Vorlesung 3

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Neuropsych.vor. 3.
PTE ÁOK Pszichiátriai Klinika
Zerebrale Asymmetrie I.
Die beiden Hemisphären des Neokortex weisen zwar unterschiedliche
Arten von Informationsverarbeitung auf, für Verhalten und Denken ist aber
die Zusammenarbeit der rechten und linken Hemisphäre unerlässlich
Hemisphärenasymmetrien. Menschen mit einseitigen Hirnläsionen, von
Patienten mit durchtrenntem Corpus callosum (Split Brain)
Evolution der zerebralen Asymmetrie
Die zerebrale Asymmetrie entwickelt sich möglicherweise in utero; die
Lateralität von Händigkeit, Sprache und visuell-räumlicher Funktionen
könnte dennoch weitgehend unabhängig voneinander auftreten
Ursache der zerebralen Asymmetrien.
ca. 75 % der Erdbevölkerung anzutreffende Bevorzugung
der rechten Hand hat mit dem aufrechten Gang des
Menschen zu tun
Darwin: die zerebrale Asymmetrie ist eine evolutionäre
der Sprachentwicklung
Die Ausprägung unterschiedlicher Talente könnte
mit der Lateralisierung für bestimmte Verhaltensweisen
zusammenhängen
Vorbedingung
Zerebrale Asymmetrie II.
Geschlechtsunterschiede der Lateralisierung
Gemeinsamer anatomischer Unterschied:
die variablere intrakortikale axonale Kommunikation der linken
Hirnhemisphäre, bedingt durch variablere Myelinisierung der
intrahemisphärischen Verbindungen auf der linken Seite
Die rechte und die linke Hirnhemisphäre unterscheiden sich in
ihrem makro- und mikroanatomischen Aufbau. Bestimmte
Denkmuster und Bewegungsprogramme werden dabei von
einer Hemisphäre bevorzugt:
von der rechten Hemisphäre wird eine auf Ähnlichkeit und
visuell-räumliche Gestalten ausgerichtete
Informationsverarbeitung,
von der linken syntaktisch-sprachliche und sequenziellkausale Verarbeitung praktiziert.
Corpus callosum I
Die anatomische Struktur des Corpus callosum ist schon seit
Galen (129-216 n. Chr.) bekannt.
Die Funktion dieser und anderer kortikaler Verbindungen
blieb jedoch lange unklar und über die Jahrhunderte
Gegenstand rein spekulativer Betrachtungen. Einige sahen
seine Aufgabe eher praktisch und mechanisch im
Zusammenhalten der beiden Hemisphären, andere
hingegen gingen so weit, hier den Sitz der Seele zu
postulieren.
Erst im 20. Jahrhundert erkannte man den Zweck des Corpus
callosum im Informationsaustausch zwischen den
Hemisphären. Bahnbrechende Arbeiten von Bykov (18861959), einem Schüler Pavlovs, und Arbeiten von Sperry
(1913-1994) trugen hierzu bei.
Corpus callosum II
Komissurale Fasern, die die Hemisphären verbinden,
verlaufen über 4 verschiedene Fasertrakte, wobei das
Corpus callosum das zahlenmäßig bedeutendste ist. Nur
ca. 1-3% aller Nervenzellen des Großhirns entsenden
kommissurale Fasern.
Die meisten Fasern des Corpus callosum verbinden
homotope Areale der beiden Hemisphären. Während viele
primäre sensorische Areale fast acallosal sind, d. h., keine
Faserverbindung zur anderen Hemisphäre über das
Corpus callosum haben, findet man zahlreiche
Verbindungen zwischen den Arealen des
Assoziationskortex der beiden Hemisphären.
Hemisphärenasymmetrie I
Unter anatomischen Hemisphärenasymmetrien fasst man
makroskopische und mikroskopische anatomische (zyto-,
myelo, glio- oder angioarchitektonische) Unterschiede zwischen
beiden Hirnhemisphären zusammen.
Solche Rechts-links-Unterschiede werden auch oft kurz als
Asymmetrien oder, wenn das Phänomen der Asymmetrie im
Vordergrund steht, als Lateralisierung bezeichnet.
Makroanatomische Rechts-links-Unterschiede können im
Volumen der Hemisphären bestimmter Hirnareale, in der
Gyrierung sowie in der Form und Länge bestimmter Sulci
ausgemacht werden.
Hinsichtlich der mikroskopischen Asymmetrien kann die Anzahl
und das Volumen von Neuronen und Gliazellen sowie das
Ausmaß der intrahemisphärischen Verkabelung Rechts-linksUnterschiede ausmachen.
