6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Clumps („Klumpen“) wurden im 18. Jahrhundert als Gestaltungsmerkmal eines Landschaftsgartens entwickelt. Lancelot „Capability“ Brown (1716-1783) und Humphry Repton (1752-1818) favorisierten dieses Stilelement und verbreiteten es. Typisch war die Verwendung von heimischen Laubbäumen einer Art. Ein Clump wurde mit weiteren Arten bestückt, sogenannte Hilfsbäume. Hierbei wurden schnell wachsende Arten verwendet, Kiefern (Pinus) oder Tannen (Abies), die in der weiteren Entwicklung des Clumps wieder entnommen wurden, wenn der visuelle Eindruck befriedigend war. Im Folgenden wird auf die vorhandenen Clumps im Park Noer eingegangen, die im Rahmen des Workshops 2010 bearbeitet bzw. betrachtet wurden. Es wird dabei auf die vorhandene historische Substanz eingegangen und deren Erhalt. Weiterhin folgen denkmalpflegerische Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der historischen Struktur dieser Clumps. 47 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN 6.1. Der Kastanienclump (Nr.5) Vom Herrenhaus über den Pleasure-Ground kommend, in Richtung Ostsee, erreicht man den Rosskastanienclump (Aesculus hippocastanum) am nördlichen Ende einer Anhöhe. 48 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Abb.33: Bestandsskizze Kastanienclump 49 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Bei dem hier näher beschriebenen Clump handelt es sich um eine kreisrunde Anpflanzung der Rosskastanie (Aesculus hippocastanum). Eine ähnliche Art der Pflanzung ist auch auf dem Plan „Del Parco Reale di Racconigi“ zu sehen. Abb. 34: Racconigi Plan, bearb.: M. Krusch Viele der gegen Ende des 19. Jahrhunderts gepflanzten Bäume sind leider nicht mehr erhalten. Die nahezu kreisrunde Form des Kastanien-Clumps lässt sich trotzdem noch gut nachvollziehen. Noch vorhandene Bäume lassen erahnen, dass der äußere Kreis mit Rosskastanien (Aesculus hippocastanum) bepflanzt war. Im Inneren wiederum wurden weitere Bäume, anderer Arten wie Winterlinde (Tilia cordata) oder Stieleiche (Quercus robur) angepflanzt. Hier weisen Stubben und liegendes Totholz auf ältere schon gefällte Exemplare hin. Im gesamten Clump Nr.5 konnten einige Gehölze bestimmt werden, die jedoch teilweise auch Wildwuchs darstellen. Im Inneren befindet sich Aufwuchs, zum Beispiel Ahorn (Acer pseudoplatanus) und Rotbuchen (Fagus sylvatica). Durch vorangegangene Fällmaßnahmen und ungenügendes Ausräumen der Schnittreste entstanden Flächen, welche nicht gemäht werden konnten. Der Wildwuchs von Brombeere machte sich breit und beeinflusste das Bild der Gehölzgruppe entscheidend. 50 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Abb. 35: Kastanienclump vor der Pflege; Oktober 2010 Abb.36: Wildwuchs Brombeere (Rubus fructicosus); Oktober 2010 51 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Dieser Clump wurde in der Planung nicht durch Vor- oder Unterpflanzungen begleitet, denn hier war es wichtig, dass durch die Stammsichtigkeit eine gewisse Leichtigkeit mit Durchblick entsteht. Die langen überhängenden Äste der äußeren Bäume verliehen der Gehölzgruppe eine malerische Natürlichkeit, wenn es auch eine gartenkünstlerische Gestaltung hervorbringt. Gustav Meyer 1860: Der malerische Wert des einzelnen Baumes ist bei Gruppenzusammenstellungen nicht entscheidend, sondern das ergänzende Verhalten desselben zum Ganzen der Gruppe; […]. Damit eine aus verschiedenen Gehölzen bestehende Gruppe im Contour rund und voll aussehe, muß der Contour aus weit und ungezwungenen ausladenden Gehölzen bestehen; […]30 Da es einer der