Karteikarten II

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Entwicklungspsychologie II (Prof. Dr. Lohaus) - SS 2013
1.1)
Nennen Sie die wichtigsten Theorien der kognitiven Entwicklung mit deren Schwerpunkten!
Theorien der kognitiven Entwicklung und deren Schwerpunkte:
- Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung
- Soziokulturelle Theorien
- Domänenspezifisches Kernwissen
- Informationsverarbeitungstheorien
Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung:
- Qualitative Betrachtungsweise (4 qualitativ unterschiedliche, aber universelle Entwicklungsphasen)
- Annahme der intrinsischen Motivation des Kindes, neues Wissen zu erlangen
- geringe Bedeutung der Stimulation durch die soziale Umwelt (aber keine Ablehnung dieser!)
Soziokulturelle Theorien:
- Soziale Umwelt der Kindes hat in diesen Theorien die zentrale Rolle in der Weiterentwicklung des Kindes
- Soziale Unterstützung ermöglicht höheres Fähigkeitsnivea (z.B. Helfen der Mutter bei den Hausaufgaben)
- Direkte Vermittlung von Wissen (z.B. Zeigen von Tätigkeiten und Handlungen)
- Vertrautmachen mit Kulturwerkzeugen (z.B. Beherrschung der Schriftsprache, mathematische Kompetenzen)
Domänenspezifisches Kernwissen:
- Annahme eines intuitiven Kernwissens in den Bereichen Biologie, Physik und Psychologie
- Betonung der unterschiedlichen Entwicklungsverläufe in unterschiedlichen Wissensdomänen
Informationsverarbeitungstheorien:
- Quantitative Betrachtungsweise (kindliches Denken entwickelt sich kontinuierlich ohne Entwicklungsstufen)
- Betonung der Erklärung, wie kognitive Prozesse ablaufen (z.B. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozesse)
- geringe Bedeutung der Stimulation durch die soziale Umwelt (wie bei Piaget)
1.2)
Nennen und beschreiben Sie Lern- und Gedächtnisleistungen, die bereits im Säuglingsalter nachweisbar sind!
Lern- und Gedächtnisleistungen im Säuglingsalter:
- Habituation
- Assoziationslernen
- Kontingenzlernen
Habituation:
Säuglinge zeigen bereits wenige Tage nach der Geburt eine Gewöhnung an Reize, die wiederholt präsentiert werden.
- dies zeigt, dass der Säugling die Reize wiedererkennt
- Aufmerksamkeit auf einen wiederholt dargebotenen Reiz nimmt im Laufe der Zeit ab
Assoziationslernen:
Säuglinge können bereits innerhalb der ersten Lebensmonate Zusammenhänge zwischen Ereignissen erlernen
- durch das Erlernen von Zusammenhängen werden Erwartungen an zukünftige Situationen gebildet
- Entwicklung einer Antizipation: werden visuelle Stimuli abwechselnd rechts und links präsentiert, lernen Säuglinge
sehr schnell, ihren Blick bereits antizipativ auf die richtige Seite zu wenden
Kontingenzlernen:
Säuglinge erkennen auch Zusammenhänge (Kontingenzen) zwischen dem eigenen Handeln und den Konsequenzen.
Wenn eine positive Konsequenz eintritt, wird das Verhalten verstärkt gezeigt (Operante Konditionierung)
- Beispiel: Ein Mobile wird durch ein Band am Bein des Säuglings befestigt. Die Strampelrate des Säuglings steigt
daraufhin an, da er den Zusammenhang erkennt (Bewegung führt zur Bewegung des Mobiles, positives Erleben)
1.3)
Beschreiben Sie ein Experiment zum Nachweis der Habituation bei Säuglingen!
Habituationsexperiment:
Säuglingen im Alter von 4-6 Monaten wird ein dreidimensionaler Keil am Bildschirm gezeigt, der sich um 15° (also nur
teilweise) drehte. Im Anschluss sahen die Säuglinge
a) vollständigen Keil, der sich um 360° drehte oder
b) unvollständigen Keil (der in der 15° Form genauso aussah, wie der andere), der bei 360°-Drehung hinten hohl war
Hypothese:
- Kinder sehen sich den unvollständigen Keil länger an, da dieser als neuartig wahrgenommen wird
Ergebnisse:
- Bestätigung der Hypothese für 6-monatige, aber nicht für 4-monatige Säuglinge
- Folgerung: Es erfolgte bei den 6-monatigen nicht nur eine einfache Habituation, sondern die Kinder mussten bereits
vorher eine dreidimensionale Vorstellung von dem Keil gehabt haben (Erwartung, die „enttäuscht“ wurde)
1.4)
Nennen Sie Beispiele für intuitives Kernwissen „Physik“ (domänenspezifisches Wissen) in der frühen Kindheit!
Frühkindliches physikalisches Wissen:
Intuitives Basiswissen äußert sich darin, dass Säuglinge sich über Phänomene „wundern“ (d.h. sie schauen länger hin),
wenn physikalische Gesetzmäßigkeiten verletzt werden.
Von Säuglingen bekannte physikalische Prinzipien (aus Experimenten abgeleitet):
- Objekte bewegen sich als Ganzes
- Kontinuitätsprinzip: Objekte bewegen sich kontinuierlich und nicht diskontinuierlich
- Solidaritätsprinzip: Objekte, die gegeneinandergestoßen werden durchdringen sich nicht, sonder stoßen sich ab
- Schwerkraftprinzip: Objekte, die nicht fest mit anderen Objekten verbunden sind, fallen beim Loslassen herunter
1.5)
Beschreiben Sie ein Experiment zum Nachweis des Verständnisses des Schwerkraftprinzips beim Säugling!
Experiment zum Nachweis des Verständnisses des Schwerkraftprinzips beim Säugling:
Ein Gegenstand wird auf unterschiedliche Art und Weise an einer Tischkante platziert. Der Nachweis des Verständnisses
wird dadurch erbracht, dass der Säugling das Ereignis länger betrachtet, wenn das Schwerkraftprinzip verletzt wurde.
a)
b)
c)
Lebensalter und Verständnis des Schwerkraftprinzips:
a) 3 Monate: Objekt sollte eigentlich herunterfallen, da es nicht aufliegt
b) 6 Monate: Objekt sollte herunterfallen, da die überhängende Fläche größer ist als die aufliegende
c) 12 Monate: Nun werden sowohl Proportion als auch Form beachtet
1.6)
Beschreiben Sie ein Experiment zum Nachweis des Verständnisses des Solidaritätsprinzips beim Säugling!
Experiment zum Nachweis des Verständnisses des Solidaritätsprinzips beim Säugling:
Ein Ball wird festgehalten und von oben auf eine Tischplatte fallengelassen. Der Nachweis des Verständnisses des
Solidaritätsprinzips wird dadurch erbracht, dass der Säugling das Ereignis länger betrachtet, wenn das
Solidaritätsprinzip verletzt wurde.
Schon ein wenige Monate alter Säugling betrachtet das unmögliche Ereignis länger (Ball prallt nicht von der Tischplatte
ab, sondern geht hindurch).
1.7)
Nennen Sie Beispiele für intuitives Kernwissen „Biologie“ (domänenspezifisches Wissen) in der frühen Kindheit!
Frühkindliches biologisches Wissen:
Auch im Hinblick auf biologische Inhalte besitzen Kinder vermutlich ein intuitives Grundwissen. Sie scheinen auch in
Bezug auf die folgenden Phänomene einfach und schneller Wissen zu erwerben (evolutionsbiologisch erklärbar).
Bereits früh bekannte Phänomene:
- Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen belebten und unbelebten Objekten (schon sehr früh)
- (spätere Unterscheidung durch äußere Kontur, Oberfläche, Geruch, Geräusche)
- Annahme, dass nur Lebewesen sich eigenständig bewegen können (ab 7 Monaten)
- Verständnis, dass Lebewesen biologische Prozesse durchlaufen, Wachstum, Krankheit etc. (ab Kindergartenalter)
1.8)
Beschreiben Sie, wie sich bei Kindern die Strukturierung des Denkens entwickelt!
Entwicklung der Strukturierung des Denkens:
Kinder lernen täglich und werden täglich mit Neuem konfrontiert. Innerhalb der ersten Lebenswochen, -monate und jahre machen sie immense Fortschritte und häufen viel Wissen an. Dies Wisse muss strukturiert und kategorisiert
werden, damit es leichter abrufbar ist und mit neuen Erfahrungen verknüpft werden kann.
Kategorien:
Diese helfen dabei, die Umwelt zu ordnen und sich besser in ihr zurecht zu finden. Kategorien sind eine begrenzte
Menge von Objekten, Ereignissen, Sachverhalten oder Handlungen, die bestimmte Gemeinsamkeiten aufweisen.
Beispiel: Kategorie „Katzen“
Konzepte:
Das zugehörige Konzept entspricht der mentalen Repräsentation des Wissens um die Gemeinsamkeiten der Mitglieder
einer Kategorie sowie das Wissen um Unterschiede zwischen Mitgliedern der betreffenden Kategorien und Mitgliedern
anderer Kategorien. Beispiel: Wissen, dass alle Katzen vier Beine haben
Prototypen:
Mitglieder einer Kategorie, die besonders viele Gemeinsamkeiten mit anderen Mitgliedern teilen und eine typische
Repräsentation der Kategorie sind, werden Prototypen genannt. Ein Prototyp muss nicht real existieren und kann auch
lediglich mental bestehen. Beispiel: Der Prototyp des „Vogels“, obwohl es den Vogel eigentlich nicht gibt
Hierarchische Anordnung:
Kategorien sind hierarchisch geordnet: Der untergeordneten Ebene folgt die Basisebene, darüber liegen die
übergeordnete Ebene und die ontologische Ebene. Die Einordnung in Kategorien beruht zunächst auf äußeren
Eigenschaft, erst später auf funktionellen Eigenschaften.
1.9)
Definieren Sie kausales Denken und beschreiben Sie ein Experiment, das kausales Denken bei Kindern zeigt!
Kausales Denken:
Unter kausalem Denken versteht man die Fähigkeit, Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu erkennen. Diese können
zwischen verschiedenen Objekten, zwischen Handlungen oder zwischen Objekten und Handlungen bestehen.
Eine sinnvolle Kategorienbildung erfordert das Erkennen kausaler Zusammenhänge (z.B. Funktion der Fernbedienung).
- 7-Monatige können schon einfache kausale Zusammenhänge erkennen
- 13-Monatige können schon mehrstufige Kausalketten erkennen
- 4-Jährige beherrschen die grundsätzlichen Prinzipien kausalen Denkens und berücksichtigen sie im Alltag
Experiment zur Wahrnehmung kausaler Sequenzen:
- Vorschulkindern wurden 3-stufige Abfolgen kausaler Sequenzen aus dem Alltag gezeigt
Beispiel: Tasse-Hammer-Scherben oder Orange-Messer-Orangenstücke
- Eine der Sequenzstufen fehlte, und die Kinder sollten aus 2 falschen und 1 richtigen die richtige auswählen
- Ergebnisse:
- Bestimmung der Ursache (Hammer bzw. Messer): 92% der 3-Jährigen, 100% der 4-Jährigen
- Bestimmung des Endzustandes (Scherben bzw. Orangenstücke): 83% der 3-Jährigen, 100% der 4-Jährigen
- Bestimmung des Ausgangszustandes (Tasse bzw. Orange): 66% der 3-jährigen, 92% der 4-Jährigen
Aber:
Erst mit 12-13 Jahren gelingt es Kindern, komplexere kausale Zusammenhänge zu verstehen (z.B. wenn mehrere
potentielle Einflussfaktoren eine Rolle spielen). Diese Fähigkeit zur systematischen Hypothesenprüfung (Einbeziehen
aller relevanter Informationen) wird von Kleinkindern noch nicht beherrscht.
Experiment zum Verständnis komplexer kausaler Zusammenhänge:
- Einfluss von Pendellänge und Pendelgewicht auf Pendelfrequenz
- Wenn die Effekte beider Parameter überprüft werden sollen, ist eine systematische Variation von Pendellänge und
Pendelgewicht notwendig!
1.10) Unterscheiden Sie zwischen induktivem und deduktivem schlussfolgernden Denken!
Schlussfolgerndes Denken:
Schlussfolgerndes Denken bedeutet, dass aus gegebenen Informationen neues Wissen abgeleitet wird. Es basiert auf
logischen Überlegungen, denn es handelt sich um eine schlüssige und logisch korrekte Ableitung aus gegebenen
Personen. (z.B. Welcher der folgenden Begriffe passt nicht hierzu? Wie lautet der nächste Buchstabe - AWAVAU…?)
Induktives Schlussfolgern:
Schluss vom Besonderen auf das Allgemeine.
Beispiel: Aus einer Zahl beobachteter Blaumeisen, die fliegen können, wird geschlossen, dass alle Vögel fliegen können.
Deduktives Schlussfolgern:
Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere.
Beispiel: Aus der Überzeugung, dass alle Vögel fliegen können, wird geschlossen, dass auch der Strauß fliegen kann.
1.11) Beschreiben Sie, ab wann sich die Fähigkeit zum induktiven Schlussfolgern bei Kindern entwickelt!
Fähigkeit zum induktiven Schlussfolgern:
Bereits 2-Jährige sind dazu in der Lage, induktive Schlussfolgerungen zu ziehen.
Beispiel:
- Zweijährige bekommen die Informationen, dass Vögel in einem Nest leben
- Dann zeigt man ihnen Bilder von einzelnen Vögeln mit der Frage, ob auch diese in einem Nest leben
- 75% der 2-Jährigen geben die korrekte Antwort
Aber: Die korrekte Schlussfolgerung gelingt nur, wenn die Vögel prototypische Mitglieder darstellen (beim Dodo klappts
nicht)
Ältere Kinder berücksichtigen bei induktiven Schlussfolgerungen zunehmend auch Wahrscheinlichkeiten. Wenn
schwarze Schwäne sehr selten vorkommen, vermuten Sie, dass ein Schwan, der ihnen nachmittags am See begegnen
wird, mit hoher Wahrscheinlichkeit weiß sein wird.
1.12) Beschreiben Sie, ab wann sich die Fähigkeit zum deduktiven Schlussfolgern bei Kindern entwickelt!
Fähigkeit zum deduktiven Schlussfolgern:
Spätestens mit vier Jahren erlangen Kinder die Fähigkeit zum deduktiven Schlussfolgern. Die Fähigkeit wird auch dann
korrekt eingesetzt, wenn die inhaltliche Information nicht ihrer Erfahrungswelt entspricht.
Beispiel: Alle Katzen bellen. Rex ist eine Katze. Bellt Rex?
Die Grundaussage entspricht natürlich nicht der Realität. trotzdem konnten die meisten 4-Jährigen die Frage korrekt
beantworten und damit deduktive Schlüsse ziehen.
Wichtig:
Deduktive Schlussfolgerungen gelingen am ehesten bei konkretem Aufgabenmaterial. Abstrakte Aufgaben (z.B. A<B
und B<C, gilt dann A<C?) erfordern mehr kognitive Kapazitäten und können von kleinen Kindern noch nicht gelöst
werden.
1.13) Beschreiben Sie ein Experiment zum Nachweis des Verständnisses für Analogieaufgaben!
Analogieaufgaben:
Auch bei Analogieaufgaben findet schlussfolgerndes Denken statt, da vom Zusammenhang zwischen zwei Objekten auf
den Zusammenhang zwischen zwei anderen Objekten geschlossen werden muss.
- 13-Monatige können einfachste Analogien bilden
- Vorschulkinder können bereits einfache Analogien bilden (z.B. Vogel : Nest = Hund : ???)
- Analogien höherer Ordnung können mit wachsendem Verständnis für kausale Zusammenhänge gebildet werden
Experiment zur Analogienbildung:
- 13-Monatigen wird gezeigt, dass sie eine Barriere entfernen und an einem Band ziehen müssen, um ein Spielzeug zu
erhalten
- danach nutzen sie diese Strategie auch bei anderen Aufgaben
1.14) Definieren Sie „metakognitive Fähigkeiten“ und nennen Sie die Komponenten der Metakognition!
Metakognitive Fähigkeiten:
Metakognitive Fähigkeiten sind Kompetenzen, die eingesetzt werden, um eigene kognitive Prozesse zu überwachen, zu
kontrollieren und zu regulieren.
Komponenten der Metakognition:
1. Wissen über mentale Zustände (Verständnis vom falschen Glauben und mentalen Zuständen, enge Bezüge zur ToM)
2. Metagedächtnis
a) deklaratives Metagedächtnis (Wissen über die eigenen kognitiven Fähigkeiten/Ressourcen sowie über Aufgabenund Strategiemerkmale, z.B. Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe, Wissen über anwendbare kognitive Strategie)
b) prozedurales Metagedächtnis (beinhaltet Überwachungsprozesse, z.B. Abschätzung des aktuellen Lernstandes
sowie Kontroll- und Selbstregulationsprozesse, z.B. Einteilung der Lernzeit und Planung der Lernaktivität)
Entwicklung:
Die Gedächtnisleistung hängt mit dem Ausmaß des Wissens über das Gedächtnis (Metagedächtnis) zusammen. Eine
Metaanalyse von 50 Studien zum Zusammenhang zwischen Metagedächtnis und Gedächtnis ergab eine mittlere
Korrelation von r = .41.
In allen Bereichen der Metakognition sind Entwicklung bis in das Erwachsenenalter hinein nachweisbar.
1.15) Wie kann man das explizite Wissen von Kindern über Gedächtnisstrategien erfahren? Was lässt sich zum
impliziten Wissen über das prozedurale Metagedächtnis sagen?
Explizites Wissen von Kindern über Gedächtnisstrategien:
Es können den Kindern Sets von Items präsentiert werden mit der Frage, welche Tricks und Strategien man nutzen
könnte, um die Items zu behalten.
Ebenfalls denkbar wäre, den Kindern zwei verschiedene Bilder-Sets zu zeigen mit der Frage, welches man sich besser
merken könne (und warum).
Implizites Wissen über prozedurales Metagedächtnis:
Ältere Schüler wissen implizit, dass man für das Erlernen schwieriger Wortpaare (z.B. Buch - Frosch) mehr Zeit benötigt
als für das Erlernen einfacher Wortpaare (z.B. Katze - Hund). Sie nehmen sich daher mehr Zeit zum Lernen. Jüngere
Schüler tun dies nicht.
1.16) Beschreiben Sie interindividuelle und intraindividuelle Unterschiede in der kognitiven Entwicklung und die
potenziellen Einflussfaktoren!
Interindividuelle Unterschiede in der kognitiven Entwicklung:
Es bestehen teilweise zwischen gleichaltrigen Kindern große Unterschiede hinsichtlich der kognitiven Entwicklung. Die
Spannweite kognitiver Fähigkeiten reicht dabei von geistiger Behinderung bis hin zu Hochbegabung.
