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Hans-Ulrich Wagner
Projekt Theodor Heuss – Juli 2004
Zeitgenössische HeussDarstellung (1998)
1884 - 1902 Kindheit und Jugend
Schwäbische Herkunft
Theodor Heuss wurde am
31.1.1884 als Sohn von Louis und
Elisabeth Heuss in Brackenheim,
nahe Heilbronn, geboren.
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1884 - 1902 Kindheit und Jugend
Kindheit in abseitigem Oberamtsstädtchen
„Brackenheim war damals ein
abseitiges Oberamtsstädtchen
von etwa 1500 Einwohnern,
ohne Bahnverbindung, ohne
Industrie, mit rein ländlichem
Charakter.“
Heuss‘ Geburtshaus
„Mein Vater hatte das
Straßenwesen des Bezirks
unter sich und war viel
unterwegs.“
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1884 - 1902 Kindheit und Jugend
Jugend in Heilbronn
Nach dem Umzug der Familie nach Heilbronn im Jahre 1890 trat
Theodor 1892 in das dortige Karls-Gymnasium ein, wo er 1902
sein Abitur ablegte.
Abiturklasse
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1884 - 1902 Kindheit und Jugend
Geistige Prägung durch Schule und Familie
„Der geistige und seelische Einfluss des Elternhauses ist für
mich unendlich viel wichtiger gewesen als die Schule.“ Von früh
an fördert der Vater das politische Interesse seiner Söhne und
unterstützte Freizeitaktivitäten wie Dichten, Zeichnen, Wandern,
Turnen und Tanzen.
Die Schule habe er „nie ernst genommen“. Dennoch verteidigt
Heuss später das humanistische Gymnasium: „Golgatha, die
Akropolis in Athen, das Capitol in Rom. Aus allen ist das
Abendland geistig gewirkt, man darf alle drei, man muß sie als
Einheit sehen.“
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1803 - 1918 Studium und Beruf
Studium in München
1902 begann Theodor Heuss in München das Studium der
Staatswissenschaften und der Nationalökonomie, das er 1905
mit dem Doktorgrad abschloss (Dissertation über Weinbau und
Weingärtnerstand in Heilbronn am Neckar).
Schon während der Schulzeit schrieb er Texte und Artikel. 1902
wurde erstmals einer seiner Aufsätze in der „Neckar-Zeitung“
veröffentlicht. Ebenfalls bereits in den letzten Schuljahren lernte
er die Zeitschrift „Die Hilfe“ kennen.
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1803 - 1918 Studium und Beruf
Erste journalistische Tätigkeiten
Heuss begeisterte sich für den Herausgeber von „Die Hilfe“,
Friedrich Naumann, einen evangelischen Pfarrer und liberalen
Sozialreformer, dessen charismatische Ausstrahlung ihn
faszinierte.
1905 zog Heuss nach Berlin, wurde
Redaktionsmitglied bei „Die Hilfe“ und
übernahm ab 1907 die politische Redaktion.
So wurde er einer der engsten Mitarbeiter
von Naumann.
Vor der Reichstagswahl 1907 setzte sich
Heuss dafür ein, Friedrich Naumann als
Kandidaten in Heilbronn aufzustellen.
Naumann wurde Abgeordneter des
Reichstags.
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1803 - 1918 Studium und Beruf
Friedrich Naumann
In Naumanns Ideenwelt sah Heuss die
entscheidenden Ansätze für
fortschrittliche bürgerliche Politik.
„Naumann war kein Mann, dem es
genügen mochte, seine Erkenntnisse und
Lehren vorzutragen, [...] er war getragen
von einer inneren Leidenschaft zur
schöpferischen Arbeit. [...] Er gab nicht
immer die glatten Lösungen, aber er
entließ uns so, daß wir alle reicher
geworden waren.
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1803 - 1918 Studium und Beruf
Elly Heuss-Knapp
Im Hause Naumann lernte Heuss 1905 die
Straßburger Professorentochter Elly Knapp
kennen, wie er eine begeisterte Anhängern
von Naumann.
„Sie ist ein kluges und fröhliches Mädchen
und mit einem Fond von Persönlichkeit,
Wille, Kraft, Frische ausgestattet, der
überaus wohltuend weiterwirkt.“
1908 heirateten Heuss und Elly Knapp in Straßburg. Sie wurden
getraut von Albert Schweitzer, der zum Freundeskreis von Elly
Knapp gehörte.