vorderen Clumps ist, wurde hierfür ein Laubholz verwendet. Nadelgehölze bilden eher den Hintergrund. Der Park in Noer ist ein kleinerer Landschaftspark, jedoch können die Laubgehölze gerade hier im engeren Lokale ihre ästhetische Wirkung der individuellen Schönheit entfalten.31 Abb.37: Landschaft im Yorkshire Park bei Skripton; Mader, Günter: Bäume 30 MEYER, GUSTAV: Lehrbuch der Schönen Gartenkunst. Mit besonderer Rücksicht auf die Praktische Ausführung von Gärten und Parkanlagen. zweite vermehrte und verbesserte Auflage, Berlin, 1873 31 siehe Anmerkung 30 52 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Die von dem Salzburger Hofgärtner Franz Anton Danreiter besorgte deutsche Übersetzung des „La Théorie et la Pratique du Jardinage“ (Antoine Joseph Dezallier D’Argenville, 1709) erschien 1731 und hielt sich eng an den französischen Originaltext. Über die Gewöhnliche Rosskastanie hieß es darin:“ Der Indianische Castanien-Baum hat seinen Nahmen daher, weil man die Castanien aus Indien gebracht, von denen hernach diese Art in Franckreich vermehret worden. Er ist einer von den schönsten Bäumen zum Ansehen […].32 Abb. 38: Purpurkastanie im Mittelpunkt; Mader, Günter: Bäume 32 Entnommen aus „Die Roßkastanie in historischen Gärten – Beispiel aus Ost- und Süddeutschland“ von Rainer Herzog 53 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Die Brombeersträucher sind entfernt worden und viele der Schnittreste der vorangegangen Fällmaßnahmen sind beseitigt. Einige Exemplare von Bergahorn (Acer pseudoplatanus) sind herausgenommen worden. So entstand Platz für neue Anpflanzungen. Abb. 39: Kastanienclump nach der Pflege, Oktober 2010 54 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Für die weiteren Maßnahmen im Park Noer heißt das, den wiederhergestellten Grundriss zu erhalten. Die raumbildenden Gehölze sind zu bewahren. Soll der Zustand dem historischen Bild entsprechen (Optimalzustand), werden von Meyer und Ries folgende Maßnahmen vorgeschlagen: Jährlich ist der Boden unter Schonung der Wurzeln umzugraben. Laub, Kompost oder Stalldung werden mit eingearbeitet. Erst nachdem der Boden durchgefroren ist, solle er im Frühjahr geebnet werden. Im Sommer soll der Boden von Unkraut freigehalten und gelockert werden. 33 Der Gehölzschnitt sollte zu Zeiten der „Saftruhe“ erfolgen, also von Dezember bis zum Februar. Zusätzliche Schnittmaßnahmen dienen zur Begradigung bwz. Behebeung von Schäden durch Bruch, Scheuern oder Quetschen. Größere Wunden sind mit Baumwachs zu verstreichen. Bei Bäumen innerhalb von Baumgruppen solle lediglich abgestorbenes Holz, „überflüssiges Gestrüpp“ und Hexenbesen entfernt werden. 34 Aus ökonomischer Sicht ist dies im Park Noer nicht durchsetzbar. Die durchzuführende Pflege sollte zumindest dem Strukturerhalt dienen. Weitere Pflegemaßnahmen wären die Wiederanpflanzung einiger Rosskastanien (Aesculus hippocastanum) am historischen Standort. Schnittreste müssen sofort entfernt werden, damit anstehende Mäharbeiten bis an den Gehölzrand durchgeführt werden können. 33 MEYER UND RIES: Die Gartenkunst in Wort und Bild. 1904, S. 394, 395 34 MEYER UND RIES: Die Gartenkunst in Wort und Bild. S. 404, 405 55 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN 6.2. Der Rotbuchen-Clump (Nr.4) In Noer befinden sich mehrere Clumps. Einer davon Rosskastanienclumps (Aesculus hippocastanum /Nr.5), Rotbuchenclump (Fagus sylvatica / Nr.4). (siehe Plan 1) nördlich der des ehemalige 56 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Abb. 40: Bestandsskizze Rotbuchenclump Oktober 2010 Ein älteres (ca. 130 – 