5.9. Elektrische Schwingungssiebe: Hoch

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5.9 Elektrische Schwingungssiebe: Hoch- und Tiefpass
531
5.9. Elektrische Schwingungssiebe: Hoch- und
Tiefpass
Ziel
In diesem Versuch sollen Sie verschiedene Kombinationen aus Kondensatoren, Spulen und
Widerständen auf ihre Wechselstromeigenschaften hin untersuchen.
Dabei soll Ihnen insbesondere klar werden, wie man mit Hilfe geeigneter Schaltungen
bestimmte Frequenzanteile aus einem beliebigen Wechselstromsignal auswählen“ kann.
”
Hinweise zur Vorbereitung
Die Antworten auf diese Fragen sollten Sie vor der Versuchdurchführung wissen. Sie sind
die Grundlage für das Gespräch mit Ihrer Tutorin/Ihrem Tutor vor dem Versuch. Informationen zu diesen Themen erhalten Sie in der unten angegebenen Literatur.
• Wie unterscheiden sich Wirk-, Blind- und Scheinwiderstand?
• Wovon hängt der Blindwiderstand eines Kondensators, bzw. einer Spule ab?
• Erläutern Sie die Phasenbeziehung zwischen Strom und Spannung bei sinusförmigem
Wechselstrom an Reihenschaltungen aus Wirkwiderstand R, Kondensator C und
Spule L.
• Wie lassen sich Hoch- und Tiefpass aus einem ohmschen Widerstand und einem
Kondensator realisieren?
• Wie lassen sich Hoch- und Tiefpass aus einem ohmschen Widerstand und einer
Spule realisieren?
• Wie sieht der Amplituden-Frequenzgang ( Durchlasskurve“) beim Hoch- und Tief”
pass prinzipiell aus?
Um während der Versuchsdurchführung nicht unnötig Zeit zu verlieren ist es wichtig,
dass Sie bereits zuhause folgende Vorarbeit leisten:
• Lesen Sie sich die Messaufgaben in den einzelnen Versuchsteilen genau durch.
• Bereiten Sie die Messwerttabellen (Versuchsteile I – IV) und das Diagramm (Versuchsteil II) vor.
Zubehör
• Funktionsgenerator (10 Hz bis 100 kHz)
• Zweikanaloszilloskop
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532
5. Versuche zur Elektrizitätslehre
• diverse Spulen (Induktivität L), Kondensatoren (Kapazität C) und ohmsche Widerstände (R)
• Stöpselrheostat (durch Einstecken von Kontaktstiften veränderbarer ohmscher Widerstand) oder schaltbarer Widerstand (1 Ω bis 999 Ω)
Grundlagen
Auf- und Entladevorgang eines Kondensators
Bei der Auf- oder Entladung eines Kondensators über einen ohmschen Widerstand, genauer gesagt, wenn an eine Reihenschaltung aus diesen beiden Bauteilen (ein sog. RC”
Glied“) eine konstante Gleichspannung UQuelle angelegt wird, steigt bzw. fällt die Ladung
und Spannung am Kondensator exponentiell und nähert sich asymptotisch dem Grenzwert
der angelegten Spannung. Die entsprechende Schaltung ist in Abbildung 5.9.1 zusammen
mit den Spannungsverläufen dargestellt.
1.0
U/U0
Ladekurve
1-1/e
0.5
1/e
Entladekurve
0.0
0
RC
Zeit t
Abbildung 5.9.1.: Schaltbild zur Ladung und Entladung eines Kondensators sowie
Lade-/Entladekurve. Dieses Schaltbild dient auch zur Bestimmung der
Zeitkonstante eines RC-Gliedes.
Man sieht das sehr einfach aus folgenden Überlegungen zu den Spannungen an Widerstand
und Kondensator:
Der Stromkreis besteht aus Spannungsquelle, Widerstand und Kondensator. Für die jeweiligen Spannungen gilt:
U0 beim Ladevorgang
,
(5.9.1)
UQuelle (t) =
0 beim Entladevorgang
UR (t) = R · I(t)
(5.9.2)
= R · Q̇(t) ,
Q(t)
UC (t) =
,
C
(5.9.3)
(5.9.4)
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5.9 Elektrische Schwingungssiebe: Hoch- und Tiefpass
533
Nach dem 2. kirchhoffschen Gesetz ( Maschenregel“, siehe z. B. Seite 507) müssen die
”
Spannungen in folgender Beziehung zueinander stehen:
UQuelle = UR
+ UC
(5.9.5)
Q(t)
=⇒ UQuelle = R · Q̇(t) +
.
(5.9.6)
C
Dies ist eine einfache Differentialgleichung für die zeitlich veränderliche Ladung Q(t) auf
dem Kondensator, die durch geeignete Exponentialfunktionen gelöst wird:1
• Aufladevorgang:
t
U (t) = U0 · 1 − e− R · C
(5.9.7)
mit
U0 = angelegte Ladespannung,
R = ohmscher Widerstand,
C = Kapazität des Kondensators.
