Word-Datei - beim Niederösterreichischen Landtag

Werbung
Landtag von NÖ, XI. Gesetzgebungsperiode
Tagung 1982/83
5. Sitzung am 1. Dezember 1982
INHALT:
1. Eröffnung durch dritten Präsident Romeder (Seite 277),
2. Verlesung des Einlaufes (Seite 277),
3. Verhandlung:
Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1983. Spezialdebatte zur Gruppe 2
(Fortsetzung). Redner: Abg. Stangl (Seite 277), Abg. Schwarzböck (Seite 282), LHStv. Grünzweig
(Seite 284), Landesrat Prokop (Seite 287); Abstimmung (Seite 289).
Spezialdebatte zur Gruppe 3. Berichterstatter: Abg. Dr. Bernau (Seite 290); Redner: Abg. Dr. Slawik
(Seite 290), Abg. Prof. Wallner (Seite 299), Abg. Rupp (Seite 307), LHStv. Grünzweig (Seite 310),
Abg. Buchinger (Seite 316), LHStv. Grünzweig (Seite 318); Abstimmung (Seite 319).
Spezialdebatte zur Gruppe 4. Berichterstatter Abg. Dr. Bernau (Seite 319); Redner: Abg. Bernkopf mit
Resolutionsantrag (Seite 320), Abg. Fidesser mit Resolutionsantrag (Seite 323), Abg. Wagner mit 2
Resolutionsanträgen (Seite 329), Abg. Dr. Bauer (Seite 337), Abg. Hiller mit 2 Resolutionsanträgen
(Seite 341), Abg. Lusetzky mit Resolutionsantrag (Seite 347), Abg. Krenn (Seite 350), Abg. Dipl.-Ing.
Molzer (Seite 354), Abg. Reixenartner mit Resolutionsantrag (Seite 357), Abg. Klupper (Seite 359),
Abg. Dr. Bauer (Seite 361), Abg. Ing. Kellner (Seite 362), Landesrat Dr. Brezovszky (Seite 362),
Landesrat Votruba (Seite 363), Landesrat Höger (Seite 366), Landesrat Prokop (Seite 367);
Abstimmung (Seite 369).
Spezialdebatte zur Gruppe 5. Berichterstatter Abg. Dr. Bernau (Seite 369); Redner: Abg. Tribaumer
mit 2 Resolutionsanträgen (Seite 370), Abg. Prof. Wallner (Seite 373).
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER (um 9 Uhr): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten
Sitzung ist geschäftsordnungsmäßig aufgelegen. Es ist unbeanstandet geblieben, demnach als
genehmigt zu betrachten.
Ich ersuche um Verlesung des Einlaufes.
SCHRIFTFÜHRER (liest):
Ltg.-Nr. 517 - Vorlage der Landesregierung betreffend Landeshaftung für ein Darlehen, das vom NÖ
Landwirtschaftlichen Siedlungsfonds im Jahre 1983 aufgenommen wird.
Ltg.-Nr. 516 - Vereinbarung des Landes mit dem Bund gemäß Art. 15a B-VG über den
höchstzulässigen Schwefelgehalt im Heizöl.
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Wir setzen die Verhandlungen zum Voranschlag des Landes
Niederösterreich für das Jahr 1983 mit der Spezialdebatte zur Gruppe 2 fort.
Zu Wort ist der Herr Abg. Stangl gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg. STANGL: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn wir die
heutigen Lebensbedingungen und Erscheinungen in unserer Gesellschaft beobachten und
analysieren, dann müssen wir feststellen, daß sich durch die Umwelt und die Arbeitsbedingungen der
Menschen gegenüber der Vergangenheit ein sehr großer Wandel vollzogen hat. Die Veränderungen
sind teilweise zu Ungunsten der menschlichen Gesundheit und der menschlichen Leistungsfähigkeit
eingetreten. Der normale Ablauf des Alltags ist immer mehr einer bewegungsfeindlichen Umwelt
gegenübergestellt. Der Mensch sitzt immer mehr, das gilt sowohl für den Arbeitsplatz, die
Verkehrsmittel, ja selbst im trauten Heim sind diese Erscheinungen im steigenden Maße festzustellen.
Die zunehmende Veränderung macht eine Beschäftigung in der Freizeit auch durch die Verstädterung
faktisch immer mehr bewegungsärmer. Wir müssen außerdem feststellen, daß durch gewisse
Umwelteinflüsse, ich denke hier an Luftverunreinigung, aber auch an Lärm, Umstände geschaffen
werden, die die Reizwirkungen auf den menschlichen Organismus erhöhen.
Zusammenfassend glaube ich, feststellen zu müssen, daß das natürliche Gleichgewicht der
Lebensweise der Menschen gestört ist und daß der Ausgleich in physischer und psychischer Hinsicht
mehr denn je erforderlich ist, um die gesundheitsschädigenden Einwirkungen auszugleichen bzw. zu
vermeiden. Einen wesentlichen Ausgleichsfaktor bietet im weitesten Sinne des Wortes der Sport. Der
könnte beitragen, die Gesundheit, Widerstandskraft, aber auch die Leistungsfähigkeit des Menschen
zu erhalten, wiederherzustellen bzw. zu steigern. Zukünftig wird es notwendig sein, einen größeren
Teil der Freizeit dem Sport im umfassenden Sinne zu widmen. Ich glaube, unsere Verantwortung ist
es, in der sogenannten Sportpolitik neue Wege zu suchen und mehr Mittel zu gewähren, um das
Sportangebot attraktiver zu gestalten und damit zum Bedürfnis der Allgemeinheit zu machen.
Die Behandlung des Voranschlages gibt uns die Möglichkeit, wie mir scheint, in wesentlichen Fragen
hinsichtlich des Zahlenmaterials, aber auch vor allem hinsichtlich des Inhaltes und der neuen Wege
doch einige Überlegungen anzustellen. Ich glaube, wir müßten uns auch fragen, wenn diese
Beobachtungen und Analysen stimmen, inwieweit tragen wir diesen Erkenntnissen in unserem
Handeln, aber auch in unserer Motivation Rechnung? Bei der Betrachtung des Zahlenmaterials, der
Ansätze, die dem Sport gewidmet sind, könnten wir eigentlich feststellen, daß wieder eine Steigerung
im gesamten gegeben ist. Ich weiß, beim genauen Studium ist festzustellen, daß einige Ansätze
gleichgeblieben sind bzw. sogar vermindert wurden, und zwar sind diejenigen mit weniger Geldmittel
versehen, wo wir vertragliche Verpflichtungen, ich denke hier an Lindabrunn und Hochkar, zu erfüllen
haben und durch den niedrigen Darlehensund Zinsendienst eben auch niedrigere Ansatzposten
haben; hinsichtlich der beiden sind das etwa 214.000 Schilling.
Steigerungen sind vor allem im Bereich des Sportstättenschillings, des Sportstättenbaues, aber auch
des Spitzensportes der Vereine und Verbände und des Trainereinsatzes zu beobachten. Diese
Steigerungen machen ungefähr die Erhöhung des Sportbudgets im Lande Niederösterreich für das
Jahr 1983 aus, weil zur Freude aller, die damit beschäftigt sind, die Einsparungen, die auf
vertraglicher Basis geschehen, nicht in die Landeskasse zurückfließen, sondern eben für andere
Zweckbestimmungen vorgesehen wurden. Die Steigerungen betragen etwa für die anderen Aufgaben
3,5 Millionen Schilling.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre aber, glaube ich, unvollkommen und unvollständig,
wenn wir die Fragen des Sportes nur unter den Aspekten der Gruppe 2 sehen würden, also im
Schulbereich, im Bereich der Jugendarbeit, in der Kulturarbeit oder Bildungsarbeit. Ich glaube, der
Sport geht in seiner Bedeutung, in seiner Gesamtheit weit über diese Ansätze hinaus, wenn ich z. B.
an den Gesundheitsfaktor des Sports, an den Wirtschaftsfaktor, aber auch an den Sozialfaktor und
natürlich an den Erziehungsfaktor denke. Diese Erscheinungen neben spezifischen Erscheinungen im
Sport selbst, glaube ich, könnten wir dem Inhalt nach mit dem Begriff „Sportpolitik" umschreiben. Ich
möchte noch einmal betonen, neben Gesundheits-, Wirtschafts-, Sozial- und Erziehungspolitik in
diesem Bereich gibt es natürlich sportspezifische Aspekte. Ich denke hier an den Spitzensport, an den
Leistungssport, ja sozusagen an die Darbietung von Idealen bzw. Leitbildern und anderes mehr.
Nun einige Bemerkungen. Wenn wir die Vergangenheit betrachten, dann glaube ich, ist in
Niederösterreich in den letzten Jahren im Bereich des Sports sehr viel geschehen. Ich muß aber
feststellen, es war auch ein Nachholbedarf vorhanden, dem Rechnung zu tragen war. Die Entwicklung
hat sich, wenn ich jetzt Vergleiche mit dem Sportstättenleitplan anstelle, doch zugunsten des Sports
enorm verändert. Wenn man den Leitplan als Ideal hernehmen würde - ich weiß, daß hier in nächster
Zeit Ergänzungen notwendig sein werden, weil dieser Leitplan ja kein Dauerinstrument sein kann,
sondern, so wie in vielen anderen Bereichen der Politik, ein ständiges Beobachten und Ergänzen
notwendig sein wird -, so hätten wir heute dem Leitplan zufolge etwa 84% der Sportplätze und
Leichtathletikanlagen, die wir als Zielvorstellung hatten, erreicht.
Bei Turn- und Mehrzweckhallen sind wir ungefähr auf 2/3, bei den Hallenbädern auf 87%, wobei ich
noch feststellen muß, daß die Flächendeckung der Hallenbäder oft mit den Idealvorstellungen des
Leitplanes nicht übereinstimmen. Wir haben auch verschiedene spezielle Anlagen im Sport, deren
Quantität und Qualität, Gott sei Dank, muß ich sagen, nicht nur durch den Einsatz des Landes und
durch den Einsatz der Gemeinden, sondern, der Kollege Rozum hat das gestern bereits festgestellt,
vor allem auch durch den Einsatz der aktiven Sportler und Funktionäre steigend sind. Ich denke hier
von den Tennisplätzen bis zu den Schießständen der Eisstockschützen, wo enorme Steigerungen
feststellbar sind.
Das Problem hinsichtlich der Sportstätten wird sich in der nächsten Zeit, glaube ich, neben den
Neubauten auf zwei Erscheinungen richten müssen. Das eine wird das Problem der Erhaltung dieser
Sportstätten sein. Die Erhaltung der Sportstätten, ich bitte, hier nicht nur die Leichtathletikanlagen und
die Rasenplätze zu verstehen, erfordert sowohl von den Vereinen als auch von den Gemeinden immer
mehr Mittel, erfordert auch immer mehr Verständnis. Wenn nur bekannt wird, daß da oder dort eine
Sportstätte umgestaltet wird - das war immer so, nicht nur in der heutigen Zeit -, tauchen verschiedene
Firmen auf, die die Vereine bzw. die Funktionäre, aber auch die Gemeinden mit den sogenannten
neuesten Mitteln versehen wollen, die aber in Hinsicht der praktischen Sportausübung oft gar nicht
geeignet sind.
Daher, glaube ich, war es ein guter Weg, den wir in Niederösterreich gegangen sind, daß wir
diesbezüglich nicht nur die Gemeinden in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Institut für
Schul- und Sportstättenbau beraten, sondern darüber hinaus die Vereine und die Verbände
mitbetreuen. Daher können doch bis zu einem gewissen Grad Fehlinvestitionen hintan gehalten
werden. Ich finde, daß der Ausbau dieser Beratung, die auch in Zusammenarbeit mit den Verbänden
geschieht, noch mehr vertieft werden muß. Ich glaube, das ist auch für die Zukunft eine
Notwendigkeit, und zwar, ich betone noch einmal, nicht nur für Neubauten, sondern auch für die
Erhaltung und Umgestaltung.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang auch noch ein offenes Wort. Der Kollege Rozum hat
gestern sehr deutlich vom Energieverbrauch in den Hallenbädern gesprochen. Ich würde bitten, das
an und für sich nicht auf die Hallenbäder einzuschränken, denn wir haben auch bei den Sporthallen, ja
sogar bei den Klub- und Kabinengebäuden dasselbe Problem. Ich bin dem Ganzen etwas
nachgegangen. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, viele Sportstätten wurden in einer Zeit
gebaut, auch Hallenbäder, wo die Energiekosten eigentlich eine sekundäre Rolle gespielt haben.
Durch die Steigerung der Energiekosten, etwa seit 1974, ist dann der Umstand eingetreten, wo der
Hallenbadeigentümer auf einmal bemerkt hat, daß ein Großteil der Erhaltungskosten die
Betriebskosten hinsichtlich des Energieverbrauches sind. Und jetzt tritt der Fall ein, daß man gewisse
Sportstätten, ich denke hier wieder an Hallen, nur bedingt verwenden kann, weil sich sonst die
Gemeinden, aber auch die Verbände oder Vereine finanziell ausbluten und für den übrigen
Spielbetrieb keine Mittel mehr zur Verfügung haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe das vor zwei Jahren hier bereits gesagt und die
Frau Landesrat ist voriges Jahr in ihrem Schlußwort darauf eingegangen. Leider muß ich feststellen,
es ist bis heute in der Hinsicht nichts geschehen, außer daß Erhebungen gemacht worden sind, wie
wir dem Bericht des Sportreferates entnehmen, wonach eine Hallenbenützung in Niederösterreich
zwischen 500 und 800 Schilling pro Stunde kostet. Ich weiß, wie schwierig die Materie zu behandeln
ist, damit die Gemeinden nicht auf Kosten der Sportverbände ungerechtfertigte Förderungen
bekommen, auf der anderen Seite wieder die Sportverbände oder Vereine nicht als Abschöpfer
betrachtet werden, aber ich glaube, es müßte auf diesem Gebiet etwas geschehen.
Ich verstehe auch die Sorgen der Kommunalpolitiker, weil es so viele Aufgaben der Gemeinden gibt in der Gruppe 0 wurden diese Probleme bereits von den verschiedenen Rednern aufgezeigt -, die
zwar optisch nicht sehr wirksam, aber lebensnotwendig sind und die Gemeinden die
Zurverfügungstellung und Pflege der Sportstätten auf die Dauer nicht leisten können. Ich möchte hier
nicht mißverstanden werden, ich war immerhin 26 Jahre selbst in der Kommunalpolitik tätig. Auf der
anderen Seite ist es heute bereits so, und ein Bediensteter des Sportreferates, der Präsident eines
Verbandes ist, könnte hier Zeugnis ablegen, daß es bereits Vereine gibt - ich denke hier an den
Handballsport, ich denke an den Basketballsport, die auf die Benützung dieser Hallen sowohl im
Training als auch bei den verschiedenen Meisterschaftsspielen angewiesen sind -, die bereits ihren
Spielbetrieb unter größten Opfern der Gemeinden und der Vereine einschränken, die auch
Trainingszeiten einschränken mußten.
Ich selbst kann Ihnen aus Erfahrung sagen, daß es bereits so weit ist, daß man, obwohl genug junge
Menschen dagewesen wären, um die Meisterschaft in drei Gruppen durchzuführen, den Spielbetrieb
einstellen mußte, weil man ganz einfach die 140.000,- Schilling nicht aufbringen konnte. Ich weiß, es
wird jetzt in Fernsehinterviews usw. den Funktionären vorgeworfen, sich nicht genügend um
Sponsoren umgesehen zu haben, es gäbe sie auch in der Südstadt, und wie alle diese Bemerkungen
lauten.
Ich würde diesen Funktionären und Herren, die das so leicht behaupten, einmal vergönnen, irgendwo
im ländlichen Gebiet oder im Raum an der Grenze zu versuchen, Sponsoren zu bekommen. Manche
Sportarten sind auch für einen Sponsor gar nicht interessant. Bei meinen Vorstellungen haben mir
Leute, die dem Sport wohlgesinnt sind, glatt gesagt, was habe ich davon, wenn ihr in Wr. Neustadt
oder in St. Pölten oder in Obergrafendorf, in Krems oder Langenlois Handball spielt? Das ist für mich
nur bei einem Heimspiel eine Werbung, und das Einzugsgebiet ist in unserem Ortsbereich so günstig,
daß ich das nicht notwendig habe. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird in Zukunft auch
unsere Aufgabe sein, in gewissen Dingen eben nicht nur die Motivation, sondern auch die Aktivität zu
vertreten.
Nun ein Wort noch zu den Hallenbädern. Ich glaube, man sollte hier - ich sage das etwas mit Vorwurf nicht zu früh in die Öffentlichkeit gehen. Wenn ich mir die Liste der Hallenbäder in Niederösterreich
ansehe, dann geht es hier vom Bestimmungszweck bis über die Eigentümer kunterbunt zu. Man
müßte sehr, sehr objektiv versuchen abzuwiegen, inwieweit diese Hallenbäder in Hinsicht der
Auslastung tatsächlich nur dem Sport, nur dem Fremdenverkehr, nur der Schule gewidmet sind, und
es müßte hier zu einer Kooperation zwischen Fremdenverkehr, Schule und Sportreferat kommen, um
die Probleme zu lösen.
Ich glaube, es ist nicht gut, wenn man in Zeitungen sehr frühzeitig Erklärungen abgibt, daß die
Erhaltung und der Umbau der Hallenbäder aus den Sportmitteln bezahlt werden. Ich glaube, es ist
nicht gut, wenn man Briefe schreibt, wo hinsichtlich Raabs mitgeteilt wird, daß man dort Zusagen
gemacht habe, den gesamten Zinsendienst aus den Sportförderungsmitteln bzw. eventuell aus
Fremdenverkehrsmitteln zu übernehmen. Ich warne vor dieser Entwicklung, wenn es nicht vorher zu
einer gewissen Konzeption kommt! Die Notwendigkeit ist bitte unbestritten, um mir nicht Worte in den
Mund oder in meine Ausdrucksweise zu legen, die ich nie gebraucht habe. Ich glaube aber, bevor
man derartige Aussagen in der Öffentlichkeit macht, sollte man sich das klar überlegen, denn wenn
ich wieder die Liste der Hallenbäder hernehme, so könnten faktisch jetzt alle Hallenbäder, außer
jenen, die in der letzten Zeit gebaut wurden, und wo vielleicht auf die Energiekosten Rücksicht
genommen wurde, wo nur die Gemeinden oder die Schulgemeinden Träger sind, kommen, wodurch
dann die Sportförderung mit der Übernahme des Zinsendienstes eine sehr große Einschränkung
erleiden würde.
Ich bin nach wie vor der Meinung, eine saubere Sportförderung auch hinsichtlich des Effektes muß
sich ausrichten:
a) auf die Sportstätten,
b) auf die Verbände, weil die Funktionäre, die dort ehrenamtlich arbeiten, für ihre Tätigkeit im Verein
und für die Allgemeinheit direkte Unterstützung bekommen, und
c) auf die Ausbildung von Trainern und Übungsleitern.
Ich weiß, daß es daneben einige Randerscheinungen gibt, die notwendig sind, um das globale Bild zu
erhalten, wo man die Förderung nicht ausschließen kann. Ich bitte also noch einmal, bevor man in die
Öffentlichkeit geht und falsche Hoffnungen erweckt, sollte man die Dinge sehr genau absprechen bzw.
auch - ich möchte fast sagen - die Auswirkungen auf die Zukunft abwiegen.
Nun komme ich schon zum zweiten Gesichtspunkt meiner heutigen Ausführungen. Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Ich habe gesagt, daß die Ausbildung unter Einsatz von Trainern und
Lehrwarten heute notwendiger denn je ist. Ich bin sehr froh, daß das Angebot der Landessportschule
angenommen wird, nicht nur hinsichtlich der Leistungs- und Technikverbesserung der Sportler,
sondern auch hinsichtlich der Ausbildung der Funktionäre, der Trainer und Lehrwarte. Sie müssen
ganz einfach mit den neuesten Methoden vertraut gemacht werden, die in ihrem Bereich eine Rolle
spielen. Sie müssen auch mit den bestehenden Strukturen vertraut gemacht werden, damit sie durch
Selbstüberlegungen, aber auch durch Denkanstöße gewisse Notwendigkeiten erkennen und
Methoden und Strategien entwickeln, die dem Sport dienen. Hier müssen wir uns immer wieder die
Frage stellen, ob es ausreichend ist, was heute geschieht. Ich weiß, daß durch die Verbände selbst
ein Teil der Aufgaben sehr effektiv übernommen wird. Es gibt aber Verbände, die nicht die Möglichkeit
haben, das selbst zu tun. Deswegen, glaube ich, sollte die Landessportschule, an und für sich einer
der Träger dieser Ausbildungsmöglichkeiten, auch Weiterbildungsmöglichkeiten, wenn Sie wollen, in
theoretischer, zum Teil sogar wissenschaftlichen Hinsicht vermitteln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn gestern der Kollege Rozum davon gesprochen hat,
daß es besser sei, statt eine Landessportschule - entschuldigen Sie bitte schön, ich meine das nicht
negativ - à la Kaserne mit Anlagen zu bauen, in der ersten Phase in gewissen Sportarten eine
Verlagerung in die Viertel, dann findet das unsere ungeteilte, freudige Zustimmung. Wir waren uns,
glaube ich, auch in den zuständigen Gremien einig. Nur eines bitte, das habe ich auch in den
zuständigen Gremien betont.
Es müßte vor Inangriffnahme sozusagen der ersten Expositur der Landessportschule nach unserer
Meinung in Zusammenarbeit mit den Verbänden, den jetzigen Fach- und Dachverbänden, doch eine
Bedarfsfeststellung und dann eine Organisationsvorschau gemacht werden, denn es wäre nicht gut,
wenn man jetzt willkürlich, das geschieht im Fall St. Pölten bitte nicht, Standorte aussuchte, wo gerade
zu diesem Zeitpunkt verschiedene Einrichtungen vorhanden sind. Diese Einrichtungen sollen
vorhanden sein, weil dadurch eine Auslastung gegeben ist, ganz gleich, ob sie Vereinen, Verbänden
oder Gemeinden gehören.
Auf der anderen Seite würde ich bitten, doch auf die Notwendigkeit der Verbände und auch auf die
Streuung der Sportarten in dem Gebiet Rücksicht zu nehmen, wo eine derartige Außenstelle bzw.
Expositur hinkommen soll. Wir müssen - gerade im Sportwesen ist es ja bis jetzt geschehen - die
Mittel, die wir zur Verfügung haben, die uns durch das Budget in allen Gebietskörperschaften gegeben
werden, so sparsam und zielgerecht einsetzen, wie es nur möglich ist, denn ein falscher Einsatz von
einigen tausend Schilling könnte auf der anderen Seite, richtig verwendet, dem Sport mehr dienen als
bisher. Im Spitzensport und Leistungssport, glaube ich, sind die Bedürfnisse leichter zu erkennen und
zu beurteilen als im Breitensport.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang doch, einen Gedanken mitzuteilen. Ich habe einleitend
gesagt, daß der Sport weit über die spezifischen Erkenntnisse des Sports in andere Bereiche
hineingeht. Hinsichtlich der Sozialpolitik und Gesundheitspolitik, glaube ich, müßten wir uns doch
einige Gedanken machen, wie wir mehr als bisher an die Menschen herankommen. Im Breitensport
müssen wir ja auch eine gewisse Entwicklung sehen. Oft ist der Breitensport nur in gewissen Phasen,
in gewissen Lebens- oder Altersabschnitten „in“, wenn ich das Wort gebrauchen darf. Es setzt sich
dann, ich möchte sagen, zwischen dem 20. oder zwischen dem 10. und 30. Jahr wieder eine Welle in
Bewegung. Wenn man einen gewissen Altersabschnitt erreicht, den wir mit Pensionsalter oder
Vorpensionsalter bezeichnen könnten, gibt es nach den Erhebungen eine Lücke, wo der Mensch
eigentlich am leistungsfähigsten ist, wo er sich zum Teil aus dem aktiven Gesundheits- und
Breitensport zurückzieht. Ich rede jetzt bitte nicht vom Leistungssport an und für sich.
Ich glaube, wenn ich eingangs gesagt habe, daß heute in unserer Lebensform gewisse
Erscheinungen auftreten, wo wir selbst glauben, daß der Sport als Ausgleich, wenn Sie wollen, als
Regenerator dient. Deswegen müssen wir auch an diese Menschen herankommen. Hier wird es nicht
mit Werbeschriften allein abgetan sein, sondern hier wird es vor allem um die Motivation gehen. Ich
erwarte mir nicht, daß wir in unserer Generation eine Zielvorstellung von 84% erreichen, aber ich
glaube, hier müßte bei der Erziehungsarbeit begonnen werden. Wenn gestern die Frau Jirkovsky von
den Bewegungsräumen in den Kindergärten und die Kollegen Kalteis und Schober über die
Bewegungen im Schulalter gesprochen haben, dann glaube ich, müßte begleitend eine gewisse
Erziehungsarbeit erfolgen, damit der Mensch nicht in einem gewissen Alter sagt, heute brauche ich
diese Bewegung etwas weniger oder im negativsten Fall überhaupt nicht mehr - Politiker bitte
ausgeschlossen, denn diese haben für so etwas keine Zeit mehr!
Wenn ich mir die Literatur ansehe, kann ich feststellen, daß die Erscheinungen auf diesem Gebiet in
den Vereinigten Staaten und auch in der Bundesrepublik Deutschland im Versuchsstadium sind, und
seit etwa zwei Jahren gibt es einen derartigen Versuch in Wien, in der Brigittenau, wo man durch
sportliche Bewegungstherapie gewissermaßen Rehabilitationen durchführt. Mir wäre es lieber, daß
man vorbeugend wirkt, was vom Kostenpunkt her weit billiger kommt. Mit bewußtem Gehen beginnt
das und geht dann bis zu einer gewissen Belastbarkeit. Die Untersuchungen und Erfolge sind sehr,
sehr ermutigend, und daher sollten wir vom Mutter- und Kind-Turnen bis zum Seniorenturnen
versuchen, diese Motivation, aber bitte auch die Organisation in dieser Hinsicht zu verbessern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß, daß der Zusammenhang zwischen Medizin und
Sport heute mehr denn je erkannt wird. Obwohl hier zwar wieder ein Schritt getätigt wurde, aber weil
mir das doch ein bisserl zu langsam geht und gesundheitliche Schäden, die durch den Sport
entstehen können, zum Teil nicht mehr reparabel sind und den Menschen sein ganzes Leben
beeinflussen, glaube ich, daß wir vor allem am sportmedizinischen Sektor etwas rascher handeln
müßten. Ich bin sehr froh, daß jetzt eine sportärztliche Untersuchungsstelle - ich glaube in Krems - als
Dependance bzw. als Unterglied der Landessportlichen Untersuchungsstelle in der Südstadt oder
Mödling errichtet wird. Unser Ziel müßte sein, auch immer mehr Einrichtungen der Krankenanstalten
zu benützen. Es wäre nicht sinnvoll, neue Investitionen zu tätigen, wenn auf der anderen Seite schon
entsprechende Investitionen in anderen Bereichen getätigt wurden. Nur
eines:
Ich glaube, man müßte viel mehr - und ich bitte die Frau Landesrat, solche Gespräche zu führen - von
der medizinischen Ausbildung an der Universität bis zum Praktikum am Spitalsärztesektor versuchen,
daß sich in den einzelnen Krankenanstalten immer mehr Ärzte zur Verfügung stellen - damit hätten
wir, glaube ich, ein umfassendes Netz über ganz Niederösterreich gezogen -, die sich spezifisch mit
der Sportmedizin, mit der Untersuchung von Sportlern beschäftigen. Das würde keinen großen
finanziellen Aufwand erfordern, aber umso mehr Erfolg für die medizinische Seite des Sportes selbst
bringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich trotz der sehr offenen, aber wie
ich glaube, sachlichen Kritik, zusammenfassend feststelle: Der Sport muß heute ein wesentlicher
Bestandteil unserer Lebensgestaltung für alle Menschen werden, er stellt eine zeitgemäße
gesellschaftliche Aufgabe dar. Daß die Mittel in einem Budget immer zu wenig sind, ist mir klar. Wenn
wir diese etwas über 50 Millionen zielgerecht einsetzen, werden wir dem Sport in Niederösterreich,
aber vor allem den Menschen in Niederösterreich einen guten Dienst erweisen. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Als nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Abg. Schwarzböck.
Ich erteile es ihm.
Abg. SCHWARZBÖCK: Geschätzter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die
Kollegen Kautz und Kurzbauer haben gestern bereits in ihren Debattenbeiträgen auf die großen
Anstrengungen des Landes Niederösterreich und der Niederösterreichischen Handelskammer im
Bereich des gewerblichen Berufsschulwesens hingewiesen und auch gemeint, daß es trotz dieser
großen Anstrengungen auch in Hinkunft notwendig sein wird, die Bemühungen fortzusetzen. Eine
ähnliche Situation finden wir, glaube ich, im Bereich des landwirtschaftlichen Schulwesens vor.
Die Situation in diesem Bereich des Bildungswesens ist gekennzeichnet vom weiteren Ansteigen der
Schülerzahlen vor allem im Bereich der landwirtschaftlichen Fachschulen. Diese Tatsache, meine sehr
geehrten Damen und Herren, bestätigt nicht nur die Richtigkeit des bisherigen Budgetaufwandes für
den Ausbau dieser Bildungseinrichtungen, sondern verpflichtet uns, auch in diesem Bereich den Weg
in Zukunft weiterzugehen. Im vergangenen Jahr konnten mit der Fertigstellung der Fachschulen in
Hollabrunn, Mistelbach und der Mädchenfachschule Edelhof der Jugend vor allem in diesem Bereich
neue Bildungsstätten angeboten werden, die nicht nur den heutigen, sondern sicherlich auf Jahre
hinaus auch den zukünftigen Anforderungen gerecht werden können. Vor allem sind bei den
Internatsgebäuden, dem heutigen Standard entsprechend, beträchtliche Budgetansätze erforderlich.
Wenn wir uns aber heute über die verbesserten Wohnbedingungen und Wohnverhältnisse in der
Landwirtschaft befriedigt zeigen können, so ist es einfach notwendig, daß der Fachschüler in den drei
Jahren, in denen er sich in diesen Zentren aufhält, so untergebracht ist, wie es dem landläufigen
Standard der Wohnverhältnisse entspricht.
Meine Damen und Herren! Die Ausbildung einer Berufsgruppe, die innerhalb von 30 Jahren auf ein
Drittel geschrumpft ist und dennoch immer größere Aufgaben für die Gesellschaft zu erfüllen hat,
steht, glaube ich, unter besonderen Ansprüchen und Voraussetzungen. War die Ausbildung und
Beratung der Bauernschaft in den vergangenen Jahrzehnten auf die Steigerung und qualitative
Verbesserung der Nahrungsmittelproduktion ausgerichtet, so erfordert eine zukunftsträchtige
Ausbildung und Schulung unserer Bauern von morgen die Einbeziehung der kommenden Aufgaben in
die Ausbildung. Dadurch brauchen wir natürlich laufend neue Einrichtungen, um diesen kommenden
Aufgaben gerecht werden zu können; Einrichtungen, die Versuche und praktische Arbeiten
ermöglichen, die für den Einzelbetrieb in der Praxis noch nicht gangbar oder erprobbar sind.
Diese Bemühungen in den Schulen unseres landwirtschaftlichen Schulwesens sind nicht nur leicht
erkennbar, sondern haben für die künftige Entwicklung entscheidende Bedeutung. Hier wird mit
zahlreichen Institutionen, wie etwa dem Wissenschaftsministerium, der Universität für Bodenkultur,
den Bundesanstalten der österreichischen Düngerberatung und anderen Einrichtungen, sehr intensiv
zusammengearbeitet. Allein im Pflanzenbau sind dies weit mehr als 20.000 Versuchsparzellen, die
von den Lehrkräften der landwirtschaftlichen Schulen gewartet und ausgewertet werden.
Energieproduktion, Energieeinsparung und Alternativproduktion sind moderne Aufgaben der
Landwirtschaft, die höchste Anforderungen an die künftigen Betriebsführer stellen werden und die für
die Bewältigung der Probleme in der Volkswirtschaft in Hinkunft von entscheidender Bedeutung sein
werden. In dieser Hinsicht wurden in den Landwirtschaftsschulen Initiativen gesetzt, die Anerkennung
verdienen und letztlich auch bereits finden.
Die Versuchsarbeiten mit der Biogasanlage am Edelhof, die mit Unterstützung des
Wissenschaftsministeriums errichtet und vor kurzem eröffnet werden konnte, die Bemühungen der
Abteilung VI/5 zur Energieeinsparung in den Schulgebäuden selbst sind meiner Meinung dazu
angetan, bei den Schülern und Absolventen ein entsprechendes Problembewußtsein zu schaffen. Die
Anstrengungen von Landesrat Blochberger, die Imkerschule zu reaktivieren und hier Spezialberater
für die Betreuung der Imkerei und Bienenwirtschaft einzusetzen, sind nur ein Beispiel, daß in diesem
Bereich die Unterstützung der Alternativproduktion entsprechend wahrgenommen wird.
Mit gleicher Intensität müssen wir aber auch die gesellschaftlichen Veränderungen im ländlichen
Raum bei der Ausbildung der Bewohner dieses Raumes berücksichtigen. Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Wenn z. B. die Schülerinnenzahl in den Mädchenfachschulen im laufenden Schuljahr um
beträchtliche 13% ansteigt, nachdem im Jahr vorher bereits beachtliche Steigerungsraten zu
verzeichnen waren, so sind dafür sicherlich mehrere Faktoren verantwortlich, die aber bei der
Ausbildung letztlich berücksichtigt werden müssen. Sicherlich bestätigt diese Tendenz den guten Ruf
der landwirtschaftlichen Fachschulen in der Bevölkerung.
Diese Tendenz ist aber, so meine ich, auch die Folge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen
wir uns momentan befinden. Es ist in weiten Teilen unseres Landes nicht mehr so leicht, für Mädchen
einen entsprechenden Lehr-, Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu finden. Erst vor kurzem hat Dr.
Matthias Schneider vom Wirtschaftsforschungsinstitut aufgezeigt, daß es durch die wirtschaftliche
Flaute an die 40.000 versteckte Arbeitslose im Bereich der Landwirtschaft gibt, daß selbstverständlich
vor allem im hohen Maße junge Menschen betroffen sind.
Das ist vor allem auch daran erkennbar, daß immer mehr Schülerinnen aus landwirtschaftlich fremden
Bereichen und Familien in die landwirtschaftlichen Fachschulen, Richtung Hauswirtschaft, drängen
und auch kommen. Eine gediegene hauswirtschaftliche Ausbildung stellt zwar für jede Frau eine
wertvolle Lebenshilfe und Lebensgrundlage dar und kann für die ganze Familie von großem Vorteil
sein, aber es muß in Konsequenz daraus alles unternommen werden, die landwirtschaftliche und
hauswirtschaftliche Berufsausbildung in anderen Berufsausbildungszweigen zu berücksichtigen, um
diese Ausbildungszeiten auch anzuerkennen.
Unsere landwirtschaftlichen Schulen werden immer mehr zu Schulen für den ländlichen Raum
schlechthin. Die gleichen Voraussetzungen wie bei der gesetzlichen landwirtschaftlichen
Berufsausbildung sollten letzten Endes, glaube ich, auch auf die Anrechnung der Zeiten nach
Absolvierung einer Fachschule zutreffen. Ähnlich wie bei den Mädchen, die aus
landwirtschaftsfremden Kreisen kommen und die in bäuerliche Fachschulen gehen, liegt die Situation
bei unseren künftigen Nebenerwerbsbauern. Die Absolvierung einer landwirtschaftlichen Fachschule
und eine darauffolgende handwerkliche oder gewerbliche Berufsausbildung unter Anrechnung der
Fachschulzeit bringt sicher eine Verlängerung oder Verzögerung des Lehrabschlusses mit sich, ist
aber, so meine ich, vorwiegend eine Voraussetzung für die Bewältigung dieser künftigen
Doppelbelastung.
Meine Damen und Herren! Ich habe bereits einmal hier im Hohen Hause mit Befriedigung darauf
verwiesen, daß es bereits gelungen ist, für 18 Lehrberufe in der handwerklichen und gewerblichen
Ausbildung die gesetzliche landwirtschaftliche Berufsausbildung durch Anrechnung von Zeiten
berücksichtigen zu können. Ich glaube, die Anstrengungen, auch die schulische Ausbildung im
Landwirtschaftsbereich durch Berücksichtigung von Zeiten gleichermaßen anzurechnen, sollten in
Hinkunft vermehrt durchgeführt werden. Die große Berufsmobilität der heutigen Zeit führt auch 'immer
mehr dazu, daß Mädchen aus landwirtschaftsfremden Berufen, aus landwirtschaftsfremden Kreisen
durch Heirat den Beruf der Bäuerin ergreifen. Es ist dann notwendig, mit Hilfe von Kursen,
Spezialkursen im Wege der außerschulischen Erwachsenenbildung das notwendige Wissen und
Können zu vermitteln, um die Voraussetzungen für diesen sicherlich nicht leichten Beruf auch
entsprechend anbieten zu können. Dem Rechnung tragend, werden seit einigen Jahren derartige
Kurse angeboten und auch entsprechend frequentiert.
Meine Damen und Herren! Im landwirtschaftlichen Schulwesen wurde mit der Organisationsform der
dreijährigen Burschenfachschulen und der zweijährigen Mädchenfachschulen mit hauswirtschaftlicher
Ausrichtung ein Modell geschaffen, das voll angenommen wird, obwohl die Voraussetzungen für diese
Umstellungen gar nicht so einfach waren. Mit dem Ausbau der Internate, Schulräume,
Lehrwerkstätten, aber auch der Turnsäle werden entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen,
den erfolgreichen Weg des landwirtschaftlichen Schulwesens auch in Zukunft beschreiten zu können.
Der Budgetansatz im Kapitel 2 für das kommende Jahr berücksichtigt diese Notwendigkeit.
Mit dem Ausbau der Fachschulen Poysdorf, Gaming und Gumpoldskirchen werden die
Voraussetzungen für einen zeitgemäßen Schulbetrieb auch in diesen Gebieten geschaffen und
Investitionen getätigt, die sich in Zukunft amortisieren werden; Investitionen, die nicht nur dem
Schulbetrieb dienen, sondern darüber hinaus der Erwachsenenbildung, der Beratung dienen werden,
um dadurch letztlich geistige und kulturelle Zentren im ländlichen Raum zu schaffen. Der
Erwachsenenbildung im ländlichen Raum kommt, glaube ich, eine ganz besondere Bedeutung zu. Sie
ist überhaupt oft erst Grundlage, neue Denkprozesse einzuleiten, zu verwirklichen und zu
ermöglichen. Ich möchte hier nur auf ein sehr wirksames Beispiel hinweisen.
Der Landeshauptmannstellvertreter Dr. Pröll hat mit der Aktion „Niederösterreich schön erhalten,
schöner gestalten" wesentliche Impulse für die Verbesserung unserer Ortsbildgestaltung gegeben.
Durch die Aktivitäten, z. B. des Niederösterreichischen Bildungs- und Heimatwerkes, in Seminaren für
diese Fragen ein entsprechendes Problembewußtsein zu schaffen, wird wesentlich zum Gelingen
solcher Aktionen beitragen. Besonders wertvoll für die Beratung und Erwachsenenbildung im
ländlichen Raum im Bereich der Landwirtschaft ist die Tatsache, daß in Niederösterreich die
Lehrkräfte an den landwirtschaftlichen Fachschulen die Erkenntnisse, die sie aus den
Versuchsbetrieben, aus den Schulbetrieben gewinnen, in ihrer praktischen Beratertätigkeit auch gleich
umsetzen können. Umgekehrt ist natürlich der ständige Kontakt dieser Beratungskräfte und Lehrkräfte
mit der Praxis, der Erfahrungsaustausch mit den in der Berufspraxis stehenden Bauern sehr wertvoll
für den theoretischen Unterricht an den Schulen. Den Beratungsarbeiten der an den Schulen
stationierten Fachkräfte kommt besonderes im Bereich der Jugendarbeit und in der Beratungstätigkeit
für die Bäuerin weiten Bevölkerungskreisen zugute.
Meine Damen und Herren! In den letzten Jahren setzte der Trend ein, daß immer mehr Mitglieder der
Landjugendgruppen aus landwirtschaftsfremden Berufen oder aus nichtlandwirtschaftlichen Kreisen
kommen. In den Wettbewerben, Bildungsaufgaben und Freizeitaktivitäten in unseren
Landjugendgruppen bringen die Kontakte nicht nur die Möglichkeiten zur besseren Verständigung,
sondern stellen einen wertvollen Weg der außerschulischen Weiterbildung für viele junge Menschen
im ländlichen Raum dar.
Es ist daher erfreulich, daß die Veranstaltungen der Erwachsenenbildung im Bereich des Ländlichen
Fortbildungsinstitutes in der jüngsten Vergangenheit im vermehrten Maß beansprucht werden. Ich bin
überzeugt, daß die Herausgabe des LFI-Kalenders letzten Endes mit der Bekanntgabe von über 1000
Veranstaltungen sehr wesentlich dazu beiträgt. Getragen werden diese Bildungsveranstaltungen, die
Veranstaltungen zur Erwachsenenbildung und Jugendarbeit im ländlichen Raum. von den Lehr- und
Beratungskräften unserer landwirtschaftlichen Fachschulen und von den Mitarbeitern der
Bezirksbauernkammern und Landwirtschaftskammern.
Meine Damen und Herren! Der Wert dieser gezielten Beratungstätigkeit ist enorm. Es ist aber, das
muß ich hier schon sagen, bedauerlich, daß trotz zweier Resolutionsanträge, einen habe ich selbst
voriges Jahr bei der Debatte zu diesem Kapitel gestellt, trotz vieler Besprechungen auf Politiker- und
Beamtenebene diese Beratungstätigkeit der Lehrkräfte von den Bundesdienststellen nicht honoriert
wird. Während vom Bund für die schulische Tätigkeit 50% der Lehrerbezüge dem Land refundiert
werden, wird dies bei der Beratungstätigkeit abgelehnt. Auch für den Dienstpostenplan des Jahres
1983 konnte hinsichtlich der Beteiligung des Bundes an diesen Bezügen kein Erfolg verzeichnet
werden. Es muß aber anerkennend festgestellt werden, daß das Land Niederösterreich, den Wert
dieser Beratungstätigkeit erkennend, mit 50 Dienstposten, für die der Bund keine Refundierung leistet,
Vorsorge getroffen hat.
Das landwirtschaftliche Bildungswesen in Niederösterreich ist in seiner Gesamtheit sicherlich positiv
zu bewerten. Bildung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine wesentliche Grundlage für
Selbstverwirklichung, für entsprechendes Selbstvertrauen. Diese Lebenshaltung, glaube ich, brauchen
wir, um gerade im ländlichen Raum in Hinkunft die Probleme bewältigen zu können. Wir sollten daher
im Interesse dieser Aufgaben alles daran setzen und bemüht sein, daß der Ruf dieser
landwirtschaftlichen Beratungskräfte, daß der ausgezeichnete Ruf unserer landwirtschaftlichen
Lehrkräfte erhalten bleibt und daß die erforderlichen Mittel auch bei kommenden Budgets
entsprechend bereitgestellt werden. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Zu Wort gemeldet ist Herr Landeshauptmannstellvertreter
Grünzweig. Ich erteile es ihm.
Landeshauptmannstellvertreter GRÜNZWEIG: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und
Herren des Hohen Hauses! Ich darf mir gestatten, nur zu einigen aufgeworfenen Fragen eine
Stellungnahme abzugeben, weil hier Probleme zur Sprache gebracht worden sind, die einer
Aufklärung bedürfen.
Der Herr Abg. Rozum hat sich, wie er sagte, mit neuen Mißständen im Zusammenhang mit der
Spielautomatenfrage befaßt. Darf ich bitte den letzten Stand zu dieser Angelegenheit mitteilen. Das
Gesetz wurde am 3. September 1982 kundgemacht und damit ist es in Kraft getreten. Noch am selben
Tag wurden die im § 4 Abs. 4 angeführten Institutionen zwecks Nominierung der Vertreter für den
Beirat angeschrieben. Die Nominierung hat sich nicht durch Schuld des Referates etwas verzögert,
die letzte Nominierung ist nämlich durch den Beirat für Jugend und Familienpolitik am 16. November
1982 erfolgt. Daher ist es erst jetzt möglich, einen Regierungssitzungsakt vorzubereiten, sodaß der
Beirat sicher mit 1.
1.1983, also zeitgerecht, in Funktion treten kann, desgleichen der Verordnungsentwurf über die
näheren Bestimmungen, die hier zu erlassen sind. Dieser ist in der Landesamtsdirektion begutachtet
worden und wird in der Landesregierung ebenfalls in einer der nächsten Sitzungen zur
Beschlußfassung vorgelegt.
Darüber hinaus, meine Damen und Herren, wird das Referat keinerlei legistische Veranlassungen
treffen, weil ja der Landtag diese Frage abschließend behandelt hat. Ich beziehe mich darauf, daß hier
eine Reihe von Interventionen in der Zwischenzeit erfolgt ist. Soweit mir bekannt ist, sind die beiden
Klubs angeschrieben worden, um eine neuerliche Initiative zu starten. Ich habe in meiner
Beantwortung dieser Interventionen die betreffende Firma, die ja in Niederösterreich ansässig ist, auf
den gesetzlichen Zustand aufmerksam gemacht und es im übrigen den Klubs überlassen, hier weiter
tätig zu werden. Es mag schon sein, daß die Vorgangsweise einzelner Automatenbesitzer, wie sie der
Herr Abgeordnete erwähnt hat, auf die Aktivität dieser Firma zurückzuführen ist. Es bleibt nun dem
Landtag unbenommen, hier entsprechende Maßnahmen zu treffen, in Abänderung seiner Auffassung,
die er etwa im Frühjahr dieses Jahres durch die Gesetzwerdung und Beschlußfassung zum Ausdruck
gebracht hat.
Wie gesagt, seitens des Referates wird keinerlei legistische Veranlassung getroffen werden. Wir
haben uns darauf zu beschränken, daß eine korrekte Durchführung des Gesetzes, und zwar
zeitgerecht, gesichert ist.
Eine zweite Sache. Es hat der Herr Präsident Romeder in der Gruppe 0 schon einen Antrag
eingebracht, wonach das Niederösterreichische Pflichtschulgesetz abzuändern wäre. Es ist zwar im
Antrag nur diese Aufforderung gestellt worden, und im Motivenbericht wurden die verschiedenen
Probleme angedeutet. Ich darf aber schon sagen, daß es hier schwierig wird, den Intentionen des
Antragstellers zu folgen. Es heißt hier: „Die Landesregierung wird daher ersucht, entsprechende
gesetzgeberische Maßnahmen zur Lösung dieses Problems einzuleiten“. Darf ich kurz in Erinnerung
rufen.
Im Zusammenhang mit der Pflichtschulerhaltung gibt es zwei gravierende allgemein politische
Entscheidungen, die sich sehr einschneidend ausgewirkt haben. Das eine ist jene Bestimmung im
Niederösterreichischen Pflichtschulerhaltungsgesetz des Jahres 1957, wonach es damals zur
entschädigungslosen Enteignung der Schulsitzgemeinden gekommen ist, die Schulgemeinden
gebildet wurden und das Eigentum an den Pflichtschulen von den Schulsitzgemeinden auf die
Schulgemeinden übertragen wurde. Das hat damals sehr heftige Diskussionen hervorgerufen, und es
hat jahrzehntelang gedauert, bis der rechtliche Zustand, vor allen Dingen die grundbücherliche
Durchführung, hergestellt war. Ich glaube, daß es da und dort heute noch Fälle gibt, wo das bis jetzt
nicht durchgeführt wurde.
Eine weitere, nicht ganz so einschneidende, aber damals doch heftig diskutierte Entscheidung des
Niederösterreichischen Landtages war die Novellierung des Niederösterreichischen
Pflichtschulgesetzes vom 10.6. 1977, die eine neuerliche Veränderung zu Ungunsten der
Schulsitzgemeinden gebracht hat. Damals wurde nämlich vom Landtag mehrheitlich festgelegt, daß
die Aufteilung der Vertreter in den Schulgemeinden so vorzunehmen ist, daß zunächst die Kinder der
Schulsitzgemeinde jenen der übrigen Gemeinden der Schulgemeinde gegenüberzustellen sind und
dann jeweils nach dem Proporzsystem in diesen beiden Gruppierungen die Vertreter festzulegen sind.
Das bedeutet natürlich in vielen Fällen, daß die Schulsitzgemeinden in der Minderheit sind.
Meine Damen und Herren! Nach dem Tenor des Antrages - ich kann ja eine Präzisierung nicht
herauslesen und darf also doch ersuchen, nachdem dieser Antrag vom Landtag angenommen worden
ist, daß man schon etwas klarer sagt, was darunter zu verstehen ist - würde es, glaube ich, zu einer
weiteren Schmälerung des Einflusses der Schulsitzgemeinden einerseits kommen, aber auch zu
einer, wie mir scheint, bedenklichen Einengung der Entscheidungsfreiheit und der
Entscheidungsmöglichkeit in den Schulausschüssen. Es ist wohl so zu verstehen, daß keine in der
Schulgemeinde vertretene Gemeinde, gleichgültig welcher Größenordnung, überstimmt werden darf.
Wie kann man das gesetzlich normieren, ohne die Schulausschüsse völlig lahmzulegen? Es gibt ja
jetzt schon ein Verfahren, das festlegt, was geschieht, wenn sich die Gemeinden über den
ordentlichen oder außerordentlichen Schulaufwand nicht einigen. Was geschieht dann? Dann muß
eben die Bezirkshauptmannschaft oder beim Übergreifen von Schulgemeinden auf mehrere Bezirke
auch die Landesregierung tätig werden. Das funktioniert doch einigermaßen, wenngleich es natürlich
da und dort immer wieder Probleme gibt.
Mir ist auch nicht ganz ersichtlich, aus welchen Gründen dieser Antrag gestellt worden ist, weil mir,
wie gesagt, kein Problem in dem Maße bekannt ist, wo eine Entscheidung so gefällt wurde, daß eine
Gemeinde überhaupt nicht in der Lage ist, ihre Aufgabe zu erfüllen, weil ja dann von anderer Seite
geholfen werden muß. Wenn eine Schule gebraucht wird, dann muß sie gebaut werden. Da hat es
noch immer Mittel und Wege gegeben, das zu bewerkstelligen. Jetzt aber, wenn dieser Antrag
entsprechend realisiert werden würde, könnte es ja zu gar keinem Beschluß kommen.
Ich darf daher bitten, daß man, ich bin zu jedem Gespräch gerne bereit, die Absichten in nächster Zeit
präzisiert. Es gibt einen gültigen Resolutionsantragsbeschluß, er ist für das zuständige Referat ein
Auftrag, aber ich darf schon ersuchen, daß man die Auffassung, die ihm zugrunde liegt, präzisiert. Es
muß die Vollziehbarkeit auch in der Praxis der Schulerhaltung möglich sein. Darauf bitte ich Bedacht
zu nehmen.
Wenn jede kleine Gemeinde in der Lage ist, künftig jeden Beschluß durch ein Veto zu blockieren,
dann hört sich jede weiterführende Maßnahme auf dem Gebiet des Schulbaues und der
Schulerhaltung wohl auf. Es muß möglich sein, daß es hier Mehrheitsbeschlüsse, auch unter
schwierigen Bedingungen, gibt, damit es zu Entscheidungen kommt, bei aller Berücksichtigung der
Interessen finanzschwächerer Gemeinden, das ist selbstverständlich, und aller Notwendigkeit der
Hilfestellung, die etwa auch das Land dann geben muß, wenn überhaupt keine finanziellen
Voraussetzungen vorliegen.
Ich darf gleich auf eine weitere legistische Maßnahme hinweisen, die in nächster Zeit dem Landtag
zugeleitet wird, und zwar geht es, wie schon angedeutet wurde, um die Ausführungsgesetzgebung zur
siebenten Schulorganisationsgesetznovelle. Es werden die Schülerzahlen in den einzelnen
Schulklassen, Vorschulklassen und Vorschulstufen festzulegen sein und auch die Teilung des
Unterrichtes in den verschiedenen Gegenständen. Es liegen hier zwar Anregungen vor, die in
nächster Zeit zu beraten sind. Seitens einer Stadt, das ist Wr. Neustadt, wurde der Antrag auf
Ergänzung des Kollegiums des Gewerblichen Berufsschulrates durch Vertreter der Gemeinden
gestellt. Es ist eine durchaus legitime Sache, daß die Gemeindevertreter nun, nachdem sie ja auch
auf dem gewerblichen Berufsschulsektor von der Schulerhaltung betroffen sind, auch in dem
Verwaltungsorgan vertreten sein wollen.
Noch ein zweites liegt vor. Der Landesverband der Elternvereine an den öffentlichen Pflichtschulen
hat die Forderung gestellt, daß von ihm bestellte Vertreter dem Schulausschuß anzugehören haben.
Ich möchte das hier nur berichten. Die Beratungen darüber sind noch nicht abgeschlossen. Es geht
wirklich darum, daß die Gemeindevertreter ihre Auffassung zu dieser Frage ebenfalls noch kundtun.
Eine diesbezügliche Begutachtung ist eingeleitet.
Meine Damen und Herren! Es haben sich auch zwei Abgeordnete mit den Fragen des
Berufschulwesens beschäftigt und hier festgestellt, daß sich auf dem Gebiete des Berufschulbaues
vor allen Dingen in den letzten Jahren manches zum besseren geändert hat. Ich darf darauf
verweisen, daß es natürlich hier nicht zuletzt als Konsequenz aus der enormen Umstrukturierung zu
gewissen Problemen gekommen ist, was die Unterbringung in den Heimen in der letzten Zeit
anbelangt hat.
Es ist schon der Name Stockerau genannt worden, aber dieses Problem ist im wesentlichen gelöst. Es
geht jetzt darum, daß neben den bereits im Bau befindlichen Vorhaben die nächsten möglichst rasch
in Angriff genommen werden können, wobei die Frage der Errichtung des Zubaues zur Berufschule
Lilienfeld besonders im Vordergrund steht. Hier ist es möglich gewesen, in der Finanzierung einen
Kompromiß zu erreichen, vor allen Dingen auch was die Finanzierung des mit in Planung
genommenen Schülerheimes für die Sporthauptschule betrifft; ein Anliegen, das man natürlich nicht
der Stadtgemeinde Lilienfeld auflasten kann, sondern eine Sache, die ja das Land letztlich
durchzuführen und zu tragen hat. Hier ist es zu einer einvernehmlichen Auffassung über die
Finanzierung gekommen, der Leasing-Vertrag ist in nächster Zeit fertig, sodaß im Frühjahr mit dem
Baubeginn zu rechnen ist. Die Verhandlungen darüber, die sich jahrelang hingezogen haben, waren
eine der schwierigsten Hürden.
Es wurde schon angedeutet, daß auch in Zukunft noch eine Reihe von Bauvorhaben zu erwarten sind,
wenngleich im wesentlichen gerade auf dem Berufschulsektor mit dem Ablauf dieser Legislaturperiode
die wichtigsten Vorhaben zum Abschluß kommen werden. Es soll auch in Pöchlarn ein Zubau errichtet
werden, ebenso in Hollabrunn und in Langenlois.
Die Frage der Errichtung von Turnsälen bei den Berufschulen wird uns in den nächsten Jahren noch
sehr befassen. Man wird überlegen müssen, ob man doch für die Berufsschule, wenn es
Größeneinheiten sind, separat einen Turnsaal errichtet oder dort, wo die Möglichkeit besteht, mit
bestehenden Einrichtungen zusammenarbeitet, sodaß eine optimalere Ausnutzung gerade auf dem
Gebiet erfolgt.
Ich möchte schon zum Schluß kommen, meine Damen und Herren! Der Kollege Schober hat sich
auch ausführlich mit dem Problem des Pflichtschulwesens so wie der Kollege Kalteis beschäftigt und
eine Zahl genannt. 11.600 Pflichtschullehrer gibt es in Niederösterreich mit allen Arbeitslehrerinnen,
Religionslehrerinnen udgl. Meine Damen und Herren! Mitte der 50er Jahre lag diese Zahl etwa bei
6.000, sodaß sich die Zahl der Pflichtschullehrer allein innerhalb der letzten 25 Jahre in
Niederösterreich verdoppelt hat. Bei ungefähr derselben Schülerzahl, auf ganz Österreich umgelegt,
wirkt sich das so aus, daß 1970 etwa 60.000 Lehrer in allen Kategorien tätig waren. Heute sind es
105.000 Lehrer, die es an den österreichischen Schulen bei etwa derselben Schülerzahl, nämlich 1,3
Millionen Schülern, gibt. Ich habe diese Zahl bewußt an den Schluß meiner kurzen Ausführungen
gestellt, weil ich doch meine, daß uns das zu denken geben muß. Daß es uns zu denken geben muß,
wenn wir uns etwa die Probleme des Bundeshaushaltes vor Augen führen, daß es ja viel Geld kostet,
was wir uns alle miteinander vorgenommen haben zu tun: nämlich eine grundlegende Verbesserung
unserer schulischen Einrichtungen herbeizuführen.
Das Erfreuliche ist, wenn man sich die Schuldebatte von gestern und heute vor Augen führt, daß die
Schulfragen nach Beschlußfassung der siebenten Schulgesetznovelle im wesentlichen überhaupt ein
gemeinsames Anliegen sind, das in vielen Bereichen völlig außer Streit steht. Es gibt
Grundsatzdebatten darüber, aber das Anliegen, daß uns die Ausbildung unserer Schüler, unserer
Kinder etwas wert sein muß, daß wir dafür Opfer zu bringen haben, diese Ansicht, glaube ich, ist
allgemein, und wenn wir mit dieser Gesinnung trachten, die schulischen Verhältnisse auch in unserem
Bundesland, für das wir eine besondere Verantwortung tragen, weiterzuentwickeln und zu verbessern,
dann haben wir sicher die Verantwortung unserer Jugend gegenüber in einem hohen Maße erfüllt. Ich
danke Ihnen schön. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: ZU Wort gemeldet ist Frau Landesrat Prokop. Ich erteile es ihr.
Landesrat PROKOP: Herr Präsident! Hohes Haus! Darf ich kurz auf den Bereich des Sports, in
diesem Kapitel vertreten, und auf das hier Gesagte eingehen und einige kleine Richtigstellungen
sowie vielleicht zusätzlich noch einige kleine Anregungen bringen. Es ist richtig, daß der
Sportstättenleitplan weitgehend erledigt ist und daß man Überprüfungen machen muß, da man von
vornherein eigentlich den Weg gegangen ist, ihn möglichst flexibel zu gestalten. Wir sind hier andere
Wege als in anderen Bundesländern gegangen, weil wir die speziellen Anlagen nicht kategorisiert
haben, und dadurch ist die Flexibilität einfach vorhanden gewesen. Es waren der Entwicklung auf den
Sektoren des Sports eigentlich keine Grenzen gesetzt, und die allgemeinen Anlagen haben an und für
sich die alte Relation weiter behalten bis auf den Bereich der Bäder, wo wir sicherlich noch keine
Flächendeckung haben, aber sehr vorsichtig in der Richtung weitergehen müssen.
Ich bin auch der Meinung, daß wir jetzt, wo wir das möglichste im Sportplatzbereich erreicht haben,
weitgehend trachten müssen, daß diese Anlagen rentabel werden oder zumindest tragbar werden.
Eine gewisse Serviceleistung wird es jeweils sowohl vom Verein als auch von der Gemeinde trotz
allem geben müssen. Wir haben das bei den Rasenspielplätzen in Zusammenarbeit mit dem
Fußballverband schon seit einigen Jahren gemacht. Die Reaktivierung der Rasenspielfelder ist sehr
gut angenommen worden, und wir haben dadurch in kürzester Zeit eigentlich wirklich einige Erfolge
erzielt. Plätze, die schon fast tot waren, haben wir retten und um viel geringere Mittel wieder
instandsetzen können.
Wir versuchen seit einiger Zeit, vor allem am Kabinensektor, auch Alternativheizungen zu fördern, Wir
haben da ein Projekt in Purgstall, in Melk ist ein Wärmetauscher in der Kabine eingebaut worden, wir
haben ein Ansuchen von Kirchberg am Wechsel. Man versucht also hier überall, mit Luftwärmetausch
billiger agieren zu können, und wir sind auch der Meinung, daß man solche Dinge intensiv
unterstützen sollte, denn das ist der kleine Bereich der Möglichkeiten, wo wir die teure Energie mit
wirklich immer wieder regenerierbarer Energie ersetzen können. Jetzt komme ich schon zu den
Bädern. Hier scheint ein Mißverständnis vorzuliegen. Der Brief, den Sie hier vorgelesen haben, war
ein Brief an das Gemeindereferat aus der Notwendigkeit heraus, daß Raabs einen Kredit aufnehmen
mußte. Raabs hätte das Bad sperren müssen, wenn nicht Sanierungsmaßnahmen an der Decke
vorgenommen worden wären, und Raabs war an und für sich der Anlaß, überhaupt eine
Untersuchung und Überprüfung einzuleiten. Es war sozusagen das Pilotprojekt, weil wir an diesem
Bau gesehen haben, daß mit relativ geringen Mitteln ein sehr hoher Wärmerückgewinnungs- und
Energieeinsparungskoeffizient erreicht werden konnte.
Wir haben uns gesagt, wir versuchen einmal ein Pilotprojekt. Das war im Detail noch nicht
ausgegoren, aber Raabs hat reparieren müssen. Daher mußte der Kredit aufgenommen werden, und
wir haben zugesagt, weiter zu verhandeln. Tatsache ist, ich möchte dem Fremdenverkehrsreferenten
herzlichen Dank sagen, daß wir uns, je zur Hälfte, auch im Fall Raabs bereits geeinigt haben, und ich
wäre sehr dankbar, wenn die Schulen gerade in jenen Bereichen, wo die Schüler diese Bäder stark
benützen, eventuell über den Schul- und Kindergartenfonds bei den größeren Bädern, wo wir
finanziell nicht mitkönnen werden, ebenfalls mittun würden, und zwar bei Sanierungsmaßnahmen, um
den Energiekoeffizienten zu verbessern.
Es ist eine sehr interessante Studie, die wir über diese Bäder ausgearbeitet haben. Wie gesagt, von
den 52 Bädern haben bis auf drei alle geantwortet, aber nur 20 konnten wir auswerten, weil nur diese
20 als reine Bäder verwendet werden. Hier ist interessant, daß nicht unbedingt die älteren Bäder den
schlechteren Wärmekoeffizienten haben, sondern es gibt einige ältere Bäder, die eine sehr gute
Bausubstanz haben und sogar auch schon mit der Wärmegewinnung und Wärmerückgewinnung
arbeiten, und es gibt neue Bäder, die katastrophal sind, und nicht unbedingt sind jene Bäder die
kostendeckendsten, die die beste Wärmeversorgung haben.
Es stimmt also, man muß auch andere Dinge analysieren, und auf Grund dieser Analyse können wir
jetzt sagen, bei dem Bad rentiert es sich, daß man bauliche Maßnahmen setzt, um die Kosten effektiv
etwas zu drücken. Raabs ist eben ein Beispiel, wo sich die Investition bereits in fünf Jahren amortisiert
hat und eine Kostensenkung von 50% bis möglicherweise 60% garantiert ist, doch einen solchen
Extremfall findet man nicht so schnell, und wir werden bei den anderen Bädern, die wir jetzt kennen,
Untersuchungen durchführen. Es sind einige Fälle, wo man sagt, vom Baulichen her wäre einiges zu
machen, um die Kosten sofort um einiges zu senken. Diese Projekte müßte man jetzt vorziehen, um
wirklich systematisch weiterarbeiten zu können. Ich glaube, wir haben hier keine falschen Hoffnungen,
sondern sind nur notwendige Wege gegangen.
Ein Projekt müßte man einmal durchrechnen und durchexerzieren, um überhaupt herauszufinden, ob
eine Finanzierung möglich ist. Raabs ist im laufen, es wird sicherlich nicht jedes Bad in dieser Art zu
finanzieren sein, weil der Betrag, den man dort aufbringen muß, bei einer Million liegt, und wenn man
sich den teilt, ist das sicherlich für die Investition von Nutzen. (Abg. Stangl: Dann soll die
Landeskorrespondenz anständig schreiben!)
Ich werde mir das noch einmal ansehen, ich habe jetzt wirklich nicht im Kopf, was geschrieben wurde.
Wenn es mißverständlich war, werden wir es vielleicht näher erläutern, aber es soll auf Sicht ein
Konzept erarbeitet werden, wie wir die Bäder, bzw. welche Bäder wir wirklich sinnvoll verbessern
können. Von einigen der Bäder Hände weg, wir können dort gar nichts machen. Das ist schon jetzt auf
Grund der Untersuchungen deutlich zu ersehen.
Mein Sorgenkind sind weiterhin die Hallen. Erhebungen - das haben Sie gesagt - haben wir schon
gemacht. Wir würden rund 50.000 Stunden stützen müssen, wenn wir halbwegs gerecht agieren
wollten. Das wären, wenn wir den Betrag, der dort hilft, geben könnten, viele Millionen, die wir nicht im
Budget haben, und vor allem fürchte ich dann, daß das wieder nicht die Gerechtigkeit brächte, die wir
haben wollen. Es gibt Hallen - ich rechne jetzt nur die 29 Großhallen -, die eben mit 220 Schilling an
die Vereine weitergegeben werden. Es gibt Hallen, die viel mehr kosten, und hier liegt die große
Differenz.
Ich glaube, wir müßten vor allem dort hinkommen, daß wir nur jene Sparten, die wirklich die Großhalle
brauchen, unterstützen. Das sind gar nicht so viele. Allerdings liegt das Problem in den
Fachverbänden, weil jeder sagt, ich möchte auch in die große Halle und brauche sie auch. Man muß
aber auf die Notwendigkeit Bedacht nehmen. Im Handball braucht man die Großhalle, diese Sportart
kann man nicht in einer kleinen Halle, abgesehen von manchen Übungen, durchführen. Die kleinen
Hallen sind aber weitgehend kostenlos oder mit ganz geringem Ersatz zu haben.
Ich komme schon zum Schluß. Ich bin auch ganz der Meinung, daß wir alle im Sport am Sektor der
Motivation mittun müssen. Wir müssen den Sport einfach gesellschaftsfähiger machen, weil er zum
Leben dazugehört und für den einzelnen sehr viel bringen kann. Die Motivation muß eine allgemeine
Gesellschaftsfähigkeit des Sports mit sich bringen, daß er ganz natürlich dazugehört wie die Hygiene,
wie das Zähneputzen, daß man eben eine gewisse körperliche Betätigung voraussetzt.
Eines meiner Sorgenkinder ist die Sportmedizin. Ich habe dieses Problem ja schon vor Jahren in
Angriff genommen und bin heute noch immer damit befaßt, weil ich der Meinung bin, daß die
Sportmedizin nicht nur im Spitzensportbereich, sondern vor allem auch im Basissportbereich von
eminenter Wichtigkeit ist. Ich bin froh, daß wir in Krems in Bälde den Betrieb aufnehmen werden
können. Es ist allerdings ein Problem, das in den Spitälern zu machen. Krems war einer der vielen
Leidenswege, da das Krankenanstaltengesetz eben gewisse Dinge nicht erlaubt und nicht möglich
macht.
Ich habe auch schon mit Minister Steyrer darüber gesprochen, auch er wäre bereit mit zutun. Wir
hatten ja die Idee mit einem Bus, allerdings wird dieser Vorschlag von der Ärztekammer abgelehnt,
weil das ein fahrbares Ambulatorium wäre und wir auch nur eine relativ geringe Anzahl von Personen
erreichen würden. Ich glaube, der Weg, der in dieser Hinsicht wirklich zukunftsträchtig wäre, ist, daß
wir möglichst viele junge Ärzte dazu bringen mitzutun.
Wir müßten dann auf einer Art Vertragsbasis beginnen, denn das ist eine Gesundenuntersuchung, die
nicht auf Krankenschein durchgeführt wird. Da wäre eventuell, so könnte sichs Minister Steyrer
vorstellen, auch in der Vorsorgemedizin etwas unterzubringen, aber im großen und ganzen wird eine
Rückerstattung der Ersätze erfolgen müssen, die meiner Meinung nach auch von den einzelnen zu
tragen sein werden, denn wir können nicht alles kostenlos machen und müssen uns einmal von dieser
Vorstellung trennen. Eine gewisse Hilfe des Landes wäre vielleicht an der Apparatur möglich. Es
dauert deswegen etwas länger, weil nicht allzu viele Ärzte mit der entsprechenden Ausbildung
vorhanden sind. Wir müssen einmal einige Ärzte ausfindig machen, die bereit sind mitzutun.
Ich habe jetzt zwei Ärzte in zwei konträren Regionen unseres Landes, die bereit sind, hier einmal
modellhaft mitzumachen, und ich könnte mir vorstellen, das wurde mir von der Ärztekammer auch
versprochen, daß man am Ausbildungssektor Ärzte heranzieht, die sich dafür interessieren und bereit
wären, so etwas zu machen. Das ist sehr, sehr wichtig, denn auch zwischen den Ärzten ist ein großer
Unterschied. Der eine hört das Herz so schlagen und der andere so. Ich habe es leider Gottes auch
im Sportbereich erlebt, daß ein Sportherz manchmal gar nicht erkannt und als natürliche Folge des
Sports als Krankheit angesehen wurde.
Hier ist also die Ausbildung sehr wichtig, aber ich bin überzeugt, daß wir vor allem junge Ärzte im
ländlichen Bereich finden werden, die hier mittun. Ich könnte mir vorstellen, ideal wäre es an sich,
zunächst in jedem Bezirk einen Arzt zu finden, der an zwei Nachmittagen für die Sportvereine oder
Menschen, die auch Freisport betreiben, für solche Untersuchungen zur Verfügung steht. Wenn wir
das erreichen - wir werden es in kleinen Schritten erreichen müssen -, dann ist sicherlich gerade am
sportmedizinischen Sektor sehr viel getan.
Ich möchte zum Schluß für die Beiträge herzlich danken, denn ich bin auch überzeugt, daß der Sport
ein Teil unseres Lebens ist, der es lebenswert machen kann. Ich möchte hier auch dem Referat
danken, das gerade, weil es nicht allzu groß ist, sehr stark im Einsatz ist, und möchte vor allem immer
wieder allen Funktionären danken, die in einer Anzahl von weit über 1.000 quer durch unser Land die
Arbeit versehen, die wir niemals allein bewältigen könnten. Ich glaube, wir haben alle viel zu wenig
Gelegenheit danke schön zu sagen, und man sollte es einmal im Jahr auch tun. Das darf ich heute
von dieser Stelle aus machen. Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. Dr. BERNAU: Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Zur Abstimmung liegt vor die Gruppe 2, Unterricht, Erziehung,
Sport und Wissenschaft. Ich bitte den Berichterstatter, nunmehr den Antrag zur Gruppe 2, Unterricht,
Erziehung, Sport und Wissenschaft, ordentlicher Teil, außerordentlicher Teil und
Konjunkturausgleichsteil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. Dr. BERNAU: Ich stelle den Antrag, die Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport
und Wissenschaft, im ordentlichen Teil mit Einnahmen von S 4.839,031.000,- und Ausgaben von S
5.863,023.000,-, im außerordentlichen Teil mit Ausgaben von S 103,664.000,- und im
Konjunkturausgleichsteil mit Ausgaben von S 50,000.000,- zu genehmigen.