Einflussfaktoren interindividueller Unterschiede:
1. Genetische Determinanten (ist verantwortlich für Unterschiede in der Geschwindigkeit kognitiver Prozesse)
2. Unterschiedlich schnelle Entwicklung der domänenspezifischen Wissenssysteme
3. Unterschiedliche Lernerfahrungen (z.B. durch Motivation, Präferenzen, Umweltbedingungen)
Intraindividuelle Unterschiede in der kognitiven Entwicklung:
Neben interindividuellen sollte auch intraindividuelle Entwicklungsunterschiede betrachtet werden. Hier geht es darum,
ob ein Kind zu verschiedenen Zeitpunkten sein relatives (im Vergleich zu Gleichaltrigen) Leistungsnivea hält, also ob die
kognitiven Leistungen stabil sind.
Natürlich steigt die Leistung im Altersverlauf generell an, im Vergleich zu Gleichaltrigen bleibt die Leistung aber
weitestgehend stabil.
Allerdings separieren sich unterschiedliche Bereiche im Laufe der Zeit, so driften z.B. Leistungen in Mathe und Deutsch
mehr und mehr auseinander.
 unterschiedliche kognitive Domänen entwickeln sich nicht vollständig parallel!
2.1)
Nennen Sie eine mögliche inhaltliche Definition von Intelligenz sowie mit Intelligenz assoziierte Kompetenzen!
Inhaltliche Definition von Intelligenz:
Unter Intelligenz versteht man die Fähigkeit, sich an neue Situationen und veränderbare Anforderungen der Umwelt
anzupassen, und ebenso die Fähigkeit, die umgebende Umwelt zu verändern
Mit Intelligenz werden folgende Kompetenzen assoziiert:
- Abstraktes und logisches Denken
- Effektives Nutzen von Erfahrung oder Übung
- Lernfähigkeit
- Problemlösekompetenz
2.2)
Beschreiben Sie Spearmans g-Faktor-Modell der Intelligenz!
Spearmans g-Faktor-Modell der Intelligenz:
Spearman geht davon aus, dass es eine allgemeine Intelligenz gibt, die auch als g-Faktor (oder Generalfaktor)
bezeichnet wird. Diese allgemeine Intelligenz wirkt sich auf die gesamte Denk- und Lernfähigkeit des Menschen aus.
Neben dem g-Faktor gibt es noch zusätzliche spezifische Begabungsfaktoren (s-Faktoren). Diese bestimmten in
einzelnen Aufgabenbereichen die Leistung neben dem g-Faktor. Die zusätzlichen s-Faktoren werden jedoch stark durch
den g-Faktor beeinflusst.
2.3)
Erklären Sie die Differenzierungshypothese, Divergenzhypothese und genetische Divergenzhypothese der
Intelligenz!
Differenzierungshypothese:
Die Intelligenz ist zunächst nicht in spezifische Teilkomponenten untergliedert, umfasst also nur den g-Faktor. Die
Anzahl unterscheidbarer Intelligenzfaktoren nimmt danach im Laufe der Entwicklung zu. Es wird also eine zunehmende
Differenzierung der Intelligenz angenommen.
Divergenzhypothese:
Diese Hypothese ist der Differenzierungshypothese ähnlich. Jedoch ist hier nicht das Alter entscheidend für die
zunehmende Differenzierung, sondern die allgemeine Begabungshöhe. Bei Hochbegabten findet eine stärkere
Differenzierung der Intelligenz statt, bei schwach Begabten kommt es zu keiner Differenzierung.
Genetische Divergenzhypothese:
Diese stellt eine Kombination der beiden anderen Hypothesen dar. Bei höher Begabten kommt es im Laufe der
Entwicklung zu einer zunehmenden Differenzierung der Intelligenz. Bei schwach Begabten tritt dagegen (auch mit
zunehmendem Alter) keine Differenzierung auf.
 Jüngere Kinder und schwach Begabte weisen ähnliche Intelligenzstrukturen auf
 Ältere Kinder und höher Begabte weisen nicht unbedingt ähnliche Intelligenzstrukturen auf
2.4)
Beschreiben Sie Cattells Modell der fluiden und kristallinen Intelligenz!
Catells Modell der fluiden und kristallinen Intelligenz:
Cattell unterteilt die Intelligenz in seinem Modell in 2 Komponenten. Er nimmt an, dass es einen fluiden und einen
kristallinen Anteil der Intelligenz gibt.
Fluide Intelligenz:
Die fluide Intelligenz entspricht im Wesentlichen dem g-Faktor und umfasst
- generelle Denkfähigkeit
- schlussfolgerndes und spontanes Denken
- Verarbeitungsgeschwindigkeit
Kristalline Intelligenz:
Die kristalline Intelligenz ist stark von Umweltbedingungen abhängig. Sie umfasst
- Faktenwissen über die Welt
- Faktenwissen über den Wortschatz
- Rechenfähigkeiten
- andere wissensorientierte Informationen
Entwicklungsverläufe fluider und kristalliner Intelligenz:
- fluide Intelligenz steigt bis zum frühen Erwachsenenalter an und sinkt dann mit dem Alter
- kristalline Intelligenz steigt bis zum Erwachsenenalter und bleibt dann eher stabil (oder nimmt weiter zu)
2.5)
Beschreiben Sie das Primärfaktoren-Modell der Intelligenz von Thurstone!
Primärfaktorenmodell der Intelligenz von Thurstone:
Thurstone postuliert keinen g-Faktor sonder beschreibt Intelligenz als eine aus mehreren spezifischen Komponenten
zusammengesetzte Fähigkeit. Er unterscheidet 7 Primärfaktoren, die gemeinsam die Intelligenz bilden.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Merkfähigkeit
Räumliches Vorstellungsvermögen
Rechenfähigkeit
Schlussfolgerndes Denken
Sprachverständnis
Wahrnehmungsgeschwindigkeit
Wortflüssigkeit
Thurstone geht nicht davon aus, dass den Primärfaktoren ein Generalfaktor zugrunde liegt. Die Annahme seines
Modells ist, dass die Primärfaktoren unabhängig voneinander sind.
Aber:
Die Annahme ist empirisch nicht haltbar, es zeigen sich Korrelationen zwischen den Primärfaktoren, die auf einen
allgemeinen Faktor hindeuten.
2.6)
Beschreiben Sie die Three-Stratum-Theorie der Intelligenz von Carroll!
Three-Stratum-Theorie der Intelligenz von Carroll:
Carroll entwickelte ein Modell, das die verschiedenen anderen Ansätze integriert. Er nimmt eine dreischichtige Struktur
der Intelligenz an.
Ebene 3 (übergeordnete Ebene)
Allgemeine Intelligenz
Ebene 2 (Ebene darunter)
Breite Intelligenzfaktoren, die denen von Thurstone ähneln.
1. Fluide Intelligenz
2. Kristalline Intelligenz
3. Auditorische Wahrnehmung
4. Visuelle Wahrnehmung
5. Gedächtnis und Lernen
6. Gedächtnisabruf
7. Kognitive Schnelligkeit
8. Verarbeitungsgeschwindigkeit
Ebene 1 (unterste Ebene)
Insgesamt 69 spezifische Einzelfähigkeiten, die den breiten Intelligenzfaktoren zugeordnet werden können.
2.7)
Beschreiben Sie das Modell der multiplen Intelligenzen von Gardner!
Modell der multiplen Intelligenzen von Gardner:
Gardners Modell der multiplen Intelligenzen wurde nicht mittels Faktorenanalyse hergeleitet. Gardner sieht Intelligenz
als ein sehr breites Konstrukt an und nimmt an, dass es 9 unabhängige Intelligenzen gibt.
Dementsprechend ist nach Gardner ein einzelnes Messinstrument zur Erhebung von Intelligenz völlig unzureichend, um
die Fähigkeiten einzelner Menschen zu beschreiben.
Multiple Intelligenzen nach Gardner:
-
Existenzielle Intelligenz
Körperlich-kinästhetische Intelligenz
Linguistische Intelligenz
Logisch-mathematische Intelligenz
Musikalische Intelligenz
Sozial-interpersonale Intelligenz
Sozial-intrapersonale Intelligenz
Visuell-räumliche Intelligenz
2.8)
Beschreiben Sie die triarchische Intelligenztheorie/Theorie der erfolgreichen Intelligenz von Sternberg!
Triarchische Intelligenztheorie/Theorie der erfolgreichen Intelligenz von Sternberg:
Sternberg geht ebenfalls von unterschiedlichen Intelligenzkomponenten und nicht von einer allgemeinen Intelligenz
aus. Er vertritt die Auffassung, dass Intelligenz vor allem dadurch gekennzeichnet ist, dass Menschen im Leben
erfolgreich sind. Diesen Erfolg erreichen Sie durch drei Intelligenzkomponenten.
Intelligenzkomponenten:
1. Analytische Fähigkeiten (komponentenbezogene Intelligenz)
2. Praktische Fähigkeiten (kontextuelle Intelligenz)
3. Kreative Fähigkeiten (erfahrungsbezogene Intelligenz)
Die analytischen Fähigkeiten entsprechen den klassischen Komponenten der Intelligenz:
- Metakomponenten
- Ausführungskomponenten
- Wissenserwerbskomponenten
2.9)
Beschreiben Sie die einzelnen Komponenten in Sternbergs triarchischer Intelligenztheorie!
Komponenten in Sternbergs triarchischer Intelligenztheorie:
- (Analytische Fähigkeiten)
- Praktische Fähigkeiten
- Kreative Fähigkeiten
- Metakomponenten
- Ausführungskomponenten
- Wissenserwerbskomponenten
Praktische Fähigkeiten (kontextuelle Intelligenz):
Fähigkeit, Probleme im Alltag zu lösen, indem man seine Umwelt anpasst oder seine Umwelt entsprechend verändert
und dabei sein kulturelles und soziales Umfeld berücksichtigt.
Kreative Fähigkeiten (erfahrungsbezogene Intelligenz):
Fähigkeit zum Austausch zwischen neuen Anforderungen bzw. Situationen und bestehenden Erfahrungen.
Metakomponenten:
Höhere mentale Prozesse, die zum Problemlösen notwendig sind und die körperliche und geistige Vorgänge steuern
und kontrollieren.
Ausführungskomponenten:
Mentale Prozesse, die auf einer niedrigeren Ebene angesiedelt sind und sich auf ein konkretes Verhalten, eine Aufgabe
oder Situation beziehen (z.B. Wie löse ich eine bestimmte Mathematik-Aufgabe?)
Wissenserwerbskomponenten:
Diese steuern, wie Informationen im Verlauf eines Problemlöseprozesses erworben und genutzt werden (z.B. gezielt die
Aufmerksamkeit auf relevante Informationen richten
2.10) Beschreiben Sie die frühe Form der Intelligenzmessung!
Frühe Form der Intelligenzmessung:
Die Grundidee der ersten Intelligenztests war es, die intellektuellen Leistungen von Kindern zu quantifizieren. Es sollte
überprüft werden, inwieweit die intellektuellen Leistungen eines Kindes seinem Alter entsprechen. Das Intelligenzalter
(IA) bezeichnet das Alter, das den intellektuellen Leistungen in einem Test entspricht.
Berechnung von IA und IQ:
-
wenn 50% der Aufgaben für ein Alter gelöst wurden, erhält das Kind das entsprechende Intelligenzalter
werden weitere Aufgaben und Aufgaben für ein höheres Alter gelöst, erhöht sich das Intelligenzalter entsprechend
dementsprechend erhöht sich dann der IQ
Problem: Ab 18 Jahren steigen Lebensalter und Intelligenzalter nicht mehr kontinuierlich an, die Folge ist ein geringer
werdender IQ
- Konsequenz: Das Konzept des Intelligenzalters kann nur im Kindes- und Jugendalter eingesetzt werden!
2.11) Beschreiben Sie die normorientierte Intelligenzmessung!
Normorientierte Intelligenzmessung:
Das Testergebnis einer Person wird ins Verhältnis zu einer Bezugsnorm gesetzt. Diese Bezugsnorm entsteht, indem der
Test einer großen repräsentativen Normstichprobe gestellt wird (große Stichproben von Kindern, Jugendlichen und
Erwachsenen verschiedener Altersgruppen).
Der Mittelwert jeder Alters-/Geschlechtsgruppe wird festgelegt auf M = 100, SD = 15. Wer genau so viele Aufgaben löst
wie der Durchschnitt der Altersgruppe, erhält einen IQ von 100. Wer eine Standardabweichung darüber oder darunter
liegt, erhält einen IQ von 115 bzw. 85. IQ-Werte erhält man also durch Transformation der Testrohwerte.
Vorteile:
- direkte Vergleichbarkeit der Werte verschiedener Altersgruppen
- Konstanz des IQ über das Alter hinweg möglich, wenn die Position innerhalb der Altersgruppe stabil bleibt
2.12) Nennen Sie Beispiele für Intelligenztests für das Kindes- und Jugendalter!
Beispiele für Intelligenztests für das Kindes- und Jugendalter:
HAWIK-IV: Mehrdimensionales Intelligenzkonstrukt (Gesamt-IQ, Arbeitsgedächtnis, Bearbeitungsgeschwindigkeit,
Sprachverständnis, wahrnehmungsgebundenes logisches Denken)
K-ABC:
Mehrdimensionales Intelligenzkonstrukt (einheitliches Denken, ganzheitliches Denken, Fertigkeits-Skala
und sprachfreie Skala)
CFT 20-R:
Intelligenz nach dem Konzept von Cattell (weitgehend kultur- und sprachfreie Erfassung von fluider und
kristalliner Intelligenz)
2.13) Wie entwickelt sich die Stabilität von Intelligenz über das Lebensalter?
Stabilität von Intelligenz über das Lebensalter:
- in früheren Altersabschnitten gibt es nur eine geringe Korrelation zum IQ im späteren Erwachsenenalter (Instabilität,
starke Veränderungen relativ zur Altersgruppe)
- danach zunehmende Korrelation (Stabilität, kaum Veränderungen relativ zur Altersgruppe)
2.14) Nennen Sie die Haupteinsatzgebiete für Intelligenzmessung in der Praxis!
Haupteinsatzgebiete für Intelligenzmessung in der Praxis:
-
Abklärung, ob Lese-Rechtschreibstörung oder Dyskalkulie vorliegt
Diagnose von Hochbegabung
Feststellung von Underachievement
Feststellung von Intelligenzminderung
Schuleignungsdiagnostik
Schullaufbahnberatung/Berufswahl
2.14) Nennen Sie die Kriterien für Hochbegabung nach Rost!
Kriterien für Hochbegabung nach Rost:
Hinsichtlich des Lern- und Leistungsverhaltens ist gemäß Rost (2004) generell zu beobachten, dass eine intellektuell
hochbegabte Person
1. sich effektiv und effizient deklaratives Wissen aneignen kann,
2. dieses Wissen besser als andere in variierenden Situationen zur Lösung von Problemen einsetzen kann,
3. fähig ist, rasch aus den dabei gemachten Erfahrungen zu lernen und
4. erkennen kann, auf welche neuen Situationen die gewonnenen Erkenntnisse transferierbar sind (Generalisierung)
und auf welche nicht (Differenzierung).
2.15) Nennen Sie genetische und Umwelteinflüsse auf die Intelligenz!
Genetische Einflüsse auf die Intelligenz:
Etwa 50% der IQ-Unterschiede zwischen Personen sind auf genetische Faktoren zurückzuführen (belegt durch Zwillingsund Adoptionsstudien). Diese Aussage bezieht sich allerdings nicht auf einzelne Personen. Man kann also nicht sagen,
dass 50% der Intelligenz eines Menschen durch seine Gene bestimmt sind.
Umwelteinflüsse auf die Intelligenz:
- Heimkinder machen große Fortschritte hinsichtlich intellektueller Fähigkeiten nach Aufnahme in eine Familie
 bietet ein größeres Ausmaß an Förderung und Stimulierung
- ältere Generationen erreichen im Schnitt ein deutlich geringeres Niveau (bei gleichem Lebensalter)
 ältere Generationen sind in der Regel unter weniger fördernden und stimulierenden Bedingungen aufgewachsen
- sozialer Status
- Bildungsniveau der Eltern
- Kinderanzahl und Geschwisterposition (vergleichsweise geringer Einfluss)
2.16) Nennen Sie familiäre Risikofaktoren mit negativen Effekten auf die Intelligenz!
Familiäre Risikofaktoren mit negativen Effekten auf die Intelligenz:
Die Auswirkungen werden deutlicher bei einer Kumulation von Risikofaktoren.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Alleinerziehende Mutter
Eingeschränkte seelische Gesundheit aufseiten der Mutter
Geringverdienender Haushaltsvorstand
Geringe Schulbildung der Mutter
Hohe Anzahl belastender Stresserlebnisse
Hohe Kinderzahl
Negative Mutter-Kind-Interaktion
Rigide Vorstellungen hinsichtlich Erziehungsverhalten und kindlicher Entwicklung
Übermäßige Ängstlichkeit der Mutter
Zugehörigkeit zu ethnischer oder kultureller Minderheit
2.17) Nennen Sie familiäre Faktoren mit positiven Effekten auf die Intellligenz!
Familiäre Faktoren mit positiven Effekten auf die Intelligenz:
1.
2.
3.
4.
5.
Angebote zum Explorieren und Ausprobieren
Bemühungen um eine interessante und stimulierende Umwelt (z.B. durch anregende Spielzeuge)
Emotionale Responsivität
Häufige und erklärende Gespräche
Positive und angemessene Entwicklungserwartungen an das Kind
Förderprogramme für Kinder aus sozial benachteiligten Familien:
- häufig nur kurzfristige Effekte auf die Intelligenz
- aber: positive Effekte auf Sozialverhalten, hohe Wahrscheinlichkeit für Schulabschluss, positive Gesundheitseffekte
2.18) Nennen Sie Prädiktionsmöglichkeiten der Intelligenz!
Prädiktionsmöglichkeiten der Intelligenz:
Intelligenz ist ein wichtiger Prädiktor dafür, wie erfolgreich jemand in seinem Leben ist.
- Besuchter Schultyp
- Schulische Leistungen
- Berufliche Karriere
- Beruflicher Erfolg
- Einkommen (zusammen mit Schulbildung als Prädiktor)
Aber:
- neben Intelligenz sind auch andere Faktoren wichtig (Motivation, Interesse, soziale Kompetenzen)
- Intelligenz ist hinsichtlich des Lebenserfolges ein wichtiger, aber nicht alles entscheidender Faktor!
3.1)
Beschreiben Sie die inhaltlichen Schwerpunkte des strukturalistischen Ansatzes der Emotionsforschung!
Inhaltliche Schwerpunkte des strukturalistischen Ansatzes der Emotionsforschung:
Der strukturalistische Ansatz konzentriert sich auf die Frage, anhand welcher Indikatoren eine Emotion zweifelsfrei von
anderen psychischen Phänomenen und verschiedene Emotionen voneinander unterschieden werden können.
