Arbeiter ↔ Angestellte

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AR ZUSAMMENFASSUNG
Nach der Stoffabgrenzung des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien (Stand: Jänner 2014)
Andreas Maierhofer (studium.von-maierhofer.net)
INHALT
1. Die wichtigen arbeitsrechtlichen Bundesgesetze und ihre Regelungsgebiete .............................................................................3
2. Gesetzliche Interessenvertretungen* ..........................................................................................................................................4
3. Koalitionen....................................................................................................................................................................................5
4. Grundlagen des Betriebsverfassungsrechts .................................................................................................................................6
5. Die Organe der Belegschaft ..........................................................................................................................................................8
6. Die Parteien des Arbeitsvertrags ............................................................................................................................................... 10
7. Bedeutung des Verfassungsrechts für das Arbeitsrecht* ......................................................................................................... 12
8. Der Kollektivvertrag ................................................................................................................................................................... 13
9. Die Betriebsvereinbarung .......................................................................................................................................................... 17
10. Die „freie" Betriebsvereinbarung ............................................................................................................................................ 19
11. Betriebsänderungen, ihre betriebsverfassungsrechtlichen Auswirkungen und Ausübungen ................................................ 19
12. Der Arbeitsvertrag ................................................................................................................................................................... 19
13. Die Individual- und Betriebsübung .......................................................................................................................................... 22
14. Die Gleichbehandlungspflicht .................................................................................................................................................. 23
15. Die Weisung ............................................................................................................................................................................. 25
16. Abschluss des Arbeitsvertrages* ............................................................................................................................................. 26
17. Einstellungsgebote und -verbote* .......................................................................................................................................... 27
18. Die Dauer des Arbeitsvertrages ............................................................................................................................................... 28
19. Das Arbeitnehmerschutzrecht* ............................................................................................................................................... 29
20. Die Arbeitspflicht (Hauptleistungspflicht AN) ......................................................................................................................... 31
21. Die Entgeltpflicht (Hauptleistungspflicht AG).......................................................................................................................... 32
22. Nebenpflichten ........................................................................................................................................................................ 33
23. Urlaub ...................................................................................................................................................................................... 34
24. Arbeitszeit................................................................................................................................................................................ 36
25. Entgeltanspruch ohne Arbeitsleistung .................................................................................................................................... 40
26. Dienstnehmerhaftung, Risikohaftung des Arbeitgebers ......................................................................................................... 41
27. Vertragsanpassung, Widerruf, Teilkündigung* ....................................................................................................................... 44
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28. Individual- und kollektivrechtliche Probleme des Betriebsübergangs .................................................................................... 44
29. Die Beendigung........................................................................................................................................................................ 45
30. Rechtsfragen anlässlich der Beendigung ................................................................................................................................. 54
31. Die Abfertigung alt/neu ........................................................................................................................................................... 54
32. Betriebspensionen* ................................................................................................................................................................. 56
33. Verzicht auf Ansprüche *......................................................................................................................................................... 58
34. Insolvenz des Arbeitgebers*.................................................................................................................................................... 58
35. Die Mitbestimmung ................................................................................................................................................................. 60
36. Der Arbeitskampf*................................................................................................................................................................... 64
ERFORDERLICHE VORKENNTNISSE AUS BÜRGERLICHEM RECHT .................................................................................................. 66
Legende:
* Hier werden nur Übersichtsfragen gestellt, ohne in die Tiefe zu gehen
[CB „xyz“] Hier wird auf „Casebook Arbeits- und Sozialrecht“ (von Mazal) Fälle verwiesen, um die Situation besser verstehen zu
können.
Quellen:

Tomandl / Schrammel „Arbeitsrecht I + II“

Brodil / Risak / Wolf „Arbeitsrecht in Grundszügen“

Zusammenfassung von [email protected]

Diverse Internetseiten
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1. Die wichtigen arbeitsrechtlichen Bundesgesetze und ihre Regelungsgebiete
sowie das Recht der Europäischen Gemeinschaft (Rechtsquellen, Organe, EuGH)*
Allgemeines
Einteilung in kollektives AR:
Verhältnis von Gruppen (kollektiven) von AN und AG.
Verbändewesen (Interessenvertretungen), das Recht des KV und der Betriebsverfassung
und individuelles AR:
Zweipersonales Verhältnis: AG - AN, hauptsächlich Privatrecht und Arbeitnehmerschutzrecht (öffentlich-rechtlich)
B-VG: Gesetzgebung und Vollziehung Bund Zuständig. Ausnahmen sind Land und Forstwirtschaft sowie spezielle
Vertragsbedienstete von Länder und Gemeinden.
Seit Beitritt EU (1.1.1995) weite Kompetenzbereiche des Arbeits- und Sozialrechts bei EU (Verordnungen, Richtlinien und
EuGH). Bsp. „Betriebsübergangs-RL“, „Gleichbehandlungs-RL“ → Richtlinien werden in Österreichisches Gesetz
transformiert. → Gleichbehandlungsgesetz und Betriebsübergang in AVRAG geregelt.
Europarechtskonforme Interpretation: „Betriebsübergang“ ist so zu definieren, wie EuGH das sagt.
Rom I-Verordnung regelt Rechtsverhältnisse mit Auslandsberührung (Kollisionsregeln). Aber nur die privatrechtlichen
Aspekte. Öffentlich-rechtliche Normen unterliegen dem Territorialitätsprinzip, wie z.B. betriebsverfassungsrechtliche
Kündigungs- und Entlassungsschutz.
Normalerweise AR des „gewöhnlichen Arbeitsortes“, nach dem Ausstrahlungsprinzip bleibt auch dieses Anwendbar,
wenn AN in einem anderen Staat arbeitet, Dauer egal, wichtig ist nur der „Rückkehrwille“ des AN.
Bei mehreren Arbeitsorten ist der Ort der Niederlassung des AG (!) maßgebend.
Stufenbau der Rechtsordnung:
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
VIII.
Europarecht
Verfassungsrecht
Zwingendes Gesetzesrecht
Kollektivvertrag, Satzung
Betriebsvereinbarung
Arbeitsvertrag
Dispositives Gesetzesrecht
Weisung des Arbeitgebers
Normen eines untergeordneten Systems können keine Normen des Systems darüber verschlechtern, jedoch verbessern
(relativ Zwingend).
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2. Gesetzliche Interessenvertretungen*
 Rechtsnatur
 Organisation der Wirtschaftskammern
 Wirtschaftskammern (im Hinblick auf KollV)
Die Art. 120a – 120c B-VG gestatten dem einfachen Gesetzgeber, durch Gesetz Interessenvertretungen als
Selbstverwaltungskörper einzurichten. Sie sind „Körperschaften des öffentlichen Rechts“ (jur. P.) mit
Pflichtmitgliedschaft und Umlagehoheit, außerdem sind sie weitestgehend Weisungsfrei, dem Staat kommt ein
Aufsichtsrecht zu. Es gibt ständische Berufsvereinigungen (Selbstständige und Unselbständige in einer Kammer, kann
bei KV Abschlüssen zu Problemen führen, siehe unten – Apotheker, Ärztekammer, Bauern) und getrennte
Berufsvereinigungen (Vertreten nur AN oder AG – Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer).
Aufbau dieser Kammern in gewissen Punkten ähnlich: Dreigliedrigkeit:
 Vollversammlung – Organ mit breiter Mitgliedschaft. Grundsatzfragen (Finanzen, Bestellung des Präsidiums,
Erlassung von Geschäftsordnungen)
 Präsidium – exekutive Spitze. Führt laufende Geschäfte
 Vorstand – Kontrolle und Unterstützung des Präsidiums
Wirtschaftskammern
Die Wirtschaftskammern beraten ihre Mitglieder in AR-Fragen, nominieren Laienmitglieder für Arbeits- und
Sozialgerichte und Schlichtungsstellen und vertreten ihre Mitglieder auch in Verfahren vor diesen Behörden. Außerdem
können sie Gutachten zu Gesetzesentwürfen, die die Interessen ihrer Mitglieder berühren, erstatten (Lobbyismus).
Die Organisation der WK ist einzigartig und komplex:
Sie besteht aus insgesamt zehn Teilen: neun Wirtschaftskammern, eine in jedem Bundesland und der
Wirtschaftskammer Österreich mit Sitz in Wien. Sie sind selbstständige jur. P.
Jede der zehn Wirtschaftskammern gliedert sich in sieben Sparten (z.B. Gewerbe und Handwerk, Industrie, Handel, etc.).
Sie sind unselbstständige Untergliederungen der Landeskammern.
Diese Sparten wiederum gliedern sich in Fachgruppen (Baugewerbe, Maschinenindustrie, Lebensmittelhandel, etc.). Sie
sind ebenfalls selbstständige jur. P.
Da es dank der Pflichtmitgliedschaft keine Stimmgewichtung nach Einlagen gibt, wie in freiwilligen
Interessenvertretungen oft üblich, haben Klein- und Mittelbetriebe wesentlich bessere Chancen.
Hat ein Unternehmen verschiedene Betriebe, die zu verschiedenen Fachgruppen gehören, so ist der AG in allen
Fachgruppen eingetragen, dies hat besonders auf die KV Unterworfenheit eine Bedeutung. KV-Fähig sind alle
Fachgruppen, Fachverbände, Landeskammern und die Bundeskammer. Daher ist es gut möglich, dass ein Unternehmen
mehreren KV unterworfen ist.
Probleme werden steht’s nach dem Subsidiaritätsprinzip angegangen: Zuerst versucht man sie auf Fachgruppenebene zu
lösen, ist das Problem Fachgruppenübergreifend, geht es auf die Landeskammer über, im äußersten Fall geht es an die
Bundeskammer.
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3. Koalitionen
 Begriff / Rechtsgrundlagen / ÖGB
Unter dem Begriff „Koalition“ versteht man die freiwillig gebildete Vereinigung von AN und AG mit dem Ziel der
Förderung und Wahrung der beruflichen Interessen ihrer Mitglieder.
Charakteristischer Weise besteht Gegnerfreiheit (AN oder AG können nicht den jeweils anderen Interessengruppen
beitreten) und Gegnerunabhängigkeit (Kein indirekter oder direkter Einfluss der „Gegner“).
Ein Problem der Koalition besteht darin, dass jene Personen, die nicht Mitglied sind, seitens der Koalition benachteiligt
werden bzw. auf diese Druck ausgeübt werden könnte.
Andererseits besitzen Koalitionen eine Macht, die bis in die Staatswillensbildung reichen kann.
Koalitionsrecht im objektiven Sinn löst diese Probleme. Wird Einzelpersonen das Recht zur Bildung oder zum Beitritt zu
Koalitionen eingeräumt, spricht man von Koalitionsrecht im subjektiven Sinn (besser: Koalitionsfreiheit).
Grundlage des geltenden Koalitionsrechts sind Art. 12 StGG und Art. 11 EMRK, die Vereinigungsfreiheit garantieren.
Neben der s.g. Positiven Koalitionsfreiheit ist nach hM auch die negative Koalitionsfreiheit durch die Verfassung
garantiert; es ist dies die Freiheit, einer Vereinigung nicht beizutreten oder aus ihr auszutreten.
Auch auf einfachgesetzlicher Stufe finden sich mehrere koalitionsrechtliche Normen. Insb. soll verhindert werden, dass
Koalitionen mittels Ausübung von Druck Arbeitsplätze bloß für eigene Mitglieder sichern.
Der ÖGB (Österreichischer Gewerkschaftsbund) ist die einzige umfassende Gewerkschaftsorganisation in Österreich und
hat 1,2 Millionen Mitglieder. Er vertritt die Interessen der unselbständig Beschäftigten, aber auch der Menschen in
Ausbildung, der Arbeitslosen und der Pensionisten. Daneben existieren nur einige kleine Arbeitnehmerorganisationen.
Seine 9 Fachgewerkschaften sind lediglich Organe des ÖGB. Bei diesen Fachgewerkschaften dominiert das
Industriegruppenprinzip, d.h. es werden sämtliche Beschäftigte einer bestimmten Wirtschaftssparte zusammengefasst.
Weitere Organe: Präsidium, Bundeskongress, Bundesvorstand, Kontrollkommission.
Aufgaben des ÖGB: Neben der Vertretung seiner Mitglieder im Arbeitsleben hat er auch Kultur und Bildungsaufgaben.
Weiters hat er auch sozialrechtliche Fragen aufgegriffen.
Er hat einen großen Einfluss auf alle drei Staatsfunktionen. Insb. stellt er die Funktionäre der Arbeiterkammern.
Freiwillige Arbeitgebervereinigungen
Unternehmer überlassen die Vertretung der Arbeitgeberinteressen Großteiles den Kammern, die bestehenden
Unternehmervereinigungen bemühen sich eher um Interessenvertretung in wirtschaftlichen Fragen. Nur in wenigen
Branchen schließen Arbeitgeber-Koalitionen auch Kollektivverträge ab (etwa im Bank- oder Versicherungswesen).
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4. Grundlagen des Betriebsverfassungsrechts




Rechtsgrundlagen
Arbeitnehmerbegriff
Betrieb /Unternehmen / Konzern*
Belegschaften*
Rechtsgrundlage: 2. Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG).
„ist die rechtliche Ordnung der Interessenvertretung der AN innerhalb der Betriebe, Unternehmen und Konzerne“.
Findet grundsätzlich auf alle Betriebe Anwendung, in denen mehr als vier stimmberechtigte AN dauerhaft beschäftigt
sind. Betriebe darunter sind Kleinstbetriebe, hier können keine Organe der AN errichtet werden.
Nicht anwendbar: Land- und Forstwirtschaft, staatliche Verwaltungsstellen, Post, Telekom.
Erster Teil enthält kollektive Rechtsgestaltung (KV, Satzung, Mindestlohntarif, Lehrlingsentschädigung und grundlegende
Bestimmungen über die BV).
Der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff ist ein anderer, als der des herkömmlichen arbeitsvertraglichen
AN-Begriffs.
„alle im Rahmen eines Betriebes beschäftigten Personen einschließlich Lehrlinge und Heimarbeiter ohne Unterschied des
Alters“.
Das Betriebsverfassungsrecht gilt nur für Personen, die unter diese Definition fallen.
Wichtig ist neben der persönlichen Abhängigkeit vor allem die faktische Einbindung in den Betrieb. Anders als beim
arbeitsvertraglichen AN-Begriff ist der Rechtsgrund unbeachtlich.
So sind laut Betriebsverfassung auch Beamte (obwohl kein privatrechtlicher Vertrag, sondern hoheitlicher
Bestellungsakt), illegale beschäftigte (kein gültiger Arbeitsvertrag), sowie Leiharbeiter (kein Vertrag zwischen Besteller
und AN) in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht als AN zu sehen.
Andererseits werden AN des Betriebs ausgeschlossen, da sie meist unterschiedliche Interessenausrichtungen als der Rest
der Belegschaft haben (Geschäftsführer, leitende Angestellte, etc.).
Die Belegschaft ist die Gesamtheit aller AN in einem Betrieb/Unternehmen/Konzern.
Die Ebenen der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung
Der Betrieb
Arbeitsstätten, in denen selbstständig ein eigener arbeitstechnischer Zweck verfolgt wird.
Erste Ebene nach ArbVG (Betrieb – Unternehmen – Konzern).
Unterschiedliche Ebenen der Mitbestimmung. Erst wenn auf Betriebsebene Belegschaftsorgane errichtet wurden, stellt
sich die Frage, ob uU auf übergeordneter Ebene weitere Organe zu errichten sind.
Die Elemente eines Betriebs:
1. die Arbeitsstätte als ein Ort, an dem es zum zielbewussten Einsatz von AN kommt
2. die organisatorische Einheit (Unterpunkte laut Rspr.)
・ Einheit des Betriebsinhabers
・ Einheit des Betriebszwecks
・ Einheit der Organisation
3. die Betriebsmittel
4. die fortgesetzt verfolgte Tätigkeit (auf Dauer eingerichtet)
5. keine Rücksichtnahme auf den Erwerbszweck
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Von besonderer Bedeutung ist die organisatorische Einheit.
Es ist oft wichtig zu unterscheiden, ob es sich um einen unselbstständigen Betriebsteil, oder einen eigenen Betrieb
handelt (v.a. nach der Rspr.).
1. Einheit des Betriebsinhabers
Verschiedene Arbeitsstätten, die einem Inhaber gehören bilden die erste Voraussetzung für den Betriebsbegriff. Es ist die
äußerste Grenze. Verschieden Arbeitsstätten mit verschiedenen Inhabern können nur dann als ein Betrieb bezeichnet
werden, wenn diese sich zu einer Einheit zusammengeschlossen haben (selbes gilt für eine Arbeitsstätte mit mehreren
Inhabern).
2. Einheit des Betriebszwecks
Die in Frage kommende Arbeitsstätte muss einen einheitlichen Zweck verfolgen. Es handelt sich um den unmittelbaren,
insb technischen Zweck, der letzten Endes in der Erzielung von Arbeitsergebnissen zum Ausdruck kommt.
3. Einheit der Organisation
Die Arbeitseinheit muss ein gewisses Maß an Selbstständigkeit aufweisen. Z.B. Koordination der AN, Anordnung von
Überstunden, Einteilung des Urlaubs, etc.
Auslagerung einer zentralen Personalabteilung für mehrere Betriebe, oder eine ausgelagerte Buchhaltung ist nicht
wesentlich.
Wurden aber kaum Befugnisse an den Betriebsinhaber delegiert und herrscht kein gewisses Maß an Selbstständigkeit, so
handelt es sich um einen unselbstständigen Betriebsteil.
Sollte es unklar sein, kann die Betriebseigenschaft gerichtlich festgestellt werden.
Das Unternehmen
Wird nicht genau im ArbVG definiert. Ist auch nur von Bedeutung, wenn ein Unternehmen mehrere Betriebe, dh
Arbeitsstätten, in denen selbstständig ein eigener arbeitstechnischer Zweck verfolgt wird, umfasst = „gegliedertes
Unternehmen“.
Wichtig hierbei ist
1. die „wirtschaftliche Einheit“
2. die Betriebe müssen denselben Betriebsinhaber besitzen
3. nach hM auch eine rechtliche Einheit im Sinne des Handelsrechts
Liegt ein Unternehmen im Sinne des ArbVG vor, so muss ein Zentralbetriebsrat errichtet werden.
Ist dies nicht der Fall, so wird nach ArbVG nicht zwischen Betrieb und Unternehmen unterschieden.
Der Konzern
Die dritte vom ArbVG vorgesehen Ebene der Mitbestimmung.
Ebenfalls keine Definition im ArbVG, nach hM ist der gesellschaftsrechtliche Konzernbegriff zu verwenden.
Somit ist ein Konzern als „rechtlich selbstständige Unternehmen, die zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher
Leitung zusammengefasst sind“ zu bezeichnen. Es handelt sich bei einem Konzern also nicht um einen Rechtsträger, insb
nicht um eine juristische Person.
Der Unterschied zwischen Unternehmen und Konzern:
Werden mehrere Betriebe desselben Inhabers zusammengefasst, spricht man von einem Unternehmen.
Liegen aber verschiedene Betriebe, von verschiedenen Rechtspersonen, die denselben wirtschaftlichen Zweck unter
einer einheitlichen Leitung verfolgen vor, so spricht man von einem Konzern.
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5. Die Organe der Belegschaft
 Betriebsversammlungen (Arten, Aufgaben, Ordnungsvorschriften)
 Betriebsräte (Arten, Aufgaben* Rechtsnatur, Mitgliedschaft, Wahl*, Wahlanfechtung, Nichtigkeit, Beendigung;
Kompetenzabgrenzung)
 europäischer Betriebsrat*
 Rechtsstellung des Betriebsrats und seiner Mitglieder
Die Belegschaft sind all jene Personen, die AN iS der BV sind und im Rahmen eines Betriebes beschäftigt werden.
Verschiedene Organe für Arbeiter und Angestellte (außer, es wird anders Beschlossen).
Die Belegschaft wird mit einer Reihe von Rechten ausgestattet, allerdings ist sie keine juristische Person (sie darf z.B.
nicht über Vermögen frei verfügen). Sie kann daher als juristische Teilperson bezeichnet werden.
Es besteht kein direkter Zwang (iS von Strafandrohungen) Belegschaftsorgane zu errichten, AN können frei entscheiden.
Ist kein BR ernannt, so gibt es auch keine betriebliche Mitbestimmung. Entscheiden sie sich aber dafür, muss der
Betriebsinhaber den Organen der Belegschaft „die zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen
Sacherfordernisse (z.B. Räumlichkeiten, Büroausstattung, Telekommunikation) in einem der Größe des Betriebes und den
Bedürfnissen des BR angemessenen Ausmaß“ unentgeltlich zur Verfügung stellen.
Außerdem muss ein Betriebsfonds errichtet werden, welcher sämtliche Kosten des BR decken soll. Gespeist wird dieser
durch BR-Umlage und Zuwendungen des AG.
a.) Die Betriebsversammlung
Einberufung:
BR, wenn nicht vorhanden, der älteste AN.
Kommt der BR seiner Pflicht nicht nach, so kann bei Gericht eine verlangt werden.
Zweimal jährlich, bzw. wenn es ein Drittel der AN bzw. der BR Mitglieder verlangt
Teilnahmeberechtigung:
Alle AN (unabhängig ihrer Nationalität), stimmberechtigt sind nur AN, die das 18. Lebensjahr vollendet haben
Anspruch auf Arbeitsfreistellung, nicht jedoch auf Entgeltfortzahlung (außer speziell in Arbeitsverträgen, Kollektivvertrag
oder Betriebsverfassung festgelegt)
Beschlüsse bedürfen idR mindestens die Hälfte der stimmberechtigten AN sowie der einfachen Mehrheit der
abgegebenen Stimmen.
Kompetenzbereiche:
Errichtung eines BR (Wahl des Wahlvorstandes, Beschluss auf Errichtung eines gemeinsamen BR).
Kontrolle des BR und Kontrolle der Finanzen.
b.) Der Betriebsrat
Mindestens ein Mitglied. Je mehr AN, desto mehr Mitglieder, jedoch mit starker Beschränkung (10 AN – 2 Mitglieder,
1000 AN – 13 Mitglieder) auf vier Jahre.
Wählbar (passiv Wahlberechtigt) sind alle AN, die das 18. LJ überschritten haben und mindestens 6 Monate im Betrieb
tätig waren.
In größeren Betrieben (mehr als 150 AN) können eventuell auch Arbeiterkammer- und Gewerkschaftsfunktionäre in den
BR gewählt werden.
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BR Wahl:
Betriebsversammlung wählt Wahlvorstand, diesem obliegt die Vorbereitung (Wahlkundmachung, Zusammenstellung der
Wählerliste, Entgegennehmen der Wahlvorschläge) und Durchführung der Wahl (gleiche – keine Stimmgewichtung,
unmittelbare – keine Wahlmänner, geheime und persönliche Wahl).
Das Ergebnis ist im Betrieb kundzumachen und dem Betriebsinhaber, dem Arbeitsinspektorat sowie den AG- und ANInteressenvertretungen mitzuteilen.
Spätestens sechs Wochen nach der Wahl müssen der Vorsitzende und sonstige Funktionäre gewählt werden. Erst danach
ist der BR handlungsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden nach außen vertreten.
Bei schweren Verfahrensmängeln bei der Wahl ist diese nichtig.
Bei weniger schweren Mängeln ist eine Anfechtung innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Ergebnisses möglich,
danach ist die Wahl „geheilt“ und gültig.
Die Tätigkeitsdauer des BR endet mit Ablauf der Funktionsperiode (4 Jahre), bei dauernder Betriebseinstellung,
dauernder Funktionsunfähigkeit, Enthebung durch Betriebsversammlung, Rücktritt, erfolgreiche Wahlanfechtung.
Nicht jedoch durch Absinken der Belegschaft unter fünf AN.
Rechtsstellung:
Die Mitgliedschaft ist ein Ehrenamt und somit unentgeltlich. Barauslagen werden durch den BR-Fonds getragen,
Sachmittel durch den Betriebsinhaber.
BR-Mitglieder dürfen nicht benachteiligt werden, sie sollen aber auch keine Vorteile aus ihrem Mandat ziehen.
Sie besitzen einen besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz um die Mitglieder vor dem AG zu schützen.
Grundsätzlich sind BR Agenden während der Freizeit zu erledigen, ist dies nicht möglich, so kann eine Arbeitsfreistellung
mit Entgeltfortzahlung ermöglicht werden. Bei Betrieben mit mehr als 150 AN hat der BR einen Rechtsanspruch auf
permanente Freistellung von einem oder mehreren Mitgliedern des BR von der Arbeit unter Entgeltfortzahlung. Der
Besuch von Schulungen/Fortbildungen ist ebenfalls vorgesehen („Bildungsfreistellung“).
Befugnisse der Belegschaft:
 in sozialen Angelegenheiten
Angelegenheiten, die eine Mehrzahl von Arbeitnehmer, insb die gesamte Belegschaft, betreffen.
 in personellen Angelegenheiten
Mitwirkung bei personellen Einzelentscheidungen (Aufnahme von AN, Versetzungen, Beendigung von
Arbeitsverhältnissen)
 in wirtschaftlichen Angelegenheiten
Mitwirkung bei der Führung des Unternehmens sowie in Unternehmensorganen
(Einteilung nach Intensität siehe S. 61)
Die Belegschaftsvertretung auf überbetrieblicher Ebene
Der Zentralbetriebsrat
In einem Unternehmen mit mehreren Betrieben können die BR der verschiedenen Betriebe einen ZBR ernennen. Dieser
ist aus den BR der Betriebe zu ernennen. Stimmen werden nach der Anzahl der in den Betrieben beschäftigten AN
gewichtet
Die Konzernvertretung
Sind in einem Konzern in mindestens zwei Unternehmen ZBR errichtet, so können diese beschließen eine
Konzernvertretung zu errichten.
Die „Europäische Betriebsvertretung“
Bei staatsübergreifenden Unternehmensstrukturen kann ein europäischer BR ernannt werden.
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6. Die Parteien des Arbeitsvertrags
 Arbeitnehmer
 Arbeitgeber
 Angestellte (Anwendbarkeit des AngG 1921) ≠ Arbeiter ≠ Vertragsbedienstete (Abgrenzung und Unterschiede zu
Beamten)
Die Arbeitnehmer
Das Arbeitsrecht befasst sich nur mit AN, nicht aber mit Personen, die in sonstiger Weise (z.B. als Selbstständige oder als
Familienangehörige) Arbeit für andere verrichten. Der Arbeitnehmerbegriff ist daher grundlegend wie umstritten, doch
gibt es einen festen Kern. Grundsätzlich gilt:
AN verrichten ihre Arbeit in einer vom AG geschaffenen und geleiteten Organisation auf deren Rechnung und Risiko.
Der Arbeitnehmerbegriff variiert dabei etwa je nachdem ob es sich um ein betriebsverfassungsrechtliches Problem
handelt oder um die Frage nach dem Entgeltanspruch.
Allgemeine Charakteristika aller Arbeitnehmerbegriffe
Die Arbeitnehmerbegriffe in ABGB, ArbVG und ASVG unterscheiden sich recht stark, aus ihnen einen Begriffskern
abzuleiten erweist sich als schwierig. Vor allem die Bedeutung der „wirtschaftlichen Abhängigkeit“ ist umstritten.
Die Bildung des Arbeitnehmerbegriffes kann daher nur bei der Art des Arbeitvollzuges ansetzen, auf den Gegenstand der
Arbeitsleistung kommt es nicht an. Entscheidend ist, ob jemand aus freien Stücken in persönlicher Abhängigkeit bei
einem anderen beschäftigt ist.
Es gibt standardisierte Kriterien, bei deren Vorliegen die persönliche Abhängigkeit bejaht wird:
• Unterwerfung unter die betrieblichen Ordnungsvorschriften (z.B. Arbeitszeit und -ort)
• Weisungsgebundenheit
• Kontrollunterworfenheit
• Disziplinäre Verantwortlichkeit
Nicht als AN gilt, wer seine Arbeitsleistung nur für ganz kurze Zeit (weniger als einen Tag) oder diese nicht persönlich
erbringen muss. Weiters wird jemand, der nicht an eine Arbeitszeit, sondern an einen Erfolg gebunden ist, nicht als AN
zählen.
All diese Kriterien sind jedoch bloß Indizien für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit. Der Arbeitnehmerbegriff ist ein
Typusbegriff, der sich nicht abschließend umschreiben lässt.
Der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff
AN im Sinne des Betriebsverfassungsrechts sind „alle im Betrieb beschäftigten Personen“. Es stellt damit bloß auf das
Faktum der Einbindung in die Organisation des Betriebes ab.
Als Folge des Zweckes des ArbVG zählen folgende Personen nicht zu den AN:
• Personen, die wichtige Arbeitgeberfunktionen im Betrieb wahrnehmen. Bei juristischen Personen sind dies Mitglieder
jenes Organs, das zur gesetzlichen Vertretung berufen ist.
• Leitende Angestellte , denen maßgebender Einfluss auf die Führung des Betriebes zukommt.
• Personen, die aus gänzlich anderen Beweggründen ohne Arbeitsvertrag im Betrieb tätig werden (etwa aus religiösen
oder karitativen Gründen)
• Personen, die im Rahmen eines behördlichen Freiheitsentzuges beschäftigt werden
• Kurzfristig zu Schulungs- und Ausbildungszwecken beschäftigte Personen (Praktikanten, Volontäre)
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Einzelne Fallgruppen
In der Praxis tauchen Gestaltungen auf, die vom typischen Erscheinungsbild des AN mehr oder weniger stark abweichen.
Die Einordnung des Arbeitsverhältnisses gestaltet sich oft schwierig.
Schwierig ist die Unterscheidung zwischen der Auslagerung von Arbeitsplätzen (insb. Telearbeit) und der Heimarbeit. Ist
der Arbeit Verrichtende an Arbeitszeiten gebunden, muss persönliche Weisungen befolgen und sich Kontrollen gefallen
lassen gilt er als AN. Heimarbeiter sind jedoch, obwohl keine AN, betriebsverfassungsrechtlich eben jenen gleichgestellt.
Arbeiter ↔ Angestellte
Beide unterliegen dem Arbeitsrecht. Wieso ist Unterscheidung wichtig?
Unterschiede:
 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
 Kündigungsfristen und -termine
 Entlassungsrecht
 Unterschiedliche KVs für Arbeiter und Angestellte
 Unterschiedliche Betriebsverfassungen (Teilung der Belegschaft innerhalb des Betriebs)
 Unterschiede im Sozialrechts
 Verschiedene Beitragssätze
 Pensionsversicherung (Invalidität ↔ Berufsunfähigkeit)
 [ mehr im Bereich Sozialrecht ]
Angestellter nach § 1 AngG
Das AngG gilt für das Dienstverhältnis von Personen, die im Geschäftsbetrieb eines Kaufmannes vorwiegend zur Leistung
kaufmännischer (Handlungsgehilfen) oder höherer, nicht kaufmännischer Dienste oder zu Kanzleiarbeiten angestellt
sind.
Den von diesem Tatbestand nicht erfassten Rechtsbegriff bilden die Arbeiter.
a.) Kaufmännische Dienste
Sind Dienste, die normalerweise von einem Kaufmann verrichtet werden und eine gewisse kaufmännische Ausbildung
benötigen. Darunter versteht man zum Beispiel AN, die im Wareneinkauf, in der Preisgestaltung oder in der Verwaltung
des Bestellwesens tätig sind. Auch höhere Verkaufstätigkeiten sowie Marketing. Auch „verkaufsfernere“ Tätigkeiten, die
zur Verwaltung eines Betriebes notwendig sind: Buchführung, Geldgebarung, Warenüberprüfung oder EDV-Arbeiten.
b.) Höhere nichtkaufmännische Dienste
Sie zeichnen sich durch Anforderungen an eine größere Selbstständigkeit, Eigenständigkeit, Denkfähigkeit,... sowie eine
höhere fachliche Durchdringung der Arbeitsaufgaben.
Formale Ausbildungen sind nicht vorausgesetzt, jedoch Vorkenntnisse oder Schulungen. Nicht jede Arbeitskraft kann
diese Tätigkeiten binnen kurzer Zeit erledigen.
Beispiele: Werkmeister, Vorarbeiter, Fahrlehrer, qualifizierte Musiker, Objektleiter von Reinigungsfirmen, etc.
Sonderfall Fußballer: Strittig gewesen (siehe Tomandl/Schrammel!), nach OGH wbl 2004/307 sind Fußballer als Arbeiter
zu qualifizieren.
Sonderfall „höherwertige Facharbeiter“: Ein Oberkellner, dem Kellner unterstehen und dem zudem noch Kompetenzen in
der Dienstzuteilung zugekommen sind, wurde nach OGH nicht als Angestellter qualifiziert (OGH RdW 1995, 435).
Anders jedoch der Rezeptionschef (OGH ecolex 1999, 714)
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c.) Kanzleiarbeiten (= Büroarbeiten)
Umfasst Schreibarbeiten, die über das bloße Abschreiben hinausgehen. Auch klassische Sekretariatsarbeit
(Administration eines kaufmännischen Betriebes) fällt unter das AngG.
Bloße manuelle Arbeiten, die von jedermann mit Pflichtschulbildung geleistet werden können zählen nicht dazu.
d.) Mischtätigkeiten
Möglichkeit 1: Ein AN verrichtet sowohl Arbeits- als auch Angestelltentätigkeiten. Die Tätigkeit, die zeitlich überwiegt,
führt zur Zuordnung des AN.
Möglichkeit 2: Ein AN ist eigentlich als Arbeiter zu qualifizieren, aufgrund vertraglicher Vereinbarung wird er aber als
Angestellter behandelt – Angestellter ex contractu.
Dabei können auch nur einzelnen Regelungen des AngG übernommen werden.
In der Betriebsverfassung zählen Arbeiter allerdings nur zu den Angestellten, wenn das komplette AngG Anwendung
findet, und die entsprechende Einordnung in den KV zuzüglich der Gehaltseinstufung unwiderruflich vereinbart wurde.
Arbeiter
Alle AN, die nicht in der oben genannten Definition enthalten sind. Sie unterliegen Teilen der GewO, subsidiären ABGB
Normen, sowie spezielle Gesetze. Land- und Forstarbeiter, Bergbau, Bäcker, Bauarbeiter,...
7. Bedeutung des Verfassungsrechts für das Arbeitsrecht*
 Drittwirkung der Grundrechte
Arbeitsrecht kann durch Europarecht, Verfassungsgesetz, Bundes- oder Landesgesetz oder einfache Gesetze geregelt
werden.
Seit der B-VG Novelle 1974 besitzt der Bund eine umfassende arbeitsrechtliche Zuständigkeit in Gesetzgebung und
Vollziehung (Art. 10 Abs. 1 Z. 11 B-VG). Sie umfasst grundsätzlich den Gesamtbereich des Arbeitsrechts, also
individuelles und kollektives AR sowie Arbeitnehmerschutz (Sonderfall wieder einmal die Land- und Forstwirtschaft,
hauptsächlich Landesgesetze, sowie der öffentliche Dienst: Landes- und Gemeindebedienstete und Besonderheiten bei
den Lehrern).
Bei der Inhaltskontrolle der KV spielen Grundrechte eine immer größere Rolle. Wichtig dabei sind vor allem der
Gleichheitssatz, die Erwerbsausübungsfreiheit, die Koalitionsfreiheit und die Privatautonomie.
Parteien von KV und BV stehen verfassungsrechtlichen Grenzen gegenüber, die es vor einigen Jahrzehnten noch nicht
gab.
Soziale Grundrechte im eigentlichen Sinn sind jedoch nicht im B-VG geregelt.
Mittelbare Drittwirkung: Auf die arbeitsvertraglichen Beziehungen wirken die Grundrechte lediglich mittelbar, und zwar
über die Generalklauseln und Schutzpflichten des Zivilrechts.
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8. Der Kollektivvertrag








