Deutsches Ärzteblatt 1978: A-2811

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DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
Heft 47 vom 23. November 1978
Zur Fortbildung
Aktuelle Medizin
KARZINOMSERIE:
Das Karzinoid
des Verdauungstraktes
Peter Langhans, Manfred Clemens und Werner Schlake
Karzinoide sind epitheliale Tumoren, die im gesamten Gastrointestinaltrakt vorkommen
können. Sie unterscheiden
sich von den Karzinomen dadurch, daß sie langsam infiltrativ, aber nicht grob zerstörend wachsen. Bei Metastasierung finden sich Absiedlungen besonders in der Leber, den Lymphknoten und
der Lunge. In diesem Falle
können sie sich unter dem klinischen Bild des Karzinoidsyndroms manifestieren. Die
wesentlichen diagnostischen
Hilfsmittel bestehen in den
entsprechenden Röntgenuntersuchungen, in der Endoskopie mit Entnahme von Probeexzisionen und in laborchemischen Untersuchungsmethoden. Die chirurgische Intervention steht als alleinige
Therapie im Vordergrund. Bei
erfolgter Metastasierung muß
eine symptomatische chirurgische Therapie einsetzen,
die in der Reduktion der hormonproduzierenden Tumormassen besteht. Eine zusätzliche medikamentöse Therapie
ist bei persistierenden Symptomen des Karzinoidsyndroms indiziert.
Aus der Chirurgischen Klinik und Poliklinik der Universität Münster
— Allgemeinchirurgie —
(Direktor: Professor Dr. med. Hermann Bünte)
und dem Pathologischen Institut der Universität Münster
(Direktor: Professor Dr. med. Ekkehard Grundmann)
Einleitung
Karzinoide sind epitheliale Tumoren
des Verdauungstraktes und kommen unter Berücksichtigung aller
Malignome in 1 bis 1,8 Prozent vor.
Der Pathologe Oberndorfer prägte
1907 erstmals den Begriff „Karzinoid". Nach den von ihm damals aufgestellten Kriterien dieser echten
epithelialen Geschwulst unterscheiden sie sich von denen des Karzinoms dadurch, daß diese Tumorform langsam infiltrativ, aber
nicht grob zerstörend wächst. Bei
Metastasierung finden sich besonders Absiedlungen in der Leber, den
Lymphknoten und der Lunge. In diesem Falle können sie sich unter dem
klinischen Bild des Karzinoidsyndroms manifestieren. Primäre Tumoren mit Lokalisation im Bronchialsystem können ohne Metastasen das Vollbild des Karzinoidsyndroms aufweisen. Seltene Lokalisationen sind Ösophagus, Bronchus,
Zunge, Larynx, Parotis und Teratome.
traktes, jedoch mit unterschiedlicher Häufigkeit nachweisen. So werden am Magen in 0,3 Prozent aller
bösartigen Tumoren Karzinoide
nachgewiesen. Insgesamt sind sie
mit 0,02 Prozent an allen Magentumoren beteiligt (9)*). 8 Prozent der
Malignome des gesamten Dünndarms werden von Karzinoiden gebildet (22). Bei der Appendix wird
eine Beteiligung der Karzinoide am
Gesamtauftreten der Tumoren von
50 bis 90 Prozent beschrieben (18).
Während im Kolon Karzinoide nur in
0,3 Prozent an den Malignomen beteiligt sind, werden im Rektum in 1,3
Prozent der bösartigen Tumoren
Karzinoide nachgewiesen (9) (Tabelle 1).
Morphologie
Häufigkeit und Lokalisation
Bei den Karzinoiden handelt es sich
durchwegs um kleine, gut abgrenzbare Geschwülste mit überwiegend
submuköser Lokalisation. Zum
Darm hin werden sie häufig von einer intakten Schleimhaut überkleidet, während sie an der Basis infiltrativ vorwachsen (10).
Karzinoide lassen sich zwar in allen
Abschnitten des Gastrointestinal-
*) Die in Klammern stehenden Zahlen beziehen sich auf das Literaturverzeichnis des
Sonderdrucks
2811
Zur Fortbildung
Aktuelle Medizin
Karzinoide des Verdauungstrakts
Bei größeren Tumoren können Exulzerationen der intraluminalen Anteile beobachtet werden. Karzinoide
treten zum Teil solitär, zum Teil aber
auch multipel auf. Am häufigsten
lassen sich multiple Karzinoide im
Ileum und Jejunum nachweisen (13,
19).
Im histologischen Bild finden sich
solide epitheliale Stränge, deren
Zellen einen hohen Differenzierungsgrad aufweisen (13) (Abbildung 1). Ausschlaggebend ist die
Regelmäßigkeit der Zellen, die keine
Mitosen oder Anaplasien aufweisen.