Angenommene Basisemotionen:
Es wird angenommen, dass die Basisemotionen das gesamte Spektrum des emotionalen Erlebens abbilden. Sie gelten
als universell und angeboren.
1. Ekel
2. Freude
3. Furcht
4. Neugierde
5. Trauer
6. Überraschung
7. Vertrauen
8. Wut
Basisemotionen setzen sich zusammen aus:
- subjektivem Erleben (Gefühl)
- physiologischer Reaktion
- Ausdrucksverhalten (abgrenzbare Muster)
 Aber: Emotionen lassen sich physiologisch nicht eindeutig voneinander abgrenzen
 Aber: auch das Ausdrucksverhalten lässt sich nicht immer eindeutig abgrenzen
Sekundäre Emotionen:
Als sekundäre (komplexe) Emotionen werden diejenigen bezeichnet, die als Mischung der Basisemotionen aufgefasst
werden können (z.B. Scham, Eifersucht ect.).
3.2)
Beschreiben Sie die inhaltlichen Schwerpunkte des funktionalistischen Ansatzes der Emotionsforschung!
Inhaltliche Schwerpunkte des funktionalistischen Ansatzes der Emotionsforschung:
Die Analyse von Emotionen wird im funktionalistischen Ansatz um die Funktion von Emotionen erweitert.
 Die Hauptfunktion von Emotionen besteht darin, Handlungsbereitschaft zu verändern
Drei Komponenten der Änderung der Handlungsbereitschaft
1. Bewertung (appraisal) eines Umweltreizes als motiv- oder zielrelevant; Emotionsauslösung
2. Veränderung der Handlungsbereitschaft
3. Auslösung einer Handlungskonsequenz
Entwicklungstrend:
- mit zunehmendem Alter ist es Kindern möglich, unmittelbar aktivierte Handlungsbereitschaften von den
tatsächlichen Handlungsbereitschaften abzukoppen
- dies gelingt durch die Entwicklung von Emotionsregulationskompetenzen
3.3)
Beschreiben Sie die inhaltlichen Schwerpunkte des soziokulturellen Ansatzes der Emotionsforschung!
Inhaltliche Schwerpunkte des soziokulturellen Ansatzes der Emotionsforschung:
Der soziokulturelle Ansatz geht davon aus, dass die Entwicklung von Emotionen im Wesentlichen sozialisatorisch
geprägt ist (durch Normen und Werte der jeweiligen Kultur). Wie beim funktionalistischen Ansatz ist jedoch ist jedoch
eine Bewertung von Umweltreizen die Grundlage für emotionales Erleben.
Sozialisationsprozess:
Im Sozialisationsprozess lernt das Kind, Situationstypen mit Emotionen zu assoziieren (z.B. bestimmte Situationen als
angstauslösend zu klassifizieren). Dies führt zu kulturspezifischen Kopplungen von Situationen und Emotionen sowie
kulturspezifischen Emotionsauffassungen (kulturspezifisches Emotionskonzept).
3.4)
Beschreiben Sie die Entwicklung der positiven Emotion „Freude“!
Entwicklung der positiven Emotion „Freude“:
Das Erleben von Freude zeigt sich in Situationen, in denen Vertrautheit oder eine genussvolle Stimulation vorliegt.
Freude regt das Individuum an, die momentane Aktivität fortzuführen und fördert die soziale Beziehung zum jeweiligen
Interaktionspartner.
Freude ist bereits sehr früh nachweisbar durch:
- Lächeln
- Freude an der Kontrolle von Ereignissen
- Freude am Austausch positiver Affekte
Lächeln:
- Säuglinge lächeln bereits kurz nach der Geburt (nicht-soziales Lächeln)
- 6. bis 10 Lebenswoche: Auftreten des sozialen Lächelns, das explizit an Menschen gerichtet ist
- 7. bis 8. Lebensmonat: Bevorzugtes soziales Lächeln gegenüber vertrauten Personen
Freude an der Kontrolle von Ereignissen:
- ab 2. Lebensmonat: Säuglinge zeigen Anzeichen von Freude, wenn sie Ereignisse kontrollieren können (z.B. indem sie
Babybilder erscheinen lassen konnten, wenn sie an einer Schnur zogen)
Freude am Austausch positiver Affekte:
- ab 2. Lebensjahr: Kinder erleben Freude, wenn sie durch ihr eigenes Handeln andere zum Lachen bringen
3.5)
Beschreiben Sie die Entwicklung der negativen Emotion „Angst“!
Entwicklung der negativen Emotion „Angst“:
Das Erleben von Angst zeigt sich in Situationen, in denen das Individuum mit einer Gefahr bzw. einer Bedrohung
konfrontiert wird.
Konsequenzen von Angsterleben
- unterstützt Identifikation von Bedrohungen
- fördert Flucht- und Vermeidungstendenzen.
Entwicklung:
- bis zum Alter von 7 Monaten ist es schwierig, Angsterleben von anderen negativen Emotionen zu unterscheiden
- erste eindeutige Angstindikatoren zeigen sich beim Fremdeln und bei Trennungsangst
- ab 1. Lebensjahr beziehen Kinder Kontextinformationen ein (z.B. ängstliches Gesicht der Mutter)
- 2- bis 4-Jährige haben oft irrationale Ängste vor Gespenstern etc. (durch zunehmende Fähigkeit zur Imagination)
- mit Schuleintritt entwickeln Kinder Bewertungsängste und soziale Ängste (Selbstwert basiert u.a. auf Annerkennung)
3.6)
Beschreiben Sie die Entwicklung der negativen Emotion „Ärger“!
Entwicklung der negativen Emotion „Ärger“:
Ärgererleben entsteht, wenn ein Individuum daran gehindert wird, ein Ziel zu erreichen.
Konsequenzen von Ärgererleben:
- Aktivierung des Organismus
- Warnung an andere
Entwicklung:
- im 2. Lebensjahr starker Anstieg von Wutreaktionen (durch Zunahme der Fähigkeit, Umwelt kontrollieren zu können)
- ab dem 3. Lebensjahr erfolgt eine Abnahme der Ärgerreaktionen (durch Auftreten selbstbewusster Emotionen und
Emotionsregulationsstrategien)
Häufigkeit von Wutreaktionen in den ersten Lebensjahren:
3.7)
Beschreiben Sie die Entwicklung der selbstbewussten Emotionen!
Entwicklung der selbstbewussten Emotionen:
Beim Erleben von selbstbewussten Emotionen sind sich die Kinder darüber bewusst, dass sie als Person von anderen
Personen getrennt sind und von diesen als Objekt beobachtet und bewertet werden können.
Selbstbewusste Emotionen:
- Scham
- Schuld
- Stolz
- Verlegenheit
Entwicklungsvoraussetzungen:
- Objektives Bewusstsein (B., von anderen Personen getrennt zu sein und von diesen beobachtet/bewertet zu werden)
- Bewusstsein für die Regeln und Normen, die in der jeweiligen Kultur (oder Familie) gelten
3.8)
Definieren Sie den Begriff „Temperament“!
Definition von „Temperament“:
Das Temperament eines Kindes umfasst emotionale und behaviorale Verhaltensreaktionen, die bereits sehr früh
beobachtet werden können und in hohem Maße genetisch determiniert sind. Es ist die Bereitschaft, auf bestimmte
interne oder externe Reize emotional zu reagieren.
Säuglinge unterscheiden sich schon unmittelbar nach der Geburt im Verhalten (z.B. im Aktivitätslevel).
3.9)
Nennen Sie die Temperamentsdimensionen nach Thomas & Chess!
Temperamentsdimensionen nach Thomas & Chess:
Die individuellen Unterschiede des Verhaltens, die zeitlich relativ stabil und zum Teil genetisch determiniert sind
beschrieben Thomas und Chess anhand von 9 Dimensionen.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
Ablenkbarkeit
Aktivität (Niveau motorischer Aktivität)
Annäherung/Vermeidung (charakteristische Reaktion auf neue Personen/Situationen)
Anpassungsfähigkeit (Toleranz/Gewöhnung gegenüber Veränderungen)
Ausdauer (Durchhalten einer Aufgabe trotz Hindernissen)
Intensität
Regelmäßigkeit (Vorhersagbarkeit biologischer Funktionen wie Schlaf, Hunger etc.)
Sensorische Empfindlichkeit
Stimmungslage
3.10) Nennen Sie neben der Befragung von Bezugspersonen Alternativen zur Temperamentsmessung!
Alternative Methoden zur Temperamentsmessung:
Neben der der Messung durch die Befragung von Bezugspersonen (z.B. Mutter, Vater) gibt es zwei Alternativen zur
Temperamentsmessung mit Vor- und Nachteilen.
- Verhaltensbeobachtung in neuen bzw. stressreichen Situationen
- Physiologische Messungen (z.B. EKG, EEG)
Vorteil der alternativen Methoden:
- geringe Möglichkeit der Beeinflussung durch subjektive Verzerrungen (im Gegensatz zur Befragung)
Nachteil der alternativen Methoden:
- stärkerer Situationsbezug und dadurch nur eingeschränkte Aussagemöglichkeiten
3.11) Beschreiben Sie die biologischen Grundlagen und die Stabilität von Temperament!
Biologische Grundlagen von Temperament:
- hohe Korrelationen von EZ im Vergleich zu ZZ weisen auf genetische Grundlage des Temperaments hin
Stabilität von Temperament:
- hohe zeitliche Stabilität (aber mit Unterschieden zwischen den Dimensionen)
- besonders hohe zeitliche Stabilität bei verhaltensgehemmten Kindern
- äußert sich durch starkes Unwohlsein und erhöhte Besorgnis in neuen und stressreichen Situationen
3.12) Nennen und beschreiben Sie die drei Temperamentstypen, nach denen sich Kinder gruppieren lassen!
Drei Temperamentstypen:
Etwa 65% einer Längsschnittstudie von Thomas und Chess ließen sich einem der 3 Typen zuordnen. Der Großteil der
Kinder galt als „einfach“ und lediglich 15% stellten sich als schwierig dar. Der Rest war zunächst schwierig im Umgang,
wurde dann aber einfacher (langsam auftauende Kinder).
- Einfach
- Schwierig
- Langsam auftauend
3.13) Beschreiben Sie die Zusammenhänge zwischen Temperament und späteren Anpassungsproblemen!
Zusammenhänge zwischen Temperament und späteren Anpassungsproblemen:
Das Temperament kann als frühkindliche Grundlage für spätere Anpassungsprobleme gesehen werden.
- Zusammenhänge zwischen Temperament und späterem illegalen Verhalten und Kriminalität sowie geringerer sozialer
Kompetenz, Intimität, Vertrauen in Freundschaften und soziale Unterstützung
- Zusammenhänge sind jedoch gering, wenn nur das Temperament berücksichtigt wird
- Zusammenhänge sind hoch, wenn auch das Verhalten der Eltern berücksichtigt wird
Passungsmodell:
Das Passungsmodell geht davon aus, dass erst das soziale Umfeld (oder kultureller Kontext) dem Temperament eine
Bedeutung verleiht. Damit sind auch die Langzeitfolgen abhängig vom sozialen Umfeld.
Nach dem Passungsmodell sind Probleme bei fehlender Passung zwischen Temperament und sozialer Umgebung zu
erwarten (insbesondere Elternverhalten). Attributionstendenzen der Eltern können entscheidend sein, wenn Eltern eine
positive Deutung der Temperamentsmerkmale des Kindes vornehmen.
3.14) Unterscheiden Sie zwischen intrapsychischer und interpsychischer Emotionsregulation!
Intrapsychische Emotionsregulation:
Diese bezieht sich auf die selbstständige Emotionsregulation.
Interpsychische Emotionsregulation:
Diese bezieht sich auf eine Emotionsregulation, bei der andere Personen unterstützend mitwirken.
Entwicklungstrend der Emotionsregulation:
Auch wenn beide Funktionen über die gesamte Lebensspanne von Bedeutung sind, zeigt sich am Anfang der
Entwicklung verstärkt interpsychische Emotionsregulation, später dann zunehmend die Fähigkeit zur intrapsychischen
Emotionsregulation.
3.15) Beschreiben Sie die Emotionsregulation im Säuglings- und Kleinkindalter!
Emotionsregulation im Säuglings- und Kleinkindalter:
In dieser Entwicklungsphase dominiert die interpsychische Emotionsregulation.
- Bereits intrapsychische Regulation (Blickabwenden und Saugen an den Fingern als selbstberuhigende Maßnahme)
- ab 3. bis 6. Lebensmonat aktive Einforderung von Regulation durch Erwachsene (z.B. Wiegen zum Einschlafen)
- ab 1. Lebensjahr durch motorische Entwicklung Fähigkeit, sich Reizen zu nähern/entfernen als Regulationsstrategie
dabei greifen Kinder auf soziales Referieren zurück (Berücksichtigung des Emotionsausdrucks der Eltern in unklaren
Situationen)
- ab Mitte des 1. Lebensjahrs durch Sprachentwicklung kann emotionales Erleben benannt werden, was zur Fähigkeit
der affektiven Perspektivübernahme und differenziertem Emotionsverständnis führt
3.16) Beschreiben Sie die Emotionsregulation im Vorschulalter!
Emotionsregulation im Vorschulalter:
Zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr vollzieht sich ein Wechsel von inter- zu intrapsychischer Regulation.
- Fähigkeit, emotionales Erleben zur Nutzung eigener Ziele zu regulieren (z.B. alternatives Spielzeug anbieten, um das
eigene Spielzeug zurückzubekommen, anstatt Wutreaktion zu zeigen)
- Fähigkeit, negative emotionale Folgen eines Handelns für sich und andere vorherzusehen (z.B. bei aggressiven
Handlungen)
- zunehmende Entkopplung von emotionalem Erleben und emotionalem Ausdruck (z.B. durch bewusste Täuschung des
eigenen emotionalen Erlebens - Freude zeigen bei eigentlicher Enttäuschung über ein blödes Geschenk)
3.17) Beschreiben Sie die Emotionsregulation im Schulalter!
Emotionsregulation im Schulalter:
Im Schulalter weitet sich das Spektrum der Regulationsstrategien nicht nur weiter aus, sonder es wird auch mehr und
mehr auf die Akzeptanz durch Gleichaltrige hin differenziert eingesetzt.
- zunehmender Einsatz kognitiver Strategien zur Regulation (z.B. Neubewertung einer Situation)
- Abnahme vermeidender oder aggressionsbezogener Strategien
- zunehmende Abstimmung der Regulationsstrategie auf die Situation
a) Bei Kontrolle: Problemorientierte Bewältigungsstrategie (z.B. aktives Problemlösen)
b) Ohne Kontrolle: Indirekte Strategie (z.B. kognitive Ablenkung)
3.18) Beschreiben Sie die Emotionsregulation im Jugendalter!
Emotionsregulation im Jugendalter:
- Zunahme der Vielfalt und Nutzungsflexibilität bei Emotionsregulationsstrategien
- Zunahme von Geschlechtsunterschieden beim Einsatz der Strategien
a) Mädchen: stärkere Suche nach sozialer Unterstützung
b) Jungen: häufiger vermeidende Strategien und Risikoverhaltensweisen
- Zunahme von Geschlechtsunterschieden in der Problemverarbeitung
a) Mädchen: eher internalisierende Problemverarbeitung (Depression, Ängstlichkeit, sozialer Rückzug)
b) Jungen: eher externalisierende Problemverarbeitung (delinquentes und antisoziales Verhalten)
3.19) Beschreiben Sie das kindliche Wissen von Emotionsauslösern!
Kindliches Wissen von Emotionsauslösern:
Wissen von Emotionsauslösern wird häufig über Vignetten erfasst.
Kindern werden kurze Geschichten mit Situationen erzählt, die nach Expertenratings ein bestimmtes Gefühl auslösen.
Den Kindern wird dann die Frage gestellt, welches Gefühl der Akteur in der Geschichte erlebt.
- 3-Jährige können bereits Situationen erkennen, die Freude auslösen
- es bestehen jedoch Probleme mit der Erkennung von negativen Emotionen bis ins Schulalter hinein
a) kleinere Probleme: Ärger und Trauer
b) größere Probleme: Angst, Ekel und Überraschung
- ab Vorschulalter Differenzierung interner (z.B. Erinnerungen) und externer Emotionsauslöser
- im Schulalter werden auch Auslöser selbstbewusster Emotionen (Stolz, Schuld) korrekt identifiziert
Beispiel zum Verständnis interner Emotionsauslöser (Erinnerungen)
- Geschichte von einem Kaninchen, dass von einem Hund verjagt wurde
- Kinder konnten später verstehen, dass der Akteur in einer neutralen Situationen wegen Erinnerungen traurig war
39% der 3-Jährigen
83% der 4-Jährigen
100% der 5-Jährigen
3.20) Beschreiben Sie das kindliche Wissen von ambivalenten Emotionen!
Kindliches Wissen von ambivalenten Emotionen:
Im Allgemeinen sind viele Situationen mit mehr als nur einer Emotion verknüpft.
- Vorschulkinder haben noch Probleme, mehrdeutige Emotionen zu verbalisieren
- ab 7. Lebensjahr können Kinder multiple Emotionen mit gleicher Valenz in einer Situation beschreiben
- erst ab 11 Jahren entwickeln Kinder ein Verständnis für widerstreitende Emotionen (Wahrnehmung und Ausdruck)
4.1)
Unterscheiden Sie die wichtigsten Teilkomponenten der Sprachentwicklung!
Teilkomponenten der Sprachentwicklung
- Syntax
- Semantik
- Pragmatik
- Phonologie
Syntax:
Die Syntax bezeichnet das Regelsystem der Sprache (Sprachgrammatik).
Semantik:
Semantik bezieht sich auf die Bedeutung der Sprache, also die Inhalte, die mit einem Wort/Satz ausgedrückt werden.
 Morpheme sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten innerhalb der Semantik.
Das Wort „Schirme“ enthält z.B. zwei Morpheme: Bedeutungsinhalt „Schirm“ und Mehrzahl durch „e“
Pragmatik:
Mit Pragmatik ist das Wissen über die Verwendung von Sprache zur Kommunikation gemeint.
Phonologie:
Die Phonologie bezieht sich auf das Lautsystem der Sprache.
 Phoneme sind die kleinsten lautlichen Einheiten innerhalb der Phonologie. Sie charakterisieren also die einzelnen
Laute, die in einem Sprachsystem vorkommen.
Metalinguistisches Wissen:
Dies ist das Wissen eines Menschen über das System der Sprache, also das Wissen über die Eigenschaften von Sprache
und den Sprachgebrauch.
4.2)
Beschreiben Sie Kontrolle der Sprachfunktionen durch das Gehirn!
Sprache und Gehirnentwicklung:
Eine Spezialisierung der Hirnhälften ist teilweise schon pränatal erkennbar und setzt sich im Kindheitsverlauf fort.
