Die pH-Skala

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Wasser aus der Sicht der Chemie
Die pH-Skala
Factsheet
1
Einführung
Ein Verkaufsargument, welches oft in der Werbung für Kosmetika, aber auch immer häufiger in anderen Bereichen wie bei Lebensmitteln gebraucht wird, ist der „richtige“ pH-Wert des Produktes. Doch
was bedeutet dieser Begriff genau? Spielt der pH-Wert eine wichtige Rolle in unserer Gesundheit?
Wie kann der pH-Wert eines Milieus gemessen werden? Zu solchen Fragen werden in diesem Abschnitt Erklärungen gegeben.
2
Die spontane Dissoziation von Wasser (Autoprotolyse)
Ein Wassermolekül übt starke Anziehungskräfte auf benachbarte Wassermoleküle aus und umgekehrt.1 Diese besonders grossen Kräfte erklären sich durch die Anwesenheit von Wasserstoffbrücken.2
Ein Wasserstoffatom H (Molekül A), welches eine Wasserstoffbrücke
mit einem freien Elektronenpaar (▬) des Sauerstoffatoms O im benachbarten Wassermolekül (Molekül B) bildet, ist also
teilweise mit diesem zweiten Molekül verbunden. Von dieser speziellen Bindung ist es nur noch ein
kleiner Schritt zur vollständigen Übertragung des H-Atoms:
In diesem Prozess werden die zwei Elektronen des freien Elektronenpaars (▬) vom O-Atom (Molekül
B) gebraucht, um die neue kovalente Bindung mit dem H-Atom zu bilden: Diese Bindung ersetzt die
Wasserstoffbrücke. Gleichzeitig werden die zwei Elektronen der kovalenten Bindung (▬) des H-Atoms
mit dem O-Atom des Moleküls A diesem in Form eines dritten freien Elektronenpaars übertragen.
Am Ende des Prozesses sind somit zwei neue geladene Teilchen entstanden: ein Hydroxid-Anion OH(aus dem Molekül A) und ein Hydronium-Kation H3O+ (aus dem Molekül B).
Im Ganzen betrachtet, entspricht der Gesamtprozess einfach einem Transfer eines H +-Ions von einem
Wassermolekül zu einem zweiten. Ein H+-Ion ist nicht anders als ein Proton: Wenn ein Elektron aus
einem Wasserstoffatom entfernt wird, bleibt nur noch der Atomkern übrig, welcher aus einem einzigen
Proton besteht. Man kann also von einer Protonenübertragung zwischen zwei H 2O-Molekülen sprechen.
Die Rückreaktion findet auch statt, d.h. ein H3O+-Kation gibt ein Proton einem OH--Anion zurück. Dies
führt zur erneuten Bildung von zwei Wassermolekülen:
H2O + H 2O
⇄
OH- + H3O+
oder
2 H2O
⇄
OH- + H3O+
Wenn die Hin- und Rückreaktion mit gleicher Geschwindigkeit verlaufen, befindet sich das System in
einem dynamischen Gleichgewicht. Diese spontane Dissoziation von Wasser wird als Autoprotolyse
bezeichnet.
Die Frage ist nun welcher Anteil aller Wassermoleküle sich als OH--Anionen oder H3O+-Kationen in
einer Probe Wasser befindet. Untersucht man reines Wasser bei 25°C stellt man fest, dass weniger
als jedes 500-millionste Wassermolekül in dissoziierter Form vorliegt! In einem Liter Wasser, was 55,5
1
2
Siehe 2.2 „Zwischenmolekulare Kräfte“
Siehe 2.3 „Schmelz- und Siedepunkt von Wasser“
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mol Wassermolekülen entspricht, beträgt die Menge an H3O+-Ionen 1,00∙10-7 mol. Nach der Stöchiometrie der Gleichgewichtsreaktion entsteht mit jedem H3O+-Ion ein OH--Ion, sodass die Menge an OH-Ionen in einem Liter Wasser auch 1,00∙10-7 mol beträgt.
