eingabe von detaillierten Angaben bezüglich des aktuellen sozioökonomischen sowie aufenthaltsrechtlichen Status könnte dann ohne weitere personenbezogene Details erfolgen. Die edv-gestützte Auswertung hätte auf dieser Grundlage die Möglichkeit, Doppelnennungen abzugleichen, ohne dass es weiterer Maßnahmen zur Verhinderung einer missbräuchlichen Verwendung von personenbezogenen Datenblättern bedürfte. ANMERKUNGEN ZUR REICHWEITE WOHNUNGSLOSENERHEBUNG IN DER SALZBURG In der Geschichte der Wohnungslosenerhebung in Salzburg ist es Schritt für Schritt gelungen, die Reichweite der Erhebung wesentlich auszubauen. So konnten, nachdem in den ersten Jahren vorwiegend Einrichtungen der WLH sowie ausgewählte kooperierende Angebote aus benachbarten Hilfebereichen erfasst waren, auch Einrichtungen der AusländerInnenberatung und der Jugendhilfe einbezogen werden. Mit fortschreitendem 131 Ausbau der sozialen Dienste im Kontext der Justizanstalt sowie der stationären medizinischen und psychiatrischen Einrichtungen war es zudem auch möglich, Daten und Fakten zur Wohnversorgung jener Personen in die Wohnungslosenerhebung aufzunehmen, die im Zuge ihrer bevorstehenden Entlassung vor großen Wohnversorgungsproblemen stehen. Als vorläufig letzten Schritt in der Verbesserung der Reichweite kann aktuell auf die Mitwirkung des Wohnungsamtes der Stadt Salzburg verwiesen werden, sodass in der bislang jüngsten Erhebung im Oktober 2009 auch die Daten der Dringlichkeits- und Wohnungsnotfälle in der Stadt Salzburg abgeglichen und als Ergänzung der Wohnungslosenerhebung vergleichend herangezogen werden konnten. Im Rahmen der jährlichen Wohnungslosenerhebung ist es somit möglich, folgende Teilbereiche der Wohnungslosigkeit weitestgehend vollständig abzudecken: WLH (alle ambulanten und stationären Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe in der Stadt Salzburg) Wohnprekariat und Delogierungsgefährdung (Fachstelle für Gefährdetenhilfe) Schnittstelle: Pfarren und Klöster Schnittstelle: Hilfeangebote für Frauen (Scheidung, häusliche Gewalt etc.) Schnittstelle: Entlassung aus stationären Einrichtungen (sozialer Dienst in Spitälern und der CDK) Schnittstelle: Entlassung aus der Haft (sozialer Dienst im LGH, Haftentlassenenhilfe, Verein Neustart) Schnittstelle: Behindertenhilfe, Sachwalterschaft und Suchthilfe Schnittstelle: extramurale psychosoziale Dienste Schnittstelle: Jugendwohlfahrt Schnittstelle: AusländerInnenberatung und Integrationshilfe Schnittstelle: Wohnungswirtschaft (Mitwirkung des Wohnungsamtes Salzburg, ib. bezüglich Überbelag und prekärer Wohnverhältnisse) Wohnprekariat: Unterkunft in Billigpensionen Straßenobdachlosigkeit. Einschränkungen der Reichweite In der Wohnungslosenerhebung des Forums werden volljährige Personen und jugendliche Personen mit österreichischer und EU-Staatsbürgerschaft sowie MigrantInnen und AsylwerberInnen aus Drittstaaten erfasst, die einen unmittelbaren und eigenständigen Bedarf nach einer gezielten Versorgung mit Wohnraum aufweisen. Das trifft etwa für mitziehende Kinder von wohnungslosen Familien sowie für Personen, die in 132 Langzeitbetreuung durch Einrichtungen der WLH sowie der extramuralen psychosozialen Dienste in Wohnheimen untergebracht sind, nicht zu. Diese Personengruppen werden deshalb in den jährlichen Berichten über die Wohnungslosenerhebung zahlenmäßig angeführt, jedoch nicht in die Detailuntersuchung aufgenommen. Das trifft – aus anderen Gründen – auch für Wohnungssuchende zu, denen vom Wohnungsamt der Stadt Salzburg eine hohe Dringlichkeit zuerkannt wird, die in der jüngsten Erhebung ebenfalls en bloc vorgestellt werden konnte. Aufgrund unterschiedlicher Aufbereitung der Haushaltsdaten war es aktuell nicht möglich, diese Haushalte in die Detailauswertung aufzunehmen. Mitziehende Minderjährige 87 Burschen und Mädchen (erstmalig systematisch erhoben) Diese Kinder und Jugendlichen sind von der Wohnungslosigkeit ihrer Familien unmittelbar betroffen, allerdings steht bei diesen Personen kein Handlungsbedarf im Sinne einer eigenständigen Wohnversorgung an. Unabhängig davon ist allerdings festzustellen, dass diese mitziehenden Minderjährigen durch die Wohnungslosigkeit ihrer Familien mit ausgesprochen belastenden bis existenziell gefährdenden Aufwachsbedingungen konfrontiert sind. In jedem Fall ist der Handlungsbedarf bei diesen Familien besonders herauszustreichen. Personen in Langzeitbetreuung in Heimen und Wohngemeinschaften23: In betreuten Einrichtungen der extramuralen psychosozialen Versorgung der Träger PRO MENTE und LAUBE waren im Oktober 2009 insgesamt 117 Personen, davon 49 Frauen, unbefristet wohnversorgt. Im Langzeitwohnen der SAG wurden im Oktober 2009 insgesamt 29 Personen, davon 3 Frauen, unbefristet wohnversorgt. Bei diesen Personen steht aufgrund ihres individuellen Betreuungsbedarfs aktuell kein Bedarf nach einer eigenständigen Wohnversorgung an. Die heimförmige Betreuung deckt zudem – wenn auch jenseits des regulären Wohnungsmarktes – deren weitergehende Bedürfnisse nach begleitender Stützung sowie nach Integration in eine Gemeinschaft und Tagesstruktur ab. 23 Dabei handelt es sich um heimförmige betreute Unterkünfte, bei denen nicht Wohnungslosigkeit sondern der Bedarf nach einer geschützten therapeutischen Gemeinschaft im Vordergrund steht. 133 Eine Vermittlung in eine eigenständige Wohn- und Lebensform würde sie tendenziell überfordern und wäre mithin kontraproduktiv. Dringlichkeitsfälle des Wohnungsamtes der Stadt Salzburg: Vom Wohnungsamt der Stadt Salzburg wurden für die Wohnungslosenerhebung im vergangenen Jahr erstmalig Datensätze beigetragen, die sich jedoch in ihrer Aufbereitung grundsätzlich von jenen Beiträgen der unterschiedlichen Sozialeinrichtungen unterscheiden. Für die Auswertung der Wohnungslosenerhebung 10/2009 wurde dann zwar die Gesamtzahl jener Haushalte herausgefiltert, die den in dieser Erhebung verwendeten Kategorien (ib. handelt es sich dabei um Überbelag) entsprechen, in der Ergebnisdarstellung jedoch gesondert ausgewiesen. Die Daten des Wohnungsamtes umfassen: 1.478 Datensätze über wohnungssuchende Haushalte 333 Haushalte davon entsprechen den Kriterien für Wohnungsnot (Überbelag und inadäquate, gesundheitsschädigende Wohnverhältnisse) 90% davon leben in gesundheitsgefährdendem Überbelag. In den Haushalten mit dringendem Wohnversorgungsbedarf leben insgesamt 598 minderjährige Personen; im Ø kommen also 1,8 Minderjährige auf jeden Haushalt bei einer Ø Größe dieser Haushalte von 2,3 Personen ergibt sich damit ein Gesamt von 766 Personen in prekärer Wohnversorgung. Verdeckte Wohnungslosigkeit in den Landbezirken Bis dato ist es dem Forum Wohnungslosenhilfe nicht gelungen, behördliche Einrichtungen wie die bezirklichen Sozialämter bzw. die Wohnungsämter der Bezirksstädte und der Gemeinden außerhalb der Stadt Salzburg an der Erhebung zu beteiligen. Ergänzende Angaben zur prekären Wohnversorgung (Substandard, Überbelag und unzureichende rechtliche Absicherung des Wohnverhältnisses) sowie zur verdeckten Wohnungslosigkeit in den ländlichen Regionen stehen somit nach wie vor nicht zur Verfügung und können damit in die Datengrundlagen der jährlichen Wohnungslosenerhebung nicht aufgenommen werden. Somit kann die Wohnungslosigkeit im Ballungsraum Salzburg-Stadt auch nicht in Bezug zur entsprechenden Problematik im gesamten Bundesland gesetzt werden. Insbesondere die Frage eines vermutlich gegebenen Problemtransfers aus den ländlichen Regionen in den Ballungsraum muss somit weitgehend unbeantwortet bleiben. 