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Ich ersuche die Mitglieder des Hauses, welche für die Gruppe 2,
Unterricht, Erziehung, Sport und Wissenschaft, ordentlicher Teil, außerordentlicher Teil,
Konjunkturausgleichsteil, in Erfordernis und Bedeckung stimmen wollen, die Hand zu erheben. (Nach
Abstimmung): Einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abg. Dr. Bernau, zur Gruppe 3, Kunst, Kultur und Kultus,
ordentlicher Teil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. Dr. BERNAU: Hohes Haus! Die ordentlichen Ausgaben der Gruppe 3, Kunst,
Kultur und Kultus, beinhalten die Aufwendungen für bildende Künste, Musik und darstellende Kunst,
Schrifttum und Sprache, Heimatpflege, sonstige Kulturpflege und Kultus. Sie betragen S
215,066.000,-, denen Einnahmen von S 7,461.000,- gegenüberstehen.
Der prozentuelle Anteil am Ausgabenvolumen des ordentlichen Teiles Voranschlages macht 0,98%
aus.
Ich darf bitten, die Debatte einzuleiten.
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Dr. Slawik. Ich erteile es ihm.
Abg. SLAWIK: Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn in der
ersten Hälfte der Siebzigerjahre ein deutscher Kulturpolitiker feststellen mußte, es sei nicht leicht,
Kulturpolitik als Priorität begreifbar zu machen, dann gilt das in einer Zeit, in der die Zahl der
Arbeitslosen in der westlichen Welt auf 30 Millionen gestiegen ist, wohl in einem noch höheren Maße.
Nein, es ist nicht leicht, Kulturpolitik als Priorität begreifbar zu machen, es ist nicht leicht und es ist
sehr die Frage, ob es notwendig ist.
Soll die Kulturpolitik Vorrang haben vor der Wirtschaftspolitik, vor der Sozialpolitik, vor der
Gesundheitspolitik? Die Frage so stellen, heißt, sie verneinen. Gerade als Sozialdemokraten wissen
wir um die Bedeutung der Wirtschaft, der Gesellschaft für die Kulturbildung und Wissenschaft zu gut
Bescheid, als daß wir uns einreden ließen, Kultur spiele sich in einer Sphäre reiner Ideen ab, die von
den gesellschaftlichen Verhältnissen unberührt bleibt.
Nicht um Prioritäten geht es also, nicht um die Frage, ob erst das Fressen, dann die Moral kommt, wie
Brecht es drastisch formuliert hat, sondern um beides, ums Ganze. Gegen alle künstlichen
Trennungen, welche die moderne Industriegesellschaft geschaffen hat, ist anzukämpfen. Gegen die
Trennung in eine Welt der Arbeit, wo der Mensch zu einem Teil der Maschine erniedrigt werden kann,
und auf der anderen Seite in eine Welt der Freizeit, die für die Kunst, Kultur und Kreativität reserviert
ist, gegen die Trennung von Kultur und Bildung, Hochkultur und Volkskultur usw. Kultur ist eine Frage
der Menschenwürde, und die ist unteilbar. Nicht nur die Möglichkeit, eine Opernaufführung, eine
Galerie, ein Theater zu besuchen, selbst zu malen, zu musizieren gehört dazu, sondern ebenso ein
humaner Arbeitsplatz, die Möglichkeit, in menschlicher Würde krank zu sein, alt zu werden. An dieser
Vision, nicht einer idyllischen Heilwelt, sondern einfach eines nicht verstümmelten Menschen orientiert
sich eine wirklich moderne, fortschrittliche Kulturpolitik.
Wir haben versucht, eine solche Politik in unserem Programm Niederösterreich 90 zu konzipieren, und
da dankenswerterweise Klubobmann Kellner gestern schon Niederösterreich 90 reklamiert hat, bin ich
gerne bereit, ihm im Anschluß an meine Rede ein Exemplar als kleines Präsent der
Niederösterreichischen Landesbildungsstelle der SPÖ zu überreichen. Da ich ja gesehen habe, daß
Sie sehr eifrige Leser auch der Arbeiterzeitung sind, daß Sie die hochwertige Lektüre gern haben,
(Heiterkeit bei der ÖVP. - Abg. Buchinger: Da müssen Sie selbst lachen!) bin ich gerne bereit, etwas
dazuzugeben. (Abg. Wallner: Nur weil sie so hochwertig ist!) Herr Professor Wallner, darauf komme
ich noch zurück. Der Zwischenruf hat etwas für sich, ich werde darauf zurückkommen.
Meine Damen und Herren! Wir haben in diesem Programm Niederösterreich 90 das Kapitel
Kulturpolitik in den weiten Bereich der Kulturpolitik, der als zusammenhängendes Ganzes gesehen
werden muß, eingeordnet, und daher kommt in diesem Programm z. B. auch das Kapitel
Kommunalpolitik und Ortsbildpflege vor, dem besondere Bedeutung zukommt, ebenso wird darin in
der Kommunalpolitik die besondere Bedeutung der menschlichen Kommunikation, also auch ein
wesentlicher kultureller Bereich, unterstrichen.
Ich möchte nur ganz kurz skizzieren, was wir in diesem Programm Niederösterreich 90 über
Kulturpolitik aussagen. Wir gliedern es in sechs Kapitel. Das erste heißt „Lebenslange Bildung für
alle“, und ich betone das deswegen gleich, weil an und für sich in meinem Referat bis zu einem
gewissen Grad auch die Erwachsenenbildung aus dem Kapitel zwei eine Rolle spielt. Wir sind absolut
der Meinung, daß zur Kulturpolitik die Erwachsenenbildung dazugehört, und wir sehen die Bedeutung
dieser lebenslangen Bildung für alle vor allem in der Einsicht in die gesellschaftlichen
Zusammenhänge als wesentliche Zielvorstellung. Als konkrete Forderungspunkte seien der Einsatz
hauptberuflicher Fachkräfte, sogenannter Animatoren, als Anreger zu Eigeninitiativen und die
Entwicklung der Medien in diesem Bereich, z. B. der Gedanke eines Bürgerfernsehens, genannt.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit Kunst als Ausdruck unserer Zeit und stellt dieses wesentliche
Kulturphänomen Kunst in das Spannungsfeld kritischer Auseinandersetzungen mit der Tradition und
Bewahrung der Werte auf der einen und kreativen Ringens um neue Ausdrucksformen auf der
anderen Seite. Qualitätsbezogener Pluralismus steht als Zielformel über dem Forderungskatalog, aus
dem beispielhaft die Förderung alternativer Formen der Kunst, etwa Mischformen aus Musik, Literatur
und bildender Kunst, genannt seien.
Das dritte Kapitel trägt den Titel „Wissenschaft im Dienst der Menschen“, auch das bereits
programmatisch, und Wissenschaft hat für Niederösterreich als großes Bundesland ohne eigene
Universität zweifellos einen besonderen, nicht zuletzt auch deswegen problematischen Stellenwert,
weil nur ein Teil der geistigen Leistung der in Wien Studierenden nach Niederösterreich zurückkommt.
Die Verlegung von Fakultäten oder Instituten Wiener Universitäten oder von Forschungseinrichtungen
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist daher ein Schwerpunkt der Forderungen.
Das vierte Kapitel heißt „Das Umfeld des Menschen“ und vereint die Problembereiche Natur und
Gesellschaft ebenso in sich wie die Frage der Freizeit und der selbstverantwortlichen
Freizeitgestaltung. Besonders unterstrichen wird die spezifische Problemlage der Frauen, der älteren
Menschen, der Pendler usw., was die Kultur anlangt.
Das fünfte Kapitel mit dem Titel „Kultur für die Zukunft“ versucht, die Vision eines zukünftigen
gesellschaftlichen Lebens zu konkretisieren, in der Kulturstätten als Zentren menschlicher Begegnung
sowohl die Isolierung des einzelnen als auch die Aufsplitterung der Persönlichkeit in isolierte
Betätigungsfelder überwinden helfen. Das sechste Kapitel, auch das wird Professor Wallner wieder
gerne hören, trägt den Titel „Die Rolle der Medien“ - (Abg. Wallner: Ich kenne es genau!) wir sind da
durchaus einer Meinung -, die Rolle sowohl als Kulturvermittler wie als Kulturproduzent, denn diese
Rolle wird in Zukunft sicher noch größer werden als bisher. Hier fordern wir z. B. demokratische
Mitbestimmung im Bereich der elektronischen Medien in Form etwa eines Hörer- und Seherbeirates
für Niederösterreich, die Schaffung einer Medienkonferenz sowie die Gründung eines Presseklubs.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man diese geraffte kurze Fassung des Kulturteiles
des Programmes Niederösterreich 90 auf einige zentrale Begriffe bringt, dann würde ich sie so
formulieren:
Das erste ist die Fähigkeit des Menschen, eigenschöpferisch originell tätig zu sein. Mit einem leider
wahrscheinlich fast unumgänglichen Schlagwort und Fremdwort „Kreativität“ ist sie sicher ein
zentrales Anliegen dessen, was wir als Kultur bezeichnen.
Das zweite, „Aufnahmefähigkeit“ nicht als bloß passiver Konsum, sondern als mitschöpferisches
Verhalten gegenüber Kunst und Kulturgütern in der Gegenwart und der Vergangenheit, wieder mit
einem Schlagwort „Sensibilität“.
Drittens. Möglichkeit und Fähigkeit, sich mit anderen zu verständigen, vor allem über die Sprache,
aber nicht nur über sie. Schlagwort „Kommunikation“, und
viertens kritisches Denken. Um zu der Gesellschaft und ihren Zwängen, ihren Werten und Vorurteilen
Stellung nehmen zu können, die Fähigkeit zur Reflexion.
Das, meine Damen und Herren, schlagwortartig, was wir unter Kultur im wesentlichen verstehen. Geht
man von diesen Überlegungen aus, dann hat Kulturpolitik alle Bestrebungen und Phänomene zu
fördern, die möglichst viele dieser Momente, die ich genannt habe, enthalten. Ich finde mich da in
schöner Übereinstimmung mit dem Finanzreferenten, der auf die Vielfalt der dezentralen Ereignisse
hingewiesen hat, die unterstützt werden sollen, und auch mit Klubobmann Ing. Kellner, der von den
vielen, die draußen marktgerecht Kultur anbieten, gesprochen hat.
Überprüft man nun die kulturelle Szene Niederösterreichs, dann kommt man in einige Verlegenheit,
und zwar nicht weil so wenige, sondern zum Glück, weil so viele solcher Initiativen da sind. Es ist
daher völlig unmöglich, diese Vielfalt im Rahmen einer Budgetdebatte zu würdigen, und ich rette mich
aus dieser Verlegenheit mit einem gleichfalls notwendigerweise skizzenhaften Überblick und mit Hilfe
der in der Pädagogik bewährten Methode der exemplarischen Darstellung.
(Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Ich werde zwei Beispiele herausgreifen, die ich etwas genauer beleuchten möchte. Für den Überblick
bediene ich mich eines naheliegenden Hilfsmittels, nämlich des Tätigkeitsberichtes für das Jahr 1982
der Abteilungen III/2 und III/3 des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, und gebe
Ihnen hier wirklich auch nur Überblicke, weil ich sonst zu lange brauchen würde.
Die Inhaltsübersicht ist für sich schon, glaube ich, Ausweis genug, was hier vom Land und auch von
den Kulturschaffenden dieses Landes geleistet wird. Da wird aufgezählt der Niederösterreichische
Kultursenat und die Kultur- und Förderungspreise, dann die Ausstellungen, darunter
Landesausstellungen, die Schallaburg, Landesmuseum mit Sonderausstellungen in Wien,
Niederösterreich, im Ausland, Außenstellen des Landesmuseums. Restaurierungswerkstätten und
Präparation, dann das Kapitel Denkmalpflege, dann Förderung der Kunst mit den Kapiteln bildende
Kunst, Literatur, Musik und Theater, Förderung der Wissenschaft, darunter Institut für Landeskunde,
Museumspädagogik, Ur- und Frühgeschichte, Naturwissenschaften, Sachverständigentätigkeit für
Naturschutz und Volkskunde. Das nächste Kapitel Volksbildung, dann Landesarchiv,
Landesbibliothek.
Aus diesem reichen Material kultureller Aktivitäten in unserem Land seien, wie gesagt, ein paar etwas
genauer herausgegriffen. Auf Seite 3 heißt es z. B.: „Der Niederösterreichische Kultursenat schlägt die
Juroren für die Vergabe der Kulturpreise vor und dient selbst als Jury für den sogenannten
Sonderpreis, der jährlich einer anderen Sparte gewidmet ist, heuer dem Sprechtheater." Ich werde
mich diesem heurigen Sonderpreis ein bißchen näher widmen, und zwar nicht nur aus
Lokalpatriotismus, weil heuer zufällig eine Schwechater Amateurgruppe ausgezeichnet wurde,
sondern weil ich das, was sie leistet, tatsächlich für sehr wesentlich und exemplarisch halte.
Zu den Landesausstellungen ist mir ein Bericht besonders positiv aufgefallen, und zwar wo es heißt,
daß mit der Landesausstellung Franz von Assisi erstmals ein museumspädagogisches
Rahmenprogramm verbunden war, das als Pilotprojekt für weitere Landesausstellungen die
Möglichkeiten museumspädagogischer Praxis in Großausstellungen sondieren sollte. Meine Damen
und Herren! Ich halte diesen Weg für äußerst wichtig. Sie alle kennen den Begriff der Schwellenangst,
der gilt vor allem für Museen, für Ausstellungen usw., und wenn es hier gelingt, dem Besucher der
Ausstellung Hilfe zu geben, einen besseren Zugang, dann ist das, glaube ich, eine sehr wertvolle
Sache.
Schallaburg, die Ausstellung „Matthias Corvinus“ ist sicher bestens bekannt. Von den
Sonderausstellungen im Ausland möchte ich besonders die Ausstellung „Ferdinand Andri“ in Bozen
hervorheben. Im Kapitel Förderung von bildender Kunst, Literatur, Musik und Theater lag wie in den
vergangenen Jahren das Schwergewicht im Bereich der bildenden Kunst beim Ankauf von
zeitgenössischen Kunstwerken sowie in der Zusammenstellung der Präsentation von Ausstellungen
heimischer Künstler. Es wurden ca. 180 Ankäufe getätigt, darunter 28 Mappen bzw. Serienwerke,
sodaß die reale Zahl der angekauften Einzelkunstwerke wesentlich höher anzusetzen ist.
Meine Damen und Herren! Wenn man oft mit Künstlern, vor allem mit jungen und noch nicht
bekannten Künstlern, zu tun hat, dann weiß man, welche Bedeutung für die Existenz dieser Künstler
solche Aktivitäten haben.
Aus dem Bereich der Musik ein paar interessante Zahlen. Musikschulen. Wir haben 115 in
Niederösterreich mit 73 Filialschulen, 1.789 Musiklehrern; die Gesamtschülerzahl beträgt über 33.800.
Im Kapitel Musik möchte ich vor allem noch hinsichtlich der Blasmusik zwei, drei Zahlen nennen. Wir
haben 409 Kapellen mit 15.000 aktiven Musikern, davon sind 43,8% aktive jugendliche Bläser. Ich
weise deswegen darauf hin, weil sich im Budget beim Kapitel Musik eine deutliche Erhöhung des
Ansatzes befindet.
Museumspädagogik wird noch einmal angeführt, ich habe schon bei der Landesausstellung darauf
hingewiesen. Hier ist ein sehr gut durchdachtes Konzept vorhanden: Erarbeitung wissenschaftlicher
Grundlagen, Durchführung von Einzelprojekten und Öffentlichkeitsarbeit. Ich möchte noch einmal auf
die Bedeutung dieser Aktivität hinweisen.
Dann als Kapitel sieben Volksbildung. Die beiden großen Volksbildungseinrichtungen, die
Niederösterreichischen Volkshochschulen mit mehr als 50 Kultur- und Volksbildungsinstitutionen und
das Niederösterreichische Bildungs- und Heimatwerk, werden auch im nächsten Jahr zu Recht mit
Subventionen unterstützt und leisten wertvollste Arbeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nun auf die zwei Beispiele etwas genauer
eingehen, die ich herausgreifen wollte. Ich habe schon erwähnt, das eine ist das Amateurtheater St.
Jakob aus Schwechat. Diese Amateurschauspielgruppe hat bereits nach dem Krieg mit ihren
Tätigkeiten begonnen. Die Seele des Unternehmens, der Animator, ist Amtsdirektor Walter Mock. Er
war schon vor dem Krieg in Schwechat Initiator ähnlicher Tätigkeiten und, wie gesagt, nach dem Krieg
wurden diese fortgesetzt. Ein Stück über die Entstehung von „Stille Nacht“ war der Anfang und dann
kam bereits der erste Nestroy mit den „Schlimmen Buben in der Schule". Der Durchbruch war 1949
die Aufführung des „Jedermann". Es folgten dann Calderons „Das Leben ein Traum“. Die Gruppe
umfaßt etwa 70 Mitglieder, davon 20 bis 30 aktive Schauspieler, weil natürlich eine Reihe von Leuten
für andere Aufgaben notwendig ist.
Ganz interessant ist ein Blick auf den Spielplan dieser Gruppe. Es ist ein sehr bunter Spielplan, er
reicht von „Charleys Tante“, „Pünktchen und Anton“, „Die unentschuldigte Stunde“, „Lügner und
Nonne“ von Kurt Götz über „Bunbury“ von Oscar Wilde bis zu Priestley's „Ein Inspektor kommt“,
„Andorra“ von Max Frisch, „Der zerbrochene Krug“ von Kleist, Millers „Alle meine Söhne“ Sartres
„Hinter geschlossenen Türen“, Grillparzers „Weh dem, der lügt“ und Jura Soyfers „Veneta".
Anläßlich der 50-Jahrfeier der Stadterhebung wurde in Schwechat die Restaurierung des Schlosses
Rothmühle fertig. Damals kam es zu dem Vorschlag, im Hof der Rothmühle Raimund oder Nestroy
aufzuführen, und das hat sich als eine sehr glückliche Entwicklung erwiesen. Der Gedanke kam unter
anderem deswegen, weil das ausländische Sommerpublikum vor allem diese Autoren verlangt. Man
begann mit Nestroy und blieb bei Nestroy, man begann mit „Frühere Verhältnisse“ und „Zeitvertreib“,
zwei späten Nestroystücken, sozusagen als Probegalopp.
Zunächst hatte man vor, sich nur mit den Nebenrollen zu begnügen und die Hauptakteure, sozusagen
Profis, von anderswoher zu holen, aber Professor Nordek, der technischen Beistand leistete, und der
empfohlene Reinhard-Absolvent Peter Gruber, der bis heute Regie führt, rieten schließlich ab, nur
Steigbügelhalter für andere zu sein. Damals begann man, sich endgültig auf die eigenen Ressourcen
und auf Nestroy mit seinen 83 Stücken festzulegen; für das künftige Programm besteht also kein
Mangel. Damit wurde eine Nestroyrenaissance eingeleitet, die noch heute weit über die Landesgrenze
hinaus wirkt. Z. B. fragt man von München aus um Unterlagen für eine originalgerechte Lumpazi
Vagabundus-Inszenierung an.
Diese Nestroyserie hat unter anderem sozusagen einen pädagogischen Nebeneffekt. Das Publikum
wurde miterzogen, abzulesen z. B. an der Tatsache, daß nicht nur die Nestroyspiele im wesentlichen
immer sehr gut besucht, bzw. ausverkauft sind, sondern daß auch das Wiener Volkstheater, das mit
seiner Serie „Volkstheater in den Außenbezirken“ in Schwechat zunächst Schwierigkeiten hatte, die
Körnerhalle zu füllen, jetzt auch immer wieder ausverkauft ist.
Zu diesen Nestroyspielen kamen 1973 auch Ausstellungen, die ebenfalls, glaube ich, einen wertvollen
Beitrag zum Verständnis der Stücke darstellten. Es wurden Nestroys Briefe „Biedermeier allgemein“,
„das Revolutionsjahr" usw. Bühnenbilder Nestroys ausgestellt. 1975 wurden dann zusammen mit dem
Theaterwissenschaftlichen Institut und der Nestroygesellschaft die Internationalen Nestroygespräche
ins Leben gerufen. Die bisherigen Themen: „Nestroy heute“, „Nestroy, der Europäer“, „Nestroy und
das Biedermeier“, „die Theorie seiner Inszenierung, sein Verhältnis zu Politik, Philosophie und den
Frauen“. Bisher gab es 280 Aufführungen, mehr als 80.000 Besucher haben sie gesehen, und die
Gruppe hat auch Gastspiele innerhalb Österreichs und im Ausland durchgeführt: in der BRD, Belgien,
der Schweiz und in der CSSR.
Meine Damen und Herren! Wenn ich sagte, ich wollte diese Beispiele exemplarisch herausgreifen,
dann ist es ein fast klassisches Beispiel, was das Amateurtheater St. Jakob hier geleistet hat, ein
Beispiel erstens für die Anforderung an die Kultur, die ich vorhin genannt habe. Es bringt Anregungen
für die Kreativität der Mitwirkenden, für ihre Originalität, für ihre mitschöpferische Sensibilität. Es
ermöglicht Kommunikation, Gespräche der Menschen miteinander und fördert nicht zuletzt durch
zeitkritische moderne Inszenierungen das kritische Denken. Sie sehen also, eine Menge der
Anforderungen, die ich vorhin genannt habe, wird hier verwirklicht.
Zweitens ist dieses Theater, glaube ich, auch ein sehr gutes Beispiel für das Zusammenleben von
Eigeninitiative auf der einen Seite und Förderung sowohl durch das Land als auch durch die
Gemeinde andererseits. Ich glaube, daß sich hier wieder zeigt, daß die Gemeinden bei aller
Würdigung der Vereine sicher im kulturpolitischen Bereich die wichtigsten Partner des Landes sind.
Das zweite Beispiel, auf das ich kurz eingehen möchte, das im Budget mit 1,3 Millionen Förderung
bedacht ist, ist das Niederösterreichische Kulturforum. Es ist die zweite Kulturvereinigung, die im
Lande wirkt, mit ausgesprochen kulturellen und kulturpolitischen Zielsetzungen, eben der
Niederösterreich-Gesellschaft. Von der Niederösterreich-Gesellschaft hat Professor Wallner anläßlich
der Debatte schon sehr oft berichtet. Ich glaube, eben wegen des Ansatzes im Budget, zweitens der
Tatsache, daß das Kulturforum eine Menge neuer Wege versucht hat und drittens, weil es diese Wege
auch mit einer, meiner Meinung nach, sehr wichtigen Sparsamkeit gegangen ist, ist es gut und wichtig
für Sie, über diese Vereinigung Näheres zu hören.
Ich bitte hier alle anderen Organisationen um Verständnis, wenn ich nicht im Detail auf ihre Leistungen
eingehen kann. Ich habe schon den Volkshochschulverband, das Bildungs- und Heimatwerk, die
Musikschulen den Blasmusikverband, Trachten- und Heimatverein usw. genannt. Wenn Sie das
Büchlein von Professor Gutkas kennen, in dem er einen Überblick über die Vereinigungen in
Niederösterreich gibt, dann werden Sie verstehen, daß ich jetzt darauf nicht im Detail eingehen kann.
Was will das Niederösterreichische Kulturforum und was hat es bis jetzt in dieser Richtung getan? Der
erste Grundgedanke war, für die Kulturarbeit dieses Kulturforums einen weiteren Kulturbegriff, als es
normalerweise üblich ist, zugrunde zu legen. Wenn Sie bedenken, daß z. B. ein Kulturlexikon,
Fischerlexikon, zum Kulturbegriff folgende Phänomene zählt, dann werden Sie verstehen, worum es
geht. Hier wird zum Kulturbegriff gezählt die Sozialsphäre, Geschichte, Sprache, Religion, Kunst,
Recht und Politik, Erziehung und Bildung, Wissenschaft, Medizin, Technik und Wirtschaft. Es ist klar,
daß damit kein Anspruch erhoben wird, in dieser Form auch Kulturpolitik sozusagen ressortmäßig zu
gestalten, aber daß Kultur ein Anliegen ist, das in alle Bereiche der Gesellschaft hineingeht, glaube
ich, wird daraus deutlich. Der Name Forum, der zweite Teil des Namens, bedeutet, daß sich dieses
Kulturforum als Stätte der Begegnung versteht, der Begegnung auf der einen Seite zwischen
verschiedenen Künsten, zwischen Kunst und Wissenschaft, zwischen Erwachsenenbildung und Kunst
usw. usw. und auch zwischen Kulturpolitik, Kunst und Erwachsenenbildung, Kunst und Wissenschaft.
Auf welchen Wegen ist das versucht worden? Ich kann auch hier wieder nur einige Beispiele
herausgreifen. Ich habe heute schon Museumspädagogik erwähnt. Meine Damen
und Herren! Die Schwierigkeit des Zuganges, den man in der Museumspädagogik kennt und erlebt,
der gilt in noch höherem Maße für die moderne Kunst. Es wurde daher versucht, zur modernen Kunst
neue Wege der Vermittlung zu suchen. In der Literatur z. B. außer den sicher üblichen Lesungen und
doch immerhin schon erweiterten Diskussionen mit den Autoren wurde z. B. eine Aktion
„Gedichtplakate“ gestartet. Das ist zunächst sicher ungewöhnlich und nicht ganz naheliegend. Wenn
man sich vorstellt, daß ein Gedicht an einer sehr belebten, lauten Stelle, an einer Autobushaltestelle,
plakatiert ist, könnte man sich denken, da hat doch kein Mensch Zeit und auch nicht die
entsprechende Sammlung, sich mit einem Gedicht auseinanderzusetzen.
Mir hat der Gedanke deswegen gefallen, weil ich mich erinnert habe, daß ich ein Gedicht von Heinrich
Heine heute noch auswendig kann, das ich vor mehr als 30 Jahren auf einem Plakat - es war damals
ein Wahlplakat einer Partei - gelesen habe. Das hat mir als zehn-, elf-, zwölfjährigem Buben so
imponiert, daß ich es für mich zum Spaß auswendig gelernt habe, und ich glaube, man sollte alle
diese Möglichkeiten nutzen und das Echo, nämlich Zuschriften vor allem junger Menschen, die unter
anderem gebeten haben, auch an der Aktion „Gedichtplakate“ mit eigenen Gedichten teilnehmen zu
können, hat bestätigt, daß dieser Weg sicher nicht falsch war.
Im Bereich der bildenden Kunst wurde es z. B. Künstlern, wie Malern, in Gutenstein ermöglicht, etwa
eine Woche im Freien arbeiten zu können und dadurch Kontakt mit dem Publikum herzustellen, sodaß
zunächst ein Gespräch zustande kam, daß die Menschen einen Zugang und Vertrauen zu den
Künstlern hatten, daß sie Fragen an Sie gestellt haben. Das wurde im nächsten Jahr in
Zusammenarbeit mit dem Fremdenverkehrsverein Gutenstein fortgeführt. Sie wurden auch angeregt es waren ja zu einem beträchtlichen Teil Urlauber -, an Schlechtwettertagen auch selbst kreativ tätig
zu sein.
Die Ausstellungen, die vom Kulturforum gestaltet wurden, werden immer wieder mit Katalogen
versehen, die auch das Verständnis und den Zugang zu den Bildern erleichtern. Außerdem wurde
eine eigene große Tagung zum Kapitel „Kunstvermittlung" veranstaltet, bei der Künstler, Maler vor
allem, sowie Bildhauer mit Pädagogen, mit Erwachsenenbildnern und mit Hochschulprofessoren
zusammenkamen, um die Probleme zu diskutieren. Es wurde auch eine Ausstellung gestaltet mit dem
Titel „Kunst ist X, also eine Unbekannte, wie kann ich Zugang finden“, und diese wurde durch die
Schulen geschickt. Die Lehrer haben sie auch zu einem beträchtlichen Teil dankbar aufgenommen
und sie hat bei den Schülern das Verständnis für die Sicher schwierige moderne Kunst erleichtert.
Im Bereich der Musik, muß ich ehrlich sagen, erfolgten die Versuche relativ spät. Der Zugang zur
modernen Musik ist vielleicht noch schwieriger als in den anderen Bereichen. Hier wurde z. B. der
bedeutende niederösterreichische Zwölftonkomponist Josef Matthias Hauer vorgestellt, in
Ausstellungen, in Konzerten, in anderen Formen, und heuer fand ein Festival, das erste Festival
moderner Musik in Niederösterreich, statt, und das wurde ein ganz großer Erfolg. Es fand vor einigen
Wochen in Wr. Neustadt statt, und ich werde mir erlauben, aus einem Brief eines international
bekannten Künstlers ein kleines Echo dieser Veranstaltung hier wiederzugeben.
Der Bereich Wissenschaft. Ich habe schon in den grundsätzlichen Überlegungen darauf hingewiesen,
daß Niederösterreich bezüglich der Wissenschaft vor einer besonderen Problematik steht. Hier wurde
versucht, in Form von Symposien vor allem die Begegnung der Wissenschaft mit den Menschen, für
die die Wissenschaft da ist, zu ermöglichen, eine Begegnung etwa zwischen Wissenschaftlern und
Politikern, sodaß eine verständliche Sprache und die Möglichkeit zurückzufragen gegeben war und es
sehr oft zu Verständigungen auch in der praktischen Politik, in der Kommunalpolitik, in
kulturpolitischen Bestrebungen z. B., gekommen ist.
Ein ganz wesentlicher Bereich erscheint mir mit dem Begriff „Arbeit“ umschrieben. Arbeit ist nämlich,
ich habe das auch in den Eingangsausführungen betont, ein ganz zentrales Kulturphänomen. Kein
Geringerer als der bedeutende katholische Theologe und Philosoph Johannes Messner stellt das
ausdrücklich in seinem großen Werk über Kulturphilosophie fest. Um den Bereich der Arbeit mit dem
Bereich, der sonst der Kultur reserviert ist, zusammenzubringen, wurden diese beiden Bereiche in
verschiedener Form zusammengeführt.
Es wurden z. B. Künstler beauftragt, an Arbeitsstätten in Betrieben zu arbeiten. Der Erfolg war wirklich
äußerst positiv. Der Kontakt zwischen den arbeitenden Menschen und den Künstlern hat dazu geführt,
daß es zu Gesprächen gekommen ist, daß die arbeitenden Menschen Verständnis hatten und erklärt
bekamen, was der Künstler will, und es hat - das ist ganz besonders erfreulich - z. B. in einem
Stahlwerk, wo der Bildhauer Moswitzer gearbeitet hat, dazu geführt, daß sich dort, als er fertig war,
eine Gruppe von Arbeitern spontan zusammengefunden hat und selbst in dieser Art kreativ tätig
geworden ist. Ich sage nicht, daß da Kunst entstanden sein muß, aber es war eine sehr sinnvolle
kreative Tätigkeit.
Ein weiterer Bereich, was die Arbeit betrifft, scheint mir die Aktion „Geschichte der Arbeitswelt“ zu
sein. Es haben sich in vielen Bezirken Niederösterreichs unter der Leitung eines Wissenschaftlers
jeweils, die Gesamtleitung hatte Professor Gutkas, Gruppen zusammengefunden, die versuchen zu
dokumentieren, wie die Welt der Arbeit früher ausgesehen hat, und zwar nicht nur, indem sie z. B.
kleinere Arbeitsgeräte, die ja allmählich verlorengehen, sammeln, sondern vor allem auch Fotografien
über Arbeitsvorgänge von früher oder auch Fotografien über die Lebens- und Wohnverhältnisse von
früher, und ich bin überzeugt, daß hier schon sehr viel gerettet wurde, was wahrscheinlich
unwiederbringlich verloren gewesen wäre.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluß dieser paar Bemerkungen über die Tätigkeit
des Kulturforums der erwähnte Brief. Er stammt von einem international renommierten Künstler,
einem Violinvirtuosen, der an diesem Festival für moderne Musik in Wr. Neustadt teilgenommen hat.
Er ist schon wieder im Ausland, wohnt in der Schweiz, ist jetzt einige Monate in Paris und schreibt
folgendes über diese Veranstaltung. Ich nehme nur zwei, drei Sätze heraus: „Wenn man wie ich einige
Tage nach diesem Festival immerhin im bereits international renommierten Brucknerhaus in Linz in
einer Orchesterkonzertveranstaltung auftritt, mit einem ebenfalls modernen Violinkonzert, einer
Veranstaltung, die auch auf Grund des Rahmenprogrammes Haydn, Richard Strauß, großen
Publikumszulauf erwarten läßt, und feststellen muß, daß bei dieser großen Veranstaltung nicht mehr
Zuseher da waren als bei der am schlechtesten besuchten Veranstaltung des NÖ Festes - es wurden
dort mehrere Veranstaltungen in Wr. Neustadt durchgeführt und die schlechtest besuchte war noch
immer so gut wie diese internationale Veranstaltung in Linz -, dann muß man geradezu von einer
Sensation in Wr. Neustadt sprechen." Und am Schluß schreibt er: „Wenn man noch dazu bedenkt,
daß dieselbe Qualität mit einer allerdings weitaus größeren Fülle bei anderen Veranstaltungen nur mit
einer finanziellen Spritze bekommen werden kann, die in manchen Fällen bereits achtstellige
Schillingsummen erreicht, und dies mit den finanziellen Ausgaben bei diesem ersten NÖ Fest
vergleicht, dann kann diese Art von Veranstaltung geradezu beispielhaft für Veranstaltungen mit Musik
des 20. Jahrhunderts sein: ökonomisch, sparsam und publikumswirksam.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe hier einen wirklich unverfänglichen Zeugen zitiert,
damit das nicht nach Selbstlob aussieht, und es war auch eine sehr wichtige Bestätigung für diese
Arbeit, daß hier ein Mann, der, wie gesagt, internationale Erfahrung hat, das so sieht. Und wenn er
hier von achtstelligen Schillingsummen spricht, dann darf ich Ihnen sagen, daß diese Veranstaltung
mit einer fünfstelligen Summe durchgekommen ist!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum letzten Teil meiner Überlegungen. Wir
haben gesehen, in Niederösterreich gibt es eine Fülle kultureller Aktivitäten, die zu fördern, sicher eine
sinnvolle und gute Aufgabe der Landespolitik ist. Drei Dinge, so sagt man, braucht man für
Kulturpolitik: Geist, Geld und Geduld. Geist haben der Kulturreferent des Landes und die
Kulturschaffenden in den letzten Jahren sehr viel bewiesen. Ihre Geduld ist oft genug strapaziert
worden, und was das Geld anlangt, konnte man aufhorchen, als im Sommer Professor Wallner in
einem Interview mitteilte, heuer würde annähernd jene magische Marke von 1% im Budget erreicht.
Eine zweifellos sehr erfreuliche Nachricht!
Wie sehen nun die Zahlen im Budget aus? Im Bericht zum Voranschlag wird eine Steigerung von
0,87% auf 0,98% ausgewiesen. Ich würde das ohne weiteres auf 1% sozusagen aufrunden, ist in
Ordnung. 1% ist erreicht, so kleinlich auf Hundertstel soll man nicht sein. Die Rechnung stimmt auch.
Wenn man von den Gesamtausgaben von 21,87 Milliarden ausgeht und das Kulturbudget von S
215,066.000,- als Basis nimmt, dann ergibt das tatsächlich 0,98%. Professor Wallner hat sich von
dieser Stelle aus, ich habe zum Teil ja jahrelang, wenn es mir möglich war, von der Galerie aus
zugehört und habe außerdem mit großem Interesse und großem Vergnügen die Protokolle der
vergangenen Jahre gelesen und weiß daher, daß sich Professor Wallner von dieser Stelle aus
mehrmals als Verächter der Mathematik bekannt hat. Ich gebe Zu es hat durchaus sympathische
Aspekte, wenn man damit meint, daß man mit Mathematik allein nicht alle Probleme lösen kann.
Wenn man die Grenzen der Mathematik damit meint, kann ich für diese Verwendung einiges
Verständnis aufbringen.
Bei der Budgeterstellung, meine Damen und Herren, hat die Arbeitsteilung – der Kultursprecher ist für
die Kultur zuständig und der Finanzreferent für die Mathematik - allerdings eine durchaus gefährliche
Seite. Ich möchte nicht viele Zahlen nennen, die Ihnen ja gedruckt vorliegen. Es finden nennenswerte
Erhöhungen statt, wie z. B. bei der Blasmusik von 17 auf 22 Millionen - ich habe schon gesagt, daß
das durchaus berechtigt ist -, für die Restaurierung des Stiftes Klosterneuburg von 12,75 auf 19
Millionen, für diverse Ausstellungen, in Orth z. B. sind 8 Millionen veranschlagt, Göttweig,
Türkenausstellungen, usw. Alle diese Erhöhungen sind gerechtfertigt.
Zwei Steigerungen des Budgets, die an und für sich sehr erfreulich sind, bedürfen allerdings, glaube
ich, eines Kommentars. Der eine Posten ist der Posten „Presseförderung“ mit 12 Millionen, (Abg.
Anzenberger: Ihr habt ja mitgestimmt!) und ich gehe durchaus konform mit Professor Wallner, wenn er
sagt – ich habe es ja vorhin erwähnt und bin da nicht ins offene Messer gerannt, es ist mir ganz klar
und ich halte das sogar für ein ernstes Anliegen -, „daß die Presse durchaus ihren berechtigten Platz
und ihren Stellenwert in der Kultur hat". Ob allerdings diese 12 Millionen die Förderung sind, die sich
die Künstler, die Maler, die Musiker, die Schriftsteller, die sich die Erwachsenenbildner usw. von einer
Förderung, einer Erhöhung des Kulturbudgets erwarten, wage ich zu bezweifeln. Es ist auch, auch
das möchte ich noch anmerken, hier durchaus nicht so, wie es der Herr Landeshauptmann gestern
gesagt hat, daß wir grundsätzlich gegen die Förderung der Regionalpresse sind. Bitte schön, Sie
wissen genau, daß das eine Verdrehung ist. Wir sind nur gegen diesen Posten, weil wir Bedenken
gegen die jetzige Situation des Faber Verlages haben. Ich nehme nicht an, daß Sie dieser etwas
peinlichen Rechnung ausweichen wollen, ich würde Sie daher bitten zuzuhören, weil ja die 0,98%, so
erfreulich sie wären, doch ein bißchen in Frage zu stellen sind.
Ein zweiter gewichtiger Posten sind die 6 Millionen der Ortsbildpflege, wo ich zwar auch wieder nicht
der Meinung wäre, daß diese nichts mit Kultur zu tun hat. Herr Finanzreferent, so einfach machen wir
es Ihnen nicht. Es ist ganz klar, daß das zur Kultur gehört. (Landeshauptmannstellvertreter Dr. Pröll:
Das habe ich bewiesen, nicht nur mit Worten sondern auch mit Taten!) Ich sage Ihnen sofort, was wir
mehr wollen. Und Sie sind für die Kultur! Gewiß, da sind wir uns ja einig. Darüber will ich gerade
sprechen.
Das möchte ich ja mit Ihnen vielleicht noch einmal kurz durchdenken. Es stehen dort, nämlich bei der
Ortsbildpflege, 6 Millionen. Ich habe mir auch die Budgets der vergangenen Jahre angeschaut, Sie
selbst wissen, und es ist im Bericht ja ausgeführt, daß davon ein Großteil vom Kapitel
„Fremdenverkehr“ herübergewandert ist. An und für sich ist dies allein also schon deswegen wieder
keine zusätzliche Zuführung von Mitteln für die Kultur, sondern etwas, was da war.
Im Jahre 1980 waren für das Kapitel „Ortsbildpflege“ im Budget bereits über 5,3 Millionen. Wenn man
das auf heuer umlegt, sind es im wesentlichen auch ungefähr 6 Millionen, und wenn man jetzt die 12
Millionen der Presseförderung plus 6 Millionen der Ortsbildpflege von diesem Rahmen der
Gesamtausgaben des Kulturbudgets abzieht und die Prozentrechnung durchführt, dann kommt man
genau auf jene 0,87%, die im vergangenen Jahr enthalten waren. (Landeshauptmannstellvertreter Dr.
Pröll: Sie gestehen zwar zu, daß das eine kulturelle Aufgabe ist, von der Zahl aber wollen Sie es
herunterrechnen!)
Herr Finanzreferent! Wenn ich mich der Redewendung „Verächter der Mathematik“ von Herrn
Professor Wallner bedienen darf (Abg. Prof. Wallner: Ich bin kein Gegner der Mathematik, nur gegen
diese Rechnung bin ich!) ich bitte, mich nachher zu korrigieren. Ich wiederhole: Ich sage nicht, daß
das nicht zur Kultur gehört, ich bezweifle nur, ob es die von Ihnen so gepriesene und so propagierte
Erhöhung ist. Es kommen wieder 0,87 % heraus, aber ich betone noch einmal, ich bin kein Star in
Mathematik, ich lasse mich gerne eines Besseren belehren!
Meine sehr geehrten Damen und Herren und Herr Landeshauptmannstellvertreter! Sie unterziehen
sich außerdem, möchte ich Ihnen noch sagen, einer Fleißaufgabe, wenn Sie sich verteidigen und
wenn Sie das als Erhöhung verkaufen wollen. Wir haben nämlich – und ich habe das ganz bewußt am
Anfang, als ich meine grundsätzlichen Überlegungen zur Kultur angestellt habe, betont – Verständnis
für Ihre Situation. Ich habe die weltwirtschaftliche und die österreichische Wirtschaft dieser Situation
betont, und, Herr Finanzreferent, wenn ein Vorwurf zu erheben ist, dann würde ich ihn nicht einmal so
sehr gegen den Finanzreferenten, der dieses Budget erstellt hat, richten.
Ich habe auch in den Protokollen weiter zurückgeblättert und z. B. in den Jahren 1972 und 1973 den
stolzen Bericht des seinerzeitigen Landesfinanzreferenten, damals Landeshauptmannstellvertreter
Ludwig, gelesen, der stolz verkündet hat, daß er das ordentliche Budget ganz im Gegensatz zum
bösen Bund, der, wie bekannt, ein Verschwender ist, nicht nur ausgeglichen gestalten konnte,
sondern sogar noch hunderte Millionen auf das außerordentliche Budget transferieren konnte. Und
trotzdem finden sich in einem Atemzug Wendungen wie die, „die Kultur ist natürlich kein Schwerpunkt
in dem Budget, denn man kann doch nicht alles auf einmal machen", obwohl
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig damals ausdrücklich zugab, daß seine Sorge, die er sonst
hatte, daß in dieser Konjunkturphase die Konjunktur angeheizt würde, für die Budgetausgaben im
Kulturteil natürlich nicht zutreffen würden. Es lag also damals überhaupt kein Grund vor, im
Kulturbereich zu sparen.
Sehen Sie, hier passiert genau das Gegenteil dessen, was Sie immer den Finanzministern des
Bundes vorwerfen: daß sie im falschen Moment ausgeben und im falschen Moment sparen. Wenn das
stimmt, dann stimmt es aber umgekehrt hier genauso. Bitte schön, wenn man diese Philosophie einer
Budgeterstellung zugrunde legt, dann gibt es eine Zeit, in der man für Kultur mehr ausgeben kann,
überhaupt nicht! Denn jetzt ist eine schwierige wirtschaftliche Situation, daher haben wir kein Geld für
die Kultur, und damals war eine Hochkonjunktur, und da hat man für die Kultur auch kein Geld gehabt!
Bitte schön, wann hat man von der ÖVP-Seite her überhaupt Geld für die Kultur? Das frage ich mich
auch gern! (Abg. Prof. Wallner: Jetzt haben wir es!)
Herr Finanzreferent! Es gibt ein schönes französisches Sprichwort: „Wer sich verteidigt, klagt sich an!“
Hätten Sie sich lieber nicht verteidigt, ich habe Sie ja gar nicht angegriffen! (Beifall bei der SPÖ. Landeshauptmannstellvertreter Dr. Pröll: Aber ich darf doch wohl sagen, was recht ist!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Zusammenhang mit diesen Angriffen, mit dieser
Feststellung bezüglich des Finanzreferenten Landeshauptmannstellvertreter Ludwig sehe ich auch die
Angriffe auf den Kulturreferenten Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig vor ein paar Tagen im
Finanzausschuß und gestern durch den Herrn Klubobmann Kellner in der Sache mit dem
Staatsvertrag bezüglich der Marchfeldschlösser. Dieser Angriff ist so durchsichtig. Ich lese Ihnen
wörtlich vor. (Abg. Ing. Schober: Jetzt dürfen Sie ihn nicht verteidigen, sonst klagen Sie ihn an!)
Meine Damen und Herren! Wenn einmal ein Schuß nach hinten losgegangen ist, dann war es jetzt
der, den Sie abgefeuert haben. Ich stelle Ihnen dann mein Manuskript zur Verfügung und lese Ihnen
jetzt vor. Sie können es nachlesen. Hier steht: „Ich verteidige den Landeshauptmannstellvertreter
nicht, er hat es nämlich gar nicht nowendig. Wer, so wie ich, wöchentlich mit Künstlern und
Kulturschaffenden zu tun hat, der weiß, daß sich Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig einer
solchen Wertschätzung unter diesen Menschen erfreut, daß er gegen solche Angriffe nicht verteidigt
zu werden braucht.“ (Beifall bei der SPÖ.) Aber, meine Damen und Herren, (Abg. Schober: Dialektik!)
Dialektik ist etwas Schönes. Man muß es können, und Sie dürfen nicht glauben, die Dialektik hat der
böse Karl Marx erfunden, die gibt es durchaus im Christentum. Wissen Sie, nicht der Karl Marx und
nicht einmal der Teufel haben sie erfunden. Sie glauben oft, das kommt von daher. Weder noch! (Abg.
Schober: Habe ich ja nicht behauptet! - Abg. Kurzbauer: Der Vergleich ist interessant!) Herr Kollege
Kurzbauer, wenn das der Karl Marx ausgehalten hat, dann halte ich Ihre Angriffe sehr leicht aus, keine
Sorge! (Beifall bei der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Angriff auf Landeshauptmannstellvertreter
Grünzweig, ich betone, ich verteidige ihn nicht, ich stelle nur die Frage, wieweit ein solcher Angriff
nicht eine Frage der Glaubwürdigkeit des Angreifers ist. Sehen Sie, es war für mich an und für sich
sehr bezeichnend, daß dieser Angriff nicht vom Kultursprecher Professor Wallner vorgetragen worden
ist, und ich muß Ihnen sagen, das spricht für ihn und das spricht auch für sich. Vorgetragen hat diesen
Angriff, wie gesagt, erstens einmal der Kollege Kellner. Er hat sich als großer Liebhaber und
Interessent der Kultur bezeichnet und hat zugleich den Herrn Landeshauptmannstellvertreter gefragt,
warum er denn im Kulturbericht nichts als Zahlen ausweise, das sei ja ganz fad und er würde sich
mehr erwarten. Meine Damen und Herren! Dieser große Kulturkellner, entschuldigen Sie, nicht
Kulturkellner, das ist ein Versprecher (Heiterkeit bei der ÖVP.), der „Kulturkenner“, Kulturliebhaber
Kellner, das ist ein bisserl schwer. (Landeshauptmannstellvertreter Dr. Pröll: Sie glauben,
Kulturkönner! - Abg. Ing. Schober: Vorsicht, sonst kommt der „Oberkellner“ heraus!)
Schauen Sie, gegen die Versprecher des Herrn Landeshauptmannes mit Nationalismus und
Nationalsozialismus sind meine ja reine Lercherl. Könner und Kellner ist da, glaube ich, völlig harmlos.
Aber der Kulturkenner Kellner hat gesagt, er hatte nicht genügend Zeit, sich in der Kürze den
Kulturbericht genauer durchzulesen, vielleicht stehen auch andere Sachen drinnen. Sehen Sie, diesen
Kulturbericht gibt es schon seit Jahren und es ist immer das gleiche, daß die Zahlen enthalten sind.
Wenn er so interessiert wäre, wüßte er das schon seit neunzehnhundert.. . ., ich weiß es nicht genau.
Daß dieser Mann seine große Sorge um die Marchfeldschlösser artikuliert, ist, glaube ich, dadurch
schon ein bisserl in Frage gestellt.
Der zweite, der im Finanzausschuß noch vehementer angegriffen hat, war der Kollege Buchinger.
Bezüglich der Kultur habe ich gesagt, daß ein besonderes Merkmal der Kultur die Sensibilität ist, und
ich muß sagen, ich traue dem Kollegen Buchinger viel zu. Er hat sehr hohe Qualitäten - ich habe es
von oben oft bewundert - an Eloquenz und Nachdruck, Beredsamkeit usw. Eine übertriebene
Sensibilität für die Fragen der Kultur, das ist mein subjektiver Eindruck, habe ich bis jetzt jedenfalls
nicht festgestellt, und ich glaube, das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Für mich persönlich ist die
Glaubwürdigkeit des Kulturreferenten Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig in dieser Sache, die
ich durch Jahre beobachtet habe, eine höhere als Ihre. (Abg. Buchinger: Verdrehen Sie jetzt nicht
wieder die Dinge!)
Ich bin sofort fertig, Sie können gleich den Zwischenruf machen. Ihre Ihnen zugeschriebene Aussage,
„da gehört der Caterpillar herein“, die paßt schon auf die Linie Kulturpolitik mit Caterpillar. (Abg.
Buchinger: Was habe ich gesagt? Caterpillar?) Diese ist im Finanzausschuß gefallen. Ich kann es
nicht verifizieren, daß Sie bei der Frage Marchfeldschlösser diese Bemerkung gemacht haben. (Abg.
Anzenberger: Aber gehen Sie, jetzt sind Sie ganz daneben, Herr Kollege!) Fridau gut. (Unruhe im
Hause.) Herr Kollege Buchinger! Wo man in der Kulturpolitik mit dem Caterpillar reinfahrt, ist im
Prinzip ja nicht so wichtig, sondern daß man reinfahrt. (Abg. Buchinger: Herr Kollege! Sie verdrehen
die Dinge vollkommen. Bitte, ich habe nicht gesagt, ich bin Kultursprecher und verstehe, was weiß ich,
was. Ich war gestern in Marchegg, und dort hat die Bevölkerung zufällig gefragt, was denn mit den
Schlössern geschieht. Nicht mehr habe ich den Herrn Landeshauptmannstellvertreter gefragt!)
Sie haben Sorge, daß der Herr Landeshauptmannstellvertreter seine Agenden als Kulturreferent zu
wenig wahrnimmt. Das war der Tenor Ihrer Aussage und, Herr Kollege, die Sorge nehme ich Ihnen
nicht ab, wie ich seine Sorge abnehme. Mehr sage ich nicht. (Abg. Buchinger: Ich habe ihn nur
gefragt, ob ihm nicht eingefallen ist, das beim Bund zu fordern!) Herr Kollege! Sie haben das mit dem
bei Ihnen üblichen Nachdruck, der oft sehr eindrucksvoll ist, vorgebracht, aber ich nehme es Ihnen
nicht ab. (Abg. Mag. Freibauer: Nur keine Fragen mehr stellen!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie mich noch sehr lange hören wollen, rufen Sie
weiter dazwischen. Wenn Sie eine Ruhe haben wollen, müssen Sie mich jetzt Schluß machen lassen,
ich bin schon fast am Ende.
Herr Professor Wallner - Ihre charmanten Komplimente, Kollege Buchinger, werde ich trotzdem nicht
erwidern -, ich habe Ihnen gestern mit großem Vergnügen zugehört. Wenn der Kultursprecher
Professor Wallner von dieser Stelle einem Finanzreferenten der anderen Fraktion gegenüberstünde
und ein solches Budget mit diesen Prozentzahlen als Steigerung verkauft bekäme, dann bin ich
überzeugt, daß er hier das Hexeneinmaleins aus Goethes Faust zitieren würde. Ich tue das nicht, und
zwar aus zwei Gründen. Erstens einmal kann ich es nicht auswendig, ich habe mir merkwürdigerweise
dieses Hexeneinmaleins nie gemerkt, obwohl ich sonst einige Passagen auswendig kann, das ist
nämlich so sprunghaft und durcheinander, daß ich es mir nicht merke, und vielleicht paßt es in dieser
Hinsicht ganz gut. (Abg. Mag. Freibauer: Sprunghaft ist der Abg. Wallner nicht. Er hat konsequent
beim Budget und auch beim eigenen Finanzreferenten Mut gehabt, mehr für die Kultur zu verlangen!)
Ich erkläre es Ihnen, Herr Kollege, noch einmal.
Es ist eine große Untugend von Lehrern, wenn Sie nicht zuhören können, ich habe von etwas ganz
anderem gesprochen. (Heiterkeit bei der ÖVP. - Lebhafter Beifall bei der SPÖ .- Abg. Mag. Freibauer:
Sie spielen heute den Oberlehrer!) Ich habe gesagt, ich bin bescheidener, ich werde nicht Goethes
Faust zitieren; ich habe mich ja heute einige Male mit Nestroy beschäftigt und ich schließe daher
dieses Kapitel mit einem Nestroyzitat, das da auch paßt, nämlich diese Steigerung: „Es ist alles nicht
wahr, es ist alles nicht wahr!'' (Abg. Mag. Freibauer: Das ist das beste dran! - Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zusammenfassen. Kultur, habe ich gesagt, braucht Geist,
Geld und Geduld. Der Kulturreferent und die Kulturschaffenden werden, da bin ich zuversichtlich und
optimistisch, mit Geist und Geduld aus dem Geld, das im Budget vorgesehen ist, das Beste machen.
Über kurz oder lang aber wird das Land auch mehr Geld zur Verfügung stellen müssen. Daß wir mehr
Geld für die Kultur haben, wird spätestens dann der Fall sein, wenn bei den Budgetverhandlungen der
Kulturreferent des Landes einem Finanzreferenten gegenübersitzt, den die SPÖ stellt, und auch da
bin ich sehr zuversichtlich und optimistisch. Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Dr. Slawik
überreicht Abg. Ing. Kellner das angekündigte Programm „NÖ 90“. – Heiterkeit bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Abg. Professor Wallner.
Abg. Prof. WALLNER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir das Budget
im Land Niederösterreich beraten, so ist immer Adventzeit. Adventzeit, die ist verbunden mit dem
Gedanken der Hoffnung und der Erwartung. Und manchmal erfüllen sich solche Hoffnungen und
Erwartungen auch ganz im Gegensatz zu all den eher pessimistischen Äußerungen und Hinweisen
auf die schwarze Magie, höre ich in dieser Adventzeit bei der Behandlung des Budgets ein leises
Klingeln von ferne, so, als ob bei der Kultur ein Geschenk deponiert würde, das allerdings nicht erst zu
Weihnachten eintrifft, sondern das jetzt schon im Budget steht und das sich für das ganze nächste
Jahr auswirken wird, denn, was immer Sie sagen, meine Damen und Herren, es ist eine, wenn ich es
vorsichtig formuliere, nicht unerhebliche Erhöhung des Kulturbudgets eingetreten.
Sie werden mir gestatten, daß ich diese Entwicklung, die sich hier abgespielt hat, mit einem
literarischen Vergleich bedenke. Ich nehme mir dazu eine Person her, die Sie alle kennen - Herrn
Walther von der Vogelweide, schon aus dem Grund, weil sogar ein Zeitgenosse von ihm bereits
gesagt hat – Herr Walther von der Vogelweide, swer des nicht kennte, tät mir leide!" Und da ich
annehme, daß niemand von Ihnen möchte, daß er mir leid tue, so werden Sie ihn alle kennen. Dieser
Walther von der Vogelweide ist ein wunderbarer Vergleich für die Entwicklung der letzten Situationen
innerhalb unseres Kulturbudgets. Er war ein bedeutender Sänger, wie Sie wissen, und wie so viele
Künstler hat er ein schlechtes Verhältnis zum Geld gehabt, er hat nie Geld besessen. Daher ist er ein
gutes Beispiel, wenn man über Kultur und Geld sprechen möchte, daher ist auch sein Sehnen und
Trachten danach gegangen, daß er ein Lehen bekommt, also Grund und Boden, eine Herrschaft, von
der er Einkünfte beziehen kann.
Das war eine Art Presseförderung der damaligen Zeit, meine Herrschaften, denn die Sänger der
damaligen Zeit waren ja auch die großen Zeitungsleute. So wie das bei uns heute eben das
„Volksblatt“ und die „AZ“ und die „NÖN“ und die „Faber Blätter“ und die „Krone“ und der „Kurier“ heißt,
so hatten die Zeitungen damals andere Namen, sie haben Dietmar von Aist, oder Spervogel oder
Kürenberger oder Walther von der Vogelweide geheißen. Das Lehen, das er damals bekommen hat,
das ist eine Art der Presseförderung gewesen. Und wie ist es dazu gekommen?
Das ist der Vorgang, den Kollege Slawik mit der Geduld bezeichnet hat, den ich jetzt kurz literarisch
darstelle, wobei ich bei zwei Dingen um Entschuldigung bitte: erstens einmal beim Kollegen Kalteis,
den der Herzschlag trifft, wenn ich Blätter aus einem Buch herausreiße, weil ich nämlich alle Bücher
als Arbeitsbücher betrachte - wenn ich mich mit einem beschäftige, reiße ich das heraus, was ich
brauche, das sind eben Lesebücher, das sind lauter fliegende Blätter, ein Zeichen dafür, daß ich sie
benütze. (Abg. Kalteis: Aber Sie heben sie auf!) Ich stecke sie ein, ich lasse sie bei mir, ich haue sie
nicht weg. Das wäre ja schlecht, außer einem Buchdeckel ist nichts bei einem Buch „Wegwerfwerk“
bitte. - Und für seinen Ausgangspunkt - es sind drei Gedichte. Ich lese immer nur zwei, drei Zeilen.
Diese drei Zeilen lauten: „Mir ist verspart der Saelden tor, dâ stên ich als ein Weise vor, mich hilfet niht
,swaz ich daran geklopfe". Es ist ihm versperrt der Seligkeit Tor, was er auch tut, es tut sich ihm nicht
auf. Das ist mit der Kultur sehr gut gleichzusetzen, die klopft auch sehr häufig an und es tut niemand
auf. Es ist das gleiche Schicksal!
Fällt mir ein, wenn ich die Frau Kollegin Jirkovsky anschaue, daß wir nach dem Krieg sehr viel Theater
gespielt haben, unter anderem auch den „Jux“. Darin kommt das Fräulein vom Blumenblatt vor und
die sagt stets: „Das ist ganz mein Schicksal.“ Und genauso könnte die Kultur von dem sagen, was
Herr Walther von der Vogelweide hier sagt: „Das ist ganz mein Schicksal“. Nur wurde er dann etwas
deutlicher und wendete sich an Friedrich II. mit der Bitte um ein Lehen – „Von Rôme voget, von Pülle
künec, lâtiuch erbarmen, daz man mick bî rîcher kuhst lât alsus armen." Das heißt also - römischer
König, König von Apulien, laß dich endlich erbarmen, damit ich bei reicher Kunst nicht arm bleibe.
Das ist das Anklopfen der Kultur auch bei der Finanz. Dem Walther von der Vogelweide ist es dann
geglückt, daß Friedrich II. ihm ein Lehen gegeben hat. Daher hat er ein Gedicht geschrieben, das
heißt „Dank für ein Lehen“ und beginnt mit zwei sehr berühmten Zeilen. – „Ich hân mîn lêhen, al die
werlt; ich hân mîn lêhen! nu enfürhte ich nicht den hornunc an die zehen.“ Das ist sehr deutlich, er hat
ein Lehen und er braucht nun nicht mehr den Winter zu fürchten. Er schließt dann mit etwas, was ich
heute bei den Ausführungen des Kollegen Slawik vermißt habe. Daher habe ich das schon im
vorhinein ausgesucht, geschickt natürlich. Er sagt folgendes: „Ich bin ze lange arm gewesen ân mînen
danc, ich was sô volle scheltens, daz mîn atem stanc; daz hat der künec gemachet reine und darzuo
mînen sanc." Er hat also gesagt, diese Verhältnisse haben ihn so verstimmt, daß er immer voll des
Scheltens war, aber da nun diese Verhältnisse sich geändert haben, so muß er auch seinen Sang
ändern und er muß sich bedanken.
Und genau das, meine Damen und Herren, ist das, was auch heute notwendig ist bei diesem
Abschnitt 3. Denn in diesem Abschnitt 3 hat es zweimal, soweit ich mich jetzt hier zurückerinnere, in
der letzten Zeit eine entsprechende Erhöhung gegeben, und darauf möchte ich „minen sanc“
ausrichten, auf den Dank nämlich. Unter Ludwig ist das Budget einmal auf 0,88% erhöht worden und
jetzt unter Pröll auf 0,98%. Der Dank gebührt hier deshalb, weil das zugesagt wurde, weil das
gehalten wurde, weil sich sehr viele dafür eingesetzt haben, und weil ich das, meine Herrschaften,
nicht als einen Akt der Zauberei betrachte, sondern als eine Art Bekenntnis und ein Signal, das in
einer Zeit gesetzt wird, die eigentlich nach den Erfahrungen diese Signale normalerweise nicht gesetzt
hätte.
Prozentuell ist das, wenn ich davon absehe, daß die Nullergruppe und die Neunergruppe etwas
stärker gestiegen sind, das stärkste Ansteigen einer Gruppe im Budget. Gerade in einer Zeit der
wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in einer Zeit, wo wir ständig über die Arbeitslosigkeit zu sprechen
haben, in einer Zeit, in der man an allen Ecken und Enden zu sparen anfangen muß und in der nicht
einmal alles im Budget valorisiert wird, ist hier eine solche Steigerung eingetreten! Ich bedanke mich
dafür! (Abg. Stangl: Aufholbedarf!)
Ich werde es gleich erklären, Herr Kollege, Sie kennen mich, ich lasse mich nicht täuschen durch
jemanden, auch nicht durch meine Freunde. Ich werde das schon noch erklären. Ich möchte also
diesen Dank an den Herrn Landeshauptmannstellvertreter Dr. Pröll zum Ausdruck bringen und möchte
eine Schlußfolgerung ziehen, mit der Sie gleich wieder einverstanden sein werden. Folgendes würde
ich also als erste Schlußfolgerung hier festhalten :
Es ist ein bedeutender Aufholschritt in der Richtung auf einen Anteil des Kulturbudgets am
Gesamtbudget von 1% getan. Die Forderung nach einem zweiten oder weiteren Schritt bleibt aufrecht.
Das ist auch dem Herrn Finanzreferenten bekannt, und er hat sich von Haus aus dieser Sache in einer
Form offen gezeigt, für die ich ihm sehr verbunden bin.
Nun zur Hexenkabbala der Zahlen und zum Zuwachs. Das Budget steigt normalerweise und ist um
rund 8% im gesamten gestiegen. Wenn Sie die Gruppe 3 anschauen, sind das fast 22%. Das ist von
0,87 auf 0,98, das sind 0,11% . Auf 1%, wenn wir jetzt annehmen, daß das alles eine solide
Zuwendung an die Kultur wäre, auf die 1% fehlt, also 0,02%, das sind nicht einmal ganze 4 Millionen
Schilling. Absolut beträgt diese Steigerung, und daher verstehe ich Deine Rechnung nicht, Freund
Slawik, 38,7 Millionen Schilling. 8% wären nur 13,9 Millionen Schilling. Kommen also die 25,8
Millionen dazu, das sind rund 15%.
Selbst wenn ich jetzt davon ausgehe, daß ich die rund 16 Millionen Schilling wegnehme, die Sie
anzweifeln, ist das immer noch eine Steigerung auf 0,94%, ist das immer noch eine Steigerung um
14%. Ich verstehe also nicht, wie man sagen kann, daß hier nichts geschehen ist. Es war niemals
ausgemacht, das weiß auch Landeshauptmannsstellvertreter Grünzweig, daß eine solche Möglichkeit
mit der Steigerung auf 1% auf einmal vor sich gehen könnte. Wir haben alle immer vorsichtigerweise
gesagt, das soll in Schritten geschehen, soll aber eine merkbare Annäherung sein. Wenn also die
0,94%, wenn ich auf Ihre Argumentation eingehe, ich werde sie dann ein bisserl abschwächen, selbst
wenn ich also darauf eingehe, sind die 0,94% eine entsprechende Steigerung für einen ersten Schritt,
dem im nächsten Jahr ein zweiter folgen kann, damit wir diesen Aufhol- und Nachholbedarf abgedeckt
haben.
Nun lassen Sie mich aber diese Zuwächse einmal ein bißchen anschauen. Ich sage gleich, die
Verschiebung der einzelnen Posten innerhalb des Referates findet nicht meine ganze Zustimmung.
Ich habe das Herrn Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig auch schon gesagt. Weil ich kein
großer Verehrer von Fischen bin, habe ich mir das ausgerechnet: daß in einer solchen Zeit wie
unserer das Fischereimuseum mit 8 Millionen Schilling bedacht werden muß, während alles das, was
Kollege Slawik gesagt hat, auf eine Erfüllung wartet, das verstehe ich nicht ganz. Hätten wir die Fische
noch ein bisserl lassen, so wie sie dort waren, und hätte man lieber etwas anderes gemacht! Aber das
ist eine ganz andere Sache, und da habe ich mich nicht einzumischen, spielt auch gar keine Rolle,
wer nichts zu sagen hat dazu, soll nichts sagen. Ich stelle es nur fest, man hätte es auch innerhalb
des Referates anders machen können. Und das ist wiederum nicht die Schuld des Herrn
Landeshauptmannstellvertreter Pröll, denn wie ich das gehört habe, war meine erste Antwort aus
„Faust“: „Ein großer Aufwand ist umsonst vertan“, sagt dort Mephisto, wie die Seele Faust entfährt.
Denn wie ich gesehen habe, daß das Fischereimuseum in Orth das Geld bekommt, habe ich mir
gedacht, dafür hätte ich mir nicht die „Haxn“ ausgerissen und eigentlich auch nicht
Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig, sondern ich hätte mir eher gedacht, daß man da etwas
Besseres damit machen kann. So das ist aber nur eine völlig nebensächliche und inkompetente
Bemerkung, weil der Herr Landeshauptmannstellvertreter sicherlich wissen wird, warum das so sein
muß.
Nur eines muß man bei den Zusätzen bitte wissen. Es geht hier einfach um eine Erfüllung der VRV.
Ich habe im Vorjahr das über die Presse hier festgestellt, wenn Sie sich erinnern können. Die
Vorarlberger zählen z. B. die Museen zur Gruppe 3. Nun ist aber nach den VRV eine klare Vorschrift,
was zu den Gruppen zu zählen ist, damit man einen Vergleich ziehen kann, sonst kann man ja
niemals vergleichen. Daher wurde heuer das, was notwendigerweise in die Gruppe 3 gehört, auch da
hineingegeben, sodaß hier eine Bereinigung der rechtlichen Zuordnung durchgeführt wurde und jetzt
eine Vergleichsmöglichkeit besteht. Nun die Zuwächse selbst! Ich muß sie zeigen, weil sie so in
Zweifel gestellt worden sind. Zwar bin ich ein schlechter Mathematiker, aber lesen kann ich noch daher habe ich mir das einfach herausgelesen, was da drinnen gestanden ist.
Musikschulen 3 Millionen, plus immer, das ist ein Zuwachs, Musikpflege 2, da sind die Tonkünstler
dabei, die darstellende Kunst 0,5, sehr wenig, Klosterneuburg 6, die Ortsbildpflege 4, Presseförderung
12. Nun muß ich Ihnen sagen: erstens bin ich in gewisser Beziehung darüber beruhigt, weil Sie
gestern selber Ihre Zustimmung dazu gegeben haben, daß dieser Punkt hier erfüllt wurde. (Beifall bei
der ÖVP.) Daher können wir heute viel besser reden. Nicht billig, ich nehme das sofort zurück, das ist
nur eine Feststellung gewesen, Herr Kollege. Und ich bin jetzt natürlich umso eher in der Lage,
darüber vernünftig zu reden, weil ich tatsächlich die Zeitung für etwas wie eine kulturelle Leistung
halte.
Da auch die AZ dabei ist und ich gerade die Kunstkritiken, die Theaterkritiken der AZ über das Badner
Stadttheater sehr schätze, ist es mir geradezu eine Notwendigkeit, zu behaupten, daß Zeitungen
kulturelle Einrichtungen sind. Außerdem - Ihr Chefredakteur ist sogar ein Professor. Eine solche
Verbindung zur Kultur kann nicht jeder gleich aufweisen. Ich setze nur eines an ihm aus: wenn er sich
ganz unmögliche Dinge einfallen läßt, benützt er immer mich als Hitzeschild bei der Geschichte, und
damit komme ich in eine etwas zweifelhafte Berühmtheit, aber die Tatsache, daß die AZ eine kulturelle
Leistung ist, wollen wir gar nicht bezweifeln, sonst könnte sie nicht mit der Presseförderung aus dem
Kapitel 3 gespeist werden, wahrscheinlich ohnehin nicht mit viel, aber immerhin mit etwas.
Die Landesausstellung hat sich verkürzt, der Kulturschilling hat plus 4, Grafenegg ist kürzer geworden,
Museum Orth 8 Millionen dazu, Ausstellung Göttweig plus 1, die Türken mit 0,8. Damit sind wir auf 43
Millionen Schilling. Wenn ich die 5 Millionen, die bei den Landesausstellungen eingespart werden,
wegnehme, bin ich auf 38 und etliches und habe daher die Zuwächse. Ich muß also darauf dringen,
daß selbst die Rechnung eines schlechten Mathematikers, wie ich einer bin, freundlicherweise von
Ihnen entgegengenommen wird. Es ist nicht so, daß das Kulturbudget bei 0,87 stehen geblieben ist,
sondern es steht nach wie vor, wie es hier ausgerechnet wurde und je nachdem, wie Sie es auslegen
wollen, bei 0,98 oder bei 0,94%. Eine Auslegungssache wird ja noch gestattet sein. Das wäre ja
traurig, wenn Sie uns da gleich fürchterlich applaudieren würden, wenn das so geschieht. Aber
irgendetwas müssen wir schon gelten lassen, meine Herrschaften!
Eine besondere Steigerung erfährt die Musik, die Denkmalpflege und das Fischereimuseum, darüber
habe ich mich schon geäußert, das sage ich immer in Anführungszeichen. Hoffentlich frißt mich jetzt
kein Haifisch, wenn er das hört, daß ich so gegen die Fische bin, aber ich gehe sowieso nie baden,
außer in der eigenen Badewanne, und dort ist für einen Haifisch zu wenig Platz, wenn ich drin bin.
Denn als bescheidener Mensch habe ich nur eine „Siedlerbadewanne“, da kann ich mich gar nicht
ausstrecken, sondern muß mit angezogenen Knien wie im Hockergrab drinnen sitzen. (Abg. Lechner:
Du sind Sie sehr arm!) Wenn es über die nächsten Privilegien geht, werde ich den Reporter zu meiner
Badewanne führen und werde ihn hineinsetzen lassen, wer weiß, was er dann darüber schreibt, meine
Herrschaften!
Ich glaube, daß wenn ich die Zuwächse hier anschaue, eine zu starke Betonung der von mir im
Vorjahr mit einem angelesenen Ausdruck als „Depotkultur“ bezeichneten Einrichtungen vorliegt. Wir
haben im Vorjahr gesagt, „Depotkultur“, das sind die traditionellen Kulturgüter, in denen sozusagen
ein Depot an Werten liegt, das man wiederverlebendigen kann, während es daneben ein
„Erfüllungskultur" gibt, die man erst gestalten muß, die gegenwärtig ist, zeitgenössisch ist, die also von
uns selber angefüllt werden muß mit Werten. Alles das, was hier zugewachsen ist, ist auf Grund der
Zuordnung dieser „Depotkultur“, die sehr wichtig ist, zugeortet, und es ist so, weil gerade dort ein
entsprechender notwendiger Nachholbedarf ist, der hauptsächlich dadurch entstanden ist, meine
Damen und Herren, daß sehr unrealistisch budgetiert wurde, das heißt, daß man von Haus aus immer
gewußt hat, mit den Ziffern, die dort angesetzt werden, kann man den Zweck nicht erreichen. Das
muß man jetzt verbessern.