(5.9.8)
• Entladevorgang:
U (t) = U0 · e− R · C
t
(5.9.9)
mit
U0 = Spannung des geladenen Kondensators,
R = ohmscher Widerstand,
C = Kapazität des Kondensators.
(5.9.10)
Sie können sich durch Einsetzen leicht davon überzeugen, dass diese Funktionen Lösungen
von Gleichung (5.9.6) sind.
Den Ausdruck R · C bezeichnet man als Zeitkonstante τ des RC-Gliedes. Die anschauliche
Bedeutung ist folgende: Nach der Zeit τ ist der Lade- bzw. Entladevorgang bis auf einen
Bruchteil 1/e abgeschlossen.
1
Der Begriff Differentialgleichung“ mag anfangs etwas abschreckend klingen. Eine Differentialgleichung
”
(kurz DGL) ist aber nichts anderes als ein Zusammenhang zwischen einer Funktion und ihren Ableitungen. Der vorliegende Fall ist recht überschaubar, da nur die Ladung Q(t) und ihre erste Ableitung
Q̇(t) und beide auch nur linear (d. h. nicht quadratisch, nicht als Wurzel, nicht als Argument einer
Winkelfunktion, usw.) in der Gleichung vorkommen. Sie können Differentialgleichungen üblicherweise
lösen, indem Sie eine ungefähre Lösungsform erraten“ (z. B. Q(t) = a + b · ec · t , Exponentialfunktio”
nen und Sinusfunktionen sind da oft heiße Kandidaten“), die noch freie Parameter (hier a, b und
”
c) enthält. Setzen Sie diese Lösung dann in die DGL ein, so finden Sie auf diese Weise weitere Gleichungen. Zusätzlich formulieren Sie sich dann noch sog. Randbedingungen“ als Gleichungen, denn
”
eigentlich wissen Sie ja noch mehr über den physikalischen Vorgang, als Sie bis zu diesem Punkt
mathematisch erfasst haben. Zum Beispiel können Sie die Aussage, dass der Kondensator zu Beginn
des Ladevorgangs keine Ladung trägt, als Q(0) = 0 formulieren. Aus den so gewonnenen Gleichungen
können Sie schließlich die noch fehlenden Parameter berechnen.
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534
5. Versuche zur Elektrizitätslehre
Widerstände im Wechselstromkreis
Ein ohmscher Widerstand verhält sich bei Anlegen einer Wechselspannung U (t) zu
jedem Zeitpunkt t so, wie er sich im entsprechenden Zeitpunkt auch bei Anliegen einer
Gleichspannung verhalten würde. Es gilt jederzeit das ohmsche Gesetz und somit
UR (t)
.
(5.9.11)
R
Diese Gleichung kann für beliebige Formen der Wechselspannung stets erfüllt werden, es
fließt dann eben einfach der entsprechende Strom. Insbesondere ruft eine sinusförmige
Spannung einen sinusförmigen Strom hervor:2
IR (t) =
UR (t) = U0 · sin(2πf · t)
(5.9.12)
=:ω
(5.9.13)
= U0 · sin(ωt) ,
U0
IR (t) =
· sin(ωt) .
(5.9.14)
R
Fließt ein Strom durch einen ohmscher Widerstand, so wird in ihm elektrische Energie
in Wärmeenergie umgewandelt, d. h. er wird warm. Weil der Widerstand also sozusagen
etwas bewirkt“ spricht man oft auch von einem Wirkwiderstand“.3
”
”
Für Kondensatoren und Spulen ist das Verhalten etwas komplizierter.
Betrachten wir zunächst einen Kondensator.4 Bei Anlegen einer Gleichspannung lädt er
sich wie oben beschrieben auf und weiter passiert nichts, denn zwischen den Kondensatorplatten befindet sich ja ein elektrisch isolierendes Material. Legt man allerdings eine
Wechselspannung an, so wird der Kondensator abwechselnd immer wieder geladen und
entladen werden, wobei die Frequenz der Wechselspannung auch die zeitliche Abfolge dieser Lade- und Entladevorgänge bestimmt. Es fließt also immer wieder Strom hin und her,
so als ob ein Wechselstrom durch den Kondensator hindurchfließen würde. Wir können
die folgende Gleichung für den Strom durch den Kondensator aufstellen:
d (UC (t) · C)
(5.9.15)
= C · U̇C (t)
dt
Geben wir durch die Spannungsquelle einen festen Spannungsverlauf vor, so liefert Gleichung (5.9.15) den zugehörigen Stromverlauf.
Ein einfaches Beispiel:5 Die Spannung
IC (t) = Q̇C (t) =
UC (t) = −
U0
Spannungsamplitude
= −U0 · cos(ωt)
· cos(
2πf
· t)
(5.9.16)
= Kreisfrequenz =:ω
(5.9.17)
2
Genauso würde eine cosinusförmige Spanung einen cosinusförmigen Strom hervorrufen, aber das Beispiel ist im Hinblick auf die weitere Rechnung bewusst so gewählt.
3
Unter einer Wirkung“ versteht man in der Physik oft auch eine physikalische Größe der Einheit Js,
”
z. B. beim planckschen Wirkungsquantum. Diese Bedeutung ist hier aber nicht gemeint.