Bedeutung, Inkrafttreten und Funktionen
Kollektivvertragsfähigkeit
Inhalt, Auslegung und Rechtswirkungen: schuldrechtlicher und normativer Teil
Kollektivvertragszuständigkeit und Geltungsbereich
Kollektivvertragsunterworfenheit
Kollision (auch kollektivvertragsfreier Raum), Günstigkeitsvergleich
Satzung, Mindestlohntarif* und Kollektivvertrag
Beendigung, Nachwirkung
Die Bedeutung der KV liegt in der Herbeiführung eines überbetrieblichen Interessenausgleichs zwischen AN und AG
durch die Festlegung von Mindestarbeitsbedingungen, die nicht unterschritten werden dürfen (außerdem
Friedensfunktion, da KV Bedingungen außer Streit stehen).
Das Inkrafttreten (beginn der Normwirkung) kann von den Vertragsparteien frei festgelegt werden. Theoretisch auch
Rückwirkend (von der Judikatur innerhalb bestimmter Grenzen gebilligt), aber sehr umstritten. Enthält ein KV keine
Regelung über sein Inkrafttreten, so wird er ein Tag nach der Veröffentlichung (im Amtsblatt der WZ – verpflichtend)
wirksam.
Kann befristet oder unbefristet abgeschlossen werden (im Zweifel unbefristet).
KV Fähigkeit besitzen nach § 4 Abs 1 ArbVG die gesetzlichen Interessenvertretungen der AG (Kammern der gewerblichen
Wirtschaft) und AN (Kammern für Arbeiter und Angestellte=AK).
Die AK geben Ihre KV-Fähigkeit allerdings zugunsten der Gewerkschaften ab.
Kammern, die Mischformen bilden (Ärzte-, Apotheker-, Notariatskammer), können nach hM keine KVs abschließen. Sie
teilen sich daher oft in zwei "Teile".
Dank Sondergesetzen sind Post AG und Telekom Austria AG ebenfalls KV-Fähig.
Auch freiwillige Berufsvereinigungen können kraft Verwaltungsakt KV-Fähigkeit erlangen. Diese Fähigkeit entfaltet sich
aber nur bei "maßgeblicher Bedeutung" und "wirtschaftlicher Unabhängigkeit" des Vereins und beschränkt sich
lediglich auf die AN, welche dem Verein angehören.
Der Abschluss eines KV durch eine freiwillige Berufsvereinigung führt zum Verlust der KV-Fähigkeit der gesetzlichen
Interessenvertretung hinsichtlich jener Mitglieder, die der freiwilligen Berufsvereinigung angehören. Damit hat der
Gesetzgeber den Vorrang freiwilliger Berufsvereinigungen normiert (§ 6 ArbVG).
Der Inhalt eines Kollektivvertrages besteht aus:
a) dem schuldrechtlichen Teil (§ 2 Abs. 2 Z 1 ArbVG), der die Organisationen verpflichtet, die den Kollektivvertrag
abschließen zu(r)
- Friedenspflicht
- Durchführungspflicht
- Einwirkungspflicht
- Umgedeuteten unzulässigen normativen Bestimmungen
Es handelt sich um zivilrechtliche Verpflichtungen zwischen den Organisationen. Die Normauslegung hat daher
privatrechtlich zu erfolgen.
b) dem normativen Teil (§ 2 Abs. 2 Z 2 – 7 ArbVG), wobei Rechte und Pflichten Bestandteil des einzelnen Arbeitsvertrages
zwischen AN und AG werden, und enthält:
- Inhaltsnormen
- Änderung von kollektivvertraglichen Rechtsansprüchen ehemaliger Arbeitnehmer
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- Sozialpläne
- Betriebsverfassungsrechtliche Normen
- Gemeinsame Einrichtungen
- Sondergesetzliche Befugnisse
Verboten sind dynamische Verweise („auf die jeweils geltende Verfassung…“) von Normen auf die Regelungen eines
anderen Normgebers.
Interpretation eines KV
Grundsätzlich zieht die Rechtsprechung unter Zustimmung der Lehre zur Auslegung von Kollektivverträgen die
Bestimmungen des ABGB heran, wonach Verträge zuallererst nach der Absicht der Parteien auszulegen sind. Wie immer
im Schuldrecht, müssen sich die KV-Parteien bemühen, ihre vereinbarten Bestimmungen zu erreichen („Durchführungsund Einwirkungspflicht“) sowie alles zu unterlassen, was der Durchsetzung des KV zuwiderläuft („Torpedierungsverbot“).
Dies gilt allerdings nur für den schuldrechtlichen Teil der Kollektivverträge. Die meisten Kollektivverträge beinhalten aber
auch einen normativen Teil, welcher der Rechtsprechung zu Folge nach den Regeln der Gesetzesauslegung zu
interpretieren ist.
Im Unterschied zur Auslegung des schuldrechtlichen Teils eines Kollektivvertrages spielt bei der Auslegung des
normativen Teils des Kollektivvertrages der Wortlaut eine größere Rolle, die Absicht der Parteien bei Abschluss des
Kollektivvertrags ist nur eine von mehreren Interpretationsmethoden. Der Oberste Gerichtshof argumentiert vor allem
damit, dass der normative Teil des Kollektivvertrags auch für die Normunterworfenen verständlich sein muss. Deshalb
kann nicht allein auf die Absicht der Parteien abgestellt werden, sondern anhand des Wortlauts der Normen muss für
den dem Kollektivvertrag unterworfenen Dienstnehmer erkennbar sein, welche Rechtsfolgen von den
Kollektivvertragsparteien beabsichtigt waren.
Kollektivvertragszuständigkeit und Geltungsbereich
Zu unterscheiden ist zwischen der Kollektivvertragszuständigkeit (abstrakter, maximal durch die
Kollektivvertragsparteien regelbarer räumlicher, persönlicher und fachlicher Bereich) und Geltungsbereich (der Bereich,
auf den die Normwirkung eines KV tatsächlich Wirkung hat).
Der KV entfaltet nur innerhalb seines
fachlichen (z.B. nicht ganzer Lebensmittelhandel, sondern nur Fischhandel)
räumlichen (z.B. das gesamte Bundesgebiet, das Bundesland Wien, die Gemeinde x, etc.) und
persönlichen (z.B. Arbeiter oder Angestellte, Frauen, Ausländer, etc.)
Geltungsbereichs Normwirkung, dieser wird durch die Parteien (innerhalb des vorgegebenen abstrakten
Kollektivvertragszuständigkeitsbereichs) festgelegt. Überschreitet der Geltungsbereich den
Kollektivvertragszuständigkeitsbereich, so hat er außerhalb dieses Bereichs keine Normwirkung.
Kollektivvertragsunterworfenheit
§ 8 Z 1 ArbVG – KV-Angehörigkeit kraft Mitgliedschaft
Grundsätzlich unterliegt ein AN dem KV des AG. Ein AG wiederum unterliegt dem KV, dessen angehörige Körperschaft
einen KV abgeschlossen hat. Unerheblich dabei ist, ob man schon Mitglied zur Zeit des Abschlusses war, oder man erst
später eingetreten ist.
Tritt der AG aus einem Verband aus, so unterliegt er weiterhin dem bestehenden KV, spätere Änderungen sind für diesen
aber unbeachtlich („Versteinerungsprinzip“).
Wird der Verband gewechselt, so unterliegt man dem KV des neuen Verbandes.
Außenseiterwirkung: Der Kollektivvertrag eines AG gilt auch für die AN, die nicht der Gewerkschaft angehören.
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§ 8 Z 2 ArbVG – KV-Angehörigkeit kraft Betriebsübergang
Findet ein Betriebs(teil)übergang auf einen nicht KV-Unterworfenen AG statt, so gilt der KV des Veräußerers für den
Übernehmer. Ist der Übernehmer bereits KV-Unterworfen, so gilt dies nicht. Dient zur Übergangslösung und
Rechtssicherheit für die AN.
§ 8 Z 3 ArbVG – KV-Angehörigkeit von verbundenen Gewerben
Erbringt ein AG im Rahmen eines verbunden Gewerbes fachübergreifende Leistungen, dann besteht KV-Angehörigkeit zu
jenem KV, der dem jeweils ausgeübten Wirtschaftsbereich entspricht, egal ob er Mitglied der
kollektivvertragsabschließenden Partei ist oder nicht.
§ 2 Abs 13 GewO 1994 - KV-Angehörigkeit kraft unbefugter Gewerbsausübung („Pfuscher“)
Bezüglich eines AG, der unbefugt ein Gewerbe betreibt, wird die Geltung des für dieses Gewerbe geltenden KV fingiert.
Kollektivvertragskollision [CB „Kollision im Studentenheim“]
Grundsatz der Tarifeinheit = Das ArbVG geht davon aus, dass jedes Arbeitsverhältnis nur einem KV unterliegen und
darüber hinaus innerhalb eines Betriebes auch nur ein KV zur Anwendung kommen soll.
Geht ein AN einer Mischtätigkeit nach, so kann er auch nur einem KV unterliegen.
Vier Fallgruppen sind zu unterscheiden:
1. Vorrang freiwilliger Berufsvereinigungen
Ist ein AG Mitglied einer gesetzlichen Interessenvertretung (z.B. Wirtschaftskammer) und auch einer freiwilligen
Berufsvereinigung (z.B. Sparkassenverband), so ordnet § 6 ArbVG den Vorrang des KV der freiwilligen Berufsvereinigung
an (sofern einer besteht).
Tritt der AG aus dieser Vereinigung aus, so bleibt der alte KV so lange erhalten, bis ein neuer, auf Mitgliedschaft
beruhender KV besteht.
2. Mischbetriebe
Übt ein AG mehrere Gewerbe aus, und ist daher auch Mitglied mehrerer Fachverbände (mit eigenen KV), so gibt § 9
ArbVG Auskunft:
a) Ein AG – mehrere KV – aber auch mehrere Betriebe mit unterschiedlichen Funktionen
AN unterliegen dem KV, mit der nächsten fachlichen und örtlichen Beziehung
b) Ein AG – mehrere KV – nur ein Betrieb
AN unterliegen dem KV der Berufsvereinigung, die für den Betrieb die maßgebliche Wirtschaftliche Bedeutung
hat.
Festzustellen entweder durch festschreiben in der BV, oder durch feststellen, welcher Bereich dem Betrieb „das
Geprägte“ gibt (Art und Zweck des Betriebs, Anzahl der AN in diesem Bereich, Umsatz- Gewinnverhältnisse)
Ist kein Bereich maßgeblich Wirtschaftlich von Bedeutung, so kommt der KV mit der höchsten Anzahl an AN im
Betrieb zur Anwendung.
3. AN in Mischverwendung
Arbeitet ein AN in mehreren Betrieben eines AG, oder geht unterschiedlichen Tätigkeiten nach, so unterliegt er dem KV,
der seiner zeitlich überwiegend ausgeübten Beschäftigung entspricht. Ist dies nicht feststellbar, so unterliegt er dem KV,
mit der größeren Zahl an AN im Anwendungsbereich (nicht im Betrieb oder beim AG, sondern überhaupt).
4. Außenseiterkollision
Außenseiterwirkung: Der Kollektivvertrag eines AG gilt auch für die AN, die nicht der Gewerkschaft oder einer
Interessenvertretung angehören. Wenn der AG aber mehreren KV unterliegt, kommt es zu Kollision. Gesetzlich nicht
geregelt. Nach hM gehört der AG aber dem KV der Interessenvertretung an, der der AG zuerst beigetreten ist (Lex
posterior derogat legi priori)
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Kollektivvertragsfreier Raum
Für gewisse Bereiche gibt es keine Kollektivverträge (z.B. Studentenheim). Bei Kollisionen innerhalb eines Betriebes
zwischen einem kollektivvertragsfreien Raum und einem geregelten Bereich, findet grundsätzlich immer der existierende
KV Anwendung. Selbst, wenn die überwiegende Tätigkeit eines AN eigentlich im KVfreien Raum wäre. Ebenfalls nicht
gesetzlich geregelt, jedoch beruft sich die Rspr auf das „soziale Schutzprinzip“, KVfreie Bereiche sollen daher vermieden
werden.
Günstigkeitsprinzip und Ordnungsprinzip
Günstigkeitsprinzip bedeutet, dass für den Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung oder
eines Einzelarbeitsvertrages auch dann gelten, wenn sie einer kollektivvertraglichen Regelung widersprechen, da KVNormen relativ und nicht absolut zwingend sind. Das Ordnungsprinzip besagt, dass die stärkere Norm die jeweils
schwächere verdrängt.
Satzung
Grundsätzlich versucht der Staat nicht in KV geregelte Bereiche einzugreifen, er soll nur einen subsidiären Zweck erfüllen.
Nach §18 ArbVG kann dem normativen Teil eines KV (oder auch nur einzelnen Bestimmungen) auch außerhalb seines
persönlichen, räumlichen und fachlichen Geltungsbereiches durch das Bundeseinigungsamt rechtsverbindliche Wirkung
zuerkannt werden. Realisiert wird das durch die Satzung.
Ein KV darf unter folgenden Bedingungen (Abs. 3) zur Satzung erklärt werden:
 Der KV ist gehörig kundgemacht und in Geltung
 Er hat „überwiegende Bedeutung“ in seinem Geltungsbereich erlangt (die überwiegende Zahl der in Betracht
kommenden Arbeitsverhältnisse unterliegen diesem KV)
 Verhältnisse, die von der Satzung erfasst werden sollen sind im wesentlichen gleichartig und noch nicht durch
einen KV erfasst
Mindestlohntarif* / Lehrlingsentschädigung*
Die Festsetzung von Mindestlohntarifen erfolgt durch das Bundeseinigungsamt, wenn keine KV-Fähige Körperschaft auf
AG Seite vorhanden ist- Bereits die Existenz einer KV-Fähigen Körperschaft verhindert eine solche Regelung.
Sie enthalten Regelungen betreffend Mindestentgelt und Mindestbeträge für den Ersatz von Auslagen. Andere
Arbeitsbedingungen (wie z.B. Kündigungsfristen oder Arbeitszeit) werden von Mindestlohntarifen nicht geregelt.
Prinzipiell gilt dasselbe für Lehrlingsentschädigungen, mit einem Unterschied: Die bloße Existenz einer KV-Fähigen
Körperschaft verhindert das festsetzen einer Lehrlingsentschädigung nicht, das Bestehen eines KV natürlich schon.
Beendigung, Nachwirkung
Ein befristeter KV Kann einseitig (per eingeschriebenen Brief) gelöst werden, wenn es einer Vertragspartei unzumutbar
ist daran weiterhin festzuhalten.
Außerdem kann er einvernehmlich gelöst werden.
Unbefristete KVs können zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden, mit der Einhaltung einer Mindestfrist von 3
Monaten.
Verliert eine der Vertragsparteien die KV-Fähigkeit oder hört auf zu bestehen, so erlischt der KV ebenfalls automatisch.
Mit dem erlöschen eines KV enden zwar die schuldrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen, nicht aber die Wirkungen
des auf den Arbeitsvertrag einwirkungsfähigen normativen Teiles. Letzterer wirkt nach, das heißt seine Normwirkung
bleibt in reduzierter Weise bestehen. Das bedeutet neue AN eines Betriebes unterliegen nicht mehr den Normen des
bereits beendeten KV. AN, die vor Beendigung des KV bereits diesem unterworfen waren, bleiben im System. So lange,
bis ein neuer KV an die Stelle des alten tritt. Diese Regelung dient dem Übergang von zwei KV, es sollen keine
Rechtslücken entstehen und der Rechtssicherheit dienen.
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9. Die Betriebsvereinbarung





Bedeutung / Rechtswirkungen / Geltungsbereich/-dauer (inkl persönlicher Geltungsbereich)
Zustandekommen
Inhalt
Arten (Beispiele, Unterschiede)
Beendigung/Nachwirkung Auslegung
Bedeutung / Rechtswirkungen
Die BV kann als „KV auf Betriebsebene“ beschrieben werden. Nach § 29 ArbVG ist die BV eine schriftliche Vereinbarung
zwischen dem Betriebsinhaber und dem BR (Betriebsausschuss, Zentralbetriebsrat oder Konzernvertretung)
andererseits. Das ArbVG unterscheidet – wie beim KV – zwischen normativen und schuldrechtlichen Teil (zu
Interpretationsfragen und Drittwirkung der Grundrechte siehe Kapitel 8 - KV).
Bestimmungen des normativen Teils können keine normativen Bedingungen des KV.
Im Gegensatz zum KV stehen aber nicht die Regelungen von Mindestarbeitsbedingungen im Vordergrund. Es geht um
die Rechte auf Mitbestimmung der Belegschaft in einem Betrieb, die Leitungsmacht des Betriebsinhabers wird
geschwächt. Arbeitsbedingungen können auch geregelt werden, KV-Parteien können auch ihre Regelungsbefugnisse an
die BV-Parteien übertragen.
Rechtswirkung
Siehe Stufenbau der Rechtsordnung im ersten Kapitel: Normen eines untergeordneten Systems (z.B. BV) können keine
Normen des Systems darüber verschlechtern (z.B. KV), jedoch verbessern (relativ Zwingend).
Auf BV beruhende Pensionszusagen wandeln sich mit dem Ausscheiden des AN in vertragliche Ansprüche um (nach
ständiger Rspr), können daher nicht Rückwirkend verschlechtert werden, auch wenn sich BV ändert.
Zustandekommen
In Betrieben ohne BR ist der Abschluss einer BV nicht möglich, egal ob BR-pflichtig (aber eben ohne BR) oder
„Kleinstbetrieb“ (unter fünf AN).
Ist ein Betriebsausschuss errichtet, darf dieser eine BV abschließen, ändern und aufheben. Der Geltungsbereich sind alle
vom Betriebsausschuss vertretenen Gruppen.
Die Befugnis kann von BR und/oder BA an den Zentralbetriebsrat mit seiner Zustimmung delegiert werden. Damit in
einem Unternehmen mit verschiedenen Betrieben dieselbe BV gilt. Ohne Delegation ist das idR nicht möglich.
Selbiges gilt für die Delegation von Zentralbetriebsrat an Konzernvertretung (mit seiner Zustimmung).
Die Kundmachung ist Voraussetzung für den Eintritt der normativen Wirkung. Enthält die kundgemachte BV keine
Bestimmung über ihren Wirksamkeitsbeginn, so gilt sie ab dem Tag nach der Unterzeichnung.
Inhalt
Gemäß § 29 ArbVG dürfen nur Angelegenheiten geregelt werden, die auf gesetzlicher oder kollektivvertraglicher
Ermächtigung beruhen. Es kommt nicht nur das ArbVG in Frage, sondern die gesamte Rechtsordnung, soweit sie auf
Gesetzen im formellen Sinn beruhen. Besonders wichtig ist hier aber: ArbVG, AZG, KA-AZG, UrlG, EFZG und BPG.
Arten
§96 ArbVG - Notwendige Betriebsvereinbarungen enthalten Regelungen, die laut ArbVG nicht ohne einer BV gesetzt
werden dürfen. Fehlt der erforderliche Konsens, darf der Betriebsinhaber nicht durch Vereinbarungen mit den
betroffenen AN substituieren. Dennoch getroffene Vereinbarungen sind unwirksam.




Betriebliche Disziplinarordnungen
„Qualifizierte“ Personalfragebögen
Die Menschenwürde berührende Kontrollmaßnahmen
Leistungslohnsysteme
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§96a ArbVG – Notwendig erzwingbare Betriebsvereinbarungen bedürfen ebenfalls der BR Zustimmung, die mangelnde
Zustimmung kann aber durch eine Schlichtungsstelle (Wird im Einzelfall beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht
errichtet) ersetzt werden, danach hat es dieselbe Wirkung wie eine Zustimmung des BR.


Elektronische Personaldatensysteme (Inhalt geht über allgemeine Daten hinaus)
Personalbeurteilungssysteme (Interessenabwägung AN – AG)
§97 ArbVG (Abs.1 Z 1 – 6a) Fakultative erzwingbare Betriebsvereinbarungen bedürfen nicht der Zustimmung des BR,
können teilweise auch durch Weisung erteilt werden, es besteht jedoch die Möglichkeit der Anrufung einer
Schlichtungsstelle.






Allgemeine betriebliche Ordnungsvorschriften
Auswahl der betrieblichen Vorsorgekassa
Arbeitszeit
Abrechnung und Auszahlung der Bezüge
Sozialpläne
Betriebsmittelnutzung
§97 ArbVG (Abs.1 Z 7 – 26) Fakultative Betriebsvereinbarungen enthalten Regelungen, die auch ohne BR geregelt
werden dürfen, die Möglichkeit der Anrufung einer Schlichtungsstelle besteht nicht.