Wenn aber diese realistische Finanzierung durchgeführt ist, dann würde ich bitte sagen, der nächste
Schritt, der bestünde jetzt darin, selbst wenn nicht neue Mittel dazukämen, daß eine Reihe dieser
Dinge wegfällt. Es fällt Orth im nächsten Jahr weg, es hört Melk auf, es wird in Bälde Klosterneuburg
aufhören, es wird Göttweig nicht mehr drinnen sein, es wird St. Pölten nicht mehr drinnen sein, das
sind ja auslaufende Positionen, weil sie einem bestimmten Zweck gegolten haben, sodaß hier rund 22
bis 25 Millionen da sind.
Dieser nächste Schritt in der inneren Reform, der hat meiner Ansicht nach sich auf die
„Erfüllungskultur“ zu richten, d. h. auf die Gegenwartskultur, nämlich auf die Musikschulen, auf das
Theater, auf die Erwachsenenbildung - wir können nicht viel darüber reden, weil das nicht zu dieser
Budgetgruppe gehört -, auf die Ausgrabungen und auf die Vereine im allgemeinen. Ich nenne hier
eine Reihe von Dingen, die heute auch vom Kollegen Slawik angezogen worden sind - das
Kulturforum, die Niederösterreichgesellschaft für Kunst und Kultur, die NÖ Artgalerie, jene Aktionen,
die vom Landeshauptmannstellvertreter Dr. Pröll ins Leben gerufen worden sind, deren gibt es ja
genug in Niederösterreich, oder die Frage der Gestaltung Niederösterreichs.
Diese Umgruppierung halte ich für einen wichtigen zweiten Schritt, wenn diese Positionen frei und, wie
ich hoffe, im nächsten Jahr valorisiert und noch einmal einen Zusatzschritt erhalten werden. Ich ziehe
auch hier eine Folgerung. Das mache ich immer ganz gern, weil man dann alles vergessen kann, was
vorher gesagt wurde. Wenn man sich das aus dem Protokoll herausschneidet, kann man jemanden
sehr leicht festnageln. Ich stehe zur Verfügung! Ich würde sagen: Beim Zuwachs findet eine zu starke
Betonung der „Depotkultur“ statt, weil dort ein Nachholbedarf auf Grund einer unrealistischen
Budgetierung vorliegt, Nach einer realen und realistischen Finanzierung dieser Gebiete muß im Sinn
einer Kulturökologie in der Erfüllungskultur“, das ist die Gegenwartskultur, eine größere
Chancengerechtigkeit herrschen und ihr gegeben werden.
Lassen Sie mich noch kurz die Gewichtung dieser Dinge, die jetzt einfach zahlenmäßig aufgezählt
wurden, darlegen. Da muß ich etwas dazusagen. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sind wir
doch nicht bei jeder Kritik so schnell angerührt. Sie alle, meine Damen und Herren, haben einen
großen Erfahrungsschatz an politischer Tätigkeit. Dazu gehört es ja vor allem, daß man sich auch eine
Kritik anhören kann, und daß man nicht hinter jeder dieser Kritiken auch gleich einen persönlichen
Angriff vermutet. Das sind ja wirkliche Probleme, über die da gesprochen wurde. Ich war gar nicht im
Ausschuß, ich habe das nur gehört und gelesen. Fridau ist ein Problem, die Marchfeldschlösser sind
ein Problem, der Staatsvertrag ist ein Problem. Ich werde bei den Tonkünstlern kurz darauf zu
sprechen kommen.
Wir bemühen uns ja seit langem, alle bemühen sich, aber wir haben ja schon einmal gemeinsam
gesagt, wir wissen nicht mehr, welche Lieder wir anstimmen sollen, wenn wir hinüberkommen, bis die
im Ministerium „wach“ werden, wie das mit der „Reblaus“ bei Raab und bei Figl bei der
Russenverhandlung in Moskau karikiert wurde. Aber hinweisen muß man doch darauf können, und
das ist eben hier geschehen! Ich finde das nicht, daß da irgendwo der gute Ton der Zusammenarbeit
verletzt wurde! Ich meine, fragen wird man ja noch dürfen, und mehr als eine Frage war es ja nicht. Es
wäre schön, wenn man sie lösen könnte, obwohl jedermann weiß, daß darauf sowieso nur Antworten
erfolgen können, die retardierender Natur sind, weil wir weder das Geld haben, die
Marchfeldschlösser herzurichten, noch auch wahrscheinlich dazu, um Fridau richtig zu machen. Aber
es muß einmal geklärt werden, und ich kann mich erinnern, daß ich von hier aus einmal darüber
gesprochen habe, daß man eigentlich eine Liste aufstellen sollte, die Prioritäten zeigt und das, was da
nicht drauf ist, in irgendeiner Form dann abstoßen müßte, weil es eben nicht durchführbar ist. Also das
vielleicht bitte als Einleitung!
Ich würde hier bitten, daß man sich ein bißchen weniger mit Sensibilität umgibt, das ist in der Politik
ein schlechtes Geschäft, und der Kulturpolitiker ist eben auch ein Politiker. Er muß sich ja von den
Künstlern und von den tatsächlich Schaffenden, die sich berechtigt oder unberechtigt immer verkürzt
fühlen, noch viel mehr sagen lassen, als er von einem Kollegen hier etwa zu hören bekommt. Nach
dieser allgemeinen Einleitung ist das Gebiet Musik mit einem Hauptgewicht versehen. Wenn Sie sich
das Budget ansehen, so wird auf dem musikalischen Gebiet der Hauptteil dieses Budgets gelagert.
Dabei sind zwei Dinge wichtig zu sagen. Das erste ist die Frage der Tonkünstler. Ich habe schon öfter
darüber gesprochen, es gibt hier sicherlich eine innere und äußere Möglichkeit der Reform, tatsächlich
ist es aber so, daß uns der Bund mit seinen Subventionen seit Jahrzehnten auf der gleichen Stufe hält
und es nicht einzusehen ist, daß bei anderen Orchestern das nicht so ist. Daher muß immer wieder
danach getrachtet werden, das zu ändern. Wenn man gewisse Sachen nicht ändern kann, dann
bedeutet das überhaupt keine Qualifizierung des Intervenienten, wenn ich das so sagen darf. Denn
wenn ich meine Interventionen anschaue, geht ja auch nur ein bestimmter Prozentsatz durch. Aber
sagen muß man es immer wiederum, daß hier eine Lücke besteht, daß hier eine offene Frage besteht,
sodaß man immer dann, wenn die Möglichkeit gegeben ist, mit dem Bund über etwas zu verhandeln,
diese Sache in besonderer Weise betonen muß. Das zweite, was hier gesagt werden muß, das sind
die Fragen der Musikschulen. Die Musikschulen gehören abgesichert! Sie haben jetzt einen Vorschlag
unterbreitet, der im Begutachtungsverfahren steht und von dem wahrscheinlich alle, die ihn gelesen
haben, überzeugt sind, daß es so wahrscheinlich nicht in der nächsten Zeit gehen wird, wie es da
drinnen steht. Aber das ist gar nicht die Absicht der Musikschulen, sondern die wollen eine
entsprechende Veränderung auf Sicherheit durch die Gemeinden. Die Gemeinden sind am Rande
ihrer Möglichkeiten angelangt und es muß ein Weg gefunden werden, daß hier die Breite und die
Effizienz erhalten bleiben können. Das wird wahrscheinlich nur über das Land durch Subventionen zu
machen sein. Mir sind die 3 Millionen zu wenig, die heuer gegeben wurden, das darf ich offen sagen.
Aber es ist halt nicht mehr gegangen auf einmal. Wenn aber jetzt die Möglichkeit besteht,
Umschichtungen zu machen, dann müssen die Musikschulen drankommen, gleichgültig, wie immer
man diesen Entwurf jetzt hier behandeln wird. Und ich weise noch einmal auf einen Vorschlag hin, den
ich schon einige Male gemacht habe, der sicherlich auf Kompetenzschwierigkeiten stößt, aber mein
Gott, „in der Not frißt der Teufel Fliegen“, heißt es immer bei uns, und wenn sich die Verhältnisse
geändert haben, ist vielleicht der Bund auch bereit, einmal etwas zu tun. Ich verweise nach wie vor auf
die Pädagogische Akademie und auf die Möglichkeit, vielleicht dort Musiklehrer auszubilden. Das ist
eine Frage des Lehrerpotentials, der Verwendung der Lehrer und des vorhandenen Raumes in der
PädAk. Man müßte einmal darüber sprechen, ob das möglich ist. Das ist dann ein kleiner Schritt in
Richtung des Konservatoriums, über das wir uns immer unterhalten und das wir wegschieben, weil wir
ja sowieso zu wenig haben.
Die darstellende Kunst ist mit 26 Millionen gut gelagert, aber bitte, sie kann damit den Anschluß an
das nicht finden, was man heute notwendigerweise an künstlerischer Effizienz bieten muß, besonders
wenn man wie St. Pölten und Baden in der Nähe der Großstadt liegt. Bei beiden Theatern wird eben
mit einem Großstadtmaßstab gemessen und dafür braucht man auch bestimmte Mittel. Die Steigerung
um 0,5 ist ein bisserl dürftig heuer, ich darf das festhalten, und spreche auch den St. Pöltnern hier aus
dem Herzen. Die Denkmalpflege gemeinsam mit Museen und Ausstellungen ist sehr gut bedacht im
Rahmen des Budgets. Über die Presse habe ich schon gesprochen, völlig unterrepräsentiert ist die
bildende Kunst. Hier möchte ich wieder auf etwas hinweisen. Wenn wir auch immer glauben, wir
müssen das in einem engen Bereich erledigen, so muß nicht alles in der Dreiergruppe erledigt
werden. Wir werden uns mit dem Kulturförderungsgesetz beschäftigen und dort jener Marke
nähertreten, die in dem Entwurf mit 2% angegeben ist, daß also bei Neubauten 2% der Bausumme für
künstlerische Ausgestaltung herzunehmen sind, wobei ich jetzt überhaupt nichts dazu sage, ob es
vernünftig ist, 2% festzusetzen oder einen gleitenden Prozentsatz. Irgendetwas muß aber festgesetzt
werden. So hätten wir dort natürlich aus einem ganz anderen Budget eine nicht unerhebliche Position,
um hier einen Kulturzuwachs zu bekommen. Denn nehmen wir einmal an, es würden 2% bestimmt
werden und ich nehme nur den Krankenhausausbau her, so wäre das bei einem so einen kleinen
Krankenhaus wie in Baden mit 560 Millionen Schilling Bausumme ja eine Hingabe an Honoraren, wie
sie sonst jahrelang nicht aufgewendet werden können, um Bilder anzukaufen. Sie brauchen im Budget
ja nur nachzusehen. Das würde uns überhaupt nicht weh tun bei der Dreierposition, das wäre aus
einem ganz anderen Posten, wie ich eben immer dafür bin, andere Posten für die Kultur
anzuknabbern, also z. B. den Fremdenverkehr und die Raumordnungen. Wo es geht, sollte man das
tun; Genauso unterrepräsentiert ist Schrifttum und Sprache. 1,1 Millionen, da wird aus dem
Kulturschilling noch etwas dazukommen, aber das ist natürlich viel zu wenig und es müßte hier
jemanden etwas einfallen. Ich werde ein paar Sachen aufzählen, wie man hier Dinge machen kann,
die sich auch interessant für den Autor gestalten. Ich ziehe auch hier eine Schlußfolgerung. Die
ungleiche Gewichtung der Sachgebiete zu ungunsten der bildenden Kunst und der Literatur müßte
ausgeglichen werden.
Wir haben jedes Jahr die Gelegenheit, beim Budget eine Menge von Anträgen zu stellen, Grundsätze
von uns zu geben und Schlußfolgerungen zu ziehen. Dabei ist eigentlich zu beobachten, daß man
nicht sehr konsequent Jahr für Jahr diese Dinge hernimmt und nachschaut, ob sie überhaupt noch da
sind, ob sie auch befolgt werden oder ob man sie abschreiben muß. Mir kommt das immer so vor, daß
irgendetwas für einen bestimmten Zweck geäußert wird, dann schreibt vielleicht jemand darüber oder
er hört es irgendwo, und damit ist die Geschichte weg und im nächsten Jahr werden wieder neue
Sachen erfunden. Ich gehe jetzt ganz kurz einige solcher Dinge durch - und bin auch gleich am
Schluß -, die ich selber hier gesagt habe und die ich kontrollieren möchte. Ich habe voriges Jahr drei
Schlußfolgerungen gezogen. Die erste war, daß wahrscheinlich keine Erhöhung im größeren Ausmaß
eintreten wird können. Ich gestehe, daß sich das hier geändert hat, für mich ist eine solche Erhöhung
eingetreten. Ich bitte nur auch um den zweiten Schritt. Das zweite war, daß ich gesagt habe, neben
der Kulturökonomie muß sich endlich eine Kulturökologie durchsetzen, d. h., eine Gleichberechtigung
von verschiedenen Sachgebieten, insbesondere, wenn ich die Ausweitung der Teilnehmer hier
anstrebe. Die stärkere Berücksichtigung des Sachgebietes „Gegenwartskultur“, die fehlt mir nach wie
vor. Wir sind auf dem Weg dahin, das stärker zu betonen, aber das ist immer noch zu wenig. Da ist
also ein geringer Fortschritt eingetreten. Für die Zukunft eine Aufgabe. Und das dritte war, daß ich auf
eine innere Kulturreform hingewiesen habe, nämlich, daß wir zu neuen Bedingungen, zu neuen
Prinzipien und zu neuen Methoden in Kunst und Kultur kommen müssen, die das beinhalten, was
Kollege Slawik hier aus seinem Programm zitiert hat und das natürlich auch wenigstens in diesen
Punkten eine Entsprechung in unserem Programm besitzt, ich werde darauf noch kurz hinweisen:
Selbststätigkeit, Selbstorganisation, Weckung des Eigenschöpferischen und die kurzfristige,
ungebundene Aktion. Das sind Dinge, die vor allem auf die Organisationen abzielen, auf die
Erwachsenenbildung, auf die Einrichtungen der bildenden Kunst, der Literatur usw. Da gibt es
Organisationen in einem breiten Ausmaß. Sie stehen in dem Gutkasbuch drinnen, sie stehen in den
Kulturberichten drinnen, und sie haben in den letzten Jahren eine besondere Präzision in vier
Einrichtungen erfahren, wenn ich so sagen darf - dem Niederösterreichfonds, den wir bitte nicht gering
schätzen sollen, obwohl seine Mittel beschränkt sind, weil er nicht nur viel macht, sondern weil er die
Zeitschrift „Morgen“ herausgibt, eine der ganz wenigen Möglichkeiten in Österreich, wo jedermann
schreiben darf, auch wenn er den Herausgeber und den Geldgeber beschimpft. Wo gibt es heute
noch so eine Zeitung, wo man das tun darf? Wir gestatten das bitte! - dem Kulturforum, das heute
vorgestellt wurde, der Niederösterreichgesellschaft für Kunst und Kultur, die ich schon einige Male
genannt habe, und der NÖ Artgalerie. Die Beispiele sind beliebig fortzusetzen, sie zielen alle auf die
Gegenwartsbehandlung – das Kulturnetz etwa im Weinviertel, die Güterslohausstellung, die trotz ihrer
Bescheidenheit eine eher mitteleuropäische Resonanz gefunden hat, die verschiedenen
Ausstellungen, der Jugendliteraturpreis, unsere Komponistenaufträge, die Hörspieledition, die Edition
„Niederösterreich an der Donau", die Schulgalerie, das sind ja alles Dinge, die neue Bedingungen
darstellen, und diese neuen Beziehungen müssen oder können gar nicht nur von neuen
Organisationen getragen werden, die müssen sich der Zusammenarbeit mit bestehenden
Einrichtungen bedienen. Das sind ja alles, etwa das Forum oder die Niederösterreichgesellschaft für
Kunst und Kultur, maximal Ein- oder Zweimannbetriebe, die können gar nichts machen, wenn sie nicht
irgendjemand haben, mit dem sie kooperieren können, der das ausführt. Für mich ist die schönste
Bestätigung, daß sich das durchgesetzt hat, wenn ich darüber zufällig in dem Roman „Seitenwechsel“
von Szichkovitz lese. Das ist ein führender Mann des Fernsehens, der da oben bei Raabs wohnt, und
darinnen einige Male die NÖ Artgalerie nennt. Also, wenn man schon in einem Roman drinnen steht,
dann muß man publik sein. Das war für mich eigentlich die schönste Bestätigung, die ich in der letzten
Zeit gefunden habe, daß diese Dinge schon so ortsüblich eingebunden sind, daß man sie bei
Darstellungen bestimmter Verhältnisse in bestimmten Landschaften aufgreift.
Ich habe neben diesen Schlußfolgerungen immer drei niederösterreichische Kulturprinzipien
dargestellt und könnte und müßte jetzt natürlich sagen, das sind drei niederösterreichische ÖVPKulturprinzipien, aber bei solchen Prinzipien ist es halt so, da hält sich an jedem „Fahnenzipf“ einer an,
und mit Recht hält er sich dort an. Ich will das also für uns gar nicht in Pacht nehmen. Geistige Sachen
sind schwierig. Nachdruck ist gestattet. Ich sage, nicht einmal Angabe der Quelle ist notwendig.
Hauptsache, daß es gedruckt wird. Ich würde aber sagen, daß die ÖVP-Kulturpolitik danach bewußt
formuliert wurde und daß nach ihr bewußt gehandelt wird. Das erste Prinzip ist das Prinzip der
Dezentralisation. Nur mit ihr kommen wir in die Regionen, nur mit ihr kommen wir an die Basis, und
ich muß Ihnen offen sagen, alles was sich für mich nicht mit der Basis beschäftigt, ich will nicht sagen,
daß ich diese Alternativgedanken jetzt mit der Basisdemokratie besonders goutiere, aber was sich
nicht mit der Basis auch in kulturellen Dingen beschäftigt, ist für mich nicht sehr von Belang, vor allem,
weil die Voraussetzungen bei uns in Stadt und Land durchaus gleich sind und weil diese
Voraussetzungen diese Basisbeschäftigung ermöglichen. Ich habe gestern einen Zwischenruf beim
Kollegen Kalteis gemacht und ich bitte um Entschuldigung, ich halte jetzt fest, ich habe schon drei
oder vier Zwischenrufe gemacht und werde mich bessern, und der betrifft das, was ich meine. Es gibt
nur mehr zwei Bildungsprivilegien heute - das ist das regionale Bildungsprivileg, wo einer nämlich
wohnt, da kann er es leichter oder schwerer haben, verunmöglicht wird ihm Bildung nirgends mehr in
Niederösterreich, er hat es nur leichter oder schwerer. Das zweite, das ist viel schwieriger zu überwinden, das Bildungsprivileg der Eltern. Wenn meine Mutter sich nicht sehr energisch hinter mich
gestellt und mich tribuliert hätte, daß ich etwas lerne, von mir aus wäre ich nichts geworden. Wenn
jemand Eltern hat, die darin kein Problem sehen, der ist arm, der ist nicht privilegiert. Wenn er aber
Eltern hat, die darin ein Problem sehen und ihn in Zeiten bearbeiten, wo er nichts machen will, da hat
er ein ihm zwar unangenehmes, aber für die Zukunft äußerst wichtiges Privileg, es schert sich jemand
um ihn. Und das ist etwas sehr Wichtiges, das haben wir momentan in Niederösterreich - die
bildungsmäßigen Voraussetzungen sind überall gleich. Sie können bei uns heute in jedem Dorf, ich
formuliere das absichtlich so, in jedem Dorf eine moderne gegenwartsbezogene Veranstaltung
durchführen. Sie werden immer einen Kreis finden, mit dem Sie über diese Sache sprechen können.
Die Bestätigung, die hier von Wr. Neustadt gegeben wurde, können wir fortsetzen bis Wien. Sie haben
in Wien, wenn Sie eine solche Veranstaltung machen, bei der Eröffnung, etwa einer Kunstausstellung,
auch nicht mehr Leute als in Irnfritz oder sonst irgendwo, wenn ich eines gerade nenne, weil es mir
einfällt.
Zum zweiten: das zweite Kulturprinzip ist die Subsidiarität. Das Kulturreferat kommt hier in weiten
Belangen dieser Forderung nach, daß mehr Förderung betrieben wird, als eigene Veranstaltung
durchgeführt werden. Ich würde bitten, daß wir bei diesem Prinzip der Subsidiarität beharren.
Zentralstellen haben meistens die fatale Angewohnheit, daß sie immer mehr an sich ziehen, ich
nehme etwa die Erwachsenenbildung z. B., dort werden die Rückbehalte seitens des Bundes für die
Zentralstelle immer größer, die Möglichkeiten, die an die Organisationen gehen, immer kleiner, das
sollte im Land nicht so werden. Es ist nicht so, das darf ich sagen, aber diesen Grundsatz müssen wir
auch weiter beibehalten, ebenso den Grundsatz der Kooperation und der Durchführungsbeauftragung
an verschiedene Einrichtungen, Organisationen und Gemeinden, und zwar nach wie vor im großen
Ausmaß.
Der dritte Grundsatz ist der der Demokratisierung. Darunter verstehe ich die Verbreiterung der
Anteilnahme, aber auch eine Gleichstellung im Sinne einer Kulturökologie der Sachgebiete, der
Inhalte, der Künstler und des Publikums. Das sind alles gleichwertige Dinge, die aber verschieden
bearbeitet sind. Dazu gehört eine Verbreiterung der Anteilnahme, Gleichberechtigung, Toleranz und
das Vermeiden einer Filtrierung. Das, was man so normalerweise eine Zensur nennt, das sollte sich
nicht etablieren, wenn auch sicherlich gewisse äußere Dinge eingehalten werden sollen, wobei wir
darauf dringen müssen, daß es bei künstlerischen und kulturellen Dingen keine Selbsternennung gibt.
Ich habe das vom Generalintendanten Bacher gehört, es hat mir sehr gut gefallen, es gibt keine
Selbsternennung, die besagt ich bin ein Künstler und ich bin der größte aller Künstler. Das kann sich
nur auf eine Beurteilung durch ihn selber beziehen, sonst muß die Leistung bitte, die Leistung und die
Anerkennung in der Öffentlichkeit hier eine Rolle spielen und tut es auch. Das, was ich da gesagt
habe, bezieht sich auf die selbstorganisierte Gesellschaft. Ohne sie wird man einfach nicht
auskommen. Zur Zeit des Wiener Kongresses oder nachher in der heiligen Allianz hat Metternich nicht
sehr viel von den Völkern gehalten, aber der Kaiser Franz, der da etwas volkstümlicher war, der hat
gesagt: „Lieber Metternich, die Völker sind heute auch wer!“ Das war in den 20er Jahren des vorigen
Jahrhunderts. Und ich sage, die Leute sind heute auch wer, ohne die Leute kann man das nicht mehr
machen. Dirigistische Maßnahmen von oben nach unten fangen niemanden, sondern nur die
selbstorganisierte Gesellschaft kann der Träger aller dieser Prinzipien sein. Ich mache hier wiederum
eine Schlußfolgerung: Die niederösterreichischen ÖVP-Kulturprinzipien, das System der
Kulturökologie und der selbstorganisierten Gesellschaft sind Grundlagen neuer Beziehungen zur
Kultur und müssen berücksichtigt und ausgebaut werden.
Alles das tritt aber in ein neues Umfeld, und das ist jetzt endgültig der Schluß. Es ist schon von einer
Reihe von Sprechern heuer beim Budget angedeutet worden. In den letzten Jahren hat sich weltweit
durchgesetzt, daß die Leute glücklicher statt reicher werden und sein wollen. Es hat ein
Alternativdenken eingesetzt, das auf die Kultur einen großen Einfluß ausgeübt hat. Aber dieses
Umfeld hat sich jetzt geändert, nämlich das „Reicher-werden" ist durch die Wirtschaftssituation auf die
„Existenzerhaltung" reduziert worden. Es kann gar keiner mehr daran denken, daß er heute wählen
kann, zwischen reicher werden oder ärmer bleiben wollen. Gerade in dieser Situation muß es aber
einen stärkeren Akzent zur geistigen Selbstverwirklichung geben. Dazu ist Bildung notwendig, freilich
kommt die Bildung jetzt wiederum in den Bereich des Nutzens und damit auch die kulturelle
Betätigung in einem größeren Ausmaß, als das bisher der Fall war. Dieser Nutzen könnte so weit
gehen, ich habe das vor Jahren hier einmal gesagt, daß diese ganze Bildungsmöglichkeit zu einer Art
Verschleierung der Arbeitsmarktsituation wird, wenn wir uns die „recurrent education“ anschauen, wo
Arbeitsphase mit Bildungsphase wechselt und wo man leicht in die Gelegenheit oder in die
Versuchung kommen könnte, diese Sache zu benützen, um zu verschleiern, daß es weniger Arbeit
gibt, wenn man es nicht bewußt und vernünftig macht, sodaß auch daraus etwas herauskommt. Statt
des weltberühmten „Aussteigens“, das immer wieder proklamiert wird, ist man längst heute
vernünftigerweise auf ein „Umsteigen“ zurückgekommen, nämlich einfach auf ein Umsteigen innerhalb
unserer Gesellschaftsordnung, innerhalb unserer Industriegesellschaft auf die Tatsache, daß eben die
geistigen Werte immer den Vorzug vor den materiellen haben sollen. Mit dieser Sache kann man sich
überall zurechtfinden. Ich würde so sagen: Bisher hat man gesagt, der Mensch lebt nicht vom Brot
allein, dem muß man bereits hinzufügen, aber er braucht das Brot auf jeden Fall zum Leben. Alle
Folgerungen daraus bestimmen kulturelle Tätigkeiten, sie zeigen die Ergänzungsflächen zwischen
Wirtschafts-, Sozial- und Kulturpolitik und verlangen immer stärker den selbständigen Menschen, der
sein persönliches Leben unabhängig gestaltet, aber eine starke persönliche Sozialverantwortung
dabei entwickelt. Ohne Kultur und Bildung ist das nicht möglich. Beide erhalten einen
existenzerhaltenden Charakter bei der Selbstverwirklichung des einzelnen in einer wirtschaftlich
besonders schwierigen Zeit. Daher ist es notwendig, den nächsten Schritt auf die 1% zu machen,
daher ist es aber auch notwendig, neue Beziehungen zur Kultur, Bildung und Kunst herbeizuführen.
Das, was wir als die ÖVP darüber denken, steht im Leitbild 80, das immer noch sehr gut tragfähig ist,
das habe ich in vielen Budgetreden, besonders in der vorjährigen, hier dargelegt und das steht im
„Modell Niederösterreich“, um auch Ihnen das Präsent unseres Programmes zu machen. Ich habe
eines da, aber da ich annehme, Sie haben es genauso gut gelesen wie ich das Ihre, ersparen sich
diese Notenaustäusche und wir wissen, was wir voneinander zu halten haben. Die Budgets der
Zukunft und auch das jetzige sind daher noch stärker auf diese Sache auszurichten, sie sind eine
Chance und eine Aufforderung zum „Umsteigen“. Das, was ich von Walther von der Vogelweide
gesagt habe, das müßten alle Niederösterreicher von sich sagen können in bezug auf Anteilnahme an
Kultur: „Ich han mîn Lêhen, al die werlt, ich han mîn Lêhen!“ Ich habe etwas, was ich besitze, endlich
etwas, das ich besitze und das mir niemand wegnehmen kann, gleichgültig, was immer auch in der
Welt passiert. Das gilt natürlich für den geistigen Besitz im besonderen. Jeder soll gerade in solchen
Zeiten die Möglichkeit haben, sich selbst zu finden und sich in die Gesellschaft eingliedern zu können,
wie immer sich diese Gesellschaft auch wirtschaftlich entwickelt.
Das ist ein Trend, den ich aus dem Budget der Gruppe 3 herauslese, und ich möchte noch eines
sagen, meine Damen und Herren! Mit dieser Entwicklung ist auch mit einer Tradition gebrochen, die
so gelautet hat: Wann immer eingespart werden muß, dann wird zuerst die Kultur dazu herangezogen.
Nicht nur, daß es dort im Verhältnis zu unserem Budget sowieso sinnlos wäre, Herr
Landeshauptmannstellvertreter Dr. Pröll, weil im Verhältnis zu diesen 23 Milliarden der Anteil der
Gruppe 3 ja nicht so groß ist, daß Einsparungen wirklich ins Gewicht fallen würden, sondern das ist
eine Einstellung und eine Bewußtseinshaltung. Bisher war es immer so, daß man gesagt hat, die
ersten Einsparungen werden bei der Kultur gemacht. Das ist hier blendend widerlegt! Wir haben hier
ein schönes Beispiel, an dem sich auch Herr Walther von der Vogelweide erfreuen würde. Erfreuen
wir uns auch daran und bedanken wir uns, daß das möglich gemacht wurde und daß es uns möglich
ist, in einer Zeit, in der die wirtschaftlichen Dinge so im Vordergrund stehen, auch der Kultur die
Aufmerksamkeit zu widmen, die sie benötigt. Wir brauchen sie in solchen Zeiten dringender als in
anderen! (Beifall im Hause.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Abg. Rupp.
Abg. RUPP: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hoher Landtag! Ich
werde in der Gruppe 3 zur Heimat- und Denkmalpflege sowie zur Ortsbildpflege sprechen. Gestatten
Sie, daß ich mit letzterem, mit der Ortsbildpflege beginne. Baugesinnung zu wecken und zu fördern,
geht nur auf einem Weg, nämlich auf dem Weg über die Beratung und Information. Mit diesem Zitat
von Herrn Landeshauptmannstellvertreter Dr. Pröll anläßlich der Vorstellung der Aktion
„Niederösterreich schön erhalten, schöner gestalten“ möchte ich meine Ausführungen, sehr geehrte
Damen und Herren, beginnen. Mit diesen Zielen sollen Impulse des Landes für einen
Tendenzumschwung in der Baugesinnung gegeben werden.
In meiner eigenen Gemeinde habe ich erlebt, wie das System der Aktion funktioniert, geht doch der
Auftrag des Landtages, den wir zu erfüllen haben, in Richtung einer ständigen Serviceleistung des
Landes für seine Bürger, der kostenlosen Bauberatung, der Information und Motivation (des einzelnen
Bürgers, sozusagen des Endverbrauchers. Das Ziel der Aktion „Niederösterreich schön erhalten,
schöner gestalten“ muß sein, den Fehlentwicklungen auf dem Bausektor, die Sie alle zur Genüge
kennen, entgegenzusteuern. Wir wollen nicht anprangern, wie Dr. Pröll gestern in seiner
Einbegleitungsrede feststellte, sondern positiv überzeugen und den Menschen draußen in den Dörfern
durch unsere Aktion vor Augen führen, daß oft schon mit relativ geringen Mitteln ein sehr wichtiger
Beitrag für eine schönere Umwelt geleistet werden kann und muß. Das ist wortwörtlich zu nehmen.
Ich darf hier auf die drei Modellgemeinden hinweisen, für die im Rahmen der Aktion Ortsbildinventare
erstellt wurden. Die Initiative sollte vom einzelnen Bürger ausgehen. Um das zu ermöglichen,
investiert die Aktion weniger in ein finanziell aufwendiges Gießkannensystem, bei dem jeder zu wenig
bekäme, sondern in Maßnahmen und Aktivitäten zur Förderung der allgemeinen Baugesinnung.
Gesinnung beim einzelnen wecken und fördern geht aber am besten auf dem Weg über Beratung und
Information, die schon in der Schule beginnen sollte, etwa durch Lehrplanunterlagen, um so bei den
Kindern und Schülern Aufklärung zu betreiben, denn ohne frühe Bewußtseinsbildung würden sonst
diese Menschen als Erwachsene die gleichen Fehler begehen wie die heutige Generation.
Ich glaube, daß man als Verantwortlicher in Politik und Wirtschaft an der Problematik, die uns
unkonventionelle Siedlungstätigkeit, Straßenverbreitungen um jeden Preis, übereilte
Bachregulierungen und krampfhaft moderne Baugestaltung beschert haben, nicht einfach
vorbeigehen sollte mit dem diskussionswürdigen Hinweis auf das Recht des Menschen, seine Umwelt
in Freiheit selbst zu gestalten. Ist das nicht ein etwas sonderbarer Freiheitsbegriff, dem eben da
gehuldigt wird? Leisten wir da nicht dauernd einer fahrlässigen Praxis Vorschub, die unseren Kindern
einmal auf den Kopf fallen könnte? Wir möchten unseren Kindern bei der Wiederfindung wertvoller
Baukultur helfen, helfen daß sie wieder den Blick auf natürlich Gewachsenes, Landschaftstypisches
und einfach Harmonisches richten. Wir wollen ausschließlich zeigen, wie es richtig gemacht wird. Als
Beispiel dafür möchte ich die Broschürenreihe - ich hoffe daß sie allen hinlänglich bekannt ist -,
welche die Aktion sozusagen als Fachorgan ständig begleitet, anführen. Negativbeispiele, von
manchen Lesern dieser Broschüre zur Abschreckung gewünscht, werden Sie hier vergeblich suchen.
Nichts wäre uns unangenehmer, als Bauten unserer eigenen Mitbürger anprangern zu müssen.
Vielmehr wollen wir das Positive zeigen, das es in unserem Bundesland gottlob noch sehr häufig zu
finden gibt.
Im Rahmen der erwähnten Broschürenreihe läuft auch ein Wettbewerb in Form eines Gewinnspieles.
Die Leser sind aufgerufen, auf den beiliegenden Antwortkarten, die ihrer Meinung nach am besten
gezeigten Beispiele einzutragen und an die Landesbaudirektion zu senden. Durch diese Maßnahme
wirkt die Broschüre nicht nur meinungsbildend, sondern auch erzieherisch. Im Zentrum der Aktion
„Niederösterreich schön erhalten, schöner gestalten" steht aber nach wie vor die kostenlose
Bauberatung für jedermann durch die Baudirektion und ihre Außenstellen, die Gebietsbauämter. Um
bis zu den Endverbrauchern, also allen jenen Mitbürgern, die vorhaben, in nächster Zeit ein Haus zu
bauen oder Um- bzw. Zubauten zu planen, durchzukommen, bedient sich die Aktion vorhandener, gut
funktionierender Einrichtungen, der Gebietsbauämter mit ihren speziell in Sachen Ortsbildpflege
geschulten Sachbearbeitern, der Organisationen, der Bezirkshauptmannschaften und der Gemeinden,
an die regelmäßig ausführliches Informationsmaterial versendet wird.
Eine große Breitenwirkung verspricht man sich aber bei der Aktion neben der Broschüre von der
Partnerschaft mit dem Bildungs- und Heimatwerk, das mit seinen 400 Ortsstellen in ganz
Niederösterreich über eine hervorragende Infrastruktur verfügt. Es hat Kollege Schwarzböck schon
darauf hingewiesen. In den Seminaren des Bildungs- und Heimatwerkes über regionaltypische Bauten
in Niederösterreich, bei denen die Herren der Baudirektion und der Gebietsbauämter als Referenten
und Gruppenbetreuer mitwirken, soll gezeigt werden, wie in den verschiedenen Regionen
Niederösterreichs richtig gebaut wird und worauf es bei den Neu-, Zu- und Umbauten ankommt. Die
Teilnehmer an diesen Seminaren sollen in der Folge so ausgebildet werden, daß sie selbst
Bildmaterial fachlich kommentieren und in ihren eigenen Orten Referate zum Thema Ortsbildpflege
halten können. Entstanden ist schließlich in vielen Gesprächen mit Volks- und Erwachsenenbildern ein
partnerschaftliches Konzept für Vorträge und Seminare zur Förderung der Ortsbildpflege und des
regionaltypischen Bauens.
Die erste Serie begann in den Jahren 1981 und 1982 und umfaßte vier Seminare in den jeweiligen
Landesvierteln. Die zweite Serie hat anfangs Oktober des heurigen Jahres ihren Beginn und ist bis
zum Frühsommer des kommenden Jahres geplant. Durch die Organisation und Durchführung dieser
Seminare ist das Bildungs- und Heimatwerk voll in die Aktion eingestiegen. Das Gebietsbauamt in
Krems hat ein Grundschema für Impulsvorträge durch die einzelnen Ortsstellenleiter ausgearbeitet.
Dieses Schema gibt die Gewähr, daß bei der Bestandaufnahme kein wichtiges Element vergessen
werden kann.
Bei der heurigen Jahrestagung des Bildungs- und Heimatwerkes in St. Pölten wurde vom
Seminarteilnehmer Mag. Wunderl eindrucksvoll demonstriert, wie gut das neue Schema in der Praxis
anwendbar ist. Darüber hinaus bietet die Baudirektion als Mithilfe bei der Erstellung von Diavorträgen
die Beistellung von Dias aus dem Bildarchiv an. Weiters gab es noch eine Reihe von Vorträgen, und
zwar wurden von Beamten der Baudirektion fast 40 Vorträge in Gemeinden bei
Bürgermeisterkonferenzen und Bezirksbäuerinnentagungen und auf der Technischen Universität Wien
gehalten.
Im landwirtschaftlichen Bereich wurden Vorträge und Beratungen, selbstverständlich in Abstimmung
mit der Abteilung VI/12, durchgeführt. Jeden Montag wird vom Architekten Fehringer im Rundfunk die
Gelegenheit benützt, um über die Aktion zu sprechen. Mit der zunehmenden Popularität und dem
Bekanntwerden der Aktion durch ORF und Presse stiegen die Beratungen in den Gebietsbauämtern
und in der Baudirektion sprunghaft an. Das Echo auf die angebotene kostenlose Beratung, vor allem
nach den Messen in Hollabrunn und Mistelbach, wo Informationsstände der Aktion aufgebaut waren,
war sehr groß.
Für Gemeinden und Private wurden seit Oktober 1981 ca. 1300 Beratungen in 240 Gemeinden, also
fast in jeder zweiten Gemeinde, durchgeführt. Die als Einstieg in die praktische Beratungstätigkeit
vorgesehenen Ortsbildinventare für die drei Gemeinden Ludweis, Drösing und Höflein sind fertig. Die
Regionalzeitungen haben in dankenswerter Weise in großer Aufmachung über die Erstellung und
Präsentation der Inventare berichtet. Die im Auftrag des Landes von freischaffenden Architekten
erstellten Inventare und die darin enthaltenen Verbesserungsvorschläge fanden bei der betroffenen
Bevölkerung ein großes Echo. Diese Ortschaften weisen bereits sichtbare Veränderungen durch
Renovierungen, Färbelungen usw. auf. Wichtig ist, daß bei der Bevölkerung vor allem eine
Gesinnungsänderung zugunsten der Ziele der Aktion „Niederösterreich schön erhalten, schöner
gestalten“ festzustellen ist.
Gestatten Sie, daß ich aus meiner Heimatgemeinde ebenfalls dazu einiges Erfreuliches berichten
kann. In dieser kurzen Zeit hat bereits eine große Anzahl von Gemeindebürgern Beratung in Anspruch
genommen, aber auch schon praktisch in die Tat umgesetzt. Sehr glücklich bin ich über die Leistung
bezüglich der Erhaltung und Renovierung einer traditionsreichen Kellergasse an der Ortseinfahrt. Ein
Viertel dieser Keller zeigt bereits das erwünschte positive Bild.
Die Kellergassen in den niederösterreichischen Weinorten stellen bekanntlich eine besondere
Attraktion, eine europäische Einzigartigkeit, dar, wie dies kürzlich von Herrn
Landeshauptmannstellvertreter Dr. Pröll bei einer Veranstaltung im Rahmen der Aktion festgestellt
wurde. Sie sind auch sehr typisch für die österreichische Weinkultur und zeigen, wie der heimische
Weinbau strukturiert ist. Auf diese Besonderheit können wir stolz sein, und wir können sie auch der
Bevölkerung präsentieren. Für diese Aktion muß mitunter auch unorthodox geworben werden, und
zwar in Form von Pickerln und Aufsteckknöpfen mit dem Aktionssignet oder der Aufschrift „Schiach
bauen, nein danke“ oder bei den schon erwähnten niederösterreichischen Messen, wo auch an einem
Stand tausende Broschüren und Pickerl an die Besucher verteilt wurden.
Weitere Aktionen im Rahmen der Aktivität. Aus Anlaß des Haydngeburtsjahres wurde in Rohrau
zusammen mit dem ORF eine Fassadenaktion gestartet. An der HLF Krems hat Direktor Graf vom
Gebietsbauamt IV einen Lehrauftrag zum Thema „Fremdenverkehr und Ortsbildpflege“ und führt in
diesem Zusammenhang mit den Schülern eine Studienarbeit in der Gemeinde Lichtenau durch.
Zudem planen die TU-Studenten mit Schülern der Gartenbauschule Schönbrunn für Radlbrunn ein
Gemeinschaftsprojekt, das derzeit läuft. Eine andere Arbeitsgruppe befaßt sich mit der Erstellung von
Lehrbehelfen für HIS und AHS. Die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden, wie z. B. bei
Straßenbauten oder bei der Gestaltung neuer Zweckbauten, ist sehr konstruktiv. Als Beispiel sei
angeführt die beratende Tätigkeit bei der Planung von Straßenmeistereien, bei Ortsbachverbauungen
in Obermarkersdorf, bei Straßenprojekten in Zeiselmauer, Purkersdorf und Prellenkirchen mit der
hervorragend gelungenen Kellergasse.
Ab dem kommenden Jahr 1983 gibt es noch zusätzliche kostenlose Beratungsmöglichkeiten. Die
Grünraumgestaltung bekommt besonderes Schwergewicht, sie soll ,die gleiche Bedeutung wie die
Baugestaltung bekommen. Ziel ist, in Zukunft mehr die bodenständigen einheimischen Pflanzen zu
propagieren und zu forcieren. Aber auch die Wiesen und Grünflächen sollen so sein - es geht hier um
die richtigen Grasmischungen -, daß es nicht heißen darf „Betreten verboten“, sondern daß diese von
der Bevölkerung, aber vor allem auch von den Kindern, mit ruhigem Gewissen benützt wenden
können.
Weiters will man sich im kommenden Jahr verstärkt der Problematik „Bauten der öffentlichen Hand''
widmen. In den Broschüren soll ein journalistisch ansprechend gestalteter Informationsteil fixer
Bestandteil jeder zukünftigen Nummer sein, wo Berichte, Dokumente, Hinweise und Erfahrungen
drinnen sind, der dann die Ortsbildgemeinde noch enger zusammenschweißt.
Interessant ist das Projekt „Zeilenbauweise“ des Architekten Windbrechtinger mit einer
Studentengruppe in einer geeigneten Gemeinde Niederösterreichs. Sie soll den sogenannten
Häuselbauern zeigen, daß der Stil der offenen Bauweise mit Häuserformen, wie sie etwa in den
Alpenländern dominierend sind, in weiten Gebieten Niederösterreichs problematisch und sehr oft nicht
passend sind. Die Zeilenform in überlieferter ostösterreichischer eingeschossiger, geschlossener
Form wird wieder propagiert.
Weiters ist auch international an einen Gedankenaustausch gedacht. Eine französische Gruppe
möchte in Österreich an ortsbildnerischen Aktivitäten mitwirken. Als Austausch könnte dann eine
niederösterreichische Gruppe in Frankreich auf ähnlichem Gebiet tätig sein.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ortsbildpflege ohne Denkmalpflege wäre eine halbe Sache. Sehr oft
stoßt man bei der Bestandserhebung auf wertvolle, erhaltungswürdige Bauten und Denkmäler. Der
Zusammenhang kommt auch in der Situierung im Budget zum Ausdruck. Es wäre unverantwortlich,
bei der Aktion diese unschätzbaren Kulturgüter zu gering zu gewichten. Als äußerst positiv kann auch
die Einstellung unserer Bevölkerung zur Heimat- und Brauchtumspflege bezeichnet werden. Wir
können heute ein verstärktes Interesse unserer Bewohner für die Hebung und Reaktivierung
überlieferter Werte feststellen. Dies kommt nicht zuletzt durch die große Anzahl unserer musealen
Einrichtungen im ganzen Lande zum Ausdruck.
Wir haben es bei den Heimatmuseen sehr oft mit speziellen, aber auch für die jeweiligen Gebiete sehr
typischen Themen zu tun. Es wird dabei sehr treffend die Geschichte und Eigenart unserer Heimat
und der Menschen präsentiert. Bei der Errichtung dieser für unsere Gesellschaft so wichtigen
Einrichtungen wird von den Beamten der Kulturabteilung des Landes wertvolle Hilfestellung geleistet.
Als sehr positiv müssen wir aber das Interesse und Engagement unserer Jugend für Heimat- und
Brauchtumspflege bezeichnen, und es gelingt vor allem im ländlichen Raum mit seinen
überschaubaren Größen, die jungen Menschen zu aktivieren und zum aktiven Mittun zu motivieren.
Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend zusammenfassen. Bei der
Ortsbildpflege im Rahmen der Aktion „Niederösterreich schön erhalten, schöner gestalten“ soll es
keine Kompetenzwegnahme von Gemeinden geben, soll es keine Zwangsmaßnahmen geben,
sondern Aufklärung und Aktivierung zur Eigeninitiative. Wir befinden uns 5 Minuten vor 12, es ist aber
noch nicht zu spät. (Ruf bei der SPÖ.) Wortwörtlich dürfen Sie das nicht nehmen. Mit dieser Aktion
leisten wir einen ganz entscheidenden Beitrag zur Hebung des Selbstwertgefühles und des
Landesbewußtseins. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig.
Landeshauptmannstellvertreter GRÜNZWEIG: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen
Hauses! Es hätte nicht des Appells von Herrn Professor Wallner bedurft, um mich zu veranlassen,
nicht zimperlich zu sein, wenn es um Kritik geht, die an meine Adresse gerichtet ist. Selbstverständlich
ist es das gute Recht der Abgeordneten, Dinge, von denen sie meinen, daß sie aufklärungsbedürftig
sind, zu hinterfragen, wie das mit einem zeitgenössischen Ausdruck heißt, und, wenn Sie mit einer
Sache nicht einverstanden sind, diese zu kritisieren. Ich glaube, der Herr Dr. Slavik hat gemeint, Herr
Landeshauptmannstellvertreter - er ist nicht da -, wer sich verteidigt, klagt sich an. Er meint nicht, wer
sich rechtfertigt, klagt sich an, sondern wer sich schon verteidigt, bevor er angeklagt wird, der klagt
sich an, und das hat der Dr. Slavik gemeint. Daher benutze ich den ersten Teil meiner Ausführungen
dazu, um einige Dinge klarzustellen, die im Laufe der bisherigen Diskussion vorgebracht worden sind.
Es wurde gesagt, daß der Kulturbericht, und darauf hat der Dr. Slavik schon Bezug genommen, zu
wenig die Aktivitäten des Landes widerspiegelt, sondern ausschließlich darüber Auskunft gibt, was
das Land tut, um Aktivitäten in Niederösterreich zu fördern. Ich glaube, das war die Auffassung über
die Zielsetzung dieses Förderungsberichtes, denn ein solcher ist es, das steht auch im Untertitel, wo
es darum geht, die Förderungstätigkeit der Kulturabteilung transparent zu machen.
Wir haben uns immer wieder darüber auseinanderzusetzen gehabt, daß die eine oder andere
Gruppierung, der eine oder andere Subventionsempfänger sich benachteiligt, sich beschwert gefühlt
hat, und nachdem wir der Auffassung sind, daß das Kulturreferat nichts, aber schon gar nichts auf
diesem Gebiet zu verbergen hat, sind wir im Laufe der Zeit darangegangen, den Bericht über die
Förderungstätigkeit der Kulturabteilung zu publizieren und Interessenten und gezielten Adressaten,
vor allen Dingen Presse, Kunst und Kulturvereinigungen, von denen man Interesse annehmen kann,
zuzuschicken.
Wir haben festgestellt, daß alle die Befürchtungen, die in dem Zusammenhang vorher laut geworden
sind, nicht zugetroffen sind, nämlich daß man hier eine gewisse Neidgenossenschaft wachruft, daß es
zu gewissen kritischen Bemerkungen aus dem Grund kommt, weil der eine vom anderen sieht, was er
bekommt. Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil, man findet sehr viel Verständnis für die Maßnahmen,
die hier gesetzt werden. Über das, was die Tätigkeit der Kulturabteilung anbelangt, wird ja im
Tätigkeitsbericht der Abteilungen III/2 und III/3 sehr ausführlich Auskunft gegeben. Hier gleich im
Zusammenhang mit den Ausführungen des Herrn Professor Wallner auch von mir eine klare
Standortfestlegung.
Ich bekenne mich gerade auf kulturellem Gebiet zu dem Prinzip der Subsidiarität, daß wir
selbstverständlich in erster Linie trachten müssen, die Aktivitäten im Lande zu wecken, zu ermuntern,
zu fördern und eben mit den Mitteln, die dem Lande zur Verfügung stehen, zu unterstützen. Es wäre
undenkbar, eine dirigistische Kulturpolitik zu machen und mit den paar Leuten, die wir hier im Hause
haben, große Veranstaltungen durchzuführen, etwa eine Konzertagentur zu installieren und alles und
jedes selber machen zu wollen. Es wäre ein kümmerliches Kulturleben, das wir im Lande hätten, wenn
es nicht auf breitester Basis, auf allen Ebenen, auf Vereins-, auf Gemeindeebene, aber auch in
individueller Hinsicht sehr viele kulturelle Aktivitäten gäbe. Ich glaube, das ist damit klargestellt.
Die Aufgabe dieses Förderungsberichtes ist es, ausschließlich mit bloßen Zahlen darüber Auskunft zu
geben, welche Beträge an wen bezahlt werden. Ich habe mir sagen lassen, daß das nicht in allen
Förderungsbereichen der Landesverwaltung stattfindet, aber das kümmert mich nicht. Wir glauben,
daß diese Vorgangsweise im Kulturreferat durchaus angebracht ist.
Die zweite Anfrage in bezug auf die Marchfeldschlösser. Es wäre natürlich verlockend, hier ein
eigenes Referat über die Marchfeldschlösser zu halten, werde ich nicht tun, möchte aber doch einige
Auskünfte über die Problematik geben. Gerade die Marchfeldschlösser haben ja eine eigene
Geschichte im Zusammenhang mit der Tatsache, daß der Sitz eines großes Reiches in Wien war und
sich sehr viele Adelige, geistliche und weltliche Würdenträger eben an den Hof gedrängt haben und
sich hier ein sehr ausgebreitetes höfisches Leben mit den Bedürfnissen, die es gab, entwickelt hat;
unter anderem mit dem Bedürfnis nach Erholung, wobei eine der liebsten Beschäftigungen die Jagd
war.
So haben die meisten Marchfeldschlösser eben die Funktion von Jagdschlössern gehabt und
Erholungssitzen natürlich. Es ist ein ganzer Bogen, der sich hier baulich spannt, und da gibt es eine
Reihe von Publikationen. Es ist ja interessant, wenn man das so nachliest, aber ich glaube, man hat
sich dafür interessiert, und daher brauche ich das auch nicht besonders ausführen.
Die wichtigsten - da gibt es drei Gruppen von der Verwendung und auch vom Besitz her - sind die
beiden Schlösser Marchegg und Orth, die vom Land als Außenstellen des Landesmuseums genutzt
werden. Das Schloß Marchegg war ja Sitz und Standort der großen Jagdausstellung und ist nun Sitz
des Jagdmuseums. Es ist nach Fertigstellung des Getreidespeichers im vergangenen Jahr und nach
Neuaufstellung der ganzen Exponate heute ein sehr modernes Jagdmuseum, das eine erfreulich hohe
Besucheranzahl hat; eine erfreulich hohe Besucheranzahl, wie sich überhaupt darstellt, daß sich die
neuaufgestellten Museen dann besonderen Interesses erfreuen. Marchegg hatte im vergangenen Jahr
22.000 Besucher. Dann kommt Orth, und darf ich gleich auf das eingehen, was der Herr
Bürgermeister und Professor Wallner gesagt hat, er verstehe nicht, warum wir „in die Fische“ so viel
Geld hineinstecken. Das hat auch seine Bedeutung, seine Vorgeschichte.
Schloß Orth war Jahre hindurch als Fischereimuseum geführt, quasi als Außenstelle des
Niederösterreichischen Landesmuseums. Nun hat es aber große Schwierigkeiten mit der vertraglichen
Absicherung gegeben. Es ist im Bundesbesitz, wurde von der Gemeinde Wien betreut und von uns
bzw. von einem Verein geführt. Diese ganzen Fragen wurden jetzt endlich geklärt, und wir haben
nunmehr die vertragliche Zusicherung, daß dieses Museum ordnungsgemäß als Außenstelle des
Landes Niederösterreich geführt werden kann. Das hängt damit zusammen, daß wir erst jetzt
investieren und die notwendige Modernisierung durchführen können. Das Hauptproblem auf
musealem Gebiet ist - ich weiß schon -, daß das irrsinnig viel Geld kostet, aber man muß sich
entscheiden, ob man eine Außenstelle des Landes führt oder ob man sie nicht führt.
Wir haben in Niederösterreich an die 160 verschiedene museale Einrichtungen, davon 11
Außenstellen des Landesmuseums. Nun ist der große Vorwurf, den wir uns selber immer wieder
machen müssen, der aber natürlich auch von außen gemacht wird, daß diese musealen Einrichtungen
nicht alle auf dem letzten Stand der Museologie und der Darstellung sind. Hier gibt es moderne
Vorstellungen, daß man nicht einfach etwas sammeln und in einem Depot ablegen kann und das
schon ein Museum ausmacht; das ist noch lange kein Museum, sondern da gibt es gewisse
Notwendigkeiten, die eben in Betracht gezogen werden. Umsonst haben wir ja nicht bei den großen
Landesausstellungen so große, so spektakuläre Erfolge. Sie sind nicht nur vom Inhalt her eine
Besonderheit, sondern auch von der Präsentation. Museen müssen heute eben entsprechend
präsentiert werden.
Daher ist es für uns keine Frage, daß eine Außenstelle des Landes Niederösterreich entsprechend
präsentiert, entsprechend hergerichtet werden muß. Die Frage, ob wir einige Jahre hätten warten
sollen oder ob wir das hätten terminlich zusammenlegen sollen, sobald wir darüber zur Gänze das
Verfügungsrecht haben, darüber kann man diskutieren. Wir sind eben der Meinung, daß es unsere
Pflicht ist, daß dort, wo wir ja zu einer Außenstelle sagen und das Land damit involviert ist, diese als
Aushängeschild des Landes gilt und museologisch und auch von der Präsentation her in Ordnung zu
sein hat. Ich darf daher um Verständnis bitten, daß das aus diesen Gründen der museale
Schwerpunkt des kommenden Jahres ist.
Dann gibt es auch Bemühungen von Gemeinden, die sich um Marchfeldschlösser annehmen.
Besonders ist hier die Gemeinde Jedenspeigen zu erwähnen, die ja das Schloß Jedenspeigen
ebenfalls mit massiver Unterstützung des Landes in einen guten Zustand versetzt hat. Es gehört der
Erzdiözese Wien, und hier finden jährlich durchaus interessante, sehenswerte und gut besuchte
Ausstellungen statt.
Der Schwerpunkt der Marchfeldschlösser ist allerdings, was die Besitzverhältnisse anbelangt, beim
Bund zu sehen. Hier gibt es eine ganze Reihe von Schlössern, das ist Niederweiden, das ist auch
Eckartsau und das ist in erster Linie Schloßhof, das ja bekanntlich von Prinz Eugen gebaut wurde und
ein sehr wechselvolles Schicksal hatte, das später zum Familienbesitz der Habsburger gehörte und in
der Vorkriegszeit als Reit- und Fahrschule des damaligen österreichischen Bundesheeres benutzt und
auch in der Kriegszeit für diese Zwecke von der deutschen Wehrmacht verwendet wurde. Aber schon
um die Jahrhunderbwende hat man begonnen, aus dem Schloß Einrichtungen, Kunstgegenstände
abzutransportieren und woanders hin zu verlagern. Da gibt es in St. Pölten Kunstgegenstände, in
Niederweiden, überall in den Wiener Depots, denn Schloßhof ist sehr stark ausgeräumt worden. Von
der Dimension her ist es weitaus das größte Problem.
Seit 1955 wird dort restauriert, und es ist in einem Zustand, daß man sagen kann, es wird weiterhin
keine Substanz verloren gehen, aber es ist noch lange nicht in einem solchen Zustand, daß man es
benützen könnte. Seit dieser Zeit gibt es verschiedene Überlegungen, um dieses Schloß in
Verwendung zu nehmen. Ich zitiere hier aus einem Buch.
1964 dachte man an die Schaffung eines Gartenbau- und Landwirtschaftsmuseums. Das
Landwirtschaftsministerium und das Verteidigungsministerium haben versucht, diese Absicht
gemeinsam zu verwirklichen. Es scheiterte an der Finanzierung. Dann sollte dort - ich kann mich auch
an einen Artikel erinnern, den der damalige Bundeskanzler Klaus geschrieben hat - eine internationale
Jugendakademie entstehen. Dazu ist es ebenfalls nicht gekommen, und schließlich sollte es ein
Zentrum für internationale Seminare und Kongresse werden, vor allem für die studentische Jugend.
Auch das ist dann nicht realisiert worden, ebenso wenig wie die jüngsten Überlegungen der
Installierung eines Ost- Westinstitutes durch die Bundesregierung. Auch das ist nicht verwirklicht
worden.
Nun ist der Gedanke im Hinblick auf den Erbauer aufgetreten. Man soll das Jahr 1986 dazu benutzen,
um im Schloß Schloßhof eine Prinz Eugen-Ausstellung zu veranstalten. Es haben Verhandlungen mit
der Frau Bundesminister stattgefunden, die an sich sehr lange gedauert haben und die sehr intensiv
geführt wurden, die aber letztlich darin gegipfelt haben, daß vom Bautenministerium eine
Kostenschätzung gemacht wurde, was die Instandsetzung nunmehr kosten würde, und man ist auf
einen Betrag von 95 Millionen Schilling gekommen, allein was Schloßhof betreffen würde.
In der Bundesregierung hat man natürlich erklärt, unter diesen Umständen sei eine Realisierung
dieses Ausstellungsvorhabens in Frage gestellt, wenn man nicht wisse, was mit dem Objekt weiter
geschehen solle, da man eben für einen einmaligen Zweck, für ein einmaliges Ereignis diese Kosten
nicht aufbringen könne. Es laufen zur Zeit über die Möglichkeit Verhandlungen, nach Schloß
Niederweiden, einem wunderschönen Bau, auszuweichen, von dem aber unsere Fachleute sagen,
daß zu überlegen sei, ob man dort die Ausstellung macht, denn nach den Erfahrungen unserer
Landesausstellungen bedarf es einer gewissen Anordnung, einer gewissen Größe von
Räumlichkeiten, wenn die Funktionsgerechtigkeit gesichert sein soll. Wir haben es immer wieder
erlebt, daß diese von der räumlichen Anordnung her gegeben sein muß, und in Niederweiden stehen
dem große Bedenken entgegen. Es ist auch an einem Sparprogramm gearbeitet worden, von dem ich
hoffe, daß ich es noch einmal der Bundesregierung vortragen kann und daß man vielleicht doch einen
Ausweg findet, diese Ausstellung durchzuführen. Soweit der Sachverhalt.
Ich darf dazu sagen, daß es im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Artikel 15 a-Vertrages im
Schoße der Landesregierung, aber natürlich auch mit den Vertretern der Bundesregierung und mit
dem Bundeskanzler verschiedene Besprechungen gegeben hat. Ich glaube aber schon, daß in den
einzelnen Ressorts gewisse Auffassungsunterschiede vorhanden waren. Es hat etwa der Herr
Landesrat Blochberger eine ungeheure detaillierte Aufstellung von vielen, vielen kleinen und größeren
Problemen, die jedes für sich sicher wichtig sind, in diesem Katalog aufgenommen, und andere haben
hier eine andere Auffassung gehabt, denn ein Vertrag mit dem Bund, der muß natürlich gewisse
Schwerpunkte haben, das hat man uns gleich gesagt, da man dem Bund nicht zumuten kann, daß
man hier alles und jedes aufnimmt.
Die Frage, ob die Marchfeldschlösser in diesen Staatsvertrag hätten hineinkommen sollen oder ob wir
sie wenigstens hätten zur Debatte stellen sollen, das kann man diskutieren, darüber kann man
verschiedener Meinung sein. Ich darf nur für mich in Anspruch nehmen, daß ich, seitdem ich in der
Landesregierung bin und diese Funktion habe, mit den zuständigen Ministerien und auch mit den
verantwortlichen Persönlichkeiten über diese Fragen, die natürlich sehr schwer lösbar sind, ständig in
Kontakt bin.
Meine Damen und Herren, wir haben in Niederösterreich allein 360 Burgen und Schlösser und 165
Stifte und Klöster, und man kann nicht vom Minister oder vom Kulturreferenten verlangen, für alle
diese Objekte ein Konzept zu haben und alle Objekte einer entsprechenden Nutzung zuzuführen.
„Lassen Sie sich was einfallen für dieses oder jenes Schloß“, das höre ich so alle 14 Tage. Ich darf
Ihnen jetzt eine ganz kleine Geschichte erzählen, die aktuell ist. Ich weiß nicht, Herr Kollege
Buchinger, warum Sie den Kopf schütteln. Das ist doch ein Anliegen, das uns alle bewegt.
Ich wurde vor einigen Tagen vom Fernsehen angerufen. Es geht um einen Schmiedehammer in
Ybbsitz, den der Besitzer seit fünf, sechs Jahren nicht mehr führen kann und der nunmehr museal
weitergeführt werden soll. Ein Schmiedehammer ist sicher für die Darstellung der Wirtschaft in dieser
Gegend, für die industrielle, gewerbliche Fertigung von der Einrichtung her, von der ganzen Art sehr
interessant. Nur ist die Frage, wie das gemacht werden soll. Wir haben in Niederösterreich zwei
solche Einrichtungen, eine in Aggsbach und die andere in Litschau, und wenn nun das Land,
nachdem die Gemeinde Ybbsitz sich davon absetzt, daranginge, den Betrieb unter Umständen zu
übernehmen, würde das natürlich eine Außenstelle des Landes Niederösterreich mit sich bringen, mit
all den Konsequenzen, die Außenstellen haben, mit allen Konsequenzen für die Depotkultur, würden
Sie sagen. Aber das ist ja nur ein einziges Beispiel in der ganzen Summe dieser unzähligen Objekte.
Ich glaube, es geht vor allem darum, daß man immer wieder Träger findet, sie ermuntert und
unterstützt, aber es kann nie um eine Führung durch das Land Niederösterreich gehen. Ich wollte
Ihnen an dem Beispiel nur die ganze Problematik, der wir uns hier gegenübersehen, aufzeigen, die
natürlich im wesentlichen auch den Bund betrifft. Daher ist man hier sehr zögernd, und ich darf Ihnen
noch etwas sagen, Herr Kollege Kellner.
Wenn wir diese Frage sehr aktualisieren, dann ist die Konsequenz, daß uns der Bund fragt, na was tut
denn ihr dazu? Das ist einer der Gründe, warum ich gerade bei den Objekten, die dem Bund gehören,
immer mit der größten Vorsicht vorgegangen bin, damit wir nicht noch in Dinge involviert werden, die
dem Bund zugehören und für die der Bund zu sorgen hat. Dazu bekenne ich mich selbstverständlich.
Deshalb bin ich noch nicht an den Bund in einer Sache herangetreten, wo der Schuß letztlich nach
hinten losgehen kann. Ich hoffe, daß das damit aufgeklärt ist.
Nun darf ich zu der Frage oder zur dritten Frage noch etwas sagen, die der Herr Abg. Buchinger
angeschnitten hat. Das war – ich war nicht im Saal, aber es wurde mir gesagt - die doch sehr
emotionell vorgetragene Kritik an der Vergabepraxis des Kataloges für die nächstjährige
Landesausstellung in der Schallaburg, und zwar „Peru durch die Jahrtausende". In der Sitzung vom
16. 11. 1982 wurde dieser Auftrag an die Firma Grasl in Bad Vöslau um einen Betrag von S
1,140.000,- vergeben, und zwar wurden 15.000 Stück in Auftrag gegeben. Nun darf ich kurz die
Vorgeschichte erzählen. Es hat der Herr Abg. Leichtfried im Dezember 1977 hier einen Antrag gestellt,
der angenommen worden ist, mit folgendem Wortlaut: „Die Landesregierung wird aufgefordert zu
überprüfen, ob Druckaufträge von Dienststellen des Landes oder solche Aufträge, die direkt oder
indirekt vom Land Niederösterreich gefördert werden, an leistungsfähige Druckereibetriebe des
Grenzlandes vergeben werden können.“ Daraufhin wurde vom Herrn Landeshauptmann ein
Rundschreiben an alle Dienststellen mit diesem Hinweis gerichtet.
Ich darf nun bitte doch, nachdem das so offiziell zur Sprache gekommen ist, mitteilen, inwieweit
seitens des Kulturreferates diesem Resolutionsantrag, diesem Auftrag des Landtages, entsprochen
worden ist. Grundsatz: Es sollen für Druckaufträge des Landes seitens des Kulturreferates nur
niederösterreichische Firmen eingeladen werden. Es gibt aber eine ganze Reihe von leistungsfähigen
Firmen. Es hat die Firma Berger aus Horn im Jahre 1978 - 1977 wurde dieser Antrag gestellt - einen
Auftrag für die Ausstellung in Marchegg, ich habe es eben erwähnt, „Jagd einst und jetzt“ in der
Größenordnung von S 1,018.000 bekommen. Für die Ausstellung „Josef II.“ im Jahre 1979 hat die
Firma Berger ebenfalls den Auftrag bekommen, und zwar gemeinsam 1979/80, weil schon ein Betrag
im Vorjahr bezahlt wurde, insgesamt S 4,8 Millionen. Der Katalog wurde also ausschließlich von der
Firma Berger gemacht, und ebenso für die Franz von Assisi-Ausstellung, die im heurigen Jahr läuft, im
Betrag von 1,8 Millionen Schilling.
Daneben hat die Firma Grasl als diesmaliger Bestbieter auch Aufträge bekommen, und zwar waren es
im Jahre 1980 1 Million Schilling, im Jahre 1981 S 3,424.000,-, und noch einen kleineren Auftrag von
S 55.000,-.
Daneben hat 1979 die Missionsdruckerei St. Gabriel einen Druckauftrag über 1,3 Millionen für die
Ausstellung „Die frühen Habsburger“ bekommen. Ich bitte um Verständnis, wenn ich das hier sage.
Ich möchte damit nachweisen, daß dem Antrag, den der Landtag angenommen hat, doch in einem
sehr hohen Maße nach irgendwie gegebenen Möglichkeiten entsprochen worden ist. Ich glaube,
darauf kommt es ja zunächst dem Sinne nach an.
Und jetzt geht es um das rein Formelle, um das, was hier unter Umständen dazu führen könnte zu
sagen, es seien irgend welche Vergabevorschriften nicht eingehalten worden. Das muß ich aber
gerade dem Obmann des Finanzkontrollausschusses gegenüber doch ganz klarstellen, weil diese
Sache sicherlich bei Gelegenheit wiederum einer Überprüfung unterzogen wird und in dem Haus noch
einmal zur Sprache kommt.
Die Ausschreibung, meine Damen und Herren, ist deswegen etwas kompliziert gewesen, weil diese
Ausstellung zum Nutzen des Landes Niederösterreich nicht nur im nächsten Jahr in der Schallaburg
stattfinden soll, sondern im Anschluß daran in Essen in der Villa Hügel, einem berühmten
internationalen Ausstellungszentrum. Die Verhandlungen haben sich in der Zeit abgespielt, als die
Offertstellung eingeholt worden ist. Nun hat sich die Offertstellung, meine Damen und Herren, aber
darauf erstreckt, daß das Grundoffert für 10.000 Stück verlangt worden ist und dann die Nachdrucke
zu je 1000 Stück und die Fortdrucke zu je 1000 Stück extra auszuweisen waren. Was kostet also der
Druck, wenn wir nicht 10.000 Stück brauchen, sondern um 1000 oder 2000 mehr. Nachdruck extra,
Fortdruck, wenn man einfach weiterdruckt.
Nun, meine Damen und Herren, hat sich immer herausgestellt, oder fast immer, daß wir bei der
ursprünglichen Bestellung sehr vorsichtig waren, sehr vorsichtig, ist klar, weil es nicht gut wäre, wenn
uns ein ganzes Paket übrig bliebe, sodaß fast immer ein Nachdruck notwendig war. Es hat sich
herausgestellt, daß bei diesen Offerten immer wieder die Firma Berger Bestbieter war und auch dann
die Nachdrucke durchzuführen hatte, die ich jetzt erwähnt habe. Und diesmal war eben für die
betreffende Firma das Verhängnis, daß sie bei diesen 10.000 Stück wiederum Bestbieter gewesen
wäre, aber nun ging es nicht um 10.000, sondern um 15.000 Stück, weil es bitte der deutsche Partner
abgelehnt hat, selber als Besteller aufzutreten, wie man es von uns verlangt hat. Der deutsche Partner
hat erklärt, du, Land Niederösterreich, bist federführend, wickle das für uns ab. Daher mußte dieser
Auftrag auch in einem zu 15.000 Stück vergeben werden.
Nun zeigte sich, daß bei diesen 15.000 Stück halt nicht die Firma Berger Bestbieter ist, sondern die
Firma Grasl, und zwar mit S 1,169.000,- die Firma Berger und S 1,140.000,- die Firma Grasl. Wir
haben es uns nicht leicht gemacht, es wurde verschiedentlich interveniert (Rufe bei der ÖVP.) Na, was
ist denn Herr Kollege? Entschuldigung, so ist doch der Sachverhalt. Sie haben ja diese Angelegenheit
zur Sprache gebracht.
Daher mußte der Antrag, nachdem auch ein Gutachten der Rechtsabteilung eingeholt worden ist, so
der Landesregierung vorgelegt werden, und es hat gar keine andere Möglichkeit gegeben. Ich
wundere mich daher, daß das in dieser Form hier zur Sprache gebracht worden ist. Es ist rein
rechtlich gar keine andere Möglichkeit vorhanden gewesen, die Sache anders zu lösen, und dem hat
sich auch letztlich die Landesregierung angeschlossen. Es hat einen einstimmigen Beschluß
gegeben, weil es ja gar keine andere Möglichkeit gegeben hat, meine Damen und Herren! Ich bitte um
Verständnis, das war der Sachverhalt, ich mußte ihn etwas länger darstellen, weil die Dinge, wie
gesagt, hier im Raum stehen geblieben wären, was eigentlich nicht notwendig ist.
Ich darf noch ganz kurz zu dem etwas sagen, was hier in der Kulturdebatte selbst zur Sprache
gekommen ist, die sich ja durchwegs, ich darf bitte nicht qualifizieren, für mich sehr erfreulich, sehr
positiv abgespielt hat und wobei eine für mich durchaus interessante Kritik angebracht wurde. Im
Punkt Orth habe ich das, glaube ich, schon klargestellt.
Darf ich vielleicht noch zur Frage der Gesellschaften auf privater Basis, die natürlich von den Parteien
initiiert worden sind, etwas sagen. Ich bin von dieser Entwicklung sehr befriedigt. Es stimmt schon,
daß der Versuch, die Akzente im Bereich der Kulturverwaltung, aber auch der Kulturpolitik in Richtung
aktiver Kulturausübung zu setzen, durch die budgetären Schwierigkeiten, die es eben im Kulturreferat
gibt, bis jetzt nur unvollständig gelungen ist. Es ist schon gesagt worden, hier gibt es die großen
Brocken der Denkmalpflege, Melk, Klosterneuburg und Göttweig, und da muß ich Sie leider
enttäuschen, Herr Professor Wallner!
