Passivrauch

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Passivrauch
Vorlesung Umweltmedizin
Dennis Nowak
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
WHO Collaborating Centre for Occupational Health
Passivrauch - Hintergrund
• Nebenstromrauch der Zigarette, betrifft
Raucher und Nichtraucher
• Nebenstromrauch enthält tw. mehr
kanzerogene Substanzen als Hauptstrom,
aber in niedrigerer Konzentration
• >4000 Inhaltsstoffe, >40 Kanzerogene
Passivrauch
• Exposition (äußere und innere Belastung)
• Effekte bei Kindern
• Effekte bei Erwachsenen
• Gesundheitsschutz versus Lobbyismus
Prävalenz der Passivrauchexposition bei
Nichtrauchern – Internationaler Vergleich
Home
Work
Hamburg
18,2
29,4
Erfurt
10,8
24,8
Janson, S., et al., Lancet 358 (2001) 2103
Abhängigkeit der Passivrauchexposition von
der Raucherprävalenz
Janson, S., et al., Lancet 358 (2001) 2103
Tabakrauchbelastung am Arbeitsplatz in
verschiedenen Wirtschaftszweigen
Gastgewerbe
Baugewerbe
Durchschnitt
Öffentliche Verwaltung,
Verteidigung, Sozialversicherung
Versicherungsgewerbe
Einzelhandel
Landwirtschaft
Forschung und Entwicklung
Frauen
Männer
Erziehung und Unterricht
0
10
20
30
40
50
Prozent
Quelle: BIBB/BAuA Erwerbstätigenerhebung 2005 des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
60
Nikotingehalte bei erlaubtem Rauchen
Diskos, + Bars, Kneipen
Fromme, H. et al., Gesundheitswesen 71 (2009) 242-257
Mittlere Konzentration lungengängiger Partikel
<2.5 µm in der deutschen Gastronomie vor
Einführung des Rauchverbotes
1200
1000
µg/m³
800
600
638
543
400
464
200
223
0
Diskotheken Bars/ Kneipen
Bars/Kneipen
Diskotheken
(n=10)
(n=10)
(n=10)
(n=10)
Zugbistros
Zugbistros
(n=20)
(n=20)
Deutsches Krebsforschungszentrum, 2006
Restaurants mit
Raucherlaubnis
Restaurants mit
Raucherlaubnis
(n=37)
(n=37)
191
25
Cafes
Cafes
Cafés
(n=20)
(n=20)
(n=20)
rauchfreie
Restaurants, in
Restaurants
denen nicht geraucht
(n=3)
wurde
(n=3)
Expositionsabschätzung in
epidemiologischen Studien
Bester Expositionsmarker für
• akute Effekte: Cotinin im Harn, Blut
Halbwertszeit 16-22 h
• chronische Effekte: Fragebogenangaben
• häusliche Exposition:
Anzahl Zigaretten pro Tag des Partners
• berufliche Exposition:
Dauer der Exposition (pro Tag*Jahre)
Typische Cotininwerte im Speichel
www.dh.gov.uk/PublicationsAndStatistics/PublishedSurvey/HealthSurveyForEngland/fs/en
Validität von Fragebogenangaben
www.dh.gov.uk/PublicationsAndStatistics/PublishedSurvey/HealthSurveyForEngland/fs/en
Typische Cotininwerte im Harn
Raucher
> 14 ng/ml
Nichtraucher
• ohne Passivrauchexposition
1,7 ng/ml
• mit Passivrauchexposition
2,6 ng/ml
• Personal in Speiserestaurants
< 5,6 ng/ml
• Personal in Bars, Pubs
< 45 ng/ml
• Personal in Diskotheken
< 24 ng/ml
CO und Cotinin bei Gastronomiemitarbeitern vor
und nach der Einführung einer rauchfreien
Gastronomie in Irland
Goodman et al., Am J Respir Crit Care 175 (2007) 840-845
Exposition
• höchste Exposition oft am Arbeitsplatz, da
a) mehr Raucher pro Raum
b) längere Aufenthaltsdauer
• sonstige Orte der Exposition:
häusliches Umfeld (ca. 25% der Belastung am
Arbeitsplatz)
Bars, Restaurants,...
Verkehrsmittel
Passivrauch
• Exposition (äußere und innere Belastung)
• Effekte bei Kindern
• Effekte bei Erwachsenen
• Gesundheitsschutz versus Lobbyismus
Wirkungen von Passivrauch
Kinder
• In utero: Wachstum 
• Otitis media-Infektionen
• akute Atemwegsinfekte
• chronische Atemwegserkrankungen
• SIDS ↑
• ....
Passivrauch
• Exposition (äußere und innere Belastung)
• Effekte bei Kindern
• Effekte bei Erwachsenen
• Gesundheitsschutz versus Lobbyismus
Wirkungen von Passivrauch
Erwachsene
• Lungenkarzinom
• kardiovaskuläre Erkrankungen
• akute Atemwegsinfekte
• chronische Atemwegserkrankungen
• ....
