logo 7 Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zeitschrift logo in ihrer gewohnten Erscheinungsform existiert nicht mehr, das Papier ist dem Bildschirm gewichen. Die Reaktionen auf die bisherigen Ausgaben waren dermaßen positiv, dass ich zuversichtlich bin, dass logo auch die Transformation in den immateriellen Raum überleben wird, obwohl mir sowohl das neue Bild der Zeitschrift als auch die dem Internetboom zugrundeliegende Ideologie der Verlagerung der Kosten hin zu Endverbrauchern zumindest verdächtig sind. Die aktuelle Ausgabe enthält wie gewohnt einen Rückblick auf die Seminare des vergangenen Schuljahres. Ich bedanke mich herzlichst bei Koll. Edith Ecker für ihren Text zu Dr. Elisabeth Menschls Seminartag sowie bei Bibiane Schmidhammer und Helmut Stangl für ihre Beiträge zum Einstieg in die Philosophie. Was die Struktur der ARGE-Tage betrifft: Auch wenn Koll. Derschmidt unlängst davor warnte, während der Seminarplanungsphase - übrigens ein permanenter Zustand - mit mir bei einem Bier o.ä. zu plaudern, weil dann die Gefahr zu groß sei, dass man sich als Referent wiederfindet, hat sich das Konzept, dass KollegInnen aus der Schulpraxis berichten, m.E. als sehr erfolgreich gezeigt. Nicht nur was sich bewährt hat, stellt für uns eine Anregung dar, auch Sackgassen sind Orientierungen, wie man nicht erst seit Popper weiß. Reflexion über eigene Stärken und Schwächen tut immer gut, und die Erfahrung, dass andere KollegInnen evtl. andere Zugänge suchen, macht sicher Mut zum Neubeginn und Weiterdenken. Weiters im logo: ein Ausblick auf die Veranstaltungen in diesem Schuljahr, umfangreicher, genauer und hoffentlich auch informativer als die Kurzfassung in der PI-Aussendung. Diese ausformulierten Seminarvorüberlegungen sollen es Ihnen/euch leichter machen, ein Seminar zu bewerten, d.h. zu entscheiden, ob das Angebot mit den Vorstellungen übereinstimmt. Die Bundeskonferenz der ARGE-Leiter findet Anfang Oktober in Vorarlberg statt. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Oberstufenreform wird diese Tagung sehr interessant werden; ich kann jedenfalls auf unserem ARGE-Tag bereits von den Ergebnissen berichten. Für Kommentare zu unserem derzeitigen Lehrplan - Änderungswünsche, positive oder negative Erfahrungen usw. - wäre ich sehr dankbar: [email protected]. Für die Gestaltung der Titelseite - im neuen Medium: homepage, Startseite, Cover? - dan-ken wir wie immer: werkstatt jahoda, wien III, zollamtssteg. Viel Vergnügen mit dem neuen logo und auf ein baldiges Wiedersehen Mag. Roland Luft ARGE-Leiter Psychologie und Philosophie Berichte von den Seminaren 2001/2002 ARGE-Tag 30.10. und 31.10.2001, Schlierbach Internet für PhilosophielehrerInnen hieß das Thema des ersten Halbtages. Koll. Rainer Derschmidt hat ein fast unglaublich großes Panoptikum von Einsatzmöglichkeiten des Mediums vor uns ausgebreitet. Ich brauchte Tage, um die von ihm gesammelten und thematisch geordneten Adressen - Hunderte! - abzugrasen. Wie immer: Auch hier bestätigen sich alle Vorurteile: Natürlich gibt es unbrauchbare und auf schnelle Faszination abzielende websites, natürlich gibt es Seiten, die's schon nicht mehr gibt, natürlich findet man im Netz fantastische Informationen und sehr anschauliches Material, wie man es selbst für den Unterricht nie erstellen könnte. Tolles Service von Rainer Derschmidt: Die KollegInnen bekamen eine Diskette mit den Internetadressen ausgehändigt. Einstieg in den Philosophieunterricht der 8.Klasse AHS 31.10.2001 Helmut Stangl Bibiane Schmidhammer 63. Wer von Grund aus Lehrer ist, nimmt alle Dinge nur in Bezug auf seine Schüler ernst, sogar sich selbst. 128. Je abstrakter die Wahrheit ist, die du lehren willst, um so mehr musst du noch die Sinne zu ihr verführen. (aus: Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse, Viertes Hauptstück: Sprüche und Zwischenspiele) A 1 Einstieg 1.1 Was ist eine Einführung? - Eine Stunde? - Das ganze Jahr? Früher hieß es "Philosophischer Einführungsunterricht"! 1.2 Ziele des Vormittags - Reflexion über Einstiege in den Philosophieunterricht. - Präsentation von möglichen Einstiegskonzepten und -rezepten. 1.3 Grundsätzliche didaktische Möglichkeiten - Sokratischer Dialog, selbst denken. - Lernen, Lesen, Nach-denken. 