Es gibt eine einfache Beziehung, welche die Stoffmengenkonzentrationen (Formelzeichen: c, Einheit:
Mol pro Liter) der beiden Ionen (H 3O+ und OH-) im Wasser verbindet:
c(H3O+) ∙ c(OH-) = Konstante
Fügen wir die entsprechenden Konzentrationen in diese Gleichung ein, erhalten wir bei 25°C eine
Konstante von:
c(H3O+) ∙ c(OH-) = 1,00∙10-7 mol/l ∙ 1,00∙10-7 mol/l = 1,00∙10-14 mol2/l2
Diese Konstante wird als das Ionenprodukt von Wasser KW bezeichnet. Der Wert KW = 1,00∙10-14 gilt,
unabhängig von den individuellen Konzentrationen von H3O+ und OH- für jede wässrige Lösung im
Gleichgewicht bei 25°C. Dank dieser Beziehung kann, sobald die Konzentration eines der beiden Ionen bekannt ist, die Konzentration des anderen berechnet werden.
Bretzel zum Beispiel werden vor dem Backen für wenige Sekunden in
dreiprozentige Natronlauge (also 30 g NaOH in einem Liter Wasser) getaucht: Somit erhalten sie ihre typische braune Kruste. Die molare Konzentration von OH--Ionen in der Lauge beträgt 0,75 mol/l. Die entsprechende Konzentration an H 3O+-Ionen dieser Lösung lautet:
c(H3O+) ∙ c(OH-) = 1,00∙10-14
 c(H3O+) =
1,00  10 14

c(OH )
=
1,00  1014
= 1,33∙10-14 mol/l
0,75
Die Konzentration von H3O+-Ionen ist also fast zehnmillionenfach niedriger als in reinem Wasser!
3
Sauer oder basisch?
Der Begriff „sauer“ ist im Alltag meist mit dem Geschmack von Lebensmitteln verknüpft. In Zitronen
oder Essig ist der Säuregrad besonders hoch, was für ihren typischen Geschmack verantwortlich ist.
Wir alle wissen, dass Orangen weniger und Bananen noch weniger sauer schmecken als Zitronen.
Gibt es aber eine Möglichkeit, diesen Säuregrad genau, also mit einem messbaren Wert anzugeben?
Der dänische Chemiker Sören Sörensen (Abb. 4-13), der an der Qualitätskontrolle beim Bierbrauen arbeitete, hat 1909 eine Skala mit einfachen Zahlen entwickelt, um den Säuregrad der Biere zu charakterisieren.
Das H3O+-Teilchen ist für den sauren Geschmack verantwortlich. Je
grösser seine Konzentration in Lebensmitteln, desto saurer schmecken
sie. Im vorherigen Abschnitt wurde aufgezeigt, dass sich die Konzentrationen von H3O+-Ionen über mehrere Grössenordnungen ausbreiten können. Um den Säuregrad mit einfachen Zahlen angeben zu können, hat
Sörensen deswegen eine logarithmische Skala – die pH-Skala - entwickelt: Anstelle der Konzentration von H 3O+-Ionen wird der negative Logarithmus dieser Konzentration angegeben. Der pH-Wert einer Lösung ist
wie folgt definiert:
Abb. 4-1. Sören Sörensen.3
pH = - log c(H3O+)K
Die Abkürzung „pH“ (lat. potentia Hydrogenii) kann als Stärke des Wasserstoffs verstanden werden.
3
Bild: http://protomag.com/assets/soren-sorensen-pioneer-ph (besucht am 12.01.2012)
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Mit dieser Beziehung können wir den pH-Wert von reinem Wasser oder der Bretzellauge (dreiprozentige Natronlauge) leicht berechnen:
pH (reines Wasser) = - log c(H3O+) = - log (1,00∙10-7) = 7,00
pH (Bretzellauge) = - log c(H3O+) = - log (1,33∙10-14) = 13,88
Aus der Definition des pH-Wertes geht hervor, dass…
 7,00 der pH-Wert einer neutralen Lösung bei 25°C ist, also wenn c(H3O+) und c(OH-) identisch sind.
 der pH-Wert sinkt, wenn die Konzentration der H3O+-Ionen steigt: Je saurer die Lösung, desto
niedriger der pH-Wert.
 der pH-Wert mit fallender H3O+-Konzentration steigt, also bei hohen OH--Konzentrationen: Je
basischer (oder alkalischer) die Lösung, desto höher der pH-Wert.