Wenn Sie glauben, daß mit dem Auslaufen der Restaurierung von Melk, Klosterneuburg bis 1985 etwa
- bis dahin dauert es sowieso noch lange - oder Göttweig die großen denkmalpflegerischen Anliegen
in Niederösterreich beendet wären, dann bin ich nicht ganz Ihrer Meinung, weil wir immer wieder
sehen, was auf uns zukommt. Erst vor zwei Jahren haben die Prälaten und die Vertreter der
geistlichen Bauhütten beim Land und beim Bund einen Vorstoß gemacht, wo sie die besonders
bedrängte Situation auf dem Gebiet darstellten. Es sind eben die Barockbauten in ganz Österreich in
einem Stadium, wo ein sehr vehementer Verfall festzustellen ist, sodaß wir sicher auf dem Gebiet
noch weitere Probleme haben werden, wenn wir nicht auf der anderen Seite für die zeitgenössische
Kulturausübung mehr Geld bekommen, denn dort etwas einzusparen, halte ich für sehr, sehr
problematisch, und das wird sehr schwierig sein. Das Beispiel von diesem Eisenhammer möchte ich
nur zur Illustration noch einmal in Erinnerung rufen. Wir werden uns sehr bemühen müssen, hier den
Schwerpunkt zu verschieben, und ich bin sehr dankbar, daß die Reden in dieser Richtung hin
angeklungen sind und daß wir auf dem Gebiet sicher eine gemeinsame Vorgangsweise finden
werden.
Wieweit es uns gelungen ist, den Künstlern in Niederösterreich Heimat zu geben, das kann natürlich
der Kulturreferent schwer sagen. Wir haben uns bemüht, und eines, glaube ich, können wir schon
feststellen, nämlich daß sich dieser starke Trend von Niederösterreich in die Großstadt heute vielfach
ins Gegenteil verkehrt hat. Es sind Dutzende von Kristallisationspunkten kultureller Natur, die von
Wiener Kunstschaffenden, die nach Niederösterreich hinausgegangen sind, geschaffen worden sind
und die von uns immer wieder auch gefördert werden. Wir stehen gerade diesen Tendenzen sehr
aufmerksam gegenüber, weil wir uns darin eine sehr starke Bereicherung unserer Kulturlandschaft
erwarten, sodaß ich schon glaube, daß sich das Schicksal der Künstler in allen Bereichen in
Niederösterreich heute gegenüber früher gebessert hat. Wir sind natürlich noch lange nicht an dem
Ziel, das uns vorschwebt, aber wir glauben, daß wir auf dem Weg dahin sind.
Eine ähnliche Entwicklung in Richtung Aktivität sehe ich in dem ganzen Bereich der Laienkultur, der
Hobbykultur etwa, oder auch für den weiten Bogen der Musikausübung. Wenn wir heute Zahlen
aufweisen können mit über 30.000 Musikschulen, wenn die Blasmusiken, die ja heuer in allen vier
Vierteln ein großes Fest gefeiert haben, hier so mächtig und großartig in Erscheinung getreten sind
mit über 15.000 Mitgliedern, so deutet das darauf hin, und es ist auch schon vom Laientheater
gesprochen worden, da heuer den Kulturpreis ein Laientheaterensemble bekommen hat. Das ist ja
auch symbolisch dafür, daß es gerade in dem Bereich eine sehr starke Ausdehnung an der von Ihnen
zitierten Basis gibt im Sinne einer Verbreiterung der kulturellen Demokratie, die uns so sehr am
Herzen liegt.
Ich glaube, meine Damen und Herren, man kann das Kulturbudget nicht etwa so beurteilen, wie das in
anderen Budgets möglich ist, daß man die perzentuelle Steigerung in der einen Position Jahr für Jahr
vergleicht. Orth ist heuer ein Schwerpunkt und nächstes Jahr wird Orth wahrscheinlich kaum mehr
eine Rolle spielen. Die Landesausstellung haben wir mit der Schallaburg zusammengezogen, und
natürlich werden wir in der Schallaburg nicht das brauchen, was wir etwa für Krems oder gar für Zwettl
gebraucht haben, weil die Schallaburg und die Ausstellungsleitung in einer Hand sein werden und weil
verschiedene Einrichtungen in der Schallaburg vorhanden sind, sodaß der Punkt Landesaustellungen
heuer wesentlich geringer dotiert werden kann. Ich kann das, wie gesagt, nicht so schematisch
vergleichen.
Ich meine aber, daß es wirklich darum geht festzustellen, wieweit es uns gelungen ist, die Kultur im
Bewußtsein der Abgeordneten, aber auch der Landesbürger hinsichtlich ihrer Dotierung, ihrer
Wertigkeit stärker zu verankern. Ich bin für Absichtserklärungen dankbar, daß man den Stellenwert
der Kultur auch verbal hervorhebt, und wenn es gelungen ist, einige Hundertstel Prozent, wir haben
bei den Budgetverhandlungen fast gewettet, wieviel es sein werden, ich bin nicht allzu weit daneben
gewesen, (LHSt. Dr. Pröll: Die Wette hätte ich aber gewonnen, Herr Landeshauptmannstellvertreter!)
Ich will aber jetzt nicht den Dr. Slavik zitieren, ich glaube, das hat heute keinen Sinn. Ich war natürlich
schon ein bisserl - muß ich sagen - überrascht über die Methode, daß man ein paar Sachen mit
hineinnimmt und dann perzentuell anrechnet. (LHSt. Dr. Pröll: Ich habe immer zwei Prozentsätze
gehabt!) Es hat keinen Sinn, jetzt darüber zu reden, vielleicht könnte man das nächste Mal darauf
aufmerksam machen, daß dieses oder jenes auch noch hineingenommen wird, (LHSt. Dr. Pröll: Ohne
weiteres!) damit wir ungefähr wissen, wie das Kulturbudget tatsächlich aussieht, und zwar auch
kulturneutrale Dinge, sagen wir nicht kulturfremde Sachen, sondern kulturneutrale Dinge, denn die
regionale Presseförderung ist ja nicht unbedingt unter dem Begriff Kulturförderung zu subsumieren.
(LHSt. Dr. Pröll: Vorschrift ist Vorschrift!)
Ich glaube, das ist ja auch hier im Haus ausgetragen worden, und ich möchte das nicht noch einmal
hier kommentieren. Fest steht, wie gesagt, daß uns allen miteinander, meine Damen und Herren, die
Frage Kultur am Herzen liegt und daß das auch in einer Zeit der großen wirtschaftlichen
Schwierigkeiten heute so hervorgeklungen ist.
Wir können über die Fragen der Arbeitszeitverkürzung, der verlängerten Urlaubszeit diskutieren, so oft
und so lange wir wollen, und es kann so unterschiedliche Standpunkte geben, aber feststeht
jedenfalls, daß es hier Entwicklungen, weltweite Trends gibt, die einfach nicht aufzuhalten sind - die
liegen in der Natur der Automatisierung, der Technisierung -, wodurch die menschliche Arbeitskraft
und Arbeitszeit durch andere Möglichkeiten substituiert wird. Das heißt, daß wir uns mit gewissen
Schritten einer noch stärker orientierten Freizeitgesellschaft nähern, und hier kommt der
Gesellschaftspolitik im weitesten Sinn, das gilt für den Sport genauso wie für den gesellschaftlichen
Bereich, aber auch der Kulturpolitik eine ganz spezielle Bedeutung zu.
Die sinnvolle Lebensgestaltung, ich glaube, die muß für uns genauso eine Herausforderung sein wie
die Bewältigung der materiellen und, wenn Sie wollen, auch arbeitsmarktpolitischen Anliegen und
Probleme. Ich glaube, einer den Menschen dienenden Kulturpolitik kommt darum in unserer heutigen
Zeit eine umso größere Bedeutung zu.
In dem Sinne darf ich sehr herzlich für die Aufmerksamkeit, die die Kulturdebatte heuer gefunden hat,
danken. Ich werde alles tun, daß im Bereich meines Referates die Ansätze auch einer Realisierung
zugeführt werden. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Abg. Buchinger.
Abg. BUCHINGER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es lag
nicht in meiner Absicht, die Abgeordneten bzw. uns alle von der Mittagszeit abzuhalten, aber es
können doch einige Dinge nicht unwidersprochen bleiben. Ich bedaure das sehr. Ich bin gar nicht
zuständig in diesem Bereich - ich gebe das zu -, was Kulturpolitik usw. betrifft, und ich stimme damit
überein, daß ich hier sicherlich kein Fachmann bin. Aber, Herr Landeshauptmannstellvertreter, Sie
haben eingangs gesagt, wer sich verteidigt, klagt sich an. Ich darf feststellen, Sie haben sich jetzt
wiederholt angeklagt. (LHSt. Grünzweig: Das habe ich in einem ganz anderen Zusammenhang
gesagt!) Dann habe ich es falsch zitiert, ich habe es so verstanden.
Punkt 1. Marchfeldschlösser. Ich darf hier klarstellen: Ich habe im Ausschuß drüben die Anfrage
gestellt, bedingt dadurch - ich habe das gesagt -, daß ich einen Tag vor den Ausschußsitzungen in
einigen Orten in dieser Gegend war. Ich bin dort wiederholt gefragt worden, was denn mit den
Schlössern sei, da ist im Laufe der Jahre von der öffentlichen Hand viel Geld hineingesteckt worden,
warum sind sie nicht zugänglich? Die Fremden kommen, wollen sie sehen und stehen vor
verschlossenen Türen. Ich habe Sie gefragt, da dies Bundessache ist, ob Sie vielleicht diese
Marchfeldschlösser, nachdem es gerade Staatsvertragsverhandlungen gab, auch zur Diskussion
stellten, es wäre ja sicherlich ein Anlaß gewesen. Sie haben das - ich sage es jetzt klarer, Sie haben
es nicht so klar gesagt - verneint, mit der Begründung es werde sowieso dauernd verhandelt.
Herr Landeshauptmann! Wenn dauernd verhandelt wird, durch Jahre, durch ein Jahrzehnt oder noch
länger und man erreicht nichts, und Sie haben nichts erreicht, dann wäre es vielleicht ein Grund umso
mehr gewesen, diese Angelegenheit also bei allen Ministern im Bundeskanzleramt zur Diskussion zu
stellen und vielleicht auch abzuverhandeln. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich darf als nächstes Fridau erwähnen, wo das Wort Caterpillar gefallen ist. Ich kann mich nicht
erinnern, daß es dieses Wort gegeben hat, aber sollte es im Ausschuß gefallen sein, dann werden wir
da drüben gesagt haben, entweder muß etwas geschehen, oder das Schloß fällt einmal zusammen
und wir werden es mit dem Caterpillar wegräumen müssen. Fridau haben wir damals angekauft, na ja,
sagen wir unter problematischen Umständen: zuerst Vertrag, ich möchte das jetzt gar nicht
wiederholen, Sie kennen das. Dann haben wir zu bauen angefangen und haben einige Millionen
hineingesteckt. Da haben wir einen Aufzug eingebaut und was weiß Gott noch alles, und nun, darf ich
feststellen, steht Fridau seit zehn Jahren in einem halbfertigen Zustand! (Ruf von Abg. Kaiser.) Herr
Kollege Kaiser! Dort haben wir ja investiert, bitte, und (Abg. Ing. Kellner: Was soll man mit solchen
Leuten machen?) jetzt geht nichts mehr weiter in Fridau. Ich habe es hier im Hause nicht in die
Debatte geworfen. Ich habe mir im Ausschuß gestattet, nur eine Anfrage zu stellen, und bitte, Sie
haben die Sache hierher in das Haus gebracht! (Abg. Zauner: Der Kellner hat es gesagt!) Sie haben
es hierher in das Haus gebracht, und weshalb darf ich feststellen, daß man nicht weiß, wie es mit
Fridau weitergeht. Nur das habe ich hier sagen wollen.
Jetzt zum zweiten, zu der Sache Katalogbestellungen und Auftragsvergaben. Herr Landeshauptmann!
Wir haben es in den letzten Jahren, glaube ich, auch von Seiten des Finanzkontrollausschsses immer
so gehandhabt, daß wir bei solchen Auseinandersetzungen keine Firmennamen nannten. Ich habe bei
meinem Beitrag keine Firmennamen genannt, sondern nur von einer Waldviertler Firma und von einer
Firma im Viertel unterm Wienerwald gesprochen. Ich darf feststellen, Sie haben hier die Firmennamen
gebracht. Ich halte das einmal grundsätzlich nicht für gut, und ich darf sagen, ich habe das in einem
völlig anderen Zusammenhang erwähnt, nämlich als ich hingewiesen habe z. B. auf die
Öffentlichkeitsarbeit, z. B. auf diese Broschüre der Arbeitnehmerförderung. Ich habe mir gestattet, der
Frau Landesrat und dem Beirat, auch Ihren Leuten, die da drinnen sind, zu danken, weil sie
beschränkt für Waldviertler Firmen ausgeschrieben haben und eine Waldviertler Firma - nicht diese
Firma, die Sie genannt haben - diesen Auftrag erhalten hat. Und ich habe von zwei Gesichtern
gesprochen und habe gesagt, der Abg. Leichtfried, der zufälligerweise dort oben gesessen ist, hat
seinerzeit einen Antrag eingebracht - Sie haben ihn ja heute erwähnt, ich brauche ihn nicht zu
wiederholen -, daß man vor allem Waldviertler Firmen hier berücksichtigen solle. Ich habe dann in
diesem Zusammenhang festgestellt, daß das leider in Ihrem Referat bei einer Vergabe in der letzten
Zeit nicht erfolgt ist, oder bei der letzten Vergabe dieses Kataloges nicht erfolgt ist.
Nun zum Faktum, bitte. Ich stimme mit Ihnen überein, und zwar nicht gerade als Obmann des
Finanzkontrollausschusses. Jawohl, wir haben eine Vergabeordnung, diese Vergabeordnung ist
einzuhalten, und wir drängen auch darauf, daß sie eingehalten wird, wobei man über den Heimvorteil
und alle diese Dinge noch reden kann. Diesbezüglich hat es in der Zwischenzeit wieder einige andere
Überlegungen gegeben. Ich stimme mit Ihnen überein, daß die Ausschreibung in Ordnung war, daß
die Anbotslegung in Ordnung war.
Nun ist das Angebot eröffnet worden, und die Firma, die den Auftrag erhalten hat, war bei einer
Auflage von 10.000 Stück Erstbieter bzw. Bestbieter. In Ordnung, die Finma soll die Auflage
bekommen. Nur beim Fortdruck, bitte, war diese Firma teurer als die Waldviertler Firma. Diese war bei
der Anbotslegung an zweiter Stelle. Bei 10.000 Stück war die Firma in Baden die billigere, die Firma in
Horn die teurere. Beim Fortdruck pro 1.000 Stück war es umgekehrt. Okay, ich stimme überein. Nur,
bitte, Herr Landeshauptmann, und jetzt eine erste Anklage, entschuldigen Sie, die erste Klarstellung:
10.000 Stück sind ausgeschrieben, aber die Auftragsvergabe erfolgte dann für 15.000 bitte. Und jetzt
darf ich einmal Kritik üben. Wenn sich etwas um 50% gegenüber der Ausschreibung ändert, dann ist
für mich klar, daß das noch einmal auszuschreiben ist, wenn man hier gerecht vorgehen will. Wie ist
es denn bei Bauvorhaben? Ich schreibe Bauvorhaben mit einer Kubatur von, was weiß ich, 10.000 m3
aus, dann baue ich 15.000, ich schreibe nicht mehr aus, und derjenige, der mit 10.000m3 angeboten
hat, bekommt dann den Auftrag. Herr Landeshauptmann, noch in Ordnung, ich akzeptiere Ihre
Entscheidung.
Aber, Herr Landeshauptmann, wie war es denn bei der Kuenringer-Ausstellung? Da war es nämlich
ganz umgekehrt, und da hätten Sie sich die Dinge ein bisserl anschauen müssen! Dort war es nämlich
so, daß die Waldviertler Firma Bestbieter gewesen ist und dieselbe Firma wieder an zweiter Stelle
stand, und beim Fortdruck war die Waldviertler Firma dort, also die teurere, und die Firma da unten
die billigere. Das war damals der Anlaß, daß man es umgekehrt gemacht hat, daß nicht die
Waldviertler Firma den Auftrag bekommen hat, sondern die Badener Firma! Ich darf Ihnen sagen,
bitte, auch damals waren 10.000 Stück ausgeschrieben, und die Vergabe wurde bereits für 15.000
durchgeführt. Jetzt darf ich auch noch etwas sagen.
Allein wenn man die Vergabe der 10.000 Stück zur Grundlage nimmt und auf 15.000 erhöht, so hätte
bei 15.000 damals bereits die Waldviertler Firma um 33.000 Schilling billiger produziert als die Firma,
die den Auftrag erhalten hat. Ganz abgesehen davon, daß dieser Auftrag des Kataloges für die
Kuenringer-Ausstellung von 444 Seiten auf 864 Seiten erhöht wurde und die endgültige Abrechnung
für 15.000 Stück, die Sie in Auftrag gegeben haben, nicht 1,3 Millionen, wie angeboten, sondern auf
Grund dieser Erhöhung, ich gebe es schon zu, 2,2 Millionen Schilling ausgemacht hat.
Sehen Sie, wenn Sie bei der jetzigen Ausstellung genauso gehandelt hätten wie bei der KuenringerAusstellung, hätte ich dem nichts hinzuzufügen, Ich bedauere, daß wir das hier so ausführlich
hereingetragen haben, aber ich sage noch einmal, es kann nicht unwidersprochen bleiben, daß in
Ihrem Referat bei der Vergabe solcher Kataloge mit zwei Maßstäben gemessen wird, bitte,
zumindestens was Kuenringer-Ausstellung und was Peru betrifft. Sie haben von der Firma einen
Antwortbrief erhalten, worin an den Grenzlandförderungen, an den Problemen der Hilfe für die Region
Waldviertel gezweifelt wird. Ich selbst habe diesem Brief nichts mehr hinzuzufügen.
Wenn überall gleich gehandelt wird, wird es keine Differenzen geben, wird das die Billigung des
Finanzkontrollausschusses finden, wird das auch meine Billigung als einer der zuständigen
Abgeordneten für das Waldviertel finden. Nachdem das nicht der Fall war, kann ich das nicht
akzeptieren. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig.
Landeshauptmannstellvertreter GRÜNZWEIG: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann
diese Dinge nicht im Raum stehen lassen, sondern muß zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Wenn
ich vorhin nicht klar genug war, muß ich meine Erläuterungen zu den Problemen noch vertiefen. Das
gilt zunächst für Fridau, das, glaube ich, bei der Debatte nicht behandelt wurde. Ich habe nicht gehört,
daß es hier irgendwie besprochen worden ist. Ich weiß nicht, warum Sie es jetzt anschneiden, denn im
Ausschuß ist ja ausführlich dazu Stellung genommen worden. Darf ich bitte die Geschichte Fridaus
bringen, ich muß Sie allerdings um Aufmerksamkeit bitten, weil die Dinge ja nicht so eindeutig liegen,
wie man es hier darstellt, sondern ein bißchen komplizierter sind.
Das Schloß Fridau wurde seinerzeit – es waren damals der Herr Landeshauptmann Figl, soweit ich
weiß, und Herr Landesrat Kuntner im Amt - vom Land Niederösterreich in Nutzung genommen für den
Zweck, dort eine Gemäldegalerie des vorigen Jahrhunderts zu etablieren. Es wurde bei dieser
Gelegenheit ein Vertrag abgeschlossen, auf 30 Jahre befristet, der das Land Niederösterreich
verpflichtet hätte, das Schloß Fridau instandzusetzen. Es hat sich bald gezeigt, daß diese
Instandsetzung nicht so schnell durchgeführt werden konnte und daß auch die Frage der Verwendung
offen blieb, weil gewisse Vorstellungen dann nicht aufrechterhalten werden konnten. So habe ich das
Ganze übernommen, und nun versucht man, die Dinge ins Rollen zu bringen.
Mit einem Konzept für die Nutzung und einem Konzept für die Restaurierung hat sich das
Gebietsbauamt St. Pölten sehr bemüht. Der heutige Hofrat Zotti hat die Pläne gemacht, und wir haben
dann, gestützt auf entsprechende Budgetzuteilungen durch den Landtag, mit den
Restaurierungsarbeiten begonnen. Diese haben sich auf eine ganze Reihe von Jahren erstreckt und
sind ganz gut vorangegangen. Der Aufzug ist sicher aus dem Grund eingebaut worden, weil es eine
Nutzung in diesem Haus geben sollte, wenn ich das auch erwähnen darf. Und als ich eines schönen
Tages nach der Kontrolle des Finanzkontrollausschusses in Fridau mit einem Akt, der vorgesehen
hätte, eine Unterfangung in der Höhe von 2 Millionen Schilling in Auftrag zu geben, in die
Landesregierung kam, hat es geheißen, das können wir nicht machen, das wird nicht gemacht! Das
war damals der Stand, den Sie jetzt angeführt haben. Ich mußte den Antrag zurückziehen.
In den letzten Jahren haben wir nun versucht, die Dinge wieder ins Rollen zu bringen, und die
Bemühungen, das Schloß zu verkaufen, blieben bis jetzt ohne Erfolg; so preiswert wie Wartholz
können wir es ja nicht verkaufen, sondern wir müssen uns schon ein bisserl mehr Mühe geben und die
Mittel des Landes hier wirklich mit größter Sorgsamkeit verwalten. Daher konnte Fridau in dieser Art
nicht verkauft werden, wie das mit Wartholz geschehen ist.
Ich mag auf die Geschichte Wartholz nicht eingehen, sie wäre noch emotionsgeladener, und das hat,
glaube ich, in dem Zusammenhang keinen Wert mehr. Jetzt sind eben der Herr Dr. Hilger als der
zuständige Referent für zeitgenössische Kunst und der Herr Hofrat Zotti wiederum darangegangen,
ein neues Konzept für Schloß Fridau zu erstellen, und ich darf wohl auf Ihre Unterstützung hoffen, daß
wir doch, wenn dieses Konzept dann wiederum zur Realisierung heransteht, diese Galerie des 19.
bzw. 20. Jahrhunderts hier erstellen können, mit all den Möglichkeiten, die Fridau gibt. Es ist ja
wirklich ein Schloß, das durch seine Verkehrslage, aber auch durch seine Baulichkeit sehr viele
Vorteile aufweist. Das zum Sachverhalt Fridau. Ich hätte nicht damit begonnen, wäre dieses Problem
hier nicht angeschnitten worden.
Zur Klarstellung noch einmal zu dieser Auftragsvergabe, meine Damen und Herren! Bis jetzt sind
immer alle Aufträge so vergeben worden, alle bitte, nicht nur für die Kuenringer Ausstellung, da man ja
in ZwettI nicht wußte, daß so viele Leute kommen, daß man maximal 10.000 Kataloge bestellt hat;
nicht überall 10.000, es waren auch ein paar Mal geringere Mengen. (Abg. Buchinger: Zuerst zu wenig
und dann zu viel. Jetzt liegen 7.000 im Depot!)
Darauf kann ich aber überhaupt nichts antworten, Herr Kollege Buchinger, da müssen Sie mir einmal
vorzeigen, wie man solche Zahlen, die sich da ergeben haben, präzise prognostiziert. Wir waren auf
dem Gebiet sehr vorsichtig. Es hat die Erwartungen von allen Leuten, die damit auch nur im
geringsten zu tun gehabt haben, weit übertroffen, sowohl der Katalogverkauf als auch die
Besucherzahl, das konnte einfach niemand vorhersehen. Seien wir froh, daß das so ausgegangen ist
und nicht umgekehrt, daß vielleicht um 200.000 Besucher weniger gekommen wären. Daher konnte
man sich nur sagen, es werden 10.000 Stück in Auftrag gegeben, und wenn sich zeigt, daß wir mehr
brauchen, dann wird ein Nachdruck bestellt. Das ist doch ganz klar. Das war bei der KuenringerAusstellung wie bei jeder anderen so. Bei der Melker Ausstellung war es ebenso, aber da hat man
gleich gesehen, daß der Bedarf größer sein wird. (Unruhe. - Abg. Fux: Er führt ja das nur an. Wieso
seid Ihr so angerührt?)
Wollen Sie zuhören. Bei der Melker Ausstellung hat man nach der ersten Tranche gleich gesehen,
daß man mit weiteren 10.000 Stück nicht auskomlmen wird. Die Landesregierung hat daher das
Kulturreferat ermächtigt, den Auftrag bis zu einer gewissen Stückzahl zu vergeben, weil man ja den
Fortgang nicht so genau absehen konnte. Genauso war es bitte bei der Peru-Ausstellung. Es waren
10.000 Stück vorgesehen, und dann ist eben die Geschichte mit Deutschland dazugekommen.
Meine Damen und Herren! Es bringt uns irrsinnig viel Geld und Renommee ein, wenn man für diese
doch sehr kostspielige Ausstellung einen Partner findet. Daß die Schallaburg mit der Villa Hügel
gleichgestellt wird, ist ja für uns ein ungeheures Renommee, und aus dem Grund, meine Damen und
Herren, war es zum Zeitpunkt der Bestellung schon klar, daß man nicht 10.000, sondern 15.000
Kataloge benötigen würde, und bei 15.000 ist eben die andere Firma Bestbieter gewesen! Bitte, die
Rechtsabteilung hat beurteilt – was Sie vorhin angeführt haben -, daß das den Vergaberichtlinien
entspricht, Herr Kollege Buchinger! Mehr kann man also nicht machen.
Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Wie gesagt, die Landesregierung hat das sehr genau
gesehen. Ich habe bewußt, damit das auch klar ist, die Firmen und auch den Antrag Leichtfried
genannt, damit Sie sehen, welche Konsequenzen das Kulturreferat aus diesem Antrag gezogen hat.
Es ist doch ein deutlicher Schwerpunkt der Aufträge, die dorthin ergangen sind, und wenn Sie sagen,
das sei eine Benachteiligung oder eine Nichtbeachtung, so muß ich das zurückweisen, weil es nicht
stimmt, weil es nicht den Tatsachen entspricht!
Ich darf also bitten, diese Darstellung der Kulturabteilung, die ich hier zu vertreten habe und die nach
bestem Wissen und Gewissen vorgegangen ist, zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. Dr. BERNAU: Ich verzichte.
PRÄSIDENT REITER: Zur Abstimmung liegt vor die Gruppe 3, Kunst, Kultur und Kultus. Ich bitte den
Berichterstatter, den Antrag zu dieser Gruppe, ordentlicher Teil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. Dr. BERNAU: Ich stelle den Antrag, die Gruppe 3, Kunst, Kultur und Kultus, mit
Einnahmen im ordentlichen Teil von S 7,461.000 und Ausgaben von S 215,066.000 zu genehmigen.
PRÄSIDENT REITER: Der Herr Abg. Lechner hat zu diesem Kapitel den geschäftsordnungsmäßigen
Antrag gestellt, über die Voranschlagsstelle 1/371019 gesondert abzustimmen.
Aufgrund des Antrages des Abg. Lechner lasse ich über die Voranschlagstelle 1/371019 gesondert
abstimmen und ersuche jene Mitglieder des Hauses, welche dafür stimmen wollen, die Hand zu
erheben. (Nach Abstimmung): Mehrheitlich angenommen.
Ich ersuche die Mitglieder des Hauses, welche für Gruppe 3, Kunst, Kultur und Kultus, ordentlicher
Teil, in Erfordernis und Bedeckung stimmen wollen, die Hand zu erheben.
(Nach Abstimmung): Einstimmig angenommen.
Ich unterbreche die Beratungen über den Voranschlag des Landes bis 14.30 Uhr.
(Unterbrechung der Sitzung um 13.22 Uhr.)
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: (um 14.30.): Ich nehme die Sitzung wieder auf. Ich ersuche
den Herrn Berichterstatter Abg. Dr. Bernau, zur Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt und Wohnbauförderung,
ordentlicher Teil und außerordentlicher Teil sowie Konjunkturausgleichsteil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. Dr. BERNAU: Hohes Haus! Die Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt und
Wohnbauförderung, sieht ordentliche Ausgaben von S 5.520,858.000 vor, die Einnahmen betragen S
4.085,544.000.
In dieser Gruppe sind Ausgaben und Einnahmen für allgemeine öffentliche Wohlfahrt, für freie
Wohlfahrt, Jugendwohlfahrt, Behebung von Notständen, sozialpolitische Maßnahmen,
familienpolitische Maßnahmen und die Wohnbauförderung vorgesehen. Der prozentuelle Anteil am
Ausgabenvolumen des ordentlichen Teiles des Voranschlages beträgt 25,25%.
Im außerordentlichen Teil sind Ausgaben von S 84,444.000 bei Einnahmen von S 41,420.000
veranschlagt und im Konjunkturausgleichsteil Ausgaben von insgesamt 50 Millionen Schilling.
Ich darf den Herrn Präsidenten bitten, die Verhandlungen einzuleiten.
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Zum Worte gelangt der Herr Abg. Bernkopf.
Abg. BERNKOPF: Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Nach der etwas heißen
Kulturdebatte vormittags sieht man, daß auch um wenig Geld eine heiße Debatte geführt werden
kann. Was mich vor allem freut, ist, daß wir, der Niederösterreichische Landtag, mit Recht beweisen
konnten, bei uns kommt zuerst die Kultur und nachher das Fressen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich in der Debatte über das Sozialbudget mit
zwei Themenkreisen befassen: mit der Jugendwohlfahrt, Jugendhilfe und Fürsorgeerziehung und mit
Fragen der Senioren. Eingangs bitte gleich die Feststellung, daß wir Sozialisten mit dem Sozialbudget
in seiner Gesamtheit zufrieden und einverstanden sind. Das Land und sein Finanzreferent tun sich ja
in dieser Frage etwas leichter als in anderen Budgetgruppen, wissen wir doch, daß beim Sozialbudget
in verschiedenen Ansatzposten die Gemeinden die Kosten mitzutragen haben. Ich glaube, es ist
daher für mich und meine Fraktion eine Selbstverständlichkeit, daß wir heute einmal allen
niederösterreichischen Gemeinden von dieser Stelle aus Dank sagen für das Verständnis, das sie
bisher den sozialen Fragen in diesem Land entgegengebracht haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Ohne die finanziellen Opfer unserer Gemeinden wäre es nicht möglich, dieses Netz an sozialer
Sicherheit über unser Bundesland zu ziehen. In der Jugendwohlfahrt, Jugendhilfe ist derzeit der
rückläufige Belag in unseren Jugendheimen eines unserer Probleme. So sehr wir es begrüßen, daß
die Heimerziehung eine rückläufige Tendenz aufweist, so sehr stellt sich für die Zukunft die Frage der
Notwendigkeit all dieser Heime für die Erziehung, ob nicht vielleicht doch die Möglichkeit einer
Umwidmung für das eine oder andere Heim für caritative Zwecke unserer Jugend bestünde.
Das Land unterhält nach den Bestimmungen des Jungendwohlfahrtsgesetzes 1954 und des
Niederösterreichischen Wohlfahrtsgesetzes 1978, aber auch nach den Bestimmungen des
Niederösterreichischen Sozialhilfegesetzes 1974 ein Säuglings- und Kleinkinderheim sowie 9
Jugendheime und eine heilpädagogische Station. Die beiden Landesjugendheime Hochwolkersdorf
und Lunz am See werden zum Unterschied von den erwähnten 9 Heimen als Erholungsheime geführt,
wobei Hochwolkersdorf jährlich 10 Monate lang zur Abhaltung von Berufsvorbereitungskursen für
geistig und körperlich nicht berufsreife schulentlassende Mädchen dem Verein für Berufsvorbereitung
Jugendlicher zur Verfügung steht. In den Ferienmonaten werden Erholungskinder untergebracht.
Das Landesjugendheim Lunz am See dient im Rahmen von Jugendwohlfahrtsmaßnahmen in den
Ferienmonaten zur Unterbringung von Erholungskindern. In der übrigen Zeit wird es durch die
Abhaltung von Schikursen, Landschulwochen sowie von Kursen, Erzieherausbildung,
Beamtenschulung und Tagungen notdürftig am Leben erhalten. In den 9 Jugendheimen, dem
Säuglings- und Kleinkinderheim und in der heilpädagogischen Station besteht die Möglichkeit, 649
Knaben und 407 Mädchen sowie 94 Säuglinge und Kleinkinder unterzubringen. Das sind zusammen
1.150 Heimplätze.
Nun ist es in diesen Heimen so, daß nach den Entlassungen zum Schulschluß und den
Zöglingsurlauben während der Ferienzeit der Stand zu Beginn des neuen Schuljahres am niedrigsten
ist, dann wieder ansteigt und gegen Ende des Schuljahres am höchsten ist. Unter Einrechnung der in
den Jugendheimen Hollabrunn für ca. 35 Mädchen und in Hinterbrühl für 20 Burschen geführten
Berufsvorbereitungskursen befinden sich mit Stand 31. 10. 1982 923 minderjährige, davon 63 aus
anderen Bundesländern, auf Heimplätzen in den angeführten Heimen. Zum gleichen Zeitpunkt
befanden sich 162 Minderjährige aus Niederösterreich in Privatheimen.
Zusammenfassend muß man sagen, daß die Auslastung unserer Landesjugendheime selbst unter
Berücksichtigung der großzügig gewährten Zöglingsurlaube, für welche ja keine Verpflegskosten zu
entrichten sind, als ungünstig angesehen werden kann. Die Auslastung beträgt derzeit etwas über
72%.
Meine Damen und Herren! Bei Anhalten dieser rückläufigen Belagsentwicklung in den
Landesjugendheimen wird die Auslastung dieser Heime noch ungünstiger werden. Aus dem
Unterbelag ergeben sich erhöhte Aufwandskosten pro Kopf und Tag bei einem größtenteils
unveränderten Personalstand; derzeit sind es 475 Kolleginnen und Kollegen. Dazu ein Beispiel. Das
Landesjugendheim Matzen. Belagsmöglichkeit für 44 Knaben und 32 Mädchen, also zusammen 76
Minderjährige, derzeitiger Belag 43 bei einem Personalstand von 24 Personen. Es werden die
Personalausgaben und im wesentlichen auch die Sachausgaben nicht geringer werden. Es wirkt sich
daher der Rückgang auf die Wirtschaftlichkeit dieser Heime äußerst negativ aus.
Unter Zugrundelegung dieser Tatsachen ist es für mich unverständlich, daß im Jugendheim
Pottenstein ein zweigeschossiger, unterkellerter Zubau errichtet werden soll. Das Landesjugendheim
Pottenstein mit 85 Heimplätzen für Knaben und Mädchen ist, das muß man zugeben, eines der gut
belegten Heime. Es sind dort derzeit 80 Jugendliche untergebracht, die von 28 Personen betreut
werden.
Die Begründung für diesen Zubau liegt in der Feststellung, daß das Heim über keine geeigneten
Personalwohnräume verfügt und daß den Kindern für verschiedene Veranstaltungen nur der
heimeigene Turnsaal, der für Veranstaltungszwecke ungeeignet ist, zur Verfügung steht. Es sollen
daher in dem Zubau im Erdgeschoß ein Mehrzwecksaal mit Nebenräumen und im Obergeschoß 6
Garconnieren errichtet werden. Die Kosten betragen laut der technischen Fachabteilung auf der
Preisbasis 1982 11,6 Millionen Schilling und werden im außerordentlichen Teil des Voranschlages
beantragt.
Hiezu, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellt sich für mich die Frage: Ist der Zubau zum
jetzigen Zeitpunkt sinnvoll und, wenn ja, löst er mit 6 Garconnieren die Personalwohnprobleme? Ich
würde bitten, in diesem Fall die Frage des Zubaues noch einmal sehr gründlich zu überlegen.
Die Heime werden ab 1982 einzeln kostendeckend veranschlagt, der Gebarungsausgleich erfolgt im
Zuge des Rechnungsabschlusses. Ausgenommen sind die Erholungsheime Hochwolkersdorf und
Lunz am See, die auf Grund ihrer Aufgabenstellung einen veranschlagten Abgang ausweisen, der
vom Land getragen wird.
Abschließend kann gesagt werden, daß das Land Niederösterreich diese ihm gestellte Aufgabe in der
Heimfürsorge, aber darüber hinaus in der gesamten Jugendwohlfahrtspflege sehr ernst nimmt und
daß allen Bediensteten, die hier tätig sind, ein herzliches Dankeschön gebührt.
Meine Damen und Herren! Stehen Fragen der Minderjährigen und Jugendlichen am Beginn des
Lebens, so stehen Fragen unserer Senioren zur Diskussion, wenn der Lebenslauf den Zenit
überschritten hat. Hier zu Beginn einige grundsätzliche Bemerkungen. Der Anstieg der
Lebenserwartung war bundesweit zwischen 1971 und 1981 mit 2,6 Jahren deutlich stärker als
zwischen 1960 und 1971 mit 0,98 Jahren. Die Lebenserwartung bei der Geburt beträgt seit 1981 bei
den Männern 69,18 Jahre, bei den Frauen 76,5 Jahre. Die Struktur der österreichischen Bevölkerung
zeigt daher einen hohen Anteil älterer Menschen und ist mit Ende 1981 mit 19,4% der über 60jährigen
protokolliert. Dies bedingt natürlich auch eine Zunahme der Pensionen.
So überschritt im Dezember 1981 der Pensionsstand in Österreich die 1,5-Millionengrenze. Damit
verschlechtert sich die Belastungsquote der Pensionen. 1981 entfielen auf 1.000 Pensionsversicherte
531 Pensionen. Dazu kommt, daß sich der anhaltende Konjunkturabschwung auf die
Pensionsversicherung in Form einer deutlichen Zunahme der vorzeitigen Alterspensionen auswirkt.
Erfreulich ist das weitere Sinken der Anzahl der Bezieher von Ausgleichszulagen in der
Pensionsversicherung 1981 um weitere 6.045 Personen, was weitgehend den Erfolg im Kampf gegen
die Armut bestätigt.
1981 wurde bei den Unselbständigen der bisher höchste Grad an Eigenfinanzierung der Pensionen
mit einem Bundesbeitrag von 8,1% erreicht. Das heißt, bei den Unselbständigen wurden vom Bund
jährlich je Pension 6.216 Schilling zugeschossen, zum Unterschied bei den Selbständigen, wo jährlich
Bundesmittel von S 35.870 pro Person oder 60% Bundesbeitrag notwendig sind.
Die gewaltigsten Leistungsverbesserungen wurden großteils durch Bundesmittel bei der bäuerlichen
Pensionsversicherung erreicht. Von 1970 bis 1981 gab es eine 625%ige Steigerung der
Pensionsleistungen. Während 1970 700 Millionen Schilling an Bundesmittel in bäuerliche
Pensionsversicherungen flossen, war es 1981 mit 6,7 Milliarden Schilling bereits das Zehnfache. Hier
muß man wissen, daß auf 1000 Personen 924 Pensionsbezieher kommen. Ich sage das voll Stolz
ohne jeden Neid, weil es auch hier beweist, daß wir auch an dieser Front den Kampf gegen die Armut
besonders in unserer ländlichen Bevölkerung erfolgreich geführt haben.
Um jedoch, meine sehr geehrten Damen und Herren, in Würde alt werden zu können, ist zwar die
finanzielle Absicherung eine der wichtigsten Voraussetzungen, aber es bedarf mehr. Das Bestreben,
das soziale Sicherheitsnetz auch für Senioren zu vervollkommnen, ist Aufgabe des Landes. Wir haben
heute in Niederösterreich von der Aktion „Essen auf Rädern“ über die sozialen Dienste bis zur
Aufnahme in Landespensionistenheime bzw. Pflegeheime eine reiche Palette an sozialem Angebot.
Besonders der Nachbarschaftshilfe, einer Lieblingsidee unseres verstorbenen
Landeshauptmannstellvertreters Hanns Czettel, wäre in Zukunft wesentlich mehr Aufmerksamkeit zu
schenken. Diese Hilfe, die relativ wenig finanziellen Aufwand erfordert, die den Kontakt des Seniors
oder Hilfsbedürftigen zu seiner Umwelt fördert, ist als Vorstufe oder als Ergänzung der sozialen
Dienste von unschätzbarem Wert.
Auch der Urlaubsaktion für ältere Mitbürger müßte mehr Aufmerksamkeit bzw. Popularisierung
geschenkt werden. Durch die Verlängerung der Zeit der Inanspruchnahme auf die Monate April bis
Juni und September, Oktober ist zu hoffen, daß wesentlich mehr ältere Landesbürger von dem
Angebot Gebrauch machen. Heuer wurde die Seniorenbroschüre mit dem Gutschein an 340.000
Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher mit der Post versandt. Etwas über 3.000 Senioren
machten Gebrauch davon. Man kann sich das Verhältnis der Kosten für die 340.000 Broschüren plus
dem Postversand und den rund 1,6 Millionen Schilling für die echten Kosten der Urlaubsaktion
vorstellen. Daher war es immer unser Wunsch, egal bei welchem Voranschlag, einen Posten für
Seniorenurlaub einzurichten, um hier die Transparenz zu gewährleisten.
Neben diesem Seniorenurlaub gibt es noch die Erholungsaktion für betagte Menschen. Diese Aktion
wird von Gemeinden, Pensionistenverbänden sowie von Organisationen, die sich mit
Seniorenbetreuung befassen, durchgeführt. Diese Aktion ist vorwiegend für jene älteren Menschen
gedacht, die nicht mehr allein verreisen können oder wollen, maximal S 50,- pro Tag und Person auf
längstens 7 Tage. Über 5.000 Personen aus Niederösterreich, das entspricht einer Steigerung von
fast 50% gegenüber 1981, nahmen 1982 die Aktion in Anspruch. Hier steigt die Nachfrage wesentlich
stärker als die vorhandenen Mittel. Ich stelle hier an beide Referenten die Bitte, für 1983 Vorsorge zu
treffen, daß diese Aktion, diese gute Aktion, in vollem Umfang weitergeführt werden kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man kränklich wird, den Haushalt nicht mehr selbst
führen kann, vor allem wenn man seinen Kindern nicht zur Last fallen will, kommt, so man der Studie
über die Probleme der älteren Menschen, die das Land heuer in Auftrag gegeben hat, glauben darf,
für viele der Gang in das Pensionistenheim. Hier bietet das Land in 36 Heimen den älteren Menschen
die Möglichkeit, den Lebensabend in relativer Ruhe verbringen zu können. Das Land und die
Gemeinden bringen hier jährlich große finanzielle Opfer, damit diese Heime entweder neu erbaut oder
so umgebaut werden, daß sie den heutigen Erfordernissen entsprechen. So hat das Land im
Rechnungsjahr 1982 im außerordentlichen Voranschlag insgesamt 91 Millionen Schilling
aufgewendet. Detailplanungen für Zu- und Umbauarbeiten und die Planungsarbeiten wurden für die
Heime in Herzogenburg, Raabs a. d. Thaya, in Baden, Retz und Korneuburg in Auftrag gegeben. Die
Kosten für diese Objekte werden sich auf ca. 308 Millionen Schilling stellen.
Wenn man im außerordentlichen Teil des Voranschlages für 1983 blättert, findet man für das
Landespensionistenheim Hainfeld im Voranschlag 1983 einen Betrag von 10 Millionen Schilling. Ein
gleicher Betrag von 10 Millionen Schilling war auch 1982 im Voranschlag, und der
Rechnungsabschluß 1981 weist den Betrag von 1.112 Millionen Schilling aus. Im Bericht der Abteilung
ist jedoch nichts zu lesen über Hainfeld. Ich weiß jedoch, daß der Herr Landeshauptmann den
Spatenstich auf einem angekauften Grundstück entlang der Bundesstraße durchgeführt hat. Da ich
nun von Geburt an ein neugieriger Mensch bin, bin ich der Sache nachgegangen und mußte in
Erfahrung bringen, daß dieses vom Land angekaufte Grundstück für die Erbauung eines solchen
Objektes nicht geeignet ist, da unter der Erdschichte eine nicht tragfähige Torfschicht mit
Wasseruntergrund vorhanden ist.
Man suchte daher ein neues Grundstück und fand dieses in der Nähe des Bahnhofes. Hier war man
schon vorsichtiger, schloß mit dem Grundbesitzer einen Vorvertrag, kam dann darauf, daß der
Geräuschpegel um 10 Dezibel zu hoch war und suchte ein neues Grundstück, ein Grundstück
Nummer 3, und fand es im Osten der Stadt, Richtung Gerichtsberg, wo man nunmehr
Probebohrungen durchführte.
Hier könnte das Motto darüberstehen: Na, man wird ja noch gescheiter werden dürfen! Aber Spaß bei
Seite. Ich wäre sehr froh, wenn dem Landtag über die bisher durchgeführten Arbeiten und besonders
über die bisher aufgelaufenen Kosten Auskunft gegeben werden könnte.
Die niederösterreichischen Landespensionistenheime verfügen über insgesamt 4613 Plätze für ältere
Menschen, 959 Betten davon sind Pflege- oder Krankenstationen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Zusammenhang verstehe ich die Sorgen unserer
Bürgermeister und Gemeindevertreter. Bei einer durchschnittlichen Belagsmöglichkeit unserer
Pflegeheime von 160 Betten kann man sich ausrechnen, wieviele Heime bzw. Kosten sich das Land
auf Kosten der Gemeinden erspart hat. Außer den dem Land gehörenden Pensionistenheimen gibt es
noch mit sechs Heimen vertragliche Regelungen bzw. Zusammenarbeitsverträge. Von den privaten
Pensionisten- und Pflegeheimen, die sich im Umland von Wien befinden, sind 62 Anstalten mit
insgesamt 2000 Plätzen oder Betten erfaßt. Die Einflußnahme des Landes ist derzeit leider gering und
erstreckt sich nur auf die Eignung, Führung und Ausstattung der Häuser.
Es ist hier, glaube ich, hoch an der Zeit, daß durch gesetzliche Maßnahmen Änderungen
herbeigeführt werden, umso mehr, als in letzter Zeit die Heime und die Betreuung ins Schußfeld der
Medien gekommen sind. Es hat sich auch eingebürgert, daß Besitzer von solchen Privatheimen ihre
Patienten bei Eintritt der Pflegebedürftigkeit in Heime des Landes abschieben. Wenn sie Wiener sind,
verweigerte bisher die Gemeinde Wien die Kostenübernahme. Auch hier, meine sehr geehrten Damen
und Herren, wäre eine Klärung dringend notwendig, da anscheinend die bestehende Vereinbarung
der österreichischen Bundesländer über Kostenkompetenzen in der Sozialhilfe nicht zweckmäßig ist.
Zum Schluß gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu den Landespflegeheimen. Das größte Problem,
das wir in den Landespflegeheimen derzeit haben, ist das Personalproblem, und ich darf mir hier
gleich erlauben, einen Resolutionsantrag einzubringen, den ich Sie bitte anzunehmen (liest):
Resolutionsantrag
des Abgeordneten Bernkopf zur Gruppe 4 des Voranschlages 1983, Ltg. Z1.450.
„Die Landesregierung und insbesondere das für Personalangelegenheiten zuständige Mitglied der
Landesregierung, Herr Landeshauptmann Ludwig, werden aufgefordert, in stärkerem Maße als bisher
qualifiziertes Personal in den Landespflegeheimen einzustellen, um der Aufgabenstellung der
Pflegeheime zu entsprechen.“'
Besonders, meine Damen und Herren, im Bereich des qualifizierten Pflegepersonals ergeben sich
zunehmend Schwierigkeiten. Im Umland von Wien und südlich von Wien war es nicht möglich,
ausgebildete Krankenschwestern zu bekommen, sodaß ausländisches Personal eingestellt werden
mußte. Auch die Aus- und Weiterbildung des Heimpersonals ist leider nicht gewährleistet. Die
Krankenpflegeausbildung in den Krankenpflegeschulen ist - und das wissen wir - leider nur auf
Spitalsbedürfnisse ausgerichtet. Dies jedoch genügt nicht für die Pflege alter, oft unzugänglicher
Menschen. Man müßte hier Kurse für das Pflegepersonal einrichten, wo auch rehabilitative
Möglichkeiten in der Geriatrie gelehrt werden.
Meine Damen und Herren! Wir wissen, daß der oft nicht freiwillige Weg in das Heim mit einem Schock
verbunden ist, den die meisten der Pfleglinge nicht mehr verkraften können. Es liegt daher an uns zu
beweisen, daß die enormen finanziellen Mittel, die wir jährlich für die Altenbetreuung ausgeben, nicht
das Alibi sein können. Wir haben zu beweisen, daß wir verstehen, was die Menschen empfinden,
wenn sie diesen Schritt in eine für sie fremde Welt tun. Erst wenn wir es verstehen, werden wir den
Menschen die Angst vor diesem Schritt nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Als nächster zum Wort gelangt der Herr Abg. Fidesser.
Abg. FIDESSER: Herr Präsident! Hohes Haus! Sozialpolitik ist in Zeiten wie diesen sehr maßgeblich
von der wirtschaftlichen Situation und oft noch mehr von der Finanzknappheit der öffentlichen
Haushalte bestimmt. Man kann daher in einer solchen Situation nicht in sozialpolitischen Bereichen
Initiativen ergreifen, Vorschläge machen, ohne sich viel mehr als in früheren Jahren auch Gedanken
zu machen Über wirtschaftliche Möglichkeiten und sich gleichzeitig auch ganz konkret Gedanken zu
machen über Finanzierungsfragen. Denn eines muß uns klar sein: der alte Grundsatz, daß nur das
verteilt werden kann, was da ist, und daß ein Kuchen zuerst verdient werden muß, bevor er in
Anspruch genommen werden kann, gilt jetzt umso mehr.
Und es gewinnen Fragen der Umverteilung auch gewaltige Dimensionen. Diese Fragen sind vor dem
Sommer von der Sozialistischen Partei aufgegriffen worden, auf der ganz verkehrten Ebene einer
Umverteilungsdebatte, die ganz kläglich in die Hose gegangen ist, weil sie einfach ganz falsch
aufgezogen wurde. Was haben wir denn eigentlich heute für eine Umverteilung bei dieser Regierung?
Wir haben nicht eine Umverteilung, so wie wir uns das normalerweise wünschen müßten, vom Ertrag
der Wirtschaft zu sozialpolitischen Maßnahmen, also vom Gewinn des Wirtschaftens zum sozial
Schwächeren oder zu einer besseren menschlichen Lebensweise, zur Lebensqualität für alle, sondern
ein zwölfjähriger - wie es in der Landtagsdebatte schon einmal gesagt wurde – „krummer
österreichischer Weg" hat uns soweit gebracht, daß wir heute eine Umverteilung haben, die
folgendermaßen aussieht: Wir haben eine Umverteilung von ertragreichen Betrieben zu
abgewirtschafteten Betrieben. (Abg. Wedl: Geh'!) Nicht geh', das sind die Milliardenbeträge, auf die Ihr
immer wieder stolz seid, wenn diese Verschiebungen in der Richtung erfolgen. Es ist daher dringend
notwendig, daß wir uns alle wieder einmal über eines klar sind. Den Spruch hat es schon einmal
gegeben, und zwar hat es 1975 auf großen Plakaten der Sozialistischen Partei geheißen „Sichere
Arbeitsplätze vor Gewinnstreben". Das hat man damals so interpretiert: Bevor die Betriebe Erträge
und Gewinne haben, soll man schauen, daß man sichere Arbeitsplätze bekommt. In Wirklichkeit stellt
man dann fest, daß nicht Betriebe, die Verluste haben, die Arbeitsplätze sichern, sondern daß sichere
Arbeitsplätze eben dort sind, wo Gewinne und Erträge vorhanden sind. (Beifall bei der ÖVP.) Ich
mußte das auch einmal aus der Sicht der Sozialpolitik sagen, damit wir die Dinge ins rechte Licht
rücken.
Andererseits auch einige Worte zur allgemeinen Finanzknappheit der öffentlichen Haushalte. Ja, ganz
sicher ist es so, daß man es als Sozialpolitiker wesentlich schwerer hat, die eine oder andere Initiative
neu zu setzen, als in Zeiten, wo finanzielle Dinge nicht die gewaltige Rolle gespielt haben wie heute.
Daher werden es sicher die Kollegen aus anderen Sparten verstehen, daß wir, die wir in der
Sozialpolitik stehen, ganz genauso den Betrag, der für unsere Bereiche zur Verfügung steht, in
Zukunft genau und hart verteidigen und uns auch darum kümmern, daß unter Umständen die eine und
andere Ausgabe des Budgets für unsere Initiativen neu dazu kommt. Dafür haben wir umso mehr
Verantwortung, mit jenen Geldmitteln, die uns im Budget zur Verfügung stehen, sparsamer
umzugehen und jede einzelne Sozialmaßnahme zu durchleuchten, ob sie in dieser Form weitergeführt
wird, wie sie bisher gemacht wird, oder ob man hier umschichten kann. Und schließlich - darauf
möchte ich zum Schluß eingehen - werden wir uns neue Wege einfallen lassen müssen, wie 'man
manches besser und billiger machen kann.
Das, was ich hier gesagt habe, ist auch im Sozialbeirat zum Ausdruck gekommen, wo vor allem
Vertreter der Gemeinden gemeint haben, man müßte einmal das gesamte Sozialbudget
durchleuchten, weil die Gemeinden ganz ordentlich unter dem Druck von sozialen Explosionen, wie
sie sagen, leiden. Wir haben uns dort zur Aufgabe gestellt und das ist eine wesentliche Aufgabe, die
uns mitgegeben wurde, erstens einmal die verschiedensten Einrichtungen zu überprüfen. Da hat mein
Vorredner als Beispiel die Jugendheime aufgezählt. Es wäre hier ebenfalls völlig unverständlich, daß
wir einen Zubau in Pottenstein machen, wenn auf der anderen Seite für 43 Jugendliche in Matzen 24
Beschäftigte bezahlt werden. Das wäre ja schon fast eine großartige Familienförderung, wenn man die
Kinder in die Familien geben würde und Vater und Mutter ganz ordentlich bezahlen könnte dafür.
Sehen Sie, da ist ein Umdenken notwendig und vielleicht gibt uns da gerade die Knappheit der
Finanzen den Anstoß, viele Dinge genauer zu überlegen und manches, was wir früher vielleicht gar
nicht zusammengebracht hätten, jetzt neu zu regeln. Es ist aber auf der anderen Seite vielleicht
notwendig, daß wir Maßnahmen, die wir gesetzt haben, unter die Lupe nehmen und schauen, daß sie
nicht in eine Richtung gesetzt werden, aber die Konsequenzen für andere Bereiche nicht gezogen
werden.
Einige Beispiele: Wenn wir etwa im Rahmen der Psychiatriereform den Stand von 1100 Patienten in
Klosterneuburg-Gugging reduzieren auf 520 und sagen, wenn wir einen Teil außerhalb dieser
Krankenanstalt in Heime geben, dann treten sogar Verbesserungen für diese Patienten ein, weil man
manches in kleinen Heimen besser machen kann für die Leute, und es ist billiger, ohne gleichzeitig die
Konsequenz auf der anderen Seite zu durchleuchten - ich kann noch gar nicht sagen, in welcher
Richtung das Auswirkungen hat -, daß die Fixkosten dann dort völlig gleich bleiben. Das bedeutet
nämlich, daß sich die monatlichen Kosten für die 520 beim Pflegesatz verdoppeln, während
zusätzliche Kosten außerhalb dieser Anstalt anfallen. Dann ist das, was man landläufig sagt, wenn sie
heraußen sind, ist es billiger, in Wirklichkeit nicht zutreffend. Das muß man also mit allem Ernst und
mit allen Problemen einmal durchleuchten.
Oder etwa wo ich selber die Initiative gesetzt habe, wenn wir soziale Dienste fördern. Auf der anderen
Seite werden die Heimkonsequenzen nicht berücksichtigt. Was geschieht, wenn das eine oder andere
Heim dann durch Hauskrankenpflege und häusliche Dienste zum Schluß unterbelegt ist? All das muß
man überdenken, weil natürlich im Zentrum die bessere Pflege, das bessere Angebot für unsere
Bevölkerung besteht. Aber das ist einmal Aufgabe all derer, die in diesen Diensten drinnen stecken,
die ihr Leben dafür zur Verfügung stellen. Unsere Aufgabe als Politiker ist es, ganz hart
nachzudenken, welche finanziellen und wirtschaftlichen Konsequenzen wir als Politiker zu ziehen
haben.
Und dann gibt es noch viele andere Dinge, die beobachtet werden müssen, z. B. wie werden dann
gesetzliche Bestimmungen, etwa im Sozialhilfegesetz, tatsächlich gehandhabt? Was wird aus solchen
Maßnahmen, die vom Gesetzgeber her gut gemeint sind? Auf keinen Fall soll es sich so entwickeln
wie etwa in einem Fall in Gmünd, der sich so darstellt: Weil Leute delogiert werden vom Gericht, muß
selbstverständlich die Behörde, die Sozialabteilung, schauen, daß diese Leute Wohnungen
bekommen, daß sie eine Unterkunft bekommen. Und da gibt es natürlich sehr oft das Problem der
Gemeinden. Die Gemeinden wollen unter Umständen manche solche Familien nicht, sodaß wir dann
die Dinge so lösen, daß eine achtköpfige Familie von Mai bis Ende August in einem Hotel logiert und
das Land dafür 190.000 Schilling Hotelrechnung zu bezahlen hat. Also das ist meines Erachtens keine
soziale Maßnahme mehr, sondern ein sozialer Luxus, wenn Sie mich fragen. Bei allem Verständnis
dafür, was in der Richtung notwendig ist, müßte man da nach meinem Erachten viel härter
durchgreifen, daß möglichst schnell geschaut wird, daß die eine Wohnung bekommen. Auch wenn die
ganze Problematik dadurch, daß sich die Gemeinden streiten und keiner die Familie haben will, von
den Gemeinden her verzögert wird, müssen wir das von der Abteilung und vor allem vom zuständigen
Referenten verlangen, noch dazu, wenn er einen Tag nach der Delogierung vom Bürgermeister
verständigt und um eine rasche Entscheidung gebeten wird. Daß man dann so lange zuschaut, daß
es vier Monate dauert, ist mir unverständlich. Stellen Sie sich jetzt noch vor, das Haus, das dann
schließlich Ende August gekauft wurde, hat 230.000 Schilling gekostet. Das hätten wir bereits am 17.
Juni mit Zustimmung ebenfalls kaufen können, dann wären das immerhin statt zwei Monaten
eineinhalb Monate gewesen und die Kosten hätten statt 190.000 Schilling nur 65.000 Schilling
ausgemacht. Aber in so einem Fall war das notwendig, ich möchte den Akt gar nicht weiter verfolgen.
Es mußte damals die Sozialabteilung schauen, daß der Betreffende, weil er delogiert wurde, wieder
eine Unterkunft findet. Aber daß man da vier Monate, noch dazu mit Vollpension, ein Hotel bezahlt, wo
die Kosten fast S 200,- für die Vollpension betragen, das ist nicht mehr die Durchführung, wie sie der
Gesetzgeber mit dem Sozialhilfegesetz gemeint hat. Da kann man nur einen Spruch umwandeln, den
der Volksmund prägt und der heißt „Wer schnell hilft, hilft doppelt.“ In dem Fall heißt es „Wer langsam
hilft, zahlt doppelt“. Und das müßte man bei der Durchführung dem zuständigen Referenten ins
Stammbuch schreiben. (Abg. Wagner: Sparsamkeit ist auch notwendig!) Sparsamkeit ist also
notwendig.
Sparsamkeit ist notwendig, damit wir die Sozialleistungen, die wir durch Jahrzehnte großartig
aufgebaut haben, beibehalten können. Und ich schließe mich dem an, was mein Vorredner gesagt
hat, daß wir wirklich darauf stolz sein können, was nach 1945 in Österreich möglich war an
Einrichtungen in unserem sozialen Staat. Wir dürfen aber diese gewaltigen Errungenschaften für
unsere soziale Sicherheit, die Errungenschaften für die Einkommenssicherung für alle Österreicher,
das Netz der sozialen Sicherheit und für Gesundheitsprobleme bei Arbeitslosigkeit usw. nicht damit
gefährden, daß wir leichtfertig mit den zur Verfügung stehenden Mitteln umgehen, noch dazu, weil
unsere Gesellschaft ja gar nicht so ist, daß man für die nächste Zeit von einem Sozialstopp sprechen
könnte. So großartig ist das menschliche Zusammenleben letztlich gar nicht, wenn man es objektiv
vom Erfassen sozialer und menschlicher Schwierigkeiten ansieht. Im Gegenteil, da müssen wir eher
dazusagen, daß noch sehr sehr viel geschehen muß, daß unsere derzeitigen sozialen Systeme
verbessert werden müssen, geschweige denn, daß man Gedanken näher tritt, die manchmal heißen,
man muß da und dort sozial zurück, so wie man es ab und zu auch in Zeitungen liest.
Ich glaube also, daß man auf keinen Fall an eine Sozialdemontage denken darf, sondern daß man auf
einen weiteren Ausbau unserer sozialen Einrichtungen hinarbeiten muß mit voller Verantwortung für
die wirtschaftliche Situation und wie weit die finanziellen Möglichkeiten gehen.
Wenn ich diesem Gedanken folge, daß wir noch sehr viel besser machen müssen, bin ich eigentlich
umso mehr erschüttert über die Entwicklung der Mindestpensionen, die sich in den letzten Wochen
abgezeichnet hat. Seit Jahren verlangt der ÖVP-Seniorenbund und da vor allem Altvizekanzler
Withalm eine stärkere Anhebung der Mindestpension und rechnet in gewaltigen Beiträgen zum
gesamten sozialen Denken vor, daß die Mindestpensionen der letzten Jahre hinter dem Ansteigen der
allgemeinen Lebenskosten zurückbleiben, also das Existenzminimum gar nicht mehr abdecken. Da
sollte man meinen, daß eine sozialistische Regierung dem Gehör schenkt. Sie sind aber darauf nicht
eingegangen, sondern haben die Bevölkerung darüber hinweggetröstet, indem Sie gesagt haben, die
Mindestpensionen sind ja ohnehin jährlich in den letzten zwei Jahren stärker angehoben worden als
die Normalpensionen. Das sagt aber noch gar nichts zu dem, was Withalm vorgeworfen hat, daß
diese Mindestpensionen gegenüber dem Anwachsen der Lebensbelastungen zurückgeblieben sind.
Das sagt nur, wenn man es genau auslegt, daß die normalen Pensionen noch stärker gegenüber den
Lebenshaltungskosten abgefallen sind, daß der gesamte Pensionsbezug gegenüber dem Ansteigen
der Lebenshaltungskosten zurückgefallen ist. Ich habe mir vom statistischen Zentralamt die Zahlen
herausschreiben lassen. Vom Jahre 1979 bis zum geschätzten Betrag für das heurige Jahr 1982
beträgt die Inflation 19,876, der Richtsatz für die Ausgleichszulagenempfänger wurde um 19,6 %
erhöht. Also könnte man sagen, zumindest gleichgeblieben, wenn ich nicht sage, 19,6% ist weniger
als 19,8%. Die allgemeinen Pensionen sind weiter zurückgeblieben, sie liegen bei etwa 18,1%
Erhöhung, sind also schon deutlich hinter der Inflationsrate zurück. Aber - das macht sich ja
besonders bei den kleinen Pensionisten sehr deutlich bemerkbar - der Wohnungsaufwand ist in
diesen 3 Jahren um 23% gestiegen, das besagt der allgemeine Lebenskostenindex, und Beheizung
und Beleuchtung sind um 53,8% gestiegen. Wenn wir die letzten drei Jahre nehmen und uns das
einmal nach dem allgemeinen Lebenskostenindex ansehen, sind die Mindestpensionen ungefähr
gleich geblieben, aber die Beheizung und Beleuchtung spielt beim Einkommen eines
Kleinstpensionisten eine viel größere Rolle, weil das bis zu 40% seiner Lebenshaltungskosten
ausmacht. Das heißt, es kann nicht genau gesagt werden, weil ja das eine sehr vage Berechnung ist.
Wie hoch sind nun wirklich die Beheizungskosten? Man schätzt, daß in einem Kleinsthaushalt diese
Beheizungskosten zwischen 4.000 und 6.000 Schilling liegen müssen. Ich konnte das nicht
überprüfen, aber wenn diese Unterlagen stimmen... (Abg. Wagner: Stimmen nicht!) Mir wurde das
von... (Abg. Wagner: Vielleicht vom Salzamt!) Ich habe es nicht vom Salzamt, sondern ich habe es mir
von der Bundeswirtschaftskammer und vom statistischen Zentralamt, von einem Fachmann, geben
lassen und habe zusätzlich eine Wohnungsgenossenschaft gefragt, wie hoch ungefähr diese Kosten
sind. Ich muß zugeben, ich habe keine dezidierten Unterlagen, aber es sind etwa 4.000 bis 6.000
Schilling. Nehmen wir nur einmal an, daß in diesen drei Jahren ungefähr 4.000 Schilling
Heizbelastung wäre und diese Belastung - das ist bitte dezidiert - um 53,8% durchschnittlich gestiegen
ist, dann ist diese Belastung um 30% stärker gestiegen als ihre Pensionen. 30%, das wären also
ungefähr 1.200 Schilling. Von einer Wohnungsbelastung von 4.000 Schilling ist also eine Belastung
von 1.200 Schilling nicht durch erhöhte Pensionen abgedeckt. Wenn die Heizkosten bei 6.000
Schilling liegen, dann sind das bitte schon 1.800 bis 2.000 Schilling im Jahr, die nun so einem
Mindestrentner fehlen.
Was hätte eine soziale Regierung in dieser Situation gemacht? Sie hätte rechtzeitig die
Mindestpension angehoben, damit das Existenzminimum und damit das Leben unserer Ärmsten
abgesichert ist. Was hat eine SPÖ-Mehrheit, eine SPÖ-Regierung in so einer Situation getan, eine
SPÖ-Regierung, die 1970 den Kampf gegen die Armut angetreten hat? Dieselbe Regierung muß
heute zur Kenntnis nehmen und mit dieser „Aktion Heizkostenzuschuß“ gesteht sie es sogar ganz
offen ein, daß dieser Kampf gegen die Armut nicht funktioniert hat, sondern daß die Armut größer
geworden ist, weil der Heizkostenzuschuß als Abdeckung für die Ärmsten früher nicht notwendig war,
weil das Existenzminimum und der Richtsatz zur Abdeckung dieser Kosten gereicht hat. Heute gibt
eine Regierung, die dazu antreten sollte, die Mindestpensionen unter Umständen so aufzubauen, daß
die Leute damit besser leben könnten, zu, daß man dies über die Pensionen nicht regeln kann, und
macht aus über 320.000 Ausgleichszulagenbeziehern Fürsorgefälle. Das muß man einmal sehen, was
geschehen ist. Ich werde es noch ganz deutlich herausstreichen.
Insofern hat der ÖVP-Antrag von 1979, der vor der letzten Wahl gestellt wurde, auf
verfassungsmäßige Pensionsgarantie heute einen ganz hohen aktuellen Stellenwert. 1979 hat uns die
Bevölkerung nicht abgenommen, daß man die Pensionen sichern muß vor dieser sozialistischen
Regierung. Heute gesteht es die sozialistische Regierung sogar schon selber ein. (Abg. Wedl: mir tut
schon der Schädel weh vor lauter beuteln!) Ich sage das noch deutlicher. Ich habe eigentlich
angenommen, wenn es zu Gefährdungen der Pensionen kommen könnte, dann unter Umständen bei
den Höchstpensionen. Nein, die erstmalige Gefährdung der Pensionszahlung selber kommt - das ist
das beschämende - von den niedersten Pensionen her. Bei den niedersten Pensionen erfährt man auf
einmal, daß die Mindestpension die Belastungen nicht mehr deckt. Das ist das beschämende, wo sich
tatsächlich die sozialistische Regierung ein bissel schämen sollte, daß trotz nie gekannter
Freizügigkeit, man könnte auch sagen Verschwendung beim Geldausgeben in den letzten Jahren,
trotz gewaltigster Prestigeobjekte, nicht nur beim Kongreßzentrum, sondern auch im Sozialbereich,
wenn ich nur AKH nenne, Unfallversicherungsgebäude, Pensionsversicherungsanstalt der
Angestellten, Wiener Gebietskrankenkassengebäude, daß bei diesen gewaltigen Ausgaben (Abg.
Haufek: Das sind keine Regierungsgebäude!) - das sind aber immerhin Gebäude, die aus Geldern der
Sozialversicherung gezahlt wurden - die Ärmsten heute ihr Geld nicht bekommen können (Beifall bei
der ÖVP. – LR Blochberger: 1.700 Schilling!) Es geht mir gar nicht ums mitstimmen und um das, was
da gebaut wurde, sondern es geht mir darum, daß im selben Atemzug eine Regierung einen Antrag
der ÖVP im Parlament niederstimmt, der besagt, diese Mindestpension reicht nicht mehr aus und
daher sollte man zumindest einmal im Jahr 500 Schilling dazugeben. Ich habe gerade vorgerechnet,
daß der Antrag im Parlament eigentlich auf 1.200 Schilling hätte lauten müssen, wenn man das
abdeckt, was sich seit 1979 entwickelt hat. Wenn er ohnehin nur auf 500 Schilling lautet und das für
alle Pensionsbezieher mit Niedrigstpensionen und etwas darüber, so hätte das 250 Millionen Schilling
gekostet. Weil Sie so oft sagen, das wäre nicht möglich gewesen, Hand aufs Herz, hätten wir das bei
den Milliardenbeträgen, mit denen Sie dauernd herumjonglieren, mit denen Sie den Leuten die Augen
einschlagen, nicht machen können für diese Personen?
Am 4.11.1982 ist ein Brief gekommen, unabhängig von der Aufforderung des Finanzministers, die
Leute sollen mehr Holz klauben gehen. (Rufe von links: Was für ein Brief?) Ich werde ihn gleich
vorlesen, da können sich die Leute selber ein Bild machen. Ich habe den Brief genau durchgelesen,
da hat der Finanzminister noch etwas verlangt, was man nicht nur auf die älteren Leute hätte
beziehen können, sondern auch als einmalige Aktion annehmen konnte. Er verlangt nämlich einen
Unterstützungsfonds für eine Reihe von Ausgleichszulagenempfängern, wobei er dann sagt, eine
generelle Regelung, etwa durch einen besonderen Heizkostenzuschuß, wo jeder 500 Schilling
bekommen hätte, würde den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht werden. Es gibt nämlich nicht
wenige Pensionisten, deren gesamte Heizkosten durch ein Ausgedinge abgegolten sind, (LR.
Blochberger! Hört! Hört!) andere, etwa im ländlichen Bereich, sammeln sich das Holz selbst im Wald
und haben so praktisch keine Heizkosten. (LR. Blochberger: Wer hat das geschrieben?) Der Tiroler
Schotte Salcher. Aber vom Rechtsbereich her wäre es doch möglich. Er sagt nämlich, ein
Unterstützungsfonds zwischen Bund und Land sollte hier eingerichtet werden. Das wäre für eine
einmalige Aktion noch so, daß man vom rechtlichen her ja sagen könnte. Was ist aber aus dem
geworden? Das muß man sich einmal ansehen, weil sich die meisten darüber rechtlich keine
Gedanken machen. Vor einem Jahr, 1981, ungefähr um dieselbe Zeit, hat es auch eine Initiative
gegeben, vom Vizebürgermeister Busek bis ins Parlament hinein, für Heizkostenzuschuß. Dallinger
hat damals etwas gemacht, was zum Tragen gekommen ist, weil wir selber über unsere
Sozialstationen hunderte Anträge gestellt haben. Er hat die Mindestpensionisten, die solche
Heizkostenprobleme haben, aufgefordert, an ihre Pensionsversicherungsanstalten
Heizkostenzuschußanträge zu stellen, und hat gesagt, aus dem Unterstützungsfonds dieser
Pensionsversicherungsanstalten können solche Heizkostenzuschüsse gegeben werden. Das ist
nämlich der Ausgangspunkt dieser klugen Idee des Salcher. Damals haben wirklich Leute zwischen
300 und 800 Schilling, wie ich es gesehen habe, bekommen.