2 Präsentation aktueller Unterrichtseinstiege 2.1 Helmut Stangl (siehe Teil B) 2.2 Bibiane Schmidhammer 3 Abschlussfragen 3.1 Fragen zum Einstieg in den Philosophieunterricht - Braucht man einen Einstieg in den Philosophieunterricht? - Warum? Wozu? - Wenn ja, was soll so ein Einstieg umfassen? Welche Inhalte und Methoden sollen ver-mittelt werden? - Wieviel Zeit soll man dafür aufwenden? 154. Der Einwand, der Seitensprung, das fröhliche Misstrauen, die Spottlust sind Anzeichen der Gesundheit: alles Unbedingte gehört in die Pathologie. (aus: Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse, Viertes Hauptstück: Sprüche und Zwischenspiele) B Einstieg in den Philosophieunterricht Helmut Stangl, Leistungssportklasse im BORG, 13 Schüler, 18-20 Jahre alt, Buch: Liessmann/Zenaty. 2.1.1 Erste Stunde Philosophie - Philosophie - ein großes Wort: Assoziationen, Vorbegriffe sammeln. Ordnen, diskutieren. 2.1.2 Zweite Stunde Was und Wie - Was werden wir wohl tun? - Wie werden wir arbeiten? - Welche Voraussetzungen braucht man dazu? Interesse, Vernunft, Sprache -> jedem Menschen möglich; tut jeder, nur auf verschiedenem Niveau. - Welche Fähigkeiten könnten dabei gelernt/geübt werden? (wenig Rückmeldung, schlechte Frage) 2.1.3 Dritte Stunde Vorurteile und Begriffsklärungen - Buch S.13: "Vor-Urteile" lesen und besprechen. S.15: Denkanstoß 1&2 diskutieren. - Buch S. 15: "Alltagsbewußtsein und Philosophie" gemeinsam lesen und besprechen. Denkanstöße 1&2 diskutieren. - Buch S.17: "Begriffsklärungen und Abgrenzungen" werden vom Lehrer zusammenfas-send erklärt. 2.1.4 Vierte Stunde Philosophische Fragen - Staunen und Zweifel als Basis. Wer zweifelt, fragt. Philosophische Art zu fragen ist eine spezielle. - Philosophische Fragen: einige austeilen, andere sollen Schüler selbst erfinden, nach Eigeninteresse, auf Papierstreifen schreiben. - Kants 4 Fragen im Buch lesen und erklären, ev. Folie verwenden. - Schauen wir, ob´s stimmt, ob wir alle unsere Fragen in seinen 4 Kategorien unterbringen! - 4 Plakate (vorbereitet): Schüler kleben Fragen aufs richtige Plakat. Bei Unsicherheit nicht aufkleben! - Noch nicht aufgeklebte Fragen gemeinsam kategorisieren. - Schüler sehen sich Plakate an. Kritik? Passt alles? Ev. Diskussion. - Zu Schulschluss können wir nachsehen, ob ihr auf diese Fragen besse-re/andere/weniger... Antworten als jetzt wisst. - Wer möchte kann als Hausübung den Kant-Text auf S.202 lesen. 2.1.5 Fünfte Stunde Sinnestäuschungen und Sagen - Buch S.21: Rollenspiel, Dialog. - Buch S.22: Text "Der Mensch kann sich täuschen" zusammenfassend erklären. - Buch S.24: Mythen und Sagen gemeinsam lesen und besprechen. 2.1.6 Sechste Stunde Moderne Mythen - Frage: Spielen Mythen und Sagen heute noch eine Rolle? - Antworten: In Fernsehserien, z.B. "Der junge Herkules". Historisch ist da einiges falsch, die Geschichten sind aber attraktiv und hollywoodtauglich, da bildhaft und handlungs-reich. - Frage: Welche anderen heutigen Geschichten erfüllen die Kriterien eines Mythos? - Antworten: Ferrari, Lady Di, Sportler - der Phönix aus der Asche: Niki Lauda, Thomas Muster, Lance Armstrong, Hermann Maier schafft gerade seinen Mythos. - Frage: Wie entstehen solche Mythen? Warum? Wozu dienen sie? Wie werden sie verbreitet? Diskussion. - Frage: Wie beeinflussen Mythen euer Leben? - Antwort: Alle in der Klasse versuchen den Traum eines erfolgreichen Leistungssportlers zu leben, nur ganz wenige schaffen es und werden zum Mythos und Vorbild. Die anderen werden vergessen. Das ist traurig. - Frage: Erfüllen moderne Mythen Bedürfnisse? Welche? Oder wird daraus nur Kapital geschlagen? Wer profitiert? Diskussion. 2.1.7 Siebte Stunden Schöpfungsmythen - Schöpfungsmythos des Hesiod wird vom Lehrer stückweise vorgelesen. - Schüler sollen mit eigenen Worten den Handlungsstrang zusammenfassen. Verlaufsdiagramm wird vom Lehrer an die Tafel skizziert. - Das gleiche geschieht mit dem Schöpfungsmythos der Pelasger. 