134 Internationale Definition von Wohnungslosigkeit und prekärer Wohnversorgung – ETHOS-Typologie Die Wohnungslosenerhebung verwendet für die Sammlung von Daten zur Wohnungslosigkeit in Salzburg einen weiten Begriff von Wohnungslosigkeit und orientiert sich dabei an den Ergebnissen einer internationalen Diskussion über Vor- und Nachteile einer differenzierten Begrifflichkeit, die den Bogen von akuter Wohnungslosigkeit bis hin zu prekären / nicht adäquaten Formen der Wohnversorgung spannt. Diese Diskussion wurde vom Europäischen Dachverband der Wohnungslosenhilfe (siehe dazu unter: www.feantsa.org) initiiert und vom European Observatory on Homelessness (der wissenschaftlichen Abteilung der FEANTSA, siehe ebendort) ausgeführt. Von der FEANTSA wurde in den letzten Jahren eine Europäische Typologie von Obdachlosigkeit, Wohnungslosigkeit und prekärer Wohnversorgung (ETHOS) vorgeschlagen, die grundsätzlich vier Formen von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit unterscheidet: Obdachlosigkeit Wohnungslosigkeit ungesicherte Wohnversorgung ungenügende Wohnversorgung Die übersetzte Version von ETHOS wird hier im nachstehend wiedergegeben. 135 Europäische Typologie von Obdachlosigkeit, Wohnungslosigkeit und unzureichender Wohnversorgung: ETHOS 2006 Begriffsbezeichnung OBDACHLOS Kategorie 1 2 WOHNUNGSLOS 3 4 5 6 7 UNGESICHERTE WOHNSITUATION 8 9 10 INADÄQUATE WOHNSITUATION 11 Menschen leben auf der Straße Menschen übernachten in Notunterkünften Menschen leben in Unterbringungseinrichtungen für Wohnungslose Frauen und minderjährige Kinder leben in Frauenhäusern Menschen leben in Unterbringungseinrichtungen für ImmigrantInnen Menschen nach der Entlassung aus Einrichtungen Menschen erhalten Unterstützung (in Bezug auf Wohnungslosigkeit) Menschen leben in ungesicherten Wohnverhältnissen Menschen droht der Wohnungsverlust Menschen sind durch häusliche Gewalt bedroht Menschen leben (vorübergehend) in nicht dem Minimalstandard entsprechenden Räumen 12 Menschen leben in desolaten Wohnverhältnissen 13 Menschen leben in extrem überbelegten Wohnungen Situationsbeschreibung 1.1 2.1 Übernachtung im Freien (kein Zugang zu 24-h Unterbringung) / kein Wohnsitz Nächtigerquartier 3.1 Haus für wohnungslose Menschen 3.2 4.1 Zeitlich begrenzte Unterbringung Unterbringung in Frauenhäusern 5.1 Vorübergehende Unterbringung in Aufnahmezentren für AsylwerberInnen 5.2 6.1 Unterkünfte für ArbeitsimmigrantInnen Gefängnisse 6.2 7.1 Spitäler / Pflegeheime Wohnbetreuung für wohnungslose Menschen 7.2 Betreutes Wohnen 7.3 Übergangsunterbringung mit Betreuung 7.4 8.1 Unterbringung mit Betreuung Übergangsweise bei Verwandten/Freunden 8.2 Kein legales (Unter-)Mietverhältnis 8.3 Illegale Besetzung von Gebäuden 8.4 9.1 Illegale Besetzung von Land Delogierungsverfahren läuft (Mietverhältnis) 9.2 Verfahren auf Wohnungsrückgabe läuft (Wohnungsbesitz) Polizeibekannte Vorfälle häuslicher Gewalt Mobilheim / Wohnwagen 10.1 11.1 11.2 Gebäude entspricht nicht dem lokalen Minimalstandard 11.3 12.1 Vorübergehende Wohnbehelfe Für Wohnzwecke ungeeignet (nach nationaler Gesetzgebung; besetzte Häuser) Höchste nationale Norm von Wohnungsüberbelag 13.1 136 TABELLENBAND ZUR QUANTITATIVEN DATENGRUNDLAGE TAB. 1: WOHNUNGSNOT UND WOHNUNGSLOSIGKEIT InländerInnen IM BALLUNGSRAUM SALZBURG AsylwerberInnen EU-BürgerInnen MigrantInnen unbegl. Minderjährige gesamt Obdachlos 39 8 5 3 2 57 Entlassung aus stationärem Aufenthalt 54 5 13 6 2 80 unbetreute Pensionen 68 9 10 0 2 89 (Übergangs)Einrichtungen der WLH 77 15 20 7 33 152 267 10 60 7 12 304 766 4 40 7 6 823 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. 2900 Freunde / Bekannte Überbelag / Substandard delogierungsgefährdet25 24 TAB. 2: VON WOHNUNGSLOSIGKEIT BETROFFENE MINDERJÄHRIGE Kategorie Gesamt PERSONEN in Prozent unbegleitete Minderjährige (Erhebung Forum) 53 7% mitziehende Minderjährige (Erhebung Forum) 87 12% Minderjährige in Haushalten mit prekärer Wohnversorgung (Erhebung Wohnungsamt) 598 81% Gesamt 738 100% 24 25 inkl. Daten des Wohnungsamtes Salzburg (Jahresstatistik) Daten des Justizministeriums für das Jahr 2009 (Jahresstatistik) TAB. 3: WOHNUNGSLOSE ERWACHSENE / Status GEGLIEDERT NACH gesamt InländerInnen EU-AusländerInnen Dritt-Staat-Angehörige AsylwerberInnen gesamt (Erhebung Forum) STAATSBÜRGERSCHAFT in Prozent 557 73% 41 5% 132 17% 29 4% 759 100% TAB. 4: GESCHLECHTSVERTEILUNG (INKL. DOPPELNENNUNGEN) Kategorie Frauen Männer Gesamt Frauenanteil Dritt-Staat-Angehörige 67 81 148 45,3% unbegleitete Minderjährige 22 31 53 41,5% 141 416 557 25,3% 10 41 51 19,6% 7 23 30 23,3% InländerInnen Eu-AusländerInnen AsylwerberInnen Gesamt 247 592 839 29,4% 138 TAB. 5: FRAUEN IN WOHNUNGSNOT Inländerinnen Obdachlos EU-Bürgerinnen Migrantinnen Asylwerberinnen unbegl. Minderjährige Gesamt 5 0 1 0 2 8 Entlassung aus stationärem Aufenthalt 12 0 2 1 0 15 unbetreute Pensionen 14 2 5 0 1 22 4 2 0 0 5 11 (Übergangs)Einrichtungen der WLH 15 2 16 1 9 43 Freunde / Bekannte 70 1 17 1 5 94 Überbelag / Substandard / Untermiete 25 3 26 4 3 61 145 10 67 7 25 254 Notschlafstellen gesamt Anmerkung: Die Angaben zur Delogierungsgefährdung erlauben keine geschlechts- respektive statusspezifische Differenzierung und werden nicht berücksichtigt. 139 TAB. 6: MÄNNER IN WOHNUNGSNOT Inländer EU-Bürger Migranten Asylwerber unbegl. Minderjährige Gesamt Obdachlos 34 8 4 3 0 49 Entlassung aus stationärem Aufenthalt 42 5 11 1 2 61 unbetreute Pensionen 54 7 5 0 1 67 Notschlafstellen 60 4 2 6 13 85 (Übergangs)Einrichtungen der WLH 62 7 2 0 6 77 197 9 43 6 7 262 20 1 14 3 3 41 469 41 81 19 32 642 Freunde / Bekannte Überbelag / Substandard / Untermiete gesamt Anmerkung: Die Angaben zur Delogierungsgefährdung erlauben keine geschlechts- respektive statusspezifische Differenzierung und werden nicht berücksichtigt. TAB. 7: ALTERSVERTEILUNG 18 19-24 25-29 30-39 40-49 50-59 60 plus weibl. 7% 22% 14% 15% 26% 12% 4% männl. 