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Grundsätze für den Urlaubsverbrauch
Entgeltfortzahlung für Betriebsversammlungen
Aufwandsersatz (z.B. Diäten und Kilometergelder)
Jubiläumsgelder
Gewinnbeteiligung
Pensions-BV (siehe Kap. 32)
Rahmenbedingungen für den Wechsel zur Abfertigung „neu“ (siehe Kapitel 31)
Beendigung
Einvernehmlich Auflösung, Eintritt einer vereinbarten Bedingung, Zeitablauf, aus wichtigem Grund.
Auch ex-lege: Verlust der Betriebsidentität (z.B. Wenn Betrieb dauernd still liegt)
Fällt der zugrunde liegende KV weg, so ist auch die BV beendet.
Kündigung von BV:
 Fakultative BV zum Monatsletzten – dreimonatige Kündigungsfrist
 Notwendige BV – jederzeit ohne Einhaltung einer Frist
 (Notwendig) Erzwingbare BV können nicht gekündigt werden
 Pensionskassen-BV Kündigungen gilt nur für AN, die nach der Kündigung AN in diesem Betrieb wurden. Für
„alte“ AN bleibt diese bestehen.
Nachwirkung
Grundsätzlich hat eine BV keine Nachwirkung, außer bei Kündigung (und natürlich eine Pensionskassen-BV). Bei
Kündigung bleibt sie so lange aufrecht, bis eine neue BV oder mit den AN eine Einzelvereinbarung geschlossen wurde.
Während der Nachwirkungsfrist können Regelungen durch Einzelverträge mit AN auch verschlechtert werden, die relativ
Zwingende Wirkung der BV Normen geht also nach der Kündigung verloren.
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10. Die „freie" Betriebsvereinbarung
 Wesen Erklärungsversuche Konsequenzen
Regelungsinhalt, der weder durch Gesetz, noch durch KV einer Regelung durch BV vorbehalten ist, aber dennoch durch
eine BV festgelegt wird, ist grundsätzlich nichtig.
Vereinbarungen, die diese Grenzen überschreiten, nennt man „freie Betriebsvereinbarungen“.
Der OGH billigt dem Inhalt solcher Vereinbarungen dennoch Rechtswirkungen zu, indem er sie zu Bestandteilen der
einzelnen Arbeitsverträge macht. Wichtig dabei ist, diese Regelungen entfalten keine Normwirkung oder Nachwirkung,
sie werden zur Schlüssigen Ergänzung von Arbeitsverträgen.
Eine solche stillschweigende Vertragsergänzung setzt vier Voraussetzungen voraus:
(1) Die AN kennen die „freie Betriebsvereinbarung“,
(2) sie wissen, dass diese an sich rechtsunwirksam ist,
(3) sie dürfen davon ausgehen, dass dies auch der AG weiß und
(4) sie verhalten sich im Sinne der Vereinbarung.
Grundsätzlich besteht keine kollektive Beendigung, es müsste jeder Arbeitsvertrag abgeändert werden. Nach Meinung
des OGH jedoch, müssen die Rechtswirkungen auch wieder kollektiv verändert oder beseitigt werden können, wohl
wieder in Absprache mit dem Betriebsrat.
Neu eintretende AN sind grundsätzlich auch dieser BV unterworfen, außer es wird explizit im Arbeitsvertrag
festgehalten.
11. Betriebsänderungen, ihre betriebsverfassungsrechtlichen Auswirkungen und
Ausübungen
Siehe Kapitel Betriebs(teil)übergang
12. Der Arbeitsvertrag
Wesen, Funktionen, Struktur, besondere Klauseln (Ausbildungskosten)
Der Arbeitsvertrag
Im Arbeitsvertrag verpflichtet sich der AN dem AG zur persönlichen Leistungserbringung in persönlicher Abhängigkeit.
Entgeltlichkeit ist nicht erforderlich, im Zweifel gilt aber ein „angemessenes Entgelt“ als vereinbart.
Der Arbeitsvertrag ist ein Dauerschuldverhältnis, wird auf bestimmte oder unbestimmte Zeit eingegangen. Ersteres
erfordert eine vereinbarte Befristung, letzteres ein besonderes empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft.
Der AN schuldet keinen Erfolg, sondern das „uneingeschränkte Zurverfügungstellen seiner Arbeitskraft“. Damit ist er –
auch aufgrund der damit verbundenen Weisungsunterworfenheit – in persönlicher Abhängigkeit tätig.
Weisungsunterworfenheit an sich ist nichts Besonderes (Handwerker und Besteller), besonders ist aber abseits dieser
sachlichen Weisungsunterworfenheit die persönliche Weisungsunterworfenheit. Sie schaltet die Gestaltungsfreiheit des
AN bei der Erbringung der Dienstleistung weitestgehend aus (Der Handwerker hat diese Gestaltungsfreiheit aber). Der
AG kann dem AN anweisen etwas in einer ganz bestimmten Weise zu tun und welche Kleidung er dabei tragen soll.
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Weiters ist die Einordnung des AN in die organisatorische und hierarchische Struktur des Betriebes des AG ein
klassisches Merkmal (Arbeitszeiten, Schichtpläne, Arbeitsort, Produktionsabläufe, etc.).
AN ist außerdem AG disziplinär verantwortlich (unterliegt innerbetrieblichen Ordnungsvorschriften).
Wirtschaftliche Abhängigkeit ist für den Arbeitsvertrag nur insofern charakteristisch, als der AN regelmäßig nicht mit
eigenen Betriebsmitteln, sondern mit Betriebsmitteln des AG tätig wird.
Es bedeutet nicht, dass der AN von seinem AG wirtschaftlich Abhängig ist (Erbe, Lottogewinn, lange gespart, etc.).
Wichtige Charakteristika sind also:
 persönliche Weisungsunterworfenheit
 kein Erfolg, sondern uneingeschränkte Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft
 Einordnung in organisatorische und hierarchische Struktur des Betriebes des AG
 Wirtschaftliche Abhängigkeit nur in Bezug auf die verwendeten Betriebsmittel
Diese Punkte müssen nicht kumulativ gegeben sein, meist ist der beste Anhaltspunkt die persönliche
Weisungsunterworfenheit. Dabei reicht die sogenannte „stille Autorität“ des AG, sie muss also nur theoretisch möglich
sein und nicht praktisch gelebt.
Abgrenzung zu anderen Vertragstypen
Freier Dienstvertrag
Im Wesentlichen dem Arbeitsvertrag ähnlich (Dauerschuldverhältnis auf Grund dessen Dienstleistungen erbracht
werden), allerdings ist das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit nur schwach oder gar nicht ausgeprägt, deshalb ist
der DN „frei“.



DN kann Ablauf der Arbeit selbst regeln und jederzeit ändern
und/oder keiner Weisungspflicht unterliegt
und/oder sich beliebig vertreten lassen kann
Auf freie Dienstverträge sind nur AR Normen (analog) anzuwenden, die nicht vom persönlichen Abhängigkeitsverhältnis
des AN ausgehen.
Typisch sind Tätigkeiten auf Zeit ohne persönliche Abhängigkeiten.
Konsulentenverhältnisse, (nebenberufliche) Tätigkeit als Rettungsarzt, als Werbeleiter, Sprachlehrer, Kontrollore, FH
Lektoren, Vereinsarzt, Rechtsberater, etc.
Im Sozialversicherungsrecht nicht wirklich relevant, seit 1.1.2008 auch vollständig versicherungspflichtig (alle Formen von
Erwerbstätigkeit sind seitdem versicherungspflichtig).
Der Werkvertrag
Der Unterschied zum Arbeitsvertrag ist das Zielschuldverhältnis. Ein Werkunternehmer schuldet dem Werkbesteller die
Herstellung eines bestimmten Erfolges, der AN dem AG jedoch nur das bloße Bemühen. Der Werkunternehmer ist
selbstständig tätig (keine Weisungsgebundenheit wie im AR) und hat grundsätzlich für die ordnungsgemäße
Werkerstellung Gewähr zu leisten.
Der Unterschied zum freien Dienstvertrag: Leistungen im Werkvertrag sind meist relativ genau umschrieben, weitere
Konkretisierungen durch Weisungen sind meist nicht erforderlich (verlegen eines Parkettbodens). In freien
Dienstverträgen wird meist nur gattungsmäßig umschrieben (Schreibarbeit, Kanzleidienste, etc.), weitere Weisungen des
AG werden meist erteilt.
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Der Auftrag
Grundsätzlich erfasst der Auftrag regelmäßig rechtsgeschäftliche Tätigkeiten. Der Arbeitsvertrag umfasst jedoch meist
bloß tatsächliche Verrichtungen.
Kombination von Arbeitsvertrag und Vollmacht jedoch üblich, z.B. Architekten: Errichtung eines Hauses, zusätzlich jedoch
auch Bauüberwachung und bestimmte Vertretungshandlungen.
Reine Auftragsverhältnisse wären z.B. Rechtsanwälte oder Hausverwalter.
Der Mietvertrag
Berührungspunkte mit dem Mietrecht z.B. wenn zusätzlich zu dem Geldlohn auch eine Wohnung von dem AG
bereitgestellt wird. Zum Beispiel bei Kündigungsmöglichkeiten.
Der Gesellschaftsvertrag
Der Gesellschaftsvertrag ist von einer Gleichordnung geprägt, während der Arbeitsvertrag eine Über- bzw. Unterordnung
aufweist (manifestiert sich in der Weisungsbefugnis).
Berührungspunkt: Gewinnbeteiligung. Der AN kann sich nur am Gewinn beteiligen, eine Überwälzung des
Unternehmerrisikos auf den AN ist unzulässig. Gesellschafter haben untereinander aber sowohl Gewinne als auch
Verluste zu tragen.
Sonderformen im Arbeitsverhältnis
Sonderformen wie job-sharing oder Telearbeit sind gesondert zu prüfen, immer nach dem oben genannten Schema
vorgehen (persönliche Weisungsbefugnis, Eingliederung in Betrieb, etc.).
Zu unterscheiden ist aber der Heimarbeiter. Sie sind keine Gewerbetreibende, die in der eigenen Wohnung mit der
Herstellung/Bearbeitung von Waren beschäftigt sind. Es mangelt an Arbeitspflicht und wirtschaftlicher Abhängigkeit, sie
unterliegen dem HeimAG, sofern sie keine qualifizierten Tätigkeiten verrichten. Bei qualifizierten Tätigkeiten wie
Übersetzungen (nicht bloße Schreibarbeit), sind sie keine Heimarbeiter mehr.
Lehrverträge sind Arbeitsverträge, die den Sonderbestimmungen des Berufsausbildungsgesetzes (BAG) unterliegen.
Echte Ferialpraktika und Volontäre, die sich gemäß ihrer Studienordnung gewisse praktische Fähigkeiten aneignen sind
keine Arbeitnehmer.
Arbeitskräfteüberlassung
Überlassung von AN zur Arbeitsleistung an Dritte.
Überlasser ist z.B. Manpower, Beschäftiger ist der Betrieb, in dem der AN arbeitet.
Es kommt ein Vertrag zwischen Überlasser und Beschäftiger zustande, sowie ein Vertrag zwischen AN und Überlasser.
Nicht jedoch zwischen AN und Beschäftiger. Das Weisungsrecht wird aber zum Teil an den Beschäftiger abgegeben.
Zum Schutz der „überlassenen“ AN wurde das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) geschaffen. Sie gelten als AN oder
arbeitnehmerähnliche Personen.
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13. Die Individual- und Betriebsübung
 Wesen / Erklärungsversuche / neu Eintretende / Beendigung
Die Betriebsübung (AG gegenüber des ganzen Betriebes) oder
Individualübung (AG gegenüber eines einzelnen AN) ist eine regelmäßige Wiederholung gleichförmiger
Verhaltensweisen, welche den AN sowohl
belasten (z.B. Erbringung nicht arbeitsvertraglich geschuldeter Leistungen) als auch
begünstigen (z.B. Weihnachtsgeschenk, Jahresbonus) können.
Sie ist ein bloßes Faktum, ohne rechtliche Bedeutung, kann jedoch ähnlich wie die freie BV durch schlüssige
(konkludente) Vertragsergänzung Bestandteil der Einzelarbeitsverträge werden (Stillschweigendes Offert des AG und
Annahme des AN – z.B. bei Weihnachtsgeld).
Wichtig dabei ist die
regelmäßige (der Vertragspartner kann darauf vertrauen, die Leistung auch in Zukunft zu erhalten – nach drei
vorbehaltslosen Leistungen der Fall) und
gleichförmige Verhaltensweise.
Bei der Betriebsübung zeigen sich zwei Probleme:
Erstens, ob Bindungen für die Zukunft auch für neu eintretende AN entstehen können,
zweitens ob und wann bisher von der Leistung ausgeschlossene AN diese ebenfalls fordern dürfen.
Voraussetzungen der Rechtsverbindlichkeit
Die Rechtsprechung hat sich vor allem mit der die AN ausschließlich begünstigenden Individual oder Betriebsübung
befasst. Der OGH betont, dass die AN einen Anspruch auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen gewinnt, sofern der
AG keinen Vorbehalt ausspricht.
Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, ob ein schützenswertes Vertrauen der AN entstanden ist.
Schwieriger ist die Deutung einer die AN belastenden Individual- oder Betriebsübung. In der bloßen Hinnahme einer
ungünstigen Behandlung wird im Allgemeinen noch keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung der AN erblickt.
Sind in einer Betriebsübung für die AN Vor- und Nachteile miteinander verknüpft, bietet sich die
Deutung als Auslobung an. Darunter versteht man gemäß § 860 ABGB die an einen unbestimmten Personenkreis
gerichtete Zusage einer Belohnung für eine Leistung oder Erfolg.
Personelle Reichweite
Nur eine generelle Übung innerhalb jenes Betriebes, in dem der AN beschäftigt ist, kommt für diesen in Betracht.
Fraglich sind die Auswirkungen auf Neueintretende. Der OGH vertritt die Auffassung, dass die
eintretenden AN davon ausgehen können, dass ihnen die gleichen Vergünstigungen gewährt werden wie den anderen
AN auch. Allerdings müsste man voraussetzen, dass ihnen die Betriebsübungen bei Vertragsabschluss bekannt waren.
Neuerdings hält der OGH diese Voraussetzung aber nicht für notwendig.
Der Inhalt
Grundsätzlich kann alles, was Inhalt eines Arbeitsvertrages sein kann, auch zum Inhalt einer Betriebsübung werden.
Aus der gleichförmigen Ausübung des Weisungsrechtes kann jedoch keinesfalls auf eine Verpflichtung des AG
geschlossen werden.
Die Beendigung
Geht man von der Vertragsdeutung aus, so kann der AG die Rechtswirkungen einer Betriebsübung nicht generell
beenden. Vielmehr muss er jeden Arbeitsvertrag ändern oder kündigen.
Nimmt man eine Auslobung an, so kann er sie auf gleiche Weise beenden wie sie eingeführt wurde.
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14. Die Gleichbehandlungspflicht 1
 Begriff
 Auswirkungen auf Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung und Betriebsrat sowie die individuelle
Arbeitsbeziehung
a) Der europäische Gleichbehandlungsgrundsatz (insb Art 141 EG)
b) Der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz
c) Das Gleichbehandlungsgesetz (nationales Gesetz)
d) Der Gleichbehandlungsgrundsatz (Rechtsprechung)
Neben dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sind nicht nur nationale Gesetze, der
Gleichbehandlungsgrundsatz durch die Rechtsprechung sondern vor allem auch unionsrechtliche Bestimmungen
relevant.
a) Gleichbehandlungspflicht nach dem Recht der EU (Art. 141 EG-Vertrag; Richtlinien)
Art. 141 EG-Vertrag verpflichtet alle Vertragsstaaten zur Anwendung und Beibehaltung des „Grundsatzes des gleichen
Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit.“
Dazu mussten eine Vielzahl von Richtlinien umgesetzt werden, die diesen Grundsatz ausführen.
Die Gleichbehandlungsgebote richten sich sowohl gegen innerstaatliche Gesetze als auch gegen Kollektivverträge,
Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträge, erfassen aber auch bloß faktische Ungleichbehandlungen.
Der EuGH versteht den Begriff „Entgelt“ sehr weit: darunter sind alle gegenwärtigen oder künftigen in bar oder in
Sachleistungen gezahlten Vergütungen zu verstehen, sofern sie der AG dem AN wenigstens mittelbar aufgrund des
Dienstverhältnisses zahlt.
Quotenregelungen, die Frauen bei gleicher Qualifikation automatisch den Vorrang bei der Einstellung gewähren, sind
laut EuGH unzulässig.
Art. 141 verbietet nicht nur die direkte, sondern auch die indirekte (mittelbare) Diskriminierung.
Unter mittelbarer Diskriminierung versteht man eine Unterscheidung, die an einem scheinbar
neutralem Kriterium ansetzt, aber in ihrem Ergebnis wesentlich mehr Angehörige des einen als des anderen Geschlechts
betrifft. Als Hauptanwendungsfall erwiesen sich Sonderregelungen für Teilzeitarbeit.
Eine Ungleichbehandlung lässt sich laut EuGH nur durch „objektive Faktoren rechtfertigen, die nichts mit einer
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben“. Was darunter zu verstehen ist, lässt der EuGH offen.
Der EuGH hält die Benachteiligung einer Frau wegen ihrer Schwangerschaft für eine geschlechterspezifische
Benachteiligung per se.
Weiters verboten ist jede Diskriminierung aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen, wegen einer Behinderung,
des Alters, der sexuellen Ausrichtung oder aus ethnischen Gründen.
b) Der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz
Der Gleichheitsgrundsatz der Verfassung (insb Art 2 StGG) verbietet unsachliche Differenzierungen (Differenzierung
ohne objektiven Unterscheidungsmerkmalen). Er bindet nur Gesetzgebung und Vollziehung und gewährt nur
österreichischen Staatsbürgern (und jur. P.) ein subjektives Recht.
Nach neuer Rspr findet er auch Anwendung auf KV und BV, die Arbeitsvertragsparteien sind jedoch nicht an ihn
gebunden.
1
Manchmal werden Abschnitte fast identisch aus der Zusammenfassung von [email protected] übernommen. Hiermit
sei darauf hingewiesen. Vielen Dank an dieser Stelle an den „anonymen“ Verfasser.
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Rechtsfolge der Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes, der in Form der mittelbaren Drittwirkung
auf KV und BV einwirkt, ist die Nichtigkeit der Bestimmung, uU auch ein Gleichstellungsanspruch.
c) Das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG)
Das GlBG hat in seiner Neufassung 2004 alle einschlägigen europarechtlichen Gleichbehandlungsgebote (außer dem
Diskriminierungsverbot für Behinderte) in sich aufgenommen. Es gilt für alle Arten von Arbeitsverhältnissen.
Die einzelnen Diskriminierungsverbote gelten für alle Gestalter der Arbeitsbedingungen.
Im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis ist der Anwendungsbereich sehr weit gezogen.
Verboten sind Diskriminierungen
• bei der Begründung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses
• der Entlohnung
• bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen
• bei der Gewährung von Aus- und Weiterbildung oder Umschulung
• beim beruflichen Aufstieg sowie
• bei sonstigen Arbeitsbedingungen.
Es existieren jedoch Ausnahmen. So sind unterschiedliche Behandlungen wegen der Staatsbürgerschaft zulässig, sofern
damit ein rechtmäßiger Zweck erfüllt wird. Weitere Ausnahmen existieren für religiöse Institutionen.
Stellenausschreibungen müssen diskriminierungsfrei durchgeführt werden.
Rechtsfolgen bei Verletzung der Gleichbehandlungspflichten:
• Diskriminierungen bei Kündigung/Entlassung können durch Anfechtung bekämpft werden.
• Bei Diskriminierungen bei der Einstellung oder beim Aufstieg stehen Schadenersatzansprüche zu.
• In allen anderen Fällen können die Diskriminierten entweder Gleichstellung oder Schadenersatz verlangen.
Das Gesetz verbietet weiters jede Belästigung aufgrund des Geschlechts.
Aufgrund besonderer Beweisbestimmungen muss der Kläger die Diskriminierung nur glaubhaft machen.
Gleichbehandlung ohne Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis
Verboten sind zudem Diskriminierungen
• beim Zugang zur Berufsberatung, -ausbildung, Weiterbildung oder Umschulung
• bei der Mitgliedschaft in Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberorganisationen
• bei den Bedingungen zum Zugang zu selbstständiger Tätigkeit
Um Diskriminierungen in der Realität effektiver bekämpfen zu können, wurden zwei spezifische
Verwaltungsbehörden vorgesehen.
Die Gleichbehandlungsanwaltschaft besteht aus drei Anwälten, die betroffene Personen beraten und unterstützen.
Die Gleichbehandlungskommission setzt sich aus drei Senaten zu je zehn oder elf Mitgliedern zusammen. Die Senate
können Gutachten erstellt sowie auch im Einzelfall überprüfen, ob eine Verletzung der Gleichbehandlungsgebote
vorliegt.
d) Der Gleichbehandlungsgrundsatz
Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist heute dann anzuwenden, wenn es um Differenzierungen geht, die entweder von
den gesetzlichen Gleichbehandlungsregeln nicht erfasst sind oder in denen sich diese Regeln gegenseitig aufheben.
Dieser Grundsatz bindet aber nur den Arbeitgeber.
Er beinhaltet das Gebot, einen AN nicht willkürlich oder aus sachfremden Gründen schlechter als andere AN zu
behandeln.
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Nach hA liegt die Begründung darin, dass ein AG im Falle einer ungerechtfertigten Diskriminierung den nötigen Respekt
fehlen lässt. Daraus folgt, dass der Grundsatz bei der Einstellung keine Anwendung findet.
Es ist jeweils ein Gruppenvergleich anzustellen.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz steht auf der Stufe einfachen Gesetzesrechts und kann (nur) von den Parteien des
Arbeitsvertrages abbedungen werden.
15. Die Weisung
 Funktion, Wesen, Grenzen, Versetzung(-sschutz)
Die Weisung ist eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, die der Anpassung des Arbeitsvertrages
an die konkreten Erfordernisse des Arbeitseinsatzes dient. Mit Abschluss des Arbeitsvertrages
unterwirft sich jeder AN dem Weisungsrecht (Direktionsrecht) des AG. Es handelt sich jedoch nicht um ein einseitiges
Vertragsänderungsrecht, sondern lediglich einer Konkretisierung des Vertrags.
Die Grenzen des Weisungsrechts liegen jedenfalls im Arbeitsvertrag selbst, beziehungsweise KV und BV, sobald sie dem
Arbeitsvertrag normieren. Kommt der AN einer Weisung jedoch nicht nach, so handelt er auf eigenes Risiko. Im Streitfall
hat ein Gericht zu entscheiden. Wird gegen den AN entschieden, so hat er eine Vertragsverletzung begangen, die ein
Entlassungsgrund sein kann.
Eine Möglichkeit wäre, einer Weisung „unter Protest“ zu folgen und im Nachhinein vom Gericht entscheiden zu lassen,
hier sind keine Risiken für den AN anzunehmen.
Überschreitet der AG mit einer Weisung die Grenzen des Vertrages, so handelt es sich nicht mehr um eine direktionale,
sondern um eine vertragsändernde Weisung, die als Angebot zur Änderung des Vertrages anzusehen ist. Der AN kann es
ablehnen, oder (konkludent) annehmen.
Weiters begrenzen auch Gesetz, die guten Sitten sowie die Fürsorgepflicht des AG die Ausübung
des Weisungsrechts.
Das Weisungsrecht kann sich auch in die Privatsphäre erstrecken, und muss nicht auf die Arbeitszeit begrenzt sein (z.B.
Berufssportler oder Vorstandsposten, die sich auch im Privatleben gewissen Vorschriften unterwerfen muss).
Versetzung2
Die Versetzung eines Arbeitnehmers ist dessen Einreihung auf einen anderen Arbeitsplatz.
Darunter fällt vor allem die Änderung von