Lungenkarzinom
Kanzerogene Substanzen im Nebenstrom
Benzo(a)pyren
andere PAKs
Arsen
Chrom
N-Nitrosamine
4-Aminobiphenyl
Cadmium
1,3 Butadien
Besaratinia A, Pfeifer GP, Lancet Oncol 9 (2008) 657-666
Lungenkarzinom:
Metaanalyse berufliche + private Exposition
OR (95% CI)
7.5
5.0
2.5
0.0
<20 yr
21-40 yr
41-60 yr
Raucherjahre
Lee, C.H., et al., Int. J. Epidemiol. 29 (2000) 224
>60 yr
Lungenkarzinom:
Gaststättenpersonal
• British Columbia, Männer: PMR 133 (117-164)
• Californien, Frauen: SMR 368
• Norwegen: SIR 2,3
• Review Siegel et al. 1993:
50% (10-90%) erhöhtes Risiko für Lungenkrebs
bei Gaststättenpersonal
Chan-Yeung, Dimich-Ward 2003
Lungenkarzinom:
Metaanalyse - berufliche Exposition
RR (95% CI)
Gepooltes RR:
1,24 (1,18-1,29)
0,1
1
Stayner et al., Am J Public Health 97 (2007) 545-551
10
100
Lungenkarzinom: Metaanalyse –
Expositionsdauer im Beruf
2.2
2.0
Relative Risk
1.8
10
14
18
19
21
22
Gepooltes RR für die jeweils
höchste Expositionskategorie in
den einzelnen Studien:
2,01 (1,33-2,60)
1.6
1.4
1.2
1.0
0.8
0
10
20
Duration
Stayner et al. Am J Public Health 97 (2007) 545-551
30
40
Kardiovaskuläre Erkrankungen
Raucher
Koronare Herzerkrankung
RR 1,5-2,5
Schlaganfall
RR 1,5-2,5
Ursachen u.a.
CO
Nikotin
?
Koronare Herzerkrankungen :
Metaanalyse - private Exposition
Coronary Heart Disease
Pooled Relative Risk of
1.75
1.50
1.25
1.00
0.75
0
1-9
10-19
Duration of Exposure to Spouse's
Smoking among Nonsmokers (yr)
He, J., et al., NEJM 340 (1999) 920
>20
Kardiovaskuläre Erkrankungen:
Pathomechanismus
Akute Effekte
• Anstieg des Serumfibrinogenlevels
40-60% des Effekts von Aktivrauchen
• Pro-arrhythmische Wirkung
Chronische Effekte
• Bildung artherosklerotischer Plaques
• Senkung des HDL-Cholesterinspiegels
Schlaganfall
• 2 Fall-Kontroll-Studien:
OR jeweils 2 für berufliche und/ oder private
Exposition
• 1 Kohortenstudie (Iribarren et al. 2004):
• dosisabhängiger Zusammenhang zwischen
häuslicher Exposition und Schlaganfall
(>20h/Woche Exposition: RR 1.4 (1.1.-1.9))
• kein Zusammenhang zwischen häuslicher /
beruflicher Exposition und TIA
 Zusammenhang vermutlich stärker als für
koronare Herzerkrankungen
Rauchverbote: Herzinfarkt- und KHKRückgang auf Bevölkerungsebene
Bolte, G. et al., Gesundheitswesen 71 (2009) 140-151
Chronische Atemwegserkrankungen
Asthma
COPD
Probleme epidemiologischer Studien
• retrospektive Expositionsabschätzung bis in die
Kindheit
• sich zeitlich ändernde Exposition
• objektive Expositionsmarker
Chronische Atemwegserkrankungen:
Pathomechanismus
Asthma
• Anzahl akuter respiratorischer Infekte in
Kindheit 
 Asthmaentstehung/ -exazerbation
• Irritation der Atemwege
 Bronchiale Hyperreagibilität steigt  Asthma
• Permeabilität der Epithelien für Allergene 
 IgE 
Chronische Atemwegserkrankungen:
Pathomechanismus
COPD
• Suszeptibilität gegenüber Erregern steigt, da
- Immunantwort 
- mucoziliäre Clearance 
 wiederholte Infekte  COPD
• Irritantien im Passivrauch (NH3, SOx, NOx, ...)