1910 wurde der Sohn Ernst Ludwig geboren.
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1803 - 1918 Studium und Beruf
Journalist in Heilbronn
1912 zog die junge Familie nach Heilbronn,
wo Th. Heuss bis 1917 die Chefredaktion
der „Neckar-Zeitung“ übernahm, ab 1913
auch die Redaktion der politischen
Zeitschrift „März“.
Er verfehlte den Einzug in das
Württembergische Parlament.
1918 zog die Familie nach Berlin, da sich
Heuss dort neue berufliche und politische
Perspektiven öffneten.
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1919 - 1933 Während der Weimarer Republik
Publizistische Tätigkeiten in der Weimarer Republik
Der überzeugte Demokrat verfolgte
das politische Geschehen in der
jungen Republik zunächst als
außenstehender Kommentator.
Heuss war Schriftleiter der
politischen Zeitschriften „Deutsche
Politik“ (1918 – 1922) und „Die
Deutsche Nation“ (1923 – 1926).
Daneben publizierte er zahlreiche
Artikel und verfaßte mehrere
Bücher.
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1919 - 1933 Während der Weimarer Republik
Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus
Als Gegner des Nationalsozialismus hat
sich Heuss mit Hitlers „Mein Kampf“ sowie
weiteren nationalsozialistischen Schriften
intensiv auseinandergesetzt. Hieraus
entstand die Studie „Hitlers Weg“ (11931;
81932; Übersetzungen in verschiedene
Sprachen).
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1919 - 1933 Während der Weimarer Republik
Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus
Die Gefährdung durch Hitler und seine Partei hatte Heuss
zunächst unterschätzt. Wie andere Zeitgenossen meinte er, man
könne Hitler und den Nationalsozialismus sich in der
Regierungsverantwortung abnutzen lassen. Auch glaubte Heuss,
dass Hitler „aus seiner Natur heraus an die Voraussetzungen
des demokratischen Betriebes gebunden“ sei.
Die prinzipielle Andersartigkeit der NSDAP im Vergleich zu
anderen Parteien wurde Heuss nicht bewusst. In einer späteren
Beurteilung seines Hitler-Buches begründete er seine
Fehleinschätzung folgendermaßen: „ [...] weil unsere an sich so
wohlbürgerliche Erziehung uns nicht befähigt, mit der Phantasie
soviel sinnlose und dumme Brutalität geschichtlich für möglich
zu halten“.
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1919 - 1933 Während der Weimarer Republik
Mitglied des Deutschen Reichstags
Nach mehrjährigem Engagement als Kommunalpolitiker in Berlin
gelingt Heuss 1924 der Einstieg in die „große Politik“. Im dritten
Anlauf wird er in den Reichstag gewählt, dem er 1924 - 1928
und 1930 - 1932 als Abgeordneter der linksliberalen Deutschen
Demokratischen Partei (DDP) angehört.
Im Reichstag erlebt Heuss den Niedergang der demokratischen
und insbesondere liberalen Parteien mit. 1933 zieht er für die
DDP-Nachfolgeorganisation, die Deutsche Staatspartei, erneut
in den Reichstag ein. Diese erhält lediglich noch 0,9 % der
Wählerstimmen.
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1919 - 1933 Während der Weimarer Republik
Heuss und die Nationalsozialisten im Reichstag
Verhandlungen des Reichstags, 5. Wahlperiode, Bd. 446. Rede
von Heuss am 11. Mai 1932.