Abb. 4-2. Die pH-Skala.
Die logarithmische pH-Skala (Abb. 4-2) ist trügerisch: Eine Veränderung um eine Einheit des pHWertes bedeutet, dass sich die Konzentration der H 3O+-Ionen um das Zehnfache verändert. Zum Beispiel zeigt Apfelsaft einen pH-Wert von ~ 3,5, was man als „nur“ 3,5 Einheiten niedriger als eine neutrale Lösung auffassen könnte. Die Konzentration der H 3O+-Ionen im Apfelsaft ist jedoch über 3000 Mal
höher als in reinem Wasser (Abb. 4-3)!
Mit der Oberfläche der Kreise wird
die H3O+-Konzentration widerspiegelt
3
4
5
6
pH
7
Abb. 4-3. Verbildlichung der H 3O+-Konzentrationsänderungen mit zunehmendem pH-Wert.
Heute benutzt man die pH-Skala in allen Bereichen der Chemie, der Biochemie, der Ökochemie, der
Geologie, der Medizin und der Agrarwissenschaften. In den zwei folgenden Tabellen sind einige typische pH-Werte im menschlichen Körper und in ausgewählten Lebensmitteln dargestellt.
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Tabelle 4-1. Typische pH-Werte im menschlichen Körper
Milieu
pH-Wert
Milieu
pH-Wert
Magensäure
1,0 – 1,5
Speichel
6,4 – 6,9
Urin
4,8 – 7,5
Tränenflüssigkeit
7,4
Hautoberfläche
~ 5,5
Blut
7,35 – 7,45
Je nach betrachtetem Organ zeigt der pH-Wert in unserem Körper grosse Unterschiede. Bemerkenswert sind die Werte für Magensäure, die Hautoberfläche und Blut:



Magensäure: Ein niedriger pH-Wert im Magen ist entscheidend für die Zerlegung der Nahrung.
Hautoberfläche: Die Haut ist mit einem pH-Wert von ca. 5,5 am besten gegen eindringende
Mikroorganismen geschützt. Gewöhnliche alkalische Seifen sind also schlecht geeignet und
trocknen darüber hinaus die Haut aus. Der pH-Wert eines pH-hautneutralen Waschmittels ist
also nicht 7,0 sondern 5,5.
Blut: Winzige Abweichungen des pH-Wertes im Blut führen zu grossen Störungen (z.B. des
Stoffwechsels). Er muss deswegen im engen Bereich von 7,35 – 7,45 gehalten werden. pHWerte unter 7,0 und über 7,8 können tödlich sein.
Tabelle 4-2. pH-Werte in ausgewählten Lebensmitteln
Lebensmittel
pH-Wert
Lebensmittel
pH-Wert
Zitronensaft
2,2 – 2,4
Orangensaft
3,6 – 4,3
Pepsi-Cola classic
~ 2,5
Wein
~4
Coca-Cola classic
~ 2,6
Bier
4-5
Essig
2,0 – 3,4
Kaffee (schwarz)
5,0
Erdbeeren
3,0 – 3,5
Mineralwasser
5-6
Aprikose
3,3 – 5,2
Milch
6,3 – 8,5
Ananas
3,3 – 5,2
Eigelb
6,4
Coca-Cola light
~ 3,4
Reines Wasser
7
Sprite
~ 3,4
Eiklar
7,0 - 9,0
Aus der Tabelle kann man feststellen, dass fast alle Lebensmittel sauer sind. Der Grund bei Früchten,
Fruchtsäften, Wein usw. liegt in der natürlichen Anwesenheit einer oder mehrerer Säuren wie Ascorbinsäure (Vitamin C) oder Zitronensäure, welche nicht nur in Zitronen, sondern auch in den meisten
anderen Früchten in grossen Mengen enthalten ist. Einige Früchte wie Erdbeeren oder Aprikosen zeigen einen für uns unerwarteten niedrigen pH-Wert im Vergleich mit Ananas oder Orangen. Hier spielt
der Zucker eine wichtige Rolle; je mehr Zucker, desto milder der saure Geschmack. Die tatsächliche
Menge der Säure, also der pH-Wert, wird jedoch von Zucker kaum verändert.