2.1.8 Achte Stunde Vom Mythos zum Logos - Fragen zu den beiden Schöpfungsmythen: Wie wird aus Chaos Ordnung? Geschlechterverhältnis Mann/Frau? Wer stellt Ordnung her? - Diskussion: Je nach Mythos unterschiedliche Antworten. Möglicherweise spiegeln My-then Gesellschaftsstruktur. - Lehrervortrag: 6. Jhdt.v.Chr. (+/- 200 Jahre) - verstärkte Handelstätigkeit im Mittelmeerraum - Kulturkontakt - Mythen verlieren Selbstverständlichkeit, werden fraglich. Achsen-zeit: Konfuzius, Lao-tse, Buddha, Zarathustra; Parmenides, Heraklit, Plato, Archimedes. - Lehrervortrag: Fraglichwerden der Mythen, Betonung von Widerspruchsfreiheit und Übereinstimmung wird mit dem Schlagwort "Vom Mythos zum Logos" bezeichnet. - Überleitung zu Thales und Philosophen. - Buch S. 25: 2. und 3. Absatz gemeinsam lesen und besprechen. - Hinweis: Wasser kann auch bei Thales als Symbol interpretiert werden, vgl. Schöpfungsmythos der Pelasger, vgl. Tiefenpsychologie. Mythisch-narrative Ansätze bleiben Teil der Philosophie. Wir sind damit bei Thales, dem oft der Anfang der Philosophie angelastet wird. Ein Einstieg in den Philosophieunterricht ist jedenfalls gemacht. Helmut Stangl, BORG Honauerstr. Einstieg in den Philosophieunterricht Bibiane Schmidhammer, Musikklasse im BORG, 26 Schüler, 18-20 Jahre alt Voraussetzungen: Der Psychologieunterricht im Vorjahr machte mir Mut. Die Selbständigkeit meiner Schüler in der Unterrichtsgestaltung (Themenvorschläge machen, Filme besorgen, Referentin zum Thema Familienaufstellung einladen etc) führte dazu, dass ich mich gut geführt fühlte. Erste Stunde Philosophie - Menschen stellen Fragen: - New York, World trade center - philosophische GRUNDFRAGEN erarbeiten Zweite Stunde - Aphorismen , Lebensweisheiten : Welche sind bekannt, beliebt, beeindruckend ? - Aufforderung an Schüler, ihre Denkanstösse (in Form von Texten, Kassetten, Filmen etc.) mitzubringen. - Büffet: Meine eigenen Bücher als Erstanregung zur Auswahl Dritte Stunde -Ein Schüler wählte -Text aus Luzifer lacht: Woody Allen, meine Ansprache an Schulabgänger -Diskussion führte zur Frage nach GOTT Vierte Stunde - Auszüge aus 1000 Glücksmomente : Dikussion über den Begriff GLÜCK (Glück haben, glücklich sein...) Fünfte Stunde Text aus Lola-Prinzip: Der Sinn des Lebens Führte zum Frage nach der SINN gebung - In Anlehnung an eine Übung aus der Transaktionsanalyse (Finde 20 Sachen, die Spaß machen ): 20 Sachen , die für mich Sinn machen - Dialog mit selbstgewähltem Partner Sechste Stunde - Text aus Kierkegaard : Tagebuch des Verführers, s 150 Ausgehend von den Begriffen des Textes VERLANGEN und FREIHEIT entwickelten sich im Laufe der Diskussion (nach dem These - Antithese Prinzip..) Begriffe wie FREIHEIT und VERANTWORTUNG, UNABHÄNGIGKEIT und GEBUNDENHEIT, LIEBE und LUST..... Siebte Stunde - Text aus Paul Watzlawick: Vom Schlechten des Guten : Das Dritte, das es angeblich nicht gibt - Kurzes Anschnuppern des Begriffs EXISTENTIALISMUS Achte Stunde - Schülerin präsentiert Hörtext aus Cabaret Hader ( Nr 10 Inwendig ) - Dialog über Reise zum ICH ..... Was ist der MENSCH ? ( Menschenbilder) Neunte Stunde - Text aus WOODY ALLEN , wie du dir, so ich mir - Daraus resultierte das Thema :Handel mit dem TOD Zehnte bis zwölfte Stunde Schüler präsentieren selbstverfasstes Theaterstück und wir nehmen daraus ihre wichtigsten Denkansätze -Bsp: Zeit ist Geld, Geld macht schön, Schönheit macht froh - Gespräch über den Begriff SCHÖNHEIT ( Ästhetik, Attraktivität.....) - Bsp: Namensgebung im Theaterstück - führte zu den Begriffen SPRACHE und SYMBOLE - Bsp : s 8/9 Nun, Zauber, walte deines Amtes .... Gespräch über Suche nach ERKENNTNIS - Wird uns wohl zum HÖHLENGLEICHNIS führen... Theaterstück wird von meinen Schülern laufend weitergeschrieben und hoffentlich im BORG uraufgeführt Bibiane Schmidhammer, BORG Honauerstr. Mann und Frau im 21. Jahrhundert, Seminar in Schlierbach, 22. und 23. April 2001 22. April: Prof. Konrad Paul Liessmann: Über das Begehren oder: Herr, schenk mir Enthaltsamkeit, aber später! Liessmann referiert zwei klassische Texte, Platons "Symposion" und Kierkegaards "Tagebuch des Verführers". Die Beantwortung der Frage, wieviel an der vermuteten oder tatsächlichen Krise des Eros heute neu ist, ist nur in Abgrenzung von der christlichen und/oder der antiken Folie möglich: Deshalb also das Studium klassisch gewordener Texte. Für Aristophanes ist die Funktion des Eros lediglich der Ausgleich eines Mangels, nämlich des Mangels an Vollkommenheit (vgl. dazu den Kunstmythos von den Kugelmenschen - Eros als Ergebnis einer Strafe!). Andere Redner stellen Eros als starken Gott dar. Für So-krates, der beteuert, von Diotima in die Materie eingeführt worden zu sein, ist Eros das Kind von Armut und List: Arm ist, wer nicht hat, was er will; die List hilft dabei, es zu bekommen. Eros ist