Charakteristisch ist die Diskrepanz
zwischen infiltrativem Wachstum
und ausgeglichenem Zellbild ohnp
wesentliche Polymorphie (10) (Ab-
bildung 2). Histochemisch lassen
sich in der Karzinoidzelle Granula
nachweisen, die Argenaffinität, Argyrophilie, positive Diazoreaktionen
und Chromaffinität besitzen.
Pharmakologisch hat sich gezeigt,
daß die Karzinoide multihormonale
Tumoren sind, die neben dem Serotonin auch Kallikrein speichern und
sezernieren (Abbildung 3). Als weitere Substanzen wurden Prostaglandine, Histamin, Insulin, Kortison,
ACTH, MSH und andere Katecholamine nachgewiesen.
In dieser Hormonüberproduktion
liegt die Ursache für das Karzinoidsyndrom. Das 5-Hydroxy-Tryptamin
bewirkt eine Konstriktion der Arte-
rien bei Dilatation der Hautgefäße
mit gleichzeitiger Steigerung der
Gefäßpermeabilität. Die glatte Muskulatur von Bronchus und Darm
wird vom Serotonin stimuliert. Eine
ähnliche Wirkung kann auch bei den
Plasmakininen (Bradykinin und Kallidin) nachgewiesen werden. Sie regen Kontraktionen der Darmwand
und Bronchusmuskulatur an, senken durch Dilatation die arteriellen
Gefäßwiderstände und erhöhten die
Permeabilität.
Als dritte wesentliche Gruppe führen
die Prostaglandine ebenfalls zu
Kontraktionen der Muskulatur von
Uterus und Darm und zur Dilatation
der Gefäße, so daß hieraus eine blutdrucksenkende Wirkung resultiert.
Tabelle 1: Aufstellung großer Statistiken über Karzinoide der Weltliteratur
Autor
Linell,
Sanders,
R. J. et al. F. et al.
(16)
(22)
Kähler,
H. J.
(13)
Barreto,
A.
(2)
Ayulo,
J.
(1)
Kuiper,
H. et al.
(15)
Martin,
R. c.
(17)
Orloff,
M. J.
(21)
Morgan,
J. G. et
al. (19)
Jahr
1964
1966
1967
1967
1969
1970
1970
1971
1974
Fallzahl
2579
53
509
31
53
72
52
3000
135
1,4
5,8
2,5
7,4
2,8
1,3
8,9
5,5
1,5
Magen
3,3
5,7
1,8
3,2
Duodenum
2,5
5,7
1,0
9,7
81,0
Jejunum
9,7
Ileum
Appendix
Kolon und
Zökum
Rektum
Gallenblase
1,1
1,9
-
-
9,4
32,0
1,8
1,4
32,7
-
27,5
1,0
-
67,0
29,0
37,9
22,2
25,0
47,0
21,5
3,5
3,2
3,7
6,9
7,7
2,0
7,4
11,8
2,5
38,7
45,4
27,8
26,9
17,0
27,4
0,2
0,2
-
-
-
0,2
-
-
6,5
-
45,5
2,6
Mesenterium
Unbekannter
Primärtumor
27,4
23,0
32,6
Meckelsches
Divertikel
1,8
0,4
5,7
1,0
2812 Heft 47 vom 23. November 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
1,9
Zur Fortbildung
Aktuelle Medizin
Klinik
Bei der klinischen Symptomatik muß
zwischen dem nicht metastasierenden solitären Karzinoid eines Organs und dem Karzinoidsyndrom
unterschieden werden. Das Karzinoid der einzelnen Organe macht sich
je nach Lokalisation in Form eines
stenosierenden Prozesses bemerkbar. Bei Lokalisation im Magen finden sich unspezifische Beschwerden, die einem Ulkusleiden oder
auch anderen Tumoren gleichen
können. Die Patienten klagen häufig
über intermittierende Oberbauchbeschwerden, die wie bei einem penetrierenden Ulkus in den Rücken ausstrahlen können. Zu den weiteren
Symptomen gehören Erbrechen,
Übelkeit, Gewichtsverlust. Bei Arrosion der darüber liegenden Schleimhaut kann es zum Auftreten von Melaena kommen. In ca. 38 Prozent ist
eine Magenblutung die Ursache für
weitere diagnostische Bemühungen
(11). Präpylorisch gelegene größere
Karzinoide können das klinische
Bild einer Magenausgangsstenose
erzeugen.