4
In Abschnitt 5.7 auf Seite 505 finden Sie eine sehr anschaulich gehaltene Analogie zu den Vorgängen
beim Kondensator im Wechselstromkreis, die es trotz ihrer Einfachheit ermöglicht, den Wechselstromwiderstand quantitativ richtig herzuleiten.
5
Weiter unten wird klar werden, warum wir gerade diese speziellen Beispiele betrachten.
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5.9 Elektrische Schwingungssiebe: Hoch- und Tiefpass
535
würde den Strom
d(cos(ωt))
dt
= U0 · C · ω · sin(ωt)
IC (t) = −U0 · C ·
(5.9.18)
(5.9.19)
Stromamplitude
hervorrufen. Wir sehen daran: der Strom hängt sowohl von der Kapazität C als auch
ω
von der Kreisfrequenz ω (bzw. der Frequenz f = 2π
) ab. Das Verhältnis zwischen der
Spannungsamplitude und der Stromamplitude beträgt
1
U0
=
U0 · C · ω
ωC
(5.9.20)
und ist so etwas wie der Widerstand“ eines Kondensators für sinusförmigen Wechsel”ω
. Allerdings wird der Kondensator anders als ein ohmscher
strom der Frequenz f = 2π
Widerstand nicht warm, wenn er vom Strom durchflossen“ wird. Man bezeichnet
”
1
XC =
(5.9.21)
ωC
deshalb als kapazitiven Blindwiderstand“.
”
Betrachten wir nun das Verhalten einer Spule. Legt man eine Gleichspannung an, so
beginnt ein Strom zu fließen. Dabei baut sich ein Magnetfeld auf, so dass die zeitliche
Änderung in den Spulenwindungen entsprechend dem faradayschen Induktionsgesetz
eine Induktionsspannung Uind = −n · Φ̇ hervorruft.6 Man kann das faradaysche Induktionsgesetz speziell für die Anwendung auf eine Spule so umformen, dass der Zusammenhang
6
Das negative Vorzeichen in dieser Formel wird in manchen Büchern ausgiebig diskutiert, ist aber letztlich Konventionssache. Wichtig ist, dass man alle in einer Masche“ eines Stromkreises (2. kirch”
hoffsches Gesetz, Maschenregel“, siehe z. B. Seite 507) auftretenden Spannungen jeweils in einem
”
ersten Schritt entweder als Spannungen an einem Widerstand“ oder als durch Spannungsquelle ein”
”
geprägte Spannung“ einteilt (hierin liegt eine gewisse Willkür) und anschließend das Vorzeichen dem
Umlaufsinn entsprechend festlegt (die Willkür aus dem ersten Schritt wird hierbei wieder aufgehoben). Man kann also z. B. eine Spule entweder als Spannungsquelle mit der Spannung UL = −L · I˙
oder als induktiven Widerstand mit der Spannung UL = +L · I˙ betrachten. Analog dazu stellt ein
Kondensator entweder eine Spannungsquelle mit der Spannung UC = −Q/C oder einen kapazitiven
Widerstand mit der Spannung UC = +Q/C dar. Es gibt nun in der Literatur gewisse Traditionen,
nach denen bei Kondensatoren die Sichtweise als Widerstand, bei Spulen hingegen die Sichtweise
als Spannungsquelle gebräuchlicher ist. Die Physik ändert sich dadurch natürlich nicht. Man muss
nur stets aufpassen, welcher Schule“ der jeweilige Autor angehört, da sich die Vorzeichen in vielen
”
Gleichungen umdrehen.
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536
5. Versuche zur Elektrizitätslehre
zwischen Strom und Spannung an der Spule noch klarer erkennbar wird:7
UL (t) = −n · Φ̇(t)
d(B(t) · A)
= −n ·
dt
= −n · Ḃ(t) · A
d(μ0 μr · (n/l) · IL (t))
·A
= −n ·
dt
n
= −n · μ0 μr · · I˙L (t) · A
l
n2
= − μ0 μr ·
· A · I˙L (t)
l
(5.9.22)
(5.9.23)
(5.9.24)
(5.9.25)
(5.9.26)
(5.9.27)
= Induktivität =:L
= −L · I˙L (t)
(5.9.28)
mit
μ0 = magnetische Feldkonstante,
μr = Permeabilitätszahl,
Φ = magnetischer Fluss,
B = magnetische Flussdichte,
n = Windungszahl,
A = Fläche der Spule,
l = Länge der Spule,
L = Induktivität der Spule.
Geben wir uns nun einen festen Stromverlauf vor, so liefert Gleichung (5.9.28) den zugehörigen Spannungsverlauf an der Spule.
Wieder ein einfaches Beispiel: Der Strom
IL (t) =
· sin(
I0
Stromamplitude
2πf
· t)
(5.9.29)
= Kreisfrequenz =:ω
= I0 · sin(ωt)
(5.9.30)
würde die Spannung
d(sin(ωt))
dt
I ·L·ω
· cos(ωt)
0 UL (t) = I0 · L ·
(5.9.31)
=
(5.9.32)
Spannungsamplitude
7
Einige zur Veranschaulichung aufgeführte Zwischenschritte dieser Umformung gelten nur für lange
Spulen mit konstantem Durchmesser. Es lässt sich aber zeigen, dass das Ergebnis selbst auch allgemein
gilt.