nicht schön, sondern das Begehren des Schönen. Was begehren wir, wenn wir be-gehren? Das Schöne. Wir suchen es als Ideal im anderen, weil wir ihm selber nicht genügen. Die platonische Stufenlehre, wenn man das so nennen darf, geht vom Begehren des einzel-nen schönen Menschen über alle Menschen und schöne Gedanken/Philosophie hin bis zur Idee des Schönen. Das eigentliche Ziel des Eros ist für Sokrates das Zeugen und Gebären im Schönen. Variationen des Themas aus der Diskussion: Adam und Eva, die Sex hatten, wann sie wollten (im Gegensatz zu uns, die wir Sex haben, wenn wir dazu getrieben werden), wurden zu Symbolen der Naturhaftigkeit am Menschen. Für Freud ist das Ziel der Begierde das Ende des Begehrens - you can have it or eat it -, die Rückkehr ins Anorganische. Das Zerbröseln der Utopie der Romantiker, dauerhafte Beziehungen ließen sich auf Sexualität und Leidenschaft gründen, erlebt das 20. Jahrhundert: Leidenschaft hat keine Dauer. Serielle Polygamie stellt eine mögliche Variante, das Problem in den Griff zu bekommen, dar. Überhaupt stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit oder gar Möglichkeit der Ehe nach der Funktionenüberlastung der Ehe im 20. Jahrhundert. Viele dieser Funktionen kön-nen ausgelagert werden: ökonomische Zwecke, Freizeitgestaltung, Kinderzeugung, Kindererziehung, Erotik usw. - Auch bei Kierkegaard findet sich ein Mythos: Gegen die Hybris des Menschen erschaffen die Götter die Frau. Ihr verfallen alle mit Ausnahme der Erotiker. Sie wissen darum, ohne ihr Wissen nutzen zu können. Ihnen verfallen die Frauen. Sie wiederum spielen im Wissen darum mit. Kierkegaards Verführung findet statt zwischen Wesen, die nicht gleichberechtigt sind. Das Wesen der Sinnlichkeit ist die Augenblicklichkeit, Sinne haben kein Gedächtnis, was den Dispens der Moral bereits in sich trägt. Wer Sinnlichkeit genießen kann, wird verführerisch wirken. Der Verführer des Tagebuchs nun ist ein intellektueller Verführer. Er möchte erreichen, dass sie freiwillig das tut, was er von ihr möchte. Er studiert ihr Verhalten, um sie zu verführen. Sie verwechselt die Aufmerksamkeit mit Verliebtheit, woraus sich eine neue Herausforderung für den Verführer ergibt: Alles so zu arrangieren, dass das Opfer Schluss macht. Der Verführer spielt mit Verantwortlichkeit, das Schöne und das Gute gehen nicht zusammen: Das ist der Preis für die intellektuelle Kunst der Verführung, eine Ästhetisierung der Existenz. Diese Gratwanderung zwischen ethischer Fundierung einerseits und Ästhetisierung andererseits prägt die gesamte Moderne. Aus der Diskussion: Der Swingerclub ist die zeitgemäße Variante des kantischen Vertrages; das Pathos des Scheiterns ist nicht Bestandteil des Vertrags. Roland Luft, BG/BRG Brucknerstr. Wels Mann und Frau im 21. Jahrhundert, Seminar in Schlierbach, 22. und 23. April 2001 23. April: Dr. Elisabeth Menschl: Die Konstruktion des weiblichen Geschlechts Die Ansichten der in Linz lehrenden Philosophin unterschieden sich beträchtlich von ihrem am Vortag referierenden Wiener Kollegen Liessmann. Hatte er sich auf das Verhältnis von Mann und Frau konzentriert, fragte Menschl nach dem Mann- und Frausein an sich und leitete daraus die sozialen Rollen her, die auch das Verhältnis zueinander bestimmen. Die Verkörperung von Fraulichkeit in einem neuen Sinn führte uns die Referentin durch ihr Auftreten und ihre Ausstrahlung vor Augen. Beim Symposium am Abend des ersten Tages lernten wir sie von ihren unterschiedlichsten Seiten kennen und bekamen ein Bild davon, was es bedeutet, sich nicht traditionell geschlechtsspezifisch zu verhalten und trotzdem Frau zu sein. Ihre langen blonden Haare und die natürliche Ausstrahlung ließen auf den ersten Blick nicht erkennen, welche geballte geistige und mentale Kraft in ihr steckt. Wir erfuhren, dass sie Besitzerin eines Jagdscheins ist und staunten nicht schlecht, als sie ein paar Blon-dinenwitze zum besten gab, "denn als Betroffene darf man über Blondinen scherzen". Den kommenden Tag mit Elisabeth Menschl als Vortragender erwarteten wir mit Spannung. Am Anfang stand eine scheinbar banale Frage: Wie viele Geschlechter kennen Sie? So einfach wie es scheinen mag, ist diese Frage nicht zu beantworten. Unsere Referentin brachte zu Beginn des Seminartages durch ihre Einleitung zur Geschlechtlichkeit wahrscheinlich nicht nur