Gleichermassen wird der süsse Geschmack von der Anwesenheit einer Säure gemildert, was die Hersteller von Brausen gut verstanden haben. Getränke wie Cola enthalten so viel Zucker, dass man sehr
schnell angeekelt und wenig davon trinken würde, wenn sie nicht die vom Hersteller hinzugefügten
grossen zusätzlichen Mengen Säuren (Zitronensäure, Phosphorsäure usw.) enthalten würden!
4
Die Bestimmung des pH-Wertes
Wie kann der pH-Wert einer Lösung bestimmt werden? Zwei Methoden stehen zur Verfügung: pHMessgeräte (so genannte pH-Meter) oder die Benutzung chemischer pH-Indikatoren.
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4.1
pH-Messgeräte
Diese Messinstrumente sind in den 1930er-Jahren entwickelt worden. Ohne in di Details zu gehen,
kann das Prinzip der Messung wie folgt erklärt werden: pH-Meter messen eigentlich einen elektrischen
Potentialunterschied. Eine Elektrode, welche im inneren eine Lösung bekannter H3O+-Konzentration
enthält, wird in die Lösung mit dem unbekannten pH-Wert getaucht. Auf beiden Seiten der Membrane,
welche die zwei Lösungen trennt, entsteht wegen der unterschiedlichen H3O+-Konzentrationen ein
Potentialunterschied, welcher gemessen wird. Damit der Potentialunterschied in einen pH-Wert umgewandelt wird, wurde der pH-Meter im Voraus mit mehreren Standardlösungen, d.h. Lösungen mit
bekannten, genauen pH-Werten, kalibriert.
Die heutigen pH-Messgeräte können Werte bis zu drei signifikanten Stellen nach dem Komma genau
bestimmen (Abb. 4-4). Es gibt auch kleine, tragbare pH-Geräte, die für Messungen auf dem Feld (Boden, Seen, Flüsse usw.) sehr nützlich sind.
Abb. 4-4. Präzisions-pH-Meter (links) und tragbares pH-Gerät (rechts).
4.2
pH-Indikatoren
Gewöhnliche Farbstoffe besitzen „nur“ eine bestimmte Farbe. Es gibt eine kleine Gruppe von Farbstoffen, so genannte pH-Indikatoren, die eine wertvolle zusätzliche Eigenschaft besitzen. Das besondere
an einem pH-Indikator ist seine Fähigkeit, verschiedene Farben (meist zwei) in Abhängigkeit des pHWertes der Lösung zu erzeugen. Zum Beispiel der künstliche pH-Indikator namens Bromthymolblau
(die genaue Struktur wird später präsentiert) verfärbt saure Lösungen gelb aber basische Lösungen
blau (Abb. 4-5).
Abb. 4-5. pH-Indikator Bromthymolblau in einer sauren (links) und basischen (rechts) Lösung.
Es gibt aber auch natürliche pH-Indikatoren. Das bekannteste Beispiel ist sicher Rotkohlsaft, welcher
im letzten Abschnitt im Detail diskutiert wird.4 Ein weiteres Beispiel eines natürlichen pH-Indikators ist
wohl aber meist unbewusst bekannt. Das Phänomen wird von Zitronenteeliebhabern bei jeder Tasse
beobachtet: Tropft man Zitronensaft in Schwarztee, wird er sofort heller (Abb. 4-6).
4
Siehe 4.5 „Experimente zur pH-Skala“
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Abb. 4-6. Schwarztee ohne (links) und mit Zitronensaft (rechts).
Wie kann dieses Verhalten erklärt werden? Fast alle bekannten pH-Indikatoren sind organische
schwache Säuren, die in ihrer so genannten protonierten (Abk. Hind) oder ihrer dissoziierten Form
(Abk. Ind-) im Wasser vorliegen. Diese zwei möglichen Formen haben für einen angegebenen pHIndikator unterschiedliche Farben (z.B. HInd und Ind-). Die allgemeine chemische Gleichung der Dissoziation eines Indikators lautet:
HInd + H2O
⇄
Ind- + H3O+
Die Lewis-Strukturen der beiden Bromthymolblauformen sind:
H3C
CH3
H3C
CH3
O
O
S
O
H3C
O
O
Br
S
O
CH3
O
H3C
+ H2O
CH3
Br
OH
Br
O
CH3
CH3
Br
CH3
O
gelb
+ H3O+
CH3
blau
Die Abbildung zeigt, dass die gelbe Form dieser Verbindung eine negative Ladung (Hind-), die blaue
Form aber deren zwei (Ind2-) trägt.
