Zusammenfassung Manfred Spitzer „Digitale Demenz“

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Zusammenfassung Manfred Spitzer „Digitale Demenz“
Prof.Dr.Manfred Spitzer ist ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie am Universitätsklinikum in Ulm, Hirnforscher und Hochschuldozent.
In südostasiatischen, technologisch hoch entwickelten Ländern sind in den letzten
Jahren häufiger Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen bei jungen
Erwachsenen festzustellen, zudem ist eine emotionale Verflachung und allgemeine
Abstumpfung
feststellbar.
Die
Ursache:
intensive
Nutzung
moderner
Informationstechnologie. Spitzer belegt, dass der exzessive Gebrauch moderner
Medien die Entwicklung menschlicher Gehirne nachweislich negativ beeinflusst. In
der Kindheit könne dies zu Sprachentwicklungsstörungen führen. Vorallem der
intensive Gebrauch von Spielkonsolen verursache häufig Aufmerksamkeitsstörungen
und Schulprobleme. Wissenschaftlich nachgewiesen ist:
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Wer als Kleinkind viel Zeit vor Bildschirmmedien verbringt, zeigt schon in der
Grundschule vermehrt Störungen der Sprachentwicklung und Aufmerksamkeitsstörungen.
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Eine intensiv genutzte Spielkonsolen verursachen nachweislich schlechtere
Noten im Lesen und Schreiben sowie Verhaltensauffälligkeiten.
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Ein Computer oder TV im Kinderzimmer wirkt sich negativ auf Schulleistungen
aus.
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Im Jugendalter führen Internet und Computer zu einer Verringerung der
Selbstkontrolle und oft zur Sucht.
Internet- oder Spielsucht führe tendenziell zu Schlafmangel, Übergewicht, Isolation
und sozialem Abstieg. Wer jedoch seinem Gehirn anspruchsvolle Aufgaben gebe,
trainiere dieses damit und verhelfe ihm zu grösserem Potential. Insbesondere das
Erlernen von Fremdsprachen und Spielen von Musikinstrumenten schaffe im Gehirn
neue Kapazitäten. Der Ausgleich zwischen Hand und Herz etwa bei Sport und
Theater sei wichtiger, als das Gehirn an einseitigen Kompetenzen etwa bei
Computergames zu trainieren. Untersuchungen in den USA zeigen auf, was
geschieht, wenn Kinder während 7 Stunden pro Tag online sind: Sie haben kaum
mehr reale soziale Kontakte. Das sozialen Fähigkeiten nehmen ab und die Kinder
entwickeln nur rudimentäre Fähigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich. Sie
werden egoistisch, narzistisch, stumpfen ab und verlieren Selbstvertrauen und
Selbstwertgefühl.
Weitere Studien zeigen auf, dass intensiver Computergebrauch zum Auftreten von
Depressionen und Stress führen kann. Dies kombiniert mit mangelndem Schlaf wirkt
sich physisch durch hormonelle Störungen, Übergewicht, Muskelschwund bis hin zu
Herz-Kreislaufkrankheiten aus.
Die kapitalkräftigsten Firmen der Welt heissen heute Apple, Google. Microsoft, IBM,
Intel, Samsung, Sony, Nintendo und Facebook. Sie bestechen nicht wie in den 80erJahren die Tabakkonzerne einzelne Forscher, sondern fördern ganze Institute, um
das beweisen zu lassen, was ihnen zu höherem Absatz und Gewinn gereicht. Diese
Firmen haben jegliches Interesse, Kinder, Jugendliche und Schulen mit den Vorteilen
der IT-Technologie zu locken und diese in Abhängigkeit zu führen.
Eine US-Studie aus Birmingham, Alabama, wo 15000 Laptops an Brennpunktschulen ausgegeben wurden, ist nach drei Jahren abgebrochen worden, weil
die Schüler mit den Laptops deutlich schlechter waren als die Vergleichsschüler
ohne Computer.
2009 verbrachten in den USA Kinder zwischen 8 und 18 Jahren durchschnittlich 4:29
Stunden vor dem Fernseher, sassen 1:29 Stunden am Computer, machten während
1:13 Stunden Videospiele und lasen ganze 0:38 Stunden in Büchern oder
Zeitschriften. Die Zahlen dürften heute noch drastischer ausfallen.