„Herr Dr. Goebbels, ich vertrete hier meine Auffassung, ... und
Sie haben einmal einen Augenblick die Freundlichkeit, Ihr
erregtes Getue zu mäßigen, soweit Ihnen das möglich ist. Ich
werde mir nachher das Vergnügen machen, mich auch mit Ihnen
noch etwas zu unterhalten. Aber Sie müßten eigentlich wissen,
daß Ihnen für diese Reichstagssession in toto ein anständiges,
manierliches und biederes Verhalten zur Auflage gemacht
worden ist. [...] Ich möchte Sie deshalb bitten, diese Anweisung
auch während meiner Rede mitzuberücksichtigen.“
(Erneute Heiterkeit in der Mitte und bei den Sozialdemokraten)
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1919 - 1933 Während der Weimarer Republik
Heuss und die Nationalsozialisten im Reichstag
Mit der Forderung nach anständigem Verhalten setzte sich
Heuss gegen die Polemik der Nationalsozialisten im Reichstag
zur Wehr. Vom Dritten Reich erwartete er, dass seine
Ausstattung „aus einem Großausverkauf von neulackierten und
aufgeputzten Ladenhütern der wilhelminischen Epoche bezogen
sein“ werde. Hiervon, so Heuss, „haben wir, denke ich, genug
gehabt.“ Mit Göring, der tags zuvor Reichskanzler Brüning
Bismarck als Vorbild empfohlen hatte, hätte er gern etwas
Geschichte treiben wollen. „Nach welchem Geschichtsbuch hat
eigentlich Herr Göring Bismarcksche Zeit gepaukt“? Er erwähnte
die Unterdrückung der katholischen Kirche und der
Sozialdemokratie unter Bismarck und wies auf die Tragik der
Bismarckschen Innenpolitik hin, dass er „die Kräfte des Volkes
selber nicht an die staatliche Verantwortung herangeführt“ habe.
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1919 - 1933 Während der Weimarer Republik
Heuss und die Nationalsozialisten im Reichstag
Heuss kritisierte den Rassenwahn der Nationalsozialisten wie
auch die Autarkiebestrebungen. Wer dieses fordere, müsse
gleichzeitig den Mut aufbringen, auszusprechen, dass dann die
Aufgabe gestellt ist, den Hunger weiterer Millionen in
Deutschland zu organisieren. Wer Autarkie fordere, verzichte
gleichzeitig auf den besten Rohstoff, den Deutschland besitze,
das Hirn der Erfinder, die Ausbildung der Menschen, die
Zuverlässigkeit des deutschen Facharbeiters.
Bei aller Schärfe der Auseinandersetzung blieb Heuss im Ton
moderat. Seine ironischen, geistreichen und in geschliffener
Rhetorik vorgetragenen Bemerkungen führten häufig zu
Heiterkeit im Plenum, eine Seltenheit in dieser Zeit, die geprägt
war durch die Polemik radikaler antidemokratischer Kräfte.
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1919 - 1933 Während der Weimarer Republik
Heuss und das „Ermächtigungsgesetz“
„Jeder von uns, der als Publizist oder als ‚Politiker‘ zu
Entscheidungen gezwungen war, die er später bedauerte, hat
Dummheiten gemacht. Doch dieser Begriff ist zu schwach für die
Zustimmung zu diesem Gesetz. [...] Ich wusste schon damals,
daß ich dieses ‚Ja‘ nie mehr aus meiner Lebensgeschichte
auslöschen könne.“
Heuss 1967 im Rückblick auf seine Zustimmung zum
„Ermächtigungsgesetz“
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1919 - 1933 Während der Weimarer Republik
Heuss und das „Ermächtigungsgesetz“
Im März 1933 beschloss der Reichstag mit Unterstützung der
bürgerlichen Parteien das sogenannte „Ermächtigungsgesetz“.
Dieses ermöglichte es Hitlers Regierung vier Jahre lang ohne
Zustimmung des Reichstags Gesetze zu erlassen und stellte
somit einen Ausgangspunkt der Nazi-Diktatur dar.
Heuss beugte sich der Mehrheit in seiner Fraktion, die dem
Gesetz geschlossen zustimmte. Grundlage dieser Entscheidung
war die Überzeugung, durch die Legalisierung des NS-Regimes
den Terror auf den Straßen zu beenden sowie die taktische
Überlegung, den demokratischen Parlamentariern dadurch
Einflussmöglichkeiten zu erhalten. Dies wird sich später als
eklatante Fehleinschätzung herausstellen.
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1919 - 1933 Während der Weimarer Republik
Rückzug aus der Politik
Ausschluss aus dem
Reichstag
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1919 - 1933 Während der Weimarer Republik
Rückzug aus der Politik
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Heuss
sein Reichstagsmandat aberkannt, da er auf Vorschlag der
verbotenen SPD gewählt worden sei. Die Deutsche Staatspartei
hatte sich bereits zuvor selbst aufgelöst. Die Möglichkeiten zur
publizistischen Arbeit wurden stark eingeschränkt, seine Bücher
teilweise indiziert und bei der „Reichskristallnacht“ verbrannt.