- Rechtshänder: Sprachfunktionen werden überwiegend von der linken Gehirnhälfte kontrolliert
- Linkshänder: Sprachfunktionen werden überwiegend von der rechten Gehirnhälfte oder beidseitig kontrolliert
- Wernicke-Areal: Zuständig für das Sprachverständnis
- Broca-Areal: Zuständig für die Sprachproduktion
4.3)
Nennen Sie Belege für eine sensible Periode für den Spracherwerb!
Sensible Periode für den Sprachgebrauch:
Die Kindheit kann als eine sensible Periode für den Spracherwerb angesehen werden. In dieser Periode fällt der
Spracherwerb besonders leicht und geht weitgehend ohne bewusste Lernanstrengung vonstatten.
- ist mit dem Abschluss der Hirnlateralisation beendet
- Grundlage ist erhöhte neuronale Plastizität in dieser Phase
Belege für die sensible Periode:
- Fallbeispiel „Genie“
Die Eltern hatten mit ihr bis zum Alter von 13 Jahren nicht gesprochen, weil sie es für retardiert hielten. Das Kind
zeigte nach seiner Befreiung keinerlei Sprachproduktion und es kam trotz Intensivförderung zu keinem normalen
Spracherwerb mehr.
- Sprachkompetenzen von Immigranten
Diese sind umso höher, je früher sie in einen neuen Sprachkontext gewechselt sind. Vor allem Kinder haben kaum
Probleme, eine neue Sprache schnell und akzentfrei zu lernen.
- Aktivierte Hirnareale
Die beim Spracherwerb aktivierten Hirnareale unterscheiden sich bei Erwachsenen und Kindern, bei Kindern ist vor
allem die linkshemisphärische Verarbeitung verstärkt
4.4)
Wie lässt sich mit dem Habituations-Dishabituations-Verfahren zeigen, dass bei Kindern eine kategoriale
Wahrnehmung von Sprachlauten vorliegt (Fähigkeit zur Abgrenzung von Sprachlauten)!
Kategoriale Wahrnehmung von Sprachlauten:
Um zunächst die Sprachinformationen der Umgebung zu segmentieren, muss ein Kind in der Lage sein, Sprachlaute
voneinander zu unterscheiden. Die Frage ist also, ob Kinder bereits Sprachlaute voneinander abgrenzen können und ob
diese Abgrenzungen identisch zu denen Erwachsener sind.
Überprüfung mit Habituations-Dishabituations-Verfahren:
Ein Sprachlaut wird bis zur Habituation vorgespielt und dann ein anderer Sprachlaut vorgespielt. Wenn es nun zur
Dishabituation beim Säugling kommt, gilt dies als Beleg für eine Unterscheidung zwischen den beiden Lauten.
Überprüfung der Wahrnehmungsgrenzen zwischen Sprachlauten
1. Die Sprachlaute „b“ und „p“ unterscheiden sich durch unterschiedliche „Voice Onset Time“ (VOT)
 dies bedeutet, die Zeitdauer bis zum Einsetzen der Stimmbandvibrationen ist unterschiedlich
2. Wird die VOT variiert, hört ein Erwachsener bis zu einer bestimmten VOT ein „b“, dann ein „p“
3. Habituiert man Säuglinge an ein „b“ und variiert dann die VOT, dishabituieren sie an derselben Stelle, an der auch
Erwachsene den Umschlagspunkt haben (also plötzlich ein „p“ hören)
4.5)
Beschreiben Sie die Auswirkungen der Entwicklung auf das Lautspektrum eines Kindes!
Lautspektrum eines Kindes:
Anfangs unterscheiden Säuglinge sogar mehr Lautkategorien als ein Erwachsener. Bis zu einem Alter von 6 Monaten
können sämtliche Laute voneinander unterschieden werden, danach erfolgt eine Einschränkung des Lautspektrums auf
das Lautpotenzial der jeweiligen Sprachumgebung.
Beleg:
Präsentation von Sprachlauten aus dem Englischen, aus einer Indianersprache und aus einer Hindi-Sprache:
- 6-8-Monatige zeigten sehr gute Diskriminationsfähigkeiten
- 10-12-Monatige zeigten schlechtere Diskriminationsfähigkeiten
4.6)
Wie lässt sich zeigen, dass Säuglinge nicht nur Sprachlaute, sondern auch Wörter und Silben voneinander
abgrenzen können?
Abgrenzung von Spracheinheiten:
Säuglinge können nicht nur Sprachlaute voneinander abgrenzen, es gelingt ihnen auch größere sprachliche Einheiten
(z.B. Silben oder Worte) zu identifizieren.
Einsatz von Konditionierungstechnik:
Säuglinge wurden darauf konditioniert, ihren Kopf in eine bestimmte Richtung zu drehen, sobald sie eine bestimmte
Lautkombination gehört haben. Bei korrekter Identifikation erhielten sie eine Belohnung (z.B. Erscheinen eines
animierten Spielzeugs).
Nach dem die Kinder auf den Laut konditioniert waren, wurde dieser in einen umfangreichen Sprachtext integriert.
 bereits ab 6 Monaten können Kinder einzelne Silben in Sprachtexten identifizieren
- dazu werden Wortpausen und Prosodie genutzt (Betonung, Rhythmus, Sprechmelodie)
Zweites Experiment:
- Säuglinge hörten 2 Minuten lang ein Band mit vier verschiedenen dreisilbigen Worten, die aneinander gereiht waren.
Wörter: tupiro, golabu, bidaku, padoti
- nach einer Reihe von Lerndurchgängen wurden auch „Nicht-Wörter“ vorgespielt (gleiche Silben, andere Kombination)
- Kinder achteten nun verstärkt auf die „Nicht-Wörter“
 die Kinder müssen die zusammengehörenden Lautfolgen (z.B. bida oder daku) identifiziert haben
4.7)
Wie lässt sich zeigen, dass Säuglinge vorsprachliche Kategorisierungen von Objekten vornehmen?
Bildung von Begriffskategorien:
Kategorisierungsprozesse sind erforderlich, um Ordnung in die Vielfalt der Informationen zu bringen, die Kinder aus
ihrer Umgebung erhalten.
Die vielfach zunächst vorsprachlich gebildeten Kategorien werden mit sprachlichen Begriffen belegt. Als Folge ergibt
sich ein effektiverer Umfang mit Kategorien und Kategoriemerkmalen. Erste Kategorisierungsleistungen sind bereits
früh im Leben eines Kindes nachweisbar.
Forschungsbeispiel:
3- und 4-monatige Säuglinge wurden zunächst auf Katzenfotos habituiert und dishabituierten, wenn sie ein Hundefoto
vorgelegt bekamen. Sie differenzierten also zwischen den Kategorien der Katzen und Hunde.
4.8)
Beschreiben Sie die Vorannahmen von Kindern bei den Zuordnungen von sprachlichen Begriffen zu
Objektkategorien!
Zuordnung von sprachlichen Begriffen zu Objektkategorien:
Das Grundproblem beim Erlernen von Wortbedeutungen ist die Zuordnung von Sprache zur nicht-sprachlichen Realität.
Es wird davon ausgegangen, dass Kinder sich von einer Reihe von Vorannahmen leiten lassen, wenn sie mit neuen
sprachlichen Begriffen konfrontiert werden.
- Ganzheitsannahme
- Taxonomieannahme
- Disjunktionsannahme
Ganzheitsannahme:
Das Kind geht davon aus, dass sich in einer Benennungssituation Worte auf ganze Objekte beziehen.
Beispiel: Zeigt ein Erwachsener auf ein Tier und sagt „Elefant“, meint er das Tier, und nicht den Rüssel oder die Ohren
Taxonomieannahme:
Das Kind geht davon aus, dass sich in einer Benennungssituation Worte auf Objekte desselben Typs beziehen.
Beispiel: Das Wort „Elefant“ bezieht sich also auf verschiedene Elefanten und nicht auf den Wärter, der sich kümmert.
Disjunktionsannahme:
Das Kind geht davon aus, dass jedes Objekt nur eine Bezeichnung hat. Wenn für ein Objekt schon eine Bezeichnung
vorliegt, nimmt das Kind zunächst an, dass das neue Wort für etwas anderes steht.
Beispiel: Kennt das Kind bereits das Wort „Elefant“ und zeigt ein Erwachsener auf das Tier und sagt „Rüssel“, geht das
Kind davon aus, dass nun nicht der Elefant als Ganzes gemeint ist sondern ein Bestandteil des Elefanten.
4.9)
Beschreiben Sie ein Experiment zur Überprüfung der Disjunktionsannahme und beschreiben Sie weitere
Faktoren, die bei der Entwicklung von Wortbedeutungen eine Rolle spielen!
Überprüfung der Disjunktionsannahme:
3-Jährige sehen Objektpaare
a) ein vertrautes Objekt, für das sie einen Namen hatten
b) ein nicht-vertrautes Objekt, für das sie keinen Namen hatten
Versuchsleiter sagt: „Show me the blicket (Fantasiewort)
 Kinder zeigen auf das Objekt, für das sie noch keine Bezeichnung hatten
Weitere Faktoren zur Entwicklung von Wortbedeutungen:
- Unterstützung aus der sozialen Umgebung (Hinweise auf Wortbedeutungen, Korrektur von falschen Zuordnungen)
- Sprachlicher Kontext (Das ist ein „Fess“  Objekt; Das ist ein „fesses“ Tier  Beschreibung)
4.10) Erklären Sie das reziproke
Differenzierungsleistungen!
Verhältnis
zwischen
Kategorisierungsleistungen
und
sprachlichen
Reziprokes Verhältnis zwischen Kategorisierungsleistungen und sprachlichen Differenzierungsleistungen:
Es wäre eine zu starke Vereinfachung, wenn man nur annehmen würde, dass grundsätzlich zuerst die Kategorien
gebildet werden, bevor sie mit sprachlichen Bezeichnungen belegt werden.
1. Vorsprachliche Kategorisierungen werden zunehmend mit sprachlichen Begriffen belegt.
2. Umgekehrt ermöglichen jedoch auch neue sprachliche Bezeichnungen neue Differenzierungsmöglichkeiten und
damit eine weitere Differenzierung von Kategorien.
4.11) Beschreiben Sie bei der Sprachentwicklung die Produktion erster Worte!
Sprachentwicklung - Erste Worte:
- Plappern
- Einwort-Phase (holophrasische Phase)
- Wortschatzexplosion
- Telegrafische Sprache
Plappern:
Zwischen dem 6. und 10. Lebensmonat kommt es zunächst zu einem „Plappern“, bei dem Säuglinge ihre soziale
Umwelt imitieren indem sie einzelne Silben und Silbenkombinationen aneinanderreihen.
- Anstieg bei Zuwendung durch die Mutter
- Abfall, sobald das Kind erste Worte bildet
Einwort-Phase (holophrasische Phase):
Mit einem Wort will das Kind bereits komplexe Aussagen ausdrücken (z.B. „Milch“  „Mich möchte Milch haben“)
Im Verlauf der Einwort-Phase:
Veränderung vom Gebrauch isolierter Einzelworte zur Aneinanderkettung von Worten. Dabei werden Strategien
genutzt, um sprachliche Lücken zu überbrücken:
- Sprachliche Überdehnung: übergeneralisierte Nutzung von Worten (z.B. Hase auch für Eichhörnchen etc.)
- Vereinfachungsstrategie: zum erleichtern der Aussprache (z.B. „Fant“ statt „Elefant“)
Wortschatzexplosion:
In der zweiten Hälfte des 2. Lebensjahrs kommt es zu einem rapiden Anstieg des aktiven Wortschatzes
- „late talker“: Risiko für spätere Sprachstörung (nach 24 Monaten weniger als 50 aktiv genutzte Worte)
Telegrafische Sprache:
- systematisch werden bestimmte Satzelemente ausgelassen, aber trotzdem korrekte Reihenfolge (regelgeleitet!)
4.12) Nennen Sie unterstützende Maßnahmen durch die soziale Umgebung bei der Sprachproduktion!
Unterstützende Maßnahmen durch die soziale Umgebung bei der Sprachproduktion
- geteilte Aufmerksamkeit
- Baby Talk
- Spracherweiterung
Geteilte Aufmerksamkeit:
Gemeinsame Blickrichtung auf ein Objekt, um sprachliche Informationen über das Objekt zu vermitteln
Baby Talk (Ammensprache):
Verkürzte Sprechweise mit besonderer Intonation und repetitiven Elementen.
Spracherweiterungen:
Dienen in der Phase der telegrafischen Phase dazu, die Sprachverkürzungen des Kindes zu korrigieren.
- Beispiel: Kind: „Milch drin“; Eltern: „Ja, in der Tasse ist Milch drin.“
4.13) Beschreiben Sie die Bestandteile der Syntaxentwicklung!
Syntaxentwicklung:
Eine wichtige Unterscheidung im Bereich der Syntaxentwicklung bezieht sich auf die Differenzierung zwischen Tiefenund Oberflächenstruktur.
Tiefenstruktur:
Die semantische Bedeutung eines Satzes.
Oberflächenstruktur:
Die artikulierte Sprache, die aus der Tiefenstruktur mittels grammatikalischer Regeln generiert wird.
 Trotz gleicher Tiefenstruktur kann die Oberflächenstruktur unterschiedlich sein
Beispiel:
„Der Hund jagt den Jungen.“ und „Der Junge wird vom Hund gejagt.“ weisen beiden die gleiche Tiefenstruktur, aber
unterschiedliche Oberflächenstrukturen auf.
Entwicklung:
Ein jüngeres Kind versteht einen Satz mit einfacher Oberflächenstruktur eher und würde auch eher einen solchen Satz
produzieren. Bei der Syntaxentwicklung gibt es keine einheitliche Entwicklungsabfolge, da die Regelsysteme für die
Syntax von der jeweiligen Sprache abhängen.
- wie bei der Semantikentwicklung kommt es zu Übergeneralisierungen (z.B. „er gehte“ anstatt „er ging“)
4.14) Beschreiben Sie die Entwicklung der Sprachpragmatik!
Entwicklung der Sprachpragmatik:
Am Anfang ihrer Entwicklung sind Kinder nicht immer in der Lage, ihre sprachlichen Kompetenzen zu einer effektiven
Kommunikation mit ihrer sozialen Umgebung zu nutzen. Betrachtet man die telegrafische Sprache, so fällt auf, dass
Kinder häufig auch Inhalte auslassen, die der Gesprächspartner zum Verständnis benötigt.
Egozentrismus des Sprachgebrauchs:
- Wissensstand des Gesprächspartners wird nicht berücksichtigt
- Gesprächsbeiträge sind nicht aufeinander bezogen
- Gegenpol: Sozialisierte Sprache (Berücksichtigung des Wissenstands, kognitiver Kompetenzen und emotionalem
Zustand des Gesprächspartners)
Weitere Kompetenzentwicklungen:
- Fähigkeiten, auf kompetente Weise ein Gespräch zu beginnen, aufrechtzuerhalten und zu beenden
4.15) Nennen Sie Vorteile und Probleme der bilingualen Sprachentwicklung!
Vorteile der bilingualen Sprachentwicklung:
Das Aufwachsen in zwei oder mehr Sprachkontexten ist in der Regel für Kinder nicht mit Nachteilen verbunden.
- Kenntnis einer (oder mehrerer) zusätzlicher Sprachen ohne besondere Anstrengungen
- ausgeprägtere kognitive Kompetenzen
- größere metalinguistische Fähigkeiten (Wissen über Sprache)
Probleme der bilingualen Sprachentwicklung:
- wenn die kognitiven Kompetenzen eines Kindes gering sind
- wenn das Kind keine Sprache richtig lernt
4.16) Nennen Sie Auswirkungen von Gehörlosigkeit auf die Sprachentwicklung!
Auswirkungen von Gehörlosigkeit auf die Sprachentwicklung:
Ein von Geburt an gehörloses Kind hat keine Möglichkeit, auf direktem Weg aus dem Sprachinput der sozialen Umwelt
eine Sprache zu erlernen.
Wenn auch die Eltern gehörlos sind, wachsen gehörlose Kinder in der Regel in einem Kontext auf, in dem die
Gebärdensprache zur Kommunikation eingesetzt wird.
Konsequenz:
Auch Gebärdensprache wird natürlich und ohne bewusste Anstrengung gelernt. Die Entwicklung erfolgt ebenfalls mit
einem „Plappern“ von Gebärden vor der Produktion der eigentlichen Sprachelemente.
Wird in der Umgebung jedoch nicht in Gebärdensprache kommuniziert, ist eine gezielte Frühförderung nötig!
5.1)
Unterscheiden Sie beim Selbst zwischen Selbstkonzept und Selbstwert!
Selbstkonzept:
Das Selbstkonzept besteht als kognitive Komponente des Selbst aus der Selbstwahrnehmung und dem Wissen um das,
was die eigene Person ausmacht.
Neben persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten, die man besitzt, gehören zu diesem Wissen auch Neigungen,
Interessen und typischen Verhaltensweisen.
Selbstwert:
Der Selbstwert resultiert als affektive Komponente des Selbst aus den Bewertungen der eigenen Person oder Aspekten,
die die eigene Person ausmachen.
Somit können sich die Bewertungen auf Persönlichkeitseigenschaften, Fähigkeiten oder aber auch auf das eigene
emotionale Erleben beziehen.
5.2)
Beschreiben Sie den frühen theoretischen Ansatz zum Selbstkonzept von William James!
Früher theoretischer Ansatz zum Selbstkonzept von William James
William James beschreibt das Selbst als duales Phänomen:
- Das Selbst als erkennendes Subjekt bezieht sich auf das unmittelbare Selbst-Erleben
- Das Selbst als erkennendes Objekt bezieht sich auf das Wissen um die eigene Person (Objekt des Erkenntnisgewinns)
a) Materielles Selbst (entspricht Körperselbstkonzept)
b) Spirituelles Selbst (entspricht Wissen über eigene Persönlichkeitseigenschaften und Einstellungen)
c) Soziales Selbst (entspricht Wissen über die Sicht anderer auf die eigene Person)
5.3)
Beschreiben Sie die frühen theoretischen Ansätze zum Selbstkonzept von Cooley und Mead!
Frühe theoretische Ansätze zum Selbstkonzept von Cooley und Mead
Cooley (symbolischer Interaktionismus):
- Annahme des Spiegelselbst (looking-glass self)
Das Selbst setzt sich zusammen aus den wahrgenommenen Zuschreibungen anderer zur eigenen Person
- es kommt also darauf an, was ich glaube, was andere über mich denken
Mead (symbolischer Interaktionismus):
- Annahme der Fähigkeit zur Perspektivübernahme
Die ist die zentrale kognitive Voraussetzung, um sich selbst aus der Sicht anderer wahrzunehmen
5.4)
Beschreiben Sie die frühen theoretischen Ansätze zum Selbstkonzept von Erikson und Marcia!