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Hemisphärenasymmetrie II
Perisylvische Hirngebiete weisen beim Menschen hinsichtlich
ihrer Form starke Seitenunterschiede auf. Diese
Seitenunterschiede hängen wahrscheinlich noch vom
Geschlecht und der Händigkeit ab.
Das Planum temporale ist volumetrisch linksseitig vergrößert
wobei das Ausmaß und die Richtung dieser Asymmetrie von
der Händigkeit abhängt. Möglicherweise beeinflusst auch das
Ausmaß frühkindlicher Erfahrung (z.B. beim Erwerb von
Musikfähigkeiten) die Entwicklung der Planum-temporaleAsymmetrie.
Offenbar ist das Handareal kontralateral zur dominanten Hand
anatomisch vergrößert.
Die Corpus-callosum-Mittsagittalfläche indiziert die anzahl der
durch das Callosum verlaufenden Axone. Kleine Gehirne
verfügen über ein relativ großes Corpus callosum, während
große Gehirne durch relativ kleine Corpus callosumMittsagittalflächen auffallen.
Hemisphärenasymmetrie III
Insbesondere das Planum temporale bei Rechtshändern hinsichtlich des
Volumens auf der linken Hemisphäre signifikant größer als auf der
rechten Hemisphäre ist. Dieses volumetrische Linksüberwiegen des
Planum temporale korreliert auch mit einem asymmetrischen Verlauf
der Sylvi'schen Fissur mit einem längeren horizontalen Abschnitt auf
der linken Hemisphäre und einem längeren vertikalen Teil auf der
rechten Hemisphäre. Neben diesen Asymmetrien konnten auch
deutliche Asymmetrien hinsichtlich der Länge und Form des Sulcus
centralis nachgewiesen werden, wonach die Tiefe des Sulcus centralis
auf der linken Hemisphäre bei Rechtshändern deutlicher ist als auf der
rechten Hemisphäre.
Weitere Asymmetrien werden konsistent für den Hippocampus und das
Kleinhirn (rechts > links) berichtet. Bei einigen psychiatrischen
Erkrankungen sind darüber hinaus Abweichungen vom normalen
Asymmetriemuster festzustellen.
Die Medianfläche des Corpus callosum in Abhängigkeit der Gehirngröße
variiert. Diese Fläche nimmt mitzunehmendem Hirnvolumen lediglich
unterproportional zu, was dadurch zu erklären ist, dass die
interhemisphärische Kommunikation mit zunehmendem Hirnvolumen
immer weniger effizient wird (insbesondere wegen den längeren
Zeitverzögerungen), sodass mehr auf intrahemisphärische
Assoziationsbahnen zurückgegriffen wird.
Die Lateralisation und die Hemisphärendominanz
Die Lateralisation von Funktionen wird einerseits von genetischen Faktoren
wie Händigkeit und Geschlecht und andererseits von Faktoren der Umwelt
(z. B. Anregungsgrad, spezielle Anforderungen) beeinflusst.
Dominanz der linken Hemisphäre
Sprache,-Analyse schneller sequenzieller Informationen
Dominanz der rechten Hemisphäre
räumliche Prozesse -Verarbeitung nicht-sprachlicher Informationen mit einer
Spezialisierung auf visuellräumlichen Funktionen
Funktionalen Asymmetrien
Leistungsunterschiede zwischen den Hirnhemisphären in der
Wahrnehmung, Kognition sowie der motorischen Kontrolle.
Fast alle Rechtshänder verfügen über eine linkshemisphärische
Sprachdominanz (ca. 99%). Auch Linkshänder verfügen wahrscheinlich
überwiegend über eine linkshemisphärische Sprachdominanz (ca. zwei
Drittel aller Linkshänder). Nur wenige Linkshänder weisen eine
bihemisphärische oder rechtshemisphärische Sprachlateralisieungen
auf.
PET- und fMRT-Studien ergeben klare Hinweise für lateralisierte
Aktivierungen für unterschiedliche Funktionen
Frauen fallen statistisch durch leicht reduzierte funktionale Asymmetrien
auf. Wahrscheinlich hängt das Ausmaß der funktionalen Asymmetrie
bei Frauen von der Phase des Menstruationszyklus ab.
Hinsichtlich der biologischen Ursachen für funktionale
Hemisphärenasymmetrien besteht derzeit noch kein Konsens. Das
derzeit erfolgreichste Modell zur Erklärung von funktionalen
Asymmetrien geht von einer Interaktion zwischen genetischen und
Zufallsfaktoren aus (Annett-Modell). Dieses Modell kann auch die bei
Zwillingen häufige Konstellation von diskordanten
Händigkeitspräferenzen bzw. funktionalen Hirnasymmetrien gut
erklären. Ungeklärt bleibt allerdings, inwieweit aus diesen funktionalen
Asymmetrien Evolutionsvorteile entstanden sind.