170 Jahre) Rotbuchenexemplar verstärkt die Vermutung, dass es eine reine Rotbuchenpflanzung war. In unmittelbarer Umgebung sind drei Stubben, sowie Totholz (liegende Baumstämme) von weiteren, kapitalen Bäumen festzustellen. Die Art der Stubben, sowie des Totholzes lassen aufgrund der 57 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN vorhandenen glatten Rinde auf die Art Fagus schließen. Dass es reine RotbuchenClumps in Noer gab, darauf weisen noch die Stubben einer vor einigen Jahren gefällten Anpflanzung nordwestlich des Herrenhauses hin (heute mit Eichen etwas vom originalen Standort versetzt spärlich nachgepflanzt). Im Clump 4 konnten insgesamt sieben Gehölze ausgemacht werden, die hier der ovalen Gestaltungsform folgten. Als Gruppenpflanzung stellen sie eine geschlossene Figur dar und hoben damals den malerischen Wert der Anlage. Gustav Meyer 1860:„ [...] jedoch entspringt, wie bei dem einzelnen Individuum, so auch die Schönheit der Gruppe aus der Unregelmäßigkeit, das Mannigfaltigkeit und beziehungsweise dem Kontrast unter den Theilen aus deren gemeinschaftlicher Haltung; […]“35. Meyer zeigt hier das Bild der, einer ungezwungenen, natürlichen Struktur. In Noer scheint man jedoch einer anderen Maxime zu folgen. Die Auswahl einer Baumart (wohl Fagus sylvatica) und die Pflanzung eines Ovals sprechen für eine gezielte, gewollte Gleichmäßigkeit. Erstmals taucht der Rotbuchenclump auf der unter dem Prinzen Friedrich 1840 entstandenen Karte:„Ländereien des Haupthofes Noer. Ph. Langenbuch jr. 1840“36 auf. Die Auszählung von Baumringen in dem rondellartig gepflanzten Clump in unmittelbarer Nähe zum Herrenhaus (oben erwähnt als heutige Eichennachpflanzung) ergab ein Alter von ca. 150 Jahren, so dass die Bäume noch in Zusammenhang mit der Gestaltung vor dem Exil des Prinzen Emil August von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg 1852 gebracht werden können. In einem pflegebedürftigen Zustand befand sich die Rotbuchenpflanzung in Noer. 35 MEYER, GUSTAV: Lehrbuch der Schönen Gartenkunst. Mit besonderer Rücksicht auf die Praktische Ausführung von Gärten und Parkanlagen. zweite vermehrte und verbesserte Auflage, Berlin, 1873, S. 176 36 LAS 402 A 40 Nr. 2. Siehe auch LAS Abt. 195 Noer, 2112 Erdbuch von Noer 1841 (:Vermessungsregister), das sich aufs Erdbuch von 1802 bezieht (195, 2108) 58 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Die Fällungen von einem großen Teil des jungen Aufwuchs, bestehend aus Esche (Fraxinus excelsior), Ahorn (Acer platanoides) und Ulme (Ulmus glabra) lassen heute wieder Licht an die ältere Rotbuche im Inneren. Durch die vernachlässigte Pflege der letzten Jahre entstand eine Pflanzung, die einer äußerlichen Form eines Clump entspricht. Die Silhouette rahmt mittlerweile wieder einen Raum und bildet im Ansatz einen gewollten Kronenzusammenschluss. 59 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Abb. 41: Nachbildung Buchenclump/bearb. J.Kriegler 60 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Rotbuchen haben im Freistand einen breitkronigen, hochkugeligen Habitus mit bis tief zum Boden reichenden Ästen. Durch die „Frasslinie“ der Wildtiere, ist es in großen Parkanlagen, meist zu einer Stammsichtigkeit gekommen. Ein wirkungsvoller Clump sollte einen Durchmesser von ca. 50m haben, um panoramaartig in der Landschaft wirken zu können (Abb.11). In Noer ist das heute nicht der Fall (ca. 30m). Möglicherweise kann das an der eher geringen Größe des Landschaftsparks in Noer liegen. Das heißt für die weiteren Maßnahmen im Park Noer, den Erhalt der ausgearbeiteten