2% 20% 11% 18% 24% 16% 8% 140 TAB. 8: ALTERSVERTEILUNG 18 - 29 weiblich männlich NACH GESCHLECHT, 30 - 39 43 33 IN PROZENT 40 - 49 50 59 15 18 TAB. 9: WOHNUNGSLOSE INLÄNDERINNEN 26 24 VOR EINER 60 plus 12 16 4 8 HAFTENTLASSUNG Haftentlassung 2004 40 haftentlassene InländerInnen TAB. 10: WOHNUNGSLOSE INLÄNDERINNEN Wohnungslose Kur-/Psychiatrieentlassene TAB. 11: STATIONÄRE wohnbetreute KientInnen WOHNBETREUUNG 2005 35 VOR EINER 2004 24 VON 2004 77 2006 20 ENTLASSUNG 2005 20 2007 25 AUS KUR- 2008 22 ODER 2009 23 PSYCHIATRIEAUFENTHALT 2006 14 2007 19 2008 17 2009 31 2006 81 2007 70 2008 74 2009 77 INLÄNDERINNEN 2005 82 141 TAB. 12: INLÄNDERINNEN IN UNBETREUTEN 2004 80 InländerInnen in unbetreuten Pensionen TAB. 13: INLÄNDERINNEN, TEMPORÄR BEI InländerInnen, temporär bei Bekannten TAB. 14: ERWACHSENE INLÄNDERINNEN, erwachsene InländerInnen, nächteweise in Notschlafstellen TAB. 15: OBDACHLOSIGKEIT Obdachlosigkeit von erwachsenen InländerInnen PENSIONEN 2005 80 2006 85 2007 80 2008 65 2009 68 2007 195 2008 233 2009 267 BEKANNTEN / VERWANDTEN 2004 175 2005 208 NÄCHTEWEISE IN 2006 200 NOTSCHLAFSTELLEN 2004 2005 2006 2007 2008 2009 65 60 52 52 49 43 VON ERWACHSENEN INLÄNDERINNEN 2004 2005 2006 2007 2008 2009 46 40 46 43 46 39 142 TAB. 16: BEI BEZIRKSGERICHTEN EINGEBRACHTE RÄUMUNGSEXEKUTIONSANTRÄGE: 2001 – 2009 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Salzburg Flachgau Pongau Tennengau Pinzgau Tamsweg 428 30 24 48 65 13 392 23 35 52 71 14 375 61 72 57 66 17 420 65 70 66 56 8 373 53 90 72 85 11 394 65 76 69 75 11 372 57 73 73 60 8 400 56 52 83 66 11 394 49 71 70 65 7 Bundesland Salzburg 608 587 648 685 684 690 643 668 656 TAB. 17: VOLLZOGENE RÄUMUNGEN: 2004 BIS 2009 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Salzburg 173 133 162 117 138 115 Flachgau 25 34 34 19 23 19 Tennengau 13 34 26 21 20 20 Pongau 17 38 29 21 14 21 Pinzgau 24 37 34 19 25 19 Lungau 3 2 1 3 1 2 255 278 286 200 221 196 Bundesland Salzburg 143 WLH-EINRICHTUNGEN IM BUNDESLAND SALZBURG Anzahl der Anzahl der Einrichtungen Wohnplätze 1) Stationäres Übergangswohnen (Soziale Arbeit GmbH); Sbg-Stadt 1 13 2) Ambulantes Übergangswohnen (Soziale Arbeit GmbH); Sbg-Stadt 1 31 1 29 stationäre Wohnungslosenhilfe betreute Übergangswohnheime: betreute Wohngemeinschaften 1) Langzeitwohnen (Soziale Arbeit GmbH); Sbg-Stadt Anzahl der Anzahl der Einrichtungen Wohnplätze 1) Bahnhofssozialdienst (Caritas); Sbg-Stadt 1 keine 2) Wohnintegration (Caritas); Sbg-Stadt 1 keine 3) AIS (Soziale Arbeit GmbH); Sbg-Stadt 1 keine 4) Frauentreffpunkt; Sbg-Stadt 1 keine 1) Notschlafstelle der Caritas; Sbg-Stadt 1 15 2) Torwirt (Soziale Arbeit GmbH); Sbg-Stadt 1 10 3) Jugendnotschlafstelle (Caritas); Sbg-Stadt 1 4) Winternotschlafstelle der Stadt Salzburg (Abtlg. 3) 1 k.A. 1) Saftladen (Neustart); Hauptzielgruppe: Haftentlassene; Sbg-Stadt 1 Keine 2) Tageszentrum für wohnungslose Jugendliche (Caritas); Sbg-Stadt 1 keine ambulante Wohnungslosenhilfe Beratungsstellen: NächtigerInnenangebote – Notschlafstellen: 6 Betten Tagesstrukturangebote: Delogierungsprävention Anzahl der Einrichtungen Wohnplätze 1 Fachstelle in Sbg-Stadt, Gefährdetenhilfe / SAG; Sbg-Stadt Sprechstunden / Zweigstellen in den Bezirken keine Tabellenband: Betreuungsdokumentationen WOHER KOMMEN DIE ANONYMISIERTEN BETREUUNGSDOKUMENTATIONEN? Frauen Männer Gesamt SAG/FGH 7 5 12 SAG/IAS 10 17 27 SAG / Übergangswohnen 5 5 10 SAG/betreutes Langzeitwohnen 2 3 5 Caritas / BASO 11 16 27 Caritas / Clearingstelle 0 3 3 Caritas / SOALP 0 10 10 Frauentreffpunkt 7 0 7 Vertretungsnetz Sachwalterschaft 2 0 2 Verein Neustart 0 5 5 44 64 108 Gesamt Insgesamt sind 107 auswertbare Fragebögen eingelangt. Davon entfielen 44 (40%) auf weibliche Klientinnen; 63 auf wohnungslose Männer (60%). Frauen sind in dieser Stichprobe in Relation zu den Ergebnissen der WL-Erhebung vom Oktober 2009 gut repräsentiert. GESCHLECHTSVERTEILUNG Frauen 44 41% Männer 63 59% gesamt 107 100% 145 ALTERSVERTEILUNG <21 21-30 31-40 41-50 >50 Frauen 5 11 6 12 10 Männer 1 14 11 22 12 gesamt 6 25 17 34 22 Die eingelangten Betreuungsdokumentationen sind in Hinblick auf das Alter der KlientInnen nahezu gleichmäßig verteilt und ermöglichen damit eine ausgewogene Auswertung. Einziger Nachteil: Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen (<21 Jahre) sind so gut wie gar nicht vertreten, das lässt sich aber – denke ich – durch die Altersgruppe der 21-30Jährigen relativ gut abdecken. FAMILIENSTATUS Ledig Geschieden / verwitwet Verheiratet / in Lebensgemeinschaft Frauen 18 14 12 Männer 37 17 8 gesamt 55 31 20 Während die weiblichen KientInnen gleichmäßig über die verschiedenen Statusformen verteilt sind, zeigt sich bei den Männern ein sehr eindeutiges Bild. Danach sind die ledigen Männer klar in der Überzahl, gefolgt von geschiedenen respektive verwitweten. Aufrechte Ehen / Lebensgemeinschaften bilden bei den Männern in Wohnungsnot tendenziell die Ausnahme. VÖLKERRECHTLICHER STATUS Österreich EU-Land Dritt-Staat Frauen 37 2 5 Männer 51 1 10 gesamt 88 3 15 Im Vergleich zu den Ergebnissen der WL-Erhebung 10/09 fällt auf, dass in dieser Stichprobe die InländerInnen deutlich überrepräsentiert und die EU-AusländerInnen klar 146 unterrepräsentiert sind. Insbesondere die Gruppe der EU-AusländerInnen wird in unserer Stichprobe so gut wie gar nicht abgebildet. ERWERBSBETEILIGUNG Vollzeit Teilzeit nicht erwerbstätig Frauen 4 2 38 Männer 13 2 46 gesamt 17 4 84 Die Stichprobe wird deutlich von Personen ohne aufrechte Erwerbsbeteiligung (80%) dominiert. Nur einige wenige gehen einer Teilzeit-Beschäftigung nach. Immerhin jede/r Sechste steht in einer aufrechten Vollzeitbeschäftigung (16%). Bei den männlichen Klienten liegt der Anteil der Vollbeschäftigten bei 21% und damit deutlich über dem Wert bei den Klientinnen (9%). LEBENSGRUNDLAGE (INKL. MEHRFACHANGABEN) Lohn / Gehalt Pension Arbeitslose / Notstandshilfe Sozialhilfe Karenz / Krankengeld mittellos Frauen 7 11 7 17 6 0 Männer 15 16 13 12 15 5 Gesamt 22 27 20 29 21 5 Entsprechend dem relativ niedrigen Anteil von Erwerbstätigen findet sich in dieser Stichprobe ein ausgesprochen hoher Anteil von TransfergeldbezieherInnen, wobei insbesondere dem Bezug von (Invaliditäts-)Pensionen eine große Rolle zukommt. Deutlich abgeschlagen, aber immer noch in ausreichender Anzahl auswertbar, liegt der Bezug von Erwerbseinkommen im unteren Bereich dieser Verteilung. Einige wenige Männer verfügen über gar kein reguläres Einkommen. Das betrifft z.B. Asylwerber, bei denen die Entscheidung über eine Aufnahme in die Bundesbetreuung und entsprechende Grundversorgung noch aussteht, sowie Asylwerber, bei denen der Asylantrag abgelehnt wurde und die Grundversorgung damit ausgelaufen ist, für die jedoch noch keine Folgeregelung getroffen werden konnte. 147 AKTUELLER WOHNSTATUS (INKL. MEHRFACHANGABEN) Miete NOST Pension BEWO Bekannte obdachlos stationär Frauen 15 0 5 2 14 2 1 Männer 9 8 12 9 13 6 2 gesamt 24 8 17 11 27 8 3 Die meisten Nennungen entfallen auf die Wohnform „temporär bei Bekannten & verdeckt wohnungslos“. Gut abgedeckt ist auch die Gruppe der Personen, die in einem aufrechten Mietverhältnis leben, wie immer unzureichend (Überbelag, Überteuerung und Gefährdung) diese im Detail auch gestaltet sind. Für die Wohnformen ‚Pensionszimmer‘ sowie ‚betreute Wohnformen‘ (teilstationär sowie ambulant) ist ein deutliches Übergewicht der männlichen Klienten anzumerken. Bedauerlich erscheint in diesem Zusammenhang, dass die weiblichen NutzerInnen von betreuten Wohnformen tatsächlich nur als Ausnahmen aufscheinen. Für das Fehlen einer regulären Unterkunft (obdachlos, Nächtigung in NOST) sind jeweils nur wenige Nennungen vertreten, wobei ib. weibliche KlientInnen in diesen Statusgruppen nur als Ausnahmefälle respektive gar nicht abgebildet werden. Die Kategorie einer stationären Unterbringung (Haft bzw. CDK) wird kaum abgebildet und kann in der Auswertung der Betreuungsdokumentationen auch nur in der Form von Einzelfallschilderungen dargestellt werden. 