Händigkeit I
Die Hände haben - wie das Gehirn auch - im Laufe der Evolution einen großen
Funktionswandel erfahren. In der daraus resultierenden (HandGeschicklichkeit werden wir Menschen, sowohl was die Komplexität als auch
die Präzision möglicher Bewegungsabfolgen angeht, von keinem anderen auf
zwei Beinen gehenden Primaten übertroffen.
Händigkeitsbestimmung
In der Psychologie erfolgt die begriffliche Abgrenzung von Links- und
Rechtshändern üblicherweise durch Tests. Da diese Handlungen teils unter
visueller, teils unter sensorischer Kontrolle stehen und unterschiedliche
Anteile an sensomotorischer Präferenz, Schnelligkeit und Subjekt-ObjektRelationen involvieren, sind die Ergebnisse naturgemäß schwierig zu
interpretieren. Auch kann man mit den dazu generell verwendeten »Papier-undBleistift«-Tests die Händigkeit nur über die Asymmetrie in der Imagination
eines bekannten Bewegungsablaufes zu erfassen versuchen.
In Kenntnis der Schwierigkeiten bei der Händigkeitsbestimmung aufgrund der
»Schreibhand« und -angesichts des gesellschaftlichen Drucks zur Präferenz
einer Hand bei der Verwendung von Essbesteck und der Begrüßung mit
Handschlag, werden diesbezügliche Fragen manchmal weggelassen.
Grundfragen der Unterscheidung von sensomotorischer Seitigkeit und
Handgeschicklichkeit werden auch durch manuelleTests (z.B. Annett 1992)
bisher nur teilweise gelöst. Die Möglichkeit, dass Linkshänder und
Rechtshänder eine unterschiedliche mentale Repräsentation ihrer Hände
haben und deshalb Aufgaben mit gänzlich unterschiedlichen
Bewegungsfolgen umsetzen könnten, fließt bislang in die Erfassung des
Phänomens ebenfalls noch nicht ein.
Händigkeit II
Händigkeit ist am ehesten entlang eines Kontinuums abbildbar, das von
»ausgeprägter Rechtshändigkeit« bis zu »ausgeprägter
Linkshändigkeit« reicht, und dadurch viele Zwischenformen zulässt,
von denen Personen, die sowohl mit der einen als auch der anderen
Hand eine ähnliche Geschicklichkeit aufweisen (sog. Ambidexter),
benannt sind. Eine Gruppe von Personen, die etwa 70% der
Population umfasst und ziemlich homogen in ihrer
Zusammensetzung ist, kann man als »rechtshändig« bezeichnen.
Zu den anderen 30% gehören:
1. Menschen, die für verschiedene Tätigkeiten die eine oder die andere
Hand benutzen können und oftmals die linke nehmen, wenn
Rechtshänder die rechte einsetzen, als auch
2. Personen, die Tätigkeiten mit hohem sozialen Erwartungsdruck
rechtshändig ausführen, andere mit der linken, und schließlich
3. Menschen, die die überwiegende Mehrzahl der in Tests abgefragten
einhändig durchzuführenden Tätigkeiten inklusive des Schreibens,
links ausführen.
Händigkeit III
Die phylogenetische Entwicklung der Händigkeit:
die klassischen Annahmen z.B. den aufrechten Gang und die
Entwicklung einer beweglichen Daumenwurzel mit der Entwicklung der
Händigkeit in einen ursächlichen Zusammenhang bringen.
Das ergab Probleme, da von unseren »Vorfahren« nur manche Affenarten,
z. B. Gorillas und Schimpansen, eher eine »Rechtshändigkeit«
entwickeln, wohingegen andere, z. B. Gibbons, eher »Linkshänder«
sind. Beide zeigen sie aber, ähnlich wie wir Menschen, eine Lateralität
in der Steuerung der für den Bipedalismus notwendigen
Axialmuskulatur und eine vorherrschende Händigkeit der gesamten
Spezies. Möglicherweise üben bei Primaten sowohl eine
Seitenpräferenz bei der Steuerung der axialen Muskulatur, wie sie z. B.
durch Ganzkörperdrehungen zum Ausdruck kommt, als auch die
lateralisierte Verarbeitung sensorischer Reize einen Einfluss auf die
Lateralität der distalen Muskulatur aus.