Form. Dabei sind junge (25-30 jährige) Buchen zu erhalten, sowie die heute schon raumbildenden Gehölze anderer Arten. Clumps der Landschaft, The Management & Maintenance Historic DasAbb.42: Bild soll dem in „Ideal“ einer in sich geschlossener Pflanzung of entsprechen. Für Parks, Gardens & Landscapes, The English Heritage Handbook historische Parkanlagen von denkmalpflegerischen Wert schlagen John Watkins und Tom Wright folgende Maßnahmen vor: 1. die Neupflanzung der Art am selben Ort mit Hilfe von Hilfsbäumen (Bsp.Koniferen) dabei ist ein Pflanzenschutz unumgänglich (Einzäunen etc.); die Hilfsbäume werden in 10-20 Jahren ausgedünnt oder entfernt, je nach Charakter der Entwicklung 61 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN 2. die Gestaltung eines neuen Clumps, so nah wie möglich seines Originalstandortes, (shadow planting)37 Im Fall der Pflanzung in Noer sind diese Maßnahmen aus ökonomischer Sicht nicht möglich. Die zukünftige Pflege sollte dem Erhalt der Struktur dienen und der gärtnerischen Ausarbeitung der kompakten Form, bis zu einer guten Anlehnung an einen damalig vorstellbaren Clump. Desweiteren ist die Pflege im Bereich des Aufwuchses von Brombeere und Himbeere unumgänglich. Der Rotbuchenclump funktionierte ohne Vorpflanzung. Er war klar strukturiert und brachte eine kompakt wirkende Form zur Geltung (Abb.11). 37 W ATKINS, JOHN; W RIGHT, TOM: The Management & Maintenance of Historic Parks, Gardens & Landscapes, The English Heritage Handbook, London, 2008 62 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Abb.43: Idealform eines Buchenclumps, bearb.J.Kriegler Ein regelmäßiges Freischneiden des Gehölzrandes ist dabei die erste Empfehlung. Bestenfalls durch Wurzelziehen der Brombeere und Himbeere. Die Vernachlässigung dieser Maßnahme würde sich hier schnell bemerkbar machen und einen nicht gestalteten Eindruck hinterlassen. Ein weiterer Grund ist die extreme Vermehrung von Brombeere (Wandersprosse). Es lässt sich mit gärtnerischen Wissen und Geschick eine Anlehnung an die gartenkünstlerische Gestaltung im 19. Jahrhundert wiederherstellen. Wichtig ist die Regelmäßigkeit der Pflege, wenn erstmals ein gewünschter Zustand eingetreten ist. 63 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN 6.3. Der Weißdornclump (Nr.1) Der Weißdornclump befindet sich nördlich des Herrenhauses, auf einer Erhöhung, auf der früher vermutlich auch das Teehaus (Rosen-Pavillon) gestanden hat. Er lag früher eventuell an einem Parkweg und sollte wahrscheinlich einen blühenden Glanzpunkt der Anlage darstellen. Den Weißdornclump kann man auch als eine in der historischen Gartenliteratur unter dem englischen Namen „Shrubbery“ bekannte Pflanzung bezeichnen, die als „eine Menge isolierter Bäume und Büsche“ auf dem Rasen vorgepflanzt wurde, „um die Linien immer natürlicher und leichter von allen Ansichten aus zu unterbrechen“.38 Shrubberies werden häufig von Wegen tangiert oder durchzogen und entfalten mit ihren blühintensiven Straucharten einen besonderen Eindruck auf die Parkbesucher. Dies sollte Abwechslung in den Park bringen und war deshalb auch ein allgemein verbreitetes Gestaltungsmittel. Abb.44: Beispiel blühender Shrubberies, Chris Wood: The Rhododendron gardens at Sheringham Park. 2005 38 PÜCKLER-MUSKAU, HERMANN VON: Andeutungen über Landschaftsgärtnerei, Stuttgart 1834 64 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN „James Woodhouse beschreibt in seinem Gedicht eine Strauchpflanzung, die sogenannte ‚Shrubbery‘, die sich in der Nähe des Hauses befand. … Diese ‚Shrubbery‘ beinhaltete Baumbestände, wie Platanen, Weiden, Akazien und Eichen. Zwischen den Bäumen wurden Sträucher, wie verschiedene Fliederarten (spanischer Flieder und weißer Flieder), Laurustin (Schneeball), Hartriegel, Hagedorn, gewöhnliche und silberne Stechpalmen (Ilex aquifolium ‚Argentea Marginata‘), Himbeersträucher und verschiedene Zuchtrosensorten, aber auch wilde Rosen, gepflanzt.