148 Problemkonstellationen im zielgruppenspezifischen Überblick Junge Frauen (<30 Jahre alt) = 15 Personen, 9 mitziehende Minderjährige; Ø = 3 Problembereiche Nr. Ablöse von Familie / JW Trennung von LG prek. Einkommen psych. Probleme häusl. Gewalt Delinquenz / Haft Mietschulden Delogierung Schulden aufenthaltsrechtl. Probl. Alk/Drogen 6 6 15 4 2 1 2 6 2 2 45 Prekäres Einkommen: 100%; Trennung von LG: 40%; Ablöse von Familie oder Jugendwohlfahrt: 40%; Schulden: 40%; psychische Probleme: 27%. Im Durchschnitt liegen bei den jungen Frauen in Wohnungsnot drei Problemnennungen vor. Insgesamt sind neun mitziehende Minderjährige von der WL ihrer Mütter betroffen. Ältere Frauen (>30 Jahre alt) Nr. Trennung von LG prek. Einkommen psych. Probleme häusl. Gewalt Delinquenz / Haft Mietschulden Delogierung Schulden aufenthaltsrechtl. Probl. Alk/Drogen 20 28 20 4 1 12 11 2 7 105 Auf 29 Frauen entfallen insgesamt 105 Problemnennungen, im Ø = 3,6 Problembereiche. Von der Wohnversorgungskrise dieser Frauen sind insgesamt 20 mitziehende minderjährige Kinder betroffen. Nahezu durchgängig finden sich bei den Frauen in Wohnungsnot eine prekäre Erwerbsbeteiligung und ein entsprechend unzureichendes Einkommen. In mehr als 2/3 der dokumentierten Fälle (69%) liegt eine Trennung vom LG oder Todesfall / Inhaftierung der aktuellen Notlage zugrunde. Eine bedeutende Rolle in der kritischen Lebensgeschichte der dokumentierten Fälle spielen zudem Mietschulden (41%) und Delogierung/Delogierungsverfahren sowie Überschuldung (38%). Bei jeder Vierten sind Probleme mit einer Abhängigkeitserkrankung / überwiegend Alkoholismus (24%) dokumentiert. Häusliche Gewalt und deren psychische / sozioökonomische Folgen sind bei jeder siebten wohnungslosen Frau (14%) als ursächlicher / auslösender Faktor für den Einstieg in die Wohnungslosigkeit dokumentiert. Junge Männer (<30 Jahre alt); 16 Personen mit Ø 3,75 Problemnennungen Nr. Ablöse von Familie Ablöse von JW Trennung von LG prek. Einkommen psych. Problem häusl. Gewalt Delinquenz / Haft Mietschulden Delogierung Schulden aufenthaltsrechtl. Probl. Alk/Drogen 9 2 1 15 5 1 5 1 11 3 7 60 Die Liste wird, so wie bei den jungen Frauen, von der Kategorie des prekären Einkommens dominiert (93%). Viele sind mit Schulden und hohen Rückzahlungsverpflichtungen belastet (69%); bei mehr als der Hälfte der jungen Männer (56%) liegt eine problematische Ablöse aus der Familie als zentrale Problemnennung vor. Eine Abhängigkeitserkrankung liegt bei 44% der jungen Männer vor (teils Alkohol, teils Drogen, teils Polytoxikomanie). Bei annähernd jedem dritten jungen Mann (31%) ist weiters eine psychische Erkrankung oder Delinquenz/Haftstrafe als Hintergrund der Wohnungslosigkeit festzustellen. Männer über 30 Jahre Nr. Trennung von LG prek. Einkommen psych. Probleme häusl. Gewalt Delinquenz / Haft Mietschulden Delogierung Schulden aufenthaltsrechtl. Probl. Alk/Drogen 24 41 12 5 10 8 22 8 32 161 In 47 Betreuungsdokumentationen werden insgesamt 161 Problembereiche verzeichnet; im Durchschnitt entfallen auf einen Mann im Alter von >30 Jahren 3,4 Nennungen. In den meisten Fällen liegen prekäre Erwerbstätigkeit oder eingeschränkte Arbeitsfähigkeit sowie ein entsprechend niedriges Einkommen (Transferleistungen nach dem AlVG und / oder der Sozialhilfe) der aktuellen Problemlage zugrunde. Viele der wohnungslosen Männer leiden an Abhängigkeitserkrankungen (68%; überwiegend handelt es sich dabei um Alkoholismus). 150 Häufige Nennungen entfallen auf die Trennung von einer LG. Das war für etwa jeden Zweiten der unmittelbare Anlass für Wohnungslosigkeit (51%). Zum Teil wurde diese Trennung von der LG durch häusliche Gewalt und einer nachfolgenden Wegweisung ausgelöst (11% der wohnungslosen Männer >30 J.). Viele der älteren Männer sind mit erheblichen Schulden (47%) konfrontiert. In der Kombination mit Mietschulden kam es bei etwa jedem sechsten Mann zu einer Delogierung bzw. einem freiwilligen Auszug aus der nicht mehr leistbaren Wohnung (17%) und dem Eintritt in die Wohnungslosigkeit. Qualifikation-Erwerbsbeteiligung-Einkommen im zielgruppenspezifischen Überblick Junge Frauen (<30 Jahre); 15 Personen; überwiegend Pflichtschulabschluss, einige wenige haben eine Lehre absolviert; Einkommen kaum einmal über € 1000 Qualifikation Höhe des Einkommens k.A. / kein Abschluss SPZ HS PTS Lehre andere kein Einkommen unter 500€ 500-1000€ über 1.000€ 4 0 3 4 3 1 3 5 5 2 Junge Männer (<30 Jahre); 16 Personen; überwiegend nur Pflichtschulabschluss; Einkommen nur ausnahmsweise über € 1000 Qualifikation Höhe des Einkommens k.A. / kein Abschluss SPZ HS PTS Lehre andere kein Einkommen unter 500€ 500-1000€ über 1.000€ 1 0 5 8 1 1 3 3 9 1 151 Ältere Frauen (>30 Jahre) Qualifikation Höhe des Einkommens k.A. / kein Abschluss SPZ HS PTS Lehre andere kein Einkommen unter 500€ 500-1000€ über 1.000€ 4 0 6 8 7 4 1 10 13 5 29 Frauen, älter als 30 Jahre, überwiegend nur Pflichtschulabschluss (28%) oder Lehrausbildung (24%); einige wenige Frauen haben eine weitergehende Qualifikation (14%: HASCH). Das Einkommen der älteren Frauen bewegt sich mit wenigen Ausnahmen zwischen dem Sozialhilfeniveau von knapp € 500 und € 1.000. Herkömmliche Mietpreise sind unter diesen Vorzeichen nicht erschwinglich. Ältere Männer (älter als 30 Jahre) Qualifikation Höhe des Einkommens k.A. / kein Abschluss SPZ HS PTS Lehre andere kein Einkommen unter 500€ 500-1000€ über 1.000€ 6 3 14 7 16 2 2 8 24 13 47 Männer, überwiegend mit Pflichtschulabschluss als höchste Qualifikation (45%); jeder Dritte (34%) hat weiters eine Lehrausbildung abgeschlossen. Das Einkommen der männlichen Klienten liegt in den meisten Fällen deutlich unter der € 1000 Marke (51%); weitere 17% müssen mit einem monatlichen Einkommen in der Höhe des Sozialhilferichtsatzes für Alleinstehende auskommen. Lediglich 28% tragen mit einem Einkommen von über € 1000 zum Haushaltsbudget bei. 152 Wohnungslosenhilfe in Österreich Einrichtungen der WLH gibt es mittlerweile in beinahe allen Bundesländern Österreichs, in der Regel konzentriert auf die Landeshauptstädte. Nach wie vor gilt jedoch, dass diese Angebote keineswegs flächen- oder gar bedarfsdeckend angelegt sind. Diesbezüglich ist ein großer Nachholbedarf, in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht, festzustellen. WLH in Österreich Bei der WLH in Österreich handelt es sich unter vielen Aspekten um ein Versorgungsnetz zweiter Klasse, d.h. die durchschnittlichen Lebensbedingungen (Wohnqualität, soziale Sicherheit, Zugang zu Recht, Gesundheit, Erwerbstätigkeit etc.) werden in diesem Segment z.T. gravierend unterschritten. Hartnäckig und nachhaltig verhindern (bisher) Grundmuster, Haltungen und Menschenbilder aus der Geschichte des Umgangs mit der Randgruppe wohnungsloser Menschen die Gewährleistung von Normalität und führen dazu, dass die Rahmenbedingungen der WLH dem Grundmuster der systematischen Unterschichtung unserer Gesellschaft weitgehend