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1934 - 1944 Im Dritten Reich
Innere Emigration
Während der NS-Herrschaft lebte Heuss zurückgezogen in
Berlin, später nahe Heidelberg. Zunächst konnte er noch unter
einem Pseudonym in der Presse politische Texte veröffentlichen,
später war ihm auch dies nicht mehr möglich.
In dieser Zeit machte er sich als Verfasser großer Biografien
einen Namen. Unter anderem schrieb er über Robert Bosch und
Friedrich Naumann. Den Lebensunterhalt sicherte derweil seine
Frau Elly Heuss-Knapp als Werbetexterin.
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1945 - 1949 Politischer Wiederaufbau
Wiederaufbau der liberalen Parteien
Nach den Neugründungen liberaler Parteien in allen
Besatzungszonen scheiterte 1947/48 der Zusammenschluss der
liberal demokratischen Verbände zur Demokratischen Partei
Deutschlands (DPD) an der zunehmenden
Auseinanderentwicklung von Ost- und Westzone.
Am 11./12. Dezember 1948 kam es nach einigen Debatten über
die Namensgebung und die politische Ausrichtung zur
Neugründung der Freien Demokratischen Partei (FDP). Theodor
Heuss wurde zum Vorsitzenden der Partei gewählt.
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1945 - 1949 Politischer Wiederaufbau
Der Parlamentarische Rat
Im Juli 1948 wurde der Parlamentarische Rat als
„verfassungsgebende Versammlung für einen danach zu
gründenden deutschen Staat“ einberufen. Als Mitglied des
Baden-Württembergischen Landtags wurde Heuss dorthin
entsandt. Nicht zuletzt das Vertrauen des Rats-Vorsitzenden
Konrad Adenauer ermöglichte Heuss eine maßgebliche
Beteiligung am Entwurf des Grundgesetzes, welches schließlich
am 23. Mai 1949 in Kraft trat.
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1949 - 1959 Heuss als erster Bundespräsident
Wahl zum Bundespräsidenten 1949
Obwohl Heuss einer Kandidatur zum Amt des
Bundespräsidenten skeptisch gegenüberstand und auch seine
Frau Elly zunächst der Meinung war, dass ein „jüngeres Paar“
für diesen Posten besser geeignet sei, ließ sich Heuss aufstellen
und setzte sich bei der Wahl der Bundesversammlung am 12.
September 1949 im zweiten Wahlgang gegen die Kandidaten
Kurt Schumacher (SPD) und Rudolf Amelunxen (Zentrum)
durch.
Adenauer bereitet der CDU-FDP-Regierungskoalition durch
diese Wahl den Weg. Innerparteiliche Kritik, etwa, dass Heuss
nicht kirchenfreundlich genug sein, räumt er beiseite mit dem
Hinweis auf Heuss fromme Frau – „das genügt.“
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1949 - 1959 Heuss als erster Bundespräsident
Heuss‘ Selbstverständnis als Präsident
Das Präsidentenamt in der jungen Bundesrepublik verstand
Heuss so, dass es „den Sinn hat, über den Kämpfen, die
kommen, die nötig sind, die ein Stück des politischen Lebens
darstellen, nun als ausgleichende Kraft vorhanden zu sein“.
Er wollte jedoch „nicht bloßer Repräsentationsonkel sein,
sondern [...] bedacht bleiben, Würde mit Einfachheit, Klugheit
und Festigkeit zu verbinden.“
Zu seinen Haupttätigkeiten zählten Reisen, darunter
Staatsbesuche, zu Beginn vor allem in die einzelnen
Bundesländer, sowie eine Vielzahl von Reden.
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1949 - 1959 Heuss als erster Bundespräsident
Das Verhältnis von Heuss und Adenauer
ö
Der überraschende Vorschlag
„Wer schlägt den Bundeskanzler vor...
Ich schlage den Bundeskanzler vor...