“39 Auch Herrmann Fürst von Pückler-Muskau äußerte sich zum Einsatz von farbintensiven Strauchpflanzungen anstelle von anspruchsvollen Blumen: „Freilich kann man bei dieser Verfahrungsart keine Blumen mehr anwenden, die ein stetes Reinhalten des Bodens verlangen, es bleiben aber, außer dem herrlichen Rhododendron etc., wie den mannigfaltigsten Rosensorten, in jenem Klima noch immer eine solche Menge perennierender harter Staudengewächse übrig, um das reichste Ansehn hervorzubringen, daß man seine Zuflucht zu Blumen nicht zu nehmen braucht; welche letztere dafür wieder in möglichster Fülle in den, eine größere Regelmäßigkeit vertragenden, Blumengärten angetroffen werden.“40 Gelungene Beispiele für Shrubberies finden sich u.a. im Londoner Regent´s und St. James’s Park sowie in dem von Humphrey Repton geplanten Sheringham Park. Sehr frühe Shrubberies wurden in Painshill rekonstruiert. In Deutschland sind z.B. die Luiseninsel im Charlottenbuger Schlosspark oder auch Pflanzungen im Park von Potsdam-Sanssouci zu nennen. Der Begriff „Shrubbery“ wurde von englischen Planern geprägt und entstand im Zuge der Englischen Landschaftsgartenepoche. „During the 1750s, the word ‚shrubbery‘ had gained wide acceptance in gardening circles. Lady Luxborough, William Shenstone, Sanderson Miller and Mrs. Delany had helped to make it fashionable.”41 39 SCHULZ, SIMONE: Gartenkunst, Landwirtschaft und Dichtung bei William Shenstone und seine Ferme Ornée "The Leasowes" im Spiegel seines literarischen Zirkels, 2004, S.76 f. Abb.45: Beispiel und Gegenbeispiel für Shrubberies im 40 PÜCKLER-MUSKAU, HERMANN VON:Rasen, Andeutungen über Landschaftsgärtnerei, Stuttgart 1834 Hermann Fürst von Pückler-Muskau: Andeutung über Landschaftsgärtnerei. Stuttgart, 1834 41 LAIRD, MARK: The flowering of the landscape garden: English Pleasure Grounds 1720-1800, 1999, S. 244 65 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Es ist davon auszugehen, dass die „Shrubbery-Pflanzung“ in Noer als auffälliger Akzent angelegt war, um die schmuckreiche Situation um den Pavillon mit einem Blühaspekt zusätzlich zu betonen. Dazu passt auch die ringförmige Anordnung von ca. sieben Weißdornsträuchern (Crataegus monogyna), die zusammen mit den Kirschbäumen, die vor den südlich des ehemaligen Weges und somit gegenüberliegenden Gehölzrand gesetzt wurden (Gehölzrand 2) und der Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) im Hintergrund im Frühjahr hervorstechen. Ob der eingriffelige Weißdorn als geplanter Shrubbery gepflanzt wurde oder aus umgekippten Altbäumen ausgetrieben ist, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Abb.46: Bestandsskizze der Pflanzung, Clump Nr. 1 Da abgesehen von den Crategus-Resten keine Altgehölze in diesem Bereich stehen, kann man die Gestaltungsidee vorsichtigerweise auf etwa 1870 bis 1910 datieren. Heute ist die Strauchpflanzung in einem pflegebedürftigen Zustand, da vom eigentlichen „Shrubberiegedanken“ kaum noch etwas zu erkennen ist. Trotzdem lässt sich ein Schema erkennen, dass auf die kreisrunde Pflanzung von Weißdorn (Crataegus monogyna) schließen lässt, die sich im Inneren der Gehölzgruppe befindet. Davor zeigt sich Aufwuchs von Brombeeren (Rubus fruticosus), vereinzelte