verhaftet bleiben. Die Geschichte der WLH lässt sich als nunmehr etwa 30 jährige Arbeit an Widerständen charakterisieren, die der Implementierung von Standards und der Realisierung eines würdevollen Umgangs mit Personen am Rande der Gesellschaft entgegenstanden bzw. aktuell immer noch entgegenstehen. In der nachstehenden Übersicht werden in Stichworten die aktuellen Angebote und Hilfestrukturen in den Bundesländern gegenüber gestellt. Burgenland: WLH ist kein etablierter eigenständiger Hilfebereich. Ob und (sofern überhaupt) welche Hilfen Menschen in existenzieller Wohnungsnot / Wohnungslosigkeit erhalten, hängt damit ausschließlich von ihren Zugängen zur behördlich organisierten Sozialhilfe ab. Praxiserfahrungen der Wiener Wohnungslosenhilfe legen den Verdacht nahe, dass die kolportierte Strategie der Ausstellung einer Fahrkarte nach Wien keine böswillige Unterstellung darstellt, sondern den ‚bewährten‘ Problemtransfers in den städtischen Raum durchaus adäquat abbildet. Kärnten: In diesem Bundesland gibt es nur wenige modellhafte Angebote mit einem durchgängig professionellen Anspruch und entsprechender Ressourcenausstattung. Das weitere Hilfesystem in Kärnten ist tendenziell auf den Zentralraum (Klagenfurt, Villach) konzentriert und nur wenig ausdifferenziert. Kärnten ist inzwischen eines der letzten Bundesländer, in dem es noch keine systematische Delogierungsprävention gibt und das nach wie vor überwiegend auf (Substan-dard-) Herbergen zur Lösung der individuellen Wohnungsnot / Wohnungslosigkeit setzt. Niederösterreich: Hier gibt es kein landesweit einheitliches System; während die WLH in einigen wenigen Städten (St. Pölten, Krems etc.) / Regionen (aktuell Hollabrunn) gut ausdifferenziert ist, beschränkt sich das WLH-Angebot in anderen Regionen (z.B. Waldviertel) auf wenige professionelle Vorsorgen. Neu ist z.B. die Einführung einer flächendeckenden Delogierungsprävention, die im Auftrag der niederösterreichischen Landesregierung von privaten WLH-Trägern gewährleistet wird. Oberösterreich: Die WLH in Oberösterreich ist, nachdem es bis vor wenigen Jahren noch ein ausgeprägtes Stadt-Land-Gefälle gab, inzwischen flächendeckend ausgebaut und sehr ausdifferenziert. Die Angebotskonzentration auf die Landeshauptstadt Linz wurde zuletzt durch den Ausbau der bezirklichen Angebote tendenziell abgebaut. Inzwischen gibt es auch in Oberösterreich ein flächendeckendes Angebot der Delogierungsprävention, jeweils realisiert von privaten WLH-Einrichtungen. Zudem wird aktuell ein Reservoir an preisgünstigen Wohnungen für die Vermittlung an KlientInnen der WLH aufgebaut. Salzburg: Die WLH ist ausschließlich im Bereich der Stadt Salzburg angesiedelt und hier ausgesprochen gut ausdifferenziert. Tatsächlich gibt es mit Ausnahme der Delogierungsprävention keine professionellen Angebote der WLH in den Bezirken, die auch in den Bezirken Sprechstunden und z.T. auch aufsuchende Beratung anbietet. Hilfesuchende in existenzieller Wohnungsnot aus den ländlichen Gemeinden sind mithin darauf angewiesen, für die Lösung und / oder Bearbeitung ihrer Probleme in den Ballungsraum auszupendeln. Gemäß den Praxisberichten der städtischen WLHEinrichtungen nimmt der Problemtransfer aus dem ländlichen Raum (ib. Innergebirgsbezirke von Salzburg sowie oberes Innviertel) einen Großteil des Problemanfalls in der WLH ein. Steiermark: Ein ausdifferenziertes WLH-System gibt es lediglich in Graz. Daneben finden sich nur vereinzelte Einrichtungen in den steirischen Bezirken, die auch für wohnungslose KlientInnen ein bedürfnisorientiertes Angebot gewährleisten können. In diesem Sinne ist die steirische WLH durch ein deutliches Stadt-Land-Gefälle gekennzeichnet. Auch in der Steiermark ist seit Kurzem ein flächendeckendes Angebot der Delogierungsprävention, in der Trägerschaft der Caritas und in enger Kooperation mit den Pfarren, installiert. Tirol: Gleichermaßen findet sich in Tirol ein ausdifferenziertes und professionell ausgestattetes Hilfesystem, konzentriert auf die Landeshauptstadt Innsbruck, 154 daneben prägen aber weiterhin Großheime mit niedrigem Betreuungsstandard die behördlich dominierte Hilfestruktur in der Stadt Innsbruck. In den ländlichen Bezirken gibt es dagegen nur wenige Angebote (Schwaz, Hall); das Stadt-Land-Gefälle ist somit sehr hoch. Innerhalb der österreichischen Vorsorgen für Delogierungsprävention nimmt die Innsbrucker Einrichtung eine Sonderposition ein. Es gibt sie zwar, aber diese ist zu kennzeichnen durch eingeschränkte Zuständigkeit auf die Innsbrucker Stadtwohnungen, geringe (Personal-)Ressourcen und niedriges fachliches Niveau. In Punkto systematischer und landesweiter Vorsorgen für Delogierungsprävention liegt das Bundesland Tirol mithin am unteren Ende im österreichischen Ländervergleich (gemeinsam mit den Bundesländern Burgenland und Kärnten, in denen es keine strukturellen Vorsorgen für Delogierungsprävention gibt). Vorarlberg: Die WLH in Vorarlberg hat eine lange Tradition der Professionalisierung und kleinräumigen Differenzierung. Damit ist die Versorgung wohnungsloser KlientInnen zumindest in zwei Bezirken (Raum Bregenz und Feldkirch) gut abgedeckt. Parallel zu dieser kontinuierlichen Professionalisierung haben sich in Vorarlberg aber traditionelle Strukturen überwiegend ehrenamtlich geführter und caritativ ausgerichteter Substandardeinrichtungen erhalten, die insgesamt gesehen dazu führen, dass die WLH in diesem Bundesland durch einen deutlichen Überhang stationärer Versorgungsplätze gekennzeichnet ist. Weiters sind für Vorarlberg noch erhebliche bezirkliche Schwächen (z.B. Bregenzerwald, Walsertal) festzustellen, Regionen mit einem eklatanten Mangel an fachspezifischen Hilfestrukturen und – vorsorgen. Erst seit wenigen Jahren ist in Vorarlberg ein landesweites Angebot der Delogierungsprävention, unter verantwortlicher Einbeziehung der regionalen Beratungsstellen sowie der WLH-Träger, in systematischer Koordination durch einen landesweit aktiven Träger von sozialen Diensten, realisiert. Wien verfügt über ein sehr differenziertes System der WLH, das aus vielfältigen Angeboten der (Delogierungs-)Prävention, Sozial- und arbeitsmarktspezifischen Beratung, der ambulanten, mobilen und stationären Betreuung etc. besteht. Zielgruppenspezifische Angebote für betreutes Übergangs- sowie Langzeit-Wohnen (Einrichtungen für Frauen, SeniorInnen, Wohnungslose mit psychiatrischen Krankheitsbildern) und eigenständige Strukturen für die gezielte Ablöse in erschwingliche Wohnungen / Rehabitation (in Zusammenarbeit mit der Sozialen Schiene von Wiener Wohnen / preisgünstige Gemeindewohnungen für eigenständige Miete) runden dieses Angebot der WLH ab. 155 Delogierungsprävention in Österreich In Österreich ist das Grundrecht auf Wohnen nicht in der Verfassung verankert und dementsprechend auch nicht als individuell durchsetzbares Recht konstituiert. Auf der Grundlage ambitionierter Zielvorgaben in den Raumordnungs- und Wohnbauförderungsgesetzen war es in den vergangenen Jahrzehnten zwar möglich, ein elaboriertes System des sozialen Wohnbaus zu etablieren, das sich durch