Man kann deshalb annehmen, dass ein Handlungsplan in der Hemisphäre
entwickelt werden muss, in der die Steuerung von Körperhaltung,
Axial-, Schulter- und Armmuskulatur mit Sinnesempfindungen von
Auge und Ohr zusammengeführt und mit einer lateralisierten
Manipulationskomponente von Finger- und Handbewegungen in
Verbindung gebracht wird
Händigkeit IV
Rechts- und linkshändige Menschen kommen in verschiedenen Kulturen mit
unterschiedlicher Häufigkeit vor, neben genetischen auch kulturelle Einflüsse
für die Ausprägung der Händigkeit wesentlich sind.
Mehrere Faktoren:Zum einen durch Lernen in Form von Nachahmung im
Familienkreis (Lernen am Modell) und durch eine im kollektiven Gedächtnis
verankerte Verstärkung im traditionsgebundenen Gebrauch der einen oder
anderen Hand.
Zum anderen ist Handpräferenz als eine Ausformung der Seitenpräferenz zu
verstehen, die bislang im Wesentlichen erst im Hinblick auf die Seitenpräferenz
von Sinnesorganen (bevorzugtes Auge und Ohr) und den unteren Extremitäten
(bevorzugtes Bein, bevorzugter Fuß) untersucht ist.
Unser Begriff von Händigkeit wird darüber hinaus entscheidend davon geprägt,
welche Tätigkeiten man hierfür als ausschlaggebend ansieht. Im Bereich der
Schule bestimmt immer noch hauptsächlich die Verwendung der Schreibhand
die Händigkeit. Bei psychologischen Tests wird durch tatsächliche Ausübung
oder über durch Imagination gut geübter Alltagstätigkeiten die »dominante
Hand« erfragt. Kraft, Schnelligkeit und Zielgenauigkeit legen dabei
Händigkeits- und damit teilweise Geschicklichkeitswerte fest.
Heute wird die Ausprägung der Händigkeit unter dem Aspekt einer variablen
genetischen Penetranz und der plastischen Repräsentation mentaler Vorgänge
im Gehirn im Hinblick auf Umweltereignisse betrachtet. Hierbei wird bei
Aufgaben mit hoher räumlicher und/oder zeitlicher Auflösung einer
Hemisphäre letztlich die »Dominanz« beim Erstellen eines Handlungsplanes
zugeordnet.
Atypische Hemisphärenasymmetrien I
Für eine Reihe von Verhaltensauffälligkeiten wurden atypische
Hemisphärenasymmetrien als Ursache diskutiert, zB. verzögerte
Sprachentwicklung, Legasthenie und Stottern.
Die volumetrische Links > rechts-Asymmetrie des Planum temporale wird
als typische bzw. normgerechte Asymmetrie bezeichnet. Alle davon
abweichenden Asymmetrien (reduzierte Links > rechts-Asymmetrie,
Rechts > links-Asymmetrie) oder Symmetrie (links = rechts) werden
demzufolge als atypisch bezeichnet. Die Vermutung, dass für die oben
genannten Sprach- und Sprechstörungen atypische kortikale
Dominanzverhältnisse vorliegen würden, wird dadurch genährt, dass
bei diesen Störungen gehäuft Linkshändigkeit oder andere atypische
funktionale Asymmetrien festgestellt werden.
In neuerer Zeit werden auch unklare kortikale Dominanzverhältnisse mit
psychiatrischen Störungen wie Schizophrenie, endogene Depression,
Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörungen, Gilles de la Tourette
Syndrom und Zwangsstörungen in Verbindung gebracht.
Der größte Teil der bislang zu diesem Thema publizierten Arbeiten bezieht
sich auf atypische Asymmetrien in perisylvischen und temporalen
Hirnbereichen. Es werden allerdings auch atypische Asymmetrien für
den Frontalkortex, den Hippocampus, die Amygdala, den Ncl.
caudatus, das Putamen und den Globus pallidus berichtet.
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Atypische Hemisphärenasymmetrien II
Obwohl für einige psychiatrische und neurologische
Erkrankungen atypische anatomische Asymmetrien
festgestellt werden konnten, ist derzeit noch offen, ob
diese Auffälligkeiten Ursache oder Folge der Erkrankungen
sind.
Am häufigsten scheinen atypische anatomische
Asymmetrien bei Schizophrenen und bei Personen mit
Lese-Rechtschreib-Schwächen vorzuliegen. Diese
atypischen anatomischen Asymmetrien sind vor allem in
perisylvischen Hirnbereichen (Planum temporale,
Sylvische Fissur, Gyrus temporalis superior,
Temporallappen, Seitenventrikel) festgestellt worden.
Es ist unwahrscheinlich, dass atypische anatomische
Asymmetrien alleinige Ursache dieser Erkrankungen sind.
Vorstellbar ist, dass diese anatomischen Auffälligkeiten mit
anderen Faktoren interagieren (neuro-physiologische oder
soziale), um zu Verhaltensstörungen zufüren
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