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5.9 Elektrische Schwingungssiebe: Hoch- und Tiefpass
537
hervorrufen. Wir sehen daran: der Strom hängt sowohl von der Induktivität L als auch
ω
) ab. Das Verhältnis zwischen der
von der Kreisfrequenz ω (bzw. der Frequenz f = 2π
Spannungsamplitude und der Stromamplitude beträgt
I0 · ωL
= ωL
I0
(5.9.33)
und ist so etwas wie der Widerstand einer Spule für sinusförmigen Wechselstrom der
”
ω
“. Auch eine ideale8 Spule wird wie ein Kondensator nicht warm, wenn
Frequenz f = 2π
sie vom Strom durchflossen wird. Man bezeichnet
XL = ωL
(5.9.34)
deshalb als induktiven Blindwiderstand“.
”
Schreibweise zum vereinfachten Rechnen mit Wechselstromwiderständen
Betrachtet wir die Gleichungen (5.9.13), (5.9.17) und (5.9.32) etwas genauer, so fällt auf,
dass die Funktion zwar jeweils prinzipiell sinusförmig“ ist, dass es aber eben doch gewisse
”
Unterschiede gibt:
I(t) ∝ + sin(ωt) ,
UR (t) ∝ + sin(ωt) ,
UL (t) ∝ + cos(ωt) = sin(ωt + π/2) = sin(ωt + 90◦ ) ,
UC (t) ∝ − cos(ωt) = sin(ωt − π/2) = sin(ωt − 90◦ ) .
(5.9.35)
(5.9.36)
(5.9.37)
(5.9.38)
(5.9.39)
Dabei wurde die Amplitude wie allgemein üblich als positive Größe angenommen. Es gibt
also auch noch eine Phasenverschiebung der Spannung um ±90◦ zwischen Spannung und
Strom. Man sagt z. B. die Spannung an der Spule eilt dem Strom um 90◦ voraus“ oder
”
die Spannung am Kondensator hinkt dem Strom um 90◦ hinterher“.9
”
Möchte man Schaltungen untersuchen, die mehrere und vielleicht auch unterschiedliche
Bauteile als Reihenschaltung enthalten, dann muss man die jeweilige Phasenverschiebung
zwischen Spannung und Strom auch noch mit berücksichtigen. Ein eleganter Trick“ hier”
zu ist die Verwendung komplexer Zahlen.10 In einer Reihenschaltung von R, L und C
8
Eine reale Spule wird meist aus Draht gewickelt, der zusätzlich einen ohmschen Widerstand hat. Eine
solche Spule wird dann natürlich auch warm.
9
Nachdem wir hier nur unendlich andauernde periodische Funktionen betrachten (also z. B. keine Einoder Ausschaltvorgänge) kann man natürlich nicht sagen, dass irgend etwas zuerst“ da wäre. Die
”
Formulierung soll eigentlich nur andeuten, dass z. B. nach einem Spannungsmaximum an der Spule
sehr bald (schon nach einer Viertelperiode) ein Strommaximum auftritt, während es dann länger,
nämlich eine Dreiviertelperiode, bis zum nächsten Spannungsmaximum dauert. Beim Kondensator ist
es genau umgekehrt.
10
Die Bezeichnung komplex“ ist etwas unglücklich gewählt und bedeutet nicht, dass das Rechnen damit
”
kompliziert“ wäre. Man verwendet sie ja ganz im Gegenteil dazu, die Rechnungen einfacher und
”
übersichtlicher zu machen.
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538
5. Versuche zur Elektrizitätslehre
werden alle Bauteile vom gleichen Strom I(t) durchflossen. Man schreibt dann
I(t) = I0 · eiωt ,
R=R ,
XL = iωL ,
1
−i
=
,
XC =
iωC
ωC
UR (t) = R · I(t) = R · I0 · eiωt
(5.9.45)
(5.9.46)
(5.9.47)
(5.9.48)
,
,
UL (t) = iωL · I(t) = iωL · I0 e
−i
−i
· I(t) =
· I0 eiωt .
UC (t) =
ωC
ωC
iωt
(5.9.49)
(5.9.50)
(5.9.51)
(5.9.52)
√
Natürlich gibt“ es keine Spannung mit dem Wert U = −1 V oder dergleichen. Wenn
”
man den tatsächlich messbaren Momentanwert einer Spannung wissen möchte, muss man
bei den obigen Gleichungen den Realteil der jeweiligen komplexen Spannung bilden.11
Der komplexe Gesamtwiderstand einer Reihenschaltung aus R, L und C lässt sich damit
Eine
√ komplexe Zahl c setzt sich zusammen aus ihrem Realteil Re(c) und der imaginären Einheit
i = −1 mal ihrem Imaginärteil Im(c) und hat den mathematischen Vorteil, dass sehr viele Formeln
unverändert weiter verwendet werden können, auch wenn man mit einer komplexen Zahl sozusagen
gleichzeitig mehr aussagen kann.