Frühe theoretische Ansätze zum Selbstkonzept von Erikson und Marcia
Die Entwicklung des Selbst in der Psychoanalyse ist ein von Konflikten belastetes Geschehen.
Erikson:
Entscheidend für die Entwicklung des Selbst sind die innerpsychischen Konflikte bzw. die Qualität ihrer Lösung.
- Identitätsbildung ist die zentrale Entwicklungsaufgabe des Jugendalters (aber prinzipiell ein lebenslanger Prozess)
Marcia:
Aufbauend auf den Arbeiten Eriksons befasste sich Marcia intensiv mit der Identitätsfindung, die anhand von zwei
Dimensionen (Auftreten einer Krise vs. Erleben einer inneren Verpflichtung) unterschieden werden können.
a) Diffuse Identität: Keine klare Vorstellung vom Selbst (Krise = 0; Verpflichtung = 0)
b) Übernommene Identität: Festlegen auf eine Identität, ohne Alterativen zu bedenken (Krise = 0; Verpflichtung = 1)
c) Moratorium: Abwägung unterschiedlicher Identitätsfestlegungen in einer Krise (Krise = 1; Verpflichtung = 0)
d) Erarbeitete Identität: Festlegung auf eine Identität am Ende einer Krise (Krise = 1; Verpflichtung = 1)
Verlauf:
Individuen können zwischen verschiedenen Stadien wechseln, ohne dass ein prototypischer Verlauf erkennbar ist.
- Stabilstes Stadium: Erarbeitete Identität
5.5)
Beschreiben Sie das hierarchische Selbstkonzeptmodell von Shavelson et al.!
Hierarchisches Selbstkonzeptmodell von Shavelson et al.
Shavelson et al. zählen folgende Eigenschaften des Selbstkonzeptes auf:
1. Selbstkonzept ist ein strukturiertes Gefüge, in welches sich alltägliche, selbstbezogene Informationen einfügen
2. Selbstkonzept ist mehrdimensional, setzt sich also aus unterschiedlichen Facetten des Selbst zusammen
3. Selbstkonzept ist hierarchisch organisiert
a) Unterste Ebene: Wahrnehmung konkreten Verhaltens in spezifischen Situationen
b) Mittlere Ebene: Schlussfolgerungen aus konkret beobachteten Verhaltensweisen in spezifischen Situationen
c) Weiter generalisierte Ebene: Unterscheidung von schulischem und nichtschulischem Selbstkonzept
d) Oberste Ebene: Globales Selbstkonzept
4. Je höher die Hierarchieebene, desto höher die Stabilität
5. Zunehmende Ausdifferenzierung im Laufe der Entwicklung
6. Bezüge zu Drittvariablen (dadurch prognostische Bedeutung des Selbstkonzepts)
5.6)
Beschreiben Sie das Zusammenwirken von Vergleichsprozessen beim Aufbau des Selbstkonzepts und gehen Sie
auf Geschlechtsunterschiede ein!
Zusammenwirken von Vergleichsprozessen beim Aufbau des Selbstkonzepts:
- Externaler Bezugsrahmen: Vergleiche mit anderen (interindividuell)
- Internaler Bezugsrahmen: Vergleiche der eigenen Leistungen miteinander (intraindividuell)
Mit dem I/E-Modell lässt sich erklären, warum schulische Leistungen zwar stark korrelieren können, die jeweiligen
fachspezifischen Selbstkonzepte jedoch nahezu unkorreliert sind.
Geschlechtsunterschiede:
Jungen und Mädchen unterscheiden sich nicht in ihren globalen Selbstkonzepten, aber:
- positiveres Selbstkonzept der Jungen in Mathematik und Physik
- positiveres Selbstkonzept der Mädchen bei Sprachen
 Erklärung: Mädchen sehen gute Leistungen in Mathe eher als Anstrengung und nicht als Begabung
5.8)
Beschreiben Sie den informationstheoretischen Ansatz des Selbstkonzepts von Filipp!
Informationstheoretischer Ansatz des Selbstkonzepts von Filipp:
Der informationstheoretische Ansatz geht davon aus, dass der Mensch ein aktiver Konstrukteur des eigenen Wissens
ist. Hierzu zieht er mehrere Informationsquellen heran, um Wissen aufzubauen und zu modifizieren.
Die Aufnahme, Verarbeitung und der Abruf der Informationen geschieht in vier Phasen:
1. Phase der Vorbereitung:
Diskrimination selbstbezogener Informationen (besondere Bereitschaft für deren Aufnahme)
2. Phase der Enkodierung:
Assimilation selbstbezogener Informationen (eher zum Erhalt des positiven Selbstwerts bzw. „passende“ Infos)
3. Phase der Speicherung:
Dauerhafte strukturelle Repräsentation der selbstbezogenen Informationen
4. Phase des Abrufs:
Durch Abruf der selbstbezogenen Informationen werden diese für konkrete Handlungsplanungen, -durchführungen
und -bewertungen relevant.
5.7)
Nennen Sie die fünf Quellen selbstbezogenen Wissens im informationstheoretischen Ansatz des
Selbstkonzepts!
Fünf Quellen selbstbezogenen Wissens im informationstheoretischen Ansatz des Selbstkonzepts:
- direkte Prädikatenzuweisungen durch andere Personen
- indirekte Prädikatenzuweisungen durch andere Personen
- komparative Prädikatenselbstzuweisung
- reflexive Prädikatenselbstzuweisung
- ideationale Prädikatenselbstzuweisung
Direkte Prädikatenzuweisungen durch andere Personen:
Informationen, die einem Individuum durch andere Personen in verbalen Interaktionen mitgeteilt werden.
Indirekte Prädikatenzuweisungen durch andere Personen:
Informationen, die aus dem Verhalten eines Interaktionspartners erschlossen bzw. interpretiert werden (müssen)
Komparative Prädikatenselbstzuweisung:
Informationen, die das Individuum durch den Vergleich mit anderen erhält.
Reflexive Prädikatenselbstzuweisung:
Informationen, die das Individuum aus der Beobachtung des eigenen Verhaltens erhält.
Ideationale Prädikatenselbstzuweisung:
Informationen, die das Individuum durch Nachdenken über die eigene Person erhält (prospektiv und retrospektiv)
Entwicklungsverlauf:
Im Entwicklungsverlauf gewinnen die Informationsquellen in der dargestellten Reihenfolge an Bedeutung
5.10) Beschreiben Sie die Entwicklung des Selbstkonzepts in der frühen Kindheit!
Entwicklung des Selbstkonzepts in der frühen Kindheit
Bereits mit drei Monaten:
- Unterscheidung des eigenen Gesichts von anderen (längere Betrachtung des eigenen Gesichts in Videoaufnahmen)
- Fähigkeit zur Differenzierung zwischen sich selbst und anderen
Ab der Mitte des 2. Lebensjahrs:
- Rouge-Test: Fähigkeit zur visuellen Selbsterkenntnis (Erkennen, dass der rote Punkt im Spiegel am eigenen Körper ist)
- zeitlich beginnt die Nutzung von Personalpronomina (Ich, Du etc.)
5.9)
Beschreiben Sie den Rouge-Test!
Rouge-Test:
Beim Rouge-Test bekommen Kinder einen Farbtupfer auf die Nase. Dann wird ihr Verhalten gegenüber dem eigenen
Spiegelbild untersucht.
Frage: Wie reagieren die Kinder auf den Farbtupfer?
Befunde:
- vor der Mitte des 2. Lebensjahrs reagieren Kinder gleich (egal ob mit oder ohne Farbtupfer)
- danach erfolgt ein rapider Anstieg des Berührens der eigenen Nase
- Zeitliche Extension ab 4. Lebensjahr:
Ein zeitversetzter Rouge-Test zeigt die Existenz eines autobiographischen Gedächtnisses und das Erleben des Selbst
als zeitlich invariante Entität
5.11) Beschreiben Sie die Entwicklung des Selbstkonzepts im Vorschulalter!
Entwicklung des Selbstkonzepts im Vorschulalter
Ab dem Vorschulalter ist es Kindern möglich, sich selbst als distinkte Einheit zu erkennen, die mit einer
Lebensgeschichte verbunden ist.
- Fähigkeit, sich selbst aus einer fremden Perspektive wahrzunehmen
a) Wahrnehmung der Diskrepanz zwischen Soll-Selbst und Real-Selbst
b) Auftreten negativer selbstbewusster Emotionen (z.B. Scham, Schuld) bei hoher Diskrepanz
- Im Vorschulalter ist das Selbstkonzept noch sehr unstrukturiert und eher durch sehr konkrete und beobachtbare
Selbstaspekte geprägt
a) „Alles-oder-Nichts“-Denken: Unmöglichkeit, gute und schlechte Eigenschaften zu besitzen
b) Überpositive Selbstbeschreibungen
5.12) Beschreiben Sie die Entwicklung des Selbstkonzepts im Schulalter!
Entwicklung des Selbstkonzepts im Schulalter:
Mit dem Eintritt in die Schule weitet sich das soziale Umfeld des Kindes stark auf die Gruppe der Gleichaltrigen aus.
-
zunehmend höhere Relevanz sozialer Vergleiche (komparative Prädikatenselbstzuweisung)
hohe Relevanz von Lehrern als Wissensquelle (indirekte Prädikatenzuweisung durch andere Personen)
durch soziale Vergleiche wird die Selbsteinschätzung realistischer
zunehmende Hierarchiebildung des Selbstkonzepts (erlaubt positive und negative Aspekte)
Fischteich-Effekt führt entweder zu gesteigertem oder gemindertem Fähigkeitsselbstkonzept
a) gesteigert durch Leistungen in einem Umfeld leistungsschwacher Kinder
b) gemindert durch Leistungen in einem Umfeld leistungsstarker Kinder
5.13) Beschreiben Sie die Entwicklung des Selbstkonzepts im Jugendalter!
Entwicklung des Selbstkonzepts im Jugendalter:
Das Jugendalter ist thematisch mit der Selbst- und Identitätsfindung verbunden.
-
Erhöhte Selbstaufmerksamkeit und Selbstreflexion
zunehmende Bedeutung von reflexiven und ideationalen Prädikatenselbstzuweisungen
Ergänzung des Selbstkonzepts durch vergangene und antizipierte Selbsterfahrungen
verstärkte Beschreibung des Selbst anhand von Persönlichkeitseigenschaften
eine starke Verbundenheit mit den Eltern begünstigt ein positives Selbstbild
- Balance zwischen Autonomie und Individuation auf der einen Seite
- Balance zwischen Verbundenheit und Identifikation auf der anderen Seite
Im Jugendalter erfolgt ebenfalls eine zunehmende Bedeutung des Körperselbstkonzepts:
a) Physische Attraktivität
b) Physische Kraft
c) Körperliche Fitness
d) Sportliche Kompetenz
Jungen erzielen in allen Bereichen höhere Werte als Mädchen
 unrealistische und überhöhte weibliche Schönheitsideale
 es gibt Zusammenhänge zwischen negativem Körperselbstbild und Depressionen/Essstörungen
5.14) Nennen Sie Einflussvariablen bei der Entwicklung des Selbstkonzepts!
Einflussvariablen bei der Entwicklung des Selbstkonzepts:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
Biologische Reife (Zeitpunkt des Einsetzens der Pubertät etc.)
Erwartungen der Eltern
Einstellungen gegenüber der Familie
Meinungen der Peergroup sowie Einstellungen gegenüber der Peergroup
Medienwirkungen (z.B. Körperbild)
Ökonomische Situation der Familie
Persönliche Probleme innerhalb der Familie
Physischer Zustand (z.B. Gesundheitszustand)
Religionszugehörigkeit (z.B. Minderheiten)
Schulische Anforderungen (z.B. überhöhte Anforderungen)
Schulische Möglichkeiten (z.B. besuchter Schultyp)
5.15) Beschreiben Sie den durchschnittlichen Entwicklungsverlauf des Selbstwerts!
Durchschnittlicher Entwicklungsverlauf des Selbstwerts:
Jüngere Kinder (im Vorschulalter) haben unrealistisch positiven Selbstwert. Danach erfolgt kontinuierliches Absinken
von der mittleren Kindheit bis zur Jugend.
Ursachen für das Absinken des Selbstwerts:
- zunehmend realistischere Selbstbeurteilung durch komparative Prädikatenselbstzuweisung
- zunehmende Bedeutung des Körperselbstkonzepts (vor allem im Jugendalter)
- Einbezug von Verhaltensgeneralisierungen in Form von Persönlichkeitseigenschaften (können auch negativ sein)
5.16) Beschreiben Sie die vier Verlaufsgruppen der Entwicklung des Selbstwerts mit Geschlechtsunterschieden!
Vier Verlaufsgruppen der Entwicklung des Selbstwerts:
- kontinuierlich steigend (mehr Jungen)
- kontinuierlich sinkend (20%, mehr Mädchen)
- stabil niedrig
- stabil hoch (48% aller Jugendlichen)
Gruppe mit stabilem Selbstwert:
- weniger anfällig für negative Gruppeneinflüsse
- weniger Devianz
- weniger Alkoholkonsum und -missbrauch
Gruppe mit kontinuierlich sinkendem Selbstwert:
- eher ungünstiger weiterer Entwicklungsverlauf nach zunächst hohem Selbstwert
- über das Jugendalter hinweg zeigt sich dann eine Stabilisierung des negativen Selbstkonzepts und Selbstwerts
 späte Kindheit und frühe Jugend sind der beste Zeitpunkt zur Intervention zur Verbesserung des Selbstwerts
6.1)
Beschreiben Sie die Bedeutsamkeit von Geschlechtsunterschieden anhand der Gegenüberstellung der Modelle
der Geschlechtsunterschiede und Geschlechtsähnlichkeiten!
Bedeutsamkeit von Geschlechtsunterschieden
Modell der Geschlechtsunterschiede:
Die beiden Geschlechtsgruppen unterscheiden sich in einer Vielzahl psychologischer Phänomene.
Modell der Geschlechtsähnlichkeiten:
Die beiden Geschlechtsgruppen weisen deutlich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede auf.
Meta-Analyse über 124 Studien zu Geschlechtsunterschieden:
- 78% der Effektgrößen sind klein oder nahe null (d < .35)
- unterstützt die Annahme, dass die Ähnlichkeiten wohl größer sind als die Unterschiede
- dennoch gibt es stark Unterschiede (z.B. motorische Fähigkeiten, soziales Verhalten)
6.2)
Beschreiben Sie Geschlechtsunterschiede in motorischen Fähigkeiten!
Geschlechtsunterschiede in motorischen Fähigkeiten:
- Jungen zeigen bereits ab dem 1. Lebensjahr ein deutlich höheres Aktivitätsniveau als Mädchen
- Aktivitätsniveau: Häufigkeit, Intensität und Dauer von Körperbewegungen (und Körperteilen)
- Jungen zeigen höhere Leistungen bei Aufgaben, die Körpergröße, Muskelkraft und Ausdauer erfordern
- Aber: Unterschiede anthropometrischer Maße (Fettanteil an Körpergewicht und Körpergröße) klären 50-100% Var.
- Mädchen zeigen höhere Leistungen bei Aufgaben, die Feinmotorik erfordern
- Aber: Unterschiede anthropometrischer Maße (Fingergröße, Fingerumfang) klären ebenfalls viel Varianz auf
6.3)
Beschreiben Sie Geschlechtsunterschiede in intellektuellen Fähigkeiten und gehen Sie auf Mittelwerts- und
Variabilitätsunterschiede ein!
Geschlechtsunterschiede in intellektuellen Fähigkeiten
Mädchen:
- bessere Leistungen im Bereich Biowissenschaften
- bedeutsame Leistungsvorteile in vielen sprachlichen Kompetenzen
- frühere und reibungslosere Sprachentwicklung, rascherer Zuwachs im Wortschatz, weniger Sprachstörungen
Jungen:
- bessere Leistungen in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern (besonders Physik, Chemie)
- bessere Leistungen in mathematischem Problemlösen (aber nicht beim Rechnen)
- bessere Leistungen in räumlichen Fähigkeiten (räumliche Wahrnehmung, mentale Rotation etc.)
Mittelwerts- und Variabilitätsunterschiede:
Studien zu Geschlechtsunterschieden gehen häufig auf nur Mittelwertsunterschiede ein, aber auch Varianz ist wichtig!
- Varianz bei Jungen ist 20% größer in mathematisch-naturwissenschaftlichen Leistungen
- Vorteil der Jungen vor allem im Bereich der überdurchschnittlichen Leistungen
- Mathematik (2:1), Naturwissenschaft (7:1)
6.4)
Beschreiben Sie Geschlechtsunterschiede in der Hilfsbereitschaft!
Geschlechtsunterschiede in der Hilfsbereitschaft
Bei Männern ist Hilfsbereitschaft stark kontextabhängig. Männer sind besonders hilfsbereit, wenn:
1. Hilfsbereitschaft nicht im Labor erfasst wird,
2. andere potentielle Helfe zugegen sind,
3. das Opfer weiblichen Geschlechts ist und
4. die Notlage offensichtlich ist.
Bei Frauen ist die Hilfsbereitschaft größer, wenn das Opfer seine Hilfsbedürftigkeit mitteilt
- Hilfsbereitschaft wird wiederum eher gegenüber Frauen, Freunden und Verwandten geäußert
Voraussetzung für Hilfeverhalten:
Sensitivität für das Ausdrucksverhaltens des Opfers (Sensitivität ist ab Kindheit beim weiblichen Geschlecht höher). Die
höhere Sensitivität von Frauen kann folgendermaßen erklärt werden:
- geschlechtstypische Erwartungen
- geschlechtsspezifische neurologische Reifung
- höhere Empathie (ist ebenfalls durch die beiden anderen Faktoren erklärbar)
6.5)
Beschreiben Sie Geschlechtsunterschiede in Aggressivität!
Geschlechtsunterschiede in Aggressivität
Jungen:
Deutliche und bereits früh zu beobachtende Geschlechtsunterschiede im Bereich physischer Aggression
- aber eher in westlichen Kulturen und somit nicht universell
Mädchen:
Stärkere Tendenzen im Bereich der indirekten/sozialen Aggression (Beschädigung des Selbstwerts/Beziehung anderer)
Geschlechtsuntypische Aggressionsformen:
Das vermehrte Zeigen von geschlechtsuntypischen Aggressionsformen steht mit stärkeren Anpassungsproblemen in
Zusammenhang.
6.6)
Nennen Sie vier biologische Faktoren zur Erklärung von Geschlechtsunterschieden!
Biologische Faktoren zur Erklärung von Geschlechtsunterschieden:
- chromosomale Einflüsse
- hormonelle Einflüsse
- Unterschiede in Gehirnstrukturen
- Unterschiede im Reifungstempo
6.7)
Beschreiben Sie chromosomale Einflüsse als biologischen Faktor zur Erklärung von Geschlechtsunterschieden!
