Seminaren 3

Werbung
Psychiatrie
Sem 3
Psychiatrische Krankheitslehre - Klassifikation
Entwicklung und Probleme
Die Psychiatrie versucht, wie jede andere Wissenschaft, ihre Phänomene des
Untersuchungsbereichs nach bestimmten phänomenologischen und
kausalen Gesichtspunkten zu ordnen.
Die Klassifikation psychischer Störungen wird unter verschiedenen
Gesichtspunkten kritisiert (idiographischen: Einmaligkeit des Individuums
„antipsychiatrischen„: als „Etikettierung„).
Die Klassifikation psychischer Störungen ist die Voraussetzung für die
Erforschung der Entstehungszusammenhänge und damit die Grundlage
für die Behandlung psychischer Störungen.
Die psychiatrische Klassifikation findet auch in den wichtigsten
psychotherapeutischen Richtungen zunehmende Akzeptanz bzw. hat
sogar Konzepte von dort übernommen.
Die derzeit gebräuchlichsten psychiatrischen Klassifikationssysteme sind
als vorläufig und in vielen Punkten nicht befriedigend anzusehen.
Insbesondere geht es dabei um Fragen der Validität und Reliabilität
verschiedener Diagnosen.
Diese psychiatrischen Klassifikationssysteme sind keine realen Entitäten,
sondern Konstrukte und damit vom jeweiligen Stand der Theorie
abhängig.
Psychiatrische Krankheitslehre - Klassifikation
Kraepelin gelang es, unter gleichzeitiger Berücksichtigung des klinischen
Gesamtbildes im Quer- und Längsschnitt, seiner therapeutischen
Beeinflussbarkeit und seiner pathologisch-anatomischen sowie
ätiologischen Grundlagen „Krankheitseinheiten" in seinem System zu
vereinigen.
An Stelle von Krankheitsdiagnosen -Syndromdiagnosen, d. h. Diagnosen,
die die Hauptsymptomatik zusammenfassen (z. B. depressives Syndrom).
Die derzeit verfügbaren Diagnosesysteme gehen oft von Einheiten aus, die
zwischen syndromatischer und nosologischer Einheit stehen.
In wesentlichen Zügen hat sich die von Kraepelin erarbeitete Klassifikation bis
heute weltweit durchgesetzt. Die Unspezifität psychischer Störungen
hinsichtlich der Ursachen wurde später als Folge der Interferenz von
mehreren ätiopathogenetisch relevanten Faktoren (genetische Disposition,
Biografie, Primärpersönlichkeit, Noxe) interpretiert. Man spricht in diesem
Sinne von einer Multikonditionalität bzw. multifaktoriellen Bedingtheit
psychischer Störungen
Das triadische System der psychiatrischen Nosologie
multifaktoriellen Bedingtheit psychischer Störungen
Nicht nur die Grundkonzeption der Kraepelinschen „Krankheitseinheiten"
wurde immer wieder in Frage gestellt, auch seinen speziellen
nosologischen Klassifikationen traten Kritiker entgegen.
Zentrale Bedeutung hat die folgende Einteilung („pathogenetische Trias„)
-exogene Störungen: Nachweis einer Erkrankung des Gehirns oder
sonstigen körperlichen Erkrankung
-endogene Störungen: biologische Anlagefaktoren haben zentrale
Bedeutung
-psychogene Störungen: psychodynamische bzw. erlebnisreaktive
Faktoren spielen eine Rolle.
Die multifaktorielle Betrachtungsweise kann besonders im Einzelfall zu
relevanten therapeutischen Schlussfolgerungen führen. Die
schizophrene Erkrankung eines Patienten kann zwar z. B. maßgeblich
auf einer hereditären Disposition beruhen, zusätzlich kann aber ein
frühkindlicher Hirnschaden die Vulnerabilität erhöhen. Zur manifesten
Erkrankungkommt es z. B., wenn zusätzlich psychische Belastungen
auftreten.
Systematisierung und Operationalisierung der
psychiatrischen Störungen nach ICD und DSM
Mit dem ICD („International Classification of Diseases") wurde erstmals
eine international verbindliche Klassifikation der psychiatrischen
Erkrankungen geschaffen, die im Wesentlichen auf dem nosologischen
System Kraepelins basiert, aber in der ICD ist der übergeordnete
Klassifikationsgrund ein syndromatologischer. In der ICD-9 ist eine
multikategoriale Diagnostik eingeführt.
DSM-System: Das 1980 in den USA eingeführte DSM-System („Diagnostic
and Statistical Manual of Mental Disorders") ist z. T. nach anderen
Einteilungsgründen konzipiert Der besondere Vorteil des DSM-Systems
liegt in einer strikten Operationalisierung der Kriterien für die
Erstellung einer Diagnose
Im DSM-System wurde eine multiaxiale Klassifikation eingeführt:
-Achse I: aktuelles psychopathologisches Syndrom
-Achse II: Persönlichkeitsstörung
-Achse III: körperliche Erkrankung
-Achse IV: situative Auslöser
-Achse V: soziale Adaptation.
Die heute gültige Fassung ist das DSM-IV.
Systematisierung und Operationalisierung der
psychiatrischen Störungen nach ICD und DSM
ICD-10: Die 1991 von der WHO eingeführte ICD-10 knüpft an der Strategie der
Operationalisierung des DSM-Systems an. Es wurde versucht, die ICD-10
so weit wie möglich mit dem DSM-IV kompatibel zu machen (s. Tab. 3.3).
Ein Vorteil beider diagnostischer Systeme ist, dass sie stärker als früher
möglich, der Komorbidität Rechnung tragen.
Welches diagnostische System soll man benutzen?
Die Charakterisierung der einzelnen Erkrankungen weicht in den neuen
operationalisierten Diagnosesystemen z.T. erheblich von der traditionellen
psychiatrischen Krankheitslehre ab.
Eine Reihe von Gründen ist bei der Entscheidung zu berücksichtigen, u.a. die
Kontinuität mit der bisherigen Tradition, Berücksichtigung neuerer
Forschungsergebnisse sowie der Grad der Operationalisierung.
Die Klassifikation nach ICD-10 ist das von der WHO international
vorgeschriebene und auch für Deutschland verbindliche
Klassifikationssystem
Herunterladen