Es gibt verschiedene Arten, komplexe Zahlen darzustellen. Man kann beispielsweise schreiben
c = Re(c) + i · Im(c)
= a + i·b .
(5.9.40)
(5.9.41)
Eine andere Art ist die Darstellung in der sog. komplexen Zahlenebene. Dabei wird die Zahl als
Punkt in einem Koordinatensystem mit dem Realteil nach rechts und dem Imaginärteil nach oben
aufgetragen. Man kann die Zahl dann auch durch die Länge des Vektors vom Ursprung zu diesem
Punkt, den sog. Betrag |c| der Zahl und den Winkel ϕ, den der Vektor mit der reellen Achse einschließt,
charakterisieren. Es gilt
|c| = (Re(c))2 + (Im(c))2 ,
(5.9.42)
Im(c)
,
Re(c)
c = |c| · (cos ϕ + i · sin ϕ)
(5.9.43)
tan ϕ =
11
.
(5.9.44)
Die letzte Darstellung nennt man auch die eulersche Darstellung.
Der Imaginärteil vereinfacht nur die Rechnung und wird sozusagen nach Gebrauch entsorgt“.
”
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5.9 Elektrische Schwingungssiebe: Hoch- und Tiefpass
539
z. B. ganz einfach berechnen. Er beträgt
Z = R + X L + XC
1
= R + iωL +
iωC
i
= R + iωL −
ωC 1
= R + i ωL −
ωC
(5.9.53)
(5.9.54)
(5.9.55)
.
(5.9.56)
Man bezeichnet diese komplexe Größe meist als Scheinwiderstand, manchmal auch als
Impedanz. Statt Real- und Imaginärteil zu schreiben, kann man natürlich auch den Betrag
|Z| und den Winkel ϕ in der komplexen Zahlenebene angeben. Es gilt:
√
(5.9.57)
|Z| = Z Z ∗
1
1
R + i ωL −
=
· R − i ωL −
(5.9.58)
ωC
ωC
2
1
,
(5.9.59)
= R2 + ωL −
ωC
Im(Z)
ϕ = arctan
(5.9.60)
Re(Z)
(XL + XC )/i
= arctan
(5.9.61)
R
1
ωL − ωC
= arctan
.
(5.9.62)
R
Der Zusammenhang zwischen Strom und Spannung lautet dann in Analogie zum
ohmschen Gesetz
UZ (t) = Z · IZ (t) .
(5.9.63)
Die gemessenen Werte für Strom und Spannung entsprechen dabei wieder wie oben beschrieben den Realteilen von Strom bzw. Spannung.
Völlig analog verfährt man mit anderen Kombinationen, wie z. B. einer Parallelschaltung.
Man verwendet einfach die für ohmsche Widerstände bekannten Formeln, setzt aber statt
R jeweils Z ein. Komplizierte Überlegungen über Phasenverschiebungen oder dergleichen
sind somit nicht mehr nötig.
RC-Hoch/Tiefpass
Ein RC-Hoch- oder -Tiefpass ist nichts anderes als ein Spannungsteiler, der mit Wechselspannung betrieben wird. Man legt das Eingangssignal an die Reihenschaltung aus
ohmschem Widerstand R und Kondensator (Kapazität C) und greift die Ausgangsspannung entweder über dem ohmschen Widerstand (Hochpass) oder über dem Kondensator (Tiefpass) ab. Die Schaltbilder sind in Abbildung 5.9.2 dargestellt. Da der kapazitive
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540
5. Versuche zur Elektrizitätslehre
Blindwiderstand des Kondensators nach Gleichung (5.9.48) frequenzabhängig ist, wird das
Verhältnis von Ausgangssignal zu Eingangssignal ebenfalls von der Frequenz abhängen,
so dass man je nach Anwendungszweck entweder tiefe oder hohe Frequenzen bevorzugt
weiterleiten und die anderen Frequenzen unterdrücken kann.
Abbildung 5.9.2.: Schaltbilder für den RC-Hochpass und den RC-Tiefpass.
Es gilt für den Hochpass
R
U3
=
U1
R + XC
R
=
1
R + iωC
U3 R =
U1 R + 1 iωC
1
=
1 2
1 + ωRC
(5.9.64)
(5.9.65)
(5.9.66)
(5.9.67)
und für den Tiefpass
XC
U4
=
U1
R + XC
=
(5.9.68)
1
iωC
1
R + iωC
1
U4 iωC
=
U1 R + 1 iωC
1
=
1 + (ωRC)2
(5.9.69)
(5.9.70)
.
(5.9.71)
Als Grenzfrequenz“ 12 bezeichnet man den Wert ωgr für die Kreisfrequenz, bei dem der
”
Wert das Verhältnis von Ausgangsspannung zu Eingangsspannung gerade √12 beträgt. Aus
12
Eigentlich müsste es Grenzkreisfrequenz“ heißen, aber wie auch häufig sonst wird hier der kürzere
”
wenn auch nicht ganz korrekte Ausdruck mehrheitlich bevorzugt. Solange man das Formelzeichen ω
benutzt, ist die Verwechslungsgefahr gering.