Biologische Faktoren für Geschlechtsunterschiede - Chromosomale Einflüsse:
Eine X-rezessive Vererbung von Merkmalen kann in der Lage sein, Geschlechtsunterschiede aufzuklären. Die
Merkmalsausprägung erfolgt bei Männern auf jeden Fall, wenn das X-Chromosom das Merkmal enthält.
Bei Frauen erfolgt die Merkmalsausprägung nur auf jeden Fall, wenn die X-Chromosomen beider Elternteile das
entsprechende Allel enthalten.
Aber: Trotz Plausibilität kann die Erklärung von Geschlechtsunterschieden aufgrund einer X-rezessiven Vererbung nicht
aufrechterhalten werden (Replikationsversuche schlugen fehl).
6.8)
Beschreiben Sie hormonelle Einflüsse als biologischen Faktor zur Erklärung von Geschlechtsunterschieden!
Biologische Faktoren für Geschlechtsunterschiede - Hormonelle Einflüsse
Hormonelle Einflüsse in der pränatalen Entwicklung scheinen auf der Grundlage der Ergebnisse zahlreicher Studien
einen Einfluss vor allem auf geschlechtstypisches Verhalten zu haben.
Ein erhöhtes Niveau von Androgenen (z.B. Testosteron) steht in Verbindung mit Langzeiteffekten im Bereich
geschlechtstypischen Verhaltens.
- Tierversuche: weibliche Nagetiere zeigten später im hohen Maße Verhaltensweisen männlicher Nagetiere, wenn
direkt nach der Geburt hohe Mengen an Androgenen injiziert wurden.
- Humanbereich: Frauen zeigen männliche Aktivitäten, aggressive und unempathische Tendenzen sowie bessere
räumliche Fähigkeiten bei einer Fehlproduktion der Nebennierenrinde (Androgen statt Cortisol)
Fazit:
Vermutlich ist zumindest ein Teil der Geschlechtsunterschiede durch hormonellen Einfluss erklärbar.
6.9)
Beschreiben Sie Unterschiede
Geschlechtsunterschieden!
in
Gehirnstrukturen
als
biologischen
Faktor
zur
Erklärung
von
Biologische Faktoren für Geschlechtsunterschiede - Unterschiede in Gehirnstrukturen
Die Hemisphären des menschlichen Gehirns sind lateralisiert, d.h., sie sind hinsichtlich ihrer Funktion spezialisiert.
Während die linke Hirnhälfte bei verbalen und analytischen Verarbeitungsprozessen dominiert, zeigt sich dass die
rechte Hirnhälfte bei visuell-räumlichen und ganzheitlichen Verarbeitungsprozessen aktiv ist.
Männer neigen in visuell-räumlichen Aufgaben (z.B. mentale Rotation) stärker zu rechtshemisphärischer Verarbeitung
als Frauen, die eher bilaterale Gehirnaktivität zeigen.
 aber: bei sprachlichen Aufgaben konnte keine geschlechtsspezifische Lateralisation nachgewiesen werden
Empathizing-Systemizing-Theorie:
Diese postuliert einen Zusammenhang zwischen den Ausprägungen von empathischer und analytischer
Informationsverarbeitung und entsprechenden Unterschieden in Gehirnstrukturen.
a) Frauen zeigen höhere interhemisphärische Konnektivität
b) Männer zeigen höhere Neuronendichte im cerebralen Cortex
6.10) Beschreiben Sie Unterschiede
Geschlechtsunterschieden!
im
Reifungstempo
als
biologischen
Faktor
zur
Erklärung
von
Biologische Faktoren für Geschlechtsunterschiede - Unterschiede im Reifungstempo
Bereits bei Neugeborenen zeigt sich ein Reifungsvorsprung der Mädchen, der sich in einer Reihe von
Entwicklungsmerkmalen bis in das Jugendalter hinein manifestiert.
- Jugendliches Reifungstempo (Verhältnis Pubertätsstatus - Lebensalter) ermöglicht eine Einteilung in Früh-, Normativund Spätpubertierende
- Einteilung hat Einfluss auf soziales und emotionales Verhalten
Dies legt nahe, dass unterschiedliches Reifungstempo erklären kann. Insgesamt ist der Erklärungswert jedoch unklar, da
auch hormonelle und soziale Einflüsse denkbar sind.
6.11) Beschreiben Sie die operante
Geschlechtsunterschiede!
Konditionierung
(Bekräftigungstheorie)
als
Erklärungsansatz
für
Operante Konditionierung (Bekräftigungstheorie) als Erklärungsansatz für Geschlechtsunterschiede:
Die Bekräftigungstheorie geht davon aus, dass Geschlechtsunterschiede auf der Grundlage von Belohnung und
Bestrafung entstehen. Wenn ein identisches Verhalten in Abhängigkeit vom Geschlecht durch das soziale Umfeld
unterschiedlich bewertet wird, sollte die Auftretenswahrscheinlichkeit innerhalb der jeweiligen Geschlechtsgruppe
erhöht bzw. gesenkt werden.
Die Theorie macht folgende Annahmen:
1. Personen des sozialen Umfeldes erwarten von Jungen und Mädchen unterschiedliche Verhaltensweisen
2. Entsprechend den Erwartungen werden angemessene Verhaltensweisen verstärkt/belohnt und unangemessene
Verhaltensweisen ignoriert/bestraft
3. Als Folge: Erhöhte Auftretenswahrscheinlichkeit für geschlechtstypisches Verhalten
Gut bestätigt: Eltern haben unterschiedliche Erwartungen bzgl. des Verhaltens ihrer Söhne bzw. Töcher
Kaum bestätigt: Unterschiedliches Erziehungsverhalten (außer bei Spielverhalten)
Sozialisationsdruck bzgl. geschlechtskonformen Verhaltens:
- verlagert sich im Entwicklungsverlauf von Eltern auf Gleichaltrige
- vor allem bei Jungen übertrifft der Sozialisationsdruck durch Gleichaltrige häufige den Druck seitens der Eltern
6.12) Beschreiben Sie die Modelllernen
Geschlechtsunterschiede!
(Theorie
des
sozialen
Lernens)
als
Erklärungsansatz
für
Modelllernen (Theorie des sozialen Lernens) als Erklärungsansatz für Geschlechtsunterschiede:
Geschlechtstypisches Verhalten kann außerdem durch Modelllernen erworben werden.
Die Theorie macht folgende Annahme:
Es wird eine Ähnlichkeit zum eigenen Geschlecht wahrgenommen, daher erfolgt eine Nachahmung der
Verhaltensweisen gleichgeschlechtlicher Personen.
Problematik:
In den ersten Lebensjahren sind mehr weibliche Modelle verfügbar (Lehrerinnen, Erzieherinnen etc.), was das
Modelllernen für Jungen erschwert.
6.13) Beschreiben Sie die Kohlbergs Entwicklungstheorie der Geschlechtskonstanz als Erklärungsansatz für
Geschlechtsunterschiede!
Kohlbergs Entwicklungstheorie der Geschlechtskonstanz als Erklärungsansatz für Geschlechtsunterschiede:
Nach Kohlberg ist die Nachahmung gleichgeschlechtlicher Modelle die Folge eines kognitiven Entwicklungsprozesses,
der in drei aufeinanderfolgenden Stufen beschreiben wird.
1. Geschlechtsidentität (ab Mitte des 3. Lebensjahres):
Kinder sind sich im Klaren darüber, dass sie selbst einem von zwei möglichen Geschlechtern angehören und dass
dies auch für andere Personen gilt.
2. Geschlechtsstabilität (ab 3. bis 4. Lebensjahr):
Kinder gelangen zu der Erkenntnis, dass die Geschlechtsidentität eine bleibende Eigenschaft ist und dass die
Geschlechtszugehörigkeit in der Zukunft weiterhin Bestand hat.
3. Geschlechtskonstanz (ab Mitte des 5. Lebensjahrs):
Dies ist die Überzeugung, dass das Ändern der äußeren Erscheinung (z.B. durch Verkleidung) keinen Einfluss auf die
Stabilität des Geschlechts hat.
 Entscheidend: Fähigkeit zur Unterscheidung von Schein und Wirklichkeit
Beispiel:
- fragt man einen Dreijährigen, ob er eine Mutti werden könnte, so hält er dies für möglich
- ein Fünfjähriger würde dies dagegen verneinen
- ähnlich glauben jüngere Kinder, dass man das Geschlecht wechseln kann, indem man seine Kleidung wechselt
6.14) Beschreiben Sie das Schema-Verarbeitungsmodell von Martin & Halverson als Erklärungsansatz für
Geschlechtsunterschiede!
Schema-Verarbeitungsmodell von Martin & Halverson als Erklärungsansatz für Geschlechtsunterschiede
Das Schema-Verarbeitungsmodell differenziert zwei Schemata:
a) Allgemeines Geschlechtsschema
b) Eigengeschlechtliches Schema
Die Schemata werden ab dem 4. Lebensjahr entwickelt (Grundvoraussetzung: korrekte Geschlechtsbezeichnung)
Allgemeines Geschlechtsschema:
In diesem sind Informationen über männliche und weibliche Attribute gespeichert. Es dient zur Unterscheidung
zwischen männlich und weiblich und zur Differenzierung zwischen Geschlechtsmerkmalen.
Eigengeschlechtliches Schema:
Im eigengeschlechtlichen Schema werden die Geschlechtsattribute des allgemeinen Geschlechtsschemas auf das Selbst
übertragen, woraus sich eine Geschlechtsangemessenheit von Merkmalen und eine Höherbewertung des eigenen
Geschlechts ergeben.
6.15) Beschreiben Sie die Geschlechtsschema-Theorie von Bem als Erklärungsansatz für Geschlechtsunterschiede!
Geschlechtsschema-Theorie von Bem als Erklärungsansatz für Geschlechtsunterschiede:
Die Geschlechtsschema-Theorie nimmt an, dass ein Zusammenhang besteht zwischen
a) Grad der Geschlechtstypisierung (Ausmaß der Femininität bzw. Maskulinität) und
b) Verarbeitung von sozialen Informationen
Der Grad der Geschlechtstypisierung erhöht die Tendenz, soziale Informationen nach der Geschlechtskategorie zu
klassifizieren und zu verarbeiten. Den Grad der Geschlechtstypisierung erfasste Bem mit Fragebogenitems.
Geschlechtstypisierung aufgrund von Maskulinität und Femininität nach Bem:
1.
2.
3.
4.
Femininität = niedrig, Maskulinität = niedrig: undifferenziert
Femininität = hoch, Maskulinität = niedrig: feminin
Femininität = niedrig, Maskulinität = hoch: maskulin
Femininität = hoch, Maskulinität = hoch: androgyn
Grad der Maskulinität steht im Zusammenhang zu:
- höherem globalen Selbstwert
- höherem körperlichen Selbstkonzept
- höherer schulischer Kompetenzerwartung
Grad der Femininität steht im Zusammenhang zu:
- Folgsamkeit gegenüber Erziehungspersonen (selbstberichtet)
6.16) Erklären Sie den Begriff der Geschlechtsrollenpräferenz!
Geschlechtsrollenpräferenz:
Die Geschlechtsrollenpräferenz bezieht sich auf
a) Grad der Bevorzugung bzw. Ablehnung von Geschlechtsrollenmerkmalen
b) Höherbewertung spezifischer Geschlechtsrollenmerkmale
Die Erfassung der Geschlechtsrollenpräferenz erfolgt durch Wahlentscheidungen von Kindern zwischen verbal, visuell
oder real dargebotenen Spielzeugen oder Spielaktivitäten, die in unterschiedlichem Maße geschlechtstypisiert sind (z.B.
Autos und Lego-Technik vs. Puppenhäuser und Haushaltsutensilien)
Entwicklung der Geschlechtsrollenpräferenz:
- Zunahme des Ausmaßes bis zum Grundschulalter
- Ausmaß der Geschlechtsrollenpräferenz ist bei Jungen höher (gilt auch für die Wahl des Spielpartners)
Widerspruch gegenüber den Annahmen der Schematheorien:
- bereits 9-monatige Säuglinge zeigen eine Geschlechtsrollenpräferenz (obwohl noch keine Geschlechtsidentität)
- zu diesem Zeitpunkt liegen eher noch keine Geschlechtsschemata vor
6.17) Nennen Sie Merkmale der Tendenz zur Geschlechtertrennung (bzw. Spielpartnerpräferenz)!
Merkmale der Tendenz zur Geschlechtertrennung (bzw. Spielpartnerpräferenz):
- nahezu universell beobachtbar
- durch die Kinder selbst initiiert (durch äußere Einflüsse wie Eltern und Lehrer kaum zu verändern)
- Erklärung: vorrangig aufgrund unterschiedlicher Spiel- und Interaktionsstile (z.B. stärkere Neigung zu körperlich
aktivem und aggressivem Spielen bei Jungen)
6.18) Erklären Sie Geschlechtsrollenstereotype!
Geschlechtsrollenstereotype:
Unter Geschlechtsrollenstereotypen versteht man subjektive Vorstellungen und Konzepte von Merkmalsausprägungen,
gekoppelt mit unterschiedlichen Auftretenswahrscheinlichkeiten in den Geschlechtsgruppen.
Entwicklungssequenz bei Geschlechtsrollenstereotypen:
1. Unkenntnis (mangelnde Kenntnis von Stereotypen)
2. Rigide Zuordnung (starre Zuordnung von Merkmalen zu den jeweiligen Geschlechtsgruppen)
3. Flexible Zuordnung (flexible Zuordnung von Merkmalen nach Auftretenswahrscheinlichkeiten in den jeweiligen
Geschlechtsgruppen)
Das Stadium der flexiblen Zuordnung wird ca. mit dem 7. bis 8. Lebensjahr erreicht.
7.1)
Beschreiben Sie die soziale Entwicklung aus lerntheoretischer Sicht!
Soziale Entwicklung aus lerntheoretischer Sicht:
Behavioristische Lerntheorien gehen davon aus, dass Individuen sich jegliches Verhalten auf der Basis grundlegender
Lernmechanismen aneignen.
Elterliches Verhalten ist aus lerntheoretischer Sicht die zentrale Wirkgröße für die soziale Entwicklung des Kindes.
- durch Modelllernen und Verstärkungslernen
- durch Instruktionen
- durch Anbieten von Sozialisationsgelegenheiten
7.2)
Beschreiben Sie die soziale Entwicklung aus psychoanalytischer Sicht!
Soziale Entwicklung aus psychoanalytischer Sicht:
Eine zweite theoretische Position, die die Rolle des elterlichen Verhaltens für die soziale Entwicklung stark hervorhebt,
ist die Psychoanalyse.
Rolle der Eltern bei Freud:
- Eltern sorgen für eine angemessene Bedürfnisbefriedigung (zu geringe/übermäßige Befriedigung führt zu Fixation)
- Eltern sorgen für eine angemessene Entwicklung des Über-Ichs (angemessenes Maß der Internalisierung von Normen)
Rolle der Eltern bei Erikson:
- Eltern unterstützen Kinder bei der Befriedigung ihrer Bedürfnisse in den einzelnen Entwicklungsphasen
- Eltern unterstützen Kinder bei der Lösung von Entwicklungsaufgaben
- Eltern unterstützen den Prozess der Individuation
7.3)
Beschreiben Sie die soziale Entwicklung aus kognitionspsychologischer Sicht!
Soziale Entwicklung aus kognitionspsychologischer Sicht:
Aus kognitionspsychologischer Sicht spielt das elterliche Verhalten zwar eine Rolle bei der sozialen Entwicklung, es wird
aber besonders stark die aktive Rolle des Kindes in seiner Entwicklung betont.
Zentrale Konzepte sind:
- Perspektivübernahme (Selman)
- Theory of Mind
- Soziales Problemlösen
7.4)
Beschreiben Sie die Rolle der Perspektivübernahme (Selman) bei der sozialen Entwicklung!
Rolle der Perspektivübernahme (Selman) bei der sozialen Entwicklung:
Selman geht davon aus, dass jüngere Kinder in ihrem sozialen Handeln deswegen wenig Verständnis für andere und
deren Bedürfnisse haben, weil sie deren Perspektive nicht einnehmen können.
Er geht davon aus, dass Kinder bei der Entwicklung der Perspektivübernahme 5 Phasen von der Kindheit bis zur
Adoleszenz durchlaufen.
0. Egozentrische Perspektive (3-6 Jahre):
Kein Bewusstsein darüber, dass es eine andere Perspektive als die eigene geben kann. Außer kein Bewusstsein darüber,
dass es andere Wünsche als die eigenen geben kann.
1. Sozial-informationale Rollenübernahme (6-8 Jahre):
Bewusstsein unterschiedlicher Perspektiven, die aufgrund unterschiedlicher Situationen oder Informationen der
Beteiligten entstehen.
2. Selbstreflektive Rollenübernahme (8-10 Jahre):
Bewussstsein, dass jeder über die eigene und fremde Perspektiven nachdenken kann und dass dies die gegenseitige
Wahrnehmung beeinflusst.
3. Wechselseitige Rollenübernahme (10-12 Jahre):
Fähigkeit, aus einer Zwei-Personen-Dyade herauszutreten und deren Perspektiven aus der Sicht einer dritten Person
wahrzunehmen und zu beurteilen.
4. Rollenübernahme im Rahmen eines sozialen Systems (ab 12 Jahren):
Erkenntnis, dass eine gegenseitige Perspektivübernahme nicht immer zu einem völligen Verständnis führt. Als
Konsequenz sind soziale Konventionen zur Regelung des Zusammenlebens notwendig.
7.5)
Beschreiben Sie die Rolle der Theory of Mind bei der sozialen Entwicklung!
Rolle der Theory of Mind bei der sozialen Entwicklung:
Auch im Ansatz der „Theory of Mind“ geht man davon aus, dass Kinder lernen, die internen Zustände, Gefühle,
Gedanken, Wünsche, Absichten und Überzeugungen anderer Personen zu erschlißene. Diese Fähigkeit entwickelt sich
zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr (deutlich früher als in Selmans Modell).
Theory of Mind:
Die Theory of Mind bezieht sich auf das Verständnis für das Funktionieren des menschlichen Verstandes. Kinder
entwickeln demnach subjektive Theorien über das Funktionieren des Verstandes und dessen Einfluss auf das Verhalten.
Nachweis anhand „falscher Überzeugungen“:
- Kindern wird eine Schachtel Smarties gezeigt
- Anschließende Frage: „Was befindet sich in der Schachtel?“
- Kinder vermuten Smarties
- Tatsächlicher Inhalt wird gezeigt (nämlich Bleistifte)
- Frage, was ein anderes Kind glauben würde, was in der Schachtel wäre
Beispiel:
- 5-Jähriges Kind: Andere Kinder würden davon ausgehen, dass Smarties in der Schachtel sind
- 3-Jähriges Kind: Andere Kinder würden davon ausgehen, dass Bleistifte in der Schachtel sind
 3-Jährige Kinder können nicht zwischen dem eigenen Wissen und dem eines anderen Kindes unterscheiden
Wissenswertes:
- Entwicklung der Theory of Mind korreliert mit
a) schulischer Anpassung
b) sozialer Kompetenz
c) Status in der Gruppe der Gleichaltrigen
7.6)
Beschreiben Sie die Rolle des Prozessmodells sozialen Problemlösens bei der sozialen Entwicklung!