Arbeitsort,
Tätigkeitsbereich,
Lage bzw. Verteilung der Arbeitszeit,
Entlohnung,
psychischen und physischen Anforderungen,
Anreisebedingungen oder
sozialer Stellung.
Vom Arbeitsvertrag gedeckte Versetzung (vertragskonforme Versetzung)
Der Arbeitgeber kann eine Versetzung durch Weisung anordnen, wenn im Arbeitsvertrag eine ausdrückliche
Vereinbarung über einen Versetzungsvorbehalt getroffen wurde oder eine schlüssige Vereinbarung die Zulässigkeit der
Versetzung bewirkt.
2
https://www.wko.at/
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Eine Zustimmung des Arbeitnehmers zu einer solchen Versetzung ist nicht erforderlich.
Ob eine Versetzung vertraglich gedeckt und damit durch Weisung des Arbeitgebers selbst zulässig ist, ist im Einzelfall
durch Auslegung des Arbeitsvertrages zu beurteilen. Beurteilungsmaßstab ist der Sinn der Vereinbarung sowie auch die
Verkehrssitte, woraus sich die Zumutbarkeit einer Versetzung ergeben kann.
Vom Arbeitsvertrag nicht gedeckte Versetzung (vertragsändernde Versetzung)
Der Arbeitgeber muss vor einer Versetzung die ausdrückliche Zustimmung des Arbeitnehmers einholen, wenn
keine ausdrückliche oder schlüssige Vereinbarung über einen Versetzungsvorbehalt einer Versetzung vorliegt.
Ohne Zustimmung des Arbeitnehmers ist eine vertragsändernde Versetzung rechtsunwirksam. Die fehlende Zustimmung
kann nicht durch Zustimmung des Betriebsrates oder eines Gerichtes ersetzt werden.
Bei einer Versetzung für einen Zeitraum von voraussichtlich mindestens 13 Wochen liegt eine so genannte "dauernde
Versetzung“ vor. Solche dauernden Versetzungen sind dem Betriebsrat unverzüglich mitzuteilen. Auf sein Verlangen ist
darüber zu beraten.
Dieses Informations- und Beratungsrecht des Betriebsrates besteht auch bei verbessernden bzw. gleichwertigen
Versetzungen.
Ist mit der dauernden Versetzung eine Verschlechterung der Entgelt- oder sonstigen Arbeitsbedingungen verbunden,
muss der Betriebsrat der Versetzung ausdrücklich zustimmen. Eine solche Verschlechterung kann z.B. durch den Wegfall
von Zulagen oder Provisionen, längere Anfahrtswege zum Arbeitsort, Außendienst statt Innendienst, aber auch durch
eine Minderung des Ansehens gegeben sein.
Die Zustimmung des Betriebsrates ist auch bei arbeitsvertraglicher Deckung der Versetzung, bei Zustimmung des
Arbeitnehmers zur Versetzung und sogar bei dessen ausdrücklichem Versetzungswunsch notwendig.
Rechtsfolgen
Erteilt der Betriebsrat die Zustimmung zur dauernden verschlechternden Versetzung nicht, so kann diese durch Urteil
des Arbeits- und Sozialgerichtes ersetzt werden. Das Gericht hat die Zustimmung zu erteilen, wenn die Versetzung
sachlich gerechtfertigt ist. Die sachliche Rechtfertigung wird im Rahmen eines Interessenvergleiches geprüft.
Ohne Zustimmung des Betriebsrates oder des Arbeits- und Sozialgerichtes ist eine dauernde verschlechternde
Versetzung rechtsunwirksam. Der Arbeitnehmer behält seinen Entgeltanspruch im bisherigen Ausmaß und kann unter
Umständen sogar berechtigt vorzeitig austreten, wenn der Arbeitgeber auf der Versetzung besteht.
16. Abschluss des Arbeitsvertrages*
Form; Dienstzettel
Schon vor Abschluss (bei „Anbahnung des Arbeitsvertrages“) entstehen vorvertragliche Schuldverhältnisse, gewisse
Rücksichten auf den Verhandlungspartner zu nehmen (Details, siehe Lehrbuch/Internet).
Es handelt sich um ein schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft. Der Arbeitsvertrag kommt daher durch
übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Bei leitenden Angestellten ist eine höhere Bestimmtheit gefordert, da
die Normen der kollektiven Rechtsgestaltung (KV, BV) nicht anwendbar sind.
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Zu beachten sind daher sämtliche zugehörigen ABGB Regelungen, wie:
 Arbeitsverträge können ausdrücklich, aber auch schlüssig zustande kommen. Wichtig vor allem bei
Vertragsanpassungen (Tätigkeitsfeld des AN ändert sich, dieser verrichtet seine Arbeit „kommentarlos“)
 Die abschließenden Parteien müssen voll geschäftsfähig sein. Ein mündiger Minderjähriger (14 – 18), kann sich
gemäß § 152 ABGB selbständig zu Dienstleistungen verpflichten. Der Abschluss eines Lehr- oder
Ausbildungsverhältnisses ist nur mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters möglich.
 AV an keine Form gebunden. Lehrverträge u.a. sind aber Ausnahmen (Schutzfunktion)
Der AG muss dem AN unverzüglich nach Beginn des Arbeitsverhältnisses eine schriftliche Aufzeichnung über die
wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag auszuhändigen. Dieser Dienstzettel dient der
Beweissicherung.
Inhalt: wesentliche Rechte und Pflichten, Name, Anschrift, Beginn, Dauer, Arbeitsort, Gehalt, etc.
Dauert das Arbeitsverhältnis unter einem Monat, oder wurde ein schriftlicher Arbeitsvertrag aufgesetzt, so muss keiner
ausgestellt werden.
17. Einstellungsgebote und -verbote*
 Ausländerbeschäftigung (inkl Freizügigkeit- VO der EU)
 Kinder- u. Jugendliche
Das Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) regelt (wie der Name schon sagt) die Beschäftigung von Ausländern in
Arbeitsverhältnissen. Ausländer sind nicht EU Bürger, sowie keine Flüchtlinge, Diplomaten und andere
Sonderverhältnisse.
Ein AG darf einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder
Entsendebewilligung erteilt bzw. eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde, oder
eine Arbeitserlaubnis bzw. Befreiungsschein besitzt.
Die Beschäftigungsbewilligung wird vom AMS auf Antrag des AG für einen ganz konkreten Arbeitsplatz ausgestellt und
darf maximal ein Jahr betragen. Sie erstreckt sich somit nur auf den konkreten Arbeitsvertrag mit dem antragstellenden
AG.
Natürlich gibt es diverse Voraussetzungen (legal in Österreich, SV-Vorschriften, etc.).
Außerdem liegt eine österreichweite Kontingentierung vor, die Gesamtzahl ausländischer Arbeitskräfte in Ö wird somit
begrenzt.
Außerdem sollen Arbeitnehmer aus dem Ausland „bevorzugt“ aus dem Dienstverhältnis gelöst werden, sollten die
Arbeitsplätze „knapp werden“.
Es kann kein Arbeitsverhältnis zwischen Ausländer und Ö AG ohne dieser Bewilligung zustande kommen.
War ein Ausländer in den letzten 14 Monaten insgesamt 52 Wochen aufgrund einer Beschäftigungsbewilligung legal
beschäftigt, so kann er selbst eine Arbeitserlaubnis für bis zu zwei Jahren beantragen. Sie gilt immer nur für ein
Bundesland.
Österreichern am Arbeitsmarkt materiell gleichgestellt ist ein Ausländer erst nach Genehmigung eines Befreiungsscheins
mir fünf Jahres Frist (Voraussetzung: 8 Jahre im Inland, 5 Jahre gearbeitet).
Wenn ein ausländischer AG ohne Betriebssitz in Ö einen Ausländer in Ö beschäftigen will, so benötigt er entweder eine
Entsendebewilligung (max. 4 Monate), oder eine Beschäftigungsbewilligung (max. 6 Monate). Für kurzfristige
Arbeitstätigkeiten ist keine Bewilligung notwendig. Zusätzlich gibt es natürlich Ausnahme wie Kulturabkommen,
Ensemblegastspiele u.ä. Sowie Menschen mit speziellen Fähigkeiten. Hier ist nur eine Meldung beim AMS erforderlich.
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18. Die Dauer des Arbeitsvertrages
 Befristete und unbefristete Dienstverhältnisse, Kettendienstverträge, Probearbeitsverhältnisse
Den Parteien des Arbeitsvertrages steht es frei, die Dauer ihres Vertragsverhältnisses festzulegen.
Mangels abweichender Vereinbarung gilt der Vertrag als unbefristet.
Auch der Kollektivvertrag kann die Dauer normativ regeln (z.B. Begrenzung der Befristung).
Befristeter Arbeitsvertrag
Eine wirksame Befristung setzt voraus, dass der Endtermin entweder schon eindeutig bestimmt oder
wenigstens gewiss und bestimmbar ist (z.B. beim nächsten Schneefall).
Keine Befristung liegt vor, wenn eine Partei das Ereignis willkürlich herbeiführen kann.
Die Länge der Befristung steht im Belieben der Vertragsparteien. Der AN kann jedoch nur für höchstens fünf Jahre
gebunden werden, danach kann er mit einer Frist von sechs Monaten kündigen.
Die Parteien können auch eine Höchstbefristung vereinbaren, in welchem Fall eine frühere Kündigung beiderseits
möglich sein soll. Die Judikatur hält dies nur bei längeren Befristungen für zulässig.
Werden zwischen denselben Personen mehrere befristete Arbeitsverträge zeitlich aneinandergereiht, so sind diese
Kettenverträge an sich zulässig. Sie dienen jedoch häufig dazu, dem AN Ansprüche vorzuenthalten, die an die Dauer des
Arbeitsverhältnisses anknüpfen sowie v.a. der Umgehung des Kündigungsschutzes.
Der Gesetzgeber hat dieses Problem nur in einigen Sonderbereichen gelöst (etwa für Vertragsbedienstete des Bundes).
Die Rechtsprechung hingegen hält jene Kettenarbeitsverträge für unzulässig, die durch die wirtschaftliche
Unterlegenheit des AN zustande gekommen sind, um Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu unterlaufen.
Der erstmals abgeschlossene Vertrag gilt demnach als unbefristet. Die Beweislast liegt heute beim AG.
Der auflösend bedingte Arbeitsvertrag
Auch durch die Vereinbarung, das Dienstverhältnis solle durch ein bestimmtes Ereignis enden, dessen Eintritt ungewiss
ist, wird ein möglicher Endtermin gesetzt.
Nach hA ist die Vereinbarung (nur) dann gültig, wenn von vornherein feststeht, wann die Bedingung eintreten müsste
(z.B.: bei Aufstieg der Fußballmannschaft am Ende der Saison).
Unzulässig sind jedenfalls solche Bedingungen, die in Persönlichkeitsrechte eingreifen oder etwa auf den Eintritt der
Schwangerschaft oder auf die Einberufung zum Präsenzdienst abstellen.
Probearbeitsverträge und Arbeitsverträge für einen vorübergehenden Bedarf (§§ 1158 Abs. 2 ABGB, 19 Abs. 2 AngG)
Die Vereinbarung einer Probezeit kann sowohl einem befristeten als auch einem unbefristeten Arbeitsvertrag beigefügt
werden, allerdings höchstens für den ersten Monat. In der Probezeit können beide Parteien den Vertrag jederzeit
grundlos auflösen.
Wird ein Arbeitsvertrag für die Zeit eines vorübergehenden Bedarfs abgeschlossen, wobei der Bedarf im Vorhinein nicht
bestimmbar ist, so kann auch dieser im ersten Monat jederzeit aufgelöst werden; danach wird er zum unbefristeten
Arbeitsvertrag. Die Rechtsordnung stellt für derartige Fälle des Bedarfs an kurzfristigen Aushilfskräften erleichterte
Bedingungen zur Verfügung.
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19. Das Arbeitnehmerschutzrecht*
Struktur, Schutzbereiche, außer- und innerbetriebliche Kontrolle, innerbetriebliche Organe, Sanktionen,
Verantwortlicher Beauftragter (§ 9 VStG N23 ArbIG), Arbeitsschutz, Elternschutz, Karenzierung
Ziel des Arbeitnehmerschutzrechts ist, Leben, Gesundheit und Sittlichkeit der AN zu schützen.
Arbeitnehmerschutzbestimmungen legen Pflichten fest, deren Einhaltung von staatlichen Verwaltungsbehörden
überwacht und notfalls mittels Verwaltungsstrafen erzwungen wird.
Die Normen lassen sich grob in
 Gefahrenschutz

Arbeitszeitschutz und

Verwendungsschutz (=Sonderschutz) einteilen.
Der AG kann zum Zweck des Arbeitnehmerschutzes auch Beauftragte bestellen. Dafür kommen aber nur leitende
Angestellte in Betracht. Hat der AG einen Beauftragten bestellt, so haftet er nur mehr für vorsätzliche Veranlassung oder
Nichtverhinderung von Übertretungen. Hat er hingegen einen Bevollmächtigten bestellt, so haftet er neben diesem, es
sei denn, er kann beweisen, dass ihm die Einhaltung der Bestimmung unmöglich war.
Auch der AN kann für Verstöße gegen das ASchG bestraft werden, sofern er durch den AG zuvor schriftlich zur
Einhaltung bestimmter Schutzmaßnahmen aufgefordert wurde.
Der Arbeitnehmerbegriff im Arbeitnehmerschutzrecht ist sehr weit und stellt auf die tatsächliche Beschäftigung im
Betrieb ab.
Gefahrenschutz (aus dem ASchG)
Das ASchG setzt europäische Richtlinien um und dient vor allem der Gewährleistung von Sicherheit und
Gesundheitsschutz.
Der zentrale Anknüpfungspunkt des ASchG ist die Arbeitsstätte, die alle Orte umfasst, zu denen die AN im Rahmen ihrer
Arbeit Zutritt haben.
Das ASchG enthält allgemeine Grundsätze, die durch Verordnungen konkretisiert werden sollen.
Jeder AG ist verpflichtet, die Gefahren in seinem Betrieb zu ermitteln und zu dokumentieren sowie die erforderlichen
Schutzmaßnahmen durchzuführen. Dafür hat er sich über den neuesten Stand der Technik zu informieren und seine AN
ordentlich zu unterweisen.
AN dürfen nur entsprechend ihrer Eignung in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit eingesetzt werden. Diese sind
verpflichtet, im Betrieb Gefahren möglichst zu vermeiden und diese sofort zu melden.
Bei entsprechender Betriebs- oder Unternehmensgröße ist der AG verpflichtet, Einrichtungen zur Durchführung und
Überwachung des Arbeitnehmerschutzes einzurichten.
Das ASchG regelt folgende Bereiche (S. 49):
a) Arbeitsstätten und Baustellen
b) Arbeitsmittel
c) Arbeitsstoffe
d) Gesundheitsüberwachung
e) Arbeitsvorgänge und Arbeitsplätze
f) Präventivdienste
g) Sicherheitsvertrauenspersonen
h) Arbeitsschutzausschüsse
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Arbeitszeitschutz Arbeitszeitgesetz (AZG), Arbeitsruhegesetz (ARG), Krankenanstalts-Arbeitszeitgesetz
(KA-AZG)
Die Höchstbegrenzungen der Arbeitszeit gelten selbst dann, wenn der AN mehrere Arbeitsverträge mit
unterschiedlichen AG hat.
Deren Einhaltung wird mittels öffentlich-rechtlicher Strafsanktionen gesichert.
Den Arbeitszeitvorschriften kommt aber auch eine privatrechtliche Bedeutung zu, weil sie den zulässigen Inhalt
privatrechtlicher Vereinbarungen begrenzen. Widersprechende vertragliche Regelungen sind nichtig.
Weiters muss der AG, sofern er Überstundenarbeit verlangen kann, Überstundenvergütung gewahren.
Das AZG gilt grundsätzlich für alle volljährigen AN im Sinne des Arbeitsvertragsrechts, nicht jedoch für leitende
Angestellte. Dieser Begriff ist hier etwas weiter gefasst und umfasst alle Angestellten, denen maßgebende
Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind. (CB „Fälle zur mündlichen Prüfung“)
Sonderschutz
Spezielle Gesetze dienen dem Schutz von Eltern, Jugendlichen und Behinderten.
A. Mutterschutzgesetz (MSchG) und Väter-Karenzgesetz (VKG)
a) Schutz bei Schwangerschaft und Entbindung
Das MSchG will die Gesundheit der Schwangeren und des ungeborenen Kindes schützen sowie der
Mutter die Betreuung ihres Kleinkindes ermöglichen.
Sobald eine AN von ihrer Schwangerschaft weiß, hat sie ihren AG davon zu informieren. Sie darf weder zu schweren
körperlichen noch zu anderen Arbeiten herangezogen werden, die eine gesundheitliche Gefährdung für sie oder den
Nasciturus bedeuten. In den letzten acht Wochen vor ihrer voraussichtlichen Entbindung und in den ersten acht Wochen
nach ihrer Entbindung darf keine Frau beschäftigt werden (Schutzfrist).
Die schwangere AN behält grundsätzlich ihren bisherigen Entgeltanspruch, die Verpflichtung des AG entfällt jedoch,
solange sie Wochengeld aus der Krankenversicherung erhält.
b) Karenz und Teilzeitbeschäftigung
(1) Der Anspruch der Mutter
Die AN kann für die Zeit nach Ende der Schutzfrist einen unbezahlten Urlaub maximal bis zum Ablauf des zweiten Jahres
nach der Entbindung nehmen, sofern sie mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt. Dies nennt sich Karenz. Dasselbe
gilt auch für Adoptiv- und Pflegemütter, wenn das Kind jünger als zwei Jahre alt ist.
Während des Karenzurlaubs darf die Mutter eine geringfügige Beschäftigung ausüben, kurzfristig auch darüber hinaus
länger arbeiten. Die Länge der Karenz darf die AN nicht mehr einseitig verändern.
Während des Karenzurlaubs ruhen die Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag, die Nebenpflichten laufen jedoch weiter.
Während der Dauer des Karenzurlaubs kann Kinderbetreuungsgeld bezogen werden.
Die AN besitzt einen Anspruch darauf, bei ihrem bisherigen AG einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen, wenn das
Dienstverhältnis drei Jahre gedauert hat und der Betrieb mehr als 20 AN beschäftigt; dieser Anspruch besteht bis zum
Ablauf des siebenten Lebensjahres des Kindes.
(2) Der Anspruch des Vaters
Das Vater-Karenzgesetz räumt auch dem Vater einen Anspruch auf Karenzurlaub oder Teilzeitbeschäftigung ein, wenn er
mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt und dieses überwiegend selbst betreut. Der Anspruch der Mutter hat
allerdings Vorrang.
Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz (KJBG)
Jugendliche dürfen in bestimmten Betrieben (z.B. Wettbüros) nicht oder nur unter besonderen Auflagen herangezogen
werden. Über sie dürfen etwa keine Geldstrafen verhängt werden, sie haben Anspruch auf eine Wochenfreizeit von zwei
Tagen und dürfen nicht nachts beschäftigt werden.
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Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG)
Das BEinstG gilt für sämtliche privaten und öffentlichen Dienstgeber.
Die AG sind verpflichtet, beim Arbeitseinsatz auf den Gesundheitszustand der Behinderten Rücksicht zu nehmen.
Behinderte dürfen dabei nicht geringer entlohnt werden als andere in gleicher Verwendung.
Arbeitsplatzsicherungsgesetz (APSG)
Das APSG schützt den AN davor, wegen der Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes Nachteile zu erleiden. So werden
Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen gehemmt.
Nacht-Schwerarbeitsgesetz (NSchG)
Nachtarbeit liegt vor, wenn ein AN zwischen 22 und 6 Uhr mindestens 5 Stunden arbeitet (ausgenommen
Arbeitsbereitschaft). Bei der Nacht-Schwerarbeit treten erschwerende Bedingungen hinzu.
AN erhalten etwa Zusatzurlaub, Kurzpausen und einen besonderen Kündigungsschutz.
Die Arbeitsinspektion (Arbeitsinspektionsgesetz (ArbIG))
Die Überwachung der Arbeitnehmerschutzgesetze wurde den Arbeitsinspektoraten übertragen. Dies
sind Behörden der Bundesverwaltung.
Die Arbeitsinspektorate sind befugt, jederzeit Betriebsstätten zu besichtigen; den AG haben sie davon zu informieren,
sofern die Wirksamkeit der Kontrolle darunter nicht leidet.
Stellen sie eine Übertretung fest, so haben sie den AG unverzüglich schriftlich aufzufordern, den rechtmäßigen Zustand
herzustellen sowie allenfalls eine Strafanzeige zu erstatten.
Zur Abwehr akuter Gefahren können sie weiters Verfügungen treffen.
Die Arbeitsinspektoren unterliegen einer besonderen Geheimhaltungspflicht.
20. Die Arbeitspflicht (Hauptleistungspflicht AN)
 Art und Umfang,
 Arbeitnehmerüberlassung * (siehe Punkt 12 „Arbeitsvertrag“ / Arbeitskräfteüberlassung)
 Befreiung von der Arbeitspflicht
Gemäß § 1153 ABGB sind die Dienst in eigener Person zu leisten. Der AN ist also verpflichtet, seine höchstpersönliche
Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, was eine Vertretung ausschließt.
Art und Umfang hängt primär von der vertraglichen Vereinbarung ab. Fehlen diese, sind „den Umständen
entsprechende, angemessene Dienste oder dem Ortsgebrauch angemessene Dienste zu leisten“ (vgl. § 1153 ABGB, § 6
AngG, u.a.).
Der Arbeitsvertrag gibt jedenfalls die äußerste Grenze der Verpflichtung des AN vor. Nur in Notfällen (z.B. Brand des
Betriebes) ist der AN verpflichtet, auch außerhalb seiner eigentlichen vertraglichen Verpflichtungen liegende
Dienstleistungen zu erbringen, dies ergibt sich aus der Treuepflicht des Arbeitsvertrages.
Bis auf wenige Sonderfälle (SchauspielerG, BAG) besteht kein einklagbares Recht auf Beschäftigung.
Eine Suspendierung, also eine Dienstfreistellung unter Entgeltfortzahlung, ist nicht verboten.
Bloß in jenen Bereichen, in denen das Unterbleiben der tatsächlichen Beschäftigung zu einem Qualitätsverlust oder zum
Verlust berufsspezifischer Berechtigungen führen würde (Ärzte, Piloten, Fußballer, etc.) wird ein Recht auf Beschäftigung
aus dem Arbeitsvertrag bejaht.
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21. Die Entgeltpflicht (Hauptleistungspflicht AG)
Arten des Entgelts, Remuneration (§ 16 AngG), Abgrenzung zu Wohlfahrtseinrichtungen,
Mitbestimmungsfragen
Unter Entgelt wird jede Art von Leistung verstanden, die dem AN für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft
gewährt wird. Dazu gehören nicht nur Lohn und Gehalt, sondern auch übliche regelmäßige oder außerordentliche
Leistungen wie Provision oder Akkord.
Dem stehen sogenannte entgeltferne Leistungen gegenüber, wie vergünstigte Theaterkarten oder FitnesscenterMitgliedschaften).
Die Aufwandsentschädigung ist vom Entgelt zu unterscheiden, dazu gehören Kilometergeld, Diäten für Dienstreisen,
etc. Diese Unterscheidung ist besonders für die Entgeltfortzahlung bei Unterbleiben der Arbeitsleistung von Bedeutung,
sie müssen nicht fortgezahlt werden.
Die Entgelthöhe lässt sich dem Arbeitsvertrag entnehmen. Es muss keines vereinbart werden, ist jedoch in der Praxis
nicht wirklich vorhanden. Wenn keines vereinbart, wird ein Angemessenes angenommen. Ein gesetzlicher Mindestlohn
existiert in Ö nicht, jedoch regeln KV meist ein „Mindestlohnniveau“, welches relativ Zwingen ist.
Überlassenen AN steht ebenfalls ein übliches, monatliches Gehalt zu. Grundsätzlich ist KV des Überlassers wichtig,
unterliegt dieser keinem KV, so ist der KV des Beschäftigerbetriebes anzuwenden (inkl. Mindestentgelt).
Fälligkeit (§§ 1154 ABGB, 77ff GewO, 15 AngG)
Das Entgelt ist von Gesetz wegen erst nach Erbringung der geschuldeten Dienste zu entrichten. Das
bereits verdiente Entgelt wird jedenfalls mit Beendigung des Dienstverhältnisses fällig.
Entgeltformen
Es gibt Geldlohn (dazu auch Bargeldlose Überweisung) und Naturallohn (alles, was nicht Geldlohn ist).
Naturallohn sind also nicht nur Sachleistungen (Nahrung, Essensmarken, etc.), sondern auch die Dienstwohnung.
Strukturell kann zwischen drei (frei kombinierbaren) Arten von Lohn unterschieden werden:
 Zeitlohn bemisst sich nach der Dauer, ohne Rücksicht auf den erzielten Arbeitserfolg
 Leistungslohn misst sich an dem vorher vereinbarten Erfolg oder der Leistung
 Erfolgslohn hängt mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Firma zusammen (Gewinnbeteiligung, Aktien)
Die in der Praxis sehr häufige Remuneration (Weihnachts- und Urlaubsgeld) sind gesetzlich nicht vorgesehen. Wegen der
steuerrechtlichen Privilegierung aber quasi überall vorhanden, zumindest in Österreich.
Die Mitwirkungsrechte der Belegschaft in Entgeltfragen
Entgeltfestsetzung
Leistungslöhne können nur mit Zustimmung des Betriebsrates im Wege einer notwendigen, fakultativen
Betriebsvereinbarung eingeführt werden.
Durch erzwingbare, disponible Betriebsvereinbarungen können nur Einzelfragen geregelt werden.
Auf gewöhnlichen Zeitlohn hat der Betriebsrat keinen Einfluss. In der Praxis kommt es jedoch häufig zu „freien
Betriebsvereinbarungen“.
Entgeltabrechnung und Entgeltauszahlung
Durch disponible erzwingbare Betriebsvereinbarung kann die Art der Entgeltabrechnung, insb. Zeit und Ort der
Auszahlung, geregelt werden. Überdies kann der Betriebsrat die Richtigkeit des ausgezahlten Entgeltes überwachen.
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Ansprüche auf Entgelt, Auslagenersatz und Rückzahlung von Vorschüssen verjähren in drei Jahren, kürzere Fristen
können vereinbart werden.
Verfallsklauseln in Kollektiv- und Arbeitsverträgen beziehen sich auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, auch auf
die Kündigungsentschädigung, die an und für sich nicht verkürzt werden darf (6 Monate laut Gesetz). Der OGH sieht die
Verfallsklauseln als zulässig an, wenn der AN insgesamt besser gestellt wird.
Entgeltschutz
Da der AN idR auf sein regelmäßiges Arbeitseinkommen angewiesen ist, trifft die Rechtsordnung verschiedene
Vorkehrungen, die bewirken sollen, dass dieses dem AN auch tatsachlich zukommt.
Rückzahlungsbeschränkungen
Irrtümliche Mehrleistungen
Der AG kann vom AN irrtümlich bezahltes Entgelt nicht zurückfordern, wenn dieser die Bezüge im guten Glauben
empfangen und verbraucht hat; dies gilt nur für Leistungen mit Unterhaltscharakter (nicht etwa für Abfertigungen) in
der Höhe des tatsachlichen Unterhaltsbedürfnisses.
Ausbildungskosten
Rückzahlungsverpflichtungen bei verschuldeter Auflösung des Arbeitsverhältnisses können als Konventionalstrafen
aufgefasst werden. Problematisch sind Rückzahlungsklauseln für den Fall der Selbstkündigung des AN.
Solche Vereinbarungen sind sittenwidrig, wenn sie rechtlich geschützte Interessen des AN grob verletzen (etwa, weil die
Kosten in keinem Verhältnis zum Arbeitseinkommen stehen oder die Ausbildung für den AN außerhalb des
Unternehmens wertlos ist).
Eine Rückzahlungsverpflichtung bedarf einer schriftlichen Vereinbarung. Rückersatzfähig sind nur die Kosten einer
„erfolgreichen“ Ausbildung, es sei denn, der AN hat den Erfolg schuldhaft vereitelt. Weiters ist der während der
Ausbildung fortgezahlte Lohn rückerstattungsfähig, wenn der AN in dieser Zeit von der Dienstleistung freigestellt ist und
der AN zur Ausbildung nicht verpflichtet ist.
22. Nebenpflichten
 Wesen / Inhalt
 Sanktionen, insbesondere Treuepflicht und Fürsorgepflicht
Treuepflichten AN
Treupflicht nicht in persönlicher oder ethischer Hinsicht, sondern um eine umfassende Verpflichtung betriebliche
Interessen des AG zu schützen. Wesentliche Treuepflichten sind:
 die Beistands und Anzeigepflicht

die Verschwiegenheitspflicht

das Verbot von der Arbeitserbringung abträglichen Nebentätigkeiten / -beschäftigungen

die Geschenkannahme

als Gehorsamspflicht die Pflicht Weisungen des AG nachzukommen

Für Angestellte: Konkurrenzverbot (§7 AngG) - das Verbot, ohne Bewilligung des AG ein selbstständiges
kaufmännisches Unternehmen zu betreiben oder im Geschäftszweig des AG für eigene oder fremde Rechnung
Handelsgeschäfte zu treiben. Dies gilt nicht für Arbeiter.
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Schon im Anbahnungsverhältnis ergeben sich Treuepflichten. Nämlich solche, die nicht notwendigerweise ein aufrechtes
Arbeitsverhältnis bedürfen. Sollte dann kein Vertrag zustande kommen, dürfen eventuell erworbene
Betriebsgeheimnisse nicht verbreitet werden.
Auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht eine "nachwirkende Verschwiegenheitspflicht". Wenn zudem
noch eine "Konkurrenzklausel" im Arbeitsvertrag (nach § 36 AngG) festgelegt wurde, so kann der AN nach Beendigung
des Dienstverhältnisses in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt werden.
Im außerdienstlichen Verhalten kommt in der Regel keine Beschränkung vor, außer bei besonderen Umständen (siehe
Kapitel Weisungen).
Umfang und Qualität der Treuepflichten sind nicht exakt definierbar, sie hängen von den individuellen
Arbeitsverhältnissen ab. Von einem Hilfsarbeiter werden Minimalerfordernisse der Treuepflicht verlangt, von einem AN
höheren Ranges naturgemäß mehr.
Die grobe Verletzung der Treuepflicht bildet einen wichtigen Grund zur fristlosen Entlassung.
Fürsorgepflicht AG
Im Gegensatz zur Treupflicht der AN kennt das Gesetzt für Fürsorgepflichten ausdrückliche Vorschriften:
§ 1157 ABGB, § 18 AngG. Demnach hat der AG grundsätzlich Art und Weise sowie Umstände der Leistungserfüllung des
AN so zu gestalten, dass Gesundheit und Eigentum geschützt werden.
Näher ausgeformt im ASchG, MSchG, etc. Außerdem obliegt dem AG der Schutz der Persönlichkeitsrechte des AN.
Bei schwerwiegenden Verletzungen der Fürsorgepflicht wird der AN seine Leistung verweigern dürfen.
23. Urlaub