meine bis dato unreflektierte Kenntnis darüber, wie viele Geschlechter es gibt, ja überhaupt geben kann, ins Wanken. Sie unterschied "sex" (engl.), das biologische Geschlecht, und "gender" (engl.), das soziale Geschlecht. Warum diese Unterscheidung sinnvoll ist, wurde uns im Laufe eines geschichtlichen Abrisses klar: Im Mittelalter, so erfuhr ich von Elisabeth Menschl, wurde das Kind bei geschlechtlicher Uneindeutigkeit, je nachdem, was überwog, als Mann oder Frau sozialisiert und hatte mit 18 Jahren Entscheidungsfreiheit, in welcher sozialen Geschlechterrolle er oder sie weiterleben wollte. Im Mittelalter wurde auch keine starke Verschiedenartigkeit von Männern und Frauen angenommen, die Frau war eine Art "Schmalspurversion" des Mannes, der Mann wurde als ein bisschen "perfekter" angesehen. Selbst die Geschlechtsorgane differenzierte man lediglich in nach außen und nach innen gewachsen, sonst wurden sie als gleich erachtet. Mit Ende des Mittelalters ging man dazu über, der Frau die Vernunft abzusprechen und sie immer mehr auf das rein Körperliche zu reduzieren. Diese Form des Frauseins bedeutete jedoch bis ins 17. Jahrhundert nur, eine soziale Rolle innezuhaben und wurde nicht ontologisch gesehen. Erst im 18. Jahrhundert wurde das Eingeschlechtermodell zum Zweigeschlechtermodell mit dem Motto "Das Weibliche ist in jedem Sinne das Entgegengesetzte des Männlichen": Die Frau als das Negative des Mannes. Während IHM Vernunft, Ordnung und Stärke zugeschrieben wurden, lastete man IHR Natur, Chaos und Schwäche an. Das Geschlechterverhältnis wurde an Zeugung, Schwangerschaft und Brutpflege festgemacht, die soziale Rolle der Frau konzentrierte sich auf das häusliche Leben. Die spezifisch weiblichen Schwächen wurden biologisch begründet, durch die Kombination von Biologie und Bestimmung kam es zu einem naturalistischen Fehlschluss. Diese Sichtweise entwickelte sich im 19. Jahrhundert dahingehend, dass der Hysterismus (hystéra, griech.: Gebärmutter) zum Inbegriff der Weiblichkeit wurde. Das Gesamtbild der Frau begründete sich auf der biologischen Tatsache, dass Frauen Eierstöcke besitzen. Die Gynäkologie wurde zur allgemeinen Wissenschaft vom Weibe. Da alle psychischen und physischen Probleme der Frau auf ihre Eierstöcke zurückgeführt wurden, entfernte man selbst gesunde Ovarien bei allen möglichen Beschwerden. Sigmund Freud entwickelte in dieser Zeit seine Psychoanalyse, in der er unter anderem die Geschlechtsorgane der Frau als Grund für den von ihm postulierten Penisneid wähnte. Elisabeth Menschl vermutete hinter dieser Haltung die Projektion eines männlichen Gebärneids. Erst durch die Probleme des ersten Weltkrieges nahmen die Eierstock-Entfernungen ein Ende. Der Körper der Frau wurde nunmehr pathologisiert, Schwangerschaft und Geburt wie Krankheiten behandelt. Weiterhin galt der Menstruationszyklus als Grund für den spezifisch weiblichen Charakter. Heute wird laut Menschl die Geschlechtlichkeit auf die Hormondetermination zurückgeführt. Abweichungen im Hormonhaushalt führen zu Abweichungen in der Ausbildung des Geschlechts. Wie aber erklären sich Abweichungen von stereotypem männlichem und weiblichem Verhalten und Erscheinen, wie bei Homosexuellen, Transsexuellen und Transvestiten? Die Referentin konfrontierte uns mit Fragen wie diesen und lud uns zur Mitsprache und Diskussion ein. Welche Zukunftsvisionen haben wir für Mann und Frau im 21. Jahrhundert? Weit über politische Schlagwörter wie Frauenquote, Belohnung für Kindererziehung und Frauennetzwerke kamen wir nicht hinaus. Aber vielleicht überdenken wir unsere eigene Rolle und welche Modelle wir der nächsten Generation als Vorbilder liefern und organisieren uns ähnlich wie Männer das in Verbünden tun... Ich möchte mit einem Zitat von Elisabeth Menschl schließen: "Die beste juristische Situation entlässt uns nicht aus der Verantwortung, unsere Rolle neu zu überdenken und neu zu definieren." Edith Ecker, Bakip Steyr Alte Werte - neues Menschenbild - alte LehrerInnen (?): Fächerübergreifendes Seminar in Weinberg 15.4. und 16.4.2002 Im letzten Augenblick von Koll. Kliemstein (RPI) und mir wegen eines Terminproblems des Referenten Dr. Friesl auf nur zwei Tage Dauer reduziert und trotz des Mankos, dass Schloss Weinberg abends über kein Cafe verfügt und der gegenüberliegende Bräugasthof am Mon-tag Ruhetag