hohe Wohnqualität auszeichnet. In Hinblick auf Aufgaben des Schutzes von MieterInnen respektive WohnungseignerInnen vor dem Verlust des Wohnraums erweist sich diese Rechtslage jedoch als unzureichend, zumal die entsprechenden Rechtsbestimmungen lediglich Normen und Aspekte der entsprechenden Verfahren zum Schutz vor Willkür, Wucher etc. sicherstellen, in letzter Konsequenz jedoch den Verlust von Wohnraum nicht definitiv verhindern können. Weitergehende kritische Aspekte der Wohnungssicherheit, im Zusammenhang mit der Trennung von Ehen / Lebensgemeinschaften, der Ablöse von jungen Erwachsenen aus der Familie etc., sozioökonomische Krisen von Haushalten etc., werden im Wohnrecht überhaupt nicht berücksichtigt und sind zur Gänze Rechtsbereichen überlassen, in denen aber keineswegs durchgängig Rechtssicherheit und schon gar kein Wohnrecht geschaffen bzw. gewährleistet wird. Entsprechend der Österreichischen Rechts-Realität ist der Weg in die Wohnungslosigkeit auf rechtlicher Ebene nur unzureichend blockiert, tatsächlich der Entstehung von Wohnungslosigkeit (im unmittelbaren Zusammenhang mit Armut, Sockelarbeitslosigkeit sowie der Erosion der Institutionen Ehe und Familie) Tür und Tor geöffnet. Die durchgängige Zunahme von Wohnungslosigkeit in den vergangenen Jahrzehnten (seit etwa 1980) trotz gleichzeitigem Ausbau der Wohnungslosenhilfe spricht hier eine deutliche Sprache. Mit zeitlicher Verzögerung hat die WLH vor etwa 15 Jahren begonnen, die Einrichtung von Fachstellen zur Delogierungsprävention und Wohnraumsicherung zu forcieren. Inzwischen gibt es in einzelnen Bundesländern Österreichs modellhafte Ansätze für eine systematische Prävention von Wohnraumverlust durch Delogierung. Ein flächendeckender Ausbau (insbesondere auch in den ländlichen Regionen, in denen immerhin mehr als die Hälfte der ÖsterreicherInnen lebt) steht aber ebenso aus, wie eine systematische Ergänzung dieses sehr spezifischen Hilfeangebots – jenseits von Wohnungsverlust durch Delogierung – für die Ablöse von Jugendlichen / jungen Erwachsenen aus dem familiären Haushalt; Trennung von Lebensgemeinschaften / Ehen; Gewalt im sozialen Nahraum; Vereinzelung von älteren Personen durch Krankheit oder Tod der PartnerInnen etc.) derzeit noch nicht durchgängig vorgesehen ist. Die nachstehende Übersicht stellt in Stichworten den aktuellen Stand des 156 Ausbaus von Angeboten der Wohnungssicherung und Delogierungsprävention in den Bundesländern vor. Burgenland: keine strukturellen Vorsorgen für Delogierungsprävention Wien: FAWOS, Träger Volkshilfe, mittlerweile flächendeckend aber noch ohne Zuständigkeit für den Gemeindewohnungsmarkt – die zuständige MA gibt vor, sich selbst um die Prävention von Wohnungsverlust zu kümmern, was erfahrungsgemäß aber nur teilweise stimmt. Niederösterreich: Auf der Grundlage einer Bedarfserhebung im ländlichem Raum (Bezirk Hollabrunn), in der der Bedarf nach professionellen Angeboten der Delogierungsprävention im ländlichen Raum nachgewiesen und belegt werden konnte, wurde mittlerweile von der NÖ Landesregierung der flächendeckende Aufund Ausbau von professionellen Hilfestrukturen initiiert. Delogierungsprävention wird seit dem Jahr 2009 von privaten WLH-Trägern flächendeckend gewährleistet. Steiermark: Grundlage für den Beschluss der steirischen Landesregierung zur Einrichtung von flächendeckenden Vorsorgen für die Delogierungsprävention ist eine von der BAWO im Jahr 2004 durchgeführte Studie zu Wohnungslosigkeit und WLH in der Landeshauptstadt Graz, in der der Nachweis erbracht wurde, dass der Wohnungsverlust durch Delogierung und die unzureichenden Vorsorgen für die Prävention wesentlichen Anteil am Entstehen der Wohnungslosigkeit haben. Inzwischen wird, in Trägerschaft der steirischen Caritas, ein flächendeckendes Angebot der Delogierungsprävention realisiert, das in den ländlichen Bezirken wesentlich auf einer engen Zusammenarbeit mit den Pfarren beruht. Oberösterreich: Eine der zentralen Umsetzungsmaßnahmen seit Einführung der landesweiten WLH-Planung war der Beschluss, in OÖ eine flächendeckende Vorsorge für eine systematische Delogierungsprävention zu schaffen. Für diesen Zweck wurden bestehende private WLH-Träger mit der Umsetzung für die ihnen zugewiesenen Bezirke beauftragt. Die Aufbau- und Umsetzungsphase konnte im Jahr 2008 abgeschlossen werden. Salzburg: Auf Initiative des privaten WLH-Trägers (SAG) konnte in den frühen 90er Jahren eine systematische Bedarfsanalyse und Machbarkeitsstudie, finanziert aus Mitteln der Wohnbauforschung, durchgeführt werden. Diese Studie und die damit belegten Aussagen bezüglich Machbarkeit und Effekten gelungener Prävention waren letztlich der Startschuss für den Beginn der professionellen Delogierungsprävention in Österreich. In Salzburg ist mittlerweile eine flächendeckende Vorsorge gewährleistet, 157 allerdings deutlich behindert durch das Faktum unzureichender Rahmenbedingungen bezüglich Zugang zu entsprechenden Sozialhilfemitteln (um allfällige Mietschulden abdecken zu können), Zugang zu Ersatzwohnraum (um den Betroffenen bei der Suche nach Alternativen zu unterstützen), Gewährleistung einer nachgehenden und aufsuchenden Betreuung für Personen, die von sich aus den Gang in eine formelle Beratungs- / Unterstützungseinrichtung vermeiden. Kärnten: In diesem Bundesland ist bis dato keine systematische und professionelle Delogierungsprävention gewährleistet. Tirol: Im Bundesland Tirol beschränken sich die Vorsorgen für die Delogierungsprävention auf das Kontingent der Stadtwohnungen in Innsbruck. Weitere Angebote zur Delogierungsprävention werden im Rahmen der Beratungsangebote der privaten WLH-Träger mehr / minder systematisch gewährleistet. Demgemäß gibt es in diesem Bundesland noch keine flächendeckende Gewährleistung. Vorarlberg: Das Vorarlberger Modell der Delogierungsprävention beruht auf der Koordination durch das IfS (privater Träger von sozialen Diensten) und wird, in enger Kooperation mit den Beratungs- und Betreuungseinrichtungen im ganzen Bundesland, dezentralisiert und flächendeckend gewährleistet. Für aufsuchende bzw. nachgehende Ergänzungsangebote einer begleitenden Betreuung sind allerdings nur eher eingeschränkte personelle Ressourcen vorgesehen. Unterstützungsangebote zur Bewältigung von Wohnungslosigkeit Die rechtlichen / administrativen Vorsorgen für die Finanzierung von Angeboten der WLH sind in den Bundesländern Österreichs jeweils im Rahmen der Sozialhilfe; sprich der sozialen Dienste zu finden. Auffällig dabei ist, dass sich diese Regelungen der Länder deutlich voneinander unterscheiden. Gemeinsam ist diesen Regelungen ein eingeschränkter Rechtsanspruch, wonach Menschen mit besonderen Bedürfnissen (also auch wohnungslose Personen) zwar einen Rechtsanspruch auf Hilfe haben. Wie diese Hilfe dann aber letztlich aussieht, darüber können diese Personen weder mitreden, geschweige denn entscheiden. Darauf gibt es dezidiert keinen Rechtsanspruch. 