Wesen
Entstehung und Realisierung
Dauer Urlaubsentgelt
unverbrauchter Urlaub
Erkrankung im Urlaub
Verjährung
Pflegefreistellung
Wesen und Funktion (Urlaubsgesetz (UrlG))
Der Urlaub ist eine relativ junge Einrichtung. Diente er anfangs bloß zur Erholung des AN, so ist er heute ein Instrument
der Arbeitszeitverkürzung. Er lässt sich definieren als eine bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht auf bestimmte
Zeit.
Er ist ein eigenständiger, höchstpersönlicher Anspruch aus dem Arbeitsvertrag.
Entstehung und Dauer des Urlaubsanspruches
Der Urlaubsanspruch entsteht in vollem Umfang mit dem Beginn jedes Urlaubsjahres. Lediglich in den ersten sechs
Monaten des Arbeitsverhältnisses entsteht er nur aliquot zur zurückgelegten Dienstzeit.
Der Urlaubsanspruch wird nur in bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Fällen verkürzt (z.B. bei Karenzurlaub).
Die Mindestdauer beträgt 30 Werktage pro Arbeitsjahr, nach 25 Arbeitsjahren beträgt sie 36 Werktage.
Als Werktag gilt jeder Kalendertag, der nicht Sonn- oder gesetzlicher Feiertag ist, auch wenn an diesem Tag nach dem
Arbeitsvertrag keine Arbeitspflicht besteht. Werden Urlaubsteile tageweise verbraucht, so hat die Berechnung nach
Arbeitstagen zu erfolgen, wobei fünf Arbeitstage sechs Werktagen entsprechen.
Das Arbeitsjahr beginnt normalerweise mit dem ersten Tag des laufenden Arbeitsvertrages.
Die Berechnung kann durch KV, BV oder – unter Berücksichtigung des Günstigkeitsprinzips – auch durch den
Arbeitsvertrag auf einen anderen Jahreszeitraum umgestellt werden.
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Die Realisierung des Urlaubsanspruches
Die Festlegung der Dauer und der Lage des Urlaubs hat durch individuelle Vereinbarung zwischen AN und AG zu
erfolgen. Der BR darf also keinen Betriebsurlaub für alle AN vereinbaren, außerdem ist zu beachten, dass
(1) der Urlaub nur einheitlich oder in zwei Teilen verbraucht werden darf und
(2) dass „die Erfordernisse des Betriebes und die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers“ zu
berücksichtigen sind.
Nichtig sind Vereinbarungen des Urlaubes für einen Zeitraum, an dem der AN an der Arbeitsleistung – bei
Entgeltfortzahlung – verhindert wird.
Betriebs- und Werksurlaube sind nur zulässig, wenn alle AN zustimmen, was für zumindest einen Teil des Jahresurlaubes
auch bei Abschluss des Arbeitsvertrages möglich ist. (CB „mündliche Prüfungsfragen“)
Die häufige Praxis, Urlaub nur tageweise in Anspruch zu nehmen, wird als zulässig erachtet, sofern dies vom AN selbst
gewollt ist.
Das Urlaubsentgelt
Das Urlaubsentgelt richtet sich nach dem Entgeltausfallsprinzip und ist bei Antritt des Urlaubs für die gesamte Dauer zu
zahlen.
Die Urlaubsablöse
Vereinbarungen, nach denen der AN auf die Urlaubskonsumation im Austausch für eine Vermögenswerte Leistung
verzichtet, sind nichtig.
Grundsätze über die Vergütung nichtverbrauchten Urlaubs
Wird ein Arbeitsverhältnis beendet, so steht dem AN eine Ersatzleistung für noch nicht verbrauchten Urlaub zu. Für den
aliquoten Urlaubsanspruch gebührt ihm eine Leistung im Ausmaß des bei Naturalverbrauchs zu leistenden
Urlaubsentgelts. Diese gebührt nicht, wenn der AN ohne wichtigem Grund vorzeitig austritt. In diesem Fall sowie wenn
er eine Entlassung verschuldet hat, muss der AN zu viel bezogenes Urlaubsentgelt rückerstatten. Die
Urlaubsersatzleistung ist vererblich.
Die Verjährung
Ein Urlaubsanspruch verjährt nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende jenes Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist.
Diese Bestimmung ist unabdingbar.
Aufzeichnungspflichten
Die zur Erreichung des Urlaubsausmaßes erforderlichen Daten sowie Angaben über den tatsächlichen Urlaubsverbrauch
müssen in schriftlichen Aufzeichnungen enthalten sein.
Erkrankungen während des Urlaubs
Die Arbeitsunfähigkeit des AN infolge einer Erkrankung oder eines Unfalls während des Urlaubs verkürzen diesen nicht;
dem AG steht Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu. Die Nachholung der Urlaubstage muss erneut vereinbart werden.
Voraussetzung ist, dass dem AN an der Arbeitsunfähigkeit kein schweres Verschulden trifft und dass die
Arbeitsunfähigkeit mindestens vier Tage gedauert hat.
Das Bauarbeiter-Urlaubsrecht (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG))
Viele Bauarbeiter wechseln häufig ihren AG, weshalb für sie ein eigenes Urlaubssystem entwickelt wurde.
Jeder Bauarbeiter erwirbt pro Beschäftigungswoche Anwartschaften auf Urlaub. Sobald er über 47
Anwartschaftswochen verfügt, gebührt ihm ein Urlaub von 30 Werktagen. Sein Anspruch auf Urlaubsentgelt richtet sich
dabei an die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, in die jeder AG einzahlt.
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Pflegefreistellung
Die Pflegefreistellung ist zwar im Urlaubsgesetz geregelt, jedoch kein Urlaubsanspruch, sondern ein sondergesetzlich
geregelter Anspruch auf Dienstfreistellung aus wichtigen in der Person des AN gelegenen Gründen unter Fortzahlung
des Entgelts.
Für die Inanspruchnahme der Pflegefreistellung ist daher keine Vereinbarung mit dem AG erforderlich.
Liegen die Anspruchsvoraussetzungen vor, hat der AN dem AG lediglich mitzuteilen, dass er/sie Pflegefreistellung in
Anspruch nimmt und für das Vorliegen den entsprechenden Nachweis zu erbringen. Bei der Art des Nachweises der
Pflegebedürftigkeit hat der AN freie Wahl (bloße Mitteilung, ärztliches Attest).
Die Pflegefreistellung kann bei Bedarf tageweise, aber auch nur stundenweise in Anspruch genommen werden. Bei
ungerechtfertigter Inanspruchnahme der Pflegefreistellung setzt der AN einen Entlassungsgrund.
Zu unterscheiden ist zwischen
 (Erweiterte) Pflegefreistellung im Krankheitsfall
 Pflegefreistellung zur Betreuung eines Kindes
 Pflegefreistellung zur Begleitung eines erkrankten Kindes bei Krankenhausaufenthalt
24. Arbeitszeit





Höchstgrenzen
Überstunden
Ruhegrenzen
Ruhezeiten
Gestaltungsmöglichkeiten (Gleitzeit etc.) *
Der AN hat seine Arbeitskraft dem AG vereinbarungsgemäß nach Zeitabschnitten zur Verfügung zu stellen.
Der Gesetzgeber schützt die AN durch öffentlich-rechtliche Normen (AZG, KA-AZG und ARG).
AZG (bzw. KA-AZG) regelt das Ausmaß der täglichen und wöchentlichen Normalarbeitszeit, sowie die tägliche
Mindestruhe. Das ARG regelt die wöchentliche Mindestruhezeit und die Sonn- und Feiertagsruhe.
Leitende Angestellte werden von allen drei Gebieten ausgenommen.
Sie stecken den äußerst möglichen Rahmen ab, KV, BV und Arbeitsvertag legen die spezifische Arbeitszeit fest.
In eng abgesteckten Grenzen kann der AG durch Weisung eine Änderung der vereinbarten Normalarbeitszeit
herbeiführen:
 Die Änderung muss objektiv gerechtfertigt sein,

wichtige Interessen des AN dürfen dem nicht entgegenstehen und

die Änderung muss mindestens zwei Wochen im Vorhinein mitgeteilt werden.
Arbeitsinspektorate kontrollieren die Einhaltung und können mittels Verwaltungsstrafen sanktionieren.
Der Begriff der Arbeitszeit
Arbeitszeitschutzrecht
Als „Arbeitszeit“ i.S. des AZG gilt die Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit, ohne Wegzeiten und Ruhepausen.
Offen bleibt, welche Zeiten zur „Arbeit“ gehören.
Ruhezeiten, in denen der AN völlig frei über einen Aufenthaltsort und sein Verhalten entscheiden kann sind ebenso
unproblematisch wie die s.g. Vollarbeit.
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Arbeitsbereitschaft, während der sich der AN an einer vom AG bestimmten Stelle aufzuhalten hat und jederzeit bereit
sein muss, die Arbeitsleistung aufzunehmen, gilt als Arbeitszeit, sofern erfahrungsgemäß häufig mit der
Arbeitsaufnahme zu rechnen ist (durch Rspr definiert).
Auch Bereitschaftsdienst, bei dem der AN im Betrieb anwesend sein muss, um sich für einen eher seltenen
Arbeitseinsatz bereit zu halten, währenddessen er aber tun kann was er will, zählt zur Arbeitszeit. Der Gesetzgeber lässt
aber eine Ausdehnung der Arbeitszeit zu.
Bei der Rufbereitschaft kann der AN seinen Aufenthaltsort selbst wählen, sofern er den Arbeitsort innerhalb einer
vereinbarten Zeit erreichen kann. Diese sowie die Reisezeiten zählt der OGH zu der „Arbeitszeit im weitesten Sinn“,
nicht aber zur Kernarbeit. Hierfür existieren eigene Höchstgrenzen.
Zu unterscheiden sind hier
aktive Reisezeiten: Der AN arbeitet während der „Reise“ (Busfahren, Taxifahren, Durchsicht von Unterlagen während der
Fahrt)
passive Reisezeiten: Der AN reist lediglich, arbeitet aber nicht (Schlafen im Flugzeug).
Zulässige Arbeitszeit (Arbeitszeitgesetz (AZG), Arbeitsruhegesetz (ARG))
Normalarbeitszeit = Arbeitszeit ohne Überstunden, darüber hinaus redet man von Überstunden, die grundsätzlich
erhöht abgegolten werden müssen (50% Vollzeit / 25% Teilzeit).
Überstunden
Eine Überstunde ist entweder jede Überschreitung der wöchentlichen Normalarbeitszeit oder auch jede
Überschreitung der regelmäßigen vereinbarten Tagesarbeitszeit. Sie fallen relativ kurzfristig an.
Überstundenarbeit kann nur vorliegen, wenn die Mehrarbeit vom AG angeordnet oder zumindest geduldet und
entgegengenommen werden. Überstunden dürfen nur zur Bewältigung eines erhöhten Arbeitsbedarfes angeordnet
werden sowie nur, wenn keine berücksichtigungswürdigen Interessen des AN (z.B. Familienpflichten) entgegenstehen.
Grundsätzlich dürfen höchstens
(1) fünf Überstunden pro Woche,
(2) 60 pro Jahr und
(3) eine halbe Stunde täglich für Vor- und Abschlussarbeiten angeordnet werden.
Der KV kann zusätzlich fünf (oder zehn) Überstunden wöchentlich gestatten, darüber hinaus ist das
Arbeitsinspektorat zuständig.
Bei der Vergütung von Überstunden ist grundsätzlich ein Aufschlag von 50% (25% bei Teilzeit) zu bezahlen, inklusive aller
Aufschläge wie Schutz-, Gefahren- oder Nachtzulage. Alternativ kann auch Zeitausgleich genommen werden. Ein Verbot
von Zeitausgleich darf vereinbart werden.
All-in-Verträge sind Pauschalentlohnung von Überstunden. Eine gesonderte Entlohnung wird ausgeschlossen.
Absolute Höchstgrenzen
Die Tagesarbeitszeit darf grundsätzlich 10 Stunden, die Wochenarbeitszeit 50 Stunden nicht überschreiten. Andere
Grenzen gelten etwa nach dem KA-AZG.
Die Schutzbestimmungen des Arbeitszeitrechts gelten nicht für Notfälle. Darunter sind unmittelbare gesundheitliche
Gefahren sowie unvorhergesehener, großer wirtschaftlicher Sachschaden (z.B. Verderben von Gütern) zu verstehen.
Zulässige Normalarbeitszeit
Die wöchentliche Normalarbeitszeit darf 40, die tägliche 8 Stunden nicht überschreiten. Der KV kann die tägliche
Normalarbeitszeit auf 10 Stunden erhöhen, die Wöchentliche aber nicht.
Wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang in die Arbeitsbereitschaft fällt, so kann der
Kollektivvertrag eine Verlängerung der wöchentlichen Normalarbeitszeit auf 60 Stunden, der tägliche Normalarbeitszeit
auf 12 Stunden zulassen. Eine Betriebsvereinbarung kann dies auch tun, wenn sie der KV dazu ermächtigt oder kein KV
anwendbar ist. Mangels KV und Betriebsrat kann das Arbeitsinspektorat eine Ausdehnung zulassen.
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Der KV kann grundsätzlich weniger vereinbaren, als der Gesetzgeber, zum Beispiel 38,5 Stunden. Die Differenz zwischen
AZG und KV sind sog. „Differenzstunden“. Sie müssen nicht erhöht abgegolten werden.
Wichtig ist dies bei Teilzeit: Mehrstunden fallen bis zur 40 Stunden Grenze eben unter diese Differenzstunden.
Flexible Normalarbeitszeiten
Sogenannte „Durchrechnungsmodelle“ für die wöchentliche Normalarbeitszeit ermöglichen eine ungleichmäßige
Verteilung der Normalarbeitszeit über längere Zeiträume und damit eine Vermeidung von Überstunden. Wichtig dabei
ist der Schnitt von 40 Stunden pro Woche, spezifisch in einer Woche kann es aber auf bis zu 50 Stunden kommen.
Arbeitnehmer im Handel
Für AN des Handels kann die wöchentliche Normalarbeitszeit bis zu 44 Stunden betragen, sofern im
Durchrechnungszeitraum von vier Wochen 40 Stunden nicht überschritten werden.
Die tägliche Normalarbeitszeit darf neun Stunden nicht überschreiten.
Zulassung durch Kollektivvertrag
Für alle anderen AN kann durch KV zugelassen werden, dass die Normalarbeitszeit in einem Durchrechnungszeitraum bis
zu 8 Wochen auf 50 Stunden, bei einem Durchrechnungszeitraum bis zu 52 Wochen auf 48 Stunden ausgedehnt wird.
wenn sie im Durchschnitt 40 Stunden nicht überschreitet. Die tägliche Normalarbeitszeit darf neun Stunden nicht
überschreiten, der KV kann aber auch zehn Stunden zulassen.
Arbeitnehmer im Schichtbetrieb
Schichtarbeit liegt vor, wenn zwei oder mehrere AN ihre Tagesarbeit an ein und demselben Arbeitsplatz zeitlich
hintereinander erbringen.
Bei mehrschichtiger Arbeitsweise ist ein Schichtplan zu erstellen; innerhalb des Schichtturnus bzw. des im KV
vereinbarten Durchrechnungszeitraumes darf die wöchentliche Normalarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten.
Bei s.g. Vollkontinuierlichem Schichtbetrieb, bei dem die Arbeit auch Sonn- und Feiertags durchgeführt wird, darf die
tägliche Normalarbeitszeit 12 Stunden, ansonsten 9 Stunden betragen.
Dekadenarbeit
Für AN in im öffentlichen Interesse betriebenen Großbaustellen oder in der Lawinen- und Wildbachverbauung kann der KV einen
zweiwöchigen Durchrechnungszeitraum gestatten, bei der die wöchentliche Arbeitszeit auch 50 Stunden überschreiten darf, sofern
der Schnitt von 40 Stunden eingehalten wird. Die tägliche Normalarbeitszeit beträgt maximal neun Stunden.
Arbeiten mit besonderen Erholungsmöglichkeiten
Besteht die Arbeitszeit überwiegend aus Arbeitsbereitschaft und bestehen für den AN besondere Erholungsmöglichkeiten, so kann der
KV die Betriebsvereinbarung ermächtigen, eine Ausdehnung
der täglichen Normalarbeitszeit auf 24 Stunden zuzulassen.
Der Schnitt darf 60 Stunden nicht überschreiten, in einzelnen Wochen sind maximal 72 Stunden
zulässig.
Gleitende Arbeitszeit
Bei der gleitenden Arbeitszeit kann der AN selbst wählen, zu welcher Uhrzeit er seinen Arbeitstag beginnt und beendet.
Üblicherweise muss er zur s.g. Kernzeit anwesend sein, weiters werden dem AN Grenzen gesetzt, wann er frühestens
mit der Arbeit beginnen bzw. sie spätestens beenden muss.
Die Gleitzeit muss per Betriebsvereinbarung oder mangels Betriebsrat schriftlich mit den AN vereinbart werden.
Die tägliche (fiktive) Normalarbeitszeit beträgt maximal zehn Stunden, die wöchentliche 40 Stunden.
Rufbereitschaft und Reisezeit
Rufbereitschaft außerhalb der Arbeitszeit darf grundsätzlich nur an zehn Tagen pro Monat vereinbart werden. Muss der
AN während der Rufbereitschaft Arbeiten verrichten, darf die Tagesarbeitszeit auf zwölf Stunden ausgedehnt werden.
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Hat der AN während einer Reisezeit keine Arbeiten zu verrichten, so wird diese nicht auf die Höchstdauer der Arbeitszeit
angerechnet. Bestehen ausreichend Erholungsmöglichkeiten kann zudem die tägliche Ruhezeit verkürzt werden.
Ruhezeiten
Ruhepausen
Eine Ruhepause, die nicht zur Arbeitszeit zählt, ist nach sechs Stunden vorgesehen und beträgt eine halbe Stunde (mit
Zustimmung des Betriebsrates ist eine Teilung möglich). Bei vollkontinuierlicher Wechselschicht sind stattdessen
Kurzpausen vorgesehen, die als Arbeitszeit gelten.
Tägliche Ruhezeit
Zwischen dem Ende einer Tagesarbeit und dem Antritt der nächsten muss eine, der Erholung dienende, geschlossene
Unterbrechung der Arbeit von mindestens elf Stunden liegen.
Wöchentliche Ruhezeit
Einmal in jeder Arbeitswoche muss dem AN eine längere ununterbrochene Erholungsmöglichkeit
gewährt werden: sie muss mindestens 36 Stunden betragen und einen ganzen Kalendertag einschließen. Entspricht die
Arbeitswoche der Kalenderwoche, so ist der Sonntag freizugeben (= Wochenendruhe).
Ergibt sich die Notwendigkeit, dass der AN während der eingeteilten Ruhezeit zur Arbeitsleistung herangezogen werden
muss, so ist ihm in der folgenden Arbeitswoche Ersatzruhe zu gewahren, sofern das Gebot der 36-stundigen Ruhezeit
verletzt wurde.
Sonn- und Feiertagsruhe
Grundsätzlich ist Sonn- und Feiertagsarbeit verboten. Das ARG enthalt jedoch eine Vielzahl von
Ausnahmen (z.B. erforderliche Wartung, Bewachung; AN auf Märkten und Messen; unaufschiebbare Arbeiten zur
Abwehr drohender Gefahren).
Sonderbestimmungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen
Lenker und Beifahrer von Kraftfahrzeugen
Nach einer EG-Verordnung darf die tägliche Lenkzeit neun Stunden, zweimal die Woche zehn Stunden nicht überschreiten. Die
wöchentliche Lenkzeit darf maximal 56 Stunden betragen. Nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden hat der Fahrer eine
Lenkpause von 45 Minuten einzulegen.
Mütter
Das MSchG enthält ein generelles Arbeitsverbot für werdende und stillende Mutter zwischen 20 und 6 Uhr; die wöchentliche
Höchstarbeitszeit beträgt 40 Stunden, Sonn- und Feiertagsarbeit ist verboten.
Jugendliche
Das KJBG beschrankt die Tagesarbeitszeit mit maximal acht, die Wochenarbeitszeit mit 40 Stunden. Ein KV kann die Durchrechnung
gestatten.
Weiters besteht ein grundsätzliches Verbot der Nachtarbeit sowie der Sonn- und Feiertagsarbeit.
Bedienstete des öffentlichen Verkehrs
Für AN des öffentlichen Verkehrs existieren zahlreiche Sonderbestimmungen.
Teilzeitarbeit
Teilzeitarbeit liegt vor, wenn die mit einem AN vereinbarten Wochenarbeitszeit die gesetzliche oder kollektiv
vereinbarte Normalarbeitszeit im Durchschnitt unterschreitet.
Das Ausmaß der Teilzeitarbeit ist zwingend zu vereinbaren, was aber auch konkludent geschehen kann.
Unzulässig sind Vereinbarungen, die dem AG eine freie Gestaltung über Dauer und Lage der Arbeitszeit einräumen.
Stattdessen ist eine angemessene Teilzeitarbeit anzunehmen.
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25. Entgeltanspruch ohne Arbeitsleistung




Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit bzw. Unglücksfall (§ 1155 ABGB)
persönliche Verhinderung
Betriebsratstätigkeit
Entgeltausfallsprinzip
Grundsätzlich kann eine Partei eines synallagmatischen Vertrages die Gegenleistung nur fordern, wenn sie die eigene
Leistung zu leisten bereit ist. Die Besonderheiten des Arbeitsvertrages verlangen aber weitreichende Ausnahmen von
diesem Grundsatz.
In Betracht kommen Einwirkungen, die den AN physisch daran hindern, seine Arbeitspflicht zu erfüllen sowie
Unzumutbarkeit im Hinblick auf die notwendige Erfüllung höherwertiger Verpflichtungen. Es ist jedenfalls eine
Interessenabwägung durchzuführen.
Geprüft wird nach der „Sphärentheorie“ (Welcher Sphäre - AN oder AG - ist die Schuld zuzuweisen?)
Konnte der AN seine Arbeit nicht anbieten, so ist zu prüfen, ob der AN für den Eintritt des Hinderungsgrunds
verantwortlich ist. Bereits leichte Fahrlässigkeit schadet (außer bei leicht fahrlässiger Herbeiführung einer Erkrankung).
Kann der AG hingegen die angebotene Arbeit nicht verwerten und fallen die Hinderungsgründe in seinen
Verantwortungsbereich, so ist er zur Entgeltfortzahlung verpflichtet (§ 1155 Abs.1 ABGB).
Der AN muss sich dabei aber Kostenersparnisse oder andere Erwerbseinkommen anrechnen lassen (§ 1155 Abs. 2
ABGB).
Fällt ein Ereignis in die neutrale Sphäre (quasi „vis maior“), so erhält der AN grundsätzlich kein Entgelt (Z.B. Seuchen,
Bürgerkrieg, etc.). Der OGH tendiert allerdings dazu zum Beispiel bei heftigem Schneefall doch Entgelt zuzusprechen.
Die meisten Entgeltfortzahlungsansprüche sind unabdingbar und folgen dem Entgeltausfallsprinzip: der AN soll so
gestellt werden, als hätte er die ausgefallene Arbeit tatsächlich erbracht. Berechnungsgrundlage ist das „regelmäßige
Entgelt“, das etwa auch Zulagen und zu erwartende Überstundenvergütungen umfasst.
Zur Berechnung der Höhe des Entgelts ist der Durchschnitt der letzten 13 voll gearbeiteten Wochen unter Ausscheidung
nur ausnahmsweise geleisteter Arbeit heranzuziehen.
Wegen der Umgehung der Zielsetzung der Entgeltfortzahlungsbestimmungen jedenfalls unzulässig sind sog.
„Anwesenheitsprämien“, dh Entgeltteile, die nur dann zustehen, wenn der AN seine Arbeitsleistung tatsächlich erbringt.
Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit/Krankheitsfall
Gemeinsame Bestimmungen für Arbeiter und Angestellte (§ 8 AngG, EFZG, § 1154b ABGB)
Voraussetzung ist, dass der AN aus gesundheitlichen Gründen arbeitsunfähig ist.
Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Gesundheitszustand des AN so schlecht ist, dass er außerstande ist, seine Arbeit
zu verrichten oder dies nur unter der Gefahr einer Beeinträchtigung seiner Gesundheit tun könnte. Keine
Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der AN noch Teile seiner Arbeit leisten kann (etwa im Sitzen) und der AG diese
annimmt.
Die Arbeitsunfähigkeit ist dem AG unverzüglich mitzuteilen, auf Verlangen ist ein ärztliches Zeugnis vorzuweisen.
Unterlässt der AN dies schuldhaft, so verliert er für die Dauer der Säumnis den Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dieser
Anspruch steht weiters bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung der Arbeitsunfähigkeit nicht zu.
Endet das Arbeitsverhältnis während einer Erkrankung des AN, so ist das Entgelt fortzuzahlen, wenn der AN gekündigt
oder ohne Grund entlassen wurde oder der AG den Grund für den Austritt des AN schuldhaft gesetzt hat.
Das Angestelltenrecht (§ 8 AngG)
Die Dauer der Entgeltfortzahlung ist zeitlich begrenzt. Im Falle einer Ersterkrankung behält der AN seinen Anspruch für
sechs Wochen, hat sein Dienstverhältnis bereits fünf (15, 25) Jahre gedauert, so behält er ihn für acht (zehn, zwölf)
Wochen. Darüber hinaus steht dem AG für weitere vier Wochen das halbe Entgelt zu.
Als Folgeerkrankung gilt jede Arbeitsunfähigkeit des Angestellten, die innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten
nach Wiedereintritt des Dienstes nach der Ersterkrankung auftritt. Zusätzlich steht dem AN für jede Folgeerkrankung ein
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zusätzlicher Entgeltanspruch in gleicher Dauer, aber halber Höhe zu. Insgesamt kann pro Erkrankungsfall
Entgeltfortzahlung aber höchstens so lange begehrt werden wie im Ersterkrankungsfall.
Das Arbeiterrecht (Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG))
Das EFZG gilt für alle privatrechtlichen Arbeitsverhältnisse, für die keine Spezialgesetze (etwa das AngG) anzuwenden
sind.
Der Arbeiter behält den Entgeltanspruch für sechs Wochen; hat das Dienstverhältnis bereits fünf (15, 25) Jahre gedauert,
so verlängert sich der Anspruch auf acht (zehn, zwölf) Wochen. Weitere vier Wochen gebührt das halbe Entgelt.
Anders als bei Angestellten ist der Entgeltfortzahlungsanspruch auf das Arbeitsjahr bezogen.
Ist der Anspruch in einem Arbeitsjahr ausgeschöpft, so kann der AN keine weitere Entgeltfortzahlung verlangen.
Im Falle eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit steht dem AN aber in jedem Fall die Entgeltfortzahlung für acht
Wochen zu.
Entgeltfortzahlung bei sonstigen persönlichen Verhinderungen
Der AN besitzt Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er durch wichtige Gründe an der Dienstleistung verhindert ist.
Dies können z.B. Störungen öffentlicher Verkehrsmittel, behördliche Vorladung, Anwesenheit zwecks Behebung einer
Telefonstörung, Pflege von Ehegatten oder Kindern oder eine Teilnahme an einer Beerdigung sein. Voraussetzung ist,
dass der Hinderungsgrund notwendigerweise in die Arbeitszeit fällt.
Für Arbeiter ist der Entgeltanspruch durch Kollektivvertrag abdingbar.
Die Dauer des Entgeltfortzahlungsanpruches ist auf eine „verhältnismäßig kurze Zeit“ begrenzt, in der Regel wird eine
Woche zulässig sein.
Der AN hat dem AG die Verhinderung bei sonstiger Verwirkung des Anspruches unverzüglich anzuzeigen.
Pflegefreistellung siehe zwei Kapitel darüber (Urlaub).
26. Dienstnehmerhaftung, Risikohaftung des Arbeitgebers
Exkurs: Allgemeines Schadenersatzrecht (1295 ff ABGB)
Verschuldenshaftung (Umwälzung eines Schadens auf den rechtswidrig und schuldhaft Handelnden)




Schaden (ist Schaden entstanden?)
Kausalität ("Conditio sine qua non")
Rechtswidrig (Vertragswidrig, Strafrecht)
Verschulden (Ist der Schaden subjektiv vorwerfbar? - Fahrlässig oder Vorsatz)
Schaden
 Vermögensschaden (in Geld messbar: Behandlungskosten, Sachbeschädigung, etc.)
 Positiver Schaden (Beschädigung eines vorhandenen Rechtsgutes – zB kaputtes Auto)
 Entgangener Gewinn (Vernichtung einer Erwerbschance)
 Bloßer Vermögensschaden (keine absolut geschützten Rechtsgüter sind betroffen, nur bei Vertragsverletzungen)

Immaterieller (ideeller) Schaden (nicht in Geld messbar)
 Schmerzengeld
 Privatsphäre, etc.
Rechtswidrigkeit
Unterscheidung in deliktisch (ex delicto) und vertraglich (ex contractu).
- Beweislastumkehr (§1298 ABGB)
- Erfüllungsgehilfe (ex contractu - §1313a) statt Besorgungsgehilfe (ex delicto - §1315)
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- Bloßer Vermögensschaden wird nur bei vertraglich ersetzt.
Erfüllungsgehilfe haftet nur deliktisch, Anspruch gegen Gehilfen ist gesondert von Vertragspartner zu prüfen. Wenn Anspruch
gegen Erfüllungsgehilfen zu bejahen ist, dann haftet AG und Gehilfe solidarisch, AG könnte nach Bezahlung der Strafe gegen
Gehilfen regressieren (§1313 ABGB).
Verschulden
Ist das Verhalten subjektiv Vorwerfbar? Voraussetzung ist die Deliktsfähigkeit (Alter, Geisteszustand)