hat, wurde das Seminar - gemessen an den Rückmeldungen - doch zu einem beachtlichen Erfolg. Konzipiert war die Veranstaltung nach folgendem Muster: Wenn man annimmt, dass LehrerInnen aufgrund ihrer universitären Sozialisation und aufgrund ihres Alters in einer anderen Bedeutungswelt leben als ihre Schüler, wenn man weiters annimmt, dass die Unterschiede zwischen diesen Welten gravierender sind als die zwischen einer Jazzund einer Rockgeneration, dann müssen die unterschiedlichen Eigendefinitionen zu eklatanten Unterschieden in der Betrachtung der Welt und der Wertigkeit von Bildung führen. In drei Schritten wollten wir diese Hypothese an und für uns prüfen: Erstens sollte das medial transportierte Bild Jugendlicher im Film und in der Literatur untersucht werden, zweitens sollte dieses Bild mit der aktuellen Europäischen Wertestudie verglichen werden, um drittens in unser aller Köpfen eine Positionierung - beispielsweise zur Welt des Buches oder zur Bedeutung des Engagements - zu ermöglichen. Dr. Vorauer referierte anhand von aktuellen Beispielen österreichischer Filme über Wesensmerkmale postmoderner Kunst und kam über Jugendliche zu folgenden Schlüssen: 1. Jugend ist eine Medienjugend mit dem Leitmedium Musik. Jugendliche sind vorurteilsfreie User in verschiedensten Medienmilieus, die Musik der Katalysator gesellschaftlicher Umstrukturierungsprozesse, diverse (narzisstische) Leitfiguren geben diesen Prozessen ihr Gesicht. 2. Medien erfüllen Orientierungslücken. Auch der postmodern unpolitische, ästhetisierende und ästhetische, eklektizistische (die Leitfigur der Postmoderne ist der DJ!) Film verfährt nach dem Muster Trennung - Initiation - Rückkehr, zu den Kultfilmen Jugendlicher in den 90ern zählen daher auch romantische Komödien wie Pretty woman (1990) Ergebnisse der Europäische Wertestudie, verglichen mit der letzten Studie vor 10 Jahren, auf den Punkt gebracht: Wir finden gegenwärtig ein historisch neuartiges Selbstbewusstsein des Ichs. Die Dominanz mikrosozialer Lebensbereiche (Familie, Freunde, Arbeit) nimmt zu. Kirche und Gewerkschaft verlieren an Boden. Mehr Freiheit bedeutet mehr Verunsicherung, diese bedingt vermehrte Wünsche nach einem starken Mann. Makrosolidarität nimmt deutlich ab, Bsp. Xenophobie. Die Bedeutung der Sinnfrage nimmt zu. Der Generationenkonflikt verschwindet, die Adoleszenz verlängert sich. Das virtuose Wertesampling macht Entscheidungen nicht gerade leicht: "Hier stehe ich und kann auch anders." Roland Luft, Wels Seminare des Schuljahres 2002/2003 Den Schwerpunkt des ARGE-Tages wird die Frage bilden, welchen Stellenwert Philosophie in unserer Gesellschaft haben kann. Auf der einen Seite boomen belletristische Publikationen, die sich direkt oder indirekt auf Philosophie beziehen, man denke nur an Leon de Winters "Hoffmanns Hunger" oder auch an Robert Menasses 2001 erschienenen Roman "Vertreibung aus der Hölle": Beide Werke werden mit dem - im zweiten Fall sehr losen - Bezug zu Spinoza beworben, was dem Verkauf nicht unbedingt abträglich zu sein scheint. Wir denken weiters an Milan Kunderas "Unerträgliche Leichtigkeit des Seins" mit dem Bezug zur Antike, an Edgar Roubauds "Schöne Hortense" mit philosophischen Blödeleien, an Luciano de Creszencos "Zeit und Glück", den Versuch, Seneca als Lebensberater für Zeitgenossen zu rehabilitieren, oder an das seinerzeitige Kultbuch "Zen oder die Kunst ein Motorrad zu warten" (Robert Pirsig). Dazu kommen noch Jostein Gaarders "Sophies Welt" und viele andere populäre Einführungen in die Philosophie. Im Fernsehen etabliert sich ein philosophisches Quartett, so mancher Philosoph wird mo-dern, man muss sich mit einem Geständnis, (auch) philosophische Probleme zu haben, nicht nur genieren. Auf der anderen Seite kennen wir auch aus dem Schulalltag bzw. der Schulpolitik eine beklagenswerte Leidenschaft für Effizienz und Verwertbarkeit, zu der die Philosophie nicht zu passen scheint, ein kurzlebiges und wandelbares Hecheln gerade aktuellen Trends hinter-her, denen ein Monolith wie die Jahrtausende alte Tradition des Denkens zu behäbig er-scheinen muss. Dieses "doppelte Gesicht der Philosophie" (Ansgar Beckermann in der "Zeit" Nr. 25/2001) bietet sich nicht nur demjenigen dar, der die Philosophie betrachtet oder studiert, sie ist ihr inhärent: Die Spaltung zwischen theoretischer Wissenschaft und