Herr Bundeskanzler!“
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1949 - 1959 Heuss als erster Bundespräsident
Staatsbesuch in Freiburg 1950
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1949 - 1959 Heuss als erster Bundespräsident
Wichtige Reden: Auszug aus der Antrittsrede vom 12. September 1949
„Deutschland braucht Europa, aber Europa braucht auch
Deutschland. Wir wissen es im Geistigen: Wir sind in der
Hitlerzeit ärmer geworden, als uns die Macht des Staates
vor dem Leben der Völker absperrte. Aber wir wissen auch
dies: Die anderen würden ärmer werden ohne das, was
Deutschland bedeutet. Wir stehen vor der großen Aufgabe,
ein neues Nationalgefühl zu bilden. Eine sehr schwere
erzieherische und erlebnismäßige Aufgabe, dass wir nicht
versinken und steckenbleiben in den Ressentiments, in das
das Unglück unseres Staates viele gestürzt hat, und dass
wir nicht ausweichen in hochfahrende Hybris, wie es ja nun
bei den Deutschen oft genug der Fall war.“
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1949 - 1959 Heuss als erster Bundespräsident
Wichtige Reden: Mut zur Liebe, 7. Dezember 1949
„Es hat keinen Sinn, um die Dinge herumzureden. Das
scheußliche Unrecht, das sich am jüdischen Volk vollzogen hat,
muss zur Sprache gebracht werden in dem Sinne: Sind wir, bin
ich, bist du schuld, weil wir in Deutschland lebten, sind wir
mitschuldig an diesem teuflischen Verbrechen? ... Man hat von
einer »Kollektivschuld« des deutschen Volkes gesprochen. Das
Wort Kollektivschuld ... ist aber eine simple Vereinfachung ...
Aber etwas wie eine Kollektivschuld ist aus dieser Zeit
gewachsen und geblieben. ... Ich weiß: das, was ich hier sagen
werde, wird manche Leute ärgern ... Wir dürfen nicht einfach
vergessen, dürfen auch nicht Dinge vergessen, die die
Menschen gerne vergessen möchten, weil das so angenehm
ist.“
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1949 - 1959 Heuss als erster Bundespräsident
Eine der zahlreichen Anekdoten um Theodor Heuss
Die bei Theodor Heuss nie ausgehende Zigarre regte oft zu
Schätzungen und Kalkulationen über seinen täglichen Konsum
an, und man hätte eben zu gern die genaue Anzahl gewusst. Bei
einem Staatsbesuch beugte sich Bundeskanzler Adenauer über
den Tisch und fragte vertraulich:
„Sajen Se mal, Herr Bundespräsident, wieviel Zijarren rauchen
Se nu wirklich am Tach?“
Theodor Heuss reagierte: „Von Ihnen, Herr Bundeskanzler hätte
ich eine intelligentere Frage erwartet!“
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1961
Heuss als Namensgeber
Auszug aus dem Schreiben des Schulleiters Dr. Kükelhahn
an Heuss vom 27.4.1961
„Kollegium, Schülerschaft und Elternschaft richten durch mich
nunmehr an Sie, hochverehrter Herr Professor, die inständige
Bitte, uns zu gestatten, daß das Gymnasium für Jungen Wolfenbüttel künftighin Ihren Namen trägt. Wir wünschen damit nicht
nur den Dank einer norddeutschen Stadt für Ihre Verdienste um
die Wiederherstellung des Ansehens unseres Vaterlandes in der
Welt zum Ausdruck zu bringen, sondern auch unsere aufrichtige
Verehrung einem Manne gegenüber zu bezeigen, dessen
geistige Weite und dessen echte Menschlichkeit hier, an den
Stätten Lessings und Wilhelm Raabes von der Jugend vielleicht
stärker gespürt wird als anderswo.“
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1961
Heuss als Namensgeber
Auszug aus der Antwort von Theodor Heuss vom 29.4.1961
„Daß eine Höhere Lehranstalt in Wolfenbüttel meinen Namen
tragen soll, hat für mich etwas Rührendes. Es liegen Jahrzehnte
dazwischen, daß ich diese Stadt einmal besucht habe – als
höchst unbedarfter Kunstreisender. Nun soll also mein Name mit
dieser Stadt verbunden werden. …
Ein bißchen muß ich vermuten, daß die Kontrolle meiner eigenen Schulzeit vorher nicht vollzogen wurde, die in meinem vor
Jahren erschienenen Buch „Vorspiele des Lebens“ erzählt ist.
Daraus ergibt sich, daß ich zwar ein sogenannter guter Schüler
gewesen bin, d.h. mich immer in der Spitzentruppe der Klasse
herumtrieb, aber bedauerlicherweise auch ein „böser Bub“ war,
den das Schicksal als Einzigen von der Klasse zweimal in den
Karzer führte! Das ist vermutlich eine Institution, die es heute
nicht mehr gibt, mit der aber Bekanntschaft gemacht zu haben,
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1961
Heuss als Namensgeber
später ein heiteres Renommierstück wurde.