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5.9 Elektrische Schwingungssiebe: Hoch- und Tiefpass
541
den Gleichungen (5.9.67) und (5.9.71) kann man sofort herleiten, dass hierfür
1
(5.9.72)
RC
gelten muss. Die Grenzfrequenz ist also der Kehrwert der schon von der Kondensatoraufund -entladung bekannten Zeitkonstante τ = RC.
Das Ausgangssignal ist gegenüber dem Eingangssignal phasenverschoben. Für den Winkel
δ der Phasenverschiebung ergibt sich unter Verwendung von Gleichung (5.9.65) beim
Hochpass
ωgr =
Im(U3 /U1 )
Re(U3 /U1 )
1
=
ωRC
und unter Verwendung von Gleichung (5.9.69) beim Tiefpass
tan δ =
Im(U4 /U1 )
Re(U4 /U1 )
= −ωRC .
tan δ =
(5.9.73)
(5.9.74)
(5.9.75)
(5.9.76)
LC-Hoch/Tiefpass
Man kann natürlich auch andere RLC-Kombinationen als Frequenzfilter verwenden. Eine
recht wichtige einfache Variante darunter ist die Reihenschaltung aus Spule (Induktivität
L) und Kondensator (Kapazität C). Die Schaltbilder sind in Abbildung 5.9.3 dargestellt.
Abbildung 5.9.3.: Schaltbilder für den LC-Hochpass und den LC-Tiefpass.
Auf die gleiche Weise wie schon bei den RC-Siebschaltungen erhält man hier für den
LC-Hochpass
U5
XL
=
U1 XL + XC U5 iωL =
U1 iωL + 1 iωC
1
= 1 − ω21LC (5.9.77)
(5.9.78)
(5.9.79)
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542
5. Versuche zur Elektrizitätslehre
und für den LC-Tiefpass
U6
XC
=
U
X +X
1 L 1 C U6 iωC
=
U1 iωL + 1 iωC
1
=
.
|1 − ω 2 LC|
(5.9.80)
(5.9.81)
(5.9.82)
Bei beiden LC-Filterschaltungen gibt es ein sehr starkes Ausgangssignal für den Fall, dass
die Nenner in den Gleichungen (5.9.79) bzw. (5.9.82) verschwinden. Das ist der Fall für
ωgr = √
1
LC
.
(5.9.83)
Die beiden Schaltungen lassen also nicht nur hohe bzw. tiefe Frequenzen durch, sondern
erzeugen vor allem auch eine starke Überhöhung des Ausgangssignals für Frequenzen um
ωgr .
Es ist allerdings zu beachten, dass obige Gleichungen nur unter der idealisierten Annahme gelten, dass alle ohmschen Widerstände in den LC-Filterschaltungen vernachlässigt
werden können, auch am Ausgang der Schaltung. Die Schaltung darf also nicht belastet“
”
werden. In allen realen Situationen wird zumindest am Ausgang eine Last angeschlossen
sein, denn sonst bräuchte man ja die Schaltung nicht. Sind die ohmschen Widerstände
nicht vernachlässigbar, so wird der Überhöhungseffekt abgeschwächt oder verschwindet
sogar ganz.
Im idealisierten Fall tritt jeweils im gesamten Durchlassfrequenzbereich keine Phasenverschiebung zwischen Eingangs- und Ausgangssignal auf, die Signale verlaufen gleichphasig, d. h. δ = 0. Im Sperrbereich verlaufen die beiden Signale genau gegenphasig, d. h.
δ = 180◦ = π. Für endliche ohmsche Widerstände ist der Verlauf flacher.
LCR-Bandpass und -Sperrkreis
Weitere Filterschaltungen, bei denen nur ein bestimmtes Frequenzintervall durchgelassen
bzw. gesperrt wird, sind der LCR-Bandpass und der LCR-Sperrkreis. Die Schaltbilder
sind in den Abbildungen 5.9.4 und 5.9.5 dargestellt.
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5.9 Elektrische Schwingungssiebe: Hoch- und Tiefpass
543
Bandpass
L
C
U1
R
U7
Abbildung 5.9.4.: Schaltbild des LCR-Bandpasses.
Sperrkreis
L
U1
C
R
U8
Abbildung 5.9.5.: Schaltbild des LCR-Sperrkreises.
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544
5. Versuche zur Elektrizitätslehre
Versuchsdurchführung
Hinweise:
• Achten Sie beim Aufbau der Schaltungen besonders auf den richtigen (einheitlichen) Anschluss der Masseleitungen von Oszilloskop und Funktionsgenerator, sonst funktioniert meist gar nichts!
Das Problem besteht dabei darin, dass sowohl beim Funktionsgenerator als auch
beim Oszilloskop die äußeren Kontakte der BNC-Buchsen auf Massepotential lie”
gen“ (d. h. typischerweise mit dem Schutzleiter verbunden sind). Auf diese Weise
besteht eine zusätzliche versteckte“ Verbindung dieser Kontakte über die Netzka”
bel, die Sie im Schaltbild nicht sehen. Diese Verbindung kann natürlich auch einen
Kurzschluss für ein Bauteil darstellen, wenn diese Kontakte von Funktionsgenerator und Oszilloskop an unterschiedlichen Stellen der Schaltung angeschlossen werden
(also z. B. der Masseanschluss des Oszilloskops zwischen den beiden Bauteilen der
Hoch-/Tiefpässe).13
Fragen Sie im Zweifelsfall lieber nochmal die Betreuerin/den Betreuer, bevor Sie
lange herumprobieren.