praktischer Lebenshilfe geht quer durch die Philosophiegeschichte, sie lässt die Rufe nach mehr Praxisorientierung einerseits und nach mehr akademischen Ergebnissen andererseits nicht verstummen. Wie auch immer: In diesem Spannungsfeld ungefähr bewegt sich die Philosophie und auch der Philosophie-Unterricht. Es ist wohl kaum eine Lehrperson vorstellbar, die nicht weiß, welche Faszination Philosophie bei SchülerInnen hervorrufen kann; gleichzeitig kennen wir alle auch die Legitimationsproblematik, mit der unser Fach konfrontiert ist: PhilosophInnen müssen für ihr Fach argumentieren. Herr Dr. Witzany (Salzburg), philosophischer Berater, wird am ARGE-Tag (27., 28. November 2002) nicht nur aus seiner Praxis erzählen, sondern mit uns gemeinsam auch darüber nachdenken, welche Bedeutung dem Philosophie-Unterricht in Zeiten wie diesen zukommen kann. Manche Grundsätze philosophischer Praxis erinnern zudem sehr an die Arbeit im Unterricht: "Anfangen tut derjenige, der in die Praxis kommt" oder "Was ist die Voraussetzung, die es der Philosophie gestattet, mit allen ins Gespräch zu kommen?" Philosophie als universale Angelegenheit kann verstanden werden als Versuch der Befreiung aus den Fesseln der Borniertheit, wobei Borniertheit eine Form der Verzweiflung darstellt, die nicht weiß, dass sie verzweifelt ist (nach Kierkegaard). Dieses "Herauskommen aus kleinlichen Hoffnungen und Ängsten" (B. Russell) kann natürlich auch ein Anliegen des Unterrichts sein. Es gibt nichts, was die Philosophie nichts anginge: Das macht sie einerseits verlockend als stark individualisiertes "Instrument", andererseits verdächtig als Kontrollinstanz in den Händen von Besserwissern und Dauerrednern (und -schreibern). Darum soll es also gehen in diesem Seminar, nicht zuletzt im Kontext des neuen Lehrplans und der Oberstufenreform. Ein Teil der Veranstaltung wird, einer bewährten Tradition folgend, den Fortbildungsveranstaltungen des nächsten Schuljahres gewidmet sein sowie Allfälligem. Schließlich erwarten wir noch Herrn Landesschulinspektor Mag. Kappelmüller, der immer wieder auftauchende Unklarheiten bezüglich der rechtlichen Situation - die Matura betreffend - beseitigen wird. Ich darf an die drei am letzten ARGE-Tag hitzig debattierten Fragen erinnern, die wir aus autorisiertem Mund endgültig beantwortet hören werden: 1. Fächerübergreifende Prüfung: Müssen die übergreifenden Gebiete (Inhalte) in beiden Fächern unterrichtet worden sein oder lediglich die übergeordneten Lehrziele? 2. Fächerübergreifende Prüfung: Haben Kandidaten in der Vorbereitung auf die Prüfung Eigenleistungen zu erbringen, die über das im Unterricht gebotene Wissen usw. hinaus gehen, z.B. eigenständiges Literaturstudium? 3. Kandidaten zur FBA- oder zur FÜ-Prüfung darf der Prüfer ablehnen. Ist selbiges auch bei einer vertiefenden Prüfung aus dem WPG möglich? Ich habe den für unser Fach zuständigen Inspektor jedoch auch und vor allem aus dem Grund eingeladen, um eine Gelegenheit für einen Gedankenaustausch zu bieten. Wirtschaftspsychologie, das Thema unseres Hauptseminars, scheint als ein möglicher Gegenstand des WPGs ein vernachlässigbarer Teilbereich der Psychologie zu sein. Auf den zweiten Blick wird klar, dass Aspekte der Wirtschaftspsychologie die Wahrnehmung, die Motivation, die Mechanismen innerhalb sozialer Gefüge usw. betreffen. Sieht man noch einmal genauer hin, ist klar, dass das Gebiet derart groß ist, dass man sich ein Leben lang damit beschäftigen kann. Herr Dr. Brandstätter (Linz) tut das, daher referiert er am 4. und 5. Februar 2003 über das Thema. Wir haben uns auf folgende inhaltliche Seminarstruktur geeinigt: Nach einem Überblick über Gegenstandsbereich, Methodik und aktuellen Stand der Forschung soll ein Aspekt genauer betrachtet werden, nämlich der Zusammenhang zwi-schen Wohlstand und Zufriedenheit. Erich Fromm schreibt in "Haben oder Sein", dass "Glück und größtmögliches Vergnügen nicht aus der uneingeschränkten Befriedigung aller Wünsche resultieren und nicht zu WohlSein (well-being) führen." (14) Dass die eudaimonia des Aristoteles nicht nur Gegenstand der Reflexion in der Philosophie war und ist, stellt nicht unbedingt eine Neuigkeit dar. Dass jedoch aktuelle Forschungsergebnisse Fromms Vermutungen vor beinahe 30 Jahren nachträglich bestätigen, ist einigermaßen überraschend. Bis zur Wahrnehmung