Was ist aber jetzt daraus geworden? Am 23. 11. ist ein Initiativantrag im Parlament eingegangen und
da heißt es einfach ganz anders: „Das Finanzausgleichsgesetz in der Fassung des Bundesgesetzes
so und so wird wie folgt geändert: Den Ländern wird im Jahre 1983 ein einmaliger Zuschuß in der
Höhe von 30 Millionen Schilling für sozialhilferechtliche Zwecke gegeben.“ Bitte, das sieht schon ganz
anders aus! Ein Unterstützungsfonds, der einmalig für sozialhilferechtliche Zwecke eingerichtet wird,
hätte den Ländern Geld gegeben für Mindestrentner. Damit wird voll anerkannt, daß mit einem Schlag
320.000 Empfänger von Ausgleichszulagen, von Mindestpensionen, zu Fürsorgefällen werden. Das ist
erstmalig in der österreichischen Pensionsgesetzgebung, daß aus Mindestpensionisten auf breiter
Ebene Fürsorgeempfänger werden. Es hat immer wieder Ausnahme- und Härtefälle gegeben. (Abg.
Dr. Bauer: Sozialhilfeleistungen!) Sozialhilfeleistungen, ich wollte es nur verstärkt zum Ausdruck
bringen, was das heißt, weil eine breite Masse der älteren Menschen sehr wohl weiß, was Fürsorge
ist, und nicht immer ganz genau sieht, was mit Sozialhilfe gemeint ist. Und das muß man einmal
sehen, daß aus Pensionsempfängern Fürsorgefälle geworden sind, Sozialhilfeempfänger. Und daraus
erkenne ich als einer, der sich im Landtag sehr oft mit solchen Ideen beschäftigen muß, den
allgemeinen Trend der Bundespolitik, nämlich den Trend, wo der Bund nicht bezahlen kann, da
müssen die Länder einspringen. Das bringt uns wirklich bei Straßenbauten, bei Schulen usw. dazu,
daß wir sagen, jawohl, wir steigen ein, indem wir das vorfinanzieren oder sogar selber finanzieren
oder Beiträge zu Bundesleistungen, wie beim öffentlichen Verkehr, liefern. Das, bitte, dürfte auf keinen
Fall geschehen im Pensionsbereich und daher glaube ich, daß wir alle mitsammen tatsächlich eine
Pensionsgarantie verlangen müssen von dieser Regierung, weil sie nicht einmal imstande ist, die
Mindestpensionen zu regeln. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Dr. Bauer! Die einzige Garantie ist die
Vollbeschäftigung, Herr Kollege, sonst überhaupt nichts!) Herr Kollege Bauer, ich habe ja die
gescheite Idee vom Holzklauben nicht gehabt, und ich habe die gescheite Idee nicht gehabt, daß man
das als Sozialhilfebeitrag gibt. (Abg. Kurzbauer: Den Pensionisten!) Es hätte ja auch andere
Möglichkeiten gegeben. (Abg. Dr. Bauer: Tun Sie doch nicht so herumjonglieren mit Worten!) ich
möchte einmal wiederholen, der Kollege Bauer glaubt, wenn man 320.000
Ausgleichszulagenpensionisten in die Fürsorge bringt, werden die Arbeitsplätze besser gesichert. Das
glauben Sie ja selber nicht! (Abg. Dr. Bauer: Sie haben ja die Pensionsgarantie verlangt!)
Es ist selbstverständlich, daß das Land Niederösterreich einmal mit einsteigt in eine Aktion, die es
unseren Mindestpensionisten leichter macht, über diesen Winter zu kommen. Auch wenn diese Aktion
noch nicht im vorliegenden Budget Deckung findet, werden wir es schaffen müssen, diese
notwendigen Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Aber wir müssen vom Bund verlangen, daß
schleunigst Maßnahmen zur Abdeckung des Existenzminimums über die Pensionsversicherungen
gesetzt werden. Und weil ich eben glaube, daß wir davon nicht nur hier am Rednerpult sprechen
sollten, sondern sich die Niederösterreichische Landesregierung in der Richtung hart einsetzen muß,
möchte ich einen Resolutionsantrag stellen (liest):
Resolutionsantrag
des Abg. Fidesser zu Gruppe 4 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1983:
„Die allgemeine wirtschaftliche Lage und die stark gestiegenen Energiekosten bringen es mit sich, daß
viele Personen mit geringem Einkommen, insbesondere Ausgleichszulagenempfänger, Arbeitslose mit
geringer Arbeitslosenunterstützung und Bauernpensionisten im Hinblick auf das fiktive Ausgedinge,
nicht mehr in der Lage sind, die nötigen Mittel für die Beheizung ihrer Wohnräume aufzubringen. Dies
zeigt, daß die kleinen Pensionen offenbar nicht ausreichen, um ihren Empfängern die wichtigsten
Lebensbedürfnisse zu sichern.
Es wäre Aufgabe des Bundes als für die Angelegenheiten der Sozialversicherung zuständige
Gebietskörperschaft, hier Abhilfe zu schaffen. Nur dort, wo eine solche Zuständigkeit nicht besteht,
hätte die Sozialhilfe, eine Kompetenz der Länder, einzugreifen.
Die NÖ Landesregierung hat sich trotz dieser eindeutigen Kompetenzlage bereit erklärt, sich an einer
gemeinsamen Heizkostenaktion, mit dem Bund auch für solche Personen zu beteiligen, die nicht
Anspruch auf Sozialhilfe haben, weil ungeachtet von Kompetenzregelungen die Notlage vieler
Menschen Berücksichtigung finden muß. Es muß jedoch gleichzeitig gefordert werden, daß der Bund
unverzüglich entsprechende Schritte in die Wege leitet, damit die in seine Verantwortung fallende
Sicherung der elementaren Lebensbedürfnisse der Pensionisten und Arbeitslosengeldempfänger
hergestellt wird. Indem der Bund im Wege einer Änderung des Finanzausgleichsgesetzes den
Ländern Mittel zur Verfügung stellt, damit Pensionisten im Wege einer Sozialhilfemaßnahme
Heizkostenzuschüsse gewährt werden können, ist klargestellt, daß die Maßnahmen der
Sozialversicherungsträger nicht mehr für die Befriedigung der elementaren Bedürfnisse aller
Versicherten ausreichen und diese daher der Sozialhilfe bedürfen.
Die Landesregierung wird aufgefordert, in diesem Sinne die erforderlichen Maßnahmen bei der
Bundesregierung zu erlangen.“
Dazu kommt noch etwas, Diese Nothilfeaktion ist nämlich total improvisiert vom Zaun gelassen, das
merkt man aus einigen Abläufen. Am 29., also vorgestern, hat der Sozialminister die Sozialreferenten
der Länder eingeladen, die Durchführungsbestimmungen festzulegen. Was letztlich herausgekommen
ist, sind lauter offene Fragen; kein konkreter Vorschlag, wie man es am günstigsten machen kann,
lauter offene Fragen. Es beginnt schon damit, daß die Durchführung bis zum 31. Jänner 1983 erfolgen
soll, das ist jetzt in acht bis neun Wochen. Wenn man weiß, daß hier die Formulare nicht vorhanden
sind, wenn man weiß, daß noch die meisten Dinge offen sind, kann man sich vorstellen, was
dahintersteht. Vielleicht gibt es dann doch eine Menge Leute, die gar nicht erfahren, daß man da
ansuchen kann. Wir werden uns bemühen, daß wir das wettmachen, was die Regierung falsch macht.
Wir werden schon unseren Leuten nachgehen, die ansuchen können.
Aber es ist ja noch nicht einmal ganz klargestellt, wer es bekommen soll. Der Salcher hat noch vor
einigen Tagen von einem Unterstützungsfonds für eine Reihe von Ausgleichszulagenbeziehern
gesprochen, also für einige Härtefälle. In der Besprechung am 29. 11. wurde eindeutig klargestellt und
das hat der Minister Dallinger darauf im Fernsehen gesagt, daß alle, die unter dem Richtsatz von
4.173 Schilling bzw. als Verheiratete unter dem Richtsatz von 5.989 Schilling liegen, ansuchen
können. Ich bin schon ganz ordentlich gespannt, wie das dann ist, wenn die Ansuchen kommen. Er
hat nur dazugesagt, ausgenommen solche, wo feststeht, daß sie sich entweder Holz besorgen
können oder auf der anderen Seite ein landwirtschaftliches Ausgedinge haben.
Und dazu auch noch ein Wort. Das heißt, daß man jetzt die bäuerlichen Ausgleichszulagenbezieher
doppelt benachteiligt, denn ich habe einen Interventionsfall erst vor einigen Tagen gehabt, da bezieht
eine Witwe S 1.200 Witwenpension und ihr wurde auf Grund ihres Einheitswertes von S 76.000 ein
landwirtschaftliches Ausgedinge, ein landwirtschaftliches Einkommen von S 3.200 fiktiv berechnet.
Wer weiß, wie gering S 76.000 Einheitswert sind, der soll jetzt einmal sagen - das habe ich
besprochen vor einigen Tagen mit der Sozialversicherungsanstalt -, ob ein Bauer, der S 76.000
Einheitswert übernommen hat, S 3.200 monatlich zahlt. Da wurde ich darauf aufmerksam, bitte das
muß er nicht bar, da ist drinnen die freie Wohnung usw. und all das macht diesen Betrag aus. Ja bitte,
wenn es das ausmacht und jetzt die Heizungskosten so groß geworden sind, dann ist ja das in diesem
Betrag, dann müßte man zumindest raschest wesentliche Maßnahmen zur Änderung dieser
Ausgedingerechnung machen, aber doppelt benachteiligen, glaube ich, dürften wir sie nicht.
Und ich bin schon gespannt, Frau Landesrat, in welcher Richtung dann ihre Vorschläge sein werden,
wie unsere Sozialabteilungen in der Richtung die Trennung machen können. Dann ist noch gar nicht
klar, wieviel sie bekommen sollen. Da ist ein ganz großartiger Vorschlag herausgekommen. Insgesamt
werden in Niederösterreich 11 Millionen Schilling zur Verfügung stehen und Dallinger hat gesagt,
mindestens muß einer S 250 bekommen und höchstens S 500. Bitte, bei einer schnellen Übersicht
gibt es über 60.000 Ausgleichszulagenbezieher in Niederösterreich. Das wären nicht einmal S 200.
Wenn ich zwischen S 250 und S 500 gebe, also durchschnittlich S 400, dann bitte müßten wir
ungefähr 30.000 Ausgleichszulagenbezieher in Niederösterreich Holzklauben schicken. Ich lade Sie
ein, machen Sie eine Sammlung mit den 30.000, ich bin schon gespannt wie Sie das
zusammenbringen werden. (Abg. Kurzbauer: Du bückst Dich ja so schwer, Wedl!) Dazu kommt, wie
die Abwicklung sein soll. Auch das wurde überhaupt nicht geplant. Wenn wir nur S 200
durchschnittlich ausbezahlen, kostet eine Postanweisung S 15, das heißt, fast 10% von dem, was da
herauskommt müssen wir an die Post abliefern. Ich glaube und hoffe, daß sich solche
Wahlalmosenaktionen in Zukunft nicht wiederholen. Ich möchte damit abgehen von dieser
Problematik, die uns der Bund eingebrockt hat, (Abg. Wedl: Hat aber Geld hergegeben!) weil er eben
viel zu wenig hergegeben hat und jetzt daherkommt und sagt, das was ich nicht mehr kann, weil ich
ein Bankrotteur geworden bin, sollen die Länder zahlen. Wenn wir auf Landesebene im Sinne unserer
Bemühungen weitermachen wollen, brauchen wir das Grundangebot des Bundes, daß er nämlich
imstande ist, die Einkommenssituation der Bevölkerung zumindest abzusichern. Wenn er das nicht
mehr kann, bricht unser Sozialsystem zusammen und wird es auch uns auf Landesebene nicht sehr
leicht fallen, alle diese Maßnahmen zu verwirklichen, die wir uns vorgenommen haben, über die ich
jetzt aber nicht mehr reden möchte, weil ich den Landtag nicht so lange in Anspruch nehmen will.
Über das habe ich in den früheren Jahren sehr oft gesprochen, was wir uns einfallen lassen und wo
Niederösterreich auf dem besten Wege ist, auch im Sozialbereich die Nummer 1 in Österreich zu
werden. In dieser Richtung können wir nur weitermachen, wenn der Bund nicht das gesamte
Sozialsystem auf der anderen Seite in Frage stellt. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Als nächster Redner zum Wort gelangt der Herr Abg. Wagner.
Abg. WAGNER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte
auf die Ausführungen des Herrn Abg. Fidesser im Laufe meiner Wortmeldung noch eingehen, nur
eines muß ich sagen, er macht sich das genauso leicht, wie man es uns immer vorgeworfen hat. Nur
das Land nicht belasten, nach Möglichkeit immer den Bund zur Kasse bitten. Dieses Rezept ist sehr
einfach und ich möchte gleich vorneweg sagen, ich werde auch heute zwei Resolutionsanträge
stellen, die sich aber in sehr maßvollen Grenzen halten werden und bei denen es vor allem um
organisatorische Dinge und nicht um Fragen des Geldes geht.
Eine der vornehmsten und sicherlich wichtigsten Aufgaben der Politik gerade in Zeiten wie diesen ist
es zweifellos, den sozial Schwächeren, den alten, kranken und hilfsbedürftigen Bürgern zu helfen.
Dieser Standpunkt hat mit. Nuancen und Abstufungen Eingang in die Politik gefunden. Bund, Länder,
Gemeinden und die Sozialversicherungsträger tragen diesen gemeinsamen Kampf gegen die Armut
und gegen die Krankheit und sie alle kämpfen für mehr soziale Sicherheit und für mehr
Menschenwürde in unserer Republik. Es war geradezu selbstverständlich, daß im Jahre 1970, als die
SPÖ an die Regierung berufen wurde, dieser Kampf gegen die Armut und für mehr soziale Sicherheit
als oberstes Ziel der Regierungspolitik erklärt wurde.
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt wurden im Jahre 1981 282 Milliarden, das sind mehr als 26 %
unseres Bruttoinlandsproduktes, für diese soziale Sicherheit in Österreich ausgegeben. Im Jahre 1970
waren es etwa 21%. Das heißt, wir haben heute fast 7% mehr Ausgaben für die soziale Sicherheit und
da kann der Herr Abg. Fidesser reden und es drehen wie er will, diese 7% müssen sich doch wo
niedergeschlagen haben. Das können doch nicht die Sozialversicherungsbauten sein, das kann doch
nur die Tatsache sein, daß die Menschen in diesem Lande (Abg. Fidesser: Die Heizkosten nicht mehr
bezahlen können!} die von der Krankenversicherung über die Pensionsversicherung ihre Leistungen
bekommen, sei es jetzt vom Land, von Gemeinden, vom Bund oder von den
Sozialversicherungsträgern, mehr Geld bekommen als je zuvor. (Beifall bei der SPÖ.)
Natürlich haben sich in diesen Ausgaben für die soziale Sicherheit die Erhöhung der Familienbeihilfen
niedergeschlagen, die Schulfreifahrten, die Schulbücher, die gestern diskutiert wurden. Natürlich auch
die Pensionen der Sozialversicherungsträger, natürlich auch die Bundesbeiträge zu den Pensionen
und natürlich auch die Arbeitslosenversicherung. All diese Aktionen zusammen sind also ein
Sicherheitsnetz für die soziale Sicherheit unserer Bürger.
Ich könnte - aber ich möchte Ihnen das ersparen - auch einmal auf diesen Familienlastenausgleich
zurückkommen, der angezweifelt wird, wo im vergangenen Jahr 35 Milliarden Schilling ausgegeben
wurden, um eben den Familien die Möglichkeit zu geben, sich das Leben etwas leichter zu gestalten.
Es ist zu dieser Familienpolitik zu sagen, daß zum Beispiel eine Familie mit zwei Kindern dem Staat
im Jahr 100.000 Schilling kostet. Das sind die Aufwendungen für die Familienbeihilfe, für die
Schulbücher, die Schulfreifahrten und natürlich auch den Schulbesuch. Sie werden sagen, natürlich,
der Schulbesuch ist doch selbstverständlich, aber es ist ein Faktum, daß die Sache dem Staat Geld
kostet und in der Endkonsequenz all diese Fakten gemeinsam der Familie zugute kommen. Es ist
also, wenn Sie wollen, eine Umverteilung zugunsten der Familie mit Kindern erfolgt. Zu dieser
Umverteilung bekennen wir uns sehr gerne. (Beifall bei der SPÖ.) Und ich habe bereits gesagt, daß
wir mit dieser Umverteilung den Existenzkampf der Familie gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten
erleichtert haben.
Es ist sicherlich ein sehr löbliches Unterfangen, wenn im Land Niederösterreich, von der ÖVP ins
Leben gerufen oder zumindestens gewünscht, ein niederösterreichisches Familiengesetz beraten und
beschlossen werden soll. Für mich ist dieses Familiengesetz, soweit mir der Inhalt bekannt ist, doch
nicht mehr als ein großartig aufgezogener Werbe- und Propagandagag ohne eine wirkliche Substanz.
(Abg. Ing. Kellner: Das werden wir uns merken!) Wenn Sie bedenken, daß im nächsten Jahr im
Budget 1 Million Schilling für die Durchführung dieses Familiengesetzes eingesetzt ist und wir 370.000
Familien in Niederösterreich mit Kindern haben, so sind das umgerechnet 3 Schilling pro Kind. Ich
kann mir also nicht helfen und muß annehmen, daß dieses Geld doch wohl nicht den Familien in der
Form zugute kommen kann, denn das geht sich nicht einmal aus mit der Postüberweisung, wie der
Herr Abg. Fidesser gerade gesagt hat. Es ist sicherlich unsere Aufgabe in den Beratungen, daß
dieses Geld für wirksame Förderungen eingesetzt werden kann, nur kann ich es mir heute noch nicht
vorstellen. (Abg. Fidesser: Mit einem Verteilungssozialismus kann man sich immer nur vorstellen, daß
es wirksam ist, wenn man Geld hinausschmeißt. E s gibt auch andere Aktivitäten!) Na gut, mit einer
Million für 370.000 Familien, wie gesagt, da muß sicherlich der Kalanag her, um das auch
entsprechend verteilen zu können. (Abg. Ing. Kellner: Er hat noch immer nicht verstanden, was er
gesagt hat, daß man nicht verteilen soll!) Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß mit dieser einen
Million wirksame Maßnahmen für die Familien getroffen werden. Es ist zu befürchten, daß dieses Geld
unter Umständen wieder in die so unbeliebte Bürokratie verschwinden könnte. Ich sage ausdrücklich
„könnte“. Das möchte ich heute hier schon sagen, obwohl ich genau weiß, daß wir darüber noch zu
reden haben werden.
Ich möchte auch an dieser Stelle vermerken, daß es im Lande Niederösterreich seit diesem Jahr die
„Aktion Tagesmütter“ gibt und daß diese „Aktion Tagesmütter“ in erster Linie dazu geschaffen wurde,
um alleinstehenden Müttern und Jungehepaaren die Möglichkeit zu geben, einen Beruf auszuüben,
weil eben dieser Beruf notwendig ist, um die finanzielle Existenz dieser Familie zu sichern. Wenn ich
hier eine Kritik anbringen kann, dann sicherlich die eine, daß man im Lande Niederösterreich damit
sehr lange gewartet hat, wir das vorletzte Bundesland sind, das diese Aktion ins Leben gerufen hat.
Das fällt uns jetzt auf den Kopf, da es gerade in Zeiten wie diesen nicht mehr so gefragt ist, ein Kind
zu einer Tagesmutter zu geben, weil ja heute viele Frauen sicherlich froh sind, wenn sie ihren
Arbeitsplatz behalten können. (Abg. Ing. Kellner: Dank der sozialistischen Politik!) Das ist sehr
einfach, sich hier auf die sozialistische Politik auszureden. Ich würde meinen, bei der ÖVP ist es
scheinbar noch immer nicht klar, daß wir in einer Weltwirtschaftskrise leben. Es ist die einfachste
Möglichkeit, zu sagen, schuld ist die sozialistische Bundesregierung. Es ist in diesem Hause schon
sehr oft vorgerechnet worden, wie gut wir im internationalen Vergleich liegen, ja daß man uns in vielen
Ländern als Vorbild nimmt, und die ÖVP in Österreich hat es noch immer nicht begriffen. (LHSt. Dr.
Pröll: Fragen Sie den Arbeiter, was er davon hat!)
Ich möchte aber zu dieser „Aktion Tagesmütter“ positiv vermerken, daß es möglich gewesen ist, daß
die durchführenden Organisationen bei der Erstellung der Richtlinien sehr entscheidend mitwirken
konnten. Ich möchte auch positiv vermerken, daß es möglich geworden ist, eine
Pflegegeldunterstützung zu schaffen, damit Eltern oder Mütter, die ihr Kind zu einer Tagesmutter
geben und nicht über den finanziellen Rückhalt verfügen, vom Land über die Organisationen
Zuschüsse bekommen. Und ich möchte auch mit Stolz vermerken, daß es nicht zuletzt auch unserem
Kampf zuzuschreiben ist, daß Tagesmütter auch als Angestellte einer Organisation geführt werden.
Ich glaube, das ist besonders wichtig, denn wenn eine Tagesmutter aus ihrem Berufsleben
ausscheidet und für einige Jahre als Tagesmutter arbeitet und während dieser Zeit ein
Sozialversicherungsverhältnis hat, dann hat sie eben die Möglichkeit, später wieder in ihren Beruf oder
in einen anderen Beruf zurückzukehren und Pensionsversicherungszeiten zu erwerben. Ich weiß
schon, daß dieses Modell etwas teurer ist wie eine freie Vereinbarung, bin aber sehr überzeugt davon,
daß es eine sehr gute Maßnahme war, daß hier die Wahlfreiheit gegeben ist. Damit haben wir, glaube
ich, den Tagesmüttern doch sehr wesentlich geholfen, denn es ist falsch, hier nur jene Familien zu
sehen, die ein Kind zu einer Tagesmutter geben wollen, man muß auch die andere Seite sehen,
nämlich die Tagesmütter.
Ich möchte hier nur kurz anmerken, daß wir im Bereich der Volkshilfe zur Zeit bereits 8 Tagesmütter
haben, die zur Zeit 16 Kinder betreuen. Auf eine Aussendung in ganz Niederösterreich haben wir 50
Anrufe bekommen und bereits 14 fixe Zusagen von Tagesmüttern, die arbeiten möchten. Unsere
Aufgabe - hier möchte ich vor allem die Presse einladen - wird darin bestehen, die Menschen in
unserem Bundesland darüber zu informieren, vor allem die jungen Familien und die alleinstehenden
Mütter, daß es diese Tagesmütter gibt. Wenn es uns gelingt, diese Aktion auch in einer breiten
Öffentlichkeit bekannt zu machen, dann wird es sicherlich möglich sein, diese Aktion zu einem Erfolg
zu führen. Es wird aber sicherlich noch eine Zeit dauern und es wird vor allem auch kein großer Erfolg
werden wie in all jenen Bundesländern, die schon jahrelang diese Aktion tragen und natürlich einen
entsprechenden Rückhalt bereits haben.
Die zweite Gruppe, von der wir behaupten und ich kann das auch belegen, daß ihr in dieser Zeit einer
sozialistischen Bundesregierung seit dem Jahre 1970 besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde,
sind zweifellos die Pensionisten. Einmal im finanziellen Bereich: Die Pensionsdynamik hat vom Jahre
1970 bis zum Jahre 1981 eine Indexsteigerung von 200 vorgesehen, der Richtsatz hat sich aber um
277 erhöht. Das heißt also, der Richtsatz der Pensionen hat sich in zwölf Jahren sozialistischer
Bundesregierung um 38% erhöht und da hinter diesen Prozentsätzen natürlich auch der
entsprechende Schilling steht, so kann doch wohl niemand annehmen, daß es in Österreich den
Pensionisten heute schlechter geht als im Jahre 1970. (Beifall bei der SPÖ.) Und selbst ab dem Jahre
1975, wo bekanntlich nach dem ersten Erdölschock die Weltwirtschaft in große Schwierigkeiten
gekommen ist, haben sich die Durchschnittspensionen um 188,6% erhöht. Der Verbraucherpreisindex
ist in dieser Zeit um 152,5% gestiegen, also ein realer Zuwachs von mehr als 30% für die
Pensionisten. Das sind Fakten bitte, die man auch überprüfen kann, und ich würde Sie bitten, uns das
auch zu glauben und nicht immer so zu tun, als ob nichts geschehen wäre und wir den Menschen
etwas einreden müssen und sie verunsichern müssen. Das macht die ÖVP seit vielen Jahren und es
ist Ihnen nicht gelungen, bei den Pensionisten diese Verunsicherung hineinzutragen. (Beifall bei der
SPÖ. - Abg. Fidesser: Da hat aber der Salcher verunsichert und der Dallinger!) Dazu komme ich noch.
Ich war vor wenigen Tagen anläßlich eines Hausbesuches bei einer Frau, deren Gatte vor vielen
Jahren gestorben ist. Er war ein Gewerbetreibender in einer Bauernortschaft und hat ein
Sattlergewerbe ausgeübt. Und sie hat mir gesagt: „Ich bekomme nicht viel Pension, ich bekomme die
Ausgleichszulage, habe nur die Mindestpension, muß aber sagen, ich bin hoch zufrieden. Warum? Ich
kann mich noch erinnern als wir in der Lage waren und es machen mußten, unsere Eltern zu
ernähren. Wir haben damals nicht einmal genug Geld gehabt, um uns selbst zu ernähren, und wir
mußten die Eltern, die auch schon Gewerbetreibende waren, ernähren.“ (Abg. Fidesser: Mein
Großvater hat nicht einmal ein Fahrrad gehabt!) Heute ist sie in der Lage, unabhängig zu leben von
ihren Kindern, sie lebt alleine in diesem Haus. Natürlich sagt sie, ich kann mir keine großen Sprünge
leisten, aber ich kann wenigstens leben, ohne auf Almosen anderer angewiesen zu sein. (Beifall bei
der SPÖ. - Abg. Ing. Kellner: Das hat die SPÖ gebracht?) Bitte, es war nur eine Feststellung, wie es
heute ist. Ich habe nicht gesagt, wer die Pensionen gebracht hat bitte. Das ist ja immer klar, alles Gute
kommt von der ÖVP und die schlechten Sachen von der SPÖ, da sind wir uns einig. (LHSt. Dr. Pröll:
Alles Gute kommt von oben! - Beifall bei der SPÖ.) Es ist wie gesagt in diesen Jahren von 1975 bis in
die Jetztzeit zu einer 23,7%igen Nettoerhöhung der Pensionen gekommen und dazu kommen noch
Maßnahmen, die auch beigetragen haben, die Ausgaben der Pensionisten und Mindestrentner zu
vermindern. Ich meine jetzt die Telefonbenützung, ich meine die Möglichkeit, für den Fernseher und
für das Radio nichts bezahlen zu müssen. Sie werden sagen, davon können die Pensionisten nicht
leben. Sie haben recht, aber es ist auch wichtig, daß diese Menschen von der Umwelt nicht
abgeschnitten werden, sondern daß sie die Möglichkeit haben, mit den Menschen mitzuleben. Mit
diesen Aktionen wird eine Bekämpfung der Einsamkeit durchgeführt und diesen Pensionisten auch die
Möglichkeit gegeben, am Leben der Menschen, am Leben der großen Welt teilzunehmen. (Beifall bei
der SPÖ.)
Es kommt aber, so meine ich und damit gehe ich mit dem Herrn Abg. Fidesser ausnahmsweise
konform, in der Zukunft sicherlich darauf an, sich mit neuen Werken, mit neuen Fragen zu
beschäftigen, und es wird in Zukunft nicht alles auf die finanzielle Frage hinauslaufen können.
Angesichts eines geringeren Wirtschaftswachstums wird es notwendig sein, die Entwicklung sozialer
Einrichtungen zu planen, die vor allem die sozial Schwachen im Auge haben. Es wird in Zukunft nicht
mehr möglich sein, mit der großen Gießkanne darüber zu gehen, sondern eben jene Menschen
aufzuspüren, die besondere soziale Not leiden. Und das ist ja unser Problem, denn (Abg. Fidesser:
Mindestpensionen haben mit Gießkanne wirklich nichts zu tun!) einen breiten Zuwachs an Pensionen
wird es in Zukunft sicher nicht mehr in diesem Ausmaße geben, können. Es wird notwendig sein, die
Maßnahmen auf jene zu konzentrierten, die in dieser Gesellschaft besonders benachteiligt sind.
Hätten wir diese Möglichkeit schon heute, dann hätten wir sicherlich nicht die Schwierigkeiten, die Sie
sehen, unter Umständen wie man jetzt diesen Heizkostenzuschuß verteilen könnte. Ich komme dann
noch darauf zurück.
Es gibt immer mehr Mitbürger in unserer Republik und auch in unserem Land, die krank sind, die
behindert sind, die einsam sind und die durch diese drei Faktoren an den Rand der Gesellschaft
gedrängt wurden. Und es ist unsere Aufgabe, diese Menschen aufzuspüren, diese Menschen zu
informieren und zwar nicht Über die Zeitungen, sondern rein persönlich, im Gespräch des
Sozialhelfers, wenn Sie wollen. Und es wird notwendig sein, neue soziale Dienste aufzubauen. Diesen
Aufgaben haben meiner Meinung nach die Nachbarschaftshelfer, die Sozialhelfer, die
Hauskrankenpfleger, also die Mitarbeiter der freien Wohlfahrtspflege, und nicht zuletzt auch die
Sozialarbeiter. Ich darf mir in diesem Zusammenhang erlauben, einen Resolutionsantrag einzubringen
(liest):
Resolutionsantrag
des Abg. Wagner zur Gruppe 4 des Voranschlages 1983, Ltg. Z1. 450:
„Vor einigen Jahren wurde begonnen, bei den Sozialabteilungen der Bezirkshauptmannschaften je
einen Sozialarbeiter einzustellen. Durch diese personelle Verstärkung sollte eine bessere
Kommunikation zwischen den Hilfsbedürftigen einerseits und den Dienststellen der
Landessozialverwaltung andererseits sowie eine rasche Hilfeleistung in Notfällen ermöglicht werden.
Diese Umstrukturierung im Bereich der Sozialabteilungen hat den ihr zugedachten Zweck voll erfüllt
und zu einer wesentlichen Verbesserung des Bürgerservices bei den Bezirksverwaltungsbehörden,
insbesondere in Belangen der Sozialhilfe, beigetragen. Aus unbekannten Gründen wurde jedoch
dieses Konzept nicht zur Gänze realisiert, sondern es sind noch auf sechs Bezirkshauptmannschaften
die entsprechenden Dienstposten unbesetzt.
Die Landesregierung wird daher aufgefordert, für die ehestmögliche Besetzung der restlichen für
Sozialarbeiter vorgesehenen Dienstposten an den Sozialabteilungen der Bezirkshauptmannschaften
Sorge zu tragen.“
Ich weiß, daß manche dieser Posten bereits im Dienststellenplan drinnen sind, es sollte nur bekräftigt
werden, daß es notwendig ist, in den Bezirkshauptmannschaften diese Sozialarbeiter einzustellen.
Ich habe gesagt, daß wir in einer stagnierenden Wirtschaft leben, nicht nur in Österreich, und daß
damit auch der Druck auf die öffentliche Hand immer größer wird. Gerade in dieser Zeit muß sich die
soziale Sicherheit in einem Staate bewähren. Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, daß die
soziale Sicherheit keine Hängematte ist, sondern daß die soziale Sicherheit der Garant für den
inneren, für den sozialen Frieden ist. Und daher haben Bund, Land, Gemeinden und
Sozialversicherungsträger dazu beizutragen, daß diese soziale Sicherheit in unserer Republik erhalten
bleibt. Es geht nicht darum, daß einer dem anderen den Ball zuschiebt, sondern wir müssen
gemeinsam versuchen, diese Probleme zu lösen. Es wird, so glauben Fachleute, zu einer weiteren
Verlagerung zu den sozialen Diensten kommen müssen. Wirtschaft und Staat haben in der Zukunft
die Aufgabe, die Grundlagen und die finanziellen Mittel zu liefern, aber der autonome Sektor, der
große dritte Bereich, das sind die Vereine, die Selbsthilfeorganisationen und wenn Sie wollen die
Träger der freien Wohlfahrtspflege, haben neue große Aufgaben vor sich, gerade im Sozialbereich.
Aus Kostengründen und aus humanitären Gründen sind meiner Meinung nach folgende Punkte für die
Zukunft interessant und wichtig. Es wird in Zukunft mehr Heimhilfe, mehr Hauskrankenpflege geben
müssen statt Altenpflege in Heimen und Spitälern. Es wird mehr Pflegefamilien geben müssen statt
Jugend- und Erziehungsheime. Diese Tendenz ist ja in Niederösterreich schon spürbar, der Kollege
Bernkopf hat es im Bereich der Jugendheime schon ausgeführt. Es wird mehr Rehabilitation und
Schaffung geschützter Arbeitsplätze geben müssen statt steigender Behindertenrenten. Es wird
notwendig sein, gezielte Einzelhilfen zu geben für die finanziell und sozial Schwachgestellten statt der
bereits angeführten überdimensionalen Erhöhung von Mindesteinkommen, weil wir mit dieser
Erhöhung von Mindesteinkommen wie gesagt denen nicht helfen können, die wirklich in einer sozialen
Not leben. Und wenn dieser Weg anerkannt wird, dann kommen auf uns viele neue Aufgaben zu.
Das Jahr 1982 war von der UNO zum „Jahr der älteren Generation“ erklärt. Wien war der Tagungsort
einer großen UN-Weltkonferenz über das Altern und es muß sich einfach in das Bewußtsein der
Menschen einprägen, daß Alter keine Krankheit ist, sondern ein natürlicher Ablauf des menschlichen
Lebens. Im Jahre 2000 wird ein Fünftel der Menschheit mehr als 60 Jahre alt sein. Es kommt das
Zeitalter der Senioren und damit kommen natürlich viele große neue Aufgaben. Und wenn altern in der
Gesellschaft ohne soziale Spannungen und für die über 60Jährigen eine positive Lebensphase
werden soll, dann ist es notwendig, dieses Alter zu gestalten und das kann wieder nur mit Hilfe der
Gesellschaft geschehen.
Es gibt hier vier Gefahren, die alten Menschen unter Umständen widerfahren können. Erstens die
finanzielle Abhängigkeit. Ich glaube, daß mit der Erhöhung der Pension, wie ausgeführt, doch sehr
wesentliches geschehen ist, um dieser Gefahr zu begegnen. Die zweite große Gefahr ist der
Pensionsschock, die große dritte Gefahr ist die zunehmende Vereinsamung, vor allem dann, wenn der
Verlust des langjährigen Ehepartners gegeben ist, und die vierte Gefahr sind die zunehmenden
gesundheitlichen Probleme.
Ich möchte hier doch auf einige Fakten eingehen, weil es dazu paßt, was der Herr Kollege Fidesser im
Zusammenhang mit dem Heizkostenzuschuß gesagt hat. Es ist so, Herr Kollege Fidesser, wenn eine
Aktion ad hoc geplant wird, z. B. dieser Heizkostenzuschuß, daß man in der Regel noch nicht bis ins
kleinste Detail ausgeklügelt hat, wie das ganze funktionieren soll. Denn das haben ja Soforthilfen an
sich, daß man sie eben wie gesagt nicht auf Jahre vorplanen kann. Es tut mir nur persönlich sehr leid,
daß der Herr Vizebürgermeister von Wien mit seiner Wienerwald-Sammelaktion, wie man es in einer
Tageszeitung lesen konnte, diese Aktion zu einem Gag heruntergemacht hat. Ich glaube nicht, daß
die Menschen, die es betrifft, dafür großes Interesse haben, daß dieser Heizkostenzuschuß zu einem
Gag gemacht wird, und ich glaube, daß hier viel zu billig vorgegangen wird, um in der Öffentlichkeit
vielleicht noch ein paar Gutpunkte sammeln zu können. (Abg. Fidesser: Ein Gag ist sie sowieso nicht,
diese Aktion!) Aber das ist zweifellos ein Gag, wenn sich der Herr Vizebürgermeister Busek, wie wir
glauben, eine Zentralheizung so und so leisten kann. (Abg. Anzenberger: Er hat ja das Holz
verschenkt!) Das wird den Wienern unheimlich aus dem Schneider geholfen haben! (Abg.
Anzenberger: Ein paar werden es schon gewesen sein, die es gebraucht haben!)
Weil hier auch angeklungen ist, daß heuer die Pensionserhöhungen nicht so gigantisch sein sollen: Es
ist doch so, daß in diesem Jahr mit 5,5% angepaßt wird, obwohl die Pensionsdynamik 5,1 wäre, und
dies bei einer Inflationsrate - so wurde für 1983 prognostiziert - von 4,7%. Das heißt, ein realer
Zuwachs von - nur, werden Sie sagen - 0,8%. Daher ist es in diesem Jahr erstmals nicht zu einer
zusätzlichen Erhöhung der Mindestpensionen gekommen, weil der Zuwachs bereits über der
Inflationsrate liegt. Ich glaube, das ist auch ein Argument.
Sie haben gesagt, 11,5 Millionen werden in Niederösterreich zur Verfügung stehen. Das ist richtig, das
wären im Schnitt 117 Schilling pro Pensionist unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz. Aber es wurde
doch sehr deutlich gesagt in diesen Gesprächen, daß von der Zuteilung jene Personen
ausgeschlossen sind, die bereits aus anderen Titeln zusätzliche Zuwendungen bekommen. Es werden
im wesentlichen nur jene, die überhaupt keine Hilfe bekommen, in den Kreis mit einbezogen.
Sicherlich sind 250 bis 500 Schilling keine sehr große Sache, sie werden aber sicherlich diesen
Menschen helfen, leichter über den Winter 1982/83 zu kommen.
Und es ist auch eine Tatsache, daß man wohl kaum die gestiegenen Energiekosten der letzten Jahre
der sozialistischen Bundesregierung in die Schuhe schieben kann. Es ist doch so, daß in der ganzen
Welt eine gigantische Zunahme der Kosten für Energie eingetreten ist und wenn das Erdöl steigt,
steigt ja alles mit. Es steigt die Kohle, es steigt das Gas und es steigt auch, wenn Sie wollen, der
Holzpreis. {Abg. Kurzbauer: Das Klaubholz ist billig!) Und es ist doch so, daß vom Jahre 1973 bis zum
Jahre 1982 die Tonne Öl, die wir importieren, statt 603 Schilling jetzt 4.400 Schilling kostet. Natürlich
schlagen sich diese großen Kosten auch in den Geldbörsen der Pensionisten nieder, das ist
überhaupt keine Frage. Aber daß diese Kosten keine hausgemachten Belastungen in Österreich sind,
das ist doch wohl, glaube ich, klar. Es gibt da den Pensionistenindex und dort schlägt sich
Beleuchtung und Wohnung bei den Pensionisten mit fast 10% nieder. Vom Jahre 1976 bis zum Jahre
1981 ist die Beheizung um 60% teurer geworden. Das sind sicherlich Fakten und das ist die Ursache,
warum es zu diesem Heizkostenzuschuß gekommen ist. Ich glaube, wir können trotz aller
Schwierigkeiten froh sein, daß es zu dieser gemeinsamen Aktion des Bundes und der Länder
gekommen ist. Die Pensionisten werden sicherlich auch darüber froh sein und ich bin sicher, daß
unseren Beamten in den Sozialreferaten, ob das jetzt in den Gemeinden, in den
Bezirkshauptmannschaften oder im Land Niederösterreich ist, diese Aktion so viel wert sein wird, daß
man das Gehirnschmalz investiert, das dazu notwendig ist, um die Aktion so durchzuführen, daß man
wirklich die Ärmsten der Armen erreicht. Ich glaube, dieses Zutrauen können wir zu unserer
Beamtenschaft doch haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich habe ausgeführt, daß auf diese Gesellschaft neue Probleme zukommen, und diese Probleme sind
wieder in verschiedenen Fragen begründet:
1. Die höhere Lebenserwartung, das ist Sicherlich etwas Positives,
2. der frühere Pensionsantritt,
3. die Auflösung der Groß- und Mehrgenerationenfamilie, besonders in den Industriestaaten, und
4. auch eine Überalterung im ländlichen Raum und zwar aus zwei Gründen. Es gibt eine Landflucht
der Jungen und es gibt einen Zuzug von alten Menschen aus der Stadt, die ihren Lebensabend gerne
im Grünen verbringen wollen. Daher werden die sozialen Schwierigkeiten in diesem ländlichen Raum
in der Zukunft sicherlich nicht leichter werden.
Und die Maßnahmen dazu sind die wirtschaftliche Besserstellung, wie bereits heute angeführt,
zweitens die Unterstützung der Familien bei der Betreuung ihrer „Alten“ und drittens der Kampf gegen
die Vereinsamung als Aufgabe der Gesellschaft.
Es ist, glaube ich, auch zu wenig, wenn man sich nur auf die Familie und die Verwandten verläßt. Da
gibt es ja das alte Sprichwort, eine Mutter kann zehn Kinder ernähren, aber zehn Kinder keine Mutter.
Dieses Sprichwort hat, glaube ich, gerade heute auch in unserer Gesellschaft seine Bewandtnis. Der
gestiegene Lebensstandard hat dazu beigetragen, daß sich gerade die Wohnkultur sehr gut entwickelt
hat; das hat dazu geführt, daß sich die Generationen getrennt haben. Dazu kommt noch, daß die alten
Menschen heute gar nicht so gerne im Kreise der Großfamilie bleiben, sondern daß sie ihre eigenen
vier Wände schätzen. Und es ist sicherlich interessant, hier auch zahlenmäßig einiges klarzustellen.
Von 7,5 Millionen Österreichern sind 1,5 Millionen, das sind 2076, bereits älter als 60 Jahre. 192.000
von diesen Menschen haben keine Kinder, jedoch Verwandte, und 115.000 Menschen haben weder
Kinder noch Verwandte. Das sind jene Menschen, die einsam sind und die auf die Hilfe der
Gemeinschaft angewiesen sind. Laut Mikrozensus 1979 helfen zwar 376.000 Haushalte älterer
Menschen, also über 60jährige, im eigenen Bereich, aber davon 238.000 in fremden Haushalten
außer Haus, sodaß die Wegstrecken zu Problemen werden und das sind ja die Fragen, die uns wie
gesagt in Zukunft erneut beschäftigen werden.
Und die Studie des Landes Niederösterreich, die heute schon angesprochen wurde hat folgendes
ergeben: 29% der alten Menschen über 60 erhalten täglich Besuch, 36% mindestens einmal
wöchentlich und 12% nie. Das heißt, von 301.000 Niederösterreichern über 60 Jahre werden 36.000
so gut wie nie besucht. Das muß doch, glaube ich, zu denken geben. Diese Probleme werden umso
größer, wenn die Menschen nicht nur alt sind, sondern sie dann auch bettlägerig oder fallweise
bettlägerig sind. Und hier hat wieder die Umfrage ergeben, daß sich diese kranken alten Menschen
auf die Kinder und Verwandten verlassen. Das ist gut so und wir sind sehr froh, wenn das stimmt.
Trotzdem glaube ich aber, daß gerade im Bereich der Nachbarschaftshilfe und der sozialen Dienste
mehr geschehen muß als bisher geschehen ist. Und die Studie hat auch gezeigt, daß der Weg ins
Altersheim oder gar ins Pflegeheim fast immer nur der letzte Ausweg ist und daß nur sehr wenige
mit einer positiven Einstellung in dieses Altersheim gehen und die meisten dieses Alterheim sicherlich
als Belastung empfinden. Ich kenne das von Besuchen. (LHSt. Dr. Pröll kippt mit dem Sessel nach
rückwärts.) Ein gefallener Landeshauptmannstellvertreter. (Abg. Kaiser: Du sprichst ja auch
umwerfend!) Ein Sabotageakt. Bitte, ist da auch die Bundesregierung schuld? Und man erlebt es sehr
oft in Altersheimen, daß die Menschen nicht gerade glücklich sind, obwohl sich alle, die in diesem
Altersheim arbeiten, um diese Menschen bemühen. Aber es gibt einfach Menschen, denen der
Papagei, der Hund, die Katze und unter Umständen auch der jahrzehntelange Streit mit der Nachbarin
fehlt und daher ist der Gang ins Alters- und Pflegeheim nicht gerade das, was sich die Senioren in
Niederösterreich wünschen.
Österreichweit bekommen bereits 11,4% Hilfe durch soziale Dienste, 17,4% wünschen sich aber,
mehr Hilfe zu bekommen oder die Hilfe überhaupt zu bekommen. Und hier haben wir natürlich in
Niederösterreich das große Problem, daß wir große regionale Unterschiede haben, und es wird
unsere Aufgabe sein, diese regionalen Unterschiede auszugleichen. Ich kann diese Zahlen jetzt nur
vermuten. In Niederösterreich, schätze ich, erhalten zur Zeit etwa 2.000 bis 3.000 Menschen
Hauskrankenpflege und Heimhilfe durch Träger der freien Wohlfahrtspflege oder durch Gemeinden.
Etwa 4.500 bis 5.000 Menschen bekommen Essen auf Rädern, sodaß im Schnitt 7.000 bis 8.000
Personen erreicht werden. Das sind noch lange nicht jene etwa 30.000 bis 35.000, die diese Hilfe
wahrscheinlich brauchen würden, wenn wir sie kennen würden. Die Studie zeigt, daß die sozialen
Dienste zweifellos eine Erleichterung für die älteren Menschen gebracht haben, weisen aber auch
darauf hin, daß eben diese Hilfe noch entscheidend verstärkt werden kann.
Ich möchte jetzt an Hand einiger Zahlen der „Niederösterreichischen Volkshilfe“ diese Entwicklung ein
wenig aufzeigen. Es soll nur stellvertretend sein für jene Organisationen, die sich hier beschäftigen,
weil damit deutlich wird, was hier auf uns zukommt. Im Jahre 1979 hatten wir 8 Einsatzstellen, Ende
1982 25. Wir hatten 35 Sozialhelfer im Jahre 1979, jetzt sind es 110. Wir hatten 1979 23.000 Stunden
geleistet, es werden heuer etwa 75.000 werden. Die Bruttolohnsumme stieg von 1,4 auf etwa 6,5
Millionen Schilling. Und wir haben 1979 etwa 50.000 km absolviert und es werden sicher in diesem
Jahr mehr als 210.000 km sein. Damit zeigt sich schon diese Entwicklung und ich möchte hier nur
anführen, daß die Gemeinde Wien in dieser Frage führend ist und daß in der Gemeinde Wien hiefür
etwa 350 Millionen Schilling ausgegeben werden und im Jahr etwa 2,9 Millionen Stunden, natürlich
inkl. Besuchsdienst etc., geleistet werden. Wenn wir die Größenstruktur vergleichen, sind wir etwa
gleich. Die Bevölkerungsstruktur ist natürlich anders, aber ich glaube man sieht doch, wo etwa der
Weg hinführt. Und wenn ich jetzt gesagt habe, daß die Träger der freien Wohlfahrtspflege hier noch
eine große Aufgabe vor sich haben, dann sind sie hier sicherlich nicht auf sich alleine gestellt, sondern
ich bin der Auffassung, daß es hier die Möglichkeit geben müßte, gemeinsam diese Dienste zu leisten.
Ich möchte mir erlauben, in diesem Zusammenhang einen weiteren Resolutionsantrag zu stellen, der
fast nichts kostet bis auf ein paar Wegkilometer (liest):
Resolutionsantrag
des Abg. Wagner zur Gruppe 4 des Voranschlages 1983, Ltg. Z1.450:
„Die Sozialarbeiter, die an den Sozialabteilungen der Bezirkshauptmannschaften tätig sind, verfügen
nur über unvollständige Informationen über jene Sozialhilfeeinrichtungen und sozialen Dienste, die
vom Land NÖ und von den Organisationen der freien Wohlfahrtspflege angeboten werden.
Abgesehen davon wäre es wünschenswert, daß diesem Personenkreis ein intensiverer Kontakt mit
den Organisationen der freien Wohlfahrtspflege ermöglicht wird, als er derzeit gegeben ist.
Die Landesregierung wird daher aufgefordert, den an den Sozialabteilungen der
Bezirkshauptmannschaften beschäftigten Sozialarbeitern die Möglichkeit zu geben, die in Betracht
kommenden Sozialhilfeeinrichtungen und sozialen Dienste kennenzulernen und sich auch über
eintretende Änderungen zu informieren. Weiters sollte periodisch eine entsprechende Schulung der
Sozialarbeiter erfolgen und ihnen der für eine erfolgreiche Betreuung unerläßliche
Informationsaustausch mit den Organisationen der freien Wohlfahrtspflege ermöglicht werden.''
Damit, glaube ich, können wir das Netz, das wir uns alle wünschen, doch enger knüpfen und es wird
ein Kontakt hergestellt zwischen den Beamten, den Sozialhelfern, den beamteten Leitern der
Sozialabteilungen und den Leitern der Sozialstationen der Einsatzstellen, Volkshilfe, Caritas, Soziales
Hilfswerk. Ich könnte mir vorstellen, wenn man das in Zukunft bezirksweit aufzubauen versucht, daß
damit doch einiges an Positivem erledigt werden könnte.
Ich möchte auch hier anführen, daß im Jahre 1982 einschließlich des Nachtragsvoranschlages die
Träger der freien Wohlfahrtspflege 16 Millionen Schilling zur Durchführung der sozialen Dienste
erhalten haben. Im Voranschlag 1983 sind wieder 16 Millionen Schilling enthalten und ich möchte
schon heute, Herr Landesfinanzreferent, darauf aufmerksam machen, daß es bei fortgesetzter
Ausweitung dieser sozialen Dienste im Jahre 1983 wahrscheinlich wieder einen
Nachtragsvoranschlag geben wird müssen, wenn die Träger der freien Wohlfahrtspflege in die Lage
gesetzt werden sollen, ihre aufgetragene Arbeit zu erledigen. (LHSt. Dr. Pröll: Er will heute schon über
das nächste Budget verhandeln!)
Die flächendeckende Versorgung mit besonderer Berücksichtigung der Zentralräume ist zweifellos
notwendig. 40 % der Niederösterreicher leben in Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern und
gerade in diesen Gemeinden sind die Probleme sehr groß, das können Sie aus der Studie sehen. Und
zweitens müssen wir uns eben um die ländlich strukturierten Gebiete besonders kümmern, die in
Streulagen unter Umständen liegen, wodurch die Erreichbarkeit sehr schwierig ist.
Im Voranschlag 1983 des Landes Niederösterreich sind für die sozialen Belange 1,7 Milliarden
eingesetzt, das sind 7,8% des ordentlichen Haushaltes. Ich habe hier die Arbeitnehmerförderung und
die Wohnbauförderung des Kapitels 4 ausgeklammert. 0,9 Milliarden, das sind 4% des gesamten
ordentlichen Haushaltes, werden bereits für Pflegeheime, Pensionistenheime und Jugendheime
ausgegeben. Das heißt, etwa 8.000 bis 10.000 Schilling kostet uns pro Monat und Kopf ein Platz in
einem dieser Heime, natürlich unterschiedlich ob Jugendheim oder Pflegeheim, aber im Schnitt. Und
es ist zweifellos damit zu rechnen, daß diese Kosten in Zukunft weiter steigen werden.
Ich habe bereits angeführt, daß 76% der Pensionisten das Abwandern in ein Pensionistenheim als
große Umstellung empfinden und 69% nur deswegen nicht gehen, weil sie nicht eigener Herr sind,
weil sie sich dann in diesem Heim eben als ein Mitglied einer großen Gruppe fühlen. Und ich habe
bereits ausgeführt, daß die alten Menschen eben sehr gerne alleine sind, wenn auch nicht immer, das
ist glaube ich klar. Es wäre zu überlegen, ob man nicht auch bei uns in Niederösterreich versuchen
sollte, mit alten Wohnungen eine Art Mittelding zwischen der Familie und dem Pensionistenheim zu
schaffen. Das gibt es schon in Deutschland, es gibt Versuche schon in Vorarlberg, vielleicht könnte
man darüber einmal diskutieren. Und 73 7% der Pensionisten gehen nur dann ins Pflegeheim, wenn
die Kinder und Verwandten nicht mehr imstande sind, ihre Pflege zu garantieren. Es ist hier zu
überlegen, ob es nicht auch die Möglichkeit gäbe, daß man vorübergehend in ein Pflegeheim kommen
kann, wenn die Kinder auf Urlaub fahren, wenn die Kinder auf Schiurlaub fahren. Man könnte dann für
14 Tage oder 3 Wochen die Eltern in einem Pflegeheim unterbringen und dann, wenn die Kinder
wieder zurück sind, wieder die Möglichkeit, im vermehrten Umfang bitte, schaffen, wieder in die
Familie zurückzukehren. Vielleicht gibt es diese Möglichkeit, vielleicht kann man sich verstärkt auch
dieser Fragen annehmen, es gibt ja hier schon konkrete Überlegungen, aber ich glaube, auch darüber
könnte man einmal reden.
Eine große Gefahr sehe ich darin – ich habe das aus einer Zeitung aus der Bundesrepublik
Deutschland -, daß es dort bereits Pensionistenheimplätze gibt, wie ich höre, aber auch Plätze in
privaten Pensionistenheimen, die man sich heute nicht mehr leisten kann, die bereits, wie man in
Deutschland sagt, „Waldorf-Astoria-Preise“ werden, sodaß man um dasselbe Geld manchmal in ein
Hotel ziehen könnte. Natürlich weiß ich schon, in einem Hotel werden sie kaum jemand
pflegebedürftigen aufnehmen, nur man muß die Entwicklung sehen und es wird immer schwieriger
werden, die Menschen unterzubringen oder jemanden zu finden, der bezahlt. Und wer dann
überbleibt, sind wieder die Gemeinden. Ich glaube, das muß man sehen und daher muß man
versuchen, auch neue Wege zu finden.
Es wird notwendig sein, diese neuen Wege bei der Heimunterbringung zu finden, es wird notwendig
sein, bei der Familienbetreuung durch Schulung der Familien Hilfe zur Selbsthilfe zu geben und
vielleicht durch entsprechende Beratung eben diese Selbsthilfe zu fördern. Es wird auch zu überlegen
sein, wie man die Nachbarschaftshilfe in diesem Bundeslande besser fördern könnte, denn laut Studie
sehen zwar viele ältere Menschen über 60 ihre Nachbarn als mögliche Helfer an, es stellt sich aber
dann heraus, daß diese lieben Nachbarn die Hilfe nicht geben können oder nicht geben wollen. Daher
glaube ich, ist zwischen dem Idealzustand der Nachbarschaftshilfe und dem, was wirklich geschieht,
doch ein sehr breiter Raum. Natürlich gibt es die Nachbarschaftshilfe, natürlich ist es gut, wenn es die
Nachbarschaftshilfe gibt, aber vielleicht wäre hier zu überlegen, wie man diese Nachbarschaftshilfe
fördern könnte.
Und schließlich und endlich, das liegt mir besonders am Herzen, ist natürlich der Ausbau der sozialmedizinischen Betreuungsdienste wichtig. All diese Maßnahmen sind ein Beitrag zur Besserstellung
der älteren Mitbürger und wir können damit den Weg ins Altersheim, ins Pflegeheim hinauszögern.
Das ist erstens für die Gemeinschaft billiger und eine dänische Untersuchung zeigt, daß dies bis zu 2/3
billiger sein kann. Es ist zweitens für den alten Menschen besser, wenn er in gewohnter Umgebung
seinen Lebensabend verbringen kann, und es ist viel humaner.
Es ist uns, so meine ich, in gemeinsamen Anstrengungen gelungen, diesen Sozialstaat Österreich zu
errichten und auch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, budgetäre Probleme, dürfen uns von diesem
Wege nicht abbringen. Wir müssen den Mut zu neuen Ideen haben, zum Ausbau der sozialen Dienste
zum Beispiel, dann glaube ich wird es gelingen, auch diese Zukunft, die vor uns liegt, zu meistern.
Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Zum Worte gelangt der Herr Abg. Dr. Bauer.
Abg. Dr. BAUER: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon etwas
eigenartig, wenn man einige Tage oder Wochen vorher von der guten Zusammenarbeit und den
Leistungen des Bundes für das Land Niederösterreich hört und das auch allgemein anerkannt und
bestätigt wird, und dann wenige Tage nachher die alte Formel aufgestellt wird, daß das Land
sozusagen für die schönen und angenehmen Dinge zuständig ist und der Bund letztlich nur für den
Bereich Forderungen. Das muß man einmal ganz klar aussprechen und ich wende mich da an den
Herrn Abg. Fidesser, der das zweifellos in einem Maß hereingetragen hat in die Debatte, das
eigentlich nicht unwidersprochen bleiben darf.
Wenn der Herr Abg. Fidesser wieder mit seiner Pensionsgarantie anfängt, so ist das keine
Budgetdebatte, sondern eine Wahlveranstaltungsdebatte. (Beifall bei der SPÖ.) Und wenn er da
meint, diese sogenannte Pensionsgarantie sei die einzige Möglichkeit, die Pensionen zu garantieren,
dann muß ich ihn - es tut mir etwas leid bei einem Kollegen - doch über einen elementaren
Zusammenhang aufklären. Offensichtlich glauben manche Leute daran, zumindest in der ÖVP dürften
das manche sein, daß Pensionen so etwas sind wie ein Schatz, den man hat, der dort, wo man
einzahlt, gesammelt wird, gehortet wird, für den auch Zinsen entrichtet werden, und aus dem man
dann die Pension bezahlt. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, so ist das nicht, da hätten ja
die Pensionisten heute wahrlich nichts zu lachen, denn da hätten die Pensionisten nicht ihre
Pensionen garantiert, sondern, Herr Kollege Fidesser, die einzige Garantie für die Pensionen ist und
bleibt die Vollbeschäftigung. (Beifall bei der SPÖ.) Nur dadurch ist nämlich dieser Kreislauf
geschlossen, der so aussieht, daß man die Abgaben für die Pensionen entrichtet und dadurch auch
teilhaben kann am wachsenden Wohlstand. Das ist ein elementarer Zusammenhang, von dem ich
eigentlich angenommen habe, daß das jeder inzwischen weiß. Ich glaube, daß dieser Beitrag vielleicht
dem Abhilfe geschaffen hat.
Aber nun, Kollege Fidesser, ganz etwas anderes. Es ist bekannt, aus welchem Milieu und welchem
Gebiet ich stamme. Daher kenne ich sehr genau das soziale Umfeld vor vielen Jahren und das
heutige soziale Umfeld. Und ich habe schon einmal erwähnt, ich kann mich sehr gut erinnern, wie
damals, als ich ein Kind war, die Menschen zu meinem Vater gekommen sind und eine Bestätigung
haben wollten, daß sie wo gearbeitet haben. Das haben sie gebraucht für den Pensionsantrag. Aber
interessant war, daß viele nicht einmal die Bestätigung erhielten von ihrem Dienstgeber, so schwach
ausgeprägt war das soziale Empfinden mancher Dienstgeber; ich sage nicht aller, aber mancher
Dienstgeber. Wie gewaltig hat sich doch das verändert, nicht durch die Vorarbeit der Österreichischen
Volkspartei, meine sehr verehrten Damen und Herren, sondern ausschließlich durch die Arbeit der
Sozialdemokratischen Partei, die sich das von der ersten Stunde an (Abg. Fidesser: Ausschließlich?) ich schränke gleich ein - zu einem großen Anliegen gemacht hat, unterstützt auch von den christlichen
Gewerkschaftlern. (Abg. Mag. Freibauer: Das haben die schon vorher gemacht!) Das ist die Realität,
meine sehr verehrten Damen und Herren, und das kann man nicht wegdiskutieren.
Sie haben ja etwas erlebt und das ist ein Problem, nämlich 1958, als noch die große Diskussion war,
ob Rente oder keine Rente beim Bauernstand oder bei den Selbständigen, gab es ja noch Gruppen,
die absolut dagegen waren. (Abg. Amon: Wer war denn dagegen?) Moment einmal, Herr Kollege.
(Unruhe bei der SPÖ.) Und schließlich hat man dann 1958 einen Mittelweg eingeführt. Meine sehr
verehrten Damen und Herren, (Abg. Reischer: Erst 1975 ist es wirksam geworden!) schließlich wurde
dann ein Mittelweg gegangen und eine sogenannte Zuschußrente eingeführt. Diese Zuschußrente war
in Wirklichkeit ein Mittelweg der Interessen in Ihrer Partei, nämlich der Interessen jener, die für gar
keine Pension eingetreten sind, und jener, die das doch taten. Und die haben gesagt, wenigstens eine
Zuschußrente ist herausgekommen. 1969 ist das dann geändert worden durch ein Gesetz, das erst im
Jahre 1971 wirksam geworden ist. Aber wirksam bitte erst knapp nach dier Wahl. An sich hätte das
schon 1967 passieren können. (Abg. Anzenberger: Das war eine Kostenfrage!) Aber, meine sehr
verehrten Damen und Herren, man hätte das auch 1967 beschließen können, wenn es ein echtes
Anliegen gewesen wäre, aber der Beschluß war 1969 mit Wirksamkeit 1971. Darüber können Sie
nicht hinwegdiskutieren.
Ich möchte Ihnen heute noch etwas sagen. Der Kollege Fidesser hat mich nämlich zu einem längeren
Rückblick veranlaßt in der Frage der Sozialhilfe. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die
Sozialhilfe ist kompetenzmäßig immer Landessache gewesen und wurde dann in Verhandlungen vom
Bund übernommen. Natürlich war es so. Bitte beim Reichsgesetz hat es ja eine Mindestpension
gegeben, daher hat es bis 1945 die Mindestpension gegeben. Erst bei der Einführung des ASVG kam
das Problem zustande, daß Ausgleichszulagen entstehen (Abg. Fidesser: Ausgleichszulagen, jawohl!)
und als diese Ausgleichszulagen entstanden, war sozusagen als erster der Bund zuständig und das
war nicht mehr Landessache. Aber Sozialdienst und Sozialhilfedienst ist Länderkompetenz, da gibt es
ja gar keine Diskussion. Daher braucht man sich gar nicht wundern, daß man heute vielleicht zu einer
Teilung in manchen Kostenfragen kommt.
Ich möchte eines vielleicht festhalten. Ich habe mich wirklich nicht vorbereitet, weil ich ja nicht wußte,
daß der Kollege Fidesser eine Wahlkampfrede hält. Ich habe ja gedacht, daß er eine Budgetrede hält,
aber da kann man sich manchesmal täuschen. Ich habe daher ganz kurz eine Replik angestellt,
warum man heute das fiktive Ausgedinge usw. bringt. Na, ganz einfach. Die Erklärung ist darin zu
sehen, daß die 6. Novelle der Bauernpension im Parlament behandelt werden soll und am 6.
Dezember 1982 in den Ausschuß geht.
Natürlich muß man da heute sofort darüber reden, daß das zu wenig ist, weil sonst könnte man
vielleicht versäumen, darauf hingewiesen zu haben. Am 6. Dezember wird eine Reihe von
Verbesserungen in dieser Bauernpension drinnen sein und wie ich höre, soll die
Präsidentenkonferenz mit diesem Entwurf - es handelt sich um einen Entwurf - gar nicht so
unzufrieden sein. Und warum ist sie nicht so unzufrieden? Ich gebe bitte zu, (Abg. Anzenberger: Es ist
schon gestritten worden darum!) daß z.B. Pauschalierungen ein Problem sind. Bei Pauschalierungen
gibt es einfach nicht die Möglichkeit der menschlich gerechten Lösung. Sie ist zwar pauschal richtig,
aber der menschlich gerechten Lösung kann das oft nicht entsprechen, weil der eine, der sozusagen
das Ausgedinge zugestanden bekommt, wirklich ein Ausgedinge erhält, während sich andere
Übernehmer des Betriebes dieses Ausgedinge nicht leisten und sie sich irgendwo bei Gericht treffen
müßten, was wieder der Übergeber nicht will. Das heißt, menschlich ist das ein Härtefall,
sozialrechtlich gesehen kann man das durch eine Pauschalierung nicht in den Griff bekommen. Meine
sehr verehrten Damen und Herren, das Problem ist, ob man abwiegen kann zwischen subjektiver
Gerechtigkeit und einem objektiven Maßstab der Gerechtigkeit. Ich weiß, daß es soziale Härten gibt
und ich kenne sehr viele soziale Härten persönlich. Nur kann man ditese sozialen Härten durch
Pauschalierungen nicht in den Griff bekommen. (Abg. Fidesser: Herr Abgeordneter! Wo gibt es denn
darin die Gerechtigkeit? Das frage ich mich!) Ja, ich antworte schon darauf noch, die Gerechtigkeit
besteht darin, (Abg. Fidesser: in dem Ausgedinge überhaupt nicht! Da gibt es nur die Härte!) das ist
noch die alte Idee der Zuschußrente, daß jemand der ein Vermögen hat und dieses übergibt, einen
Teil daraus als Guthaben, als Genuß in Form von fiktivem Einkommen weiter bezieht.
Und nun wird das immer so hingestellt, als würde dies nur bei den Bauern zutreffen. Das trifft auch auf
andere Gruppen zu. Wenn zum Beispiel ein Gewerbetreibender eine Pension erhält und ein
Grundvermögen hat, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann wird auch das zehn Jahre
rückwirkend berücksichtigt. Was steht dahinter in der Rentenidee? Daß nämlich jemand im 59.
Lebensjahr erklären könnte, ich verkaufe alles, lege das Geld irgendwo an - wenn er Glück hat und es
gut anlegt, bekommt er davon eine Rente - und würde ab 60 Ausgleichszulagenempfänger werden
und die Öffentlichkeit müßte das zahlen. Es handelt sich ja nur um die Fälle bitte und da muß man
immer berücksichtigen, daß Ausgleichszulagen eine Art der Sozialhilfe sind, die zwar vom Bund
getragen wird, aber eine Art der Sozialhilfe bleiben, das heißt, daß andere Einkommensarten in diese
Sozialhilfe eingerechnet werden. Und daher passiert es manchesmal - ich habe schon so einen Fall
gehabt -, daß die wirklich das Vermögen verkaufen mußten, weil nämlich der Mann sehr krank war
und zusätzliche Ärztekosten angefallen sind. Das Vermögen wurde zwar verkauft, konnte aber nicht
zur Veranlagung benutzt werden, sodaß es eben dann, wie er 60 war, kein Vermögen mehr gab,
dieses aber eingerechnet wurde. Das sind soziale Härten und ich glaube, da soll man besser nicht
über Pauschalierungen und Sätze reden, sondern hier muß man den konkreten Fall heranziehen, um
helfen zu können. Das kann man letztlich nicht über noch so gut gefaßte Gesetze verhandeln.
Und nun zu den Bauern bitte. Es ist völlig klar und ich gestehe das immer wieder zu, daß Härtefälle
bei Bauern häufig anzutreffen sind, weil manchesmal der Übernehmer auch große Schwierigkeiten hat
hinsichtlich der Leistung. Ich möchte nicht immer bösen Willen unterstellen, sondern ich meine
hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, sodaß hier tatsächlich die Einrechnung des fiktiven Einkommens in
Einzelfällen zu sozialen Härten führen kann. Das wurde auch anerkannt und da werden mir die
Kollegen vom Bauernbund zustimmen. Was hat nämlich die Bundesregierung getan, um dieses
Problem zu vermeiden? Erstens weiß jeder, daß zum 1.1.1979 der Einheitswert neu festgesetzt wurde
und es damit zu einer 50%igen Erhöhung gekommen wäre, wenn man nach den Einheitswerten
vorgegangen wäre. Das wäre sicher eine Härte gewesen, die bisher vermieden wurde. Erstens
dadurch, daß der Einheitswert erst mit 1. 1. 1983 in seiner Folgewirkung letzlich Gültigkeit hat, das
bringt ganz enormes, und zweitens daß auch der Satz im Multiplikator von 25% auf 21,6% abgesenkt
wurde. Das ist ja auch etwas, das zur sogenannten Forderung der „Neutralität des Aufkommens“
beigetragen hat. Das haben die Präsidenten ja wie ich glaube sehr gut aufgenommen und auch die
Landwirtschaft hat das sehr gut aufgenommen, weil es wirklich auf die Probleme Rücksicht nimmt, die
dort bestehen.
Und nun zur sogenannten Dynamisierung. Auch die Dynamisierung, meine sehr verehrten Damen und
Herren, des fiktiven Ausgedinges wurde ja bis 1983 aufgesetzt, also wieder eine Hilfe in Richtung
jener Gruppe, wo anerkannterweise soziale Härten bestehen.
Und zum dritten: Diese Ausgleichszulage wurde nicht, wie der Anpassungsfaktor ergeben hätte, um
5,1% erhöht, sondern auch um 5,5% erhöht und damit gleichgezogen. Ich möchte nur hinzufügen,
daß wir uns wirklich zu diesen Maßnahmen aus vollem Herzen bekennen, für alle anderen Gruppen ja
auch. Aber man kann nicht zuerst die höhere Anpassung von 5 , l auf 5,5 als zusätzliche Leistung
verlangen und dann furchtbar empört tun, wenn man auch eine Leistung von seiten des Landes
mitverlangt. Was mich etwas stört, ist, daß eigentlich das Angebot von unserem Landeshauptmann,
der ja der ÖVP-Fraktion angehört, angenommen wurde. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da
kann ja kein Redner dastehen und so tun, als wäre das etwas fürchterliches, wenn das sogar vom
Landeshauptmann der ÖVP akzeptiert worden ist. (Abg. Präs. Romeder: Landeshauptmann von
Niederösterreich!) Der Landeshauptmann von Niederösterreich Ludwig hat es akzeptiert bitte, er hat
den Brief bekommen und war einer der ersten Landeshauptleute, die das akzeptiert haben. Das hat
der Fidesser schon wieder unter den Tisch fallen lassen.
Aber ich möchte noch etwas anderes hinzufügen. Dieser Anpassungsfaktor hat ja noch etwas
gebracht. Da gab 'es die alte Forderung, daß man hier eine Wahlmöglichkeit einfügt, weil nämlich bei
der Witwenpension 10 Jahre rückwirkend - das wurde auch im Einvernehmen mit den
Bauernvertretern gelöst - der Satz von 10,75 auf 11 angehoben wurde. Der Vorschlag war, hier eine
Wahlmöglichkeit zu schaffen, ob man nun die Hinzurechnung der Jahre bekommt auf die Pension
oder eben die Witwenpension beansprucht. Das sind Dinge bitte - ich rede jetzt von den
Selbständigen und nicht von den Bauern -, die die Selbständigen 20 Jahre als gut empfunden haben.
Heute wollen sie auch die Wahlmöglichkeit. So ändern sich eben die Auffassungen, nur soll man auch
sagen, daß man einmal dafür eingetreten ist, daß man nicht die Wahlmöglichkeit hatte, sondern daß
man die Hinzurechnung der Jahre wollte. Da muß man schon sehr gerecht sein. (Abg. Präs. Romeder:
Es mug immer eine Entwicklung geben!) Das bestreite ich ja nicht, ich bin ja manchesmal so froh, daß
Sie manche Ideen, die wir präsentierten, aufgegriffen haben. Das kann auch umgekehrt einmal sein.
(Abg. Fidesser: Wenn es bei der Witwenpension anders gewesen wäre!) Bei den Bauern ist das
anders. Die Selbständigen waren sehr stolz darauf, daß sie das gehabt haben. Sie haben es auf
Grund einer völlig anderen Situation bei den Selbständigen so wollen, sie waren stolz darauf, daß sie
es gehabt haben. Jetzt wollen sie die Wahlmöglichkeit. Gut, dem ist in diesem Entwurf Rechnung
getragen. (Abg. Präs. Romeder: Das war zeitgemäß!)
Und nun abschließend, weil ich schon zu den Bauern ein paar Worte gesagt habe, müssen wir
feststellen, daß die Bauern die einzige Gruppe sind, wo vom Bund zu allen Versicherungen
Leistungen erbracht werden, die einzige Gruppe. (Abg. Lechner: Hört! Hört!) Moment, ich führe gleich
an: Zur Krankenversicherung im Jahre 1981 617 Millionen Schilling, zur Unfallversicherung 1981 189
Millionen Schilling, zur Pensionsversicherung 5,113 Milliarden Schilling und darüber hinaus als Ersatz
für Ausgleichszulagen 1,6 Milliarden Schilling, also mehr als 7 Milliarden Schilling auf diesem Gebiet.