Rolle des Prozessmodells sozialen Problemlösens bei der sozialen Entwicklung:
Das Prozessmodell sozialen Problemlösens stellt kognitive Verzerrungen in den Vordergrund, um aggressives und
antisoziales Verhalten zu erklären. Kognitive Verzerrungen spiegeln sich bspw. im feindseligen Attributionsfehler
wider.
Feindseliger Attributionsfehler:
Dies ist eine Form der kognitiven Verzerrung. Aggressive Kinder neigen dazu, Verhalten anderer Personen als feindselig
zu interpretieren (vor allem dann, wenn keine eindeutigen Hinweise auf die Verhaltensintention vorliegen). Darüber
hinaus werden in sozialen Situationen aggressive Hinweise kodiert.
 darauf folgende Zurückweisungen anderer Kinder werden als Bestätigung der eigenen verzerrten Wahrnehmung
gesehen (Teufelskreis)
7.7)
Beschreiben Sie die Rolle des systemorientierten Modells von Bronfenbrenner bei der sozialen Entwicklung
(ökopsychologischer Ansatz)!
Rolle des systemorientierten Modells von Bronfenbrenner bei der sozialen Entwicklung (ökopsychologischer Ansatz)
Das systemorientierte Modell von Bronfenbrenner beschreibt die soziale Entwicklung im Kontext der sozialen Systeme,
in die sie eingebettet ist.
Einflüsse auf das Kind erfolgen aus verschiedenen Systemebenen, wobei die Rolle des aktiven Kindes betont wird, das
seinerseits auch auf die verschiedenen Systemebenen zurückwirkt.
-
Mikrossystem (Familie, Schule, Arbeitsplatz)
Mesosystem (Schule und Elternhaus)
Exosystem (Freunde der Eltern etc.)
Makrosystem (Kulturelle Werte einer Gesellschaft)
Chronosystem (Weiterentwicklung aller Systeme über die Zeit)
Es wird ebenfalls durch das Chronosystem die Veränderung der Einflüsse und Rückwirkungen über die Zeit
berücksichtigt. So wird z.B. das Mikrosystem im Laufe der Entwicklung immer komplexer, wenn mehr außerfamiliäre
Beziehungen eingegangen werden.
7.8)
Beschreiben Sie die Rolle der Bindungqualität bei der sozialen Entwicklung!
Rolle der Bindungsqualität bei der sozialen Entwicklung
1. Sichere Bindung (positive Folgen für die Entwicklung):
- selbstsichere Auseinandersetzung mit neuen sozialen Anforderungen
- viel prosoziales Verhalten, soziale Kompetenz, qualitativ hochwertige Freundschaften etc.
2. Unsichere Bindung (uneindeutige Folgen für die Entwicklung)
3. Desorganisierte Bindung (führt zu aggressiven und antisozialen Verhaltensweisen)
- in der Adoleszenz zeigen sich Zusammenhänge zu delinquentem Verhalten, psychischer Belastung und Gewalt
7.9)
Beschreiben Sie die Rolle der Monotropieannahme bei der sozialen Entwicklung!
Rolle der Monotropieannahme bei der sozialen Entwicklung
Monotropieannahme:
Bowlby geht in seiner Monotropieannahme davon aus, dass ein Säugling seine Bindung auf eine zentrale Bezugsperson
ausrichtet (meist die Mutter). Damit wird der Mutter-Kind-Bindung eine ausdrückliche Exklusivität zugeschrieben.
Konzept der multiplen Bindung (heute stärker vertreten):
Dieses berücksichtigt neben der Mutter-Kind-Bindung auch weitere Bindungen (z.B. Bindung zum Vater). Dennoch gibt
es Unterschiede in Häufigkeit und Interaktion zwischen Vater und Mutter.
- Mütter übernehmen eher pflegerische Tätigkeiten (Essenszubereitung, Arztbesuche, täglicher Schulbesuch)
- Väter übernehmen eher spielerische Tätigkeiten (körperbetonte Tätigkeiten etc.)
7.10) Beschreiben Sie die Rolle des elterlichen Erziehungsstils bei der sozialen Entwicklung!
Rolle des elterlichen Erziehungsstils bei der sozialen Entwicklung:
Unter Erziehungsstil versteht man die Gesamtheit der bewussten und unbewussten Verhaltensweisen, die im Rahmen
der elterlichen Sozialisation auftreten.
Baumrind unterschiedet vier Erziehungsstile anhand zwei Dimensionen (Responsivität und Lenkung)
a) Lenkung = Ausmaß an elterlicher Kontrolle und Anforderung
b) Responsivität = Ausmaß an elterlicher Wärme, Unterstützung und Toleranz
1.
2.
3.
4.


Autoritär (Lenkung = hoch, Responsivität = niedrig)
Autoritativ (Lenkung = hoch, Responsivität = hoch)
Permissiv (Lenkung = niedrig, Responsivität = hoch)
Vernachlässigend (Lenkung = niedrig, Responsivität = niedrig)
autoritativer Erziehungsstil gilt als Schutzfaktor (hohes Maß an intellektueller/sozialer Kompetenz u. Selbstkontrolle)
andere Erziehungsstile: schwache soziale Kompetenz, Aggression und mangelnde Impulskontrolle
Elterliches Monitoring:
Das elterliche Monitoring ist eine wichtige Maßnahme des Erziehungsverhaltens. Es bezieht sich auf Informiertheit über
Aufenthalt, Aktivitäten und Befinden des Kindes. Mögliche Einflussgrößen auf die soziale Entwicklung sind
a) Kontrollverhalten der Eltern
b) Aktive Suche der Eltern nach Informationen
c) Bereitschaft der Kinder, sich den Eltern mitzuteilen
Inadäquates Monitoring hängt zusammen mit:
- antisozialem Verhalten
- delinquentem oder kriminellem Verhalten, Kontakt mit devianten Gleichaltrigen
- schlechten Schulleistungen
- Substanzmissbrauch
7.11) Beschreiben Sie die Rolle von Trennung und Scheidung bei der sozialen Entwicklung!
Rolle von Trennung und Scheidung bei der sozialen Entwicklung:
Ein tiefer Einschnitt für die soziale Entwicklung eines Kindes kann mit der Trennung bzw. Scheidung der Eltern
verbunden sein.
Ausmaß von Effekten ist abhängig von:
- Ausmaß des elterlichen Stresserlebens
- Fortdauer elterlicher Konflikte
- Qualität der Beziehung des Kindes zum getrennt lebenden Elternteil
Mögliche Folgen für Kinder:
- negative Effekte auf schulische Leistungen
- erhöhtes eigenes Scheidungsrisiko im späteren Erwachsenenalter
- geringere psychische Anpassungleistungen
- negativeres Selbstkonzept
Wichtige Effekte in Abhängigkeit vom Alter des Kindes:
- Kleinkindalter: Auswirkungen auf die Bindungsqualität
- Kindheit: Selbstbeschuldigungen
- Jugendalter: Folgen für eigene Beziehungen (besonders langfristige Folgen)
7.12) Beschreiben Sie die Rolle von Geschwisterbeziehungen bei der sozialen Entwicklung!
Rolle von Geschwisterbeziehungen bei der sozialen Entwicklung:
Die Geburt eines zweiten Kindes führt vor allem für das erstgeborene Kind zumindest vorübergehend zu Belastungen
(Verlagerung der Aufmerksamkeit der Eltern auf das neue Kind).
Das Ausmaß der kindlichen Belastungen ist abhängig von:
- Ausmaß des mütterlichen Stresserlebens
- Ausmaß elterlicher Konflikte
- Vorbereitung des Kindes auf die Geburt/das Ereignis
- Einbindung des Kindes in die neuen Aufgaben und Aktivitäten
Einflussfaktoren auf die Qualität von Geschwisterbeziehungen:
- autoriativer Erziehungsstil und sichere Eltern-Kind-Bindung sind günstig
- schwieriges Temperament der Geschwisterkinder ist ungünstig
- „Spill-over-Hypothese“: Elterliche Konflikte können sich negativ auf Geschwisterbeziehungen auswirken
(„überschwappen“)
Sozialisationsfunktionen von Geschwistern:
- Betreuungsfunktion
- Lernfunktion
- Pionierfunktion (initiieren Prozesse für Verhaltensweisen, die Erstgeborene selbst mit den Eltern ausringen mussten)
- Regulationsfunktion (z.B. Umgang mit Aggressionen)
Folgen von Rivalität und Streit:
- kann langfristige Folgen haben (sagt Ängstlichkeit, Delinquenz und depressive Symptome vorher)
- Studien zeigen eine kausale Bedeutsamkeit
7.13) Beschreiben Sie die Rolle von Beziehungen zu Gleichaltrigen in der Kindheit bei der sozialen Entwicklung!
Rolle von Beziehungen zu Gleichaltrigen in der Kindheit bei der sozialen Entwicklung:
Der Kontakt zu Gleichaltrigen ermöglicht dem Kind Sozialerfahrungen, die über die Lernerfahrungen um familiären
System hinausgehen.
Das Charakteristikum vom Beziehungen zu Gleichaltrigen:
- Gleichberechtigung
- Kooperation
- Symmetrie
Wichtige Funktionen von Gleichaltrigenbeziehungen:
- Entwicklung des Selbstbides (durch soziale Vergleiche)
- Entwicklung von Konfliktlösungsstrategien
- Soziale Unterstützung
Im Kindesalter sind eher Dominanzhierarchien erkennbar (z.B. im Kindergarten).
7.14) Definieren Sie den Begriff „soziometrischer Status“ und unterscheiden Sie die fünf unterscheidbaren Gruppen!
Soziometrischer Status:
Dieser ist definiert als das Ausmaß, in dem Kinder von der Gruppe der Gleichaltrigen gemocht werden. Wesentliche
Faktoren, die zum soziometrischen Status beitragen, sind
a)
b)
c)
d)
Körperliche Attraktivität
Selbstbezogene Kognitionen
Sozialverhalten (im Alter zunehmend die soziale Kompetenz)
Sportliche Fähigkeiten
Fünf unterscheidbare Gruppen beim soziometrischen Status:
a) Beliebte Kinder
b) Aggressiv-abgelehnte Kinder
c) Verschlossen-abgelehnte Kinder
d) Ignorierte Kinder
e) Kontroverse Kinder
7.15) Beschreiben Sie die Messung des soziometrischen Status!
Messung des soziometrischen Status:
Die Messung des soziometrischen Status dient der Erstellung eines Soziogramms. In einem Soziogramm sind
Beziehungen von Gleichaltrigen abgetragen. Man erfährt dadurch, wie beliebt oder abgelehnt die damit erfassten
Kinder sind.
a) Anzahl der Wahlen
b) Anzahl der Ablehnungen
Das Soziogramm gibt zusätzlich Aufschluss darüber, in welchen Beziehungen die Kinder zueinander stehen (also wer
wen gewählt bzw. abgelehnt hat).
Typische Fragen zur Erfassung:
- „Mit wem würdest du gerne in den Urlaub fahren?“
- „Neben wem würdest du gerne in der Schule sitzen?“
Probleme:
- Soziogramme können für die Beteiligten sehr belastend sein (Kind wird mit dem Status in der Gruppe konfrontiert)
- vor allem Kinder mit Außenseiterrollen können Beeinträchtigungen im Selbstwertgefühl erhalten
7.16) Beschreiben Sie die Rolle von Freundschaften in der Kindheit bei der sozialen Entwicklung!
Rolle von Freundschaften in der Kindheit bei der sozialen Entwicklung
Freundschaften haben viele positive Langzeitfolgen, birgen aber auch Entwicklungsrisiken (bei delinquenten Peers)
Vorschulalter:
- Spielpartnerschaft steht im Vordergrund
Erste Schuljahre:
- Perspektivübernahmefähigkeit führt zur Entdeckung gemeinsamer Interessen und stabilen Freundschaften
Aber: „Schönwetterfreundschaft“, die leicht zerbrechen kann
Weitere Entwicklung:
- Zunehmende Bedeutung von wechselseitigem Vertrauen und Unterstützung
- Entwicklung stabiler Vertrauensbeziehungen
7.16) Beschreiben Sie die Rolle der Eltern-Kind-Beziehung im Jugendalter bei der sozialen Entwicklung!
Rolle der Eltern-Kind-Beziehung im Jugendalter bei der sozialen Entwicklung
In der Adoleszenz bekommt das Thema Autonomie einen besonderen Stellenwert.
- Zunahme von Konflikten
- Zunahme des Autonomiebestrebens
- Zunahme der wahrgenommenen sozialen Unterstützung
- Zunahme der wahrgenommenen elterlichen Kontrolle
- Zunahme von Gleichberechtigung und Gegenseitigkeit
Günstig ist im Jugendalter vor allem ein autoritativer Erziehungsstil:
- Angebot von Wärme und Unterstützung
- Verhandlung über akzeptierte Verhaltensweisen (mit reduzierter Kontrolle und Reglementierung)
7.17) Beschreiben Sie die Rolle von Beziehungen zu Gleichaltrigen in der Jugend bei der sozialen Entwicklung!
Rolle von Beziehungen zu Gleichaltrigen in der Jugend bei der sozialen Entwicklung:
Jugendliche widmen sich mit zunehmendem Alter mit weniger Zeit den Aktivitäten mit den Familienmitgliedern. Dafür
werden die Beziehungen zu den Gleichaltrigen entsprechend wichtiger.
Positive Effekte:
- Gelegenheit, das eigene Selbst zu entdecken
- Grundlage für spätere intime Beziehungen
- Möglichkeit zum Austausch mit anderen über Probleme und Anforderungen
Es sind jedoch auch negative Einflüsse möglich. Dafür gibt es u.a. zwei Erklärungen:
a) Selektionseffekte: Jugendliche mit ungünstigen Eigenschaften wählen sich ähnliche Jugendliche als Freunde
b) Kausaleffekte: Jugendliche kommen mit anderen Jugendlichen zusammen, die sie negative beeinflussen
 Längsschnittstudien legen eher Kausaleffekte nahe
7.18) Beschreiben Sie den Ausblick auf die soziale Entwicklung im Erwachsenenalter!
Ausblick auf die soziale Entwicklung im Erwachsenenalter:
Im Erwachsenenalter stehen Jugendliche ihren Eltern wieder offener gegenüber, die Anzahl der Freunde reduziert sich
deutlich und es besteht eine hohe Relevanz für eine partnerschaftliche Beziehung.
Die Geburt eines Kindes führt zu erneuten Veränderungen des sozialen Netzwerks.
Faktoren, die die Stabilität und Zufriedenheit in Partnerschaften beeinflussen:
- Angemessene Coping-Strategien
- Art der Wahrnehmungs- und Attributionsmuster
- Kommunikationsverhalten
8.1)
Unterscheiden Sie die zwei Stufen moralischen Urteilens nach Jean Piaget!
Zwei Stufen moralischen Urteilens nach Jean Piaget:
- heteronome Moral
- autonome Moral
Heteronome Moral:
- Gehorsamkeit gegenüber Autoritäten
- Starres Festhalten an übernommenen Regeln und Normen
- Unzureichende Berücksichtigung der Verhaltensintention bei moralischen Urteilen
 Kinder im Stadium der heteronomen Moral würden bei Urteilen eher den entstandenen Schaden beachten
Autonome Moral:
- Realisierung, dass Regeln und Normen aushandelbar und veränderbar sind
- Berücksichtigung der Verhaltensintention bei moralischen Urteilen
 Kinder im Stadium der autonomen Moral würden bei Urteilen eher die Absicht des Handelnden beachten
Begünstigende Faktoren für Entwicklung von Moral:
- kognitive Entwicklung (vor allem Perspektivübernahmefähigkeit)
- Erfahrung sozialer Gleichheit in der Gruppe der Gleichaltrigen (dadurch Aushandelbarkeit von Regeln)
8.2)
Wie kann man messen, ob Kinder im Stadium der heteronomen oder autonomen Moral sind?
Messung des moralischen Stadiums (heteronom/autonom):
- Verhaltensbeobachtung von Kindern beim Spielverhalten (erkennbares Regelverständnis)
- Geschichten mit Variation von Schadenshöhe und Verhaltensintention
Vorgehen:
- Kindern wird eine Geschichte erzählt mit
a) Kleiner Schaden, negative Handlungsintention
b) Großer Schaden, neutrale oder positive Handlungsintention
 Jüngere Kinder urteilen eher nach der Schadenshöhe (heteronome Moral)
 Ältere Kinder urteilen eher nach der Verhaltensintention (autonome Moral)
8.3)
Beschreiben Sie das Stufenmodell des moralischen Urteils nach Kohlberg!
Stufenmodell des moralischen Urteils nach Kohlberg:
Während im Modell von Piaget mit dem Erreichen des Stadiums der autonomen Moral der Endpunkt der Entwicklung
des moralischen Denkens erreicht ist, konzipiert Kohlberg die Entwicklung als ein lebenslanges Geschehen.
Die einzelnen Stufen sind jeweils auf bestimmte Stufen der Perspektivübernahmefähigkeit bezogen. Somit erhöht sich
das Niveau im moralischen Urteil mit dem Niveau der Perspektivübernahmefähigkeit.
Stufenmodell:
a) Präkonventionelles Stadium (individuelle Perspektive)
1) Orientierung an Strafe und Gehorsam
2) Orientierung am Kosten-Nutzen-Prinzip und Bedürfnisbefriedigung
b) Konventionelles Stadium (Gruppenperspektive)
3) Orientierung an interpersonellen Beziehung und Gegenseitigkeit
4) Orientierung am Erhalt der sozialen Ordnung
c)
Postkonventionelles Stadium (Prinzipien, allgemeine Regeln)
5) Orientierung an den Rechten aller als Prinzip
6) Orientierung an universellen ethischen Prinzipien
8.4)
Beschreiben Sie das Heinz-Dilemma und geben Sie für jede Stufe von Kohlbergs Modell eine Beispielantwort!
Heinz-Dilemma nach Kohlberg:
Beim Heinz-Dilemma steht der verheiratete Heinz vor einem Dilemma. Seine Frau ist todkrank und es existiert ein neues
Medikament zur Rettung, welches ein Apotheker entwickelt hat. Da die Entwicklung hohe Kosten verursacht hat,
argumentiert der Apotheker, Heinz das Medikament nicht günstiger überlassen zu können. Heinz, der den Preis nicht
aufbringen kann, überlegt, in die Apotheke einzubrechen um das Medikament zu stehlen.