 Entzündung
 Irritation
Lovasi GS et al, Am J Epid online first (25.11.2009)
Prävalenz von Reizsymptomen bei 65
nichtrauchenden Barkeepern vor und 1 Jahr
nach der Einführung des Rauchverbotes in Irland
Vor dem Ban
Nach dem Ban
80%
60%
**
*
40%
**
20%
0%
Gerötete
Augen
Gereizte Nase
Goodman et al. Am J Respir Crit Care Med 175 (2007) 840-845
Heiserkeit
Prävalenz von Atemwegssymptomen bei 65
nichtrauchenden Barkeepern vor und 1 Jahr
nach der Einführung des Rauchverbotes in Irland
Vor dem Ban
Nach dem Ban
80%
**
**
60%
40%
*
20%
0%
Giemen
Husten
(morgens)
Husten
(tags)
Goodman et al. Am J Respir Crit Care Med 175 (2007) 840-845
Auswurf
Spirometrie bei 34 nie rauchenden Barkeepern
vor und 1 Jahr nach der Einführung des
Rauchverbotes in Irland
Vor dem Ban
Nach dem Ban
100
**
**
95
90
85
80
FEV1% Soll
FVC %Soll
Goodman et al. Am J Respir Crit Care Med 175 (2007) 840-845
PEF %Soll
Passivrauch
• Exposition (äußere und innere Belastung)
• Effekte bei Kindern
• Effekte bei Erwachsenen
• Gesundheitsschutz versus Lobbyismus
Farrelly MC, Preventive Medicine 48 (2009) S35-S43
Arbeitsstättenverordnung
• §3a seit Oktober 2002
„Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen
zu treffen, damit die nichtrauchenden Beschäftigten
in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt werden“.
• Eingeschränkt für Betriebe mit Publikumsverkehr
Forderungen
• Recht auf rauchfreie Umgebung für Alle – vor
allem für diejenigen, die sich nicht wehren
können
• Evidenzbasiertheit von Entscheidungen mit
Public Health-Auswirkung
• Klares Bekenntnis der bayerischen Ärzteschaft
für rauchfreie Umgebung
Bayerischer Staatsanzeiger 10.10.2008
vs.
Ökonomische Effekte einer „smoke free
policy“ auf Gastronomiebetriebe
Fromme, H. et al., Gesundheitswesen 71 (2009) 242-257
Zusammenfassung
• Passivrauch ist häufigstes vermeidbares
Humankanzerogen
• Passivrauch hat gesicherte adverse Effekte auf
die Gesundheit
• RR je nach Erkrankung zwischen 1,2 und 1,9
• Rauchen ist meist eine Krankheit (Sucht)
• Raucherberatung statt Raucherbekämpfung
Welche Aussage über Passivrauchbelastung ist falsch?
A Die Prävalenz der Passivrauchbelastung korreliert
eng mit dem Raucheranteil in der Bevölkerung.
B In der Gastronomie sind die Beschäftigten stärker
belastet als im Baugewerbe.
C Akute Expositionen kann man mit Cotinin im Harn
objektivieren.
D Für chronische Expositionen sind Fragebogenangaben
vollständig ungeeignet.
E Intensive Passivrauchexposition führt zu Cotininexpositionen wie bei leichten Aktivrauchern.
D
Welche Effekte hat eine chronische Passivrauchexposition
bei Kindern nicht?
A Otitis media
B Chronische Atemwegserkrankungen
C Leukämie
D SIDS (Plötzlicher Kindstod)
E Wachstumsverzögerung
C
Welche Aussage über die Kanzerogenität von Passivrauch
trifft zu?
A Passivrauch ist nur beim Tier, nicht beim Menschen
kanzerogen.
B Passivrauch verursacht Lungenkarzinome.
C Passivrauch ist nicht genotoxisch.
D Passivrauch verursacht Zungengrundkarzinome.
E Passivrauch verursacht Nasennebenhöhlenkarzinome.
B
Welche Aussage zur Prävention von PassivrauchFolgen ist richtig?
A Abteilung von Raucher-/ Nichtraucherecken in Gaststätten
ist eine sehr wirksame Maßnahme.
B Ein Rauchverbot am Arbeitsplatz verhindert Erkrankungen.
C Die Zigarettenindustrie trägt zur Aufklärung der
Passivrauchwirkungen bei.
D Das Berauchen von Kindern in geschlossenen Räumen
(z. B. Autos, Wohnungen) ist gesundheitlich belanglos.
E Ein Verbot des Rauchens in öffentlichen Räumen führt zu
vermehrtem Rauchen zuhause.
B
Validität von Fragebogenangaben (Kinder)
Jarvis, D., et al. BMJ 321 (2000) 343
European Respiratory Society 12.-16.9.2009
• Pool und Russell, Cambridge: „In smoking families,
around 90% of children tested had detectable urinary cotinine,
and this was apparently unaffected by where the carers
smoked. Current advice on smoking outside may be
inappropriate as exposure to SMS still occurs.“
• Dautzenberg, Paris: „The rate of smoking room at
before the ban, between the 2 waves of ban and after ban are
as follow: parent's bedroom: 20%, 15%, 18% children's
bedroom: 11%, 6%, 4%, main room: 52%, 44% ,41%, kitchen:
54%, 42%, 38%, bathroom: 17%, 10%, 13%, toilets: 17%, 14%,
14%, balconies or terraces: 79%, 88%, 87%. Conclusions:
smoking indoor decrease at home during the public and
workplace ban in France.“
European Respiratory Society 12.-16.9.2009
• Koopmann, Utrecht: „In ETS exposed children 4-18
years of age, the mean reduction of MEF25, MEF50, MEF75
and MMEF measures was 7.3%, 5.6%, 4.0% and 5.8%,
respectively.
•…
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