Abbildung 1: Tumorkomplex, Infiltration der Muscularis mucosae
Entsprechend führt eine subkardiale
Lokalisation zum Bild einer Kardiastenose. Wegen des uncharakteristischen Krankheitsbildes sind Frühsymptome am ehesten bei endogastrischer Ausbreitung zu erwarten,
da es hier vermehrt zu Schleimhautläsionen, Errosionen und Ulzerationen kommt.
Das Karzinoid des Ösophagus wird
sich, falls es keine Symptomatik im
Sinne eines Karzinoidsyndroms
zeigt, am ehesten durch Stenosierung im Sinne eines Ösophagustumors bemerkbar machen.
Das klinische Bild der Karzinoide
des Duodenums gleicht dem eines
chronischen Ulkusleidens. Die Patienten klagen über uncharakteristische Oberbauchbeschwerden, Erbrechen, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust. Je nach Lokalisation
zur Papille werden Duodenalkarzinoide in drei Gruppen unterteilt. Die
stenosierende Form verursacht epigastrische Schmerzen und bietet eine Symptomatik wie bei Duodenal-
Abbildung 2: Alveoläre Zellnester mit kubisch polygonalen, häufig exzentrisch
gelegenen Zellkernen
verschluß. Die Patienten geben in
der Anamnese häufiges Erbrechen
an. Die hämorrhagische Form bietet
das Bild einer Blutung aus dem oberen Gastrointestinaltrakt. Verursacht
wird diese durch Arrosion der Mukosa. In vereinzelten Fällen wird ein
begleitendes Duodenalulkus als
Blutungsursache beschrieben.
Die ikterische Form ist durch die Lokalisation des Karzinoids im Bereich
der Papilla Vateri gekennzeichnet.
Durch
intramurales Wachstum
kommt es zu Stenosierungen beziehungsweise Abknickung des Ductus
choledochus mit nachfolgender
Cholestase und Ikterus.
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 47 vom 23. November 1978
2813
Zur Fortbildung
Aktuelle Medizin
Karzinoide des Verdauungstrakts
Hormonell inaktive Karzinoide des
Ebenso wie die Karzinoide des Mekkelschen Divertikels bleiben auch
die. Appendixkarzinoide klinisch
stumm. Symptome treten nur in 10
Prozent der Fälle auf, nämlich dann,
wenn der Tumor in der Mitte oder an
der Basis des Wurmfortsatzes gelegen ist und das Lumen verschließt.
Die Folge ist ein poststenotisches
Empyem oder Gangrän (22). In der
Mehrzahl der Fälle bleibt das Appendixkarzinoid ein histologischer Zufallsbefund bei klinischer Diagnosestellung Appendizitis.
Dünndarms bleiben in der Regel
asymptomatisch. Ausnahmen hiervon bilden das obstruierende
Wachstum in Richtung auf das
Darmlumen. Hier treten dann
krampfartig abdominelle Beschwerden mit Hyperperistaltik, Obstipation oder Diarrhöe auf. Je nach Größenwachstum kann es zur völligen
Verlegung des Darmlumens mit Ausbildung eines Ileus kommen.
Ebenso führt auch die kollagene Fibrosierung des Mesenteriums durch
Abknickung des Dünndarms zu Obstruktionen und ileusähnlichen
Erscheinungsbildern.
Ein Hinweis auf ein Karzinoid sollte
immer die Kombination folgender
Symptome sein: Intermittierender
schmerzhafter Subileus, Diarrhöen
und Gewichtsverlust (8).
Karzinoide des Meckelschen Divertikels werden meist nur am Autopsiematerial nachgewiesen. Eine klinische Symptomatik tritt nur bei stenosierendem Wachstum oder Einklemmung von Dünndarmschlingen
auf.
Die Symptome der Kolonkarzinoide
gleichen denen, die durch ein Karzinom verursacht werden. Die Patienten klagen je nach Lokalisation über
Schmerzen in dem entsprechenden
abdominellen Abschnitt.
Je nach Ausdehnung des Karzinoids
kann es zur Verlegung des Darmlumens mit Ausbildung eines Ileus
kommen. Bei Läsionen der Schleimhaut wird auch bei Karzinoiden des
Kolons eine Blutung beobachtet.
Rekturnkarzinoide äußern sich primär durch Verstopfung, Tenesmen
NH, ---0- Proteine
N
H
In etwa 20 Prozent treten in Kombination mit den Flush-Anfällen asthmatoide Zustände auf. Vom Serotonin und den Kininen ist eine bronchokonstriktorische Wirkung bekannt. Gefürchtet ist die asthmatoide Dyspnoe bei intraoperativen Manipulationen am Tumor. Am schwersten wirken sich die Veränderungen
am Endokard und Klappenapparat
aus, die letztlich zur Trikuspidalinsuffizienz und/oder Pulmonalisstenose und damit zum Rechtsherzversagen führen.