Sobald die Konzentration einer der beiden Formen mindestens zehnmal grösser als die andere ist,
sieht man nur noch die Farbe der überwiegenden Form:


Wenn c(HInd) ≥ 10∙c(Ind-) zeigt die Lösung eine gelbe Farbe.
Wenn c(Ind-) ≥ 10∙c(HInd) zeigt die Lösung eine blaue Farbe.
Zwischen diesen Grenzsituationen befindet sich der Farbumschlagbereich des Indikators, in dem alle
möglichen Farbtöne von gelb zu blau beobachtet werden: Eine Lösung gleicher Konzentration der
beiden Formen (c(HInd) = 10∙c(Ind-)) wird beispielweise grün aussehen.
Nun stellt sich die Frage warum sich die Ind-- und HInd-Konzentrationen in Abhängigkeit des pHWertes ändern. Nehmen wir zunächst an, dass eine Lösung dieses Indikators einen pH-Wert von 5,0
und eine gelbe Farbe besitzt, d.h. c(HInd) ≥ 10∙c(Ind-). Nun wird eine basische Lösung wie Natronlauge (NaOH) portionenweise zugefügt. Zwischen den OH--Ionen und H3O+-Ionen findet sofort eine Neutralisation statt.
OH- + H3O+
⇄
2 H2O
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Grund für die umgehende Neutralisation ist das Ionenprodukt KW von Wasser c(H3O+)∙c(OH-), welches
nie grösser als 1,00∙10-14 sein darf.5 Die Neutralisation verläuft, bis c(H3O+)∙c(OH-) = 1,00∙10-14 lautet. Die H3O+-Konzentration nimmt also ab, was Konsequenzen auf die Dissoziation des pH -Indikators
hat:
HInd + H2O
⇄
Ind- + H3O+
Vor der Zugabe von Natronlauge war diese Reaktion im Gleichgewicht. Bei Gleichgewichtsreaktionen
stehen die Konzentrationen der Produkte in einem konstanten Quotient (als Gleichgewichtskonstante
bezeichnet) mit den Konzentrationen der Edukte. Mathematisch ausgedrückt bedeutet dies, dass:
c(Ind )  c(H3 O  )
= Gleichgewichtskonstante K
c(HInd)  c(H2O)
Für jede Gleichgewichtsreaktion gibt es eine spezifische Gleichgewichtskonstante K, welche ausser
von den Konzentrationen von allen weiteren Bedingungen (Temperatur, Druck, Lösungsmittel usw.)
abhängig ist.
Nach Zugabe von Natronlauge und wie oben gesehen nimmt die H3O+-Konzentration c(H3O+) ab. Die
Gleichgewichtskonstante K muss aber eingehalten werden, was nur möglich ist, wenn ein Teil der
protonierten HInd-Moleküle mit Wasser reagiert (folglich nimmt ihre Konzentration ab) und somit eine
neue Menge von H3O+- und Ind--Molekülen bildet (folglich nimmt ihre Konzentration zu). Dieser Vorgang verläuft so lange, bis die Gleichgewichtskonstante K wieder eingehalten ist, was in Wirklichkeit
weniger als eine Sekunde dauert.
So betrachtet bewirkt die Zugabe einer Base:


eine Abnahme der H3O+-Konzentration und folglich eine Zunahme des pH-Wertes
eine Abnahme der HInd-Konzentration und folglich eine Zunahme der Ind--Konzentration
Sobald eine vernünftige Menge der Base zugegeben wurde, überwiegt die Ind--Konzentration, und die
Lösung wird blau.
Weil alle Reaktionen reversibel sind, verläuft der Rückprozess einfach umgekehrt. Anstelle der Base
wird nun eine saure Lösung wie Salzsäure (HCl) zu der blauen, basischen Lösung portionenweise
addiert. Die Zugabe der Säure bewirkt:


Eine Abnahme der OH--Konzentration und folglich eine Abnahme des pH-Wertes
Eine Abnahme der Ind--Konzentration und folglich eine Zunahme der HInd-Konzentration
Sobald eine vernünftige Menge der Säure zugegeben wurde, überwiegt die HInd-Konzentration, und
die Lösung wird wieder gelb.