(Abg. Präs. Romeder: Das ist ein Finanzausgleich für alle geregelt!) Aber ich rede jetzt von den
Zuschüssen von oben. (Abg. Schwarzböck: Wo haben Sie noch so ein Verhältnis zwischen
Versicherung und Anspruchsberechtigten?) Herr Kollege, ich sage Ihnen noch einmal, wir sind ja stolz
darauf und das ist meine volle Überzeugung. Wir könnten auch in unsere Betriebe hineingehen und
dieses Auseinanderdividieren der Bevölkerung praktizieren, wie Sie es hier versuchen. (Abg.
Anzenberger: Was? Was tun wir?) Wir gehen in die Betriebe hinein und verteidigen auch diese
Leistungen für die Bauern bitte, das ist auch nicht so selbstverständlich. (Lebhafter Beifall bei der
SPÖ.) Das muß man einmal sagen, wir verteidigen diese Leistung, weil wir der vollen Überzeugung
sind, daß keine Berufsgruppe zurückbleiben darf in den persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten, vor
allem auch im Sozialbereich. Wir verteidigen das auch gegen jene in unseren eigenen Reihen, die
manchesmal in Diskussionen sagen, daß wir ein bißchen zu viel tun. (Abg. Steinböck: Das ist ja ein
Witz!) Kollege, so ist das nicht, ich werde Dir einmal etwas sagen. Da gibt es Leute in Diskussionen,
die sagen, paß auf, ich habe einen Sohn, der geht mit einem anderen Sohn in die Schule. Ich bin ein
kleiner Eisenbahner mit 7.000 Schilling, suche an um eine Schülerbeihilfe und bekomme keinen
Groschen. Daneben fährt einer mit dem Mercedes spazieren, der Bub bekommt aber die
Schülerzulage und die Schülerbeihilfe von 10.000 Schilling, weil nämlich ausschließlich das
Einkommen und der Einheitswert herangezogen werden. Fordern Sie mich nicht heraus, sonst sage
ich Ihnen noch die Entwicklung der Einkommensteuer, (Abg. Steinböck: Sagen Sie mir diese!) die
Entwicklung der Lohnsteuer und die Entwicklung der Grundsteuer. Auf das Steueraufkommen der
Bauern möchte ich gar nicht eingehen, das ist ja keine Landwirtschaftsdebatte. Meine sehr verehrten
Damen und Herren, manche Leute verstehen aber nicht mehr, daß sie bei 7.000 oder 8.000 Schilling
Einkommen keine Schülerbeihilfen mehr beziehen können, wenn Leute, die mit dem Mercedes das
Kind hinführen, eine Schülerbeihilfe bekommen. (Abg. Amon: Jeder fährt heute mit dem Mercedes,
nicht nur der Bauer!) Kollege, ich bin ja niemandem neidig, aber ihr müßt einmal uns verstehen, daß
wir das gegen berechtigte Angriffe verteidigen. (Abg. Amon: Es wird mancher nicht verstehen, daß der
Bauer 60 Stunden arbeitet!) Daß wir uns zu diesem Weg bekennen und sagen, Du lieber Freund, das
hat seine Richtigkeit, ist auch nicht immer leicht. Bitte, die 7.000 oder 8.000 Schilling sind die
Einkommensgrenze, wenn Du mehr hast, bist Du schon durchgefallen, da bekommst Du die
Schülerbeihilfe nicht mehr, das kann ich Dir bestätigen. Aber ich möchte ja gar nicht darauf eingehen,
sondern nur festhalten, wenn jemand glaubt, auf Kosten der sozial schwächsten Gruppe Politik
machen zu können, so leistet er wirklich nur einen Beitrag zur Hebung der Emotionen. (Abg.
Steinböck: Das machen Sie jetzt!) Oder er möchte sein Gewissen beruhigen, das zweifellos etwas
schlechter sein muß im Sozialbereich als das der Sozialdemokratie. Danke. (Lebhafter Beifall bei der
SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Als nächster Redner zu Wort gelangt der Herr Abg. Hiller.
Abg. HILLER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Es trifft sich natürlich jetzt günstig, hier die Angriffe des
Abg. Bauer auf die Bauernschaft zu parieren (Abg. Lechner: Die Angriffe des Abg. Fidesser!) und
zurückzuweisen. Herr Kollege Bauer, Sie haben sehr jongliert mit den Leistungen der sozialistischen
Bundesregierung für den österreichischen Bauernstand. Ich möchte Ihnen sagen, ich habe die Zahlen
vom Bundesvoranschlag 1983 und auch die Erfolgsrechnung 1981 der gesamten
Sozialversicherungsbeiträge, die der Bund hier zu den Pensionen zuschießt. Ich kann Ihnen hier
schwarz auf weiß beweisen, daß nur jeder fünfte Schilling von allen gegebenen sozialen Zuschüssen
den Bauern zugute kommt. Sie tun so, als ob die Bauern schon einen sehr hohen Stand ihrer Renken
hätten. Wir haben den geringsten Durchschnitt, wir haben den größten Anteil an
Ausgleichszulagenempfängern! (Abg. Krenn: So kann man es auch machen!) Von 174.000
Pensionsempfängern der Bauernschaft sind 70.000 Ausgleichszulagenempfänger, das ist die Realität.
(Ruf bei der SPÖ: Das ist nicht unsere Schuld!) Sie rühmen Ihre Verdienste um die Verwirklichung
einer Bauernpension. Ich kann Ihnen sagen, ich habe es selbst miterlebt als Bub noch. Sicherlich hat
es in der damaligen Zeit zwischen 1950 bis 1970 eine Diskussion in der Bauernschaft gegeben. Mein
Vater war weniger dafür, das kann ich bestätigen, ich war dafür als junger Mensch. Aber aus welcher
Begründung heraus? Diese Generation hat es noch miterlebt, daß sie Selbstversorger am Hof war.
Und was ist jetzt passiert? Heute sind, sehr geehrte Damen und Herren, auch schon die Bauern zu
Konsumenten geworden. Schauen wir uns doch die alten Bauernrentner an, die haben kaum mehr
eine Henne, weil man heute das Ei viel günstiger irgendwo anders kaufen kann, weil die
Gestehungskosten einfach zu hoch geworden sind. Das ist die Realität.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe heute hier die Aufgabe, zu der sozialen Position der
Bauern zu sprechen, habe einiges an Kritik zu bringen, habe aber auch einiges zu bestätigen, was der
Abg. Bauer zitiert hat. Wir sind heuer erstmals auf dem Weg zu Besserungen, man kann aber auch
gleichzeitig sagen, daß es hier einen Stillstand gegeben hat seit 1974 und jetzt in Anbetracht der
bevorstehenden Nationalratswahl ist die sozialistische Partei erstmals gewillt, bei der
Ausgleichszulage Besserungen vorzunehmen. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist sicherlich nicht leicht, sehr
geehrte Damen und Herren, hier allgemein, wenn man nicht Experte ist, die Lage der Bauern
Österreichs genau zu erkennen. Aber ich glaube, ich kann für mich in Anspruch nehmen, daß ich
diese Dinge selbst verspüre, da ich ja aus dem Bauernstand komme. Ich glaube, daß die
österreichische Landwirtschaft es verdient, im 20. Jahrhundert die Worte seitens der Allgemeinheit zu
finden, die ihr zustehen. Ich glaube, daß das 20. Jahrhundert eine Revolution im Bereich des
Bauernstandes gebracht hat, vor allem bewirkt durch die Agrartechnik und durch die Änderungen im
Sozialbereich. Es ist sicherlich gleichzustellen mit dem vorhergehenden 19. Jahrhundert; wenn das
vergangene Jahrhundert vor allem den Freiheitskampf für die Bauern gebracht hat, so ist dieses 20.
Jahrhundert im wesentlichen auf eine Änderung der Produktionen, der Struktur aufgebaut. Ich glaube,
daß auch diese Bewegung mit sehr viel Dynamik vor sich geht. Wir alle können sehen, wie schnell
landwirtschaftliche Maschinen nicht mehr zeitgemäß sind, wie schnell sie sich ändern und wie schnell
hier die Technologie fortschreitet.
Aber ich glaube, wir können auch stolz darauf sein, dem westlichen Teil dieser Erde anzugehören, wo
es möglich ist, sogar ein Mehr an landwirtschaftlichen Produkten und damit Essen für die Menschen
zu haben, während man im Osten mit einem anderen politischen Verständnis die Leute durch
Zwangsrekrutierungen von Soldaten und Studenten zwingen muß, die fällige Landarbeit zu verrichten.
Es kann aber andererseits nicht simpel angenommen werden, daß diese Mehrproduktion an
landwirtschaftlichen Gütern und Erzeugnissen keine Probleme aufkommen läßt und für die Land- und
Forstwirtschaft Österreichs dieses 20. Jahrhundert schon ein goldenes Jahrhundert darstellt. Ich
glaube, ein tiefer Blick in die soziale Lage Österreichs und damit auch der Bauern Niederösterreichs
soll dabei aufklärend und ernüchternd wirken. Trotz aller sozialen Errungenschaften auch für die
bäuerlichen Bürger dieses Staates und unseres Bundeslandes ist dieses Netz an Sozialleistungen
sicherlich noch nicht fertiggesponnen. Ich möchte aber auch sagen, daß bei diesem Netz ein sehr
dünnes Garn verwendet wurde. Zu sehr verändert sich ständig der Komplex der volkswirtschaftlichen
Gegebenheiten.
Denken wir doch zurück: Bestand vor kurzer Zeit ein Sog durch den Wirtschaftsaufschwung der viele
Vollerwerbslandwirte werden ließ, so können wir jetzt eine Druckwelle zurück verspüren, wo es wieder
an der Tagesordnung ist, daß Nebenerwerbslandwirte auf Grund der derzeitigen Wirtschaftslage
keinen Arbeitsplatz vorfinden und zurück auf den Arbeitsplatz als Vollerwerbsbauer drängen.
Vielleicht ein anderes Beispiel: Waren vor einigen Jahren die schon viel diskutierten Heizkosten für
ältere Menschen, die eine Pension beziehen, eher gering, so kann ich sicherlich auch bestätigen, daß
das Bestreiten der Kosten für eine warme Wohnung durch die Verteuerung der Brennstoffe heute
vielleicht das Problem schlechthin ist, gegen das es anzukämpfen gilt. Wir alle sind politische Vertreter
und haben uns darauf auch einzustellen, daß es für unsere alten, verdienten Bürger möglich sein
muß, die notwendige angenehme Wärme zu haben. Ich glaube, die Sozialpolitik hat sich auf diese
Umstände entsprechend einzustellen, die Notstände der Menschen zu erkennen und sie auch zu
beseitigen, soweit dies möglich ist.
Österreich hat zweifellos 'in den vergangenen Jahrzehnten eine große Anstrengung unternommen,
wenn auch in aller Unterschiedlichkeit. Man war in gewissen Sparten in der Lage, die soziale
Sicherheit der einzelnen Bürger sicherzustellen. Dabei sticht aber sehr deutlich hervor, sehr geehrte
Damen und Herren, daß die für die Sozialversicherung Beiträge zahlenden Menschen in der
Landwirtschaft - das möchte ich sehr deutlich sagen - von dieser sozialistischen Bundesregierung bei
den Leistungen aus der Sozialversicherung und den enthaltenen Bundeszuschüssen kaum
entsprechend berücksichtigt werden. Der Bauernstand mit seinen, das kann man wohl sagen,
abgerackerten Menschen hängt hier leider immer noch nach.
Wenn man nur die politischen Aktivitäten der letzten Jahre hernimmt, dann muß man leider feststellen,
daß eben seit geraumer Zeit, seit mehr als 8 Jahren, vor allem bei der sehr diskutierten Frage der
Zuschußrenten, der Übergangspensionen und der Zahlung der Ausgleichszulage sehr wenig
geschehen ist. Bundeskanzler Dr. Kreisky hat bei seiner Regierungserklärung damals darauf
verwiesen, daß er einen breiten Gürtel des Wohlstandes hier errichten möchte. Seitdem sind zwölf
Jahre vergangen und wir können nichts feststellen von diesem breiten Gürtel für alle
Bevölkerungsschichten.
Es werden die Pensionen jährlich um einen bestimmten Faktor angehoben, sodaß man auch eine
Dynamisierung hat, aber es kommt immer darauf an, von welch einer Basis man das ganze anhebt.
Die Einheitswerte sind immer angehoben worden und diese Erhöhung beläuft sich, wenn man das
Jahr 1983 noch zusätzlich hernimmt, auf ein Drittel seit 1974. Seitdem ist für diese Pensionen real
nichts geschehen, denn die Anpassungsfaktoren sowohl bei der Beitragsanhebung als auch bei der
Pensionsanhebung werden ja hier nicht wirksam.
Die SPÖ-bestimmte Macht der Bundesregierung bremste ganz bewußt die Fahrt zu mehr Wohlfahrt
für unsere Bauern eine lange Zeit ein. Die Österreichische Volkspartei aber wurde dennoch aktiv und
ließ nicht locker, die berechtigte soziale Absicherung, deren die bäuerliche Bevölkerung bedarf,
unermüdlich in der Öffentlichkeit aufzuzeigen. Darüber hinaus bemühten sich natürlich auch die
Interessenvertretungen, die Landwirtschaftskammern oder auch die Arbeitsgemeinschaft der
Bäuerinnen, die mit sehr viel Elan für die sozialen Interessen der Bäuerinnen kämpfen, sei es in
Veranstaltungen, sei es durch Aktionen, Diskussionen oder auch in Werbebroschüren usw. Ich kann
heute feststellen, wir waren letztendlich auf gewissen Gebieten erfolgreich. Ich konnte vor allem in
letzter Zeit so manche Besserung einheimsen. Sicher, in Anbetracht der bevorstehenden
Nationalratswahlen scheint eben die sozialistische Bundesregierung etwas mehr Herz für die Bauern
zu haben und man konnte ihr seitens der Vertretung der Bauernschaft einiges - längst fälliges, möchte
ich dazu sagen - hier abringen.
Mit der Einführung des längst gerechtfertigten Wochengeldes für die bäuerlichen Mütter ab 1. Juli
1982 wurde zum Beispiel ein solches Anliegen verwirklicht. Wir können als Landwirtevertreter stolz
sein, daß man für diese soziale Gruppe eine Hilfeleistung erringen konnte. Wir haben auch ganz
bewußt die Beitragserhöhung zu tragen. Die ÖVP hat zugestimmt, daß die Hälfte dieser Kosten die
Landwirte selbst zu tragen haben. Auch das muß man hier zur Kenntnis nehmen, damit man nicht so
tut, als würde alles vom Staat kommen.
Ich glaube, manche Betroffene sagen vielleicht sogar, daß man in Zeiten wie diesen kein
Sozialromantiker sein darf und auch keinen Utopien nachlaufen darf. Das soll aber auch nicht
wiederum heißen, daß es hier zu einem Sozialstopp kommen sollte, denn ich bin der vollen
Überzeugung, daß die sozialen Absicherungen nicht zum Stillstand kommen dürfen. Sie müssen
ständig den Bedürfnissen und den Gegebenheiten der Menschen angepaßt werden und diese sind
eben ständig in Bewegung und ständig in Veränderung. Daher nehmen wir auch als Landwirte die
Beitragserhöhungen von 0,4% der Beitragsgrundlage im Interesse unserer Mütter in Kauf und zur
Kenntnis und wünschen, daß diese Zielsetzung, unseren bäuerlichen Müttern hier Hilfe zu geben oder
Gleichberechtigung zu geben, auch im vollen Umfang wirksam wird.
Ich wollte die einkommensschwächste Gruppe in Österreich darstellen und ich möchte nochmals
bedeuten, Übergangspensionisten und Empfänger der Ausgleichszulage zur Pension sind Menschen,
die ein Leben lang viele harte Arbeit, viele entbehrungsreiche Arbeit geleistet haben für unseren Staat,
für das Essen, das täglich für uns auf dem Tisch steht, und auch dazu beigetragen haben, daß die
Natur in Ordnung geblieben ist. Sie haben ein Mehr geschaffen, einen Überfluß geschaffen, und ich
glaube, man sollte sie auch mit den nötigen Pensionen und Renten in einer menschenwürdigen Höhe
bedanken. Man hat einfach immer wieder verhindert, die Berechnung der Ausgleichszulage für diese
Pensionisten in Etappen günstiger zu gestalten.
Wenn Sie, Herr Kollege Bernkopf, hier einwerfen, die Bauern haben nichts gezahlt, dann
widersprechen Sie aber ganz gewaltig den Worten, die vorher der Abg. Bauer gesagt hat, denn er hat
nämlich hier ganz deutlich gesagt, daß diese Beiträge zu den Sozialversicherungsleistungen nicht
angespart werden, sondern sofort in Solidarität wieder ausbezahlt werden. Wir zahlen als selbständige
Bauern ganz gewaltige Sozialversicherungsbeiträge in Solidarität, damit die Menschen die
Krankenversicherungsleistungen in Anspruch nehmen können. (Abg. Bernkopf: Heute! Aber bisher?)
Das glauben Sie ja selber nicht, das stimmt ja gar nicht! Seit dem Jahre 1957 sind Beiträge
eingehoben worden, sicherlich in einer anderen Höhe als nach Verwirklichung der Bauernpension,
das ist ja ganz logisch. (Abg. Bernkopf: Wir sind doch nicht im Zwanzigerjahr!)
Der Großteil der bäuerlichen Renten, wenn nur eine Person pro Haushalt gegeben ist, beträgt bei den
Übergangspensionen zwischen 1.000 und 2.000 Schilling und zwar dadurch, daß eben die
Ausgleichszulage infolge der Anrechnung des fiktiven Ausgedinges nicht bezogen werden kann. Das
ist das große soziale Unrecht. Sie wissen ganz genau, daß auch bei den Sprechtagen sehr viele
Menschen zu uns kommen und das einfach nicht wahrhaben wollen. Sie fordern, etwas dagegen zu
tun, denn sie haben auch auf anderen Gebieten, sei es bei den anderen Abgaben, die zu tätigen sind,
vieles zu leisten und kommen dann sehr leicht in Geldnöte. Sie klagen nicht nur an, sondern sie
fordern auch, tut etwas für uns. Heute ist es in Österreich so, daß wir eine sehr breite Streuung der
Pensionshöhe aufzuweisen haben. Es gibt auch noch Fälle im Bereich der bäuerlichen
Sozialversicherung, die unter 1.000 Schilling zu liegen kommen und die keinen Anspruch auf eine
Ausgleichszulage geltend machen können. Auf der anderen Seite wissen aber auch unsere alten
Menschen genauso, daß es möglich ist, in Österreich über 100.000 Schilling im Monat zu bekommen,
und das verstehen unsere alten Menschen ganz sicherlich nicht. Ich stelle die Frage, ob die
Regierungserklärung des Bundeskanzlers Kreisky zum Beginn seiner Tätigkeit in Österreich wirklich
ernst gemeint war oder ob er von dieser Absicht, die er damals gehabt hat, schon abgerückt ist oder
sie aufgegeben hat. Man muß auch fragen, will der Finanzminister Salcher wirklich unsere alten
betagten Bürger in den Wald schicken, um Holz zu klauben, und hier vor allem auch die Altbauern? Ist
das wirklich seine Absicht? Ist er denn schon so betriebsblind geworden, daß er nicht weiß, daß heute
ein Großteil der Bauern überhaupt keinen Bauernwald besitzt? Wo sollen sie hingehen? Es gibt nur
eine ganz geringe Schichte, die selbst ihr Holz aufbringen können. Ich glaube, diese Zeiten erinnern
doch einigermaßen an die Situation vieler Menschen nach dem zweiten Weltkrieg, und ich möchte die
Frau Landesrat Prokop hier auffordern, ganz klar zu sagen, wie es in ihrem Referat wirklich steht, ob
auch die alten Bauern einen Anspruch auf den Heizkostenzuschuß haben. Ich würde mir hier, sehr
geehrte Frau Landesrat . . . (Abg. Reischer: Votruba! - LR. Prokop: Das ist ein Versprecher. Das kann
passieren!) Votruba, entschuldigen Sie, ist zuständiges Regierungsmitglied. Sie wissen es ja, ich habe
es verwechselt. Ich will natürlich hier der Frau Landesrat keine Kompetenz absprechen, es ist
natürlich Frau Landesrat Traude Votruba.
Die Österreichische Volkspartei, sehr geehrte Damen und Herren, hat immer aufgezeigt, daß für diese
Menschen etwas zu geschehen bat. Die zahlreichen Aktionen, Resolutionen, Vorsprachen beweisen
das und gerade auch wir vom Niederösterreichischen Landtag nützen jede Gelegenheit, um immer
wieder in schwierigen Lagen darauf hinzuweisen. Ich hatte im Vorjahr die Aufgabe, hier das Problem
der Bauern zu beleuchten aus ihrer sozialen Position. Ein Jahr vorher war es der Kollege Wilfing, der
hier auf die soziale Situation der Bauern eingegangen ist, und wir haben immer wieder
Resolutionsanträge über den Niederösterreichischen Landtag an die Regierung abgeschickt, um hier
ganz deutlich zu unterstreichen, wie ernst wir uns für unsere Menschen einsetzen. Die sozialistische
Fraktion hat, soweit ich mich erinnern kann, erfreulicherweise sogar voriges Jahr unserem
Resolutionsantrag auf Änderung der Ausgleichszahlungsbedingungen zugestimmt.
Am 12. März hat Sozialminister Dallinger darauf eine Antwort gegeben. Ich möchte nur einen Satz
daraus zitieren. Er schreibt: „Da sich die Höhe allgemein üblicher Ausgedingsleistungen in der Regel
nach der Ertragsfähigkeit des Betriebes richtet, erscheint es angebracht, auch die Bewertung des
Ausgedinges des übergebenen Betriebes als Maßstab heranzuziehen.“ Also ich kann nur sagen, das
ist sehr realitätsfremd, gelinde gesagt, denn es ist schon ganz eindeutig nachgewiesen worden vom
Kollegen Fidesser, daß heute das einem Einheitswert von 76.000 Schilling entsprechende
Ausgedinge bei weitem keinen Ersatz für die Ausgleichszulage darstellt. Damit schien die Debatte vor
allem für Sozialminister Dallinger erledigt. (Abg. Dr. Bauer: Darf ich einen Zwischenruf machen? Der
Herr Bundesminister Dallinger hat die Präsidentenkonferenz ersucht, sie wolle einen
Finanzierungsplan vorlegen und zwar einen mittelfristigen, um die Verhandlungen aufnehmen zu
können. Dieses Angebot liegt ein Jahr zurück. Bisher hat die Präsidentenkonferenz nicht reagiert!)
Herr Kollege Bauer, ich kenne die Arbeit unserer Bauernvertretung sehr gut und weiß, daß sie sehr
vorbildlich und korrekt arbeitet. Ich weiß aus Gesprächen, die ich vor Tagen geführt habe, daß die
Präsidentenkonferenz durch ihre Spitzenvertreter und auch durch ihre Sozialversicherungsreferenten
immer wieder im Sozialministerium vorstellig wurde, und ich kann mir nicht vorstellen, daß das nicht
zur Sprache gekommen ist. (Abg. Dr. Bauer: Herr Kollege! Es ist sicher ein ganzes Jahr keine
Reaktion erfolgt. Es gibt keine mittelfristige Finanzierung für dieses Anliegen!)
Es sind auch sehr viele Dinge, die für die Bauernschaft positiv sind, in die sechste BauernSozialversicherungsnovelle auf genommen worden, ich will das nicht verheimlichen. Der Kollege
Bauer hat das schon angeschnitten. Und zwar, wie er schon erwähnte, bringt die durchschnittliche
Anrechnung der letzten 10 Jahre vor Pensionsantritt bei den Übergangspensionen sicherlich eine
geringfügige Erhöhung der Ausgleichszulage, desgleichen der Stopp für ein Jahr des
Anrechnungsfaktors. Nun muß man immer wieder sagen, von welcher Basis das ausgeht. Was bringt
einem Übergangspensionisten eine Erhöhung von 1.500 auf 1.600 Schilling? Das ist sicherlich eine
Anerkennung, aber diesen Weg, den wir schon jahrelang forderten, hätte man auch schon in früheren
Jahren gehen sollen, dann hätte man eine wahre soziale Gesinnung gegenüber den Bauern
feststellen können. Aber nicht in einem Vorwahljahr auf einmal einige kleine Verbesserungen
durchführen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich darf aus diesem aktuellen Anlaß heraus einen Resolutionsantrag
an den Niederösterreichischen Landtag stellen (liest):
Resolutionsantrag
des Abg. Hiller zu Gruppe 4 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1983:
„Der Landtag hat sich bereits des öfteren mit dem Problem der unzumutbaren Höhe des bäuerlichen
Ausgedinges im Bereich der Sozialversicherung befaßt.
In Beantwortung der anläßlich der Budgetdebatte zum Voranschlag 1982 vom Landtag beschlossenen
Resolution ist dem Landtag ein Schreiben des Bundesministeriums für soziale Verwaltung
zugegangen, in dem festgehalten ist, daß der Erfüllung der Forderung auf Herabsetzung des fiktiven
Ausgedinges schwerwiegende Bedenken entgegenstehen. Durch die sechste Novelle zum BauernSozialversicherungsgesetz, die in den letzten Tagen als Regierungsvorlage dem Nationalrat zur
parlamentarischen Behandlung zugeleitet wurde, sind im Bereich des „fiktiven Ausgedinges“
Änderungen dahingehend vorgesehen, daß die mit 1. Jänner 1983 vorzunehmende automatische
Erhöhung des Ausgedingepauschales für das Jahr 1983 ausgesetzt wird und als
Bemessungsgrundlage für die Berechnung des fiktiven Ausgedinges der Durchschnittsbetrag des
Einheitswertes aus den letzten 10 Jahren vor der Übergabe des bäuerlichen Betriebes heranzuziehen
ist. Bisher wurde das fiktive Ausgedinge vom höchsten Einheitswert der letzten 10 Jahre vor der
Übergabe des bäuerlichen Betriebes gerechnet.
Diese Regelungen werden für die betroffenen Pensionisten, die durchwegs Bezieher kleiner
Einkommen sind, Verbesserungen bringen. Die monatliche Pension wird sich durchschnittlich um S
100,- erhöhen.
Die durch die sechste Novelle zum Bauern-Sozialversicherungsgesetz eintretenden Milderungen sind
als erster Schritt zum Abbau des bei der Ermittlung der Ausgleichszulage anzurechnenden fiktiven
Ausgedinges anzusehen.
Um jedoch denjenigen Pensionisten, denen eine Ausgedingsleistung anzurechnen ist, ein zur
Deckung der dringendsten Lebensbedürfnisse ausreichendes Einkommen zu sichern, müßten die
Regelungen über die Anrechnung des fiktiven Ausgedinges noch weiter verbessert werden. Eine
Möglichkeit bestünde darin, die aufgrund des Anpassungsfaktors vorzunehmenden Erhöhungen des
fiktiven Ausgedinges nicht nur für das Jahr 1983 sondern für mehrere Jahre auszusetzen.
Darüberhinaus sollte in all jenen Fällen, in denen ein Ausgedinge überhaupt nicht geleistet werden
kann, wie z. B. bei Versteigerungen oder wenn der Altbauer nur Pächter war bzw. sonst keinen
Betriebsnachfolger hat, die Anrechnung eines fiktiven Ausgedinges überhaupt entfallen.
Die Landesregierung wird daher aufgefordert, bei der Bundesregierung neuerlich auf eine
Verbesserung der Bestimmungen über die Anrechnung des fiktiven Ausgedinges zu dringen."
Ein weiteres Anliegen, sehr geehrte Damen und Herren, seitens der Österreichischen Volkspartei ist
es seit Jahren, eine Besserstellung der bäuerlichen Witwen endgültig zu erreichen. Diesen vom
Schicksal doch sehr hart betroffenen Frauen haben die Regelungen im Sozialversicherungsgesetz so
manche Barriere gegeben. Durch den Verlust des Ehegatten entstehen vor allem sehr viele soziale
und betriebliche Härten, denn es ist doch immer wieder der Betriebsführer, der die Hauptarbeitskraft
darstellt. Sehr wesentlich wäre es hier, sozialrechtliche Bestimmungen dahingehend zu erwirken, daß
auch bei Gewährung einer Witwenpension der Betrieb eine Chance hat und von den nachfolgenden
Kindern auch in Zukunft bewirtschaftet werden kann. Wir wissen nämlich sehr wohl, sehr geehrte
Damen und Herren, aus der Praxis, daß es, wenn einmal ein Witwenbetrieb verpachtet ist, nur in den
seltensten Fällen dazu kommt, daß die Kinder in der Landwirtschaft verbleiben. Das wäre sicherlich
sehr schade, vor allem in Anbetracht lauf die fehlenden Arbeitsplätze, wie sich immer mehr
herausstellt. Nun ist es so: Führen sie den Betrieb weiter, so haben sie nach dem BauernSozialversicherungsgesetz derzeit keinen Anspruch auf eine Witwenpension. Dies stellt nun wieder
eine arge Benachteiligung gegenüber Witwen in anderen Berufen dar. Bewirtschaftet sie einen Betrieb
mit mehr als 33.000 Schilling Einheitswert, das sind in meinem Heimatbereich rund 2 ha, so tritt ein
Ruhen dieser Pension ein. Schon wegen dieser Benachteiligung, sehr geehrte Damen und Herren,
resignieren sehr viele Witwen und geben den Betrieb auf, damit sie doch eine Witwenpension in
Anspruch nehmen können. Ich bin überzeugt davon, daß alles getan werden müßte, um diesem
Unrecht Abhilfe zu schaffen und diese Betriebe halten zu helfen. Daher sollten auch für die
bäuerlichen Witwen jene großzügigen Ruhensbestimmungen gelten, die für andere Witwen nach dem
Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz gelten. Diese Forderung wird nun schon zum wiederholten
Male hier vom Rednerpult vorgetragen aus Gründen der Gerechtigkeit aber auch, wie ich glaube, aus
Gründen der Humanität.
Wohl sehr viel Tragik, sehr geehrte Damen und Herren, beginnt für so manche Familie, wenn durch
ein Gebrechen oder durch andere Einflüsse ein Mensch einen wesentlichen Teil seiner Gesundheit,
seiner körperlichen Bewegungsfreiheit oder seiner Leistungsfähigkeit einbüßt. Die heutige moderne
Gesellschaft ist trotz aller Vorkehrungen voller Gefahren, bedingt durch den zunehmenden Verkehr,
die Mechanisierung, die Technik, aber auch die Chemie und vieles mehr. Gerade die Landwirtschaft
ist, wie die Unfallstatistik beweist, eine Berufssparte, die hier eine sehr große Häufigkeit von Fällen
aufweist, bedingt vor allem durch die große Vielfalt an Produktionssparten, die die verschiedensten
Maschinen und Geräte voraussetzen, die oft nur ganz kurz eingesetzt werden und, wodurch so
mancher bäuerliche Kollege nicht immer die größte Fertigkeit hat und umso mehr in Unfallgefahr
kommt, sind eine große Gefahrenschwelle bei der landwirtschaftlichen Arbeit. Natürlich auch der
Umgang mit den Tieren im Stall. Laut Statistik sind hier die großen Gefahren seitens der
Unfallversicherung ausgewiesen. Durch Fälle und Stürze sind 38% der Unfallsfälle angefallen, durch
Maschineneinsatz 12 %, durch den Umgang mit Tieren 11 %. Auch die Waldarbeit stellt eine für das
Wohl und die Gesundheit sehr risikoreiche Tätigkeit der Bauern dar. Es wird wohl durch die moderne
Unfallchirurgie in den Spitälern so manches Positive und Unglaubliche geleistet und so mancher
Unfallschaden kann Gott sei Dank abgeschwächt oder gar behoben werden, jedoch muß man sagen,
auch heute ist noch nicht alles machbar. Es ist der verbleibende Grad an Invalidität für die
Anrechnung bei der Unfallversicherung von Bedeutung, so wie es überall der Fall ist. Und ich glaube,
daß es gerade die schwer Versehrten hier besonders arg trifft, die ja dann in einem
landwirtschaftlichen Betrieb auf Grund der harten Arbeit überhaupt nicht mehr eingesetzt werden
können. Es fällt bei der Betrachtung dieser Situation auf, daß die durchschnittliche Invalidität gerade
bei den bäuerlichen Geschädigten weit höher ist als der Bundesdurchschnitt.
Nun, damit liegt auch schon meine Forderung auf dem Tisch. Es ist angebracht, hier eine globale
Anhebung der Unfallrenten zu bewirken, um einen persönlichen und vor allem auch wirtschaftlichen
Nachteil finanzieller Natur abzuschwächen. Seitens der ÖVP und der bäuerlichen
Interessenvertretung wird im Hinblick auf die Budgetsituation des Bundes eine Etappenlösung
vorgeschlagen. Es sollen zuerst einmal die Schwerversehrten in der Landwirtschaft eine
angemessene Hilfe erfahren, sowie auch die betriebsfortführenden Witwen nach einem tödlichen
Unfall des Ehegatten. Dies ist jene Personengruppe, die am meisten an ihrem Schicksal leidet. Die
Unfallversicherungen haben sich dies auch als Hauptaufgabe gestellt, als sie gegründet wurden, und
die landwirtschaftliche Unfallversicherung ist auf diesem Gebiet schon eine sehr alte soziale
Einrichtung, sie wurde bereits 1927 gegründet. Es heißt zwar immer, was alt ist, ist gut, und deshalb
ist diese Anstalt auch sicherlich gut, ich glaube aber, daß es doch sehr wesentlich ist, wie sehr die
Effizienz dieser Anstalt bei dieser Aufgabe für die Bauern gegeben ist. Und hier, glaube ich, liegt es
ganz besonders im argen. Mit einer durchschnittlichen Rentenhöhe von nur S 763,- im Monat liegt die
Rentenleistung bei einem Drittel der monatlichen Durchschnittsleistung der Allgemeinen
Sozialversicherung. Ich glaube, das sagt schon sehr viel. So bezieht ein Versehrter mit 40%
Erwerbsunfähigkeit, das ist z. B. Amputation eines Unterschenkels, S 740,- pro Monat. Also wenn das
ein Ersatz ist, dann weiß ich nicht. Mit 60% Minderung der Erwerbsfähigkeit - da gilt er schon als
Schwerversehrter - bezieht er dann knapp S 1.500,-. Ich glaube, mit solchen Leistungen kann man
heute bei weitem keine Ersatzarbeitskraft bezahlen, und der Aufgabe, die sich die Unfallversicherung
gestellt hat, hier die finanziellen Verluste wirtschaftlich abzugelten, entspricht das ganz einfach nicht.
Nach den Vorstellungen der Österreichischen Volkspartei sollte auch hier mit den dringendsten
Verbesserungen in Stufen baldigst begonnen werden, Die Verdoppelung der beschämend niedrigen
Renten für Schwerversehrte und betriebsfortführende Witwen sollte in einer ersten Stufe
vorgenommen werden. Eine zweite Verbesserung sollte dann eine Verdoppelung aller Renten sein,
wie dies 1976 bei den Unfallrenten der gewerblichen Wirtschaft geschah. Die Kosten der ersten Stufe
würden ca. 60 bis 70 Millionen Schilling betragen, wobei man wissen muß, daß in den vergangenen
Jahren jeweils 100 Millionen Schilling aus den gesetzlich geforderten Beiträgen von den Landwirten
und dem Bund bei einem fixierten Verhältnis von 3 : 1 abgezweigt und in die Pensionsversicherung
übergeführt wurden. Bei der geringen Höhe dieser Unfallrenten und der Tatsache, daß da auch noch
rund 20% der vorhandenen Mittel anderwärtig verwendet werden, besteht wohl die absolute
Berechtigung, daß die Bundesregierung hiefür durch entsprechende Gesetze und Dotierung die
Voraussetzungen schafft.
Ich stelle auch hierzu einen Resolutionsantrag (liest):
Resolutionsantrag
des Abg. Hiller zu Gruppe 4 des Landesvoranschlages für das Jahr 1983:
„Im Rahmen der Sozialversicherung ist die Unfallversicherung in erster Linie eine Absicherung der
Erwerbstätigen und ihrer Angehörigen gegen unvorhersehbare berufliche Unfallgefahren und
darüberhinaus eine Existenzsicherung nach dem Eintritt eines Unfalles. Die Rentenleistung ist jedoch
bei Unfällen in der Land- und Forstwirtschaft derart gering, sodaß die Unfallversicherung dieser
Zielsetzung nur teilweise entspricht. Die Unfallrente beträgt derzeit mit durchschnittlich S 763,monatlich nur ein Drittel jener Unfallrenten, die von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt
bezahlt werden.
Die Unfallrente sollte ursprünglich dazu ausreichen, daß eine Ersatzarbeitskraft bezahlt werden kann.
Auf Grund der geringen Höhe kann die Unfallrente diese Funktion heute nicht mehr erfüllen.
Es wäre daher erforderlich, zumindest eine schrittweise Verbesserung in der Unfallversicherung
vorzunehmen, wobei als erste Etappe die Verdoppelung der Renten für Schwerversehrte und für die
den Betrieb weiterführende Witwe vorzusehen wäre. Als weiterer Schritt sollten dann alle bäuerlichen
Unfallrenten verdoppelt werden und damit – wie dies bis 1976 der Fall war - wieder den Unfallrenten
der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen angeglichen werden.
Die durch die Verbesserungen anfallenden Kosten könnten im überwiegenden Ausmaß durch jenen
Betrag abgedeckt werden, der der bäuerlichen Unfallversicherung jährlich entzogen wird, indem 100
Millionen Schilling für die bäuerliche Pensionsversicherung umgewidmet werden.
Die Landesregierung wird daher ersucht, bei der Bundesregierung, insbesondere beim
Bundesminister für soziale Verwaltung im Sinne der Antragsbegründung auf eine Erhöhung der
Unfallrenten in der land- und forstwirtschaftlichen Unfallversicherung zu dringen."
Sehr geehrte Damen und Herren, ich darf zum Schluß kommen. Ich möchte noch einmal ausdrücklich
feststellen, daß vor allem die Menschen im Bauernstand nicht mit Sozialleistungen verwöhnt werden,
daß aber diese Menschen dieser Einrichtungen und Leistungen immer mehr bedürfen. Es kann auch
nicht bestritten werden, daß die landwirtschaftlichen Betriebe durch ihre Beitragszahlungen in die
bäuerliche Sozialversicherung ihren Teil leisten müssen. Die Bauern sollen daher nicht Menschen
zweiter Ordnung im Staate sein, denn sie leisten ihren Teil zum Wohle aller. Die Ernährer des Volkes,
dem Gestalter der Umwelt sollte eine große Wertschätzung widerfahren. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Als nächste zum Wort gelangt Frau Abg. Lusetzky.
Abg. LUSETZKY: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Laut einer Umfrage des vergangenen
Herbstes sagten 89% der Niederösterreicher, eine sachliche Diskussion ist den politischen
Streitereien vorzuziehen. 86% der Niederösterreicher sagen, die Parteien sollen die Probleme
sachlicher diskutieren als sie es jetzt tun. Ich fühle mich diesen Niederösterreichern verpflichtet. Es ist
aber natürlich nicht völlig auszuschließen, daß bei einer Budgetdebatte die Redner auch vom Bund
sprechen.
Wie Herr Landeshauptmannstellvertreter Dr. Pröll in seiner Budgetrede gestern sagte, werden durch
die Aufteilung der Mittel auf vielen wichtigen Gebieten auch im Sozialbereich Prozesse gestartet und
gefördert, die von größtem Einfluß nicht nur auf das öffentliche Leben sind, sondern auch für jeden
Menschen. Das Ausmaß der heutigen Sozialpolitik mit Sozialministerium, mit Sozialversicherungen,
mit ständig steigenden Sozialaufgaben auf allen Ebenen läßt einen unwillkürlich fragen, wie denn die
Menschheit Jahrtausende ohne diese wichtigen Hilfen überlebt hat. Sicher, es haben noch nie so viele
Menschen materiell so gut gelebt wie heute. Es gab im größeren Ausmaß karitative Einrichtungen wie
die Klöster, aber vor allem hat der soziale Auffangmechanismus der intakten Großfamilie gewirkt.
Trotz all' dieser Einrichtungen war bestimmt nicht alles ideal gelöst. Daß es bei bester Absicht auch
heute nicht immer leicht ist, allen Menschen und Problemen gerecht zu werden, wissen wir alle.
Ich möchte einen besonders aufschlußreichen Fall aus dem Sozialbereich hier anführen. Es steht
allgemein außer Zweifel, daß alleinstehende Mütter besonderer Hilfe bedürfen. Daher wurde die
Notstandshilfe, also ein erhöhtes und verlängertes Karenzgeld, geschaffen. Diese Maßnahme hat
aber sehr schnell dazu geführt, daß die jungen Leute nicht mehr heiraten, wenn ein Kind kommt. Sie
leben zusammen, kassieren aber sehr viel mehr als jene jungen Paare, die verheiratet sind. Die
wirklich alleinstehenden Mütter, für die diese Maßnahme geschaffen wurde, können es sich aber fast
nie leisten, von der Notstandshilfe mit einem oder womöglich mehreren Kindern drei Jahre zu leben.
Abgesehen davon haben sie die berechtigte Angst, nach einer derartig langen Berufspause keine
Chance mehr in ihrem Beruf zu haben. Daher gehen diese Frauen sehr schnell wieder ins
Erwerbsleben zurück und müssen ihre Kinder staatlichen Erziehungseinrichtungen anvertrauen, die,
wie wir inzwischen wissenschaftlich bewiesen bekamen, eine Familie nicht ersetzen können.
Obendrein tragen dann diese Mütter noch mit ihrer Arbeitsleistung dazu bei, daß an viele Leute, die
sicher auch ohne Notstandshilfe ganz gut lebten, eine Notstandshilfe ausgezahlt werden kann. Und
noch einen ungeheuer negativen Effekt gibt es meiner Meinung nach in dieser Situation. Die jungen
Leute werden von ihrem Verantwortungsbewußtsein ihrer Familie gegenüber und von ihren bisher
recht positiven Einstellungen der Familie gegenüber sozusagen weggefördert mit Staatsgeldern, das
heißt also mit unser aller Geld.
Dieses Beispiel zeigt, wie schwierig, aber auch wie ungeheuer wichtig es gerade in einer Zeit ist, in
der sich die Strukturen dauernd verändern, in der die Mittel nicht mehr in beliebiger Höhe zur
Verteilung da sind, jenen Menschen wirksam zu helfen, die wirklich Hilfe brauchen. Es zeigt sich aber
auch dadurch, wie schwierig das Leben in allen Bereichen wird, vor allem auch für die öffentlichen
Institutionen und Einrichtungen, wenn die Familie etwa aus ideologischen Gründen in Frage gestellt
wird oder nicht funktioniert hat, aus welchen Gründen immer.
Wer sich heute für eine Familie entscheidet, muß dieser Entscheidung eine große gesellschaftliche
und finanzielle Benachteiligung auf sich nehmen. Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen rutschen
immer mehr Familien unter die Armutsgrenze. Ich habe es hier, ich kann es Ihnen sofort zeigen. Vor
allem Alleinerhalter mit mehreren Kindern. Natürlich kann man es so machen wie der Herr Abg.
Wagner und alle Aufwendungen, die man im Laufe des Jahres für die Familie macht,
zusammenzählen, noch dazuzählen die Schule und eventuell alle möglichen Einrichtungen, die jeder
Mensch im Laufe seines Lebens einmal benützt, unter Umständen die Luft zum atmen, die ja
bekanntlich auch immer teurer wird, dann kommt schon eine große Summe heraus, die man den
Familien gibt. Aber das hieße es sich zu einfach machen. Ich habe hier einen Beweis dafür. Daß eben
Alleinverdiener mit Kindern unter die Armutsgrenze fallen, geht hervor aus dem Mikrozensus vom Juni
1981. Er beweist eben, daß ein Alleinverdiener mit zwei Kindern im Pro-Kopf-Einkommen unter das
Existenzminimum fällt. Das sind die letzten und neuesten Zahlen. Ich weiß nicht, ob diesem
Alleinverdiener sehr damit geholfen ist, wenn man ihm vorrechnet, daß z. B. die Schule ja auch
Kosten verursacht.
Unter diesen Umständen ist es unverantwortlich und eventuell bezeichnend, daß die Familienbeihilfe
die einzige Beihilfe ist, die nicht automatisch mit der Geldentwertung angehoben wird, und daß die
Mittel aus dem Familienlastenausgleich seit Jahren zweckentfremdend verwendet werden. Trotz
jahrelanger besorgter Kritik von Seiten der ÖVP und des Rechnungshofes - ich kann auch das
beweisen bitte - wurde der Fonds systematisch so ausgeräumt, daß er spätestens im Mai 1983 leer
sein wird. Und das, obwohl Experten errechnet haben, daß während der ersten 10 Jahre der
sozialistischen Regierung die finanziellen Hilfen an die Familien um 30% abgebaut wurden. (Abg.
Kautz: Wer sagt das?) Die finanziellen Hilfen, das kann ich auch beweisen. Die Zahl der
Familienbeihilfen wurde z. B. von 14 auf 12 reduziert, das ist unbestritten, Herr Abg. Stangl. Die
Beiträge wurden erhöht, auch unbestritten, aber in Summe bitte wurde den Familien weniger
ausbezahlt. Wenn man sich immer wieder der Sachleistungen rühmt Schulbücher, Schulfreifahrten, so
sind diese Sachleistungen Dinge, die den Familien um ihr Geld nach Abzug des Aufwandes, der
immer bei zentral gesteuerten Aktionen entsteht, gekauft werden, ob sie sie brauchen oder nicht.
(Abg. Stangl: Frau Kollegin, wir haben auch Kinder gehabt und wissen, was wir für Schulbücher
ausgegeben haben!) Ich rede bitte von der derzeitigen Situation, Herr Abg. Stangl. Ich habe jetzt
Kinder. Die Reserven des Familienlastenausgleiches wurden bitte - auch das ist beweisbar, Herr Abg.
Stangl - zugunsten der Postsparkasse unwahrscheinlich nieder angelegt. Allein heuer wurden aus
dem Fonds 2,8 Milliarden für Fremdleistungen entnommen. (Abg. Wagner: Welche Fremdleistungen?)
Ich frage Sie, Herr Abg. Wagner, (Unruhe - Zweiter Präsident Pospischil nach Abgabe des
Glockenzeichens: Bitte um Ruhe.) welche andere große Gruppe im Staat ließe es sich bieten, daß
man ihr die zustehenden Mittel nicht nur vorenthält, sondern mit diesen so wirtschaftet, daß der
gesamte Fonds kurz vor der Pleite steht?
Und wenn Herr Klubobmann Lechner uns gestern gefragt hat, was denn Herr Dr. Mock und die ÖVP
anders machen würden, so darf ich sagen, das zum Beispiel würden Herr Dr. Mock und die ÖVP
anders machen und ich bin überzeugt, daß die österreichischen Familien dafür dankbar wären, wenn
unsere Vorschläge diesbezüglich verwirklicht würden. (Beifall bei der ÖVP.) Laßt es uns probieren
nach der nächsten Wahl! Durch Übertragen der Fremdleistungen auf das ordentliche Budget zum
Beispiel und durch besseres Wirtschaften und Anlegen könnte man dem Fonds 10 Milliarden
erwirtschaften. Ich habe hier die erläuternden Bemerkungen zum Entwurf eines
Familienlastenausgleichsgesetzes aus dem Jahre 1967, also aus der Zeit, weil Sie so gerne von der
Vergangenheit sprechen, wo die ÖVP die Regierungspartei war. Und da steht: „Der Ausgleich der
finanziellen Mehrbelastung, die die Ernährung, Bekleidung, häusliche Unterbringung und Erziehung
von Kindern verursacht", (Unruhe bei den Sozialisten.) - darf ich Ihnen das vorlesen, Herr
Abgeordneter, ich habe Ihnen gestern auch brav zugehört, obwohl mir auch nicht alles gefallen hat –
„ist nicht nur eine Forderung der sozialen Gerechtigkeit, sondern auch eine gesellschaftliche
Existenznotwendigkeit." Oder: „Bei dem vorliegenden Gesetz handelt es sich daher zunächst um den
ersten Schritt zu einem allgemeinen Familienlastenausgleich. Solang es nicht möglich ist, die
finanziellen Lasten sofort vollständig auszugleichen, wird der Fehlbetrag zwischen den tatsächlichen
Lasten und den ausgezahlten Beihilfen mit steigender Kinderzahl immer größer. Es ist daher
erforderlich, daß die Beihilfen für jedes weitere Kind progressiv steigen. Die Beihilfen sollen in ihrem
endgültigen Ausmaß eine solche Höhe erreichen, daß auch der kinderreichen Familie eine
auskömmliche Lebensgestaltung möglich ist." Dazu bitte stehen wir noch heute, das gilt für uns noch
heute. Für uns ist die Familie eine erhaltenswürdige und im höchsten Maß förderungswürdige Form
des menschlichen Zusammenlebens, die bestmögliche Form.
Ich stelle daher folgenden Antrag (liest):
Resolutionsantrag
der Abg. Lusetzky zur Gruppe 4 des Voranschlages des Landes Niederöstereich für das Jahr 1983,
Ltg.-450:
„Die Familien, deren entscheidende Bedeutung für die Gesellschaft wohl unbestritten ist, kommen
insbesondere in Zeiten mit schwieriger Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage in immer größere Probleme.
Besonders kinderreiche Familien leben in der Mehrzahl der Fälle kaum viel über und manchmal unter
der Armutsgrenze. Die Familienbeihilfe ist zuletzt am 1. 1. 1981 ca. 10% und am 1. 1. 1982 um den
Betrag von S 150,- für Kinder ab dem 10. Lebensjahr erhöht worden. An einer laufenden Anpassung
der Familienbeihilfe an die Höhe der Lebenshaltungskosten fehlt es. Auch wird nicht berücksichtigt,
daß Familien mit mehreren Kindern durch das
derzeitige System schlechter gestellt werden, weil die Spürbarkeit unzureichender Beihilfen diese
Familien vermehrt betrifft.
Dazu kommt noch, daß der Familienlastenausgleichsfonds in eine immer schwierigere finanzielle Lage
gerät. Dies einerseits deshalb, weil eine Reihe von anderen Maßnahmen, wie Unfallversicherung,
Gesundheitsvorsorge, Unterhaltsvorschuß, Karenzurlaubsgeldbeiträge daraus finanziert und
andererseits die Beiträge der Dienstgeber vermindert wurden, sodaß für heuer bereits mit einem
Defizit von an die 4 Milliarden Schilling gerechnet werden muß.
Die schwierige soziale Lage der Familien und ihre große Bedeutung für den Staat erfordern es, hier
schnellstens Abhilfe zu schaffen.
Die Landesregierung wird daher aufgefordert bei der Bundesregierung dahin zu dringen, daß
1. die Familienbeihilfen zumindest entsprechend den durchschnittlichen Gehaltserhöhungen alljährlich
angehoben werden,
2. die Berücksichtigung der Kinderzahl bei der Höhe der Beihilfen wieder eingeführt wird,
3. die besonderen Ausgaben der Familien im Steuersystem genauso wie Sonderausgaben in anderen
Bereichen Berücksichtigung finden und
4 Vorsorge für eine ausreichende finanzielle Ausstattung des Familienlastenausgleichsfonds getroffen
wird.“
(Dritter Präsident Romeder übernimmt den Vorsitz.)
Neben der materiellen Aufwertung der Leistung für die Familien ist aber ein ganz schwieriges Problem
für die heute in den meisten Fällen berufstätigen Mütter zu lösen, nämlich das Zeitproblem. Das
Problem unserer Zeit scheint überhaupt das Zeitproblem zu sein. Kinder brauchen vor allem die Zeit
ihrer Eltern. Aus einer vor kurzem veröffentlichten Mikrozensuserhebung des Statistischen
Zentralamtes geht hervor, daß Frauen in Österreich derzeit im Durchschnitt täglich um eine Stunde
weniger Freizeit haben als Männer. Männer verbringen lediglich eine Stunde und 34 Minuten mit
Tätigkeiten für Haushalt, Garten und Kinderbetreuung, Frauen aber fünf Stunden und 22 Minuten.
Eine Selbständige z. B. mit Familie, auch das ist statistisch erwiesen, arbeitet wöchentlich mehr als 80
Stunden.
Die derzeit bestehende körperliche und seelische Doppelbelastung der Frauen könnte durch folgende
Maßnahmen entscheidend vermindert werden: Durch Einführung der Teilzeitarbeit im Bereich des
Bundes. Im niederösterreichischen Landesdienst gibt es die Teilzeitarbeitsmöglichkeit zumindest für
weibliche Dienstnehmer. Durch Bereitstellung eines größeren Angebotes von Teilzeitarbeitsplätzen in
der privaten Wirtschaft. Durch Förderung neuer Arbeitszeitmodelle aus Mitteln der
Arbeitsmarktförderung sowie die verstärkte Einführung flexibler Arbeitszeiten. Das wären
Innovationsmaßnahmen mit einer ungeheuer dynamischen und menschlichen Komponente.
Eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung würde nicht nur mehr persönliche Freiheit bringen, mehr
Möglichkeiten für die berufliche Weiterbildung oder Freizeitgestaltung, aber auch viel mehr
Möglichkeiten für die Familie, sondern sie ist auch im Zusammenhang mit der Schaffung zusätzlicher
Arbeitsplätze interessant. So belegte vor einiger Zeit eine Untersuchung, daß die neuen
Arbeitszeitmodelle wie das „job-sharing“, also das Teilen eines Arbeitsplatzes oder Teilzeitangebot
weitaus vielversprechendere Maßnahmen zur Verhinderung der Zunahme der Arbeitslosigkeit sind,
als wenn die Arbeitszeit linear verkürzt wird und alle Arbeitnehmer in das Zwangskorsett einer
vorgeschriebenen Wochenarbeitszeit gepreßt werden.
Eine der Voraussetzungen für diese Änderungen im Arbeitsbereich ist natürlich eine gerechte
Entlohnung. Die Männer verdienen heute um die Hälfte mehr als die Frauen; diese Differenz hat sich
in den letzten Jahren sogar um 10% vergrößert, obwohl die Frauen immer besser ausgebildet werden.
Wir haben allerdings in den letzten Jahrzehnten so viele Ungerechtigkeiten mit gemeinsamen
Anstrengungen aus der Welt schaffen können, daß ich überzeugt bin, daß auch diese letzte
benachteiligte Gruppe im Staat, eine der letzten, auch noch ihre Probleme wird meistern können,
natürlich mit Ihrer Hilfe.
Daß auf dem Gebiet der Familienförderung in den nächsten Jahren viel zu tun sein wird, ist wohl
unbestritten. Wir haben ein Jugendgesetz, wir haben ein Seniorengesetz und eine vielversprechende
Bestätigung für familienfreundliche Aktivitäten ist das Niederösterreichische Familiengesetz, das
möglichst noch heuer im Landtag verabschiedet werden soll. Landeshauptmann Ludwig hat namens
der Niederösterreichischen Landesregierung ab 1. Juli dieses Jahres alle Interessenvertretungen der
niederösterreichischen Familien zu einer Enquete eingeladen, bei der er sich nachdrücklich für eine
bestmögliche Familienförderung einsetzte. Der ÖVP-Landtagsklub hat dann mit einem Initiativantrag
die Vorarbeiten für ein Niederösterreichisches Familiengesetz eingeleitet. Das Gesetz hat die
Anregungen zur Basis, die bei der Familienenquete gemacht wurden. Dazu gehören die Schaffung
einer Interessenvertretung als öffentlich rechtliche Körperschaft, Begutachtungsrecht bei Gesetzen,
Behördenservice für Familien, Förderung privater Familieninitiativen und vieles mehr. Es ist mir auch
klar, Herr Abg. Wagner, daß eine Million nur ein Anfang ist, aber ich muß Ihnen sagen, mir sind die
Familien so viel wert, daß ich dankbar bin für alles, was für sie gemacht wird, auch einmal für eine
Million. (Beifall bei der ÖVP.)
Der Gesetzentwurf war zur Begutachtung ausgeschickt und ist nun vom Verfassungs- und
Rechtsausschuß zu behandeln. Ich darf für die Abgeordneten der ÖVP sagen, daß wir bereit sind,
dieses Gesetz für die niederösterreichischen Familien noch heuer zu verabschieden, und ich hoffe
sehr, daß alle Abgeordneten dieses Hauses alles daran setzen, um die Familien Niederösterreichs bei
ihrer verantwortungsvollen Aufgabe zu unterstützen, um unseren Kindern und damit uns allen den
Weg in die Zukunft zu erleichtern. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Kenn. Ich erteile es
ihm. (Unruhe. - Dritter Präsident Romeder gibt das Glockenzeichen.)
Abg. KRENN: Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen
Hauses! Ich darf vielleicht doch mit ein paar Worten eingehen auf meine geschätzte Vorrednerin, die
hier vor allem mit Zahlen operiert hat, die man nicht so im Raum stehen lassen kann, weil sie nach
unserer Meinung nicht den echten Tatsachen entsprechen.
Eine grundsätzliche Feststellung: Ich weiß schon, daß Ihre Fraktionskollegin Frau Hubinek ja einiges
in den Raum gestellt hat, aber ich möchte hier feststellten und wenn Sie heute die Arbeiterzeitung
gelesen hätten, dann hätten Sie es auch erfahren, daß die Frau Staatssekretär Karl sehr eindeutig
darauf verwiesen hat, daß die ÖVP 1970, als die SPÖ die Regierung übernommen hat, einen
Schuldenstand für den Fonds in der Höhe von 3,4 Milliarden Schilling zurückgelassen hat. Das heißt,
der Bund mußte diese Schuld an den Fonds übernehmen. Einige Zahlen, die Sie sicherlich nicht
widerlegen können, mögen vielleicht jetzt hier Ihre Meinung . . . (Abg. Ing. Schober: Ist das wahr oder
steht das in der Zeitung?) Das können Sie, Herr Kollege, jederzeit untersuchen, das läßt sich jederzeit
feststellen.
Aber vielleicht einige Zahlen aus dem Familienlastenausgleich. Für Familienbeihilfen wurden 1974 9,4
Milliarden ausgegeben, für 1983 sind 26.300,000.000 Schilling präliminiert. Geburtenbeihilfen 337
Millionen - 1,5 Milliarden. Für Schulfreifahrten, Schülerbeihilfen, Freifahrten sind 3 , l Milliarden
Schilling vorgesehen. Und wenn man hier noch von den sonstigen Leistungen spricht, das sind die
Beiträge zum Karenzurlaubsgeld, Teilkostenersatz für Untersuchungen nach dem Mutter-Kind-Paß,
Unterhaltsvorschüsse, Beiträge zur Schülerunfallversicherung, Teilersatz für Aufwendungen für das
Wochengeld und Ersatz der halben Aufwendungen für die Betriebshilfe, wurden 1974 hiefür 11,8
Milliarden ausgegeben, präliminiert für das Jahr 1983 sind bereits 35,09 Milliarden Schilling. Ich
glaube, daß das alles Zahlen sind, die den Familien helfen und zwar nicht nur in Niederösterreich, in
Gesamtösterreich. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Prof. Wallner: Herr Kollege Krenn, gestern abend hat
Frau Staatssekretär Karl gesagt, daß vorübergehend aus dem Familienlastenausgleichsfonds größere
Entnahmen gemacht werden müßten, um die Wirtschaft zu stützen!) Das ist ja kein Novum, Herr
Professor, mag sein, ich kann das hier gar nicht bestreiten. Aber jedenfalls, Herr Professor, kommen
wir ja um eines nicht hinweg, daß diese Summen entweder präliminiert sind oder in etwas
verminderter Höhe ja schon ausgegeben worden sind. Und ich wage zu behaupten, es gab noch
keine Regierung in diesem Land, weder die Koalitionsregierung nach dem Zweiten Weltkrieg noch die
ÖVP-Alleinregierung, die so viel ausgegeben hat für Familien, als es die sozialistische Alleinregierung
bisher getan hat. (Beifall bei der SPÖ.)
Aber nicht nur das, ich glaube, auch das sind Zahlen, die man hier anführen kann: Im Jahre 1980/81
sind 141.442 Schüler in den Genuß der Schulfahrtbeihilfen gekommen, der durchschnittliche Aufwand
pro Kind betrug 1.500 Schilling, alles Beträge, die sonst ja die Eltern bezahlen mußten. Bei der
Schülerfreifahrt kann man feststellen, daß 1981/82 990.000 Schüler in den Genuß dieser
Schulfreifahrten gekommen sind und dafür wurden pro Schüler fast 3.000 Schilling ausgegeben,
genau 2.951 Schilling. Alles Beihilfen für die Familie, alles Beträge, die früher die Familien bezahlen
mußten.
Und wenn Sie heute hier einen Resolutionsantrag gestellt haben, der wieder auf der alten Basis steht,
Frau Kollegin, nämlich auf der steuerlichen Basis, dann bringt es vor allem denen nichts, denen wir
am meisten helfen müßten, denn die zahlen ja keine Steuern oder fast keine Steuern. Sie
unterstützen mit Steuerleichterungen ja nur wieder jene, die sich das sogar leisten könnten, von ihrem
Einkommen her gesehen. Sehen Sie, ich glaube, man sollte hier wirklich nicht mit Zahlen operieren,
die sicherlich - ich will sie gar nicht anzweifeln - aus Ihrer Sicht anders ausschauen als es den
Tatsachen entspricht. Und ich glaube, man sollte hier doch nicht Wahlreden halten, sondern zum
Budget sprechen und man sollte hier mit richtigen Zahlen operieren. Wenn man mit solchen Zahlen
kommt, die Fantasiezahlen sind, und die Behauptung hier aufstellt, (Abg. Ing. Schober: Warum
qualifiziert Ihr immer?) daß für die Familien nichts geschehen sei, meine Damen und Herren, dann
haben das die Zahlen, die ich hier vorgelesen habe, eindeutig widerlegt. Frau Kollegin, Sie können
hier nicht beweisen, daß in dieser Zeit der ÖVP Alleinregierung auch nur ein Bruchteil dessen gewährt
wurde an die Familien, was in der Zwischenzeit die sozialistische Alleinregierung gemacht hat. (Beifall
bei der SPÖ.)
Ich darf aber nun doch zu meinem eigentlichen Thema kommen. (Abg. Prof. Wallner: Sind das
absolute Zahlen oder Prozente? Es ist ja mittlerweile eine ungeheure Abwertung durchgeführt
worden!) Bitte, so ungeheuer nicht, Herr Professor. Ich würde der Weltwirtschaft wünschen, daß sie
nur eine solche Abwertung gehabt hätte wie Österreich. Darf ich aber nun zu dem Thema kommen, zu
dem ich mich eigentlich gemeldet habe, und darf ich hier vielleicht gleich zu Beginn eine Feststellung
treffen: Es scheint das Schicksal der sozialistischen Fraktion in diesem Hause zu sein, daß sie zwar
Anträge stellt, Anträge, die sehr fortschrittlich sind, daß diese aber zuerst einmal niedergestimmt
werden. Erst durch gewisse Aktionen werden sie dann anerkannt und von der ÖVP dann neu in
dieses Hohe Haus gebracht.
Ich kann mich erinnern, daß ich vor zwei oder drei Jahren zwar keinen Resolutionsantrag hier gestellt
habe, aber im Rahmen meiner Debattenrede hier gesagt habe, diese Stühle hier sind lebensgefährlich
mit den vier Füßen. Der damalige Finanzreferent Ludwig hat gelacht darüber, nur hat er scheinbar
noch kein Geld gehabt. Ich hoffe, daß der jetzige Landesfinanzreferent erkennt, nachdem er selbst
einen kleinen Unfall hatte, daß die wirklich lebensgefährlich sind, und – das meine ich sehr ernst - die
lebensgefährlichen Stühle gegen fünffüßige endlich austauschen möge. Ich hoffe, daß er in diesem
Budget einen Ansatz hat, woraus er diesen Betrag noch leisten kann, denn ich will nicht haben, daß
die Regierungsmitglieder oder die Präsidenten hier unter Lebensgefahr sitzen.
Aber so ging es uns ja nicht nur bei meinem damals vorgetragenen Antrag, der sicherlich kein
Resolutionsantrag und auch kein Aufforderungsantrag war, sondern so ging es uns, als wir 1976
einen Antrag gestellt hatten für eine Arbeitnehmerförderung in diesem Bundesland. Damals sind wir
niedergestimmt worden und erst mit einem ÖVP-Antrag, der dann modifiziert wurde, konnte - ich muß
sagen, einmalig - hier eine Budgetpost „Arbeitnehmerförderung" eingesetzt werden. Es hat dann
allerdings noch bis 1977 gedauert, bis wir hier einen funktionierenden Beirat hatten, und ich muß - ich
habe das auch vorvoriges Jahr getan - wirklich feststellen, daß es in diesem Beirat bzw. in dem
Unterausschuß möglich ist, über alle fraktionellen Gegensätze hinweg echt eine Zusammenarbeit zu
finden zum Nutzen der Arbeitnehmer. Es ist hier möglich, für Arbeitnehmer, die unverschuldet in Not
geraten in der verschiedensten Form oder Auslagen haben, sie mitunter selbst nicht tragen können,
helfend einzugreifen. Eine Einrichtung, die zu begrüßen ist und für die ich mich bedanken darf, weil
hier wirklich geholfen werden kann in direkter Hilfe und sehr unbürokratisch.
Wir haben auch alle Beschlüsse in diesem Ausschuß und auch im Beirat bis auf einen einstimmig
fassen können. Dieser eine Beschluß hatte zum Inhalt, daß man damals den Antrag gestellt hat, ca.
1,8 Milliarden (Abg. Anzenberger: Millionen!) Millionen Schilling für die Plakataktion zur Verfügung zu
stellen. Ich möchte mit aller Deutlichkeit sagen, Werbung muß vor allem der betreiben, der es
notwendig hat. Wir waren deshalb dagegen, weil wir glauben, daß diese 1,8 Millionen Schilling noch
viel zweckmäßiger, nämlich für den Zweck der Arbeitnehmerförderung hätten eingesetzt werden
können.
Und wir fürchten noch etwas, daß diese Werbeaktion auch abfärbt auf Abgeordnete Ihrer Fraktion. Ich
sage das mit aller Deutlichkeit, weil hier wieder etwas passiert ist. Schade, der Herr Kollege Fidesser
ist nicht hier im Raum. Wir haben bei einer der letzten Landtagsdebatten für eine Firma eine
Landeshaftung beschlossen und ich habe damals hier erklärt, daß ich sehr froh bin, daß es einmal
eine Firma gibt, die ohne schon in krasser Not zu sein, einen solchen Antrag stellt, um ihre
wirtschaftliche Potenz damit zu heben. Was ist aber passiert? Ich darf sagen, ohne jetzt eitel zu sein,
den Antrag hat die Firmenleitung gestellt nach einer Rücksprache mit mir vor einigen Monaten,
einfach weil ich seit dreißig Jahren diese Firma als Gewerkschaftssekretär betreue. Und nun ist der
Kollege Fidesser groß in die Zeitung mit der sozialen Tat des Landes gegangen. Natürlich war er
derjenige und nicht nur er, sondern die ÖVP hat hier einer Firma durch die Landeshaftung besonders
geholfen. Meine Damen und Herren, wenn hier jemand hilft, dann tun das wir alle und letzten Endes
sind es ja Steuermittel, die hier verwendet werden und das ist nicht einer Partei zuzuschreiben. Aber
der unangenehme Nebeneffekt ist und davon rede ich, ob das überhaupt Sinn hat, wenn man hier mit
persönlicher Werbung in eine Zeitung geht, um die Leistungen, die man persönlich glaubt zu haben,
hervorzustreichen. Damit erreicht man in Wirklichkeit gerade das Gegenteil von dem, was man
erreichen wollte mit dieser Landeshaftung, nämlich daß die Firma dadurch in Mißkredit gekommen ist
und daß die Kunden dann angefragt haben, ob es denn der Firma schon so schlecht gehe, daß sie
eine Landeshilfe brauche. Meine Damen und Herren, das ist nicht Sinn und Zweck und ich würde
wirklich bitten, daß man mit solchen Dingen in Zukunft keine persönliche Werbung betreibt, denn dann
könnten mitunter, wie gesagt, Kunden die Lieferungen sogar einstellen. Was ich hier sage, ist leider
tatsächlich passiert. (Abg. Ing. Schober: Dann müßte man die Sitzungen unter Ausschluß der
Öffentlichkeit abhalten!) Aber es ist ja nicht notwendig, daß ich in der Lokalpresse damit groß in die
Werbung gehe. Aber auch das gestehe ich Ihnen zu, meine Damen und Herren, daß wir uns
überlegen sollten, wenn wir solche Maßnahmen machen, ob man dann wirklich, um die Firmen nicht
zu schädigen, das vielleicht unter Ausschluß der Öffentlichkeit abhandelt. Ich wäre durchaus dafür,
habe durchaus nichts einzuwenden. Ich sage noch einmal, uns geht es darum, daß wir der Wirtschaft
nicht schaden und damit unsere Arbeitsplätze absichern, und ich glaube, das ist ein Weg, den wir
gehen sollten. Wir sollten uns das überlegen. Aber hier ist es ja ausgelöst worden durch die
Lokalpresse, wo sich der Herr Abg. Fidesser scheinbar besonders hervortun wollte. Ich würde bitten,
in Zukunft solche Dinge zu unterlassen.
Noch etwas möchte ich dazu sagen. Meine Damen und Herren, immer wieder, auch in Ihrer Werbung,
schaut es ja so aus, als hätte nur die ÖVP diese Arbeitnehmerförderung eingeführt. Ich erinnere hier
nochmals und es tut mir leid, daß ich das immer wieder sagen muß, weil es ,scheinbar vergessen ist:
In Wirklichkeit haben sich die Arbeitnehmer diese Arbeitnehmerförderung in Niederösterreich selbst
erkämpft mit ihren 126.000 Unterschriften, die wir in den Betrieben gesammelt haben. (Beifall bei der
SPÖ.)
Ich möchte aber hier ein Dankeschön sagen den Beamten aber auch meinen Kollegen im Ausschuß,
denn in diesem Ausschuß kann wirklich den Arbeitnehmern echt geholfen werden. Ich darf aber auch
sagen, daß wir vollstes Verständnis bei der Frau Landesrat finden und ich glaube, daß diese
Arbeitnehmerförderung vorbildlich sein kann für die anderen Länder, auch das gebe ich ohne weiteres
zu. Und ich möchte nur hoffen, daß wir auch andere Probleme, mit denen wir vielleicht in Zukunft
konfrontiert sein werden, in die Arbeitnehmerförderung werden mit einbinden können.
Ein weiteres Kapitel, das mich berührt, weil auch da eigentlich mehr getan werden könnte als bisher
getan worden ist, ist die Frage der Arbeitsmarktförderung. Hier beginnt es natürlich schon etwas
heikler zu werden. Ich weiß schon, daß Sie einwenden werden, der Bund ist zuständig, das geht uns
nichts an, wir sind kompetenzmäßig nicht zuständig. Ich erinnere mich noch sehr gut, daß seinerzeit
dieser Budgetposten mit 20 Millionen Schilling dotiert war. Vor etlichen Jahren wurde er dann vom
Herrn Finanzlandesreferenten Ludwig auf 10 Millionen reduziert. Im Beirat haben wir uns bei jeder
Vergabe von Bundesmitteln, die über das Landesarbeitsamt vergeben werden, immer bemüht, daß
das Land hier doch mehr Zuschüsse leistet, nämlich dann, wenn vom Land aus Mittel zur Schulung
und Umschulung im Rahmen dieser Arbeitsmarktförderung gewährt werden. Ich möchte einen
Vergleich aufstellen. Vom Jahre 1979 bis 1981 hat der Bund über das Landesarbeitsamt für
Arbeitsmarktförderung einen Betrag von S 417,828.135,15 - 15 Groschen, so genau kann man das
sagen - ausgegeben. Bis zum Oktober dieses Jahres waren es 97,764.972,68 Schilling, also
insgesamt bis Oktober 515,593.107,83 Schilling; bis Ende des Jahres 1982 werden es - das Können
nur Schätzungszahlen sein - ca. 550 Millionen sein, die seitens des Bundes über das
Landesarbeitsamt den Arbeitnehmern im Zusammenhang mit Schulungs- und
Umschulungsmaßnahmen, nicht mit anderen Ausgaben, gewährt wurden.