Leichte Fahrlässigkeit (hätte einem sorgfältigen Menschen gelegentlich auch passieren können)
Grobe Fahrlässigkeit (hätte einem sorgfältigen Menschen keinesfalls passieren können)
Vorsatz (wissentlich und willentlich gemacht oder nicht eingegriffen)
Sachverständigenhaftung (§1299 ABGB)
Erfüllungsinteresse – Vertrauensinteresse
Ist ein Vertrag zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses möglich gewesen, so haftet der Schuldner auf das Erfüllungsinteresse.
Das bedeutet der Vertragspartner ist so zu stellen, wie er bei der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages gestanden wäre
(Um wieviel wäre er reicher gewesen?).
Ist er von Anfang an unmöglich gewesen, so haftet der Schuldner nur auf das Vertrauensinteresse. Alle Aufwendungen, die
aufgrund des Vertrages gemacht wurden, müssen ersetzt werden. Das Vertrauensinteresse darf niemals höher sein, als das
Erfüllungsinteresse (hypothetisches Erfüllungsinteresse)
// Ende Exkurs Allgemeines Schadenersatzrecht
Allgemeines (Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG), Organhaftpflichtgesetz (OrgHG) Amtshaftungsgesetz (AHG))
Grundsätzlich ist nach allgemeinem Schadenersatzrecht zu prüfen. Der Anspruch wird aber in manchen Fällen zu Gunsten des
AN oder AG reduziert oder ausgeschlossen.
Die Schädigung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer
Die Grundlagen
Fügt der AN bei Erbringung der Arbeitsleistung seinem AG oder einem Dritten, der den AG belangen kann, einen
ersatzpflichtigen Schaden zu, so sieht das DHG bei bloßer Fahrlässigkeit eine Haftungsminderung vor. Der Grund liegt darin,
dass der AG den AN in seinem Interesse einsetzt, er Schäden einkalkulieren und auf Konsumenten überwälzen sowie weil die
Schadenshöhe dem AN oft nicht zuzumuten ist.
Das DHG gilt grundsätzlich für alle Dienstnehmer, sofern für sie keine spezielleren Regelungen existieren. Die
Haftungsentlastung gilt nur für Schlechterfüllung, nicht jedoch für Nichterfüllung. Unklar ist der erforderliche Zusammenhang
mit dem Arbeitsvertrag.
Geschützt sind jedenfalls jene Tätigkeiten, die unter Leitung und Verfügung des AG erfolgen, den vom AG erstrebten Erfolg
bewirken sollen und somit fremdnützig erbracht werden. Die dem AN durch das DHG eingeräumte Begünstigungen sind
gegenüber dem Arbeitsvertrag und der BV unabdingbar, gegenüber dem KV aber dispositiv.
Insgesamt überzeugt das DHG nicht, da viele AG auf die Durchsetzung ihrer Ansprüche verzichten, was zu einem Rückgang der
Sorgfalt führen kann.
Die unmittelbare Schädigung des Arbeitgebers
Schädigt der AN seinen AG unmittelbar, so ist nach dem Verschuldensgrad zu differenzieren. Keine Haftung trifft ihm, wenn
ihm lediglich eine entschuldbare Fehlleistung zur Last gelegt werden kann. Dabei handelt es sich um ein ganz geringfügiges
Versehen, das nur bei Anwendung „außerordentlicher Aufmerksamkeit“ abgewendet werden kann.
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Bei sonstiger fahrlässiger Schädigung des AN kann der Richter aus Gründen der Billigkeit die Ersatzpflicht des AN herabsetzen;
bei leichter Fahrlässigkeit sogar auf Null. Dazu ist eine Interessenabwägung vorzunehmen und insb. auf den Grad des
Verschuldens abzustellen. Weiters ist ein Mitverschulden des AG zu berücksichtigen.
Die mittelbare Schädigung des Arbeitgebers
Schädigt der AN einen Dritten und hat dieser einen Ersatzanspruch gegen den AG, so wird der AN nicht schlechter gestellt, als
ob er seinen AG unmittelbar geschädigt hätte.
Zu beachten sind verfahrensrechtliche Bestimmungen. Insb. muss der betroffene AG oder AN seinem Vertragspartner von
einem Verfahren berichten. Unterlässt er dies, verliert er u.U. seine Regressansprüche.
Außergerichtliche Bereinigung: Aufrechnung der Ansprüche des AG ist, sofern der AN nicht widerspricht, grundsätzlich
möglich, ebenso Vergleiche.
Erlöschen der Ansprüche: Ansprüche aus dem DHG bei leichter Fahrlässigkeit verjähren nach sechs Monaten nach Kenntnis
des Schadens und des Schädigers. Eine längere Frist kann vereinbart werden.
Vom Arbeitgeber verschuldete Personenschäden des Arbeitnehmers (§§ 333ff ASVG)
Für verschuldete Schäden an der Person des AN haftet der AG nur bei Vorsatz; für Fahrlässigkeit haftet er nur bei Einsatz eines
Verkehrsmittels, für dessen Betrieb eine erhöhte Haftpflicht besteht.
Für den Schaden soll die Haftpflichtversicherung einstehen. Die haftungsrechtliche Sonderstellung kommt auch einem
gesetzlichen oder bevollmächtigten Vertreter des AG, sowie jedem, der im Unfallzeitpunkt als Aufseher im Betrieb anzusehen
war, zu.
Von Arbeitnehmern verschuldete Personenschäden von Arbeitskollegen
Hat ein AN einen Arbeitsunfall/eine Berufskrankheit eines Arbeitskollegen verschuldet, so ist er diesem gegenüber voll zum
Schadenersatz verpflichtet. Eine Ausnahme besteht bei leichter Fahrlässigkeit, bei der der betreffende
Sozialversicherungsträger keinen Ersatzanspruch geltend machen darf (Ausnahme: Verkehrsmittel mit Haftpflicht).
Die Risikohaftung des Arbeitgebers
Ist mit der Arbeitsleistung eine Geschäftsbesorgung verbunden, sind auch die Bestimmungen über den
Bevollmächtigungsvertrag und damit § 1014 ABGB unmittelbar anzuwenden. Demnach muss der Geschäftsherr dem
Geschäftsbesorger den mit der Erfüllung des Auftrages verbundenen Schaden vergüten. Dies ist auch auf das Arbeitsverhältnis
anzuwenden.
Diese Haftung unterliegt einigen Beschränkungen. So bezieht sie sich nur auf „arbeitsadäquaten“ Sachschäden, die Aufgabe
muss ein erkennbares Risiko enthalten. Weiters bezieht sie sich nur auf (abstrakt) voraussehbare Schäden.
Fällt dem AN Mitverschulden zur Last, sind die Grundsätze des DHG anzuwenden.
Die Risikohaftung wie auch § 1014 ABGB sind abdingbar.
Die nach hM zulässige analoge Anwendung des § 1014 ABGB auf Schäden, die bei Erbringung bloß faktischer Dienste
entstehen, ist umstritten. Vielmehr sollte das DHG analog angewandt werden.
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27. Vertragsanpassung, Widerruf, Teilkündigung*
Eine Anpassung des Vertrages kann jederzeit durch einvernehmliche Vertragsänderung erfolgen.
Bestimmte Vertragsbestimmungen können aber auch mit dem Vorbehalt des einseitigen Widerrufs oder der
Teilkündigung ausgestattet werden, was zu einem einseitigen Gestaltungsrecht führt.
Diese Vorbehalte können sich nicht auf Hauptpflichten beziehen.
Selbstverständlich dient auch die Änderungskündigung der Vertragsanpassung. Auch die Lehre vom Wegfall der
Geschäftsgrundlage ist anwendbar, wenn auch praktisch wenig relevant. Lediglich bei befristeten Arbeitsverträgen ist mangels Kündigungsrecht ihre Anwendung denkbar.
28. Individual- und kollektivrechtliche Probleme des Betriebsübergangs

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
Vertragsübergang
Kündigung
Widerspruch
Schicksal von KollV und Betriebsvereinbarung
Haftung
Allgemeines (Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz (AVRAG))
Bis 1993 war zwischen einer Gesamtrechtsnachfolge (z.B. Erbgang) und der Einzelrechtsnachfolge (z.B. Kauf) zu
unterscheiden. Bei ersterem kam es damals wie heute zur Vertragsübernahme, bei letzterem war dazu eine
Dreiparteienvereinbarung nötig. Heute sieht das AVRAG, welches die EG-Betriebsübergangsrichtlinie umsetzt, den
Übergang aller Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber vor.
Die europarechtlichen Rahmenbedingungen
Die Betriebsübergangsrichtlinie ist auf den Übergang von Unternehmen(-steilen) bzw. Betrieben/Betriebsteilen auf
einen anderen Inhaber anwendbar. Sie betrifft den Übergang einer ihrer Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit.
Was darunter zu verstehen ist bereitet Probleme.
Dem EuGH zufolge muss geprüft werden, ob der neue Inhaber die bisherigen Tätigkeiten fortsetzt, ob er materielle
Aktiva (Gebäude, Betriebsmittel) übernimmt, ob Kundschaft und ob die Hauptbelegschaft übernommen wird.
Entscheidend ist dabei die tatsächlich übertragene Verfügungsgewalt, nicht die rechtliche Grundlage dieser
Übertragung; insb. ist keine Eigentumsübertragung notwendig.
Der Arbeitnehmerbegriff ist nach innerstaatlichem Recht zu bestimmen. Der Erwerber muss die in einem KV
vereinbarten Arbeitsbedingungen bis zur Kündigung oder bis zum Ende/Änderung des KV aufrechterhalten. Diese
Weitergeltung kann aber auf mindestens ein Jahr begrenzt werden.
Die Vertreter der betroffenen AN sind vom Übergang zu informieren.
Die Umsetzung der Richtlinie im österreichischen Recht
Betrieb und Betriebsteil
Die Rechtsfolgen bei Übergang eines Unternehmens, Betriebes oder Betriebsteils sind gleich, weshalb bloß zu fragen ist,
ob wenigstens ein Betriebsteil vorliegt, um das AVRAG anzuwenden.
Dazu wird zwischen Produktions- und Dienstleistungsbetrieben unterschieden. Bei ersterem müssen v.a. Betriebsmittel
übertragen werden, bei letzterem v.a. Kundenbeziehungen.
Die Ansprüche des Arbeitnehmers
Der Erwerber tritt als neuer AG in die Arbeitsverträge jener AN ein, die im übertragenen Betrieb(-steil) beschäftigt
waren. Laut EuGH ist dabei auf die organisatorische Eingliederung abzustellen.
Kündigungen wegen eines bevorstehenden Betriebs(teil)überganges sind nichtig.
Der Inhalt des Einzelarbeitsvertrages wird nicht verändert. Unterliegt der Erwerber einem anderen Kollektivvertrag als
der Veräußerer, so gilt fortan der neue KV.
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Eine Ausnahme besteht jedoch für den Fall, dass der bisherige KV ein höheres Entgelt verspricht; in diesem Fall steht
dem AN das bisherige Entgelt zu, das aber „eingefroren“ wird (bis der neuere KV ein höheres Entgelt zubilligt).
Hat der alte KV einen Bestandschutz (=Kündigungsschutz) vorgesehen, so geht dieser grundsätzlich verloren. In diesem
Fall kann der AN aber der Arbeitsvertragsübernahme widersprechen, was sinnlos ist, wenn der Veräußerer seinen
Betrieb einstellt. Nur in diesem Sonderfall wird der Bestandschutz Inhalt des Einzelarbeitsvertrages.
Schwierigkeiten treten auf, wenn der Erwerber keinem Kollektivvertrag unterliegt. Die Bestimmungen des alten KV sind
jedenfalls weiter anzuwenden, umstritten ist, ob dies auch für neu eintretende AN gilt.
Betriebsvereinbarungen gehen unter, wenn der Betrieb(steil) vollends Bestandteil eines bestehenden Betriebes wird,
ausgenommen solche Fragen, die in den neuen Betriebsvereinbarungen nicht geregelt sind.
Werden übernommene Betriebe mit bestehenden Betrieben des Erwerbers zu einem neuen Betrieb
zusammengeschlossen, so gehen alle Betriebsvereinbarungen unter; es besteht jedoch eine personenbezogene
Weitergeltung.
Verschlechtern sich als Folge eines Betriebsübergangs die in KV oder BV festgelegten Arbeitsbedingungen wesentlich, so
kann der AN dem Übergang zwar nicht widersprechen, wohl aber den Arbeitsvertrag außerordentlich kündigen. Dazu
muss er zwar die vorgesehenen Fristen einhalten, wird bezüglich seiner Ansprüche aber behandelt, als wäre er vom AG
gekündigt worden.
Fraglich ist, ob der AN ein allgemeines Widerspruchsrecht besitzt. Das AVRAG scheint dies zu verneinen, die
Einschränkung der Privatautonomie wird durch die Judikatur jedoch abgelehnt.
Haftungsfragen
Für Ansprüche gegen den Veräußerer, die vor dem Betriebs(teil)übergang begründet wurden, haftet neben dem
Veräußerer auch der Erwerber zur ungeteilten Hand. Unklar ist, ob der Veräußerer auch für die zukünftige Erfüllung der
von ihm eingegangenen Verpflichtungen haftet (z.B. für die Zahlung von Prämien).
29. Die Beendigung

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Erlöschen: Tod, Zeitablauf
Einvernehmliche Lösung
Lösung des Probedienstverhältnisses
Kündigung: Frist, Termin, Frühwarnsystem
allgemeiner und besonderer Kündigungsschutz
Vorzeitige einseitige Auflösung: Allgemeines
Entlassungsgründe, Entlassungsschutz; Austrittsgründe
Fehlerhafte Auflösung und Konsequenzen
Ansprüche bei vorzeitiger fehlerhafter Beendigung
Die Beendigungsmöglichkeiten des Arbeitsvertrages lassen sich einteilen in Erlöschen und Auflösung. Der Unterschied
besteht im Vorhandensein einer Willenserklärung.
Bei Beendigung des Arbeitsvertrages fallen nicht etwa alle Rechtsbeziehungen weg, vielmehr entstehen bloß keine
neuen Haupt- und Nebenpflichten mehr. Noch ausstehendes Entgelt bleibt ebenso weiter geschuldet wie bestimmte
Nebenpflichten aufrecht bleiben (z.B. Wahrung von Geschäftsgeheimnissen). Weiters entstehen bei Beendigung aber
auch neue Ansprüche.
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Kündigungsfristen sollen beide Parteien vor einer überraschenden Beendigung des Arbeitsvertrages schützen. Ein s.g.
Bestandschutz in Gesetzen und Kollektivverträgen soll dem AN besonderen Schutz gewähren.
Zur Durchführung des Bestandschutzes kann die Auflösung des Arbeitsvertrages durch ökonomische Anreize (z.B. durch
Abfertigungen) oder durch rechtliche Mittel (z.B. dadurch, dass der AG die Auflösung sachlich zu rechtfertigen hat)
erschwert werden.
Das Erlöschen des Arbeitsvertrages
Tod
Der Arbeitsvertrag endet mit dem Tod des AN; bei Tod des AG endet er hingegen nur, wenn der Vertrag auf Lebenszeit
des AG (auch konkludent) befristet war. Ein Ausbildungsverhältnis endet mit dem Tod des Ausbilders, wenn nicht
unverzüglich ein neuer bestellt wird.
Unmöglichkeit der Leistung
Selbst bei dauernder Unmöglichkeit der Leistung endet der Arbeitsvertrag grundsätzlich nicht automatisch.
Abweichendes gilt z.B. bei Verlust der Berechtigung zur Ausbildung von Lehrlingen.
Zeitablauf
Das befristete Arbeitsverhältnis endet durch Zeitablauf. Bei schwangeren AN ist eine Hemmung des Fristenlaufes vom
Zeitpunkt der Mitteilung der Schwangerschaft bis zum Eintritt des Beschäftigungsverbotes vorgesehen. Dies gilt nicht,
wenn die Befristung des Arbeitsvertrages gesetzlich vorgesehen oder sachlich gerechtfertigt ist (z.B. saisonal bedingt ist).
Die Auflösung des Arbeitsvertrages
Der Zugang der Auflösungserklärung
Bei einseitiger Vertragsauflösung ist die Annahme des Vertragspartners nicht erforderlich, es genügt, dass diesem die
Willenserklärung zugeht. Die sich dabei ergebenden Probleme sind nach allgemeinem Zivilrecht zu lösen.
Die einvernehmliche Lösung
Wie jeder Vertrag kann auch der Arbeitsvertrag im beiderseitigen Einvernehmen zu jedem beliebigen Zeitpunkt gelöst
werden.
Um den AN vor vorschnellem Handeln zu schützen, kann dieser verlangen, sich mit dem Betriebsrat beraten zu dürfen;
in Folge kann er einer einvernehmlichen Lösung erst nach Verstreichen von zwei Arbeitstagen zustimmen.
Bei bestimmten geschützten Personengruppen (z.B. Präsenzdiener, Lehrlingen) wird weiters eine Aufklärung über den
Kündigungsschutz durch das Arbeitsgericht verlangt.
Der Rücktritt vom Vertrag
Da eine rückwirkende Vernichtung des Arbeitsvertrages wenig sinnvoll erscheint, lässt der Gesetzgeber den Rücktritt nur
vor dem tatsächlichen Arbeitsantritt des AN zu, und zwar vor allem dann, wenn der AN einen Entlassungsgrund oder der
AG einen Austrittsgrund gesetzt hat oder aber über den AG der Konkurs eröffnet wurde.
Die Rechtswirkungen entsprechen weitestgehend den Regelungen über die vorzeitige Auflösung.
Die Beendigung des Probedienstverhältnisses
Während der Dauer eines Probedienstverhältnisses (max. 1 Monat) können beide Seiten den Arbeitsvertrag einseitig
auflösen. Die gesetzlichen Bestimmungen über den Kündigung- und Entlassungsschutz sind dabei nicht anwendbar.
Die Kündigung (§§ 1158ff ABGB, 20ff AngG, 77GewO)
Mittels Kündigung kann jeder Vertragspartner das Arbeitsverhältnis durch Willenserklärung einseitig zur Auflösung
bringen.
Im privaten Sektor gilt für beide Vertragsparteien der Grundsatz, dass die Kündigung keiner Begründung bedarf. Der
Gesetzgeber hat diesen Grundsatz zu Gunsten des AN aber eingeschränkt.
Das Recht zur Kündigung kann kollektiv und einzelvertraglich verändert, das des AG sogar ausgeschlossen werden.
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Unkündbare AN können vom AG in den Ruhestand versetzt werden, d.h. sie können bei Vorliegen der Voraussetzungen
für die Pensionierung gekündigt werden.
Nichtig sind gesetzeswidrige und sittenwidrige Kündigungen. Kündigungen zur Unzeit sind hingegen grundsätzlich
erlaubt.
Kündigungsfristen und Kündigungstermine
Kündigungsfrist ist der Zeitraum zwischen dem Zugang der Kündigungserklärung und dem vorgesehenen Endzeitpunkt
des Arbeitsvertrages. Sie ist üblicherweise eine Mindestfrist.
Der Kündigungstermin bezeichnet den vorgesehenen letzten Tag des Arbeitsvertrages (Endtermin).
Verschiedene Gesetze regeln die Kündigung unterschiedlich.
Das ABGB ist weitestgehend durch Kollektivverträge verdrängt.
Das AngG sieht für den AN kürzere Kündigungsfristen (ein Monat zum Ende jedes Kalendermonats) als für den AG vor.
Dieser hat eine Frist von sechs Wochen (je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses bis zu fünf Monaten) einzuhalten, wobei
die Fristen vertraglich auf bis zu sechs Monate ausgedehnt werden können (die Frist des AN darf dabei nie länger sein als
die des AG). Als Kündigungstermin steht dem AG nur das Ende jedes Quartals, nach Vereinbarung auch der 15. und der
Letzte jedes Monats zur Verfügung.
Vollendet der AN während einer Kündigungsfrist ein Dienstjahr, mit dem eine Verlängerung der Kündigungsfrist
verbunden ist, so gilt diese neue Kündigungsfrist, wenn am Tag des letztmöglichen Ausspruchs der Kündigung das
Dienstjahr bereits beendet war.
Der AN besitzt einen unabdingbaren Anspruch auf Kündigungsfreiheit, das vertraglich nicht beschränkt werden darf.
Durch die Einführung des Frühwarnsystems sind AG verpflichtet, eine größere Anzahl von Kündigungen vor deren
Ausspruch dem Arbeitsmarktservice mitzuteilen.
Bedingte Kündigungen
Bedingte Kündigungen, bei der der Eintritt der Kündigungswirkung von einer Erklärung des Vertragspartners abhängt,
sind grundsätzlich unzulässig, weil sie ihren Adressaten in Unsicherheit versetzen. Dies gilt nicht, wenn die Erfüllung der
Bedingung ausschließlich vom Willen des Kündigungsgegners abhängt (v.a. bei der Änderungskündigung).
Die vorzeitige Beendigung
Wie alle Dauerschuldverhältnisse kann auch der Arbeitsvertrag vorzeitig einseitig aufgelöst werden, wenn ein so
wichtiger Grund eintritt, dass der Vertragspartei die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht einmal bis zum Ablauf der
Befristung oder der Kündigungsfrist zugemutet werden kann.
Dabei muss die vorzeitige Auflösung unverzüglich vorgenommen werden. Jedoch ist es legitim, Ermittlungen
vorzunehmen und juristischen Rat vor Vertragsauflösung einzuholen.
Zu beurteilen ist, wie sich der Fehltritt auf das zukünftige Verhältnis der Vertragsparteien auswirkt.
So kann ein lange zurückliegendes Fehlverhalten seine Bedeutung verloren haben.
Eine Verzeihung, d.h. der Verzicht auf die Entlassung, ist auch konkludent möglich. Der Auflösungsgrund muss dem
Vertragspartner nicht mitgeteilt werden, entscheidend ist, dass er tatsächlich vorhanden ist. Die Auflösung kann auch
mit einer verkürzten Kündigungsfrist ausgesprochen werden. Bedingte Auflösungserklärungen sind zulässig, wenn ihre
Erfüllung nur vom Willen des Adressaten abhängt und innerhalb kurzer Frist möglich ist.
Was unter einem wichtigen Grund zu verstehen ist hat der Gesetzgeber unterschiedlich beantwortet. Das ABGB lasst die
Frage offen, die GewO listet Gründe taxativ, das AngG demonstrativ auf.
Die Auflösungsgründe sind zweiseitig zwingend, lediglich ihre Konkretisierung ist durch Arbeitsvertrag und kollektive
Gestaltungsmittel möglich.
Die Entlassung (§§ 1162 ABGB, 27 AngG, 82 GewO)
Entlassung ist die vom AG ausgesprochene vorzeitige Auflösung aus wichtigem Grund. Die Entlassungsgründe sind für
verschiedene Dienstnehmerkategorien unterschiedlich ausgestaltet; die meisten setzen Verschulden voraus. Hier wird
nur auf die wichtigsten Gründe eingegangen.
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Verschuldensabhängige Entlassungsgründe
Unter Untreue im Dienst versteht man den vorsätzlichen Verstoß gegen die dienstlichen Interessen des AG.
Die Vertrauensunwürdigkeit hingegen meint jede Handlung des AN, die das Vertrauen in ihn derart erschüttert, dass
dem AG die Fortsetzung des Arbeitsvertrages nicht zugemutet werden kann.
Ein weiterer Entlassungsgrund ist die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung ohne Zustimmung des AG, sofern sie sich auf
den Betrieb nachteilig auswirkt.
Sehr bedeutsam ist das Unterlassen der Dienstleistung. Darunter ist jedes erhebliche, pflichtwidrige und schuldhafte
Nichteinhalten der vorgesehenen Arbeitszeit zu verstehen.
Weitere Grunde sind die beharrliche Pflichtverletzung sowie die Ehrverletzung, Tätlichkeiten und die Verletzung der
Sittlichkeit gegenüber dem AG, dessen Angehörigen oder Arbeitskollegen.
Verschuldensunabhängige Entlassungsgründe
In erster Linie kommt die Dienstunfähigkeit aus körperlichen, geistigen oder rechtlichen (z.B. Führerscheinverlust)
Gründen in Betracht.
Weiters ist bei Arbeitern eine abschreckende Krankheit ein Entlassungsgrund.
Der vorzeitige Austritt (§§ 1162 ABGB, 26 AngG, 82a GewO)
Austritt ist die vorzeitige Lösung des Arbeitsvertrages aus wichtigem Grund von Seiten des AN.
Auch hier wird zumeist Verschulden vorausgesetzt, auch hier muss der Grund so schwerwiegend sein, dass dem AN die
Fortsetzung des Arbeitsvertrages bis zum Ablauf der Befristung oder der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Verschuldensabhängige Austrittsgründe
In Betracht kommen eine ungebührliche Entgeltschmälerung, die Weigerung des AG, seinen
Arbeitsnehmerschutzpflichten nachzukommen, Ehrverletzungen und Tätlichkeiten gegenüber dem AN oder dessen
Angehörigen sowie die Weigerung, dem Angestellten gegen solche Handlungen von Arbeitskollegen zu schützen.
Darüber hinaus ist jede Verletzung wesentlicher Vertragsbestimmungen durch den AG ein Austrittsgrund.
Verschuldensunabhängige Austrittsgründe
Der AN kann wegen der konkreten Gefahr, durch seine Weiterarbeit seine Gesundheit zu schädigen, nach vorheriger
Warnung, sowie wegen Dienstunfähigkeit, austreten.
Rechtsfolgen der vorzeitigen Auflösung (§§ 1162a-d ABGB, 28,29,32,34 AngG)
Entlassung und Austritt beenden das Arbeitsverhältnis und damit dessen Hauptpflichten mit Zugang
der Auflösungserklärung.
Trifft einer der beiden Vertragsparteien ein Verschulden an der vorzeitigen Auflösung, so ist er zu Schadenersatz
verpflichtet. Diesen Anspruch des AN nennt man Kündigungsentschädigung, die ihm insb. das Entgelt, das ihm während
der Kündigungsfrist zugestanden wäre, garantiert. Die Kündigungsentschädigung folgt dem Entgeltausfallsprinzip. Der
AN muss sich dabei anrechnen lassen, was er sich durch Unterbleiben der Dienstleistung erspart, durch anderweitige
Verwendung erworben oder absichtlich zu erwerben versäumt hat, nicht jedoch in den ersten drei Monaten nach der
Entlassung.
Trifft beide Teile ein Verschulden, so kann der Richter nach freiem Ermessen Ersatzansprüche zubilligen.
Für Ersatzansprüche besteht eine Fallfrist von sechs Monaten.
Die fehlerhafte Auflösung (§§ 1162a,b ABGB, 28f AngG, 84,86 GewO)
Die Auflösung des Arbeitsvertrages ist an verschiedene Voraussetzungen gebunden:
Die Kündigung an die Einhaltung bestimmter Fristen und Termine, die vorzeitige Auflösung an das Vorliegen wichtiger
Gründe und die Rechtzeitigkeit des Ausspruchs.
Weitere Voraussetzungen existieren in Fällen des Kündigungs- und Entlassungsschutzes.
Fehlt eine Voraussetzung, so treten verschiedene Rechtswirkungen ein.
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Grundsätzlich ist die Unwirksamkeits-, die Konversions- (fehlerhafte Auflösung wird in fehlerfreie umgedeutet) und die
Schadenersatztheorie denkbar. In Fällen des Kündigungs- und Entlassungsschutzes sowie bei vorhandenem
Bestandschutz ist die Auflösungserklärung grundsätzlich unwirksam; der AN hat aber die Möglichkeit, zwischen der
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und den Ansprüchen aus unbegründeter Beendigung zu wählen.
Bei den übrigen Arbeitsverhältnissen hat sich der OGH für das Schadenersatzprinzip entschieden.
Eine fehlerhafte Auflösungserklärung ist zwar rechtswidrig, aber rechtswirksam.
Auch eine zeitwidrige Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis zum gewünschten (falschen) Termin.
Dem AG stehen bei fehlerhafter Auflösung seitens des AN nur Schadenersatzansprüche zu, ein Erfüllungsanspruch wird
ihm nicht zugestanden.
Kündigungs- und Entlassungsschutz
Der Kündigungsschutz
Unter Kündigungsschutz im engeren Sinn sind alle Fallgruppen zusammengefasst, in denen eine Arbeitgeberkündigung
anfechtbar oder von einer Genehmigung durch ein Gericht oder einer Verwaltungsbehörde abhängig gemacht wurde.
Zu unterscheiden ist zwischen dem allgemeinen Kündigungsschutz, der für alle in betriebsratpflichtigen Betrieben
beschäftigten AN gilt, und dem besonderen Kündigungsschutz für ausgewählte Arbeitnehmergruppen.
Der allgemeine Kündigungsschutz (§§ 105,107,130 Abs. 4 ArbVG)
Der Kündigungsschutz wurde in den betriebsverfassungsrechtlichen Teil des ArbVG eingebaut.
Daraus folgt, dass der Kündigungsschutz
(1) nur in betriebsratpflichtigen Betrieben wirksam werden kann und
(2) er nur AN im Sinne des §36 ArbVG umfasst (und daher z.B. keine leitenden Angestellten).
Der Kündigungsschutz in Betrieben mit Betriebsrat wird (mit Ausnahme bei verpöntem Motiv) nur wirksam, wenn der BR
der Kündigungsabsicht nicht zustimmt und der AN in Folge eine Kündigungsanfechtung verlangt. In
betriebsratpflichtigen Betrieben ohne BR besitzt der gekündigte AN das Anfechtungsrecht unmittelbar.
Das Vorverfahren
Bevor der AG eine Kündigung ausspricht, hat er den Betriebsrat von der Absicht zu unterrichten.
Der Betriebsrat hat daraufhin eine Woche Zeit, zu der Kündigungsabsicht Stellung zu nehmen.
Eine verfrüht ausgesprochene Kündigung ist rechtsunwirksam. Die weiteren Rechtsfolgen hängen von der Reaktion des
Betriebsrats ab.
Zustimmung des Betriebsrats - Anfechtung wegen Sittenwidrigkeit (bzw. verpöntes Motiv), nicht wegen Sozialwidrigkeit
(Sperrrecht des Betriebsrats)
Widerspruch des Betriebsrats Der gekündigte AN kann den Betriebsrat ersuchen, die Kündigung bei Gericht
anzufechten. Kommt dieser dem Ersuchen nicht binnen einer Woche nach, kann der AN binnen
zwei weiteren Wochen die Anfechtung selbst vornehmen.
Sittenwidrigkeit (Verpöntes Motiv) des Kündigungsmotivs oder Sozialwidrigkeit der Kündigung
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(1) Sittenwidrigkeit der Kündigung (§ 105 Abs. 3 ArbVG)