 Kinder sollen Heinz‘ Verhalten beurteilen und ihr Urteil begründen
 Die Antworten geben Aufschluss über die moralische Stufe des Kindes
Beispielantworten:
a) Präkonventionelles Stadium
1) Orientierung an Strafe und Gehorsam
 Heinz sollte das Medikament nicht stehlen. Wenn er es stiehlt, kommt er ins Gefängnis.
2) Orientierung am Kosten-Nutzen-Prinzip und Bedürfnisbefriedigung
 Heinz sollte das Medikament stehlen, damit seine Frau weiter für ihn kochen kann.
b) Konventionelles Stadium
3) Orientierung an interpersonellen Beziehungen und Gegenseitigkeit
 Heinz sollte das Medikament stehlen, da man Menschen helfen muss, die man liebt.
4) Orientierung am Erhalt der sozialen Ordnung
 Heinz sollte das Medikament nicht stehlen, da man für einen Mensch nicht das Gesetz brechen sollte.
c)
Postkonventionelles Stadium
5) Orientierung an den Rechten aller als Prinzip
 Jeder Mensch hat bestimmte Rechte. Man muss die verschiedenen Rechte abwägen und dann entscheiden.
6) Orientierung an universellen ethischen Prinzipien
 Heinz sollte das Medikament stehlen, da ein Menschenleben mehr zählt als alles andere.
8.5)
Beschreiben Sie das Alternativmodell zum Kohlberg-Modell der Moralentwicklung von Gilligan!
Alternativmodell zum Kohlberg-Modell von Gilligan:
Nach Gilligan repräsentiert der Begriff der Gerechtigkeitsmoral in Kohlbergs Stufenmodell nur die maskuline Form des
Moralverständnisses während die feminine Form des Moralverständnisses (Fürsorgemoral) unberücksichtigt bleibt.
Fürsorgemoral:
Wenn ein Urteil sich an Empathie oder gegenseitiger Fürsorge orientiert, folgt es einer Fürsorgemoral.
 mit diesem Konzept sollten Geschlechtsunterschiede in moralischen Urteilen erklärt werden können
 Aber: es zeigen sich keine Befunde zugunsten Gilligans Alternative
8.6)
Beschreiben Sie die Theorie sozialer Konventionen von Turiel!
Theorie sozialer Konventionen von Turiel:
Turiel geht davon aus, dass Individuen soziale Situationen auf der Grundlage unterschiedlicher Bereiche sozialer Urteile
klassifizieren. Somit können soziale Situationen auftreten, die vom Individuum gar nicht als „moralisch relevant“
betrachtet werden und demnach auch nicht im Bereich moralischer Urteile klassifiziert werden.
Unterscheidung zwischen:
- Moralischen Urteilen
- Sozial-konventionellen Urteilen
- Persönlichen Urteilen
Moralische Urteile: sind auf moralische Werte bezogen
Sozial-konventionelle Urteile: sind auf soziale Regeln bezogen
Persönliche Urteile: sind auf individuelle Vorlieben bezogen
Sozial-konventionelle Urteile dienen eher der Regelung des Zusammenlebens (im Gegensatz zu moralischen Urteilen)
und haben einen stärkeren verpflichtenden Charakter als persönliche Urteile, die eher individuelle Präferenzen zum
Ausdruck bringen.
8.7)
Beschreiben Sie den affektiven Ansatz zur Moral von Freud!
Affektiver Ansatz zur Moral von Freud:
Nach Freud stehen am Anfang der Entwicklung Es-Impulse zur Bedürfnisbefriedigung im Vordergrund. Die Eltern haben
in der Entwicklung nicht nur die Aufgabe, für Bedürfnisbefriedigung zu sorgen, sondern auch durch Bestrafung die
Sozialisation des Kindes im Sinne der Beherrschung der Bedürfnisse zu übernehmen.
Aus Angst vor dem Verlust der elterlichen Zuwendung kommt es zur Übernahme der Normen und Werte der
Bezugspersonen. Diese Werte und Normen werden in das Über-Ich übernommen, das mit dem Erleben von
a) Scham und
b) Schuld
reagiert, wenn das Kind die elterlichen Normen übertreten will oder übertreten hat.
8.8)
Beschreiben Sie den affektiven Ansatz zur Moral auf Basis der Lerntheorie!
Affektiver Ansatz zur Moral auf Basis der Lerntheorie:
Der Gewissensaufbau (also negative Affekte bei Regelverletzungen) kommt dadurch zustande, dass Kinder beim
Übertreten von Verboten bestraft werden, was Angstreaktionen hervorruft.
Es erfolgt somit eine Konditionierung der Versuchungssituation mit einer Angstreaktion. Wird das Kind also später mit
einer Versuchungssituation konfrontiert, löst diese bereits eine konditionierte Angstreaktion aus, was das Übertreten
von Verboten verhindert.
Generalisierung der Angst:
Die Angst vor der Strafe wird soweit internalisiert und generalisiert, dass sie auch dann auftritt, wenn real keine
Bestrafung zu befürchten ist.
8.9)
Beschreiben Sie die Empathietheorie von Hoffman als affektiven Ansatz zur Moral!
Empathietheorie von Hoffman als affektiver Ansatz zur Moral:
Die Empathietheorie von Hoffmann stellt zwar die affektive Komponente als zentral heraus, betont aber ebenso das
Zusammenspiel zwischen empathischen Affekten und der Perspektivübernahmefähigkeit.
Das Schlüsselelement der Empathietheorie ist das Erleben von Sympathie. Mit Sympathie ist eine affektive Reaktion auf
empathisches Erleben gemeint. Sie ist gekennzeichnet durch:
- emotionale Verbundenheit mit dem Leidenden und
- einem bewussten Motiv, das Leiden des Anderen durch eigenes Handeln zu beenden.
Empathie-Entwicklung nach Hoffmann:
1. Globale Empathie (1. Lebensjahr):
Das Kind kann noch nicht zwischen sich und anderen unterscheiden. Beobachtet das Kind das Leiden eines anderen,
reagiert es dann oft, als wäre es ihm selbst passiert (ebenfalls weinen, wenn andere weinen)
2. Egozentrische Empathie (ab 1. Lebensjahr):
Das Kind kann zwischen sich und anderen unterscheiden. Es weiß, dass das Leiden anderer nicht ihm widerfährt. Es
nimmt aber noch an, dass der Leidende ähnliche Gefühle und Bedürfnisse hat wie es selbst.
3. Empathie für die Gefühle anderer Menschen (ab 2.-3. Lebensjahr):
Mit der Fähigkeit zur Perspektivübernahme, sieht das Kind, dass die eigenen Gefühle nicht den Gefühlen anderer
entsprechen müssen. Das Kind wird sensibler für Cues auf Gefühle anderer und ist dabei zunehmend unabhängig
von der Anwesenheit der betreffenden Personen.
4. Empathie für die Lebensverhältnisse anderer Menschen (ab 10. Lebensjahr):
Kinder können das Leiden anderer als Lebensbedingung und damit unabhängig von aktuellen Situationen begreifen.
8.10) Beschreiben Sie die entscheidende Entwicklungsveränderung nach Hoffmanns Empathietheorie!
Entscheidende Entwicklungsveränderung nach Hoffmans Empathietheorie:
Nach Hoffmans Empathietheorie sind kognitive Fähigkeiten (Perspektivübernahme) zwar eine notwendige Bedingung
für moralisches Handeln, erst das Hinzutreten der affektiven Komponente führt dazu, dass das Wohlergehen anderer
bedeutsam und handlungsleitend wird.
Entscheidende Entwicklungsveränderung:
- jüngere Kinder handeln moralisch, um eigenes Leiden zu beenden (empathisches Stresserleben)
- ältere Kinder handeln moralisch, um nachempfundenes Leid anderer zu beenden (sympatisches Stresserleben)
8.11) Beschreiben Sie das Forschungsparadigma zum moralischen Handeln: Einhalten von Verboten!
Forschungsparadigma zum moralischen Handeln: Einhalten von Verboten
Das Einhalten von Verboten erfolgt durch internalisierte Normen. Es kann z.B. mit dem Ray-Gun-Paradigma untersucht
werden.
Beispiel „Ray-Gun-Paradigma“:
- Festsetzung von Regeln und Verboten (Raketen dürfen in maximal 20 Durchgängen abgeschossen werden)
- Schaffung von Anreizen, die Regeln zu verletzen (Button, der erfolgreiche Spieler als „Ray-Gun-Experte“ auszeichnet)
- Zunächst Kontrolle durch VL
- VL verlässt dann den Raum
- Regelverstöße werden durch Einwegspiegel/Kamera beobachtet
Befunde:
- je nach Situation ist das Ausmaß der Regelverstöße unterschiedlich (Situation ist bedeutsamer als Person)
Rolle von Bestrafung bei Regelverstößen:
- Milde Bestrafung ist effektiver als intensive Bestrafung
- Konsistente Bestrafung ist effektiver als inkonsistente oder sporadische Strafe (wegen zwischenzeitl. Verstärkung
Besonders effektiv ist: Milde Bestrafung mit anschließender Begründung der Bestrafung
8.12) Beschreiben Sie das Forschungsparadigma zum moralischen Handeln: Belohnungsaufschub!
Forschungsparadigma zum moralischen Handeln: Belohnungsaufschub
Untersucht wird die Bereitschaft des Kindes, auf unmittelbare Belohnung zu verzichten, um später dafür eine größere
Belohnung zu erhalten. So kann ein Kind sofort einen Marshmallow bekommen. Wenn es jedoch 5 Minuten wartet,
bekommt es zwei Marhmallows.
Entscheidung für Belohnungsaufschub hängt ab von:
- der Dauer der Wartezeit
- dem relativen Wert der kleineren Belohnung im Verhältnis zur größeren Belohnung
- dem Vertrauen, die spätere, größere Belohnung auf tatsächlich zu erhalten
- der Selbstetikettierung als „geduldig“ (hält man sich für geduldig, wird man länger durchhalten)
Warten auf die Belohnung wird erleichtert durch:
- Aufmerksamkeitsablenkung (kognitive Ablenkung, an andere Denke denken)
- Selbstinstruktionen (sich selbst sagen, dass man es schaffen kann etc.)
 Strategien zum Belohnungsaufschub verbessern sich mit zunehmendem Alter
8.13) Beschreiben Sie das Forschungsparadigma zum moralischen Handeln: Prosoziales Verhalten!
Forschungsparadigma zum moralischen Handeln: Prosoziales Verhalten
Prosoziales Verhalten ist definiert als Verhalten, welches für Mitmenschen gezeigt wird oder sich an dem Wohlergehen
der Mitmenschen orientiert. Kinder zeigen prosoziales Verhalten bereits mit 2 Jahren.
Förderliche Bedingungen für altruistisches Verhalten:
- Induktiver Erziehungsstil (dem Kind die Folgen seines Verhaltens verdeutlichen, antisoziales Verhalten unterbinden)
- Modellverhalten von Bezugspersonen (altruistisch vs. egoistisch)
- Kompetenz des potentiellen Helfers in der Situation (man würde eher nicht helfen, wenn man nicht kompetent wäre)
- Positives Selbstbefinden
- Hohe Stufe des moralischen Urteils und Perspektivübernahmefähigkeit
- Vermittlung von moralischen Werten
 Eine Studie zeigte, dass insbesondere diejenigen im Nationalsozialismus den Juden geholfen hatten, die von ihren
Eltern Fairness, Gerechtigkeit und Sorge für andere vermittelt hatten
8.14) Grenzen Sie die unterschiedlichen psychologischen Standpunkte zur Motivation moralischen Handelns ab!
Abgrenzung unterschiedlicher psychologischer Standpunkte zur Motivation moralischen Handelns:
- Kognitive Konzeptionen (Piaget, Kohlberg etc.)
- Empathie-Theorie (Hoffmann)
Kognitive Konzeptionen (Piaget, Kohlberg etc.):
Das Niveau moralischen Urteilsvermögens bestimmt die Motivation, moralisch zu handeln.
Empathie-Theorie (Hoffmann):
Kognitive Fähigkeiten sind zwar notwendig für moralisches Handeln, aber nicht hinreichend. Erst durch moralische
Emotionen wird moralisches Handeln motiviert.
Befunde:
- Es zeigen sich wenige Zusammenhänge zur Motivation moralischen Handelns
- Niveau des moralischen Urteils eignet sich am ehesten als Prädiktor für delinquentes oder altruistisches Verhalten
 offenbar ist mehr nötig als Wissen über richtig und falsch mehr nötig als empathisches Erleben
Modell von Blasi:
Blasi betont folgende Voraussetzungen für einen Zusammenhang zwischen Denken und Erleben auf der einen Seite,
und moralischem Handeln auf der anderen Seite:
a) Moral als wichtiger/zentraler Bestandteil des Selbstkonzepts
b) somit auch die Existenz einer moralischen Identität
9.1)
Wie verändert sich die Struktur von Intelligenz über die Lebensspanne!
Veränderungen der Intelligenzstruktur über die Lebensspanne
Intelligenzstruktur:
Es kommt im Alter zu einer Homogenisierung der Intelligenzstruktur. Es lassen sich fünf Faktoren unterscheiden, die
enge Bezüge zum g-Faktor aufweisen und mit zunehmendem Alter auch zunehmend korrelieren.
Kristalline und fluide Intelligenz:
- kristalline Intelligenz bleibt zumindest bis zum 80. Lebensjahr stabil
- fluide Intelligenz zeigt ab 40. bis 60. Lebensjahr einen negativen Verlauf
 fluide Intelligenz baut sich auch schneller ab, es gibt jedoch große interindividuelle Unterschiede
9.2)
Wie lassen sich altersbezogene Veränderungen der intellektuellen Leistungsfähigkeit erklären?
Erklärung altersbezogener Veränderungen der intellektuellen Leistungsfähigkeit:
- individuelle Unterschiede in fluider Intelligenz sind eher durch genetische Faktoren determiniert
- individuelle Unterschiede in kristalliner Intelligenz sind eher durch kulturelle Faktoren und Erfahrung determiniert
 sozial besser gestellte weisen ein höheres Intelligenzniveau auf
9.3)
Wie entwickelt sich die Lernleistung über die Lebensspanne?
Entwicklung der Lernleistung über die Lebensspanne:
Bis ins hohe Alter sind alte Menschen noch lernfähig (zumindest wenn keine Demenz besteht), auch wenn die
Gedächtnisleistung mit dem Alter schlechter wird.
9.4)
Wie entwickeln sich Persönlichkeitseigenschaften über die Lebensspanne?
Entwicklung von Persönlichkeitseigenschaften über die Lebensspanne:
- je älter, desto weniger Ausprägung auf Extraversion und Offenheit für Erfahrungen
- je älter, desto weniger Erlebnisse von positiven Emotionen
- je älter, desto mehr wahrgenommene externale Kontrolle (bei gleichbleibender internaler Kontrolle!)
- je älter, desto mehr emotionale Vereinsamung
9.5)
Beschreiben Sie die Veränderung der sozialen Beziehungen über die Lebensspanne!
Veränderung der sozialen Beziehungen über die Lebensspanne:
Ältere Menschen sind fester in Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen eingebettet, als bisher angenommen.
Allgemeiner Trend mit zunehmendem Alter:
- mehr Kontakt zu sehr nahestehenden Personen
- weniger Kontakt zu wichtigen, aber weniger nahestehenden Personen
 Befunden sprechen für Extraversion als Bindeglied für mehr Bezüge zu anderen Menschen
9.6)
Beschreiben Sie die Entwicklung sozialer und emotionaler Einsamkeit über die Lebensspanne!
Entwicklung sozialer und emotionaler Einsamkeit über die Lebensspanne:
- Soziale Einsamkeit = Gefühl der Zugehörigkeit zu Gruppen, Verfügbarkeit von Freunden
- Emotionale Einsamkeit = Gefühl der Isolation, Alleinsein, Ausgeschlossensein
Entwicklung:
- moderate Zunahme der sozialen und vor allem der emotionalen Einsamkeit mit dem Alter zu erkennen
- emotionale Einsamkeit nimmt wahrscheinlich zu, weil vertraute Personen sterben
Interessen:
- zunehmende Erwähnung des Tagesablaufs und von Alltagsroutinen
- abnehmende Erwähnung von Familie und Aktivitäten außerhalb der Wohnung
- kaum Erwähnung von körperlichem Äußeren
- kaum Erwähnung von Tod
- Selbstdefinitionen sind auf die Gegenwart bezogen
- Selbstdefinitionen sind häufiger positiv als negativ
 widerspricht den meisten Stereotypen über ältere Menschen (von wegen in der Vergangenheit leben und so)
9.7)
Beschreiben Sie das Zufriedenheitsparadox!
Zufriedenheitsparadox:
Das Altern ist mit vielfältigen Problem verbunden (z.B. Zunahme von Erkrankungen, Abnahme der kognitiven
Leistungsfähigkeit, Veränderungen des sozialen Netzwerks, Verlust von Vertrauten durch Tod etc.). Trotz dieser vielen
zusätzlichen Probleme nimmt die Lebenszufriedenheit mit dem Alter nicht ab.
Erklärung:
Ältere Menschen nehmen eher Abwärtsvergleiche vor, indem sie sich mit Menschen vergleichen, die noch mehr
Probleme haben. Somit kommt es zur Steigerung des Selbstwerts.
9.8)
Ist unselbstständigeres Verhalten im Alter eher durch Gesundheit oder durch die soziale Umwelt beeinflusst?
Unselbstständigeres Verhalten im Alter
- selbstständigkeitsbezogenes Verhalten
- unselbstständigkeitsbezogenes Verhalten
- Reaktionen der Interaktionspartner
Selbstständigkeitsbezogenes Verhalten:
- selbstständige Pflegeaktivitäten (z.B. sich waschen)
- konstruktives engagiertes Verhalten (z.B. Briefe schreiben)
- destruktives engagiertes Verhalten (z.B. sich beschweren)
Unselbstständigkeitsbezogenes Verhalten:
- unselbstständige Pflegeaktivitäten (z.B. gewaschen werden)
- unengagiertes Verhalten (z.B. die Wand anstarren)
Reaktionen der Interaktionspartner:
- unabhängigkeitsunterstützendes Verhalten (z.B. Ermutigung/Aufforderung, den Arsch hochzukriegen)
- abhängigkeitsunterstützendes Verhalten (z.B. Aufforderung, sich helfen zu lassen, Lob für abhängiges Verhalten)
- unterstützendes Verhalten für Engagement (z.B. Lob für engagiertes Verhalten)
- keine Reaktion oder Weggehen
Befunde:
- die soziale Umwelt leistet einen entscheidenden Beitrag zu unselbstständigkeitsbezogenem Verhalten!
- unselbstständiges Verhalten führt bei Interaktionspartner eher zu Verhalten, dass die Unselbstständigkeit unterstützt
- selbstständiges Verhalten führt ebenfalls eher zu Verhalten, dass Unselbstständigkeit unterstützt
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