158 Zudem ist es im Rahmen der Sozialhilfe keineswegs selbstverständlich, dass Hilfesuchenden eine mittel- bis längerfristige Absicherung ihres Lebensunterhalts sowie der Wohnungsaufwände gewährt wird. Stattdessen bestimmen häufige Vorsprechtermine, Auflagen wie der wiederholte Nachweis der Arbeitssuche, bargeldlose und entmündigende Unterstützungsformen etc. den Alltag vieler wohnungsloser Menschen. Nach wie haben viele wohnungslose Menschen, die auf eine Unterstützung durch die Sozialhilfe angewiesen sind, keine Sozial- und Krankenversicherung und sind somit (unabhängig davon, ob sie die Zugangsschwellen zum Gesundheitssystem bewältigen oder nicht) auf Extra-Dienste der Gesundheitsversorgung (z.B. Luisebus in Wien, Marienambulanz in Graz etc.) angewiesen. Vor diesem Hintergrund muss wohl nicht extra erklärt werden, warum es in den Rechtsgrundlagen der WLH-Einrichtungen in der Regel keine Vorsorgen im Sinne von KlientInnenrechten, anwaltliche Vertretung und / oder Partizipation gibt. Dementsprechend prekär ist nahezu durchgängig auch die Rechtsstellung der WLH-MitarbeiterInnen im Rahmen des Sozialhilfevollzugs. Tendenziell werden die WLH-BeraterInnen dabei selbst zu BittstellerInnen. Burgenland: keine WLH Wien: in den letzten Jahres verstärkter Ausbau von Einrichtungen der Sozialberatung für wohnungslose Menschen, damit tendenziell Abbau des Überhangs an stationären Vorsorgen; Zugang zu Überlebenshilfen wesentlich über Tageszentren, z.T. mit Notübernachtungsmöglichkeit (Gruft) bzw. mit angeschlossenen Nächtigerstrukturen (P7) Niederösterreich: wenig ausgebaute Vorsorgen für Beratung, Notunterbringung / Notschlafstellen; Überlebenshilfen wie Tageszentren; deutlicher Überhang von teilstationären Angeboten des betreuten Wohnens in gemeinschaftlichen Wohnformen (Wohnhäuser / Wohnen und Arbeiten) Steiermark: wenig ausgebaute Vorsorgen für Sozialberatung; deutlicher Überhang von (wenig betreutem) Notunterkünften (Herbergen, Asylen, Container-Dorf); keine Tageszentren und / oder niederschwelligen Überlebenshilfen Oberösterreich: Seit Einführung der WLH-Planung kann eine systematische Neuverteilung der WLH-Schwerpunkte beobachtet werden – weg von der eher unspezifischen Notversorgung – hin zu zielgruppenspezifisch gestalteten differenzierten Betreuungs- und Rehabilitätsangeboten – flächendeckende Vorsorgen für Prävention und Rehabitation runden diese planmäßige und wissensgeleitete Entwicklung ab 159 Salzburg: differenzierte WLH – aber nur im Zentralraum um die Landeshauptstadt – im Mittelpunkt dieser WLH-Vorsorgen stehen die Beratungsangebote von SAG (integrierte Sozialberatung) und Caritas (Bahnhofsozialdienst), die im Wesentlichen auch eine Verteilungsfunktion bezüglich der Zugänge zum betreuten Wohnen sowie weiteren spezifischen WLH-Angeboten inne haben. Notschlafstellen für Junge und für Erwachsene runden ein Programm ab, das allerdings ohne tagesstrukturierende Angebote auskommen muss. Ein weiteres zentrales Problem stellen in Salzburg die vielen unbetreuten (Billig-)Pensionen dar, in den viele Wohnungslose mehr / minder dauerhaft untergebracht sind. Kärnten: wenig differenziertes WLH-Angebot, deutlicher Überhang von (Substandard-)Herbergen ohne ausreichende Vorsorgen für fachliche Beratung / Betreuung Tirol: großes Stadt-Land-Gefälle; differenzierte Angebote nahezu ausschließlich im Raum Innsbruck; neben differenzierten Angeboten von privaten WLH-Trägern wird die Innsbrucker WLH wesentlich von städtischen Großeinrichtungen / Herbergen mit wenig Fachpersonal dominiert. Streetwork und Teestuben vervollständigen dieses Bild, wonach – insgesamt gesehen – die Notversorgung im Rahmen der Innsbrucker WLH überrepräsentiert erscheint; dementsprechend schwach sind die Vorsorgen für Prävention und Rehabitation ausgebaut und / oder ausgestattet Vorarlberg: differenzierte Vorsorgen – von Prävention bis Rehabitation, mit gut ausgebauten / ausgestatteten Beratungsangeboten im Kernbereich des WLHAngebots; Ausnahme von dieser exzeptionellen WLH-Struktur ist der Bezirk Dornbirn, wo anstelle eines fachlich ausgerichteten differenzierten Angebotes eine (Substandard-)Herberge ohne fachliches Personal das Angebot für wohnungslose Menschen dominiert. Überlebenshilfe ohne Prävention, Rehabilitation und / oder Rehabitation bedeutet Verfestigung von Wohnungslosigkeit und sozialem Ausschluss. Eine konzeptive Weiterentwicklung der Dornbirner Mangelstruktur wurde in den letzten Jahren eingeleitet. So konnte mittlerweile eine Beratungsstelle für Wohnungslose die Arbeit aufnehmen. Delogierungsprävention wird im Rahmen eines landesweiten Angebotes realisiert. Angebote ambulant betreuten Wohnens werden aktuell ausgebaut. Im Rahmen der inzwischen realisierten Novellierung der Sozialhilfe in die Bedarfsorientierte Mindestsicherung muss leider davon ausgegangen werden, dass gegenüber der alten Sozialhilfe insofern eine Verschlechterung eintreten wird (trotz lauthals verkündetem 160 Verschlechterungsverbot!), als nun der Rechtsanspruch auf Wohnungssicherung endgültig Geschichte sein könnte. Wege aus der Wohnungslosigkeit / Rehabitation Die Geschichte der WLH in Österreich ist wesentlich durch eine ständige Diskussion über adäquaten und erschwinglichen Wohnraum gekennzeichnet. Dementsprechend war es auch einer der inhaltlichen Höhepunkte, als in der Diskussion des BAWO-Grundsatzprogramms (etwa 1990) heftiger Widerspruch gegen die Forderung erhoben wurde, das Ziel der Wohnversorgung von wohnungslosen Menschen an den gültigen Normalvorstellungen von gutem Wohnen – analog zu den entsprechenden Kriterien in der Wohnbauförderung – auszurichten. Stattdessen wurde für eine systematische Unterschreitung dieser Normen argumentiert, nach dem Motto: die Übernahme der in der Wohnbauförderung für die Wohnversorgung der ÖsterreicherInnen empfohlenen Normgröße adäquaten Wohnraums in die WLH „halten wir nicht aus“. Hinter dieser Position, die auch von MitarbeiterInnen der WLH vehement vertreten wurde, steckte die Sorge, damit der Bogen der zumutbaren Wohnqualität für Menschen am Rande der Gesellschaft zu überziehen und die Akzeptanz für die WLH zu verlieren. Zu Recht wurde in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass ja diese Normempfehlung für einen großen Teil der ÖsterreicherInnen, bspw. Im Kontext des Wiener Gemeindebaus, nicht gewährleistet werden könne. Daraus wurde jedoch in dieser Diskussion nicht die Schlussfolgerung gezogen, auch diese Wohnverhältnisse als nicht der Norm entsprechend zu klassifizieren, sondern wie selbstverständlich argumentiert: Wohnungslose Menschen haben sich mit weniger als der empfohlenen Norm zu begnügen, die WLH hätte hier mitzuspielen. Grundhaltungen wie diese behindern nach wie vor das Bemühen der WLH, ihren KlientInnen den Zugang zu adäquatem und erschwinglichem Wohnraum zu ermöglichen. Während es z.B. in wohnrechtlicher Sicht nicht von Bedeutung ist, ob und inwieweit Familien für die Erziehung ihrer Kinder einer professionellen Unterstützung durch die Jugendwohlfahrt bedürfen, wird gegen die Aufnahme von wohnungslosen Menschen in geförderten Mietwohnungen mit dem Verweis auf ihre fragliche Wohnfähigkeit argumentiert. Die Tatsache, dass viele wohnungslose Menschen einer individuellen