Mitgliedschaft des AN in einer Arbeitnehmervertretung,

Gebrauch bestimmter Mitwirkungsrechte,

wegen gerichtlicher Durchsetzung von Ansprüchen des AN,

wegen der Wahrnehmung von Arbeitnehmerschutzaufgaben sowie

Kündigungen mit dem Zweck, einen besonderen Kündigungsschutz des AN nicht entstehen zu lassen.
Der Anfechtende muss das verpönte Motiv nicht beweisen, sondern bloß glaubhaft machen, es sei
das ausschlaggebende Motiv gewesen.
(2) Sozialwidrigkeit der Kündigung
Im Mittelpunkt des mehrstufigen Prüfungsverfahrens steht eine Interessenabwägung. Zunächst ist
zu prüfen, ob durch die Kündigung überhaupt wesentliche Interessen des AN beeinträchtigt werden.
Liegt eine solche Interessenbeeinträchtigung vor, ist zu prüfen, ob Kündigungsrechtfertigungsgründe vorliegen. Dabei
kann es sich um subjektive oder um objektive Rechtfertigungsgründe handeln.
Ein weiterer Prüfungsschritt erfolgt, wenn der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hat, die Kündigung wesentliche
Interessen des AN beeinträchtigt, aber durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt ist. Hier ist ein Sozialvergleich
durchzuführen.
(a) Wesentliche Interessenbeeinträchtigung
Ausgehend vom Wissensstand im Zeitpunkt des Kündigungsausspruches ist zu prüfen, ob durch die Kündigung
Interessen des AN über den Endtermin des Arbeitsverhältnisses hinaus beeinträchtigt werden.
Wann eine Beeinträchtigung wesentlich ist, ist nicht abschließend geregelt. Besonders erwähnt das Gesetz zu
erwartende Schwierigkeiten, aufgrund des hohen Alters eine ähnliche Stelle zu finden. Im Allgemeinen sind wesentliche
Interessen des AN erst dann berührt, wenn die durch die Kündigung bewirkte finanzielle Schlechterstellung ein solches
Ausmaß erreicht, dass sie eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage zur Folge hat.
Zu beurteilen sind dabei die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des AN.
(b) Subjektive Betriebsbedingtheit
Der AG kann behaupten, dass die Kündigung aus in der Person des AN gelegenen Gründen erfolgte.
Dazu gehören verhaltensbezogene und personenbezogene Umstände. Entscheidend ist dabei, ob in der Person des AN
gelegene Gründe der Weiterbeschäftigung entgegenstehen, da diese die betrieblichen Interessen nachteilig berühren.
Auch hier ist eine Prognoseentscheidung zu treffen.
Entscheidend ist, dass die Kündigung einem objektiven Beobachter als eine gerechte, dem Sachverhalt adäquate
Maßnahme erscheint. Erhöhte Beeinträchtigung verlangt der Gesetzgeber bei langjährig beschäftigten älteren AN und
Nachtschwerarbeitern.
(c) Objektive Betriebsbedingtheit
Der AG kann die Kündigung auch mit „betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung des AN
entgegenstehen“, rechtfertigen. Solche Gründe können technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art sein; die
angestrebten Ziele müssen durch die Kündigung auch tatsächlich erreicht werden können.
Allerdings wird dem AG eine „soziale Gestaltungspflicht“ aufgebürdet. Er muss alle Möglichkeiten ausschöpfen, seine
bisherigen AN weiter zu beschäftigen, etwa durch Umschulungen, Anbieten von anderen Arbeitsplätzen, Vermeiden von
unnötigen Überstunden etc.
Weiters darf er einen AN nicht in der Absicht kündigen, ihn durch einen anderen zu ersetzen.
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(d) Der Sozialvergleich
Die objektive Betriebsbedingtheit ist ein genereller Kündigungsrechtfertigungsgrund. Sie beantwortet nur die Frage, wie
viele AN zu kündigen sind, nicht aber, wer dies sein muss.
Ein Sozialvergleich ist nur auf Antrag durchzuführen, der Antragsteller muss dabei konkret angeben, welcher AN
gekündigt werden hätte sollen. In Betracht kommen AN des gleichen Betriebes in der gleichen Tätigkeitssparte (nach
OGH nicht erforderlich), „deren Arbeit der Gekündigte zu leisten fähig und willens ist“.
Beim Sozialvergleich sind alle Umstande zu beachten, die eine größere soziale Härte begründen können. Neben einem
höheren Alter also etwa auch bestehende Schulden.
Schweigen des Betriebsrats - Gibt der Betriebsrat innerhalb einer Woche keine Erklärung zu der Kündigungsabsicht des
AG ab, so kann der gekündigte AN die Kündigung selbst innerhalb von zwei Wochen anfechten. Lediglich die Vornahme
eines Sozialvergleiches kann er nicht verlangen.
Im betriebsratslosen Betrieb - Besteht im betriebsratspflichtigen Betrieb kein Betriebsrat, so kann der AN binnen zwei
Wochen selbst anfechten. Auch hier ist kein Sozialvergleich möglich.
Kündigungsschutz außerhalb des ArbVG
Sittenwidrige Kündigungen
Allgemein sind sittenwidrige Kündigungen unwirksam, wobei ein strenger Maßstab anzuwenden ist.
Weiters anfechtbar sind nach dem AVRAG Kündigungen, die wegen Inanspruchnahme einer Bildungskarenz oder
deswegen ausgesprochen wurden, weil der AN den Arbeitsplatz wegen einer drohenden Gefahr für Leben oder
Gesundheit verlassen hat.
Außerdem sieht das Gleichbehandlungsgesetz Anfechtbarkeit für Kündigungen aufgrund des Geschlechts oder wegen
der religiösen Ausrichtung vor.
Sozialwidrige Kündigungen älterer Arbeitnehmer
Nach dem AVRAG können (sehr) alte AN in einem nicht betriebsratspflichtigen Betrieb sozial ungerechtfertigte
Kündigungen innerhalb einer Woche anfechten.
Der besondere Kündigungsschutz
Spezielle Arbeitnehmergruppen sind besonders geschützt: Die Kündigung ist nur nach Zustimmung des Gerichts
wirksam, wobei nur bestimmte Kündigungsgründe zulässig sind.
Weiters besitzt der Betriebsrat kein Sperrrecht. Der gekündigte AN hat das Wahlrecht, auf Feststellung des aufrechten
Bestandes des Arbeitsverhältnisses zu klagen oder Kündigungsentschädigung zu verlangen.
Allgemein gilt, dass Entlassungsgründe auch eine Kündigung rechtfertigen können.
Funktionäre der Belegschaft
(1) Die geschützten Personen
Jedem Mitglied eines Betriebsrates steht der besondere Kündigungsschutz bis drei Monate nach seinem Ausscheiden zu.
Ein Ersatzmitglied ist lediglich während seiner Vertretungstätigkeit besonders geschützt.
Geschützt sind weiters Mitglieder des Wahlvorstandes und Wahlwerber bis zum Ablauf der Anfechtungsfrist für die
Betriebsratswahl. Ähnliches gilt für Vertreter der Jugendlichen- und Behindertenbelegschaft.
(2) Der besondere Schutz
Der AG muss eine Zustimmung des Gerichts einholen. Der Gesetzgeber sieht nur drei Kündigungsgründe vor:
• „Betriebsreduktion“, die die dauernde Betriebseinstellung miteinschließt und voraussetzt, dass der AN nicht
anderweitig eingesetzt werden kann
• langfristige Unfähigkeit zur Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeit
• beharrliche Pflichtverletzung
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Eltern (MSchG, VKG)
(1) Die geschützten Personen
Der besondere Schutz für Mütter endet vier Monate nach der Entbindung oder vier Wochen nach Ende des
Karenzurlaubes. Eine während dieser Zeit ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
Kündigungsschutz für den Vater besteht dann, wenn er Karenzurlaub oder Teilzeitbeschäftigung in Anspruch nimmt.
(2) Der besondere Schutz
Die Kündigung kann nur nach vorherige Zustimmung des Gerichts erfolgen. Der einzige Kündigungsgrund ist die
Betriebsreduktion.
Nimmt der geschützte Elternteil nach Ablauf des ersten Lebensjahres des Kindes Karenzurlaub oder
Teilzeitbeschäftigung in Anspruch, so kann das Gericht der Kündigung aus Gründen zustimmen, die dem allgemeinen
Kündigungsschutz nachgebildet sind; v.a. wenn Umstande in der Person des AN betriebliche Interessen nachteilig
berühren oder wenn betriebliche Erfordernisse der Weiterbeschäftigung entgegenstehen und die Aufrechterhaltung des
Vertrages dem AG unzumutbar ist.
Präsenz- und Zivildiener (Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz (APSG))
(1) Die geschützten Personen
Besonders kündigungsgeschützt sind AN, die zu einem ordentlichen oder außerordentlichen Präsenzdienst einberufen
bzw. zum Zivildienst zugewiesen wurden, und zwar bis einen Monat nach Beendigung des Dienstes.
(2) Der besondere Schutz
Die Kündigung kann nur nach Zustimmung des Gerichtes ausgesprochen werden. Als Kündigungsgrund kommt neben
der Betriebsreduktion die dauernde Dienstunfähigkeit in Betracht.
Behinderte (Opferbefürsorgte) (Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG), Opferfürsorgegesetz)
(1) Die geschützten Personen
Der besondere Kündigungsschutz kommt begünstigten Behinderten im Sinne des BEinstG sowie Inhaber eines
Opferausweises im Sinne des Opferfürsorgegesetzes zugute.
(2) Der besondere Schutz
Der begünstigte Behinderte kann nur mit Zustimmung des Behindertenausschusses nach erfolgter Anhörung des
Betriebsrats gekündigt werden. Eine Zustimmung darf nicht erteilt werden, wenn die Behinderung Folge eines
Arbeitsunfalles ist; sie kann ausnahmsweise nachträglich erfolgen, wenn der AG von der Eigenschaft als begünstigter
Behinderter weder wusste noch wissen musste.
Der Behindertenausschuss hat eine Interessenabwägung durchzuführen; insb. ist dem AG eine Weiterbeschäftigung
nicht zumutbar, wenn
(1) der Arbeitsplatz des Behinderten wegfällt und dieser nicht anderweitig beschäftigt werden kann,
(2) der Behinderte dauernd dienstunfähig wird,
(3) der Behinderte beharrlich seine Pflichten verletzt.
Betreuungspersonen
(1) Die geschützten Personen
AN haben Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung (gegen Entfall der Bezüge) zum Zweck der Sterbebegleitung
naher Angehöriger sowie zur Begleitung schwersterkrankter Kinder, die im gemeinsamen Haushalt leben. Der Schutz
dauert ab Bekanntgabe bis vier Wochen nach Ende der Begleitung an.
(2) Der besondere Schutz
Die Kündigung ist nur nach Zustimmung des Gerichts möglich; das Gericht hat eine Interessenabwägung vorzunehmen.
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Mehrfacher Kündigungsschutz
Nur wenige Fälle, bei denen ein AN mehrfachen Kündigungsschutz genießt, sind gesetzlich geregelt. Demnach ist auf
Präsenz- und Zivildiener sowie Behinderte, die Mitglieder eines Belegschaftsorgans sind, der besondere
Kündigungsschutz des ArbVG anzuwenden.
In allen anderen Fällen werden wohl die günstigeren Bestimmungen angewandt.
Der allgemeine Entlassungsschutz (§ 106 (107) ArbVG)
Der allgemeine Entlassungsschutz kommt nur zum Tragen, wenn die Entlassung vom AG ohne wichtigen Grund
ausgesprochen wurde. In seiner Konstruktion folgt er im Wesentlichen dem allgemeinen Kündigungsschutz.
Der Betriebsrat ist unverzüglich von der Entlassung zu informieren und kann innerhalb von drei
Arbeitstagen
(1) der Entlassung zustimmen,
(2) ihr widersprechen oder
(3) keine Stellungnahme abgeben.
Hat er zugestimmt, kann die Entlassung nur wegen verpönter Motive, hat er widersprochen oder geschwiegen auch
wegen Sozialwidrigkeit angefochten werden. Dem AG stehen die gleichen Rechtfertigungsgrunde wie bei der Kündigung
offen.
Der besondere Entlassungsschutz
Wer besonderen Kündigungsschutz geniest oder wem Unkündbarkeit zugesichert wurde, bedarf eigentlich keinen
besonderen Entlassungsschutzes, da eine unbegründete Entlassung in einem solchen Fall nicht zur Beendigung des
Arbeitsverhältnisses führt. Allerdings wird dem AG in manchen Fällen die Prozessinitiative aufgebürdet und werden für
bestimmte Personengruppen die Entlassungsgründe eingeschränkt.
Entlassungen ohne Zustimmung des Gerichts sind unwirksam. AN habe das Wahlrecht, auf Feststellung des aufrechten
Arbeitsverhältnisses zu klagen oder Kündigungsentschädigung zu begehren.
Funktionäre der Belegschaft
Besonders kündigungsgeschützte Funktionare sind auch besonders entlassungsgeschützt. Zur wirksamen Entlassung ist
vorher die Zustimmung des Gerichtes notwendig, nur bei bestimmten Straftaten, Ehrverletzungen und Tätlichkeiten ist
eine nachträgliche Zustimmung möglich. Die Entlassungstatbestande sind taxativ aufgelistet und eingeschränkt.
Eltern
Auch geschützte Eltern dürfen nur mit Zustimmung des Gerichts entlassen werden. Bei einigen im MSchG taxativ
aufgelisteten Entlassungsgründen ist der besondere Gemütszustand zu berücksichtigen.
Präsenz- und Zivildiener
Hier gilt das gleiche wie bei Belegschaftsfunktionaren.
Lehrlinge
Ein Lehrling kann ohne Zustimmung des Arbeitsgerichts, aber nur bei Vorliegen taxativ aufgezahlter Grunde entlassen
werden.
Betreuungspersonen
Personen, die eine Arbeitsfreistellung zur Sterbebegleitung oder zur Begleitung schwersterkrankter Kinder in Anspruch
nehmen, können nur mit Zustimmung des Gerichts entlassen werden. Das Gesetz zählt keine Entlassungsgrunde auf, das
Gericht hat vielmehr eine Interessenabwägung vorzunehmen.
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30. Rechtsfragen anlässlich der Beendigung
 Freizeit
 Dienstzeugnis
 Konkurrenzklausel
Freizeit während der Kündigungsfrist (§§ 1160 ABGB, 22 AngG)
Der AN kann verlangen, während der gesetzlichen Kündigungsfrist Freizeit zum Zweck der Suche eines neuen
Arbeitsplatzes zu erhalten. Dies trifft wohl nur bei Arbeitgeberkündigung, jedenfalls nicht bei Arbeitnehmerkündigung
zu; auch bei pensionsbedingter Kündigung existiert kein Recht auf Dienstfreistellung. Kollektivverträge können
abweichende Regelungen enthalten.
Freizeit ist mindestens im Ausmaß von einem Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zu gewähren. Strittig
ist, ob der Zeitpunkt vereinbart werden muss; jedenfalls muss der AN eine Interessenabwägung durchführen und den
AG rechtzeitig informieren.
Der Anspruch endet, wenn der AN einen neuen Arbeitsplatz gefunden hat.
Dienstzeugnis (§§ 1163 ABGB, 39 AngG)
Der AN kann bei Beendigung des Dienstverhältnisses verlangen, ein auf Kosten des AG ausgestelltes Dienstzeugnis zu
erhalten. Der AG hat darin Tatsachen über die Verwendung des AN auszuführen; das Dienstzeugnis darf keine
nachteiligen Aussagen enthalten.
Ist dem AN infolge der Nichtausstellung eines korrekten Zeugnisses ein Schaden erwachsen, kann er Schadenersatz
begehren.
Die Konkurrenzklausel (§§ 36f AngG)
Die meisten Nebenpflichten, wie wohl auch das Konkurrenzverbot, erlöschen mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses.
Häufig versuchen daher der AG, mit dem AN ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsvertrages
zu vereinbaren (Konkurrenz- oder Wettbewerbsklausel).
Der Gesetzgeber versucht eine Sittenwidrigkeit in Regelungen des AngG, die auf alle Arbeitsverhältnisse anzuwenden
sind, zu vermeiden.
Absolut nichtig sind mit Minderjährigen vereinbarte Konkurrenzklauseln. Weiters darf sie nur mit AN vereinbart werden,
die ein höheres Einkommen erzielen (zumindest das Siebzehnfache der Höchstbeitragsgrundlage nach §45 ASVG).
Entscheidend ist die wirtschaftliche Situation des AN bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Fachlich darf die Bindung nicht über den Geschäftszweig des AG hinausgehen, in zeitlicher Hinsicht beträgt der
Höchstwert ein Jahr. Im konkreten bedarf es aber immer einer Interessenabwägung.
Der AG kann die Konkurrenzklausel nicht geltend machen, wenn er die vorzeitige Auflösung verschuldet hat, es sei denn,
er verspricht das Entgelt für die Dauer der wirksamen Konkurrenzklausel weiterzuzahlen.
Wird für den Fall der Verletzung der Konkurrenzklausel eine Konventionalstrafe vereinbart, so kann der AG weder
Vertragserfüllung noch den Ersatz weitergehenden Schadens begehren.
Der AN kann sich also von der Konkurrenzklausel „loskaufen“.
31. Die Abfertigung alt/neu
Wesen, Voraussetzung, Berechnung, Unterschiede
§§ 23f AngG; Arbeiterabfertigungsgesetz; Betriebliches Mitarbeiter- und Selbstständigenvorsorgegesetz (BMSVG)
Die Abfertigung dient einerseits der finanziellen Absicherung der AN, andererseits der Sicherung des Bestandes des
Arbeitsverhältnisses.
Durch das BVSVG („Abfertigung neu“) wurde das System der Abfertigung neu konzipiert. So steht der Anspruch nun
unabhängig von der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu. Das BMSVG gilt für AN (und freie Mitarbeiter),
deren Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2002 abgeschlossen wurde.
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Abfertigung „alt“
Funktion
Die Abfertigung „alt“ ist ein einmaliger Geldbetrag, den der AG dem mindestens drei Jahre bei ihm beschäftigten AN bei
bestimmten Arten der Beendigung zu zahlen hat, insb. nicht bei verschuldeter Entlassung oder Kündigung seitens des
AN. Ihre Höhe steigt mit den Dienstjahren bis zu einem vollen Jahresentgelt.
Die Abfertigung stellt sich daher als eine aus der Fürsorgepflicht des AG entwickeltes Sonderentgelt für erwiesene
Betriebstreue dar.
Anspruchsvoraussetzungen
Der Anspruch hängt von der Dauer des Bestandes des Dienstverhältnisses ab. Angerechnet werden Dienstzeiten beim
selben AG, die dem aktuellen Dienstverhältnis unmittelbar vorausgingen. Bei einer grundlosen Entlassung wird jener
Zeitpunkt als Ende des Arbeitsverhältnisses fingiert, an dem der AN frühestens hätte gekündigt werden können.
Kein Anspruch auf Abfertigung besteht, wenn der AN das Dienstverhältnis durch Selbstkündigung beendet hat, ohne
wichtigen Grund vorzeitig ausgetreten ist oder wenn dem AN ein Verschulden an der Entlassung trifft.
Auch bei Selbstkündigung kann der AN Abfertigung verlangen:
• nach mindestens zehnjähriger Dienstzeit eine Altersabfertigung (ab Erreichen des Pensionsalters) oder eine
Pensionsabfertigung (bei Frühpension)
• eine Elternabfertigung bei vorzeitigem Austritt während des Karenzurlaubes
Höhe der Abfertigung
Die Höhe der Abfertigung bemisst sich in einem Vielfachen des „für den letzten Monat des Dienstjahres gebührenden
Entgeltes“. Der Entgeltbegriff ist weit zu verstehen und umfasst auch Sonderzahlungen. (CB „mündliche Fälle“)
Zu berücksichtigen sind nur solche Entgeltteile, auf die ein Anspruch besteht, und dem Grunde nach auch im letzten
Monat bestanden haben. Auf den Auszahlungszeitpunkt kommt es hingegen nicht an, es genügt, wenn die Leistungen
mit einer gewissen Regelmäßigkeit, etwa einmal jährlich, anfallen.
Fallen Entgeltteile in wechselnder Höhe an, so ist beim Durchschnittswert anzusetzen.
Die Abfertigung beträgt mindestens zwei Monatsentgelte und erhöht sich bis auf ein volles Jahresentgelt. Zu zahlen sind
bis zu drei Monatsentgelte sofort, der Rest in Raten.
Abfertigung „neu“
Für AN, deren Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2002 abgeschlossen wurde, hat der AG Beiträge an eine
Betriebliche Vorsorgekasse zu entrichten.
Die Auswahl der BV-Kasse hat durch eine (erzwingbare) Betriebsvereinbarung zu erfolgen; existiert kein Betriebsrat, hat
sie der AG auszuwählen, wobei ein Drittel der AN widersprechen kann.
Der Beitragssatz ist mit 1,53% des monatlichen Entgelts (inkl. Sonderzahlungen) festgelegt.
Die Art der Beendigung des Dienstverhältnisses sowie die Dauer des Beitragszeitraumes beeinflussen die
Verfügungsmöglichkeiten des AN über das Kapital:
• Hat der AN weniger als drei Beitragsjahre erworben oder die vorzeitige Vertragsauflösung selbst verschuldet, so kann
er in keiner Weise über seine Abfertigung verfügen. Die Auszahlung kann erst bei Beendigung eines weiteren
Arbeitsverhältnisses (ohne Verschulden) verlangt werden.
Ausnahmen: Beendigung für Alterspension; fünf Jahre ohne Arbeitsverhältnis
• In den übrigen Fallen kann der AN entweder die Auszahlung verlangen, den Betrag bei der bisherigen BV-Kasse weiter
veranlagen oder ihn auf die BV-Kasse des neuen AG verlagern.
AN, für die das alte Abfertigungssystem gilt, können schriftlich den Übertritt in das neue System verlangen.
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32. Betriebspensionen*
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Anspruchsgrundlage
Direkt- und Pensionskassenzusagen
Unverfallbarkeit
Widerruf, Einschränkung, Aussetzung, Anpassung
Allgemeines
Betriebspensionen dienen der Ergänzung der ASVG-Pension. Sie sollen einen Anreiz für den AN darstellen, langfristig im
Unternehmen zu bleiben sowie Lücken im Sozialversicherungsschutz schließen.
Seit 1990 stehen Spezialgesetze (Betriebspensionsgesetz (BPG); Pensionskassengesetz (PKG)) in Geltung. Diese
Bestimmungen gelten jedoch nicht für Anwartschaften und Leistungen, die vor dem Inkrafttreten dieser Gesetze
erworben wurden. Für diese sowie für Probleme, die die Spezialgesetze nicht aufgreifen, sind die folgenden allgemeinen
Regeln anzuwenden.
Anspruchsgrundlagen
Auf Betriebspensionen besteht in Österreich kein gesetzlicher Anspruch. Als Grundlage einer betrieblichen
Pensionszusage kommen Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung und Einzelvereinbarung in Betracht.
Das Angebot des AG kann an einzelne AN, an Arbeitnehmergruppen, oder auch an die gesamte Belegschaft gerichtet
werden. Demnach unterscheidet man zwischen Individualzusagen und Gesamtzusagen.
Dem AG steht es frei, ob er den AN einen unbedingten Rechtsanspruch auf eine Betriebspension einräumt oder er diese
als „freiwillige“ Leistung konzipiert; entsprechende Vorbehalte muss er vorbringen.
Die Rechtsnatur des Anspruches auf Betriebspension ist umstritten. Nach der hM handelt es sich um einen Anspruch auf
Entgelt.
Ausgestaltung der Zusage
In der Praxis kommen zwei Formen vor.
Bei der Gesamtversorgung verpflichtet sich der AG, dem AN eine bestimmte Pensionshöhe zu garantieren, auf welche
die Sozialversicherungspension in Anrechnung gebracht wird.
Der AG kann sich aber auch dazu verpflichten, eine unabhängige Betriebspension zu gewahren (Zuschusspension oder
betriebliche Fixpension).
Zulässig sind Vereinbarungen, die keine Betriebspension zubilligen, wenn der AN selbst kündigt oder einen Grund zur
Kündigung liefert. Sittenwidrig sind Vereinbarungen, die es dem AG ermöglichen, eine bereits erworbene
Pensionsanwartschaft einseitig zunichte zu machen.
Die Vertragsparteien müssen insb. die Gleichbehandlungspflichten achten.
Zu unterscheiden ist zwischen einem bedingten Anspruch (oder verfallbare Anwartschaft) und einem unbedingten
Anspruch, bei dem alle Voraussetzungen erfüllt sind, auch wenn die Fälligkeit mangels Kündigung noch nicht eingetreten
ist.
Das Ruhestandsverhältnis
Das Ruhestandsverhältnis ist eine Nachwirkung des Arbeitsvertrages. Dabei hat der Pensionist seine Hauptpflicht (z.B.
Betriebstreue) bereits erfüllt, während der andere noch voll zur Leistung verpflichtet ist. Strittig ist der Umfang der den
Pensionisten betreffenden Nebenpflichten. Dazu ist der Pensionsvertrag auszulegen.
Die häufig anzutreffenden Treuepflichtvereinbarungen sind auf grobe Treueverstöße beschränkt.
Eine Wettbewerbsklausel begründet keine Rechtspflicht des Pensionisten, lediglich der Anspruch auf Betriebspension
kann verloren gehen.
Zulässig sind Ruhensbestimmungen, nach denen anderes Einkommen auf die Betriebspension angerechnet wird.
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Das Betriebspensionsgesetz
Anwendungsbereich
Das Betriebspensionsgesetz (BPG) ist 1990 in Kraft getreten und gilt für alle AN des privaten Sektors. Es bezweckt die
Sicherung von betrieblichen Leistungszusagen, die als Ergänzung der gesetzlichen Pensionsversicherung konzipiert sind.
Eine „Leistungszusage“ liegt vor, wenn vom AG
(1) Beiträge an eine Pensionskasse bezahlt werden,
(2) Leistungen an die AN direkt erbracht werden oder
(3) Prämien für eine Lebensversicherung zu Gunsten der AN entrichtet werden.
Nicht dem BPG unterliegen bloß freiwillige Leistungen ohne Verpflichtung des AG.
Pensionskassenzusage
Rechtsgrundlagen der Zusage
Bei einer Pensionskassenzusage verpflichtet sich der AG zur Zahlung von Beiträgen an eine Pensionskasse zu Gunsten
seiner AN und deren Hinterbliebenen.
Rechtsgrundlage ist grundsätzlich eine Betriebsvereinbarung, nur ausnahmsweise ein Kollektivvertrag oder
Einzelvereinbarungen.
Inhalt der Zusage
Zwei Arten sind vorgesehen: beitragsorientierte Zusagen, bei denen die Leistung vom Veranlagungsertrag abhängig ist,
und leistungsorientierte Zusagen, bei denen die Höhe der Leistung im Vornhinein feststeht, die Beitrage jedoch variabel
sind.
Auch der AN kann sich zur Leistung von Beiträgen an die Pensionskasse verpflichten. Das Einstellen, Aussetzen oder eine
Einschränkung der Beitragszahlungen ist nur nach Vereinbarung und nur dann möglich, wenn zwingende wirtschaftliche
Gründe vorliegen, die etwa die Existenz des Unternehmens gefährden.
Unverfallbarkeit
Auf eigenen Beitragen des AN beruhende Anwartschaften sind jedenfalls unverfallbar. Bei übrigen Anwartschaften kann
eine Wartezeit von höchstens fünf Jahren vereinbart werden, darüber hinaus werden diese Anwartschaften ebenfalls
unverfallbar. Daraus ist ein Unverfallbarkeitsbetrag zu errechnen, über den der AN in bestimmter Weise verfügen kann.
Gleichbehandlungspflichten
