Prof. Dr. Andreas Fisahn Wintersemester 2014/2015 Hausarbeit

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Prof. Dr. Andreas Fisahn
Wintersemester 2014/2015
Hausarbeit Öffentliches Recht: Grundrechte
Stille Feiertage und die Leiden des jungen Atheisten
Atheist A hat endlich mal frei und möchte es so richtig krachen lassen. Als er sich am
Gründonnerstagabend (17. April 2014) im Internet informiert, welche Disco er morgen
aufsuchen könnte, fällt ihm auf, dass am Karfreitag (18. April 2014) keine einzige Disco
geöffnet hat. Schnell findet er heraus, dass dies an einer gesetzlichen Regelung liegt.
Laut § 6 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m Abs. 3 Nr. 1 Feiertagsgesetz NRW (FTG NRW) sind alle der
Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen einschließlich Tanz bis zum nächsten
Tag 6 Uhr verboten.
Er schäumt vor Wut. Er dachte bisher, dass er in einem Land lebe, in dem es eine strikte
Trennung von Religion und Staat gäbe. Nun verbietet der Staat aus Rücksicht auf einen
religiösen Feiertag Tanzveranstaltungen. A meint, so kann das nicht weitergehen. Man
müsse gegen diesen „Unsinn“ konkret ein Zeichen setzen, was könnte da besser sein, als
Tanzen gegen das religiöse Tanzverbot. Er ruft spontan für den nächsten Tag (Karfreitag)
über Facebook alle Leute zu einem Tanzprotest gegen den „Kirchenstaat“ um 10 Uhr auf
dem Rathausplatz auf. Am Tag seiner Tanzveranstaltung kontaktiert er auch so schnell wie
möglich die zuständige Behörde und verlangt eine Ausnahmegenehmigung für seinen
„Tanzprotest“ nach § 10 Abs. 1 FTG NRW. Die Behörde lehnt dies jedoch ab. Der Karfreitag
sei ein stiller Feiertag, an dem Christen aller Konfessionen des Leidens und Sterbens Jesu
Christi gedenken. Veranstaltungen mit Tanzelementen werden diesem ernsten Anlass nicht
gerecht. Zumal das Feiertagsgesetz Ausdruck der Religionsfreiheit sei. Schon seit der
Verfassung der Weimarer Republik seien die Feiertage besonders geschützt. A könne
schließlich nach den Feiertagen seinen Tanzprotest veranstalten oder am Karfreitag eine
stille Mahnwache abhalten, dies würde den ernsten Charakter des Feiertages nicht
beeinträchtigen.
Durch diese „ungeheuerliche“ Begründung noch mehr bestärkt in seinem Anliegen sagt er
den „Tanzprotest“ nicht ab. Er mietet eine Musikanlage, malt Transparente und bastelt
Schilder u.a. mit folgender Aufschrift „Ihr könnt beten, aber lasst uns Tanzen“, „Religion ist
Privat- und keine Staatssache“. Als es dann um 10 Uhr soweit ist, stellt A ernüchternd fest,
dass außer ihm nur zwei weitere Leute seinem Aufruf gefolgt sind. A nimmt es gelassen,
händigt seinen zwei Mitstreitern die Plakate aus, dreht die Musikanlage auf, verteilt
alkoholische Getränke an alle und lässt den Tanz beginnen.
Es dauert jedoch nicht lange, da wird die Polizei auf die „wildtanzenden“ und amüsierten
Personen auf dem Rathausplatz aufmerksam, der jedoch ansonsten leer ist. Nachdem sie
die Teilnehmer erfolglos zur Beendigung angemahnt hat, löst die Polizei die „Party“ unter
Berufung auf §§14 I, 15 Abs. 3 VersG auf. A hätte seine Veranstaltung nicht rechtzeitig
angemeldet, die 48 Stundenfrist sei längst abgelaufen, außerdem seien solche „Partys“ gar
nicht durch die Versammlungsfreiheit geschützt.
A ist empört und meint, er brauche keine Anmeldung, außerdem stehe ihm eine
Ausnahmegenehmigung zu. Sein Tanz-Protest hindere niemanden an der Ausübung seiner
Religion. Diejenigen die sich gestört fühlen, könnten der Veranstaltung fern bleiben. Es
könne nicht angehen, dass er aus religiösen Motiven - die er nicht teilt - an seinem Recht auf
Versammlungsfreiheit gehindert werde. Außerdem fühle er sich neben anderen
Grundrechten auch noch in seinem Recht auf Gleichbehandlung verletzt. In Bremen seien
nur solche Versammlungen verboten, die geeignet seien, den Gottesdienst unmittelbar zu
stören. Zumindest seien Tanzveranstaltungen nicht explizit verboten. Es ist ungerecht, dass
die Bürger von Bremen mehr von der Versammlungsfreiheit Gebrauch machen können als
die Bürger von NRW. In seinem Fall sei weit und breit keine Kirche zu sehen und
Publikumsverkehr habe es auch kaum gegeben. Außerdem seien heutzutage mittlerweile
nur noch 60 % der Bevölkerung Christen. Da A vorhat, auch künftig seinen Tanz-Protest am
Karfreitag auszuüben, erhebt er Klage gegen die Verweigerung der Ausnahmegenehmigung
und gegen die Auflösung seiner Veranstaltung wegen der verfristeten Anmeldung. Auf
Grundlage dieses Falles bildeten sich in mehreren Städten ähnliche atheistische Initiativen,
die das Anliegen des A ebenfalls verfolgen. Der Sachverhalt erlangte sogar so große
Bedeutung, dass sowohl Landesregierung und die Landesanwaltschaft NRW ausführlich
Stellung genommen haben.
Dennoch bleibt die Klage des A vor allen Instanzen erfolglos, so dass er gegen das
letztinstanzliche Urteil vor dem Bundesverfassungsgericht klagt. Kurz vor Abschluss des
Verfahrens stirbt A. Die Klage war entscheidungsreif und durch den Senat ausführlich
beraten worden.
Bearbeitervermerk:

Gehen Sie auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen ggf. hilfsgutachterlich ein.

Unterstellen Sie, dass keine Landesverfassungsgerichtsbarkeit besteht und die
Gesetze formell verfassungskonform sind.

Karfreitag ist nach dem Feiertagsgesetz ein anerkannter staatlicher Feiertag.
Umfang der Arbeit:
Ca. 25 Seiten, Seitenränder 5 cm links, 2 cm rechts
Abgabe in Papierform, keine Datenträger
Abgabetermin:
Dienstag, 7. April 2015 im H-Gebäude, 1. Etage, Raum 128
(bis 15.00 Uhr) oder per Post (Poststempel gilt)
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