der Zeit bzw. der Zukunft geht der Einfluss der Orientierung am Haben oder am Sein: Eine stark ausgeprägte Zukunftsorientierung ist ein Luxus, "den sich ausschließlich moderne Industriegesellschaften leisten können" (Plattner 1993). Der Zukunftsbezug in unterschiedlichen Bereichen (Umgang mit Geld, Sex, Bildung, Delinquenz) ist nicht Folge einer "Erziehung zur Bildung einer Zukunftsperspektive", da die sozioökonomische Situation die Ausbildung einer weiten Zukunftsperspektive nahelegt oder nicht. (nach: Internationale Kommunikationskulturen - In: http://www.payer.de/kommkulturen/kultur121.htm, 26.5.2002) Empfehlenswerte Literatur zum Einstieg: Kirchler, E.: Wirtschaftspsychologie Felser, G.: Werbe- und Konsumentenpsychologie Lenk, H. und Maring, M: Wirtschaft und Ethik Die ersten beiden Werke geben je einen Überblick über die Wirtschaftspsychologie und eignen sich hervorragend als orientierende Literatur sowohl für LehrerInnen als auch SchülerInnen, wobei das Buch von Kirchler umfassender ist und sprachlich anspruchsvoller. Sie untersuchen auch so spannende Fragen wie: "Warum kann egoistisches Verhalten letztlich für den einzelnen unvorteilhaft sein?" "Warum scheint ein Aufsteigen in der Einkommensskala die Chancen auf Zufriedenheit zu verbessern, aber nicht, wenn alle Einkommen gleichmäßig steigen?" Das Reclam-Bändchen zu ethischen Aspekten der Wirtschaft ist eine Anthologie mit Aufsätzen zum Thema und einem interessanten Anhang mit Unternehmensleitlinien, Ethikkodizes großer Konzerne und Eiden von Berufsgruppen. Am fächerübergreifenden Seminar "Verbotenes Terrain: Heimat" werden Karl Müller, Germanist aus Salzburg, Wilhelm Berger, ein Klagenfurter Philosoph, und Helmuth Thomas, Historiker aus Linz, referieren. Diese Veranstaltung stellt den Startschuss des Versuchs dar, in irgendeiner Weise verpönte oder vergessene Begriffe zu revitalisieren oder zumindest einmal in den Mund zu nehmen. "Heimat" ist ja nicht nur wegen der nationalsozialistischen Okkupation des Begriffs ein grausliches Wort geworden, sondern auch wegen des Heimatfilms und schließlich wegen des Verlusts des entsprechenden Gefühls. Davon abgesehen ist allein die Frage schon interessant, welche Bedeutung dem Begriff in einer Zeit zukommt, die sich angesichts von Begriffen (Werten?) wie Flexibilisierung, Globalisierung und Entteritorialisierung vor Begeisterung überschlägt. Roland Luft, Wels Literaturhinweise Der Sinn des Lebens, hgg. von Christoph Fehige u.a. (dtv), ist eine höchst lesenswerte und auch amüsante Anthologie zu einem für den Philosophieunterricht nicht allzu naheliegenden Thema. Die philosophischen Texte kommen großteils aus der analytischen Ecke, ergänzt durch Camus, James, Anders und Blumenberg. "Wenn die Philosophen darin (in der Menschheitsgeschichte) ein Muster entdecken, das den unendlichen Kreisläufen in der Existenz des Sisyphos gleicht, und darob verzweifeln, dann deshalb, weil es den Sinn und den Witz, den sie suchen, tatsächlich nicht gibt - zum Glück", schreibt R. Taylor als exponiertester Vertreter der These von der Sinnlosigkeit des Lebens, Sylvan und Griffin bringen eine Übersicht der jahrtausendealten Debatte, Einsteins problematischer Text "Wie ich die Welt sehe" findet sich ebenso wie Woody Allens geniale "Ansprache an die Schulabgänger". Die Essays, Anekdoten, Kürzestgeschichten und Gedichte sind von sehr unterschiedlicher Länge: Kafkas Parabel "Gibs auf" füllt nur wenige Zeilen, Monty Pythons Beitrag zum Thema ebenso, Kai Nielsens "Analytische Philosophie und der >Sinn des Lebens<" hingegen und die philosophischen Beiträge von Wiggins und Nozick sind bei weitem umfangreicher. Insgesamt macht es große Freude, dieses Buch zu lesen: Es lädt ein zum Schmökern und Stöbern in ca. 550 Seiten; alles, was das Herz begehrt, wird erfragt: Gibt es einen Sinn ohne Gott?, Kann ein Leben mit dem absehbaren Ende Tod überhaupt einen Sinn haben? Was bedeutet "sinn des lebens" eigentlich? Ist das Leben wert, gelebt zu wer-den? Auch für Schüler geeignet. Empfohlen sei auch noch das schmale Bändchen Was bedeutet das alles? von Thomas Na-gel, eine "ganz kurze Einführung in die Philosophie", erschienen im Reclam-Verlag. Dieses Werk für Einsteiger bietet anhand von Fragestellungen einen Überblick über philosophische Themen und Lösungswege für Probleme. Roland Luft, Wels