Das BPG verbietet willkürliche und sachfremde Differenzierungen.
Betriebliche Kollektivversicherung
Eine ähnliche Sicherungsform ist die Zahlung von Beiträgen durch den AG für eine betriebliche Kollektivversicherung
seiner AN. Zu diesem Zweck muss eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden.
Direkte Leistungszusage
Bei einer direkten Leistungszusage ist der AG selbst zur Gewährung der betrieblichen Versorgungsleistung verpflichtet.
Als Rechtsgrundlage kommen KV, BV und Einzelvertrag (inklusive Betriebsübung) in Betracht.
Unverfallbarkeit
Der AN behält seine Anwartschaft grundsätzlich nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis nicht aus seinem Verschulden
vorzeitig beendet wird. Weiters ist eine Wartezeit von fünf Jahren vorgesehen, die vertraglich auf bis zu zehn Jahre
ausgedehnt oder auch verkürzt werden kann. Zur Berechnung des Unverfallbarkeitsbetrages existiert eine eigene
Methode.
Leistungsreduktion
Das Einstellen des Erwerbs künftiger Anwartschaften ist nur nach Vereinbarung bei wirtschaftlicher Notwendigkeit
zulässig. Ähnliches gilt auch für angefallene Pensionsleistungen.
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Treuepflichtklauseln
Nach 1990 vereinbarte Treuepflichtklauseln sind wohl unwirksam. Zulässig ist lediglich, die Betriebspension entfallen zu
lassen, wenn die Treuepflichtverletzungen während des aufrechten Bestandes des Arbeitsvertrages begangen wurde.
Versicherungszusage
Hat der AG einen Lebensversicherungsvertrag zu Gunsten seiner AN und deren Hinterbliebenen abgeschlossen, kann er
den Bezugsberechtigten (nur) mit Zustimmung des jeweiligen AN andern. Erworbene Anwartschaften werden sofort
unverfallbar.
Unterstützungskassen
Unterstutzungskassen sind rechtlich selbstständige Einrichtungen mit dem Zweck, die Finanzierung, Verwaltung und
Auszahlung betrieblicher Pensionsleistungen durchzufuhren, wobei den AN kein Rechtsanspruch auf Leistungen zusteht.
Gesetzlich geregelt ist allerdings dass, wenn eine Leistung gewahrt wird, auch der vorzeitig ausgeschiedene AN (bei
entsprechenden Dienstjahren) zumindest einen Teil dieser Leistung erhalten soll.
33. Verzicht auf Ansprüche *
In anderen Kapiteln behandelt
34. Insolvenz des Arbeitgebers*
 Arbeitsverhältnis, Entgeltschutz, IESG
Da der AN idR von seinem Arbeitsentgelt lebt, trifft ihn die Zahlungsunfähigkeit seines AG (im Vergleich zu anderen
Gläubigern) besonders hart. Häufig ist die Weiterführung des insolventen Unternehmens volkswirtschaftlich die beste
Lösung, wozu aber natürlich die AN notwendig sind.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Bestand der Arbeitsverhältnisse.
Die Verfügungsgewalt über das Vermögen wird allerdings dem Insolvenzverwalter übertragen.
Kommt der Insolvenzverwalter zum Schluss, dass die Fortführung des Unternehmens nicht möglich ist, so hat er es zu
schließen.
Auflösung der Arbeitsverhältnisse
Hat der AN das Arbeitsverhältnis noch nicht angetreten, so kann sowohl er als auch der Insolvenzverwalter vom Vertrag
zurücktreten. Anderenfalls kann er, sofern das Unternehmen beendet wird, vorzeitig austreten. Der Insolvenzverwalter
kann den AN in diesem Fall unter Einhaltung der Fristen kündigen, auch wenn diese z.B. wegen vereinbartem
Bestandschutz oder wegen einer Befristung eigentlich unkündbar sind.
Daneben stehen den Vertragsparteien auch die allgemeinen Auflösungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Forderungen der Arbeitnehmer
Ansprüche auf laufendes Entgelt
Forderungen der AN auf laufendes Entgelt für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung sind Masseforderungen, Ansprüche
für Arbeitsleistungen davor sind Insolvenzforderungen.
Beendigungsansprüche
Wird das Arbeitsverhältnis nach Insolvenzeröffnung gelöst, kann der AN Schadenersatz als Insolvenzforderung
verlangen. Sogar bei vorzeitigem Austritt steht ihm Kündigungsentschädigung zu.
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Die Entgeltsicherung
Grundzüge des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes (Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG))
Die Vorzugsstellung der AN im Insolvenzrecht hat sich als unzureichend erwiesen, da selbst ihre Ansprüche häufig nur
teilweise befriedigt wurden. Deshalb wurde ein neuer Zweig der Sozialversicherung eingeführt.
Der Insolvenz-Entgelt-Fonds, der in erster Linie durch AG finanziert wird, liquidiert die gesicherten Anspruche der AN
rasch.
Der Anknüpfungstatbestand
Das IESG ist nicht nur bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, sondern auch bei dessen Nichteröffnung mangels
Vermögens anwendbar.
Die geschützten Personen
Den Schutz des IESG genießen alle AN und ehemaligen AN sowie deren Rechtsnachfolger von Todes wegen.
Ausgenommen ist z.B. der Vorstand der AG.
Die gesicherten Ansprüche
Gesichert sind alle Ansprüche auf Entgelt im weitesten Sinn, auf Schadenersatz und Aufwandsentschädigung, sofern die
Ansprüche weder verfallen noch verjährt sind.
Ausgeschlossen sind Ansprüche, die nur im Hinblick auf die Zahlung des Insolvenz-Ausfallgeldes zugebilligt wurden.
Die Höhe des gesicherten Anspruches
Das Insolvenz-Entgelt ist höhenmäßig limitiert. Der Grenzbetrag entspricht dem doppelten Betrag der
Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung nach dem ASVG. Beantragt wird der Bruttobetrag, ausbezahlt wird
der Nettobetrag.
Der zeitliche Umfang der Sicherung
Alle innerhalb von sechs Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworbenen Ansprüche sind voll gesichert.
Das Verfahren
Es ist ein schriftlicher Antrag erforderlich, Beweise müssen erbracht werden. Entschieden wird mittels Bescheid. Dafür
ist eine eigens eingerichtete GmbH verantwortlich. Gegen Bescheide kann Klage beim Arbeitsgericht eingebracht
werden.
Die Legalzession
Ansprüche des Antragstellers gegen den AG gehen auf den Fonds bis zur Höhe des zuerkannten Ausfallsgeldes über.
Die Finanzierung
Der Insolvenz-Entgelt-Fonds wird von Beiträgen der AG sowie aus der Realisierung der auf den Fonds übergegangenen
Forderungen im Insolvenzverfahren finanziert
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35. Die Mitbestimmung
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Art und Intensität der Mitbestimmungsrechte
Verantwortlichkeit des Betriebsrates
allgemeine Mitbestimmungsrechte
personelle, soziale und wirtschaftliche Mitbestimmung
Tendenzschutz
Zuständigkeit der verschiedenen Betriebsräte
Begriff und Möglichkeiten der Mitbestimmung
Die Möglichkeiten der Mitbestimmung sind umfangreich. Noch kaum entwickelt ist der Versuch, dem AN bei Fragen, die
ihn unmittelbar betreffen, ein direktes Mitspracherecht einzuräumen („Mitbestimmung am Arbeitsplatz“).
In Österreich wurden zur Durchführung der betrieblichen Mitbestimmung durch Gesetz Betriebsräte als eigene
Repräsentationsorgane der AN eines Betriebes eingerichtet. Da der Betriebsrat echte Mitbestimmungsmöglichkeiten
hat, wird vorausgesetzt, dass er die Interessen der Belegschaft, der Unternehmer hingegen die Interessen des
Unternehmens wahrnimmt.
Weiters können AN in Unternehmen, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt werden, Vertreter in
Unternehmensorgane entsenden.
Mitbestimmung bezeichnet (hier) jede Art der Mitwirkung am betrieblichen Entscheidungsprozess.
Die rechtliche Ausgestaltung (§§ 33ff ArbVG)
Träger der Mitbestimmungsrechte ist die jeweilige Belegschaft, die sie durch den Betriebsrat als ihr Organ ausübt.
Dessen Aufgabe ist es, die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Belegschaft zu
vertreten.
Der Betriebsrat hat seine Tätigkeit dabei „tunlichst ohne Störung des Betriebes“ abzuwickeln, woraus folgt, dass er seine
Aktivitäten wenn möglich außerhalb der Arbeitszeit vorzunehmen hat.
Das ArbVG stellt es beiden Parteien zur Aufgabe, einen Interessenausgleich auf friedlichem Wege herbeizuführen. Es
steht damit auf dem Boden der Betriebspartnerschaft als Fundament der überbetrieblichen Sozialpartnerschaft.
Die Vertretungsaufgabe des Betriebsrats
Der Betriebsrat vertritt die Belegschaft. Er ist also nicht notwendigerweise auch der Vertreter der Interessen des
einzelnen Belegschaftsmitglieds. Er verhält sich üblicherweise so, wie es dem Willen der Mehrheit entspricht. Das wirft
die Frage des Minderheitenschutzes auf. Unsachliche Beschlüsse können evtl. wegen Sittenwidrigkeit bekämpft werden.
Art und Intensität der Mitbestimmungsrechte
Nach dem Gegenstand
Die Mitbestimmungsrechte des ArbVG beziehen sich, neben allgemeinen Befugnissen, auf drei verschiedene
Sachbereiche:
a) Personelle Mitbestimmungsrechte
= Befugnisse des Betriebsrats, an personellen Einzelentscheidungen und in allgemeinen personellen Angelegenheiten
mitzuwirken.
b) Soziale Mitbestimmungsrechte
= Mitbestimmungsrechte in Angelegenheiten, die unmittelbar die Belegschaft als Ganzes oder zumindest Gruppen von
AN betreffen. Das übliche Regelungsinstrument ist die Betriebsvereinbarung.
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c) Wirtschaftliche Mitbestimmungsrechte
= Mitbestimmungsrechte auf dem Gebiet der wirtschaftlichen und technischen Führung des Unternehmens sowie
Mitwirkung in Unternehmensorganen.
Nach der Intensität
Die einzelnen Mitwirkungsrechte greifen unterschiedlich tief in die Dispositionsgewalt des AG ein.
a) Auskunftsrechte
Der AG muss auf Fragen des Betriebsrats antworten.
b) Informationsrechte
Der AG muss dem Betriebsrat unaufgefordert Informationen anbieten.
c) Überwachungsrechte
Der AG muss dem Betriebsrat die zur Kontrolle erforderlichen Möglichkeiten einräumen sowie erforderliche Auskünfte
geben.
d) Beratungsrechte
Der AG ist verpflichtet, den Betriebsrat anzuhören und mit ihm in einen Meinungsaustausch einzutreten.
e) Imparitätische Mitentscheidungsrechte
Hier hat der Betriebsrat das Recht, in einer Minderheitenposition unmittelbar an der Fällung von Entscheidungen
mitzuwirken.
f) Einspruchs- bzw. Zustimmungsrechte
Bei den Einspruchsrechten kann der Betriebsrat die Entscheidung des AG vor einer Behörde anfechten; bei den
Zustimmungsrechten bedarf der AG zur Durchführung einer Maßnahme der (durch eine Behörde ersetzbaren)
Einwilligung des Betriebsrates.
g) Paritätische Mitentscheidungsrechte
Hier ist eine Willenseinigung zwischen AG und Betriebsrat mittels Abschluss einer Betriebsvereinbarung nötig.
Allgemeine Mitbestimmungsrechte (§§ 89-92 ArbVG)
Überwachungsrechte
Der Betriebsrat ist berechtigt und verpflichtet, die Einhaltung sämtlicher Rechtsvorschriften zu überwachen, die die AN
des Betriebes betreffen.
Auskunfts- und Informationsrechte
Auf Anfrage hat der AG dem Betriebsrat alle, die AN berührenden, Auskünfte zu geben. Von sich aus hat er über
automationsunterstützt aufgezeichnete, personenbezogene Arbeitnehmerdaten zu informieren. (CB „mündliche Fälle“)
Interventionsrechte
Selbstverständlich darf der Betriebsrat beim AG und bei sonstigen Stellen zu Gunsten der AN intervenieren.
Beratungsrechte
Der Betriebsrat hat das Recht, vom Betriebsinhaber in allen Fragen angehört zu werden, die die Belegschaft
interessieren. Vierteljährlich hat der AG den Betriebsrat zu einer Beratung einzuladen und ihn über die AN betreffenden
Probleme zu informieren.
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Soziale Mitbestimmungsrechte (§§ 94, 95 ArbVG)
Der Betriebsrat übt die meisten sozialen Mitbestimmungsrechte durch den Abschluss von Betriebsvereinbarungen aus
(siehe oben). Zusätzlich sieht das ArbVG diese auf zwei weiteren Gebieten vor.
Berufsausbildung und Schulung
Die Mitbestimmung umfasst nur generelle betriebliche Maßnahmen auf diesem Gebiet. Über geplante Maßnahmen ist
der Betriebsrat unverzüglich zu informieren. Er hat das Recht, an der Planung und Durchführung aller Maßnahmen
mitzuwirken, wobei Art und Umfang dieser Mitwirkung durch Betriebsvereinbarung zu regeln sind.
Schafft der AG betriebliche oder unternehmenseigene Schulungs- und Bildungseinrichtungen, so hat der Betriebsrat ein
Recht auf Teilnahme an der Verwaltung dieser Einrichtung. V.a. kann der Betriebsrat die Auflösung einer solchen
Einrichtung anfechten, das Gericht hat eine Interessenabwägung vorzunehmen.
Wohlfahrtseinrichtungen
Die Einrichtung einer Wohlfahrtseinrichtung liegt grundsätzlich im Ermessen des Betriebsinhabers.
Hat er eine solche Einrichtung aber geschaffen, so hat der Betriebsrat ein Teilnahmerecht an der Verwaltung. Eine
Auflösung kann dieser aber nur anfechten, wenn AN finanziell einen erheblichen Beitrag geleistet haben.
Wohlfahrtseinrichtungen müssen eine gewisse Institutionalisierung erfahren haben und sich an die Gesamtheit der
Belegschaft richten, unabhängig davon, welcher AN die Leistung in Anspruch nimmt.
Aus der bloßen Erbringung von Leistungen einer Wohlfahrtseinrichtung entsteht grundsätzlich kein Einzelanspruch eines
AN. Jedoch ist zu prüfen, ob eine finanzielle Einzelzuwendung vorliegt.
Personelle Mitbestimmungsrechte (§§ 98ff ArbVG)
Dazu gehören etwa bereits erörterte Mitbestimmungsrechte bei Vertragsanbahnung, Versetzung, Beförderung,
einvernehmliche Lösung, Kündigung und Entlassung; aber auch jede (nicht geregelte) Disziplinarmaßnahme bedarf der
Zustimmung des Betriebsrats.
Wirtschaftliche Mitbestimmungsrechte (§§ 108-112 ArbVG)
In Österreich hat der Gesetzgeber den AN bei wirtschaftlichen Fragen nur beschränkt Mitwirkungsrechte gewahrt.
Insbesondere hat der Betriebsrat kein Recht zur Teilnahme an der Fällung wirtschaftlicher Entscheidungen.
Besondere Informations- und Beratungsrechte
Der AG hat den Betriebsrat laufend über alle ökonomisch wichtigen Fragen, etwa über die wirtschaftliche Lage des
Unternehmens oder über geplante Umstrukturierungsmaßnahmen, zu informieren. Auch von geplanten
Betriebsänderungen muss der AG den Betriebsrat ehestmöglich in Kenntnis setzen.
Sozialplan
Der Sozialplan, bei dem es sich um eine Betriebsvereinbarung handelt, wird dennoch unter die wirtschaftlichen
Mitbestimmungsrechte eingereiht: er soll soziale Nachteile betriebswirtschaftlicher Entscheidungen verhindern oder
verringern.
Mitwirkung im Aufsichtsrat
Für Kapitalgesellschaften sieht das Gesetz die Teilnahme von Vertretern des Betriebsrats im Aufsichtsrat vor. Die
Durchdringung von Arbeits- und Unternehmensrecht führt zu Problemen, etwa weil das Aktiengesetz verbietet, dass AN
Mitglieder des Aufsichtsrats sein können. Die Mitglieder des Aufsichtsrats sind dem Unternehmen verantwortlich – aber
gilt das auch für Betriebsratsmitglieder?
Die Bestellung der Arbeitnehmervertreter
Der Aufsichtsrat setzt sich zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern zusammen, die vom Betriebsrat nominiert und
abberufen werden, wobei aber Betriebsräte aller Fraktionen ein Stimmrecht haben.
Besonderes gilt im Fall einer Konzernmutterschaft. Hier dürfen auch Betriebsrate von untergeordneten Unternehmen an
der Entsendung teilnehmen, wenn diese eine große Mehrheit der AN beschäftigen.
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Die Rechtstellung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat
Grundsätzlich haben Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat dieselben Rechte und Pflichten wie andere, mit ein paar
Ausnahmen. Für die Bestellung des Vorstandes und des Vorsitzenden des Aufsichtsrats ist eine doppelte Mehrheit
erforderlich, d.h. dass neben der einfachen Mehrheit auch noch die Mehrheit der Anteilseignervertreter erforderlich ist.
Einspruch gegen die Wirtschaftsführung
Der Betriebsrat kann in größeren Betrieben gegen wirtschaftliche Maßnahmen, die wesentliche Nachteile für die AN mit
sich bringen, Einspruch beim AG erheben. Richtet sich der Einspruch gegen eine geplante Betriebsstilllegung, so darf der
AG den Betrieb vier Wochen nicht stilllegen.
Weitere Sanktionen kennt das Gesetz nicht.
In Fragen von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung kann er weiters Einspruch bei der Staatlichen Wirtschaftskommission
einbringen, die in Form eines unverbindlichen Gutachtens „feststellen [kann], ob der Einspruch berechtigt ist“.
Tendenzschutz (§§ 132ff ArbVG)
Es existieren Unternehmen, die nicht nur wirtschaftliche, sondern vielmehr geistig-ideelle Ziele, die häufig in einem
Naheverhältnis zu Grundrechten stehen, verfolgen. Betriebe oder Unternehmen, die primär der Verfolgung solcher
geschützten Ziele (Tendenzen) dienen, bezeichnet man als Tendenzbetriebe oder Tendenzunternehmen.
Die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats sind beschrankt, wenn der Betrieb die besonders geschützten Ziele unmittelbar
verfolgt.
Einfacher Tendenzschutz
In Betrieben und Unternehmen, die politische, konfessionelle, wissenschaftliche, erzieherische oder karitative Zwecke
verfolgen, entfällt die gesamte wirtschaftliche Mitbestimmung. Gleiches gilt für Verwaltungsstellen juristischer Personen
des öffentlichen Rechts und der Österreichischen Nationalbank.
Qualifizierter Tendenzschutz
(1) Kirchen und Religionsgemeinschaften
Betriebe und Unternehmen von gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften, die konfessionellen Zwecken dienen,
unterliegen einem erweiterten Tendenzschutz. Das Betriebsverfassungsrecht ist in diesen Betrieben nur soweit
anzuwenden, als dem die Eigenart dieser Betriebe nichts entgegensteht.
(2) Theaterunternehmen
In Theaterunternehmen sind keine Zentralbetriebsrate zu bilden, keine Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat zu
entsenden und kein Einspruch gegen die Wirtschaftsführung zu tätigen.
(3) Medienbetriebe
Dienen Betriebe und Unternehmen Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, stehen dem Betriebsrat die
wirtschaftlichen Mitbestimmungsrechte nicht zu, soweit dadurch die politische Richtung dieser Betriebe beeinflusst
werden könnte.
Organzuständigkeit (§§ 113f ArbVG)
Das ArbVG nimmt eine präzise Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Betriebsräten in einem Unternehmen
vor. Zuständigkeitsüberschreitungen führen zur Unwirksamkeit dieser Handlungen des Betriebsrats.
Betriebe mit einheitlicher Belegschaft
Da hier nur ein einziger Betriebsrat besteht, stehen diesem sämtliche Mitbestimmungsrechte zu.
Betriebe mit geteilter Belegschaft
Der Betriebsausschuss ist zuständig zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen Mitbestimmungsrechte, des allgemeinen
Beratungsrechts sowie zum Abschluss solcher Betriebsvereinbarungen.
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Die Gruppenbetriebsräte sind zur Wahrung der personellen Mitbestimmungsrechte und zum Abschluss von
Betriebsvereinbarungen berufen, deren Geltungsbereich nur die von ihnen zu vertretende Belegschaft erfasst.
Bei den übrigen Befugnissen wird unterschieden, ob nur die Interessen einer Gruppenbelegschaft
(→ Gruppenbetriebsrat) oder die Interessen der Betriebsbelegschaft (→ Betriebsausschuss) betroffen sind.
Gegliederte Unternehmen
Im gegliederten Unternehmen gehen einige Aufgaben der Betriebsausschüsse auf den Zentralbetriebsrat über; wird ein
solcher nicht gebildet, gehen diese Mitbestimmungsrechte verloren.
Diese Aufgaben sind z.B. der Einspruch gegen die Wirtschaftsführung und die Bestellung von Arbeitnehmervertretern im
Aufsichtsrat.
Konzerne
Die Konzernvertretung hat das Recht zur Entsendung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat der
Konzernmutter und in den Europäischen Betriebsrat. Weiters hat sie ein allgemeines Recht auf Informationen sowie zur
Mitwirkung an Schulungs-, Bildungs- und Wohlfahrtseinrichtungen, sofern AN aus zumindest zwei Konzernunternehmen
betroffen sind.
Zuständigkeitsübertragung
Grundsätzlich gestattet der Gesetzgeber keine Zuständigkeitsübertragung. Davon existieren lediglich zwei Ausnahmen:
Gruppenbetriebsräte und Betriebsausschüsse können ihre Zuständigkeit für einzelne Fälle oder für bestimmte
Angelegenheiten auf den Zentralbetriebsrat übertragen; Betriebsräte können ihre Zuständigkeit zum Abschluss von
Betriebsvereinbarungen an die Konzernvertretung übertragen, wenn AN von mindestens zwei Unternehmen betroffen
sind und eine einheitliche Vorgangsweise des Konzerns erfolgt.
36. Der Arbeitskampf*
Arten und Verhaltensweisen, Rechtsgrundlagen, Auswirkungen auf den Arbeitsvertrag, Haftungsprobleme
Entgeltansprüche Arbeitswilliger
Zum weltweiten Erscheinungsbild des Arbeitslebens gehören Versuche, generelle Konflikte zwischen Arbeitnehmer- und
Arbeitgeberseite durch den Einsatz wirtschaftlicher Macht zu lösen.
AG können sich insb. weigern, mit bestimmten AN zu kontrahieren sowie Aussperrungen vorzunehmen, AN stehen
Streik und Aufrufe zu Boykott zur Verfügung.
Während Arbeitskämpfe früher strafrechtlich verfolgt wurden, sind heute lediglich zivilrechtliche Folgen
(Entlassung/Austritt, Schadenersatz) infolge einer Vertragsverletzung zu befürchten. Einige Rechtsordnungen gehen
jedoch noch einen Schritt weiter und anerkennen ein Recht zum Arbeitskampf, wodurch der Arbeitsvertrag nicht verletzt
wird.
Die Erscheinungsformen des Arbeitskampfes
Im Weiteren wird nur auf Streiks und Aussperrungen eingegangen.
Kampforganisation ist die Vorbereitung, Leitung und Durchführung eines Arbeitskampfes.
Kampfteilnahme besteht hingegen in der Unterlassung der Arbeitsleistung bzw. der Nichtzulassung zur Arbeit unter
Entgeltverweigerung.
Arbeitskämpfe müssen nicht die unmittelbare Erzwingung einer bestimmten Forderung zum Gegenstand haben, es
existieren etwa auch Warnstreik, Demonstrationsstreik und Sympathiestreik.
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Es haben sich viele verschiedene Kampftaktiken entwickelt, die v.a. daraus bestehen, nur wenige AN zur
Arbeitsniederlegung zu bewegen, und dennoch große Wirtschaftsbereiche lahm zu legen, um den AG zur
Entgeltfortzahlung für leistungsbereite, aber nicht einsetzbare AN zu zwingen.
Die Rechtslage in Österreich
Nur wenige Bestimmungen befassen sich ausdrücklich mit dem Arbeitskampf. So stellt das Koalitionsgesetz
Einschüchterungen und Gewaltanwendung im Arbeitskampf unter Strafsanktion.
Die EMRK verpflichtet den Staat zwar nicht, Arbeitskämpfe zu unterbinden, eine Anerkennung des Streikrechts ist aber
nicht abzuleiten.
Das Sozialrecht verpflichtet die staatliche Arbeitsmarktverwaltung zur Neutralität im Arbeitskampf: Die Vermittlung von
AN in einem von Arbeitskampf betroffenen Betrieb ist ebenso unzulässig wie die Vermittlung streikender oder
ausgesperrter AN.
Die Organisation eines Arbeitskampfes ist im privaten Sektor weder strafrechtlich noch zivilrechtlich als Delikt
anzusehen. Die Kampfteilnahme stellt aber eine wesentliche Vertragsverletzung dar.
Die Kampforganisation
Strafrechtlich ist die Kampforganisation grundsätzlich nicht bedenklich (Ausnahme: Besondere Zielsetzungen).
Zivilrechtlich kann die Organisation eines Arbeitskampfes rechtswidrig sein, wenn sie gegen ein Gesetz (etwa gegen das
Verbot des Arbeitskampfes zur Errichtung einer Betriebsvereinbarung), gegen die guten Sitten oder eine
rechtsgeschäftlich übernommene Pflicht verstößt.
Zu beachten ist weiters die Friedenspflicht der Kollektivvertragsparteien.
Die Kampfteilnahme
Die bloße Niederlegung der Arbeit ist nicht strafbar. Sie kann es aber bei Teilnahme an einem strafbaren Arbeitskampf
werden.
Zivilrechtlich stellt die Teilnahme an einem Streik oder an einer Aussperrung bei aufrechtem Arbeitsvertrag eine
rechtswidrige Vertragsverletzung dar.
Ergänzende Maßnahmen
Der Einsatz von Gewalt oder Einschüchterung, um AN oder AG zur Teilnahme an der Ausübung ihres freien Entschlusses
zu hindern, sind unzulässig.
Entgeltansprüche
Streikende AN besitzen keinen Anspruch auf Entgelt; arbeitswillige, ausgesperrte AN jedoch schon.
Strittig ist der Entgeltanspruch jener AN, die sich leistungsbereit erklären, vom AG aber deshalb nicht beschäftigt werden
können, weil der Betrieb durch einen Streik lahmgelegt wurde. Jedenfalls muss die Arbeitsbereitschaft streng auf ihre
Ernsthaftigkeit überprüft werden, was insb. Zweifelhaft ist, wenn der Erfolg des Streiks auch diesen AN nutzen würde.
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ERFORDERLICHE VORKENNTNISSE AUS BÜRGERLICHEM RECHT
 Auslegung von Gesetzen und Verträgen
 Allgemeines zum Rechtsgeschäft (insb Willenserklärung, Willensmängel, Zustandekommen von Verträgen,
Konversion)
 Dauerschuldverhältnisse
 Schutz- und Sorgfaltspflichten
 Leistungsstörungen
 Konventionalstrafe
 Vertrag zu Gunsten Dritter
 Handeln ohne Vertretungsmacht
 Auslobung
 Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge
 Grundbegriffe des Schadenersatzrechts
 Drittwirkung der Grundrechte
 vorvertragliche Pflichten
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