• Insbesondere bei höheren Frequenzen können durch unabgeschirmte Leitungen
störende Effekte auftreten, da diese als Antennen wirken.
• Das Ausgangssignal des Funktionsgenerators (und somit das Eingangssignal für die
jeweils zu untersuchende Schaltung) bleibt während des gesamten Versuches an Kanal 1 des Oszilloskops angeschlossen.
Das jeweilige Ausgangssignal der Schaltung wird gleichzeitig auf Kanal 2 betrachtet. So können Amplituden- und Phasenverhältnisse schnell und einfach abgelesen
werden.
• Erfahrungsgemäß brauchen insbesondere Anfänger leider oft länger für diesen Versuch, wenn sie die digitalen Funktionen eines modernen Speicheroszilloskops nutzen.
Lassen Sie sich alternativ dazu von Ihrer Betreuerin/Ihrem Betreuer zeigen, wie
man durch geschickte Wahl der Darstellung (Positionieren der Kurven auf dem
Schirm, Wahl des Maßstabs, . . . ) schnell zu Messwerten mit ausreichender Genauigkeit kommt.
• Die Amplitude eines Signals am Oszilloskop lässt sich meist am einfachsten als Wert
”
von Spitze zu Spitze“ ablesen. So werden auch die Ableseungenauigkeiten minimiert.
Die Amplitude im engeren Sinne“ ist dann gerade die Hälfte des abgelesenen Wer”
tes.
Versuchsteil I: Zeitkonstante eines RC-Gliedes:
1. Bauen Sie die Schaltung nach Abbildung 5.9.1 auf.
13
Dieses Verhalten ist absichtlich bei fast allen Funktionsgeneratoren und Oszilloskopen zu finden. Es
dient dazu, die Abschirmung der Signalleitungen zu verbessern.
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5.9 Elektrische Schwingungssiebe: Hoch- und Tiefpass
545
2. Schalten Sie den Funktionsgenerator auf Rechtecksignal.
3. Wählen Sie die Frequenz des Funktionsgenerators und die Zeitablenkung des Oszilloskops so, dass die exponentielle Ladekurve auf dem Bildschirm gut sichtbar wird.
4. Bestimmen Sie die Zeitkonstante τ für mindestens fünf verschiedene RCKombinationen.
Hinweis: Die Messung geht schneller und wird genauer, wenn Sie nicht direkt τ ablesen, sondern die Zeit T1/2 , in der die Spannung auf den halben Endwert ansteigt.
Sie können dann später bei der Auswertung umrechnen.
Versuchsteil II: RC-Hoch- und -Tiefpass:
5. Bauen Sie die Hochpass-Schaltung nach Abbildung 5.9.2 auf. Verwenden Sie dazu
den Widerstand mit R = 600 Ω und einen beliebigen der zur Verfügung stehenden
Kondensatoren.
6. Schalten Sie den Funktionsgenerator auf Sinussignal.
7. Nehmen Sie für den Hochpass eine Durchlasskurve auf, d. h. messen Sie für
mindestens zehn sinnvoll gewählte(!)14 Frequenzen jeweils die Amplituden U1 der
Eingangsspannung und U2 der Ausgangsspannung.15
8. Bauen Sie nun die Tiefpass-Schaltung nach Abbildung 5.9.2 auf.
9. Nehmen Sie in gleicher Weise wie für den Hochpass auch für den Tiefpass eine
Durchlasskurve auf.
10. Tragen Sie die Messwerte beider Schaltungen sofort graphisch auf, und zwar beide
in das selbe Diagramm. Der Schnittpunkt der Durchlasskurven liegt bei der Grenzfrequenz fgr .
Bestimmen Sie für die drei Fälle f fgr , f = fgr und f fgr jeweils die Phasenverschiebung zwischen Eingangs- und Ausgangsspannung sowohl am Hoch- als auch
am Tiefpass.
Versuchsteil III: LC-Hoch oder -Tiefpass:
11. Bauen Sie entweder die Hochpass- oder die Tiefpass-Schaltung nach Abbildung 5.9.3
auf. Verwenden Sie dazu den Kondensator mit C ≈ 27 nF und eine beliebige der zur
Verfügung stehenden Spulen. Als Lastwiderstand dient der ohmsche Widerstand
mit R = 600 Ω.
12. Schalten Sie den Funktionsgenerator auf Sinussignal.
14
15
In der Nähe der Grenzfrequenz sollten die Messpunkte dichter liegen als weit davon entfernt.
Sie können davon ausgehen, dass der Funktionsgenerator unter Belastung seine Ausgangsspannung und
damit die Eingangsspannung der Siebschaltung nicht konstant halten kann. Deshalb müssen Sie diese
Spannung für jede Schaltung und jede Frequenz stets mit messen.