Wenn ich die Budgetansätze des Landes dagegen setze, so sind das 40 Milliarden Schillinge in den
vier Jahren (Abg. Anzenberger: Der Krenn hat heute nur Milliarden!) Millionen, entschuldige, ich danke
Dir schön, 40 Millionen Schilling, das sind 7,27%. Meine Damen und Herren, ich glaube, dieser
Budgetansatz müßte wesentlich mehr erhöht werden in Zukunft, einfach deswegen, weil sich auch die
Situation auf dem Arbeitsmarkt durch verschiedene Einflüsse wesentlich geändert hat. Menschen in
unserem Alter ungefähr oder noch vor uns, hatten seinerzeit eine Berufsausbildung und konnten
rechnen, daß sie voraussichtlich, wenn sie einen Beruf erlernt haben, diesen bis zum Pensionsalter
ausüben werden. Aber in der Zwischenzeit wissen wir, daß sich die Situation wesentlich geändert hat,
daß man manchesmal zwei- und dreimal den Beruf wechselt, das heißt, man braucht
Umschulungsmaßnahmen mehr denn je und daher wird es notwendig sein, daß man auf diesem
Gebiet mehr tut.
Wir hatten seinerzeit die erste industrielle Revolution, sie hat die menschliche Arbeitskraft ersetzt
durch Maschinen. Wir leben in Wirklichkeit in einer zweiten Revolution und die ist noch viel
gefährlicher durch die Erfindung der Mikroprozessoren und der Chips, denn dieses Mal geht es nicht
nur um die menschliche Arbeitskraft, sondern diesmal geht es um unsere geistige Arbeitskraft. Meine
Damen und Herren, es kommt hier auf uns etwas zu, das wir heute nur erahnen können, und Orson
Welles mit seinen Visionen „1984“ wird weit in den Schatten gestellt durch das, was auf uns hier
zukommt.
Wenn wir daher wollen, daß die Wertschöpfung der Menschen in diesem Land bleibt, und wenn wir
ein zweites Problem bekämpfen wollen, nämlich das des Pendlerwesens, über das noch in diesem
Hause zu reden sein wird, dann werden wir alles daran setzen müssen, egal wer jetzt die Kompetenz
hat, daß auf diesem Sektor der Arbeitsmarktförderung, nämlich des Schulungswesens und des
Umschulungswesens, mehr als bisher getan wird. Ich weiß schon, Sie werden fragen, wo die Mittel
dazu sind, und ich gebe ohne weiteres zu, wenn man das Budget analysiert, ist dieser Raum, den
man hier noch variieren kann, ziemlich eingeschränkt. Das will ich gar nicht bestreiten, das ist
durchaus möglich. Aber ich glaube, wenn man Einsparungsmaßnahmen trifft bei jenen Kapiteln, die
wir hier schon oft angeprangert haben und denen wir letzten Endes auch nicht die Zustimmung
gegeben haben, nämlich bei der Werbung, das heißt weniger Plakate, und mehr Zusammenarbeit
sucht, dazu hat man sich ja eigentlich im Staatsvertrag verpflichtet, dann wären das einmal die ersten
Ansätze einer Zusammenarbeit zwischen Bund und Land. Ich verstehe wirklich nicht, darum hier
einige Herren und Damen Abgeordnete so sehr den Bund angreifen auf der einen Seite, wenn man
sich auf der anderen Seite im Zusammenhang mit dem Staatsvertrag beim Bund, der hier die Hand
ausgestreckt hat, sehr herzlichst bedankt für das große Entgegenkommen, das der Bund in Fragen
des Landes hier gezeigt hat. Auf der anderen Seite ist man nun der Meinung, man könnte in der alten
Weise, die wir hier schon oft gehört haben, immer wieder den Bund für das eine oder andere schuldig
werden lassen. (Abg. Ing. Schober: Aber eine konstruktive Kritik wird ja noch erlaubt sein!) Herr
Kollege, darf ich vielleicht eine Feststelung treffen. Wir haben nichts gegen eine konstruktive Kritik,
wogegen ich mich wehre, ist die Gehässigkeit, mit der hier vorgetragen wird. Frau Kollegin, Ihre Kritik
ist durchaus in Ordnung, sie war in sachlicher Art vorgetragen, Sie haben eine andere Meinung wie
wir, das steht im Raum, nichts dagegen einzuwenden.
Meine Damen und Herren, ich glaube, hier sollten wir die Situation der Wirtschaftsseite sehen. Wir
werden ja noch zur Wirtschaft sprechen, aber lassen Sie mich das sagen. Meine Damen und Herren,
die Situation auf der Wirtschaftsseite in diesem Bundesland ist sehr sehr ernst, es wird unser aller
Kräfte bedürfen, um den Menschen zu helfen und die Arbeitsplätze zu sichern. Das gilt sowohl für die
Industrie wie für das Gewerbe. Ich bitte sehr weil wir immer bezichtigt werden, daß wir nur für die
Industrie eintreten: das gilt auch für den Handel und das gilt auch für die Bauernschaft. Wir können
nur alle zusammen - ich möchte das mit aller Deutlichkeit sagen, denn wir sitzen hier in einem Boot für Niederösterreich und für die Menschen, die hier leben, arbeiten. Ich möchte das hier sagen.
Daher glaube ich, daß man hier weniger für Plakatwerbung ausgeben soll. Ich denke noch mit
Schaudern daran, meine Damen und Herren, als man bei Beginn dieser Legislaturperiode hier gesagt
hat, 40 Milliarden – jetzt stimmen die Milliarden - für die Arbeitsplatzsicherung in Niederösterreich.
Meine Damen und Herren, wir sind weit entfernt davon! Man soll hier nicht mit Zahlen jonglieren, denn
ich glaube, daß wir hier uns allen viel mehr nützen können, wenn wir eine gemeinsame Haltung
einnehmen.
Und wenn ich hier heute vielleicht doch die Industrie hervorhebe, so bitte davon nicht abzuleiten, daß
wir das nicht beachten, was ich zuerst gesagt habe. Bitte verstehen Sie mich, daß ich natürlich das
größte Interesse habe an Industriearbeitsplätzen. Ich komme letzten Endes von der
Angestelltengewerkschaft und wo haben wir denn unsere Beschäftigten? Wir haben sie in der
Industrie und wenn die Industrie zugrunde geht, meine Damen und Herren, dann geht das Gewerbe
genauso mit. Wir haben das doch erlebt, das haben Sie sehr berechtigt gesagt, im Zusammenhang
mit dem unseligen Konkurs der ÖKG, wie viele kleine Gewerbebetriebe leider hier mit in den Sog
gekommen sind. Dasselbe gilt natürlich auch, wenn wir heute der Industrie Förderung geben, daß wir
damit automatisch auch dem Gewerbe helfen. Ich denke nur allein an die VEW Ternitz, die nebenbei
tausende Gewerbetreibende als Zulieferfirmen beschäftigten. Das soll man doch beachten und nicht
immer a) auf die verstaatlichte Industrie losgehen, b) auf die Industrie im gesamten losgehen, denn
nach wie vor ist diese Industrie der Grundstock für allen unseren Wohlstand. Das möchte ich mit aller
Deutlichkeit sagen, natürlich auch aus meiner Sicht der Arbeitsplatzsicherung für die Angestellten.
Das kann man mir nicht übel nehmen, daß ich natürlich aus dieser Sicht dieser Förderung den
Vorrang gebe. Bitte daher in Zukunft das zu beachten, denn nur dann, wenn wir diese Hilfestellungen
geben, kann und muß es in sinnvoller Weise und in Zusammenarbeit auch gelingen, nicht nur der
Wirtschaft, sondern den arbeitenden Menschen in diesem Land zu helfen. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Molzer. Ich erteile es
ihm.
Abg. Dipl.-Ing. MOLZER: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Hohes Haus! Der Abg. Krenn hat die Arbeitnehmerförderung und die Arbeitsmarktförderung in den
Vordergrund gestellt. Er hat gesagt, daß im Budget hiefür sehr wenig vorhanden ist, das stimmt. Ich
möchte jetzt die Sache von der Unternehmerseite her kurz beleuchten, das steht mir zu.
Ich möchte am Beginn vielleicht darauf hinweisen, daß im Budget zum Beispiel die Kammer heuer gar
nichts bekommt. Es ist wohl für die Innovation ein gewisser Betrag vorgesehen und St. Pölten
bekommt 800.000 Schilling für den Ausbau. Also auch wir sind nicht sehr gut bedient, aber wir
müssen eben die Dinge heute so hinnehmen, wie sie sind, denn von einem Vertreter der Wirtschaft
muß immer wieder klargestellt werden, daß es nur dann gelingen kann, unseren Wohlstand zu
erhalten, wenn eine Politik für die gesamte Wirtschaft gemacht wird.
Die Förderung einiger Großprojekte und die Sanierung einiger Großbetriebe ist zu wenig. Die
Wirtschaft besteht aus großen und kleinen Unternehmen, aus privaten und verstaatlichten Betrieben.
Es muß außer Streit stehen, daß gerade die Vielzahl der gesunden kleinen und mittleren Betriebe das
Rückgrat der österreichischen Wirtschaft bildet, ebenso wie es unbestritten bleibt, das möchte ich hier
feststellen, daß den großen Industriebetrieben eine wichtige Schrittmacherrolle zukommt. Ich glaube,
da sind wir uns einig. (Beifall bei der ÖVP.) Wir dürfen nicht aufhören, das Notwendige, das
Vernünftige und das für eine bessere Zukunft Erforderliche zu verlangen. (Abg. Anzenberger: Es wird
überall Große und Kleine geben!)
Dazu brauchen wir aber die Mitwirkung aller Unternehmer. Sicher ist es selbstverständlich, daß der
Staat in vielen Fällen bei vorübergehenden Schwierigkeiten Überbrückungshilfen leistet. Die
Unternehmer aber müssen versuchen, die Schwierigkeiten aus eigener Kraft zu meistern. Wir können
nicht auf der einen Seite die zunehmenden Staatseingriffe und Belastungen kritisieren und auf der
anderen Seite bei jedem betrieblichen Problem von unserem Staat Stützung verlangen. Die Wirtschaft
wird nur dann ein klares Verhältnis zur Politik herstellen und glaubwürdig Kritik an der
Wirtschaftspolitik üben können, wenn der Unternehmer Eigenständigkeit und Unabhängigkeit bewahrt.
Die Wirtschaft braucht die Politik, sie braucht eine maßvolle und eine überlegte Politik, eine
aufgeschlossene und eine wirtschaftsgerechte Politik. Sie hat die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu
schaffen, die es der Wirtschaft ermöglichen, sich zu entfalten, zu investieren, sich im internationalen
Wettbewerb zu behaupten und Krisenzeiten zu überstehen. Die Politik hat die Aufgabe, dafür zu
sorgen, daß die Rechtsstaatlichkeit gesichert, die wirtschaftliche Substanz erhalten und die Stabilität
in unserem Land gewahrt bleibt. Soweit zum Beginn meiner Ausführungen.
Ich komme aber jetzt auf ein ganz ein anderes Thema zu sprechen, das ich mir vorgenommen habe,
es betrifft die Wohnbauförderung und zwar den großvolumigen Wohnbau. Und hier gestatten Sie, da
es sich hier ja auch um die Wirtschaft, nämlich gerade um die Bauwirtschaft handelt und ich als
Baumeister deren Interessen in diesem Land zu vertreten habe, daß ich einiges über die
Bauwirtschaft sage. Daß es der Bauwirtschaft heute nicht sehr gut geht, wissen wir, das will ich gleich
von vornherein feststellen. Und wir wissen, daß der Anteil der österreichischen Bauwirtschaft am
Bruttonationalprodukt derzeit 8,5% beträgt. Man sagt jetzt im allgemeinen und das ist erwiesen, daß
dieser Anteil in der heutigen Zeit leider zu groß ist, und wir müssen uns darauf gefaßt machen, daß
die Bauwirtschaft weiter einer Schrumpfung unterliegt. Und wenn man von 6,5 bis 7 oder gar von 5,5%
spricht, irgendwo wird und muß es sich einpendeln.
Wenn ich Ihnen hier einige Zahlen nenne und die zu bedenken gebe, so möchte ich darauf hinweisen,
daß das Baugewerbe und die Bauindustrie im Jahre 1972 noch 161.000 Beschäftigte hatte und im
August 1982 nur mehr 125.800. Also sind in der Bauwirtschaft die Arbeitnehmer in den letzten 10
Jahren um rund 36.000 zurückgegangen. Interessant ist vielleicht in dem Zusammenhang die
Maschinenkapazität in der Bauwirtschaft. Wir haben zum 31. 12. 1971, 1,731.000 KW und am 31. 12.
1981 2,569.000 KW gehabt. Allein das gibt zu bedenken, daß hier eine Strukturbereinigung auch
infolge der Anschaffung moderner Maschinen eingetreten ist, wenn ich Ihnen sage, daß
beispielsweise im Jahre 1972 ein Unternehmer über 488 KW verfügte und im Jahre 1982 über 710. Im
Jahre 1972 waren bei den 488 KW 45 Arbeiter beschäftigt und im Jahre 1982 für die 710 KW 35
Arbeiter. Sie sehen also, daß hier ein gewisser Rationalisierungseffekt in der Bauwirtschaft
eingetreten ist.
Interessant ist auch die Gliederung der Bauunternehmen nach Firmengrößen und da ist es besonders
interessant, daß im 10 Jahres-Vergleich der Anteil der Betriebe mit 100 und mehr Beschäftigten
praktisch unverändert blieb. Kleiner sind die Betriebe geworden, die zwischen 20 und 100
Beschäftigte haben, aber ganz schön gewachsen sind die Betriebe, die zwischen 0 und 20
Beschäftigte haben. Man ersieht aus diesen Zahlen, daß ganz kleine Betriebe sich heute kaum mehr
halten können, während mittlere Betriebe heute zu Kleinbetrieben werden und mit ungefähr 20 Mann
das bessere Auslangen finden.
Die Konjunkturerhebung der Bundesinnung der Baugewerbe zum 30. September 1982 hat gerade in
Niederösterreich den niedrigsten Stand gezeigt, der überhaupt je bei einer Erhebung
herausgekommen ist. Rund 91 % der gemeldeten Firmen brauchen bis zum Dezember 1982 neue
Aufträge, so schaut die Situation aus. Und wenn wir uns nun überlegen, daß wir im Jahre 1980 eine
Investition von 24.000 Schilling pro Arbeiter hatten, so ist diese Investition im Jahre 1982 auf 15.000
Schilling zurückgegangen. So sieht die Geschichte aus. Es ist auch interessant – das ist ja in der
Vorwoche sehr im Raum gestanden - wie sich die Wintersaison 1982/83 in der Bauwirtschaft
auswirken wird. Es ist bedauerlich, heute sagen zu müssen, wenn wir auf Grund dieser Erhebung der
Bundesinnung der Baugewerbe aus sämtlichen Bundesländern Österreichs das Mittel ziehen, so wird
die Arbeitslosenrate im Winter 1982/83 in der Bauwirtschaft zwischen 70.000 und 75.000 Menschen
betragen. Bitte das ist sicher eine erschreckende Zahl und es müßte daher irgend etwas getan
werden, damit die Bauwirtschaft irgendwie wieder flott gemacht werden kann.
Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und die Anzahl der Fremdarbeiter auf dem österreichischen
Baumarkt zeigt, daß wir im August 1981 noch 22.000 Fremdarbeiter hatten und im August 1981
17.000 Fremdarbeiter.
Die Situation auf dem Preissektor, ganz kurz beleuchtet: Der Jahresunterschiedsbetrag weist für Lohn
gegenüber 1981 eine Steigerung um 6,6% aus und für Sonstiges um 8,1%. Es wäre jetzt nur
interessant zu berichten, daß auch der Normallohn zurückgegangen ist, daß die Überzahlungen auf
dem Bausektor im vergangenen Jahr noch irgendwie einen Schnitt von rund 27 oder 28% hatten und
jetzt zurückgegangen sind auf 18 bis 22%, je nach Lage.
Und nun eine Gegenüberstellung, damit komme ich zum eigentlichen Wohnbau wieder zurück; sie
zeigt auch etwas sehr interessantes. Der Verbraucherpreisindex bzw. die Lebenshaltungskosten sind
vom Jahre 1950 bis zum Jahre 1980 um rund das fünffache gestiegen. Der Baukostenindex ist im
selben Zeitraum um rund das zehnfache gestiegen und das Pro-Kopf-Einkommen der Arbeitnehmer
ist im selben Zeitraum um das fünfzehnfache gestiegen. Daraus kann man also ersehen, daß die
Realeinkommensteigerung natürlich wesentlich höher ist als die anderen Dinge.
Und nun kommen wir zurück zum großvolumigen Wohnbau, den ich eigentlich behandeln möchte. Sie
wissen, daß der großvolumige Wohnbau seit dem Jahre 1948 gefördert wird, wo der
Wohnhauswiederaufbaufonds ins Leben gerufen wurde, und daß bis zum Jahre 1981 insgesamt
822.000 Wohnungen und alles was drum und dranhängt durch diesen Fonds gefördert wurden. Die
822.000 Wohnungen entsprechen der Hälfte der gesamten Wohnbauleistung überhaupt und die
Wohnbaudarlehen des Bundes respektive der Länder bis einschließlich 1981 ergeben nominal eine
Gesamtsumme von 135 Milliarden Schilling, jeweils ausgedrückt in Preisen, wie sie damals waren.
Der Rückfluß beträgt samt Zinsendienst rund 170 Milliarden in einem verhältnismäßig sehr langen
Zeitraum. Sie wissen, es ist von 100 Jahren bis auf 20 Jahre abgestuft und tatsächlich zurückgeführt
sind bis jetzt 23 Milliarden Schilling, das heißt also, es wird im Laufe der Zeit zu überlegen sein, ob
man hier nicht entweder mit der Laufzeit oder mit anderen Dingen etwas macht.
Es ist ein sehr heißes Eisen, das ich da angreife, und ich kann es deswegen ganz offen sagen, weil
dieses Problem vorige Woche bei der Bauenquete des Herrn Bautenministers Sekanina mit den
Vertretern der Bauwirtschaft auch sehr eingehend besprochen wurde. Es ist aber vielleicht auch
interessant zu sagen, wenn ich jetzt diese Werte von 160 oder 170 Milliarden Schilling, die ich
genannt habe, mit den Preiserhöhungen umrechne, dann würde sich für dieselben Wohnungen ein
Betrag von 356 Milliarden Schilling ergeben. Sie sehen also, wie diese Dinge gestiegen sind. Und
wenn ich jetzt sage, ich habe den Wohnhauswiederaufbaufonds aus dem Jahre 1948 in Anspruch
genommen - ich sage das jetzt nicht als Witz, ich zahle ja eh mein Darlehen zurück - dann muß ich
eigentlich sagen, liebe Freunde, ich danke Euch vielmals, ich wohne in einer Wohnung, die sehr billig
gewesen ist. Man wird darüber reden müssen, ich muß das ganz ehrlich sagen, man wird noch sehen,
wie man die Sache bereinigt.
Und da ist ganz ein interessanter Fall, damit komme ich wieder auf den Familienlastenausgleichsfonds
zu sprechen. Bei dieser Bauenquete ist nämlich auch darüber gesprochen worden, daß mit den
Mitteln der Wohnbauförderung eigentlich Dinge gefördert werden, die nicht in den Wohnbaufonds
gehörten z. B. die Annuitätenzuschüsse. Sollten die nicht vom Familienlastenausgleichsfonds gespeist
werden, um die Bauwirtschaft, um den großvolumigen Wohnbau flotter zu machen? Die Frau
Staatssekretär Karl, die von Frau Staatssekretär Eipeldauer natürlich über den Gang der Dinge
informiert worden ist hat das natürlich sofort abgelehnt und hat gesagt, kommt überhaupt nicht in
Frage. Ich habe es in den Raum gestellt, um eben zu zeigen, wie die Dinge liegen und was man sich
eigentlich alles überlegen müßte.
Und nun wollen wir ganz kurz den Wohnbau in Niederösterreich beleuchten. Sie wissen,
Niederösterreich ist - ich habe mir hier die Zahlen von 1979 bis 1982 aufgeschrieben - im
großvolumigen Wohnbau ungefähr gleichbleibend. Das sind 1.600, 1.800 Wohnungen im Jahr, dazu
einige Reihenhäuser, Ordinationen usw. Sie sind in den letzten Jahren bei uns in Niederösterreich
förderungsmäßig mit S 9.000/m2 gleichgeblieben. Sie wissen, daß am Montag eine
Wohnbauförderungsbeiratssitzung stattfindet, wo man höchstwahrscheinlich die gesamten Mittel für
den großvolumigen Wohnbau für das Jahr 1983 zur Verfügung stellen wird, damit eben die
Bauwirtschaft wieder angekurbelt werden kann. Und Sie wissen ja, daß eine Baumilliarde noch
zusätzlich 1,7 Milliarden für anderwärtige Branchen in Schwung bringt. Also müssen wir eigentlich
sehr froh sein, daß wir rasch handeln. Ebenso werden auch in dieser Sitzung für die Althaussanierung
verschiedene Vergaben vorgenommen werden. Wir müssen von der Wirtschaftsseite aus gesehen
sehr dankbar sein, daß so rasch eine Sitzung ist, denn an Hand meiner Schilderungen werden Sie
verstehen, daß die Bauwirtschaft und damit die Zulieferbetriebe dringend eine Arbeit brauchen. Wenn
diese Mittel rasch vergeben werden, dann kann in den Wintermonaten rasch ausgeschrieben werden,
sodaß man zum Bauen kommt.
Ich möchte aber eines auch noch sagen. Ich möchte an alle appellieren, die solche Mittel zugewiesen
bekommen, daß sie dann auch mit dem Bau beginnen und nicht die Mittel liegen lassen, sodaß nach
einem halben Jahr womöglich mit dem Bau noch nicht begonnen wurde. Das sage ich ganz
ausdrücklich hier.
Ich habe mich heute sehr gefreut, daß schon der Herr Kollege über die Revitalisierung in
Niederösterreich gesprochen hat, das fällt ja mit der Althaussanierung irgendwie zusammen. Und ich
möchte ganz kurz zum Abschluß meiner Ausführungen sagen, daß wir als Bauunternehmer, als
ausführende und als freischaffende Unternehmer und Architekten bemüht sein müssen, unserer
Jugend ein Beispiel zu geben, daß wir uns der Tradition wieder erinnern, daß wir den Althausbau
wieder fördern, daß wir die alten schönen Fassaden und Gestaltungen wieder zurück ins Leben rufen.
Ich kenne ein Bauvorhaben, das unsere eigene Firma ausgeführt hat. Im Jahre 1950 wurde
modernisiert und jetzt haben wir es schon wieder alt gestaltet. Es paßt in unser Stadtbild in
Korneuburg, der Herr Bürgermeister sitzt ja da, wirklich recht gut hinein. Ich möchte daher allen, die
bei „Niederösterreich schön erhalten, schöner gestalten“ mitgewirkt haben, wirklich recht herzlich
danken.
Und ich möchte damit schließen, daß wir uns alle darauf besinnen, daß es nicht darum geht, weniger
zu arbeiten und mehr zu verdienen, sondern darum, Arbeit zu schaffen, um verdienen zu können und
dabei noch Niederösterreichs Ruf Kulturland und somit ein schönes Stück Österreich zu sein, gerecht
zu werden. Danke schön. (Beifall im Hause.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Als nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Abg. Reixenartner. Ich
erteile es ihm.
Abg. REIXENARTNER: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren im
Hohen Hause! Mein Vorredner, Herr Dipl.-Ing. Molzer, hat schon darauf hingewiesen, wie schwierig es
überhaupt in der Bauwirtschaft ist und wie wichtig hier im Grunde genommen der Wohnbau und vor
allen Dingen der Wohnbau in Niederösterreich ist. Ich bin der Auffassung, dem Bauwesen kommt im
Rahmen der Gesamtwirtschaft eine äußert wichtige Funktion zu und das schlägt sich auch im
Wohnbau nieder. Auch eine Steigerung der Wohnbauförderungsmittel kann festgestellt werden.
Einen Schwerpunkt der Tätigkeit, sowohl eingangs- als auch arbeitsmäßig, stellte, wie bereits der
Tätigkeitsbericht 1981 darlegt, weiterhin die Liquidation der Wohnbauförderung 1954 und 1968 dar.
Der wöchentliche Zugang allein im Eigenheimbereich beträgt mindestens 110 Akte, sodaß auch hier
gegenüber dem Richtjahr 1981 eine leichte Steigerung des Aktenanfalles festgestellt werden kann.
Derzeit stehen insgesamt 61.000 Förderungsakte bei Eigenheimen, davon ca. 27.000 bei der
Wohnbauförderung 1968 und ca. 30.000 bei der Landeswohnbauförderung, in Bearbeitung. Auf die
Wohnbauförderung 1954 entfallen ca. 9.380 Wohneinheiten, auf die Wohnbauförderung 1968 ca.
18.330 Wohneinheiten und die Landeswohnbauförderung ca. 22.840 Wohneinheiten.
Das neue Wohnungskonzept aus dem Jahre 1981, darauf hat ja mein Vorredner schon hingewiesen,
hat im Grunde genommen die Förderung nicht geändert. Sie beträgt pro m 2 9.000,- Schilling, selbst
wenn die Kasten darüber sind, bleibt dieser Fixsatz.
Im heurigen Jahr gab es in Angelegenheit der Wohnbauförderung bereits drei Regierungssitzungen,
nämlich am 26. Jänner, am 25. Mai und am 6. Juli, und wir wissen ja, daß am 6. Dezember die
nächste Sitzung folgen soll. Am 26. Jänner wurden in der Regierungssitzung 2.134 Begehren
behandelt, am 25. Mai 800 und am 6. Juli 1.578. Bei diesen insgesamt 4.512 Anträgen wurden 4.898
Wohneinheiten mit 754,605.000 Schilling gefördert, zusätzliche Landesmittel wurden in der Höhe von
122.814 Schilling gewährt.
Auf Grund der Tatsache, daß nunmehr bis zu drei verschiedene Darlehen für ein Bauvorhaben
gewährt werden, war das Bestreben natürlich, das bestehende Förderungsvolumen auf dem Gebiet
der Eigenheime zu erhalten. Bis zum 31. Oktober 1982 sind 3.803 Begehren nach den neuen
Bestimmungen eingebracht worden, im selben Zeitraum wurden für 5.516 Begehren vom Vorjahr
Förderungsdarlehen bewilligt. Erfreulich ist auch der Umstand, daß die
Eigenmittelersatzdarlehensverordnung geändert wurde. In der NÖ
Eigenmittelersatzdarlehensverordnung 1981 war unter anderem vorgesehen, daß Förderungswerber,
in deren Haushalt Versehrte mit einer Erwerbsminderung von mehr als 50 v. H. wohnen, das
Eigenmittelersatzdarlehen für das angemessene Nutzflächenausmaß in voller Höhe der
aufzubringenden Eigenmittel bei Einhaltung der dort angeführten Einkommensgrenzen gewährt wird.
Um eine weitere wesentliche Besserstellung für Behinderte zu schaffen, wurde dieser Personenkreis
auf Versehrte mit einer Erwerbsminderung von mindestens 50 v. H. erweitert und weiters vorgesehen,
solchen Behinderten ein Eigenmittelersatzdarlehen unabhängig vom angemessenen
Nutzflächenausmaß in voller Höhe der aufzubringenden Eigenmittel bei Einhaltung der
Einkommensgrenze zu gewähren. Die niederösterreichische Eigenmittelersatzdarlehensverordnung
1981 bestimmte, daß ein Eigenmittelersatzdarlehen unter anderem nur dann zu gewähren ist, wenn
das Begehren um Gewährung bei Eigenheimen bis spätestens 6 Monate nach Zusicherung dieses
Förderungsdarlehens nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 eingebracht wird. In zahlreichen
Fällen hat es sich jedoch gezeigt, daß mit dieser Einrichtungsfrist nicht das Auslangen gefunden wird.
Die Förderungswerber von Eigenheimen reichen zum größten Teil zu einem wesentlich späteren
Zeitpunkt um Eigenmittelersatzdarlehen ein und es entstehen durch die Ablehnung in vielen Fällen
Härtefälle, die die Finanzierung des gesamten Bauvorhabens in Frage stellen. Es mußte daher diese
Frist für Eigenheime auf 36 Monate nach Zusicherung erweitert werden.
Meine Damen und Herren, die laufenden Landesbauten werden in den Wintermonaten 1982/83
fortgeführt, da die hiezu nötigen Vorbereitungsarbeiten In den meisten Fällen gegeben sind. Für die
neu zu beginnenden Bauten werden die Vorarbeiten so forciert, daß der tatsächliche Arbeitsbeginn
nach den Wintermonaten anfällt. Und ich kann meinem Vorredner nur recht geben, daß sofort gebaut
werden soll, wenn es in die Vergabesitzung kommt. Da der Winter im Baugewerbe vom 1. Dezember
bis 31. März dauert und dadurch eine Überschneidung der Budgetansätze für die Baukosten erfolgt
und außerdem ein Arbeitseinsatz in dieser Jahreszeit sehr von der Härte des Winters abhängig ist,
kann der Geldmitteleinsatz nur geschätzt werden. Der finanzielle Einsatz für die Winterarbeit bei
Bauvorhaben der Gemeinden, die vom Land Niederösterreich Beihilfen oder Darlehen hiezu erhalten,
ist nicht erfaßbar, weil diesbezügliche Gemeinderatsbeschlüsse noch ausstehen.
Meine Damen und Herren, es wird aber auf Grund der Bewilligung der Wohnbauförderung
Korrespondenz gepflogen. Diese Korrespondenz ist nicht immer das, was wir uns vorstellen und was
sich der Bauwerber vorstellt. Ich möchte daher einen Resolutionsantrag einbringen (liest):
Resolutionsantrag
des Abg. Reixenartner zur Gruppe 4 des Voranschlages 1983, Ltg. Z1. 450:
„Die Bemühungen der Landesverwaltung sind auf größtmögliche Bürgernähe und Serviceleistung für
den Landesbürger gerichtet. Diese begrüßenswerte Bemühung wird jedoch dadurch beeinträchtigt,
daß Zuwendungen im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung des Landes, insbesondere in der
Wohnbauförderung, in der Form erfolgen, daß die Postgebühr beim Empfänger eingehoben wird. Dies
bedeutet nicht nur einen Mehraufwand für eine Dienstleistung der Post, sondern zwingt Berufstätige,
die ein solches Poststück nicht persönlich in Empfang nehmen können, zur Empfangnahme das
Postamt aufzusuchen. Zweifellos bedeutet die Entrichtung der Portogebühr durch den Absender eine
vermehrte finanzielle Aufwendung des Landes, doch müßte diese wohl aus dem Gedanken der
Serviceleistung möglich sein.
Die Landesregierung wird daher aufgefordert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, daß
Postsendungen des Landes im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung durch das Land
ordnungsgemäß frei gemacht werden, um dem Empfänger zusätzliche finanzielle und zeitliche
Belastungen zu ersparen.“
Mein Vorredner hat darauf hingewiesen, daß es - wir wissen es alle - im großvolumigen Bau sehr
schlechte Finanzierungsmöglichkeiten gibt und daß auch hier im Grunde genommen das Geld fehlt.
Es ist daher für uns und sehr viele Niederösterreicher, vor allem das Baugewerbe, unverständlich
gewesen, daß man die Bundes-Sonderwohnbauprogramme in Niederösterreich nicht tätig hat werden
lassen. Für Niederösterreich hätte das sicherlich eine zusätzliche Milliarde bedeutet und rund 800
Wohnungen oder mehr wären gebaut worden. Wir alle wissen aber auch, daß ein Bauarbeiter
mindestens zwei bis drei andere beschäftigt und das unserer Beschäftigungspolitik in Niederösterreich
sicher zugute gekommen wäre.
Ich muß hier feststellen, daß bisher sehr viel getan wurde. Wohnen ist ein Grundbedürfnis aller
Menschen, daher unterliegt die Versorgung mit Wohnraum der öffentlichen Verantwortung. Wir
müssen dafür Sorge tragen, daß jedermann eine seinem Beruf entsprechende Wohnung erlangen
kann, es muß jenen am meisten geholfen werden, die der Unterstützung auf Grund ihrer
Einkommens- und Familiensituation am stärksten bedürfen.
Ich möchte abschließend, meine Damen und Herren, noch den beiden Wohnbaureferenten unseres
Landes Niederösterreich sehr herzlich für ihre bisherigen Bemühungen danken, danken vor allem im
Namen derer, die bauen wollen, und danken auch im Namen unserer Bauarbeiter in Niederösterreich.
(Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Als nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Klupper.
Ich bitte ihn darum.
Abg. KLUPPER: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Jeder Mensch hat ein Recht auf
Wohnen, Wohnen ist eine der wichtigsten Grundlagen für das seelische, geistige und körperliche
Wohlbefinden des Menschen und damit Grundlage für eine höhere Qualität des Lebens. Hiezu ist
Voraussetzung, daß eine genügende Anzahl von Wohnungen gebaut wird und daß diese Wohnungen
so gebaut werden, daß man sich darin auch wohl fühlen kann.
Meinungsumfragen über das Wohnbedürfnis der Bevölkerung haben ergeben, daß sich die
Österreicher am wohlsten in einem Ein- oder Zweifamilienhaus fühlen. Diesem stark vorhandenen
Bedürfnis der Bevölkerung muß auch die Wohnbaupolitik Rechnung tragen. Ich werde mich daher
schwerpunktmäßig bei meinen Ausführungen mit der Situation beim Eigenheimbau befassen.
Vorweg möchte ich feststellen, daß Niederösterreich am Sektor des Wohnbaues unter den neun
Bundesländern eine Spitzenposition einnimmt. Einer Zusammenstellung des statistischen
Zentralamtes kann man entnehmen, daß Niederösterreich mit 9.830 fertiggestellten Wohnungen im
Jahre 1981 hinter Oberösterreich den zweiten Platz eingenommen hat. Vergleichsweise dazu hat im
selben Zeitraum die Steiermark 7.580 Wohnungen und Wien 5.380 fertiggestellt. Diese positive Bilanz
ist zweifellos auf das niederösterreichische Wohnbauförderungsmodell 1981 zurückzuführen. Man
kann überhaupt sagen, daß sich dieses Wohnbauförderungsmodell bewährt hat und von der
Bevölkerung positiv aufgenommen wird. So wurden in den Jahren 1981/82 bisher
Förderungsansuchen für 17.991 Wohneinheiten im Bereich des Ein- und Zweifamilienwohnbaues
bewilligt. Dies entspricht einer Förderungssumme von 2,9 Milliarden Schilling. Und wie vom
Abgeordneten Molzer bereits gesagt wurde, wird sich durch eine weitere Vergabe im heurigen Jahr
diese Summe noch wesentlich erhöhen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, daß diese beachtlichen Beträge sicherlich einen
wesentlichen Impuls für die Wirtschaft unseres Landes bedeuten. Wenn auch im Eigenheimbau viele
Arbeiten von den Bauwerbern selbst verrichtet werden oder infolge eigener Initiative und Mithilfe von
Verwandten und Bekannten viele Arbeiten nicht an einen Baumeister vergeben werden, so hat der
Eigenheimbau doch eine ganz wesentliche Bedeutung für die Wirtschaft unseres Landes. Von ihm
gehen Aufträge an die Baumeister, an die Baustoffhändler, an Elektriker, an Maler, Zimmerleute,
Tischler, Dachdecker, Tapezierer usw., mit einem Wort breit gestreut in verschiedenste Sparten
unserer Wirtschaft.
Aber auch die anderen Förderungsmöglichkeiten des Wohnbauförderungsmodelles wurden verstärkt
in Anspruch genommen. Bei der Althaussanierung wurden 1981/82 5.786 Wohneinheiten mit 538
Millionen Schilling und bei der Wohnungsverbesserung 3.582 Wohneinheiten mit 24,9 Millionen
Schilling gefördert. Diese starke Inanspruchnahme der Förderungsmöglichkeiten ist deshalb so
besonders von Bedeutung, weil dadurch eine Verbesserung des Altbauwohnhausbestandes eintritt.
Immerhin haben wir in Niederösterreich mit ca. 200.000 Altwohnungen, welche vor 1919 erbaut
worden sind, einen beträchtlichen Altwohnungsanteil, welcher durch gezielte Förderungsmaßnahmen
verbessert werden soll.
All diese Förderungen bilden eine wichtige Maßnahme, um die Bautätigkeit in dieser schwierigen Zeit
nicht zum Erliegen zu bringen und Arbeitsplätze zu erhalten. Dabei kommen die Impulse
hauptsächlich den Klein- und Mittelbetrieben zugute und ein wesentliches Moment bei der Förderung
des Eigenheimbaues ist sicherlich auch die regionale Streuung.
Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Budgetdebatte des Vorjahres hat Herr Landeshauptmann
Ludwig am 2. 12. in der Spezialdebatte zur Gruppe 4 wörtlich erklärt: „Wir haben uns im heurigen Jahr
vorgenommen, daß es beim privaten Wohnbau in Zukunft keine längeren Wartezeiten geben soll als
ein halbes Jahr." Die vielen Förderungswerber in Niederösterreich haben mit Genugtuung festgestellt,
daß trotz schwieriger finanzieller Situation diese Wartefristen im wesentlichen auch eingehalten
werden konnten. Größere Probleme gibt es im vermehrten Ausmaß bei den festgesetzten
Bauvollendungsfristen. Wurde nämlich vor Jahren diese Frist auf 3 Jahre herabgesetzt, so entsprach
dies damals sicherlich den Erfahrungswerten und den Möglichkeiten. Die Situation hat sich jedoch
sehr rasch und grundlegend geändert. Die Entwicklung am Kreditmarkt und die geänderte Situation
der Baukosten, aber auch eine bestimmt in letzter Zeit stagnierende Reallohn- und
Einkommensentwicklung erfordern ein Überdenken dieser Fristen. Die teuren Kreditzinsen und die
gestiegenen Baukosten bewirkten einen längeren Zeitraum bis zur Fertigstellung des
Wohnbauvorhabens. Auf Grund der vorliegenden praktischen Erfahrungswerte wird es daher
notwendig sein, die Bauvollendungsfristen auf zumindest fünf Jahre zu verlängern.
Unterschiedliche Meinungen gab es im heurigen Jahr - der Abg. Reixenartner hat ja davon
gesprochen - über des Sonderwohnbauprogramm der Bundesregierung. Mit diesem
Sonderwohnbauprogramm wollte die Regierung den Beschäftigungsproblemen der Bauwirtschaft zu
Leibe rücken. Die Finanzierung von 5.000 Mietwohnungen für das ganze Bundesgebiet sollte zu
100% durch Bankkredite erfolgen. Von diesen Mietwohnungen wäre auf Niederösterreich ein Anteil
von 832 Wohneinheiten entfallen. Das Modell sieht auch vor, daß die Annuitätsrückzahlung in der
Höhe von S 25,- pro m2 vom Mieter und der Rest in gleichen Teilen von Bund und Land zu tragen ist.
Diese Annuitätsrückzahlungen des Mieters würden sich jedoch von Jahr zu Jahr steigern. So gut
diese Initiative sicherlich gedacht sein mag und das soll auch gar nicht in Frage gestellt werden,
konnte dieses Programm von Niederösterreich ganz einfach nicht angenommen werden. Die Gründe
dafür sind vielfältig, ich möchte zwei wesentliche Gründe hier besonders erwähnen. Einmal sieht
dieses Sonderwohnbauprogramm nur die Errichtung von Mietwohnungen vor und läßt
Eigentumswohnungen und Eigenheime abseits. Dies entspricht aber nicht der niederösterreichischen
Wohnstruktur und würde gerade für die Problemgebiete keine Hilfe bedeuten. Zum anderen, bitte, das
ist ganz wesentlich, kommen diese Wohnungen sowohl dem Mieter als auch dem Lande viel zu teuer.
Mit dem gleichen finanziellen Einsatz kann nach dem niederösterreichischen
Wohnbauförderungsmodell mehr und besser geholfen werden. Ähnliche Überlegungen gab es auch
bei anderen Bundesländern. So haben sich sowohl Kärnten als auch Burgenland bisher ebenfalls
nicht am Sonderwohnbauprogramm des Bundes beteiligt.
Viele meiner Vorredner haben auf den vor kurzer Zeit zwischen dem Bund und dem Land
Niederösterreich abgeschlossenen Vertrag hingewiesen und mit Recht ihre Freude über den Abschluß
zum Ausdruck gebracht. Dieser gemäß Artikel 15 a des Bundes-Verfassungsgesetzes
abgeschlossene Vertrag regelt viele Fragen. Im Artikel 4 werden auch Fragen der Wohnbauförderung
geregelt. Ein wesentliches Anliegen des Landes ist aber noch immer nicht gelöst, nämlich die
Erhöhung der Bundesmittel für die Wohnbauförderung. Der derzeitige Aufteilungsschlüssel
benachteiligt in seinen Auswirkungen unser Bundesland. Der Aufteilungsschlüssel wird aus den
Komponenten Bevölkerungsanteil, Bevölkerungszuwachs und Steueraufkommen gebildet, wobei das
Steueraufkommen einen großen Ausschlag gibt. Dadurch ergibt sich, daß z. B. bei annähernd gleicher
Bevölkerungszahl und einem steigenden Bevölkerungszuwachs in Niederösterreich der Anteil an
Bundesmitteln für Wien 27,13%, für Niederösterreich hingegen nur 16,75% beträgt. Diese 16,75%
ergaben im Jahre 1981 einen Betrag von 2.191,000.000 Schilling. Niederösterreich hat aber derzeit
einen Bevölkerungsanteil von ca. 19,05%. Seitens des Landes wird daher die Forderung erhoben, die
Mittel für die Wohnbauförderung mit jenem Prozentausmaß festzusetzen, das dem Bevölkerungsanteil
entspricht. Würde dieser Forderung stattgegeben werden, stünden Niederösterreich an
Wohnbauförderungsmitteln des Bundes 2.459,000.000 Schilling zur Verfügung. Das ergäbe einen
Mehrbetrag von 270 Millionen Schilling. Diese zusätzlichen Mittel könnte das Land zur Bewältigung
seiner Aufgaben dringend brauchen. 1.600 Eigenheime oder 375 Wohneinheiten könnten zusätzlich
davon gefördert werden. Es ist vor allem nicht einzusehen, daß Wien mit ca. 20% Bevölkerungsanteil
27 % an Wohnbauförderungsmittel erhält, während Niederösterreich bei annähernd gleichem
Bevölkerungsanteil nur 16,7% an Wohnbaumitteln erhält. Ich glaube, daß in dieser Frage einer
Änderung des Aufteilungsschlüssels die Bemühungen weiter fortgesetzt werden müßten.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe meine Ausführungen mit den Sätzen, jeder Mensch hat ein
Recht auf Wohnen und Wohnungen sollten zum Wohlfühlen gebaut werden, begonnen. Um dieser
Feststellung Rechnung zu tragen, sind beträchtliche Geldmittel im Voranschlag des Jahres 1983
vorgesehen. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, daß es in Kürze zu einer Änderung des
Wohnbauförderungsgesetzes durch den Bund kommen wird. Dies wird auch eine Veränderung im
Wohnbauförderungsmodell Niederösterreich mit sich ziehen. Diese häufigen Änderungen, meine sehr
verehrten Damen und Herren, bewirken jedoch, daß der einzelne Bürger immer weniger Kenntnis von
den einzelnen Bestimmungen hat. Er wird ganz einfach überfordert. Sowohl das Mietengesetz in
seiner Kompliziertheit als auch das Wohnbauförderungsgesetz werden vom Bürger, für den allein
diese Gesetze ja beschlossen werden, nicht mehr verstanden. Wenn sich, wie aus einer
Schriftenreihe der Forschungsgesellschaft für Wohnen, Bauen und Planen zu ersehen ist, in
Österreich insgesamt 297 Gesetze mit dem Wohnbau befassen, so stellt dies sicher eine
Überforderung der Menschen unseres Landes dar. Ich möchte daher zum Abschluß meiner
Ausführungen an alle Verantwortlichen in Bund und Land appellieren, die Beratungen in Wohn- und
Mietrechtsangelegenheiten zu intensivieren und bestehende Normen immer wieder auf ihre
Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit zu durchforsten. Jede Maßnahme und Initiative, die eine
Vereinfachung zum Ziele hat, kann hier nur begrüßt werden. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Zum Worte gelangt Herr Abg. Dr. Bauer.
Abg. Dr. BAUER: Erlauben Sie mir, daß ich im Namen meiner Fraktion zu den einzelnen
Resolutionsanträgen kurz Stellung nehme.
Der Resolutionsantrag des Abg. Fidesser muß von unserer Fraktion abgelehnt werden, weil er auf der
zweiten Seite eine Formulierung aufweist, die in der Tendenz den Bund so hinstellen möchte, als
würde er seiner sozialen Verpflichtung nicht gerecht werden. Dieser Formulierung können wir nicht
beitreten, weil die Ausführungen gezeigt haben, daß genau das Gegenteil der Fall war, daß nämlich
noch nie vorher so viel getan wurde als in diesen 12 Jahren von der sozialistischen Bundesregierung.
Daher kann dem nicht beigetreten werden.
Zum Resolutionsantrag des Abg. Hiller gibt es einen Wunsch. Ich glaube, dem kann man beitreten
einmal, und zwar: „Der Landtag hat sich bereits des öfteren mit dem Problem der unzumutbaren Höhe
der Anrechnung des bäuerlichen Einkommens usw. befaßt.“ Mit dieser Korrektur können wir diesem
Antrag beitreten. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß es zweifellos Probleme in der
Vollziehung gibt bei der Berechnung des fiktiven Ausgedinges, weil es ja auf einer gesetzlichen Basis
ohnehin bis 1983 ausgesetzt ist, das muß ja vollzogen werden. Aber in der Tendenz stimmen wir dem
zu. Das zweite Problem soll auch aufgezeigt werden und zwar die Frage der Sozialhilfe, denn wenn was sicher eintreten könnte - praktisch der Erbe alles verliert und das „fiktive Einkommen“ daher eben
nur fiktiv ist, aber im übelsten Sinne, dann wäre es an sich ein Fall der Sozialhilfe. Aber ich glaube,
man sollte im Interesse dieser Gruppe zweifellos Verhandlungen aufnehmen zwischen Bund und
Land, daß dieser an sich der Sozialhilfe zuzuordnender Bereich geregelt wird.
Zum zweiten Resolutionsantrag Hiller ist sicher auch einiges anzumerken, in der Tendenz stimmen wir
aber auch dem zu. Wir wissen, daß gerade die bäuerliche Unfallversicherung ausgesprochen niedrig
ist, wir haben das auch gar nicht in Abrede gestellt. In einem Zwischenruf wurde von mir festgehalten
und diese Anmerkung muß ich noch einmal wiederholen, daß vom Herrn Bundesminister Dallinger
das Angebot erfolgte, darüber zu reden, und daß man von der Präsidentenkonferenz einen
mittelfristigen Finanzierungsplan verlangte. Dieser mittelfristige Finanzierungsplan ist noch nicht
vorgelegt worden, trotzdem ein Jahr bereits vergangen ist. Im Prinzip aber Zustimmung. Wir bitten
aber nur, nachdem sich der Antrag von der Landesregierung an die Bundesregierung richtet, daß
auch die Interessenvertreter von diesem Anliegen informiert werden. Das ist nur als Information zu
verstehen.
(Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Zum Antrag Lusetzky: Dieser Antrag muß abgelehnt werden. Ich begründe das aber sehr ausführlich,
damit Sie in der Öffentlichkeit nicht sagen können, daß wir den Antrag auf Familienbeihilfe sozusagen
glatt abgelehnt hätten. Seit 1970 gibt es eine grundsätzliche Änderung in der Familienbeihilfenpolitik
und man muß sich darüber klar sein, daß es damit gelungen ist, Schwerpunkte zu setzen und mehr
Gerechtigkeit zu schaffen. Dieser Antrag würde dem widersprechen und gerade das, was wir in 12
Jahren Arbeit aufgebaut haben, zunichte machen. Die Familienbeihilfe selbst, Frau Kollegin, ist in den
Jahren 1970 nominell um 170% und real um 60% gestiegen. Diese Steigerung kam zweifellos
unterschiedlich den Familien zugute, das ergibt sich ja aus der Tendenz der Schwerpunktbildung.
Besonders hoch profitieren von dieser Regelung Familien mit größerer Kinderzahl, Familien mit
behinderten Kindern, Familien mit Kleinkindern, und zwar durch die Regelung Karenzurlaubsgeld,
Wochengeld, Betriebsbeihilfe, um nur einige zu nennen, Familien mit Kindern über 10 Jahren durch
die Schülerbeihilfen und alle diese Aktionen sowie Familien ohne oder mit niedrigem Einkommen.
Frau Kollegin, und auch darüber muß man reden, daß ja durch eine allgemeine Dynamisierung das
alles nicht erreicht wird. Und schließlich weiß ich nicht, wie Sie, nachdem Ihr Nachbar der Herr Abg.
Hiller ist, darauf kommen, daß gerade die Familien in den landwirtschaftlichen Betrieben, von denen
etwa 60.000 gar nicht zur Einkommensteuer veranlagt werden in Österreich, am schwersten betroffen
werden. Vielleicht macht Ihr das Euch einmal nach der Sitzung aus. Das zweite: Die Finanzierung ist
im Familienlastenausgleich grundsätzlich gesichert. Natürlich hängt das auch von der wirtschaftlichen
Entwicklung ab, aber nachdem es auch eine Ausfallhaftung des Bundes gibt, ist die maximale
Vorsorge getroffen, nicht unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung und vor allem von einem
nicht, daß auch Beiträge vom Land oder Beiträge von Interessensgruppen erbracht werden könnten.
Ich sage das ohne jegliche Polemik aber ebenfalls an die Bauern gerichtet, wenn sie 150 Millionen
Schilling etwa beitragen und 3,5 Milliarden Schilling aus diesem Titel an Mitteln zurückfließen, so ist
das eine gewollte Politik, aber Ihr Antrag würde diese Schwerpunktbildung durch die Forderung der
allgemeinen Dynamisierung und durch die Forderung der Wiedereinführung in das Steuerrecht, wovon
gerade die Familien mit niedrigen Einkommen nicht profitieren, zunichte machen. Danke. (Beifall bei
der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Abg. Ing. Kellner.
Abg. Ing. KELLNER: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir ganz
kurz zu den einzelnen Anträgen Stellung zu nehmen. Daß wir jenen Anträgen die Zustimmung geben,
die von unseren Kollegen gestellt werden, brauche ich nicht besonders zu betonen.
Aber wir sind auch beim Antrag Nummer 14 des Kollegen Hiller einverstanden mit dieser
Umformulierung, die der Kollege Dkfm. Dr. Bauer hier vorgebracht hat.
Der Antrag, der vom Kollegen Reixenartner eingebracht wurde, es ist der Antrag Nummer 17,
verändert sich in der Form, daß als Antragssteller die Abgeordneten Reixenartner und Klupper
auftreten, und daher wird meine Fraktion diesem Antrag auch die Zustimmung geben.
Zu den Anträgen, die noch vorliegen: Der Antrag Nummer 10 des Kollegen Bernkopf meint, man
müßte in stärkerem Maße als bisher qualifiziertes Personal in den Landespflegeheimen einstellen, um
diesen Aufgaben gerecht werden zu können. Hier liegt mir eine Information vor, daß alle Stellen nach
Maßgabe der vorhandenen Bewerber besetzt wurden. Für die offenen Stellen, die es derzeit gibt, sind
- so lautet meine Information - keine Bewerber vorhanden. Daher sehen wir keine Ursache, diesen
Antrag zu unterstützen.
Beim Antrag Nummer 12, den der Kollege Wagner gestellt hat, ergibt sich das Problem, daß bei jenen
Bezirkshauptmannschaften, wo derzeit noch keine Sozialarbeiter eingestellt sind, die
Voraussetzungen derzeit noch nicht gegeben sind. Nach meiner Information wurde festgehalten, daß
bei einer Bezirkshauptmannschaft ein Posten für einen Sozialarbeiter durch Umschichtung erzielt
werden soll und nicht durch eine neue Fixierung des Postens, und bei jenen
Bezirkshauptmannschaften, wo derzeit die Stellen noch nicht besetzt sind, ist diese Umstrukturierung
noch nicht vollzogen. Sie ist im Gange und wird Schritt für Schritt vollzogen.
Beim Antrag Nummer 13 des Kollegen Wagner, der meint, man müßte den Sozialarbeitern eine
stärkere Kontaktnahme und Schulung ermöglichen, lautet meine Information in der Richtung, daß
dieser Informationsaustausch in der derzeitigen Form durchaus ausreichend ist und daß die Schulung
über die NÖVAK im ausreichenden Maße erfolgt. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Landesrat Dr. Brezovszky.
Landesrat Dr. BREZOVSZKY: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf zu drei Fragen ganz kurz Stellung
nehmen, die in der Diskussion in der Gruppe 4 angeschnitten worden sind.
Die Problematik der Auslastung der Landesjugendheime wurde vom Herrn Abg. Bernkopf zur
Diskussion gestellt. Ich habe im Sommer den Auftrag gegeben festzustellen, inwieweit unsere
Landesjugendheime auch in Zukunft weitergeführt werden sollen. Ich habe in einem 15 Seiten langen
Bericht die ganze Problematik dargestellt bekommen und ich möchte dazu nur ganz kurz sagen, ich
bin nicht bereit, weitere Anträge auf Ausbau der Landesjugendheime in die Regierung zu bringen,
solange die Problematik besteht, daß vielleicht das eine oder das andere Landesjugendheim nicht voll
ausgelastet ist. Wir sind nach den Bestimmungen des Jugendwohlfahrtsgesetzes und des
Sozialhilfegesetzes verpflichtet, Einrichtungen und Anstalten, die der Jugendfürsorge dienen und die
für die behinderten Kinder vorhanden sein müssen, aufrechtzuerhalten und zwar alle Heime, die
momentan da sind.
Für die gerichtliche Erziehungshilfe und Fürsorgeerziehung haben wir das Landesjugendheim
Allentsteig, für die männlichen Lehrlinge bis zur Volljährigkeit das Jugendheim Korneuburg, dann das
Jugendheim Hollabrunn für die weiblichen Jugendlichen bis zur VolIjährigkeit; für die freiwillige
Jugendwohlfahrtspflege haben wir die Jugendheime Matzen, Pottenstein und Schauboden, wobei
Pottenstein und Schauboden voll ausgelastet sind. In Matzen gibt es Probleme und ich habe schon
versucht, mit dem Landesjugendheim Korneuburg Kontakt aufzunehmen, das ja überfüllt ist, ob man
hier den Raum Matzen in Anspruch nehmen kann. Hierüber gibt es momentan noch keine Einigung.
Für die Behindertenhilfe haben wir das Säuglings- und Kinderheim in Perchtoldsdorf und das
Jugendheim in Hinterbrühl sowie das Landesjugendheim im Reichenauerhof in Waidhofen a. d. Ybbs.
Hochwolkersdorf wird durch einen Verein noch in Anspruch genommen. Wir wissen nicht, wie sich die
Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt für die Jugendlichen fortsetzt. Sollte es zweckmäßig sein, so
werden wir die Frage einer anderen Verwendung von Hochwolkersdorf prüfen. Wie gesagt,
Pottenstein wird nicht ausgebaut, es gibt auch keine Mittel im Budget 1983 und es wird auch in
Zukunft kaum ein Antrag gestellt werden, so lange nicht die Frage Matzen und Hochwolkersdorf
befriedigend gelöst ist.
Zu den Landespflegeheimen möchte ich nur ganz kurz sagen, daß es sicherlich notwendig ist, das
Personal in den Landespflegeheimen weiter zu schulen. Zum zweiten müssen wir auch das Verhältnis
der diplomierten Krankenschwestern und der Hilfskräfte verbessern. Vor drei Jahren gab es für 50
Pfleglinge eine diplomierte Krankenschwester. Wir sind bei einem Schlüssel von 20 bis 25, aber ich
bin der festen Überzeugung, daß wir in Zukunft noch eine Verbesserung herbeiführen müssen.
Wir haben auch den Antrag gestellt, daß im Rahmen der Verwaltungsakademie das Personal in den
Landespflegeheimen ausgebildet wird, damit diese älteren Personen vielleicht doch sachgerechter
behandelt werden können. Auch bezüglich der ärztlichen Betreuung werden wir eine Verbesserung
herbteiführen müssen. Ich möchte nur als Vergleich anführen, im Pflegeheim im sozialmedizinischen
Zentrum Wien-Ost gibt es 405 Betten, 212 Bedienstete, einen Primarius, 6 Ärzte, einen medizinischtechnischen Assistenten, einen medizinisch-technischen Fachdienst, einen Assistenten für
physikalische Medizin und 135 Schwestern und Pfleger, einen Pflegevorsteher und eine
Oberschwester. Sicherlich werden wir diese Dotierung an Fachpersonal in Niederösterreich nicht
erreichen, aber wir müssen für diesen Personenkreis eine Verbesserung der ärztlichen Betreuung auf
alle Fälle anstreben.
Zur Psychiatriereform, die der Herr Abg. Fidesser angesprochen hat, möchte ich nur ganz kurz sagen,
wer glaubt, daß durch die Verminderung der Patienten im Landespflegeheim Klosterneuburg auch
eine Verminderung des Personales erreicht werden kann, der hat die Problematik der
Psychiatriereform noch nicht im ganzen Umfang studiert. Ziel war, daß wir das Landeskrankenhaus
Klosterneuburg für Psychiatrie und Neurologie erneuern durch moderne Bauten, daß wir den Stand an
Pfleglingen reduzieren, daß wir aber das Personal in der gleichen Höhe wie bisher beibehalten, weil
eben hier ein großer Nachholbedarf in der Humanisierung der Psychiatrie unbedingt bestand und wir
werden in dieser Richtung gemeinsam mit den Fachleuten, die in der Psychiatriereformkommission
diese Vorschläge ausgearbeitet haben, auch diese Politik fortsetzen. Danke sehr.
(Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Wort gelangt Frau Landesrat Votruba.
Landesrat VOTRUBA: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren!
Zunächst möchte ich einige Worte zu den Aus führungen des Abgeordneten Fidesser sagen.
Ich stimme Ihnen gerne zu, Herr Abgeordneter, was Ihre grundsätzlichen Bemerkungen zur
Bewahrung unseres Standards in der Sozialhilfe und auch zu der sparsamen und zweckmäßigen
Verwendung von Sozialhilfemitteln und der Suche nach neuen Wegen in der Sozialpolitik betrifft. Wie
ernst uns all diese Anliegen sind, muß gerade Ihnen als Mitglied des sogenannten
Einsparungsausschusses des Sozialhilfebeirates, dem ich die Ehre habe vorzusitzen, bekannt sein.
Ich bin ganz zuversichtlich, daß dieser Ausschuß die schwierigen Probleme, die dort behandelt
werden, einer zweckmäßigeren und in manchen Fällen auch einer wirtschaftlicheren Regelung
zuführen kann als dies bisher der Fall war.
Nicht einverstanden erkläre ich mich aber mit Ihren Ausführungen, soweit sie den Fall der
kinderreichen und obdachlosen Familie betreffen, die vorübergehend in einem Beherbergungsbetrieb
untergebracht werden mußte. Für Ihre Bemerkungen, Herr Abgeordneter, werde ich mir sicher kein
Stammbuch anschaffen. Ich nehme es Ihnen gar nicht übel. (Abg. Auer: Hallo, was ist denn das? Sie
sind doch Regierungsmitglied und das darf doch keine Qualifikationen erteilen! - Abg. Rozum: Da
müssen Sie sich wählen lassen!) Er hat gesagt, ich soll es mir ins Stammbuch schreiben. (Abg.
Rozum: Das ist die Frage des Stils! Ich schenke ihr eines, wenn sie eines will!) Wenn er mir sagt, ich
soll es mir ins Stammbuch schreiben! (Abg. Stangl: Aber ohne Fidesser! - Unruhe im Hause. Präsident Reiter gibt das Glockenzeichen.)
Darf ich den etwas schwierigen Sozialfall weiter schildern und hier richtigstellen, da es ja viele solche
schwierigen Sozialfälle gibt. Sie haben vielleicht hier vergessen zu erwähnen, der Ausgangspunkt
nicht das Obdachloswerden dieser Familie war, sondern etwas weiter, nämlich mehrere Monate,
zurückliegt, das war nämlich der Mietzinsrückstand, der bei dieser Familie aufgelaufen ist. Und hier
wäre die Einleitung und Befürwortung eines Sozialhilfeantrages durch die Wohnsitzgemeinde eine
zielführende Lösung gewesen und hätte vielleicht viele Wege, Bemühungen und Einsätze von
Sozialhilfeseite, die später notwendig waren, erspart. Aber es war nicht das eine allein, sondern es
wurde mir auch noch kurz vor der Delogierung vorgeschlagen, dieses Haus, in dem die Familie
gewohnt hat, aus Sozialhilfemitteln anzukaufen, damit die Familie drinnen wohnen bleiben kann. Ich
habe dem Vorschlag, dieses Haus anzukaufen, um eine Lösung dieses Sozialfalles für diese
kinderreiche Familie zu treffen, zugestimmt, mußte aber wenige Tage später informiert werden, daß
die Gemeinde einen Abbruchbescheid erlassen hat. Diese Information wurde durch eine Rückfrage
bei der Gemeinde bestätigt. Sie können sich vorstellen, daß ich dann etwas vorsichtiger wurde, wenn
man hier der Sozialhilfe ein Haus zum Kauf anbietet, um einer Familie ein Heim zu sichern, das von
der Gemeinde kurz darnach zum Abbruch freigegeben wird bzw. für das ein Abbruchbescheid
erlassen wird.
Nun ging es weiter. Die Familie wollte ursprünglich nach Wien übensiedeln, weil der Mann hier eine
Arbeit in Aussicht hatte oder die Wunschvorstellung hatte, hier arbeiten zu wollen. Dies wurde aber
dann nach einiger Zeit wieder von der Familie verworfen und sie äußerte sich, im Waldviertel, wo sich
das Ganze zugetragen hat, zu bleiben. Und Sie werden sicher zugeben, daß man auch das, was die
Familie will, wo sie ihren Wohnsitz und ihre Arbeitsstelle haben will, respektieren muß. Außerdem,
Herr Abgeordneter, wäre unter Umständen durch die Obdachlosigkeit auch noch eine
Jugendwohlfahrtsmaßnahme notwendig gewesen, eine Heimunterbringung, die vermutlich weit mehr
gekostet hätte, sicher weit mehr gekostet hätte, als die von Ihnen zitierte Hotelrechnung. Ich mußte
hier leider etwas weiter ausholen, um diesen Fall klarzustellen, ich hoffe aber, daß es mir damit
gelungen ist, sehr geehrte Damen und Herren, über diesen Fall zu informieren.
Nun noch ein Wort zum Heizkostenzuschuß, der als einmalige Aktion heuer durchgeführt werden soll.
Es wurde hier gesagt, daß man nicht genau weiß, für welchen Personenkreis diese Aktion abgehalten
werden soll, obwohl der Sozialminister Dallinger vergangenen Montag, vorgestern, nach der
Besprechung über die Medien genau informiert hat über die Normen, für welchen Personenkreis, in
welcher Höhe und bis wann die Antragstellung erfolgen kann. Es sind dies Normen, die vom Bund
erstellt wurden, damit in ganz Österreich der gleiche Personenkreis diesen Heizkostenzuschuß
beanspruchen kann. Die Ausführung, die Durchführung dieser Aktion, ist Ländersache und ich habe
daher bereits der Abteilung den Auftrag gegeben, die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen, daß in
den nächsten Tagen ein Erlaß hinausgehen kann, wo dann die weitere Abwicklung und
Vorgangtsweise für den Heizkostenzuschuß ersichtlich ist. Ich darf hier auch noch feststellen, daß die
Landesregierung in der Sitzung am 9. November übereinstimmend zum Ausdruck gebracht hat, daß
sich das Land Niederösterreich an dem Unterstützungsfonds der Heizkosten beteiligen wird.
Ich möchte auch noch Stellung nehmen zu dem Resolutionsantrag des Abg. Wagner. Der Herr Abg.
Kellner hat eben gesagt, daß Sie diesem Antrag nicht die Zustimmung geben werden, weil es sich um
eine Schulungsmaßnahme der Niederösterreichischen Verwaltungsakademie handelt, die laufend
durchgeführt wird. Ich darf vielleicht klarstellen, daß damit gemeint ist, eine Kontaktnahme mit den
Sozialhilfeeinrichungen, mit den Trägern der Wohlfahrt, um den Sozialarbeitern die nötige Information
über diese einzelnen Aktionen zu geben. An eine Schulung der NÖVAK war damit eigentlich nicht
gedacht, sondern daß die nötigen Kosten zur Verfügung gestellt werden, um diese Kontaktnahme
auch durchführen zu können. Das muß ja auch immer wieder, wenn Neuerungen sind, durchgeführt
werden. Das bitte zur Klarstellung.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Sozialreferent des Landes Niederösterreich darf
ich mit Befriedigung feststellen, daß im kommenden Jahr die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen
werden, um wirksam Sozialpolitik zu betreiben. Nur in wenigen Bereichen, wie bei den
Förderungsmitteln für die Urlaubsaktion für ältere Menschen, ist es zu keiner dem Trend
entsprechenden Erhöhung gekommen. Dabei darf freilich nicht übersehen werden, daß ein großer Teil
der vorgesehenen Budgetmittel für Pflichtleistungen der Sozialhilfe wie z. B. Hilfe zum
Lebensunterhalt benötigt wird. Tatsache ist, daß das Sozialbudget mit einer prozentuellen Erhöhung
von 12% deutlich über dem prozentuellen Anstieg des Gesamtbudgets liegt. Damit wird es auch
möglich sein, den hohen Stand zu halten, der in vielen Bereichen der Sozialhilfe bereits erreicht ist,
und jene sozialen Einrichtungen weiter auszubauen, bei denen eine flächendeckende Versorgung für
ganz Niederösterreich erforderlich ist. Hier sind die sozialen und sozialmedizinischen
Betreuungsdienste sowie der psychosoziale Dienst des Landes zu nennen, hier müssen aber auch die
vielen Einrichtungen und Maßnahmen der Behindertenhilfe wie Tagesheimstätten und ambulante
Therapieeinrichtungen genannt werden.
An dieser Stelle möchte ich aber auch die Erfolge, die in diesem Jahr erzielt werden konnten, kurz
Revue passieren lassen. Ich führe zu allererst den weiteren Ausbau der sozialen und
sozialmedizinischen Betreuungsdienste an; ich weiß, es ist bereits angeklungen. Für diesen Zweck
sind den großen Organisationen der freien Wohlfahrtspflege Förderungsmittel im Betrag von 16
Millionen Schilling einschließlich des Nachtrages von 4 Millionen zur Verfügung gestanden. Dadurch
war es möglich, in ganz Niederösterreich mehr als 70 Einsatzstellen einzurichten und zu betreiben,
von denen aus 1.000 älteren, kranken oder sonst hilfsbedürftigen Menschen wirksame Hilfe und
Betreuung geboten werden konnte. Ihnen wurde hiedurch nicht nur die gewohnte selbständige
Lebensführung erleichtert und ermöglicht, sondern vielen von ihnen der Aufenthalt in einem
Pflegeheim erspart. Eine Verbesserung der Förderungsrichtlinien für diese Dienste, die heuer
beschlossen wurde, ermöglicht nunmehr eine zweckmäßige Differenzierung beim Einsatz der
Landesmittel.
Ein weiterer wichtiger, positiver Posten ist die Aktion „Essen auf Rädern". In diesem Rahmen werden
bis zum Jahresende 660.000 Essenportionen in 66 Gemeinden an jene hilfsbedürftigen Menschen
verteilt, die nicht in der Lage sind, sich selbst eine warme Mahlzeit zu besorgen. Auch hier wurde eine
Änderung der Förderungsrichtlinien vorgenommen, sodaß nun auch kleine Gemeinden die Möglichkeit
haben, diesen Dienst „Essen auf Rädern" anzubieten.
Im Netz der Beratungsstellen des psychosozialen Dienstes des Landes konnte wieder eine
Beratungsstelle eröffnet werden und zwar in Bruck a. d. Leitha, sodaß nunmehr in ganz
Niederösterreich 11 derartige Beratungsstellen zur Verfügung stehen.
Ein beachtlicher Erfolg war auch die Erholungsaktion für betagte Menschen. Hier war ein 50%iger
Anstieg, was natürlich auch vermehrte Mittel bedeutete.
Schließlich konnte eine neue Einrichtung eröffnet werden, die ein privater Verein in Wr. Neudorf vor
wenigen Tagen in Betrieb genommen hat, und zwar ein Sozialhilfezentrum, in dem gefährdete Frauen
mit ihren Kindern und schwangere Frauen Unterkunft und Aufnahme finden, wenn sie sich in einer
Notsituation befinden. Ich bin überzeugt, daß diese Einrichtung, die ja in ähnlicher Form bereits in
sechs Bundesländern existiert, eine wesentliche Maßnahme dafür ist, daß in Not geratene Menschen
eine Unterkunft finden.
In der Behindertenhilfe möchte ich vor allem die Waldschule aufzeigen. Hier wurde eine Urlaubsaktion
für schwerstbehinderte Kinder erstmalig durchgeführt, eine Aktion, bei der man den Eltern
schwerstbehinderter Kinder, die diese Kinder zu Hause betreuen, die Möglichkeit geboten hat, einmal
ohne dieses schwerstbehinderte Kind einen Urlaub zu machen. Auch die Caritas St. Pölten hat die
günstigen Räumlichkeiten dieser Schule genützt und einen sogenannten Therapieurlaub für
Behinderte durchgeführt. Weiters gibt es in der Waldschule seit kurzem eine
Beschäftigungstherapiegruppe für schwerstbehinderte Jugendliche.
Kürzlich konnte durch Beschluß der Landesregierung die Voraussetzung für die Ausstellung eines
Sozialpasses für Behinderte geschaffen werden. Er soll all jenen Behinderten eine praktische Hilfe
bringen, deren Leiden nicht sofort augenscheinlich ist. Er soll ihnen vor allem die nötige Beachtung
und des Entgegenkommen der Öffentlichkeit garantieren, soll es aber auch ermöglichen, daß sie
kostenlos bzw. ermäßigt viele Einrichtungen der niederösterreichischen Gemeinden, zum Beispiel
Sportanlagen, oder auch Naturparks von Volkshochschulen in Anspruch nehmen. Es langen bereits
laufend Anträge zur Ausstellung dieses Passes ein und sobald die erforderlichen Drucksorten fertig
sind, kann er auch ausgestellt werden.
Ein wichtiger Anfang in der Versorgung jugendlicher Behinderter wurde mit der Errichtung von
geschützten Lehrplätzen in der Lehrwerkstätte der VEW Ybbstalwerke und in der VOEST-Alpine
Krems geschaffen. Ich erwarte mir von diesem verheißungsvollen Beginn einer Lehrausbildung
behinderter Jugendlicher sehr viel und hoffe, daß dies auch beilspielgebend für andere Firmen ist und
sie sich auch dafür zur Verfügung stellen, behinderte Jugendliche auszubilden.