Ahorntriebe (Acer pseudoplatanus), vermehrt Holundersträucher (Sambucus nigra), eine ca. 20 Jahre alte Walnuss (Juglans regia) am westlichen Rand des Klumpen, Eichenaufwuchs (Quercus robur), vereinzelte Schneebeeren (Symphoricarpos albus) und junge Brennnesseln (Urtica dioica). Dieser 66 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Aufwuchs hat bis auf die Holunder- und Schneebeerensträucher in einem Shrubbery keine optische Bedeutung und kann durch seine geringe Wuchshöhe noch leicht entfernt werden. Abb.47: Blick auf den Weißdornclump (links), die Grillhütte und die Eiche als Leitbaum vor dem Gehölzrand 2, Oktober 2010 Grundsätzlich gilt es jedoch die Sträucher in einem Shrubbery eng aneinander zu pflanzen und nicht durch übertriebene Pflege einzelne Exemplare freizustellen. Zielgedanke ist eine natürlich entstandene, dichtgewachsene, stufenförmige Strauchpflanzung mit Blühaspekt zu erhalten. 67 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN 68 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Abb.48: idealisierte Schnittansicht des Weißdornclumps, A. Heinrich, 2011 Als eine Pflegeanleitung liest man: „Diese Shrubberies werden dann, nur mit der gehörigen Ausnahme in Rücksicht auf ihr Gedeihen, weder reingeharkt noch beschnitten, und bilden daher bald überall eine dichte Masse, die sich graziös auf den Rasen herabsenkt und überlegt, ohne irgendwo eine bestimmte, scharf abgeschnittene Außenlinie sehen zu lassen, ebenso, wie sich von selbst aufgewachsenes Gebüsch am Rand einer Wiese zu gestalten und zu lagern pflegt.“42 42 PÜCKLER-MUSKAU, HERRMANN VON: Andeutungen über Landschaftsgärtnerei. Stuttgart ,1834 69 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Abb. 49: Schnittansicht des Weißdornclumps mit Umgebung, A. Heinrich, 2011 Der Idealfall umfasst den Wiederaufbau des Teehauses an anderer Stelle, den Abriss des Grillpavillons und die Wiederherstellung eines Shrubberies um den Pavillon mit typischen Sträuchern, wie „blühende und Beeren tragende Gewächse, wildes Obst, Dornen, Hagebutten, Pfingstrosen, Ebereschen, Berberitzen, Bergflieder u.s.w.“431 Da es keinen detaillierten Pflanzplan zu diesem Clump gibt und die finanziellen Mittel fehlen, empfiehlt es sich den Weißdorn zu erhalten, d.h. freizustellen, und um passende Blühsträucher zu ergänzen. Ob der Holunder und der Walnussbaum, die als Aufwuchs zu bezeichnen sind, erhalten bleiben, sollte man nach einer Säuberung entscheiden. Obwohl sie als ökologisch wertvoll gelten, verunklären sie wahrscheinlich durch ihren falschen, weil spontanen Abb.50: Kolorierter Kupferstich aus dem Gartenbuch der Fürstin Czartoryska, 1808 Standort die Form einer geschlossenen Pflanzung. Für die zukünftige Pflege und Unterhaltung empfiehlt es sich, den Aufwuchs von Brennnesseln, Himbeeren und anderen wuchernden Pflanzen regelmäßig zu entfernen. Dies sollte zunächst durch Herausziehen per Hand geschehen. Das 43 PÜCKLER-MUSKAU, HERMANN VON: Andeutungen über Landschaftsgärtnerei. Stuttgart, 1834 70 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Säubern mit einem Freischneider ist zwar zeitsparender, jedoch im Ergebnis dürftig, da die Pflanzen schneller nachwachsen und ein erneuter Einsatz notwendig ist. Zusätzlich sollte man nach dem alten Fundament des Pavillons suchen, um Aufschluss über den exakten Standort zu erhalten und an diesem Platz ggf. ein neues Grillhaus errichten. 