Betreuung und Assistenz bedürfen, wird hier gewissermaßen gegen die Aufnahme derselben in die Wohnversorgung durch den sozialen Wohnbau (angestrebtes Modell der Mainstream-Wohnversorgung) verwendet; wohnungslosen Menschen damit der Zugang zu adäquaten und erschwinglichen Wohnungen verwehrt. Die WLH wird ihrerseits mehrfach in die Pflicht genommen: 161 Wohnfähigkeit zu fördern Wohnfähigkeit zu attestieren Wohnungslose Menschen, die der längerfristigen Unterstützung zur Förderung respektive Herstellung ihrer Wohnfähigkeit bedürfen, aus dem Zugang zum Gemeinde- respektive Sozialwohnbau zu selektieren und ‚wohnunfähige‘ Personen in einem Segment von betreutem Wohnraum zu versorgen, das in der Regel eine deutlich schlechtere Qualität aufweist und zudem höhere Kosten verursacht. Die WLH eröffnet damit ein Wohnversorgungssystem jenseits des Mainstreams des (sozialen) Wohnungsmarktes: die ‚Achterbahn‘ der Wohnungslosenhilfe (Andreas Strunk, 1994). Ausgesprochen schwer ist es der WLH in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten gefallen, die Rahmenbedingungen und vor allem die Wohnstandards in den Einrichtungen der WLH selbst auf die Bedürfnisse wohnungsloser Menschen (Frauen, Jugendliche und junge Erwachsene etc.) abzustimmen und die KlientInnen der WLH zumindest im eigenen Hilfebereich aus der Stigmatisierungsschere zu befreien. Nach wie vor aber stellt der Zugang zu adäquatem und erschwinglichem Wohnraum für wohnungslose Menschen r ein zentrales Problem dar. Erste Modelle partnerschaftlicher Lösungsansätze, Kooperation von WLH und gemeinnützigen Wohnbauträgern, in einzelnen Bundesländern Österreichs (Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Vorarlberg) weisen hier einen vielversprechenden Weg. Tatsächlich sind diese innovativen Ansätze bisher aber lediglich als modellhafte Pilotprojekte realisiert und keineswegs flächendeckend ausgebaut. Unter vielfältigen Gesichtspunkten wird solcherart deutlich, dass die WLH auch in Zukunft wesentlich damit beschäftigt sein wird, ihren KlientInnen bedürfnisadäquate Hilfen zur Verhinderung, Bekämpfung und Beseitigung von Wohnungslosigkeit bereit zu stellen. Grundsätzlich geht es dabei wohl auch darum, diese Menschen bei der Bewahrung respektive bei der Wiederherstellung ihrer Würde zu unterstützen. Burgenland: keine systematischen Vorsorgen Wien: Wiener Wohnen / Wieder Wohnen – systematisches Angebot, ehedem wohnungslose Personen mit sozialarbeiterischer Zurichtung und (kurzer) begleitender (Nach-)Betreuung in preisgünstigen Gemeindewohnraum (zumeist mit sehr einfachen Wohnstandards) unterzubringen 162 Niederösterreich: Einzelne modellhafte Initiative, die in enger Zusammenarbeit und finanziert aus der Wohnbauförderung adäquaten und preisgünstigen Wohnraum für ehedem wohnungslose Personen schaffen, bereitstellen und (nach)betreuen; Angebot ist nicht flächendeckend / nicht bedarfsdeckend Steiermark: kooperative Vorsorgen für Betreuung; Vermittlung in preisgünstigen Wohnraum denkbar schwer; Kooperation mit gemeinnützigen Wohnbauträgern sowie der Wohnbauförderung des Landes in Vorbereitung Oberösterreich: lange Tradition in kooperativen Betreuungsvorsorgen sowie in der Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Wohnbauträgern; aktuell Sonderwohnungsprogramm gestartet; Ziel: Übergangswohnraum von 100 Wohnungen für die Abdeckung von Warte- und Übergangszeiten Salzburg: Initiativen zur Verbesserung der Zugänge zu preisgünstigen Wohnungen und zur Verbesserung der Kooperation mit den gemeinnützigen Wohnbauträgern sind eingeleitet und vielversprechend Kärnten: keine systematischen Vorsorgen für Rehabitation Tirol: lange Tradition in kooperativen Betreuungsvorsorgen; Zugänge zu preisgünstigen Wohnungen nicht sichergestellt und dementsprechend schwierig zu gewährleisten Vorarlberg: aktuell Aufbau eines kooperativen Modells zur Schaffung und Bereitstellung von kostengünstigem Wohnraum – in Kooperation mit Gemeinden und Wohnbauträgern, koordiniert durch privaten Träger von sozialen Diensten; Vergabe der Wohnungen in Kooperation mit privaten WLH-Trägern 163 Verwendete Literatur und Materialien AÖF, Jahresbericht der autonomen Frauenhäuser in Österreich, 2006 BAWO Hrsg., Wohnungslosigkeit und Wohnungslosenhilfe in Österreich, Wien 2009 BM ASK, Armutsgefährdung in Österreich, EU-SILC 2008, Wien 2009 Bundesministerium für Inneres, Sicherheitsbericht 2006, Wien 2008 Bundesministerium für Gesundheit, Psychiatriebericht 2001 und 2004 Bundesrechenzentrum, Zahlen und Daten zu Räumungsklagen und Exekutionen, Wien 2009 Bernhard Eisl, Armutsgefährdung nach der Haft, Salzburg 2001 BAWO Hrsg., Grundlagenerhebung zur Wohnungslosensituation in Österreich, Wohnungslosigkeit und Wohnungslosenhilfe unter besonderer Berücksichtigung der Situation von Familien und Jugendlichen, Wien 1999 Volker Busch-Geertsema, Paradigmenwandel in der Europäischen Wohnungslosen-Politik, der ‚Housing First‘ Ansatz in EU-Mitgliedsländern, Vortrag bei der Aurora-Tagung in Klagenfurt, 2009 FEANTSA, ETHOS 2006, Brüssel 2006 Forum Wohnungslosenhilfe Salzburg, Wohnungslosenerhebung 10/09, Salzburg 2010 FORUM WLH, Psychisch krank und wohnungslos in Salzburg; Dokumentation der Fachtagungen im Mai 1999 und im April 2000; Salzburg FORUM WLH, Dokumentation der Fachgespräche zu WLH und Wohnungspolitik, Salzburg 2006 & 2007 Brigitte Gutknecht, Das Recht auf Wohnen in der österreichischen Rechtsordnung, in: Juristische Blätter, Heft 7/8, 1982 Helmut Kronberger, Abgeschoben …, Bilder zur Obdachlosigkeit, hg. Verein Treffpunkt, Salzburg 1987 ÖSTAT, Statistische Nachrichten; Heft 8 / 04; Gebäude- und Wohnungszählung 2001: Hauptergebnisse Österreich, Wien 2004, S. 770 – 780 Heinz Schoibl, Knappes Gut Wohnen; strukturelle Gewalt im neoliberalen Staat – am Beispiel des Wohnungsmarktes; in: Nikolaus Dimmel / Josef Schmee (Hrsg.), Die Gewalt des neoliberalen Staates, Wien 2008 Heinz Schoibl, Armutsfalle Wohnen; in: Nikolaus Dimmel / Karin Heitzmann / Martin Schenk (Hrsg.): Handbuch Armut in Österreich, Wien 2008 Heinz Schoibl, Obdachlosigkeit – vom Umgang mit einem Ärgernis; in: Karl S. Althaler, Sabine Stadler (Hg.), Risse im Netz, Verwaltete Armut in Österreich, Wien 1988 Heinz Schoibl, Wohnungslosigkeit und Wohnungslosenhilfe in Österreich, Wien 2009 Statistik Austria, Haushalte und Familien, Wien 2005 164 Statistik Austria, EU-SILC 2006, Lebensbedingungen für Personen in Risikohaushalten (1), Wien 2008 Statistik Austria, Armut und soziale Eingliederung; Wien 2008 (www.statistik.at/web_de/statistiken/soziales/armut_und_soziale_eingliederung) Andreas Strunk, Die Achterbahn der Wohnungslosenhilfe, in: Gefährdetenhilfe 1994 Hanno Tainio and Peter Fredrikson, The Finnish Homelessness Strategy: From a ‘Staircase’ Model to a ‘Housing First’ Approach to Tackling Long-Term Homelessness, in: European Journal of Homelessness, Volume 3, Brüssel 2009 Verein Treffpunkt (Hg.), Sozialarbeit mit Randgruppen, Salzburg 1984 ZEBU – Beratung, Betreuung und Unterbringung Wohnungsloser e.V., … dass Leute auch Menschen sind, Salzburg (ohne Jahr, ca. 1989) 165