Es liegt an den Eltern und an den Schulen, den Gebrauch moderner Medien in
sinnvolle und gewinnbringende Bahnen zu lenken. Kinder brauchen auch hier klare
Grenzen und Begrenzungen. Wenn wir ihnen freien, unreklektierten Zugang zu den
modernen Medien geben, bedeutet dies, dass wir unsere erzieherische
Verantwortung nicht wahrnehmen.
Tipps von Prof. M.Spitzer, wie man digitaler Demenz weiträumig ausweichen kann:
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Ernähren Sie sich gesund !
Bewegen Sie sich täglich mindestens 30 Minuten !
Versuchen Sie, weniger „in Gedanken“ zu sein. Leben Sie mehr „hier und
jetzt“!
Geben Sie Ihr Geld weniger für Materielles sondern mehr für Ereignisse aus !
Seien sie aktiv und überwinden Sie Hindernisse! Wer fühlt sich besser: Der
Tourist der mit der Seilbahn auf den Berg gefahren ist oder der Wanderer, der
den Berg selbst erklommen hat ?
Suchen Sie nach wirklichen und nicht nach digitalen Erlebnissen!
Vereinfachen Sie ihr Leben, gewinnen Sie Zeit für aktive Erlebnisse !
Verbringen Sie Zeit in der Natur, gehen Sie nach draussen ! Das tut Geist und
Körper gut.
Pflegen Sie bewusst ihre sozialen Kontakte durch persönliche Gespräche und
gemeinsame Erlebnisse ! Statt Mails und SMS zu schreiben, treffen Sie Ihre
Bekannten und Freunde !
Wenn Sie Kinder haben, gilt das erst recht !
Interview-Auszug mit Prof. M.Spitzer
Würden Sie Computer generell aus Schule verbannen ?
Nein, aber es ist wichtig Risiken und Nebenwirkungen abzuschätzen. In Deutschland
haben wir 250'000 Internetsüchtige und weitere 1,4 Millionen Menschen mit einem
Risiko, dies zu werden...alles junge Leute ! Wer zuhause Vokabeln trainiert oder mit
einer guten Software Mathematik-Aufgaben rechnet, tut aktiv etwas für seine
Bildung. Was wir nicht brauchen ist Medienkompetenz, einen Internetführerschein
oder Ähnliches. Das ist eher wie Anfixen in der Drogenszene !
Sie behaupten, Fernsehen macht dumm und gewalttätig. Warum ?
Es gibt entsprechende Studien, die das klar zeigen. Alles andere- wie beispielsweise
die Behauptung, das sei nicht so– ist dummes Marktgeschrei, das dem Verkauf
dienen soll.
Empfehlen Sie Familien mit Kindern, ganz auf das Fernsehen zu verzichten ?
Ja, durchaus ! Alle werden mehr Zeit füreinander haben und langfristig glücklicher
sein.
Sie fordern bei allen Bildschirmmedien Konsumbeschränkungen für Kinder und
Jugendliche. Eltern und Lehrer werden so zu Buhmännern:
Eltern und Lehrer müssen Grenzen setzen. Wer das nicht aushält, schadet den ihm
anvertrauten Menschen.
Wie kommen Sie darauf, dass Westeuropäer in 30 Jahren die T-Shirts für China
nähen?
Unser Wohlstand stützt sich im Wesentlichen auf die Gehirne der nächsten
Generation. Wenn wir diese weiter so vermüllen, wie wir das derzeit tun, und das
ohne Not und nur aus Profitgier einiger weniger Firmen, dann wird es
schlimmstenfalls soweit kommen.
Zitate von Sherry Turkle, Professorin am MIT ( Massachusetts Institute of
Technology)
„Das Internet hat uns vieles gebracht. Leider auch die Möglichkeit, nicht zu denken !“
„Auch meine smartesten Studenten können sich kaum mehr auf eine Sache
konzentrieren. Sie schreiben schlechter als früher und es fällt ihnen schwer, eine
komplexe Idee bis zum Ende durchzudenken. Sie machen immer Multitasking !“
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