71 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Abb.51: Blick ins Innere des Weißdornclumps, Oktober 2010 6.4. Der Ahornclump (Nr. 2) Die als „Ahornclump“ benannte Gehölzfläche befindet sich westlich des Weißdornclumps („Shrubbery“), unmittelbar neben dem Buchenclump (siehe Plan Nr.1). Er enthält nur noch drei alte Baumstumpen, dessen Pflanzenarten heute nicht mehr bestimmbar sind. Vermutlich waren es aber bis zu sieben Altbäume. Ein Vergleich lässt sich mit bekannten gartenkünstlerischen Gestaltungen aus dem 19. Jahrhundert, z.B. von Lenné ziehen. Hierbei wurden Bäume im kreisrunden bis ovalen Rondell gepflanzt, meist gleicher Baumart. So wird der Ahornclump auch ausgesehen haben, besonders da der angrenzende Buchenclump eine ähnliche, historisch nachvollziehbare Formgebung aufweist. Die Anpflanzung mehrerer Clumps nebeneinander war damals üblich. 72 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Abb. 1: William Kents Design für den North Lawn, Holkham, Norfolk, 1745, Tom Williamson, Polite Landscapes gardens and society in eighteens century, England, 1995 Heute besteht die Gehölzgruppe aus 25-30 jährigen Ahornbäumen (Acer pseudoplatanus) und vereinzelten, jungen Laubbäumen wie Birken (Betula pendula), Eschen (Fraxinus excelsior) und Ulmen (Ulmus glabra) in kreisähnlicher Anordnung. Diese sind nicht gepflanzt worden, sondern als Austrieb aus umgekippten Bäumen gewachsen. Abb.53: Bestandsskizze der Pflanzung, Clump Nr.2 73 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Am südöstlichen Rand befindet sich eine etwa 70 Jahre alte Eiche (Quercus robur), die wahrscheinlich nachgepflanzt wurde. Der Fund eines Pfaffenhütchens (Euonymus europaeus) unterstützt die Annahme einer Vorpflanzung aus Ziersträuchern, wie sie auch in Shrubberies verwendet wurden. Angesichts des akzeptablen Pflegezustandes scheinen vor wenigen Jahren einmal Maßnahmen in diesem Clump durchgeführt worden zu sein. Dies äußert sich im Aufwuchs mit geringer Höhe und herausgenommenen Jungbäumen, von denen noch die Stumpen stehen. Abb.54: Ideal des Ahornclumps in Noer, A. Heinrich, 2011 Der Aufwuchs besteht aus Ahorn (Acer pseudoplatanus), Brennnesseln (Urtica dioica) Himbeeren (Rubus idaeus), Brombeeren (Rubus fruticosus) und Schlehe (Prunus spinosa). Der Clump lässt sich durch einige kleinere Maßnahmen (Aufwuchs entfernen, Pflegeschnitt für Leitbäume, Herausnehmen von störenden Nebenbäumen) wieder in einen gestalteten Zustand bringen. Die Formgebung des heutigen Clumps hat sich mangels Pflege entwickelt und mit dem ursprünglichen Clump, der nur ein kleinen Teil der heutigen Gehölzfläche einnahm, wenig gemeinsam. Deshalb ist es ratsam, in den nächsten Jahren sowohl eine Ausdünnung des Baumbestandes durchzuführen als auch den Clump auf die von Totholz gekennzeichnete Fläche zu verkleinern. Um den idealen, einst geplanten Clump wiederherzustellen, müssten eine Komplettrodung und eine Anpflanzung von einer adäquaten Baumart nach dem Vorbild historischer Clumps erfolgen. Aus ökonomischer Sicht ist eine Rekonstruktion nach historischem Vorbild heute nicht mehr möglich. Wichtig wäre den jetzigen Bestand zu einer clumpähnlichen Form zu entwickeln. 74 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN 6.5. Die ehemalige Eiche (Nr. 3) Der dritte Clump befindet sich mittig zwischen Weißdornclump, Ahornclump und Buchenclump, wie auf dem Plan Nr.1 erkennbar ist. Ursprünglich bestand der Clump vermutlich aus einem vorgepflanzten Solitärbaum, einer Eiche (Quercus robur). Sie folgte dem Gestaltungsprinzip der Leitbaumpflanzung, die aus drei Eichen (weitere vor dem Buchenclump Nr.3 und dem Gehölzrand 2; siehe Plan Nr. 1) bestand. Auch Gustav Meyer beschreibt diese Form der Pflanzung: „ In der Regel sollten drei Bäume in ihrer Grundrißstellung ein ungleichseitiges Dreieck bilden, da ein gleichseitiges Dreieck, wenn auch lange nicht so sehr als eine gerade Linie, ebenfalls an Regelmäßigkeit erinnert.