Interessanterweise besitzt jeder pH-Indikator einen bestimmen Farbumschlagbereich. Zur Erinnerung:
Indikatoren sind schwache Säuren:
HInd + H2O



5
⇄
Ind- + H3O+
Sehr schwache Säuren dissoziieren so gut wie nicht in reinem Wasser und sind deswegen fast
nur in der HInd-Form zu finden. Nur mit Zugabe einer Base ist es möglich, die Ind--Form zu
bilden. Aus diesem Grund besitzen solche pH-Indikatoren einen Farbumschlag im basischen
Bereich der pH-Skala. Beispiel: Phenolphthalein ist farblos bis 8,2 und völlig pink ab 10,0.
Mittelschwache Säuren dissoziieren etwa zur Hälfte. pH-Indikatoren dieser Klasse zeigen einen Farbumschlag im neutralen Bereich der pH-Skala. Beispiel: Bromthymolblau ist gelb bis
6,0 und blau ab 7,6. In reinem Wasser (pH = 7,0) erscheint Bromthymolblau grün.
Mässig schwache Säuren dissoziieren fast vollständig in reinem Wasser und erscheinen nahezu ausschliesslich in ihrer Ind--Form. Nur mit Zugabe einer Säure ist es möglich die HIndForm zu bilden, d.h. der Farbumschlag ist im sauren Bereich der pH-Skala. Beispiel:
Bromphenolblau ist gelb über 4,6 und blau erst unter 3,2.
Siehe 4.2 „Die spontane Dissoziation von Wasser“
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In der folgenden Tabelle sind einige pH-Indikatoren mit ihrem Umschlagbereich angegeben.
Tabelle 4-3. Umschlagbereiche einiger pH-Indikatoren
Farbe der
sauren Form
rot
gelb
farblos
gelb
gelb
gelb
rot
gelb
gelb
rot
rot
Indikator
Alizarin
Alizaringelb R
Phenolphthalein
Thymolblau
Phenolrot
Bromthymolblau
Methylrot
Bromkresolgrün
Bromphenolblau
Methylorange
Thymolblau
pH-Werte des
Umschlagbereiches
11,0 – 12,4
10,1 – 12,0
8,2 – 10,0
8,0 – 9,6
6,6 – 8,0
6,0 – 7,6
4,8 – 6,0
3,8 – 5,4
3,2 – 4,6
3,1 – 4,4
1,2 – 2,8
Farbe der
basischen Form
violett
rot
pink
blau
rot
blau
gelb
blau
blau
gelb
gelb
Man sieht, dass manche Indikatoren wie Thymolblau zwei Umschlagbereiche besitzen. Das bedeutet,
dass sie in drei unterschiedlichen Farben erscheinen können:
H2Ind
⇄
HInd- + H+
⇄
Ind2- + 2 H+
Die Anwendung von Indikatoren wird vereinfacht, wenn diese in sogenannte pH-Papiere (oder pH-Streifen) integriert werden. Auf dem
Markt gibt es ein breites Angebot von pH-Papieren, die entweder die
gesamte (Abb. 4-7 oben) oder einen mehr oder weniger engen (Abb.
4-7 unten) Bereich der pH-Skala abdecken. Dafür werden meist mehrere pH-Indikatoren zusammengemischt. Einige Papiere erlauben
eine ziemlich genaue Bestimmung von ± 0,2 pH-Einheiten.
Die Messung erfolgt durch Eintauschen eines kleinen pH-Papieres in
die zu untersuchende Lösung und dem darauf folgenden Vergleich
mit der Farbskala auf der Packung.
Abb. 4-7. pH-Papier mit einem
breiten (oben) oder engen Messbereich (unten).
Eine nützliche Variante sind auch Plastikstreifen (Abb. 4-8), auf welche mehrere kleine pH-Papiere geklebt sind, die je einen unterschiedlichen pH-Indikator (oder eine Mischung) enthält.
Abb. 4-8. pH-Streifen mit je vier unterschiedlichen Indikatoren.
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