Es ist nun so, daß ich bei solchen Benennungen vorsichtshalber
die Mitteilung nicht unterlassen darf: man soll nicht damit rechnen, daß ich zur Einweihung des neuen Hauses fahre. Ich bin
gräßlich geizig geworden mit meiner Zeit, da ich noch einige
Jahre literarisch-wissenschaftliche Pläne in meinen letzten
Lebensjahren fertigbringen möchte. …
Daß ich sozusagen mit Lessing und Raabe dabei eine Reihe
antrete, macht mir Spaß. Ich werden Ihnen für die Schulbibliothek im Herbst ein jetzt im Satz befindliches neues Buch senden
können, das mancherlei alte literarische Aufsätze umfassen soll.
Darin gilt ein Essai Lessing, ein anderer Raabe.“
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1959 - 1963 Der Lebensabend
Die letzten Jahre in Stuttgart
Die ihm angetragene dritte Amtszeit, ermöglicht durch eine dafür
vorzunehmende Gesetzesänderung, lehnte Heuss ab.
Stattdessen zog er sich 1959 in sein Haus auf dem Stuttgarter
Killesberg zurück. Er konnte so mehr Zeit für seine Familie und
seine schriftstellerische Arbeit finden, unternahm aber auch
einige Reisen, unter anderem nach Israel.
Nach langer Krankheit und der
Amputation seines linken Beines
starb er am 18. November 1963 in
Stuttgart.
Heuss Haus in Stuttgart (heute Museum)
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1959 - 1963 Der Lebensabend
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Quellen- und Literaturangaben
Theodor Heuss: Der Zeitgeist in seiner Wirkung auf die Lehrerschaft. Schriftenreihe der Evangelischen Akademie
Badl Boll. Tübingen 1946.
Thomas Hertfelder, Christiane Ketterle Hgg.: Theodor Heuss. Publizist – Politiker – Präsident. Begleitband zur
ständigen Ausstellung im Theodor-Heuss-Haus Stuttgart. Stuttgart 2003.
Thomas Hertfelder: Bücher und ihre Geschichte. Zur historisch-politischen Privatbibliothek von Theodor Heuss.
Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss Haus. Stuttgart 2002.
Theodor Heuss – Politiker und Staatsmann, Journalist und Literat. Theodor Heuss Museum Brackenheim.
Brackenheim 2004.
Jürgen C. Heß: Theodor Heuss vor 1933. Kieler Historische Studien Bd. 20. Stuttgart (Klett) 1973.
Modris Eksteins: Theodor Heuss und die Weimarer Republik. Stuttgarter Beiträge zur Geschichte und Politik Bd. 3.
Stuttgart (Klett) 1969.
Klaus Füßmann, Ulrich Wacker: Theodor Heuss – Ein Leitbild der Liberalismus. Friedrich-Naumann-Stiftung. St.
Augustin 1989.
25 Jahre Theodor Heuss-Gymnasium Freiburg. Freiburg 1999. Beiträge von Hans Harter, Erich Schmitz und FranzDieter Sauerborn.
Albert H. V. Kraus: „Das Volk steht im Gesetze der Ewigkeit.“ Theodor Heuss und die Lösung der Saarfrage. In:
Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend. 32.1984, S. 111 – 128.
Heuss im Profil. Vorträge und Diskussionen zum Eröffnungsakt der Stiftung Bundespräsident-Theodor-HeussHaus. Stuttgart 1997.
Jürgen C. Hess: „Machtlos inmitten des Mächtespiels der anderen ...“. Theodor Heuss und die Deutsche Frage
1945 – 1949. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 33.1985, S. 88 – 135.
Verhandlungen des Reichstags. 5. Wahlperiode 1930, Bd, 446. Berlin 1932, S. 2587 – 2593.
Fotographien zum Staatsbesuch in Freiburg: Vorlage: Stadtarchiv u. Universitätsarchiv Freiburg.
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Projekt Theodor Heuss
Diese Präsentation entstand im Rahmen der Projekttage des
Theodor-Heuss-Gymnasiums Freiburg vom 22. bis 27.07.2004.
Sie wurde 2007 auf das Theodor-Heuss-Gymnasium
Wolfenbüttel angepasst.
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