“ 44 Eine Unterpflanzung kann nicht nachvollzogen werden, ist jedoch aufgrund des Raumbildungsprozess und Sichtachsenprinzip nicht auszuschließen. Die Eiche wurde aus Sicherheitsgründen vor wenigen Jahren abgenommen und ist nur noch als Stumpen erkennbar. 44 MEYER, GUSTAV: Lehrbuch der Schönen Gartenkunst.5. aktualisierte und erweiterte Auflage 1999, Landesdenkmalamt Berlin 75 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Abb.55: Beispiel von Eichen als Solitärpflanzung, Fürst Pückler-Muskau, Blick auf Gloriette auf Schloss Muskau „Die majestätische, ehrwürdige Eiche symbolisiert für Shenstone britische Tugenden, und in Verbindung mit den gotischen Bauwerken präsentieren sie das idealisierte englische Mittelalter. Darüber hinaus kann auch die Verbindung der Eiche mit arkadischen Motiven im Garten erklärt werden, denn in der Antike war dieser Baum dem Hirtengott Pan geweiht und wurde als „Baum der Schäfer“ bezeichnet.“45 So werden diese Bäume häufig bezeichnet. In Noer gab es, wie ein Verzeichnis vom Anfang des 19. Jahrhunderts belegt, hunderte von alten Eichen, die teilweise als Hudeeichen oder Forstbäume genutzt wurden, darüber hinaus aber auch Teil des historischen Parks waren. In diesem Fall wird es so gewesen sein. 45 SCHULZ, SIMONE: Gartenkunst, Landwirtschaft und Dichtung bei William Shenstone und seine Ferme Ornée "The Leasowes" im Spiegel seines literarischen Zirkels, 2004, S.108 f. 76 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Das heutige Bild ist geprägt durch eine ca. 30 Jahre alte Kastanie (Aesculus hippocastanum), drei maximal 10 Jahre alte Ahornbäume (Acer pseudoplatanus), Traubenkirschen (Prunus padus), Holundersträuchern (Sambucus nigra) und dem Aufwuchs von Himbeeren (Rubus idaeus), Brennnesseln (Urtica dioica) und Brombeeren (Rubus fruticosus). Abb. 2: Bestandskizze der Pflanzung, Clump Nr. 3 Die Wiederherstellung des ursprünglich geplanten Zustandes umfasst eine komplette Rodung und die Anpflanzung einer neuen Eiche, um das Dreieck der Leitbäume (Eichen) erneut erkennbar zu machen. 77 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Abb. 3: Blick auf den Clump Nr. 3, von Norden aus Empfohlen wird jedoch die drei Ahornbäume zu erhalten und einen Erziehungsschnitt und später regelmäßige Pflegeschnitte durchzuführen (laut M. Meyer). Die Kastanie ist mit einer Kronenregulation zu versehen, da es für einen Erziehungsschnitt zu spät ist und die Zwieselbildung bereits zu weit fortgeschritten ist. Der Aufwuchs ist bis auf den Holunder mit dem Freischneider oder per Hand zu entfernen. Diese Maßnahmen sind zum Erhalt des vorhandenen Clumps minimal notwendig, haben jedoch mit dem geplanten Erscheinungsbild des Parks mit den drei Eichen wenig gemeinsam und sind nicht mehr nachvollziehbar. Deshalb empfiehlt es sich eine Eiche nahe den alten Standort innerhalb des Clumps (an der Stelle von gerodetem Aufwuchs) anzupflanzen und nach einigen Jahrzehnten den restlichen Clump zu entfernen. So ist es möglich die eigentliche Gestaltungsmaxime wiederaufzunehmen. 78 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Abb. 58: Blick auf den Weißdornclump (links), Clump Nr. 3( Mitte) und den Ahornclump (rechts) vom Gehölzrand 1 aus, Oktober 2010 79 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN 80 6. CLUMPS – EIN GESTALTUNGSPRINZIP IN LANDSCHAFTSGÄRTEN Gartenhistorischer Plan der Gehölze; R. Arnhold, 2011 73