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546
5. Versuche zur Elektrizitätslehre
13. Betreiben Sie die Filterschaltung mit offenem Ausgang“, d. h. schließen Sie noch
”
keinen Lastwiderstand an.
14. Bestimmen Sie Frequenz f0 , bei der das Spannungsverhältnis U5 /U1 maximal wird.
15. Belasten Sie den Ausgang mit einem ohmschen Widerstand, d. h. schließen Sie diesen
parallel zur Spule an.
16. Nehmen Sie für den Hoch- bzw. Tiefpass eine Durchlasskurve auf, d. h. messen Sie
für mindestens zehn sinnvoll gewählte(!) Frequenzen jeweils die Amplituden U1 der
Eingangsspannung und U5 bzw. U6 der Ausgangsspannung.
17. Bestimmen Sie für die drei Fälle f f0 , f = f0 und f f0 jeweils die Phasenverschiebung zwischen Eingangs- und Ausgangsspannung.
Versuchsteil IV: LCR-Bandpass oder -Sperrkreis:
18. Bauen Sie die Bandpass- oder Sperrkreis-Schaltung nach Abbildung 5.9.4 bzw. 5.9.5
auf. Verwenden Sie dazu die Spule mit L = 10 mH, den Kondensator mit C ≈ 27 nF
und den ohmschen Widerstand mit R = 600 Ω.
19. Schalten Sie den Funktionsgenerator auf Sinussignal.
20. Variieren Sie die Frequenz am Funktionsgenerator und beobachten Sie am Oszilloskop das Verhalten der Ausgangsspanung (zunächst ohne die Messdaten zu notieren), um den prinzipiellen Verlauf der Durchlasskurve herauszufinden.
21. Nehmen Sie für die Filterschaltung eine Durchlasskurve auf, d. h. messen Sie für
mindestens zehn sinnvoll gewählte(!) Frequenzen jeweils die Amplituden U1 der Eingangsspannung und U7 bzw. U8 der Ausgangsspannung.
22. Bestimmen Sie für die drei Fälle f f0 , f = f0 und f f0 jeweils die Phasenverschiebung zwischen Eingangs- und Ausgangsspannung.16
Auswertung
Hinweis: Verwenden Sie für alle Diagramme Darstellungen, bei denen sowohl die Frequenz als auch das Verhältnis der Spannungsamplituden logarithmisch aufgetragen werden ( doppelt logarithmische Darstellung“).
”
1. Zeichnen Sie die Durchlasskurven für alle untersuchten Filterschaltungen.
2. Diskutieren Sie Ihre Messwerte zur Phasenverschiebung (ebenfalls für alle untersuchten Filterschaltungen).
3. Berechnen Sie die Zeitkonstante des RC-Gliedes aus der von Ihnen gemessenen
Halbwertszeit“.
”
16
f0 bezeichnet die Mittenfrequenz. Für diese Frequenz ist das Verhältnis von Ausgangs- zu Eingangssignal beim Bandpass maximal, beim Sperrkreis minimal.
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5.9 Elektrische Schwingungssiebe: Hoch- und Tiefpass
547
4. Berechnen Sie die Zeitkonstante des RC-Gliedes aus den Werten von R und C
und vergleichen Sie den so erhaltenen Wert mit Ihrem experimentell unter Punkt 3
erhaltenen Wert.
5. Berechnen Sie fgr für die RC-Siebschaltungen aus den Werten von R und C und
vergleichen Sie den so erhaltenen Wert mit Ihrem experimentell bereits während der
Versuchsdurchführung unter Punkt 10 der Auswertung erhaltenen Wert.
6. Berechnen Sie f0 für die LC-Siebschaltung aus den Werten von L und C und vergleichen Sie den so erhaltenen Wert mit Ihrem experimentell bereits während der
Versuchsdurchführung unter Punkt 20 erhaltenen Wert.
Fragen und Aufgaben
Derzeit keine!
Ergänzende Informationen
Anwendung elektrischer Schwingungssiebe
Die Liste der Anwendungen ist lang. Hier nur ein paar ausgewählte Beispiele:
• Frequenzweiche in HiFi-Lautsprecherboxen.
• Bandpass (Kombination aus Hoch- und Tiefpass) zur Auswahl eines bestimmten
Sende-/Empfangskanals bei Mobilfunk, WLAN, Radio, Fernsehen, Funkgerät, Funkfernsteuerung, Wechselsprechanlage, Babyphon.
• Klangregelung ( Equalizer“) durch selektive Verstärkung oder Abschwächung ein”
zelner Frequenzbereiche eines Tonsignals.
• Unterdrückung von Störsignalen genau bekannter Frequenz (z. B. Netzbrummen“
”
mit 50 Hz).
Literaturhinweise
Weitergehende Informationen finden Sie in [MP69].
Literaturverzeichnis
[MP69] Meyer, E. und R. Pottel: Physikalische Grundlagen der Hochfrequenztechnik.
Friedrich Vieweg & Sohn GmbH, Braunschweig, 1969.
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