Eine umfangreiche Novelle zum niederösterreichischen Sozialhilfegesetz ist im
Begutachtungsverfahren. Von dieser Novelle erwarte ich mir eine Erleichterung der praktischen
Handhabung des Sozialhilfegesetzes, aber auch die Inanspruchnahme der Möglichkeiten und
Begünstigungen, die dieses Gesetz bietet, durch die hilfsbedürftigen Menschen unseres Landes.
Am Schluß meiner Ausführungen darf ich all jenen Personen, die im Sozialbereich, gleich an welcher
Stelle, tätig und engagiert sind, für ihre Mitarbeit und positive Einstellung zu den Problemen, die die
Arbeit mit hilfsbedürftigen Niederösterreichern mit sich gebracht hat, danken und dem Wunsch
Ausdruck geben, daß auch im kommenden Jahr gleich gute Arbeit zum Wohle unserer
Niederösterreicher geleistet wird. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Landesrat Höger.
Landesrat HÖGER: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, wenn die
Debatte über den Wohnbaubereich hier in einem so amikalen Klima über die Bühne gegangen ist,
dann sicherlich deshalb, weil allen Anwesenden bewußt ist, wie schwierig und wie wichtig diese Frage
für die Menschen in Niederösterreich ist, und weil die Grundsatzfragen mir gerade in der letzten Zeit
doch bewiesen haben, daß gemeinsame Wege möglich sind.
Meine Damen und Herren, wenn wir dieses Modell Niederösterreich geschaffen haben, dann sind wir
gemeinsam stolz darauf und die eindrucksvollen Berichte, die aus den Wortmeldungen
hervorgegangen sind, sollen all jene zum nachdenken anregen, die in der Berichterstattung in den
letzten Monaten soviel Negatives gefunden haben, weil diese Zahlen eindrucksvoll die wahren
Dimensionen zeigen.
Wenn hier tausende Eigenheime errichtet wurden, wenn wir über 5.000 Wohnungseinheiten mit dem
Modell im großvolumigen Bereich errichtet haben, dann war das, glaube ich, eine gigantische
Anstrengung und ein riesiger Impuls für unsere Wirtschaft. Und alles, was da danebengegangen sein
mag, ist eine verschwindende Minderheit, fast nicht erwähnenswert von der Dimension her. Das ist
das Erschütternde in unserer Gesellschaft, daß nur das Negative einen Stellenwert einnimmt, daß nur
jener „in" ist, der gegen etwas ist, und nicht diese positiven Handlungen in der Politik hervorgehoben
werden, die wir alle, sei es im Gemeindebereich, im Wohnbaubereich oder in allen Bereichen im
Lande täglich erleben, und jene Impulse, die wir miteinander setzen. Ich glaube, da müssen viele
beginnen umzudenken, denn ich sage immer, in einer Demokratie ist entscheidend, daß die
Information so erfolgt, daß die Menschen abwiegen können, denn wählen heißt nichts anderes als
abwiegen. Und da muß man ihnen schon das Negative aufzeigen, aber auch das Positive sagen,
damit sie voll informiert ihrer demokratischen Pflicht nachkommen. Denn wie soll sich denn unsere
Jugend orientieren, wenn nur das Negative Tag für Tag auf sie einströmt. Dies an die Adresse jener,
die erst der Demokratie zu verdanken haben, daß sie in voller Freiheit berichten können.
Meine geschätzten Damen und Herren, wenn wir eine einzige Differenz hatten in unserer Auffassung,
dann war das in diesen drei Jahren - zwei Jahre plus dem nächsten Jahr - das
Sonderwohnbauprogramm. Wir haben das sehr eindrucksvoll mit mehr oder weniger Kraft
ausgetragen, jeder hat seine Auffassung untermauert mit Argumenten, dann wurde abgestimmt. In
einer Demokratie nimmt man das zur Kenntnis und damit ist dieses Thema für uns erledigt, obwohl wir
es bedauern, weil es doch ein Investitionsstoß von einer Milliarde gewesen wäre und weil wir diese
Wohnungen mit dem Sonderprogramm nicht in den Dörfern bauen hätten können, sondern in
Ballungsräumen, wo wir Mietwohnungen eingereicht haben, beginnend vom Militär bis zu den
Eisenbahnen, bis zu den Schwesternheimen hin. Wir hätten sicherlich keine große Sorge gehabt,
auch Genossenschaften und Gemeinden zu finden, die das Modell angenommen hätten, wenn wir
mitgetan hätten, losgelöst vom normalen Budget als zusätzlicher Investitionsschub. Deshalb war auch
nur eine einmalige Aktion möglich, weil ja sonst laufende Belastungen für das Land dagewesen
wären, aber als einmalige Aktion hätte es uns sicherlich nicht gestört. Und ein bissel schaut man mit
Neid zu den Nachbarn, wenn man sieht, daß rund 800 Wohnungen in Oberösterreich bereits im
Entstehen sind und 2.000 in Wien und daß jetzt unser Anteil auf die anderen Länder verteilt wird.
Gerade im großvolumigen Wohnbau haben wir ja einen riesigen Nachholbedarf. Aber bitte, das
Thema ist abgeschlossen, beurteilen muß das souverän in einem Lande der Landesbürger. Wir
müssen schauen, daß er entsprechend informiert wird.
Und nun, glaube ich, haben wir wieder Anlaß zu einem gewissen Stolz. Es ist uns in einer
gemeinsamen Aktion gelungen, ein neues Zeichen zu setzen. Meine Damen und Herren, wir haben
die Beiratssitzungen sinnvollerweise immer weiter vorgezogen. Früher war das einmal im Mai, voriges
Jahr – das wurde auch schon hier verkündet vom Herrn Landeshauptmann - im Jänner und diesmal
haben wir uns darauf geeinigt, schon am 6. Dezember, nach der Budgetdebatte, den Beirat
anzusetzen. Dazu ist eingeladen, die Listen sind fertig. Ich glaube, das ist wichtig, weil wir damit den
Menschen die Möglichkeit geben, sich über den Winter einzurichten auf die Bautätigkeit. Wir können
im großvolumigen Bereich ausschreiben, alles regierungsfertig herrichten und wenn die Sonne
scheint, kann man auch mit der Bautätigkeit beginnen. Und wenn wir die Dimension kennen, daß hier
1,3 Milliarden Schilling für den großvolumigen Bereich vergeben werden, daß wir alle Eigenheime
positiv begutachten werden, die bis zum 30. 6. eingereicht wurden – also nur mehr ein halbes J'ahr
Wartezeit -, gleichlaufend damit die Althaussanierung, wenn in diesem ganzen Bereich eine Menge
von Wohnbauhilfen, Eigenmittelersatzdarlehen, all das vergeben wird und wir rund 2 Milliarden
Schilling sozusagen der Wirtschaft zuführen werden, dann glaube ich, ist das wieder eine großartige
Leistung der gemeinsamen Arbeit im Lande gewesen und wir können darauf stolz sein. Auch so etwas
soll hier einmal gesagt werden. (Beifall im Hause.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Frau Landesrat Prokop.
Landesrat PROKOP: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich
möchte zu allererst eine Frage, die hier über das Landes-Pensionistenheim Hainfeld gestellt wurde,
weitgehend klären. Es ist eines jener Probleme, die nicht voraussehbar sind. Da war ein Grundstück
gewidmet mit Spatenstich, mit Planung und allem drum und dran und als vor Baubeginn die üblichen
Fundamentierungs- und Bohrarbeiten gemacht wurden, hat man feststellen müssen, daß da ein
extrem schlechter Grund vorhanden ist mit einem artesischen Grundwasserspiegel und verschiedenen
Humuseinschichtungen, die ein Bauen um vieles kostspieliger gemacht hätten. Das wären 6 bis 7
Millionen gewesen für eine extrem feste Fundamentierung. Wir sind daher im Baubeirat
übereingekommen, uns nach einem anderen Grundstück umzusehen, weil es selbst mit den
Mehrkosten nicht garantiert gewesen wäre, daß letztlich das Fundamentproblem gelöst wird. Wir
haben uns dann nach einem zweiten Grundstück umgesehen, das ist in einem verbauten Gebiet
äußerst schwierig. Es hat sich dann ein Grundstück an der Bahn, das Industriewidmung hatte,
angeboten. Wir haben mit dem Besitzer gesprochen und es gab weder einen Vertrag, noch einen
Vorvertrag und schon gar keinen Kauf, wie es hier dargestellt wurde. Wir waren dort als gebrannte
Kinder vorsichtig. (Abg. Bernkopf: Einen Vorvertrag!) Es gibt keinen Vorvertrag, da sind Sie falsch
informiert. Es gab Gespräche, der Grundeigentümer selbst hat den Probebohrungen zugestimmt, die
Probebohrung war nicht besonders gut und als es an die Umwidmung ging, mußten Lärmmessungen
gemacht werden und die waren über dem zulässigen Lärmpegel. Ich glaube, gerade bei einem
Landes-Pensionistenheim sollte man in der Hinsicht äußerst vorsichtig sein, um nicht nachträglich
einen Vorwurf zu bekommen. Der Lärmpegel war so, daß um 4 Uhr früh der höchste Lärmstand war,
weil dann die Dieselloks an der Bahn angeheizt werden. Ich glaube, das hätten wir den alten
Menschen wirklich nicht zumuten können. So haben wir uns dann noch um einen anderen Grund
umgesehen, der hat Gott sei Dank gute Bodenwerte und ich hoffe, daß gerade dieses
Pensionistenheim, das mir persönlich am Herzen liegt, jetzt einen guten Standort hat und daß es auch
so werden wird, wie wir es uns wünschen. Sie haben nach den Kosten gefragt, es sind rund 700.000
Schilling Mehrkosten, die durch diese verschiedenen Probleme aufgelaufen sind. Um 120.000
Schilling haben wir eine Alternativenergieuntersuchung gemacht, wie auch in Gänserndorf, die dort
nicht zum Tragen kommen wird. Das sind also die Beträge, die zusätzlich aufgelaufen sind. Hätten wir
aber auf dem ersten Grund gebaut, wären viel mehr Millionen zusätzlicher Kosten gekommen. Ich
hoffe, ich habe das jetzt geklärt.
Kurz nur zu den Tagesmüttern: Ich freue mich auch, daß das positiv angelaufen ist, und ich habe
heute ausgemacht, daß wir im Jänner zu einer Besprechung einladen, um die Erfahrungswerte
auszutauschen, denn ich glaube, es werden die Richtlinien noch einiger Anpassungsmodalitäten
bedürfen.
Ich möchte noch kurz auf die Situation unserer Pensionisten und Senioren in Niederösterreich
eingehen. Sie haben ja von der Studie schon gehört, die in Auftrag gegeben wurde, und es sind auch
hier einige dieser Daten angerissen worden. Es ist dort deutlich zu sehen, was in diesen Beiträgen
durchwegs herausgekommen ist. Die Pensionisten, unsere älteren Menschen in Niederösterreich
erwarten weitgehend, wenn sie einmal Hilfe brauchen, diese Hilfe von ihren Kindern, von ihrer engsten
Verwandtschaft. Daß dann, wie die Untersuchung zeigt, diese Hilfe tatsächlich von den Kindern noch
in stärkerem Maße gegeben wird, als es sich die Senioren erwarten, ist besonders erfreulich, denn
das beweist uns, daß die Familien in Niederösterreich absolut intakt sind und daß wirklich noch
Bereitschaft vorhanden ist, innerhalb der Familie die verschiedensten Probleme zu regeln. Besonders
häufig erwartet man die Hilfe von den Kindern in kleinen Wohnorten, weniger in größeren Orten, weil
dort eben das Zwischenmenschliche schon etwas Schaden gelitten hat.
Interessant ist auch die Frage nach den sozialen Diensten. Dort sehen wir ein Problem. Es meinen
zwar 15 bis 17%, sie könnten es sich vorstellen, im Falle der Notwendigkeit einmal soziale Dienste in
Anspruch zu nehmen, wenn man aber dann fragt, wer tatsächlich diese Dienste in Anspruch nimmt,
sind es nur 2%, also ein verschwindender Prozentsatz. Das hat sicherlich drei Gründe. Einerseits ist
die Flächendeckung der sozialen Dienste noch nicht gegeben, zweitens entspricht der
Bekanntheitsgrad der sozialen Dienste nicht und vor allem drittens wird oft nicht ganz unterschieden,
was soziale Dienste sind, denn es ist hier nachbarschaftliche Hilfe und sozialer Dienst etwas
verwischt. Wenn jetzt ein Bekannter oder ein Nachbar eine Sozialdienstleistung bei jemandem
vollbringt, so wird das oft nicht den sozialen Diensten zugezählt. Allerdings, wenn man in der Studie
nachliest, was sich die Helfer selbst erwarten, so sind Leute gerne bereit zu helfen bei jenen kleinen
Bereichen, die der Mensch braucht. Die größte Hilfeleistung brauchen die älteren Menschen, die
kleinen Dienstleistungen wie einkaufen gehen, aufräumen, also kleinere Sachen, das macht gerne der
Nachbar, das macht gerne die Familie. Aber bei den größeren, bei der Pflege, bei der medizinischen
Betreuung wollen die Helfer selbst die sozialen Dienste. Also hier könnte die ideale Symbiose
stattfinden.
Etwas scheint mir besonders wichtig. Ob innerhalb des Familienbereiches geholfen werden kann,
hängt entscheidend von der Entfernung der Verwandten zum älteren Menschen ab, und es sind rund
90.000 Menschen in Niederösterreich, deren Verwandte mehr als eine halbe Stunde vom Senior weg
wohnen. Das ist bereits zu weit, um wirklich eine sichere Hilfe zu garantieren. Von diesen rund 90.000
werden nicht alle einmal Hilfe brauchen, aber ein Teil von ihnen wird sie brauchen, vor allem sehr
viele davon im Waldviertel und gerade dort sind die sozialen Dienste noch relativ schwach vertreten.
In diesem Bereich wird uns also noch sehr viel Arbeit ins Haus stehen und ich bin auch überzeugt,
daß man mit den freien Wohlfahrtsträgern und vor allem mit der Anmietung und mit der Einbeziehung
der Familien selbst die billigere Art der Hilfeleistung, aber vor allem die menschlichere Art erreichen
kann.
Und noch ganz kurz zu den Sozialhilfeeinrichtungen, die gerade in der letzten Zeit entstanden sind.
Ich möchte auch wirklich – im Rahmen des Budgets muß man es anerkennen - sagen, welche Mittel
hier jeweils zur Verfügung gestellt werden vom Bund, vom Land und den Gemeinden, denn hier wird
wirklich in ganz fantastischer Partnerschaft Großes geleistet, nur glaube ich, daß dieser Weg, den wir
jetzt im Behindertenbereich anbieten, ein kostengünstigerer Weg ist, weil wir versuchen, die Familien
miteinzubinden, die Hilfen den Familien zu geben, damit sie sich selbst etwas helfen können. Dazu
gehören die Tagesheimstätten; wir haben jetzt 21 und es werden im heurigen Jahr noch 24 werden,
man kann sie fast als flächendeckend bezeichnen. Seit 1976 gibt es diese Einrichtungen. Wir haben
jetzt fast 500 Jugendliche in diesen Tagesheimstätten betreut. Diese Jugendlichen können bei ihren
Familien wohnen, gehen zur Arbeit in die Tagesheimstätten und kehren am Abend wieder zurück. Wir
haben im letzten Jahr zwei behindertengerechte Wohnungen in Krems und Wr. Neustadt eingerichtet
und adaptiert und ich glaube, gerade auf diesem Sektor werden wir weiterarbeiten müssen, denn wir
haben immer wieder die Frage der Eltern, was geschieht, wenn ich einmal nicht mehr bin, wo kommt
mein Jugendlicher einmal hin? Hier müssen behindertengerechte Wohnungen und Räumlichkeiten
geschaffen werden, wo sie einander helfen können und wo ihnen auch mitgeholfen werden kann.
Die Ambulatorien sind schon angerissen worden. Sie scheinen mir ganz besonders wichtig, denn ich
glaube, daß man gerade auf diesem Weg, mit der frühesten Behandlung, mit der frühesten Hilfe und
Therapie, bei den Kindern viel erreichen kann. Man kann sie schulreif machen, man kann die
Notwendigkeit, sie später einmal in ein Heim geben zu müssen, weitgehend reduzieren, man erlebt,
welche Bildungsfähigkeit den behinderten Kindern oft innewohnt, wenn sie richtig behandelt werden.
Wir sehen das in den Tagesheimstätten immer wieder. Ich habe jetzt wieder einen Fall erlebt, der
Jugendliche ist im Alter von 15 Jahren hingekommen und konnte nicht die Hände aufmachen, konnte
überhaupt nichts machen. Er war aggressiv, war 15 Jahre zu Hause, weil er nicht schulfähig war, die
Eltern haben ihn zu Hause fast versteckt. Und als dann der Vater gestorben war und die Mutter sich
nicht mehr gegen den Jugendlichen wehren konnte, hat man versucht, ihn in eine Tagesheimstätte zu
bringen. Beim vierten Mal ist er schon brav dort gesessen und ist bis heute voll integriert. Nach einem
halben Jahr kann er kleine Arbeiten leisten. Man sieht, was versäumt wurde, was der hätte erreichen
können, wenn er früher schon richtig erfaßt worden wäre. Daher scheinen mir vor allem die
Ambulatorien dezentral äußerst wichtig, da man mit behinderten Kindern und Kleinstkindern ja nicht
kilometerweit fahren kann, weil das alleine schon eine Belastung ist und hier eine regelmäßige
Behandlung äußerst wichtig ist.
Wir haben vor allem im letzten Jahr noch zwei verschiedene Bereiche zu fördern versucht. Wir haben
den Dolmetsch für Gehörlose mitunterstützt. Gerade das ist sicherlich auch eine Notwendigkeit, denn
hier gibt es Probleme, die man sich als Gesunder gar nicht vorstellen kann. Ich habe einmal gesagt,
wenn ein Gehörloser Zahnweh hat und telefonieren will, ist er absolut hilflos, weil er keine Chance hat.
Und die zweite Sache ist die: Wir haben allen Taubblinden eine zusätzliche Unterstützung gegeben.
Es sind 6 Fälle in Niederösterreich, die mit einer besonders schweren Behinderung zu kämpfen
haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sozialbereich ist sicherlich einer jener
Aufgabenbereiche, die den Menschen am meisten, am engsten bindet. Ich möchte sagen, daß jede
Arbeit in dieser Hinsicht, jede Unterstützung der einzelnen Gruppen entscheidend ist und die
Zusammenarbeit mit den freien Wohlfahrtsträgern wohl das Wichtigste ist. Ich möchte aber auch den
wirklich engagierten Beamten des Referates herzlich danken, denn sie kommen selbst immer wieder
mit neuen Ideen und sie helfen enorm mit, unsere Probleme zu bewältigen. (Beifall im Hause.)
PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. Dr. BERNAU: Ich verzichte.
PRÄSIDENT REITER: Zur Abstimmung liegt vor die Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt und
Wohnbauförderung, und die Resolutionsanträge der Damen und Herren Abgeordneten Bernkopf,
Wagner, Hiller, Lusetzky und Reixenartner. Ich bitte den Berichterstatter, nunmehr den Antrag zur
Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt und Wohnbauförderung, ordentlicher Teil, außerordentlicher Teil und
Konjunkturausgleichsteil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. Dr. BERNAU: Ich stelle den Antrag, die Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt und
Wohnbauförderung, mit Einnahmen von S 4.085,544.000 und Ausgaben von S 5.520,858.000 im
ordentlichen Teil sowie Einnahmen von S 41,420.000 und Ausgaben von S 84,440.000 im
außerordentlichen Teil und von S 50,000.000,- im Konjunkturausgleichsteil zu genehmigen.
PRÄSIDENT REITER: Ich bitte jene Damen und Herren des Hauses, welche für diesen Antrag
stimmen, die Hand zu erheben. (Nach Abstimmung): Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung der Resolutionsanträge.
Resolutionsantrag des Herrn Abg. Bernkopf betreffend qualifiziertes Personal in den
Landespflegeheimen. (Nach Abstimmung über diesen Antrag): Abgelehnt.
Resolutionsantrag des Herrn Abg. Fidesser betreffend Heizkostenzuschuß. (Nach Abstimmung über
diesen Antrag): Mit Mehrheit angenommen.
Antrag des Herrn Abg. Wagner betreffend Besetzung der restlichen Dienstposten für Sozialarbeiter.
(Nach Abstimmung über diesen Antrag): Abgelehnt.
Antrag des Herrn Abg. Wagner betreffend periodisch entsprechende Schulung von Sozialarbeitern.
(Nach Abstimmung über diesen Antrag): Abgelehnt.
Antrag des Herrn Abg. Hiller und zwar der modifizierte Antrag betreffend fiktives bäuerliches
Ausgedinge. (Nach Abstimmung über diesen Antrag): Einstimmig angenommen.
Antrag des Herrn Abg. Hiller betreffend bäuerliche Unfallversicherung. (Nach Abstimmung über diesen
Antrag): Einstimmig angenommen.
Antrag von Frau Abg. Lusetzky betreffend Familienbeihilfe. (Nach Abstimmung über diesen Antrag):
Mit Mehrheit angenommen.
Antrag des Herrn Abg. Reixenartner betreffend Postsendungen des Landes. Bitte wer für diesen
Antrag stimmt ein Zeichen mit der Hand. (Abg. Ing. Kellner: Und der Abg. Klupper!) Und Klupper, ich
korrigiere. (Nach Abstimmung über diesen Antrag): Einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abg. Dr. Bernau, zur Gruppe 5, Gesundheit, ordentlicher Teil,
außerordentlicher Teil und Konjunkturausgleichsteil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. Dr. BERNAU: Die Gruppe 5, Gesundheit, deren Ausgaben mit S 1.651,430.000
vorgesehen sind, verzeichnet Einnahmen von S 723,045.000. In dieser Gruppe werden die
Gebarungsvorgänge für den Gesundheitsdienst, Umweltschutz, Ausbildung im Gesundheitsdienst,
Errichtung und Betrieb von Krankenanstalten, Betriebsabgangsdeckung der Krankenanstalten sowie
Heilvorkommen und Kurorte verrechnet.
Der prozentuelle Anteil am Ausgabenvolumen des ordentlichen Teiles des Voranschlages beträgt
7,55%.
Im außerordentlichen Teil sind Ausgaben von S 86,500.000 und Einnahmen von S 10,000.000, ferner
im Konjunkturausgleichsteil Ausgaben von S 55,000.000 geplant.
Ich darf den Herrn Präsidenten bitten, die Verhandlungen einzuleiten.
PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Debatte zu dieser Gruppe. Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abg.
Tribaumer.
Abg. TRIBAUMER: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn wir das Wort
Gesundheit aussprechen, drängt sich sofort der Gedanke an eine Interessenvertretung auf, die für die
Erhaltung der Gesundheit zuständig ist, nämlich die Ärzteschaft. Wie wichtig die Ärzte sind, wissen
manche erst dann zu schätzen, wenn ihre Gesundheit angeknabbert ist und sie die Hilfe eines Arztes
in Anspruch nehmen müssen. Alles hat dann in ihrem Leben keinen Sinn mehr, nur die
Wiederherstellung der Gesundheit hat für sie Bedeutung.
Es muß daher alles darangesetzt werden, damit die nötige Anzahl von Ärzten für unsere
niederösterreichische Bevölkerung vorhanden ist. Es hat sich wohl in Iden vergangenen Jahren auf
diesem Gebiet sehr vieles verbessert, aber leider gibt es den Idealzustand bei uns in Niederösterreich
noch nicht. Wir haben noch immer 16 freie Planstellen für praktische Ärzte und 43 freie Planstellen für
Fachärzte. Bei der medizinischen Versorgung liegt Niederösterreich unter den neun Bundesländern
an sechster Stelle. Bei uns entfallen auf einen praktischen Arzt 2.274 Einwohner, an der Spitze liegen
die Bundesländer Vorarlberg mit 2.951 Einwohnern und das Burgenland mit 2.805 Einwohnern.
Meine Damen und Herren, in den Medien wird immer von einem Überangebot an Ärzten gesprochen,
aber schon vor 30 Jahren, so las ich es in einer Zeitung, als es 10.000 Ärzte statt der heutigen 19.000
in Österreich gab, wurden derartige Meldungen verbreitet. Das Verhältnis Bevölkerung zur Ärztezahl
ist zwar im Vergleich zu anderen Ländern Europas bei uns in Österreich als günstig anzusehen, doch
ist noch keine gleichmäßige und ausreichende Versorgung durch niedergelassene Ärzte mit
Kassenverträgen gewährleistet.
Ihnen ist allen bekannt, daß es bei uns in Niederösterreich noch immer regionale Unterschiede in der
Ärztedichte gibt. Wir als Patienten kennen immer noch die überfüllten Wartezimmer bei den Ärzten,
uns ist auch nicht unbekannt, daß man oft wochenlang auf einen freien Termin warten muß, und bitte
vergessen wir nicht, daß es auch Gebiete gibt, wo kranke Menschen oft kilometerlange Anfahrtswege
zur Praxis eines Arztes haben.
Es stimmt, daß die Zahl der promovierten Mediziner stark angestiegen ist. 1977 waren es 808
Inländer, die unsere Universität verlassen haben, und 1980 betrug die Zahl der inländischen
Promoventen bereits 1.022. Aber bitte, wir dürfen nicht übersehen, daß wir uns in einer Phase der
Erweiterung der Medizin befinden, insbesondere im Bereich der Prophylaxe, hier meine ich die MutterKind-Paß-Untersuchungen, die Schul- und Gesundenuntersuchungen. Auf keinen Fall unerwähnt
bleiben darf die Arbeits- und Gewerbemedizin und ich glaube, hier ist in den nächsten Jahren noch ein
großes Aufgabengebiet zu erfüllen. Das wird aber nur dann möglich sein, wenn sich jeder einzelne der
Wichtigkeit all dieser Fragen auch für sich selbst bewußt ist.
Ich glaube, die Aufzählung wäre nicht vollständig, würde ich nicht die psychiatrische Versorgung, die
Sozialhygiene und die Spezialmedizin erwähnen, und es ist auch heute schon sehr viel über die
Sportmedizin gesprochen worden. Die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit
Arztleistungen ist nun einmal ein bedeutsames gesundheitspolitisches Anwägen.
Wie können wir in Niederösterreich mithelfen, daß mehr Mediziner zu einer Arztausbildung kommen?
Ich habe bereits voriges Jahr bei der Budgetdebatte darauf hingewiesen, daß es bei unseren
Krankenanstalten viele Vormerkungen für Ausbildungsplätze gibt, obwohl wir aus der Praxis wissen,
daß junge Mediziner sich natürlich an mehreren Krankenanstalten gleichzeitig bewerben. Trotzdem
dürfen wir die hohe Zahl der Bewerbungen nicht übersehen. Der Mangel an Ausbildungsplätzen ist bei
uns in Niederösterreich deshalb so groß, weil bei uns die Anstellungszeit der in Ausbildung stehenden
Ärzte gegenüber den anderen Bundesländern am längsten ist. Für praktische Ärzte beträgt sie 6
Jahre, für Fachärzte 10 Jahre. Ich glaube, es ist daher notwendig, daß wir unser
niederösterreichisches Spitalärztegesetz ändern und die Anstellungszeiten für Ausbildungsärzte den
anderen Bundesländern angleichen. Das würde bedeuten, daß die Facharztausbildung von 10 auf 8
Jahre und die Ausbildung für einen praktischen Arzt von 6 auf 4 Jahre verkürzt werden muß.
Es wirft sich aber bitte auch die Frage auf, ob das Gesundheitsbewußtsein unserer
niederösterreichischen Bevölkerung wirklich so gering ist. Die gebotenen Möglichkeiten sind vielleicht
zu wenig bekannt oder man scheut die Untersuchungen, denn die Zahl, die sich einer
Gesundenuntersuchung bei den frei praktizierenden Ärzten und den Einrichtungen der Krankenkasse
unterzogen haben, war im Jahre 1981 mit 9.949 Personen die niedrigste seit Jahren. Ich glaube, für
unsere Gesundheit müssen wir einiges mehr tun, denn die Verantwortung nimmt uns letzthin niemand
ab. Wir tragen sie als mündige Patienten selbst. Ich glaube, jeder von uns nimmt sich vor, etwas für
seine Gesundheit zu tun, aber wir wissen schon, im Alltag geht das oft unter. Es ist natürlich nicht
leicht, Gewohnheiten zu ändern, und zu hoch gesteckte Ziele entmutigen rasch. Vielleicht wäre es
besser, wenn wir mit kleinen Veränderungen den Tagesablauf beginnen könnten und wenn wir uns
dann über diesen Erfolg freuen. Eines ist wichtig, meine Damen und Herren. Wir müssen immer
wieder aufklärend wirken und unserer Bevölkerung sagen, vorbeugen ist besser und vor allem auch
billiger als heilen.
Ein Alarmzeichen bedeutet die zahnärztliche Versorgung in unserem Lande. Es gibt über 90 freie
Planstellen, das bedeutet, daß auf 3.294 Einwohner ein Zahnbehandler kommt. Das ist das
versorgungsmäßig ungünstigste Verhältnis nach diem Burgenland, alle anderen Bundesländer liegen
natürlich günstiger, zum Teil wesentlich günstiger. Mit ein Grund für die schlechte zahnärztliche
Versorgung bei uns in Niederösterreich ist der, daß wir das dentistenreichste Bundesland sind. 3/4
Dentisten stehen bitte 1/4 Zahnärzten gegenüber und das allmähliche Aussterben des
Dentistenberufsstandes spüren wir natürlich bei uns in Niederösterreich besonders arg. Es darf auch
nicht übersehen werden, daß von den 1.000 Dentisten, die es in Österreich noch gibt, das
Durchschnittsalter bereits rund 58 Jahre beträgt, und ich glaube, wir können uns ausrechnen, wann
die Dentisten allmählich in Pension gehen. Das wird sich dann bei uns in Niederösterreich besonders
schlecht auswirken. Die Zahl der bezahlten Ausbildungsplätze wurde natürlich in den letzten Jahren
wesentlich vermehrt und hat zu einem starken Anstieg der Absolventen des zahnärztlichen
Lehrganges geführt, nicht aber zu einer befriedigenden Lösung der strukturellen
Versorgungsprobleme. Es ist daher notwendig, daß wir unsere Stimme erheben und mehr
Ausbildungsplätze fordern, Ich darf mir erlauben, hiezu einen Resolutionsantrag zu stellen (liest):
Resolutionsantrag
der Abg. Tribaumer zur Gruppe 5 des Voranschlages 1983, Ltg. Zahl 450:
„Nachdem noch immer 93 Planstellen für Zahnbehandler in Niederösterreich unbesetzt sind, ist es
erforderlich, die Zahl der Ausbildungsplätze zu erhöhen.
Die Landesregierung wird daher aufgefordert, bei der Bundesregierung, insbesondere beim
Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, vorstellig zu werden und dahin zu wirken, daß
Ausbildungsplätze für Zahnbehandler an den Universitätskliniken in jener Anzahl geschaffen und
eingerichtet werden, um für die Zukunft die zahnärztliche Versorgung der Bevölkerung
sicherzustellen.''
Ich glaube, wir sind uns alle bewußt, daß diese freien Planstellen, die wir derzeit bei uns in
Niederösterreich haben, natürlich nicht von heute auf morgen besetzt werden können, vor allem nicht
im ländlichen Raum, weil die Zahnärzte schwer zu bewegen sind, sich im ländlichen Raum
niederzulassen. Beim Dentisten war es ein bisserl leichter, weil dieser viele technische Arbeiten durch
seine Ausbildung selbst durchführen kann und dadurch natürlich die Notwendigkeit der
Zusammenarbeit mit einem Zahntechniker oder mit einem zahntechnischen Labor in einem geringeren
Ausmaß gegeben ist. Außerdem muß es das Recht der freien Niederlassung geben, was übrigens
auch das oberste Prinzip der ärztlichen Standesvertretung ist. Ich glaube, wir können zur Zeit nur
hoffen und wünschen, daß sich von den fertigen Zahnärzten möglichst viele bei uns in
Niederösterreich etablieren und es dadurch zu einer besseren zahnärztlichen Versorgung kommt.
Meine sehr geschätzten Damen und Herren, es ist kein Zufall, daß es heute zahlreiche Krankheiten
fast nicht mehr oder überhaupt nicht mehr gibt. Nachdem auf der ganzen Welt die
Pockenschutzimpfungen durchgeführt wurden, war es - ich glaube vor zwei Jahren - möglich, die Welt
für pockenfrei zu erklären. Durch die Impfungen und natürlich auch die hygienischen Maßnahmen gibt
es in unseren Breiten keine Typhusepidemie mehr. In ganz Österreich gab es in den letzten Jahren
keinen Fall von Kinderlähmung. Vorige Woche war in den Zeitungen zu lesen, daß die Wiener
Gesundheitsbehörde die Beteiligung an der diesjährigen Impfaktion gegen Kinderlähmung als sehr
gering bezeichnet, gegenüber dem Vorjahr war die Frequenz um 50% zurückgegangen. Es wird dann
in diesem Zeitungsbericht an die Eltern appelliert, die Gefahr einer Nichtimpfung nicht zu
unterschätzen, denn die Kinderlähmung kann jederzeit nach Österreich eingeschleppt werden.
Tetanus, Scharlach, Diphtherie, Keuchhusten, Röteln kommen, nachdem in den letzten Jahren
laufend Impfaktionen durchgeführt wurden, Gott sei Dank nur sehr selten vor.
Bei der sogenannten Zeckenkrankheit gelang es durch die Impfungen, die Zahl der Erkrankungen
stark zu reduzieren, aber bitte, für viele Familien ist diese Impfung leider oft noch eine Kostenfrage.
Der Herr Landesfinanzreferent, der Herr Landeshauptmannstellvertreter, ist nicht da, aber ich bin
sicher, man wird es ihm erzählen. Ich hätte eine Bitte. Vielleicht könnte man sich doch Gedanken
machen, wie man kinderreichen Familien unter die Arme greifen könnte, damit diese Gruppe von
Kindern nicht ausgeschlossen ist. Wir haben heute doch die Möglichkeit gehabt, etwas gründlicher die
Zeitungen durchzublättern, und dabei festgestellt, daß das heurige Jahr ein „sehr gutes Zeckenjahr"
war und die Erkrankungen besonders in Kärnten und in der Steiermark sehr stark waren. Bei den
Bezirksverwaltungsbehörden wurden rund 70.000 Teilimpfungen verabreicht, hier können wir von
einem schönen Erfolg sprechen.
Meine Damen und Herren, wir können zwar sehr viel an Impfungen anbieten, wesentlich ist aber die
Mithilfe der Bevölkerung, denn diese Impfungen und Maßnahmen müssen natürlich auch von unserer
Bevölkerung akzeptiert werden. Und wie oft hört man die Worte einer Mutter, ich laß mein Kind nicht
impfen, es hat Angst vor Injektionen und es tut mir weh, mein Kind leiden zu sehen. Aber den
Schaden, den diese Mutter durch eine eventuelle Nichtimpfung ihrem Kinde zufügt, ist nicht zu
verantworten, denn wenn dieses Kind ins Spital muß, dann beginnt für die Familie eine kleine
Tragödie und vielleicht wäre diese Tragödie durch eine rechtzeitige Impfung zu verhindern. Ich glaube,
das könnte man den Eltern nur wünschen. Gerade mit Kindern sollten doch die Mütter öfters über
Kranksein, über den Arzt, über ein Spital sprechen und dem Kind wahrheitsgetreu erzählen, was es
dort zu erwarten hat und daß Injektionen auch manchmal weh tun können, aber daß man dadurch
wieder gesund wird. Eine rechtzeitige Vorbereitung auf so ein Ereignis hat schon vielen Kindern und
damit letztlich auch den Eltern geholfen, wenn wirklich einmal der Ernstfall eintritt. Es gibt leider noch
immer eine große Anzahl von ungeimpften Kindern und es ist daher notwendig, daß wir eine
intensivere Werbemaßnahme starten. Es ist im dringenden öffentlichen Interesse gelegen, einen
möglichst hohen Impfschutz der Bevölkerung zu erzielen. Ich möchte auch die Impfungen gegen
Masern und Mumps dabei nicht vergessen und auch hiezu einen Resolutionsantrag stellen (liest):
Resolutionsantrag
der Abg. Tribaumer zur Gruppe 5 des Voranschlages 1983, Ltg. Z1. 450:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, zur Erhaltung der Volksgesundheit die Impfaktionen gegen
durch Zeckeninfektion hervorgerufene Frühsommermeningitis bzw. Masern-Mumps und die
Kinderlähmungsschutzimpfung in weitgehendstem Ausmaß zu sichern."
Meine sehr geschätzten Damen und Herren, wie unvernünftig oft erwachsene Menschen an sich
handeln, ist mir bei einem Betriebsbesuch vor einigen Wochen so richtig bewußt geworden. Ich kam in
einen Betrieb, in eine Werkstatt, wo sich eine größere Lärmentwicklung abgespielt hat. Ich konnte
damals die Worte des Meisters, der uns geführt hat, sehr schwer verstehen und mir wurde dann von
den Betriebsräten gesagt, daß es hier wohl einen Lärmschutz für die Menschen, die dort arbeiten,
gibt, doch leider dieser nicht angenommen bzw. nicht angewendet wird. Ich glaube, deshalb ist die
Gesundheitserziehung und die Aufklärung über Gesundheitsschutz besonders wichtig.
Gestatten Sie mir auch zum Drogenproblem ein paar Worte. Ich glaube, Rauschmittel sind so alt wie
die Menschheit, denn schon nach dem ersten Weltkrieg gab es eine Drogenwelle. Neu ist allerdings,
daß vorwiegend Jugendliche oder junge Erwachsene die Droge nehmen. Die Droge hilft die
Wirklichkeit zu verdrängen, sie bewirkt Rückzug und Vergessen und verschafft einigen wenigen,
besonders dazu veranlagten Menschen ein intensiveres Glücksgefühl. Vor kurzem entnahm ich einer
Zeitung, daß es im heurigen Jahr weniger Drogentote gegeben hat als im vergangenen Jahr und
sogar im Österreich-Bild befaßte sich gestern ein Beitrag mit dem Drogenproblem. Es wurde
ausgestrahlt, daß die Anzeigen wegen Suchtgiftmißbrauches rückläufig sind, und es wurde das auch
damit begründet, daß das Innenministerium eine Sondertruppe eingesetzt hat, der es übrigens im
heurigen Jahr gelungen ist, unter anderem 27 Kilogramm Haschisch sicherzustellen. Und in der
Zeitung war heute auch zu lesen, daß im Jahre 1980 57 Todesfälle waren, im Jahre 1981 34 und
heuer bis jetzt 25. Diese Mitteilung darf aber nicht bedeuten, daß wir den eingeschlagenen Weg in
Niederösterreich nun verlassen, denn die Drogenabhängigen brauchen unsere Hilfe und ich glaube, je
mehr Drogenabhängigen wir helfen, umso weniger werden wir in der Drogenszene finden.
Zur Entwöhnung eines Suchtgiftkranken ist natürlich eine ganze Reihe von therapeutischen
Maßnahmen notwendig, ich möchte sagen, eine Art Therapiekette. Zu Beginn steht die Beratung, die
Motivierung. Der zweite Therapieschritt ist notwendigerweise der Entzug, das Durchbrechen der
körperlichen Abhängigkeit. Uns ist, glaube ich, allen bekannt, daß nur jenen geholfen werden kann,
die freiwillig von der Droge wegkommen wollen. Und es ist leider so, daß manche Patienten schon am
körperlichen Entzug oder kurz danach scheitern und nichts anderes zu tun wissen, als leider wieder
mit dem Drogenkonsum zu beginnen. Die Verweildauer in einer Entgiftungsstation beträgt ca. 24
Tage, erst danach ist eine Weiterleitung in die Therapiestation nach Mödling möglich, wo die
Verweildauer ca. 15 Wochen beträgt.
Ein Beispiel aus einer Entgiftungsstation: Von 100 Patienten konnten 29 nach Mödling transferiert
werden, 48 haben auf eigenen Wunsch die Anstalt oder die Therapiestelle verlassen und 23 mußten
aus disziplinären Gründen die Station verlassen. Wir haben auch gehört, daß der Heilungserfolg in
Mödling bei 15% liegt, das ist im internationalen Vergleich eine sehr gute Quote.
Meine Damen und Herren, wenn auch die Therapien kostspielig, mühsam und manchmal möchte ich
sagen voller Enttäuschungen sind, bleiben sie die einzige Antwort der Gesellschaft auf die
Suchtkrankheit, durch die etwas geändert wird. Wenn auch unsere Mitbürger alle Bemühungen,
Drogenabhängige zu heilen und wieder in die Gesellschaft einzugliedern, für eine verschwendete
Liebesmüh halten, müssen wir trotzdem den eingeschlagenen Weg bei uns in Niederösterreich
fortsetzen. Es ist nun einmal eine wesentliche humane Aufgabe, Menschen, die unserer Hilfe
bedürfen, auch zu helfen. Zur Beseitigung des Drogenproblems gibt es leider kein Patentrezept.
Weder strafende Unterdrückung noch liebevolle therapeutische Zuwendungen werden das Problem
als solches zum Verschwinden bringen. Aber ich glaube, wenn wir dosiert und differenziert vorgehen,
wird es in Zukunft gelingen, dieses Problem soweit in den Griff zu bekommen, daß unsere
Gesellschaft damit leben kann, wie mit anderen unguten Erscheinungen auch. Wenn wir von diesem
Grundgedanken nicht abgehen, dann können wir sagen, wir betreiben eine humane
Gesundheitspolitik.
Zum Abschluß gestatten Sie mir noch ein paar Sätze über die Psychiatriereform. Österreich blieb
eigentlich lange von der internationalen Entwicklung in der psychiatrischen Versorgung unberührt und
man kann sagen, daß erst Mitte der 70er Jahre auch bei uns eine Bewegung in das bisherige starre
Muster der psychiatrischen Versorgung geraten ist. In früheren Zeiten bekam oft der psychiatrische
Kranke zu spüren, daß er ein ungeliebtes, ein unheimliches, ja ein unwertes Glied der menschlichen
Gesellschaft ist, für das man nur das Instrument der Versorgung übrig hatte. Meistens war es doch so,
daß chronisch Kranke, die keine Familie oder Angehörigen mehr hatten oder von ihnen abgelehnt
wurden - das gibt es leider sehr oft -, bis an ihr Lebensende in den Anstalten blieben. Das zentrale Ziel
der Psychiatriereform besteht darin, in all jenen Fällen, in denen eine stationäre Behandlung
tatsächlich kürzer als üblicherweise sein kann, alternative, ambulante oder teilstationäre
Betreuungsmöglichkeiten zu schaffen.
Bisher, meine Damen und Herren, wurde schon sehr viel erreicht und es gibt Pläne, es gibt Ideen für
die Zukunft, aber ich glaube, wir können diese Ideen nur schrittweise verwirklichen, denn jeder neue
Weg, den wir beschreiten, kostet viel Geld. Ich denke hier z. B. an die spezifischen
Rehabilitationsdienste und -einrichtungen, die wir natürlich in allen Teilen unseres Landes bräuchten.
Es sind bereits bisher landesweite Erfolge zu verzeichnen, die von der Öffentlichkeit auch anerkannt
werden. Wir sollten allen jenen, die bisher Großartiges im Dienste der Psychiatrie vollbracht haben,
ein Dankeschön sagen und wir sollen ihnen auch für die Zukunft weiterhin viel Erfolg wünschen. Ich
glaube, wir alle, die wir hier sitzen, wollen eine humane Gesundheitspolitik betreiben und dabei dürfen
wir auf keinen Fall auf jene Gruppen von Menschen vergessen, die sich sehr schwer oder fast gar
nicht verteidigen können. Ich glaube, ihnen gehört unsere volle Unterstützung, wollen wir bei unserer
Arbeit ernst genommen werden.
Ich darf Sie, meine sehr geschätzten Damen und Herren, noch sehr herzlich bitten, den
Resolutionsanträgen Ihre Zustimmung zu geben. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Abg. Prof. Wallner.
Abg. Prof. WALLNER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich der
Frage des Krankenhausbaues und der Finanzierung des Betriebes einmal von einer anderen Seite
nähern. Im Herbst hat der Heilbäderverband in Kleinkirchheim seine Jahrestagung durchgeführt und
da war ein Dr. Mazanek eingeladen, der vom Standpunkt einer Privatversicherung sich mit dem
Gesundheitswesen auseinandergesetzt hat. Ich möchte einige Gedanken dazu an den Anfang stellen,
weil das ganz interessant ist, davon dann auf das zu schließen, was wir machen müssen.
Die Frage nach einem Krankenhaus in ökonomischer Sicht erhält zur Antwort, daß das ein
Wirtschaftskörper ist, der Leistungen gegen Entgelt auf Grund von Angebot und Nachfrage erbringt.
Daher müßte mit einer solchen Formulierung die Frage der Wirtschaftlichkeit verbunden sein, es
müßte damit verbunden sein die Frage der Gewinnmaximierung und einer Verlustminimierung. Wenn
man sich die einzelnen Begriffe dieser Definition nun ansieht, entdeckt man allerdings, daß das gar
nicht so einfach ist. Die Nachfrage, die hier gestellt wird, richtet sich - wie jede sich danach richtet nach dem Bedürfnis und nach dem Preis. Bei den Gesunden gibt es überhaupt kein Bedürfnis nach
einem Krankenhaus, sie machen einen weiten Bogen darum, wenn sie nicht einen Besuch machen
müssen. Es ist kein Anliegen für sie. Der Kranke hat natürlich ein Bedürfnis, aber dieses Bedürfnis
wird auch wieder nicht von ihm ausgelöst, sondern von einer dritten Person, nämlich von dem
behandelnden Arzt. Und hier gibt es eine ganze Reihe von Problemen, die mit diesem Bedürfnis, das
ein Dritter auslöst, im Zusammenhang stehen. Im Spital selbst, im Krankenhaus, hat der Patient nun
alle Bedürfnisse, die überhaupt mit einem Krankenhaus in Zusammenhang stehen und dort
angeboten werden. Jedes Bedürfnis wird durch den Preis geregelt. Wenn wir normal etwas einkaufen,
ist es uns klar, daß der Preis ausgeschildert ist, die Ware steht auf der Stellage, man hat den Preis
dabei und bei der Kassa bezahlt man ihn. Im Krankenhaus ist das etwas anderes, im Krankenhaus
kauft man sozusagen alles für einen Mitgliedspreis ein. Da gibt es eine große Einkaufsorganisation,
bei der wir alle Zwangsmitglieder sind. Wir bezahlen dort oder wir kaufen dort mit unserem
Mitgliedspreis gelegentlich alles, und zwar vom Bedürfnis her zu einem möglichst großen Umfang und
vom Preis her eher mit einem noch größeren Desinteresse, weil wir mit ihm nicht in Zusammenhang
kommen. Es gibt also hier keine Grenzen. Wenn man das Angebot anschaut, so bieten die
Krankenhäuser ein so umfangreiches und großes Angebot wie möglich. Alles da drinnen ist auch so
teuer wie möglich. Allerdings ergibt sich jetzt aus dieser Verbindung zwischen Angebot und
Nachfrage, Bedürfnis und Preis eigentlich die Tatsache, daß hier marktwirtschaftliche Gesichtspunkte
völlig ausgeschaltet sind und daher eine kostendeckende Führung einfach nicht gegeben ist. Es gibt
keine Gewinnchance in einem solchen Krankenhaus, und es gibt auch wenig, ich sage das vorsichtig,
wenig Interesse an einer Kostensenkung, weil die direkt beteiligten Personen kein Kostenbewußtsein
haben, weil die Sozialversicherungsträger an ihre Einnahmen gebunden sind, nicht aber an die
Kosten, die das Krankenhaus macht, und weil die Gebietskörperschaften, die sie betreiben, letzten
Endes aus Steuergeldern über Zuschüsse verfügen können, sodaß ein gewisses Desinteresse von
Haus aus an den Kosten besteht, und es das Ziel sein müßte, Interesse zu wecken und zu fördern,
das kostenbewußt ist, und zwar bei allen, die damit in Verbindung stehen. Die Frage, ob das über die
sogenannten Normkosten zu erledigen wird sein, habe ich schon einmal etwas angezweifelt, aber es
ist ein Weg dazu, der für den KRAZAF beschritten wird, wenigstens in Ansätzen. Die Folge müßte
sein, daß Unterschreitungen dann einen Gewinn für die Anstalt darstellen, während Überschreitungen
dem Träger angelastet werden. Wie das in der Praxis durchzuführen sein wird, das überlasse ich
tatsächlich der Entwicklung, ich wage hier nicht eine Prognose zu stellen, das wird eine
Riesenstreiterei ergeben. Jedenfalls ist uns eines klar dabei: bei einer solchen Betrachtung erkennten
wir, daß es zwischen einer privatwirtschaftlichen Führung und einer Führung durch die öffentliche
Hand einfach einen gewaltigen Unterschied geben muß, der darin liegt - und das bedenken die
wenigsten -, daß dort, wo die Öffentliche Hand oder eine Gebietskörperschaft tätig ist, nicht nur der
wirtschaftliche Faktor eine Rolle spielt, sondern selbstverständlich auch der soziale Faktor und der
politische Faktor. Der soziale Faktor auf diesem Gebiet ist die Tatsache, daß es sich hier um eine
humane Einrichtung handelt, daß wir eine humane Medizin wollen und daß daher der rein
privatwirtschaftliche Faktor kaum in Anwendung gebracht werden kann. Wenn wir das eine nicht
machen können, so müssen wir allerdings auf der anderen Seite sagen, so, wie es bis jetzt gemacht
wird, wird es in Zukunft nicht endlos weitergehen, sondern es muß eine Möglichkeit gefunden werden,
daß sowohl der humane Teil seine Erledigung und seine Erfüllung finden kann, daß aber auch hier
eine gewisse Preisgünstigkeit eintritt, die es uns möglich macht, den humanen Faktor zu erfüllen. Mit
dieser Überzeugung ausgestattet, können wir uns dem Krankenhausausbau selber zuwenden. Ich
brauche Ihnen nichts aus diesem umfangreichen Elaborat zu sagen, was den Spitalsbau betrifft. Eines
möchte ich nur feststellen, meine Damen und Herren, das, was in Niederösterreich auf diesem Gebiet
in den letzten Jahren vollbracht wurde, ist eine ungeheure Leistung, deren Ergebnis wahrscheinlich
erst feststellbar sein wird, wenn sie so ziemlich abgeschlossen sein wird, und ich meine hier nicht nur
finanziell, sondern auch in ihren humanen Auswirkungen, wenn eben alle diese Dinge in einem
entsprechenden Ausmaß den Mitbürgern zur Verfügung stehen. Wir haben damit die Gelegenheit
geschaffen, daß ein ausgezeichnetes Ärztepersonal, daß ein ausgezeichnetes Pflegepersonal die
Möglichkeit bekommt, seine Kenntnisse und seine Fähigkeiten an den Patienten so heranzubringen,
daß dieser eine entsprechende Unterbringung besitzt und daß ihm die modernsten Technologien zur
Verfügung stehen. Das verlangt man heute von einer humanen Lösung dieses Problemes. Wir haben
eine Etappe hinter uns, die ungefähr etwa 5 Milliarden Schilling umfaßt hat. Wir haben jetzt eine
Etappe, die rund - ich sage das immer aufgewertet - rund 1 Milliarde Schilling ausmacht. Wir wissen,
daß 60% das Land zu den Baukosten beiträgt, daß 20% der NÖKAS, 20% die Sitzgemeinde beiträgt
und daß der Anteil des KRAZAF mit etwa 9% an Investitionen darzustellen und daher eigentlich wenig
für die Investitionen von Bedeutung ist. Ich möchte festhalten, daß gerade für die erste Etappe in sehr
vielen Fällen Herr Landeshauptmann Ludwig durch einen persönlichen Einsatz diese Dinge möglich
gemacht hat und damit ein System entwickelt wurde, das in vielen Fällen auch auf Vorleistungen
beruht, dadurch aber verschiedene Durchführungen ermöglicht hat und daß für die letzte Etappe die
Absprache zwischen Landeshauptmannstellvertreter Dr. Pröll und Landesrat Dr. Brezovszky die
Möglichkeiten geschaffen hat, daß hier entsprechend vorgegangen werden kann.
Was man gemeinhin ein bißchen zu wenig darstellt, ist, daß dieser Spitalbau natürlich ein ungeheures
Kapital der Gemeinden bindet und daß sowohl die Sitzgemeinde als auch die Gemeinde, die über den
NÖKAS hier ihren Beitrag entrichten muß, vor Forderungen steht, die wie so viele andere die
Gemeinden an die Grenze der Leistbarkeit geführt hat und noch mehr führen wird, wenn die
Folgekosten eintreten. Gebaut wird hier nach einem Raumordnungsplan, wobei die letzten
Entwicklungen im KRAZAF andere Notwendigkeiten und Möglichkeiten eröffnen, weil eben der
Neubau nicht mehr einfach davon abhängen wird, daß wir ihn beschließen, sondern daß er auch vom
KRAZAF her seine Bewilligung bekommt.
Beim Raumordnungsplan würde ich darauf hinweisen, daß es günstig wäre, wenn die Gültigkeitsdauer
solcher Pläne doch einen bestimmten Zeitraum umfaßt. Wir haben das letztes Mal ja erlebt, daß hier
sehr viele Argumente sich dann plötzlich umgedreht haben. Das ist nicht günstig und man sollte hier
tatsächlich von Unterlagen ausgehen, die so langfristig sind, wie sie ein Spitalsbau notwendig
verlangt.
Beim Bau und bei der Planung selbst müßte das Kostenbewußtsein der Ärzte besonders gefordert
werden, weil nur darauf eine richtige Planung überhaupt zurückgeht. Ich glaube, daß die Entwicklung,
wie wir sie in Niederösterreich mit den Baubeiräten haben, eine sehr gute ist, weil hier eine große
Erfahrung zusammenspielt in einem solchen Gremium, das von ärztlicher Seite her, von
verwaltungsmäßiger Seite, von juristischer Seite und auch von finanzieller Seite her durchaus alle
Dinge zusammenträgt, die notwendig sind, um zu einer vernünftigen Ausführung zu kommen.
Die Frage der Folgekosten sind nicht immer in dem Ausmaß klar, wie es notwendig wäre,
normalerweise sagt man, daß bei einem Neubau etwa 25% der Baukosten auch dann später der
Betriebsabgang sein werden. Das würde bedeuten, daß die jetzigen Abgänge, wenn der Neubau oder
der neue Trakt in Betrieb genommen wird, sich sicher um etliches erhöhen werden, weil dann das
zusammenkommt, was man für den Bau selbst zurückzahlen muß und das, was natürlich an neuen
Betriebskosten hier anfällt. Auch hier darf ich mit entsprechender Bewunderung sagen und festhalten,
daß bei den Berechnungen, die die zuständige Abteilung gemacht hat, sehr genau immer die
Folgekosten dargestellt werden, damit das jährlich aufscheint. Das schlägt sich im Budget ja nieder.
Ich habe das gar nicht gewußt, daß das so genau gemacht wird, - man unterschätzt sehr oft amtliche
Einrichtungen, das gebe ich zu – daß das sehr genau für jedes Jahr festgehalten wird und daß auch
die Valorisierungen, die gemacht werden, entsprechend eingebaut werden können, sodaß hier keine
allzu großen Überraschungen auftreten.
Diese Folgekosten insbesondere interessieren uns jetzt natürlich im Zusammenhang mit dem
KRAZAF. Ich habe über den Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds schon vor nicht allzu langer Zeit
ausführlich gesprochen, ich darf Sie heute damit verschonen, daß ich das noch einmal alles
wiederhole. Wir haben es hier mit drei Teilbeträgen zu tun, die diese Mittel nach sehr verschiedenen
Gesichtspunkten den einzelnen Empfängern zulasten. An und für sich wäre dieser Fonds nach zwei
Jahren ausgelaufen, er wurde verlängert und es wurden in dem Zusammenhang auch von der ÖVP
zwei Anträge gestellt. Ich bedanke mich auch hier bei der zuständigen Abteilung, daß dem Herrn
Präsidenten schon eine Beantwortung über diese Fragen gegeben wurde, aus der ich auch einige
Hinweise entnehmen darf, soweit es diese neuen Vorgänge betrifft. Es haben im September
Verhandlungen stattgefunden zwischen dem Bund und den Ländern, dann hat eine
Finanzreferentenkonferenz stattgefunden und dann eine Landeshauptleutekonferenz, wobei ich immer
wieder mit einigem Schmunzeln feststelle, daß, je weiter diese Gremien fortschreiten, desto weniger
kompakt das Ergebnis wird. Das, was die Landesfinanzreferenten meistens ausgehandelt haben, wird
dann in der Landeshauptleutekonferenz doch nur in sehr geringem Ausmaß tatsächlich angenommen,
was auch hier der Fall ist, weil die Forderungen der Länder eigentlich nicht in dem entsprechenden
Ausmaß zur Kenntnis genommen wurden, wie sie eigentlich gedacht waren.
Ich darf Ihnen dazu nur sagen, daß es darum gegangen ist, daß hier für das Jahr 1983 385 Millionen
und für 1984 400 Millionen seitens des Bundes und der Sozialversicherungsträger zugeschossen
werden, d. h. daß das Gesamtvolumen vergrößert wurde. Das war eine der Forderungen der Länder.
Nun wurde darüber hinaus festgelegt, es gibt keine zusätzlichen Forderungen mehr, es gibt auch
keine Schiedsgerichte, es gibt auch keine Kündigung, sondern man stellt sozusagen alles das, was
man noch an offenen Fragen hat, kündigungsfrei bis zum Jahre 1984. Darunter sind alle Forderungen
zu verstehen, die die Länder vom Bund unterscheiden, davon sind betroffen eine Forderung der Stadt
Linz mit 11 Millionen und eine Forderung der Stadt Baden, - welche Ehre für einen so einen kleinen
Ort in einem solchen Staatsvertrag erwähnt zu werden - weil es hier um die Verrechnung geht, d. h.
um die Verrechnungsbasis, ob das jeweilig vorhergehende Jahr oder das zweitvorhergehende Jahr
als Unterlage genommen wird.
Mit diesem neuen Abkommen steht auch der Teilbetrag drei in Verbindung, der nach
leistungsgerechten Normen vergeben werden soll und der für Niederösterreich vielleicht etwa um die
40 Millionen Schilling ausmachen wird. Allerdings ist die Aufteilung sehr kompliziert und wird für die
einzelne Krankenanstalt wechselnd viel bringen. 15 % sind für die Finanzierung der Ausbildung von
Ärzten und Krankenpflegern gedacht, 20% der Mittel für die Finanzierung der Ambulanzleistungen,
20% für ausgewählte Leistungen der Spitzenversorgung, das würde in Niederösterreich überhaupt nur
wenige Krankenhäuser treffen, 15% für Leistungen an Fremdpatienten, ein schreckliches Wort, das ist
fast so schlimm wie der „Buchwegwerfer“ bitte, 25% für eine degressive Bezuschussung der
Belagstage, je weniger Belagstage man hat, desto mehr bekommt man dazu, und 5% der Mittel für die
Abgeltung einer Verkürzung der Belagsdauer, denn da nimmt man ja auch weniger ein und da muß
wiederum ein Ausgleich geschaffen werden. Ich bewundere alle heute schon jetzt, die nach diesem
System vorgehen und es längere Zeit überleben werden, denn ich nehme an, daß hier jede
Krankenanstalt mit dem Chirurgen auftreten wird, der, mit einem Skalpell bewaffnet, sich dem
entsprechenden Beamten der Verwaltung nähern wird und ihn mehr oder weniger vor die
Entscheidung stellt, entweder hier mit dem Messer Bekanntschaft oder seine Änderungen zu machen.
Wollen wir es abwarten. Da soll außerdem noch gewichtet werden nach der Versorgungsstufe der
jeweiligen Krankenanstalt. Ist eine nicht unerhebliche Verkomplizierung der ganzen Situation! Ich
habe es schon einmal gesagt, es wird dann der Streit entstehen, wie teuer ein Blinddarm im Norden
von Niederösterreich ist oder im Süden, in St. Pölten oder in Wr. Neustadt, in Baden oder in Zwettl,
das kann man sich dann aushandeln. Ich habe schon gesagt, daß die Neu- und Zubauten in
Krankenanstalten eine Bewilligung des KRAZAF brauchen und daß man einen Arbeitsausschuß
installiert hat, der sich mit diesen Dingen beschäftigen soll, also mit der Mittelverteilung in der Zukunft.
Es gibt nun eine Nebenabrede, die das enthält, was ich da zuerst gesagt habe. Ich möchte vor allem
den Begriff des Fremdpatienten hier herausnehmen. Fremdpatienten, das sind die Patienten, die nicht
zu dem unmittelbaren Einzugsbereich des Krankenhauses gehören und das ist besonders bei der
länderüberschreitenden Funktion dann von einem großen, von einem hohen Streitwert. Sie haben
gehört, Herr Landeshauptmannstellvertreter Dr. Pröll hat gesagt, daß Niederösterreich hier die
Zugehörigkeit zur Sozialversicherung für einen Patienten als maßgeblich betrachtet, während eben
Wien den Wohnort als maßgeblich betrachtet. Nach echt österreichischer Manier hat man sich darauf
geeinigt, daß man bis 31. März 1983 darüber reden wird. Wenn die Entwicklung hier so erfolgt, wie bei
der Landesumlage mit Ende 1980, so werden wahrscheinlich unsere Nachfolger noch immer über das
Kapitel Fremdpatienten reden. Das muß aber für uns gar nicht so schnell sein, ich würde in diesem
Fall sagen, soweit man es hinausschieben kann, sollte man es hier machen. Ich glaube, wir haben
hier den größeren Vorteil. Dann ist da noch ein Kapitel gewesen, daß auch etwas stillschweigend
weggeschoben wurde. Die Länder haben verlangt, daß ihre Anteile über Länderquoten abzurechnen
sind und auch das hat man vorderhand zurückgestellt und nur in Aussicht gestellt, bei eventuellen
späteren Einigungen das ebenfalls in Aussicht zu nehmen und darüber zu sprechen.
Es bleiben also die Mängel des KRAZAF in wesentlicher Form erhalten. Ich habe das schon gesagt,
es ist bloß eine Verlängerung dies Systems eingetreten, aber die systemimanenten Mängel sind nicht
behoben worden und daher müßte man einmal darangehen, das auch zu tun. Ich sage jetzt etwas
ganz Boshaftes. Kaiser Franz hat einmal gesagt, als er Napoleon kennengelernt hat, - das scheint
nach der Schlacht bei Austerlitz gewesen zu sein: „Seitdem ich ihn kennengelernt habe, gefällt er mir
gar nicht mehr!" Und ich muß ehrlich sagen, je länger ich den KRAZAF kennenlerne, desto weniger
gefällt er mir auch. Ich möchte das wie der Kaiser Franz hier sagen, wenn ich mich mit einem so
hohen, mit einer so hohen Persönlichkeit vergleichen darf, allerdings muß man gleich dazusagen, es
gibt momentan nichts Besseres. Man muß meistens mit dem Übel, das das kleinere ist leben, und
zwei Jahre werden wir es versuchen, dann wird man ja sehen, was herauskommt. Hoffentlich ist da
dann eine Zeit, die nicht gerade mit Wahlen in allzu engem Zusammenhang steht, weil es wieder
keine Möglichkeiten einer Lösung sonst gibt, die ich sowieso anzweifle, weil ich eine Lösung, ich
werde sie zum Schluß dann sagen, damit Sie mich hier nicht vertreiben, nur auf einem ganz anderen
Gebiet für möglich halte.
Ich möchte zum Abschluß sagen: mit dem Spitalsbau und der Krankenhausfinanzierung steht eine
Reihe von Problemen in Verbindung, die nicht nur mit dem KRAZAF im Zusammenhang stehen, die
man aber betrachten muß. Über die Folgekosten habe ich schon etwas gesagt. Man müßte
versuchen, daß die Krankenhäuser selber eben die Akutbetten darstellen und dort die Leute drinnen
sind, die wirklich in einem Krankenhaus sein müssen und die nicht nur irgendeine Pflege brauchen. Es
wird die Frage der Ärzteforderungen zu klären sein, es liegen hier ja zwei umfangreiche Pakete vor
uns. Ich sage dazu noch gar nichts oder ich sage dazu nur eines: Kostenbewußtsein, meine Damen
und Herren, sollte man nicht nur beim Patienten voraussetzen, sondern das muß man auch in der
Verwaltung voraussetzen, natürlich auch beim Arzt und beim Pflegepersonal. Eines hängt natürlich mit
diesen Ärzteforderungen schon noch zusammen: das ist die Ausbildungsfrage. Ich glaube, daß hier in
der nächsten Zeit eine Lösung getroffen werden muß, weil es im höchsten Ausmaß ungerecht ist,
jemanden einfach an der Ausübung seines Berufes zu hindern, indem man ihm nicht die Fertigstellung
der Ausbildung ermöglicht. Das ist ja das Problem! Es ist nicht das Problem, daß es arbeitslose Ärzte
gibt, meine Damen und Herren, sondern es ist das Problem, daß jemand gar kein Arzt werden kann,
weil ihm ein Stück dieser Ausbildung fehlt. Daher muß man hier irgendetwas machen. Ich gehe auch
da nicht näher darauf ein, ich verstehe zu wenig, nur ein bissel bin ich schon erschrocken, daß nun
plötzlich die Ausbildungszeiten so verkürzt werden sollen, die mit der Praxis im Zusammenhang
stehen, wie ich manchmal gehört habe. Ich werde mich dann immer beim Umsehen nach einem
Doktor fragen, wann er geboren ist, bitte, weil ich dann weiß, der hat noch 3 Jahre oder 4 Jahre oder 6
Jahre oder 8 Jahre gelernt, wenn er ein Facharzt ist, und wenn jetzt ein ganz Junger daher kommt, so
wird man ein bissel mißtrauisch sein. Da sehe ich eine ernste Frage drinnen, daß hier plötzlich zu den
älteren Ärzten ein gewisser Unterschied besteht. Aber wollen wir das die Herrschaften klären lassen,
die hier zuständig sind.
Sie kennen meine Ansicht, daß die Prävention über die Kurorte und Heilbäder durchaus in der Lage
wäre, über die Rehabilitation in erster, zweiter oder dritter Gradstellung die Spitalskasten wesentlich
zu verringern. Ich würde auch anregen, daß die Krankenkassen ernstlich einmal überlegen, und ich
werde versuchen, mit der niederösterreichischen Gebietskrankenkasse in ein Gespräch zu kommen,
um, wie man so schön sagt, ein Pilotprojekt zu erstellen - ich sage es nicht einmal Englisch, weil ich
nicht genau weiß, wie man Projekt ausspricht, daher habe ich es Deutsch gesagt - also ein Pilotprojekt
erstellen, in dem es möglich ist, daß die Krankenkassen sich auch an Pflegeheimen in irgendeiner
Form beteiligen. Das Problem besteht ja darin, daß manche behaupten, bis zu einem Drittel der
Patienten der Krankenhäuser seien eher Langzeitkranke oder Pflegefälle, die ein Akutbett verliegen,
das mit sehr vielen Kosten besetzt ist. Wenn man hier die Möglichkeit fände, auch in Verbindung mit
einem Krankenhaus ein solches Pflegeheim zu haben, wo jemand, der eben nur einmal in der Woche
einen Arzt zur Aufsicht oder sonst etwas braucht, zwar unter einer besonderen ärztlichen Aufsicht in
einer besseren Form als in den Pflegeheimen der Pensionistenheime stehen kann, da müßte das
natürlich wesentlich billiger sein. Da wird es sicherlich noch vieles zu klären geben dabei, aber man
sollte das tatsächlich untersuchen, vielleicht läge hier die Möglichkeit einer Kostenverringerung.
Die Gesundheitserziehung ist ein Steckenpferd von mir. Es gibt jetzt im Gesundheitsministerium eine
eigene Abteilung, Frau Dr. Svoboda steht ihr vor, die schon sehr viele Vorarbeiten geleistet hat. Das
Problem ist in der Bundesrepublik ja längst durchdacht und quantifiziert, allerdings natürlich zu teuer,
aber die Gesundheitserziehung müßte an der Schule beginnen und müßte alle Stellen umfassen, die
irgendeinen Bezug dazu haben, und diese Gesundheitserziehung müßte eine persönliche
Sozialverantwortung in uns wecken, daß wir möglichst wenige dieser Leistungen in Anspruch nehmen,
wenn es nicht notwendig ist.
Über das Kostenbewußtsein habe ich schon gesprochen, auch hier ziehe ich keine
Schlußfolgerungen. Wie dieses Kostenbewußtsein sich ausdrücken kann, das wird in den
verschiedensten Möglichkeiten gegeben sein. Es wird ja auch immer von einer Beteiligung des
Patienten an den Kosten gesprochen, etwa wenn man das, was man sich zu Hause erspart, dort
einbringen soll. Diese Überlegungen werden sicherlich weiter geführt werden und könnten zu einer
Ermäßigung der Kosten führen. Ich glaube, das wichtigste ist aber, daß die Sozialversicherungsträger
weiter in die Lage versetzt werden, daß sie das bezahlen können, ja daß sie mehr bezahlen können
und daß eine Erneuerung des KRAZAF nur dann einen Sinn hat, wenn diese Mängel über die wir
schon gesprochen haben, hier tatsächlich ausgeschaltet werden können.
Das, was in Niederösterreich beim Spitalsausbau geschieht, meine Damen und Herren, das ist ein
Bekenntnis des Landes zu einer humanen Medizin. Ich habe immer den Standpunkt vertreten, daß
eine humane Medizin nicht allein nur dazu da sein kann, um einen Tummelplatz für
Rentabilitätsberechnungen abzugeben, daß man aber sehr wohl ins Auge fassen muß, inwieweit
diese humane Medizin am preisgünstigsten zu erreichen ist. Darüber muß man sprechen, nicht über
die Tatsache, daß jeder seine Versorgung bekommen muß, sondern daß sie auch preisgünstig ist. Wir
haben uns zu einer humanen Medizin bekannt, wir müssen uns auch dazu bekennen, meine Damen
und Herren, daß wir sie bezahlen müssen. Denn das geht ja heute leider an vielen vorbei, daß sie
glauben, irgendjemand, der Staat, bezahlt das, ohne zu wissen, wie es weitläufig und richtig erklärt
wurde, daß das von unseren Leistungen her kommt und daß alle Sozialleistungen nur erhalten
werden können, wenn auch die Steuerleistung erhalten werden kann. Wenn alle Leute Arbeit haben,
dann werden auch alle Leute die Steuern zahlen können. Und diese Verbindung zeigt sich hier sehr
deutlich. Allerdings möchte ich das zum Schluß einschränken: es sollte auch der Richtige bezahlen.
Die Verhandlungen über diese Dinge müssen schon so geführt werden, daß man den Richtigen zum
Zahlen heranzieht und nicht, daß man gleich sagt, wenn über das Geld gesprochen wird, man
mißgönnt jemanden eine Behandlung oder man bekommt zur Antwort, dann würden eben so und so
viele Leute sterben. Über das Geld und über die Zuweisung zum Richtigen, der es bezahlen muß, soll
und muß man sprechen. Meine Ansicht kennen Sie hier bitte! Ich glaube, daß die sauberste Lösung
so ausschaut, daß uns die Sozialversicherungsträger die tatsächlichen Kosten eines
Krankenhausaufenthaltes bezahlen, daß sie aber vom Staat in die Lage versetzt werden, das auch
tun zu können, ohne daß das allein auf die Beiträge umgewälzt wird. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Ich unterbreche die Beratungen über den Voranschlag des Landes. Die
nächste Sitzung findet morgen Donnerstag, den 2. Dezember, um 9.00 Uhr statt. Die Beratungen
werden mit der Gruppe 5 fortgesetzt.
Die Sitzung ist geschlossen. (Schluß der Sitzung um 20.53 Uhr.)
Herunterladen