CH,- CH - COOH
NH,
5 - Hydroxytryptophan
Decarboxylase
CH,- CH,- NH,
HO
Die Anfälle treten in den meisten
Fällen spontan auf. Ursache kann
jedoch eine äußere Einwirkung in
Form von Erregung, Anstrengung,
Mahlzeit, Druck auf den Tumor und
Alkoholgenuß sein (Tabelle 3).
Tryptophan
Hydroxylase
HO
Das Karzinoidsyndrom ist meistens
mit einer Metastasierung des Primärtumors in die Leber vergesellschaftet. Bei der Symptomatik geht
man davon aus, daß in den Metastasen gebildetes Serotonin, das normalerweise durch die Monoaminooxydase sowohl in der Leber als
auch in der Lunge zu 5-HydroxyIndolessigsäure abgebaut wird, ungehindert in den Kreislauf gelangen
kann. Klinisches Hauptphänomen
stellt das vaskulär bedingte FlushSyndrom dar (Tabelle 2). Normalerweise klingt der Anfall innerhalb von
Minuten ab. Es wird jedoch eine
stundenlang anhaltende Symptomatik beschrieben. Die Intervalle zwischen den einzelnen Anfällen können zwischen Stunden und Wochen
liegen (14).
Das zweite Hauptsymptom des Karzinoidsyndroms stellen die abdominellen Beschwerden dar.
CH,- CH - COOH
Nicotinsäureamid
und Schmerzen im Analbereich. Die
Blutung fehlt häufig als diagnostischer Hinweis, da die Schleimhaut
über kleinen Karzinoiden meist intakt ist.
5 - Hydroxytryptamin=Serotonin
Monoaminooxydase
COOH
\/\N/
H
2814
5 - Hydroxyindolessigsäure
Abbildung 3:
Biosynthese und
Abbau des Serotonins
Heft 47 vom 23. November 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT
Diagnostik
Die wesentlichen diagnostischen
Hilfsmittel bestehen in den entsprechenden Röntgenuntersuchungen,
Zur Fortbildung
Aktuelle Medizin
der Endoskopie mit Entnahme von
Probeexzisionen und in laborchemischen Untersuchungsmethoden.
Röntgenologisch werden Karzinoide
des Magens häufig als Polypen fehlgedeutet. Sie stellen sich als solitäre, selten auch als multiple Füllungsdefekte mit zentraler Kontrastmittelnische im Sinne einer Ulzeration dar. Radiologisch ist eine Differenzierung von gutartigen und anderen Tumoren beziehungsweise
Ulzera nicht möglich. Das Röntgenbild kann jedoch eine polypöse
Schleimhautveränderung vorweisen, so daß auch an ein exophytisch
wachsendes Karzinom gedacht werden muß (Abbildung 4).
Duodenalkarzinoide weisen einen
rundlichen Füllungsdefekt mit teilweiser Obstruktion auf. Röntgenologisch ähnelt dieses Bild kleineren
Polypen. Die Magen-Darm-Passage
mit Verfolgung zeigt bei intraluminalem Wachstum der Karzinoide des
Dünndarms einen abgegrenzten
Füllungsdefekt (4). Beim Kolon muß
differentialdiagnostisch wegen des
häufig polypoiden intralum inalen
Tumors auch an ein primäres Adenokarzinom gedacht werden (4, 7).
Endoskopischen Untersuchungen
sind die Karzinoide des oberen Gastrointestinu ms sowie des Rektums
und Kolons leicht zugänglich. Diese
Untersuchungsmethode muß um so
mehr gefordert werden, da der Röntgenbefund keine klinische relevante
Aussage über die Dignität zuläßt und
kleinere Karzinoide röntgenologisch
nicht erfaßbar sind. Die histologische Diagnose, bei hormonaler
Inaktivität allein beweisend, kann
nur mittels Knopflochbiopsie gesichert werden, da das Wachstum der
Karzinoide häufig auf die tieferen
Schleimhautschichten beschränkt
ist und die einfache Schleimhautbiopsie zu falsch negativen Ergebnissen führen kann (3).
Wichtigstes laborchemisches Zeichen des Karzinoidsyndroms ist die
Erhöhung der 5-Hydroxy-Indolessigsäurekonzentration im Harn. Die
normale Ausscheidung der HydroxyIndolessigsäure beträgt 2-10 mg/
Tabelle 2: Art und Häufigkeit der Krankheitserscheinungen beim
typischen Karzinoid-Syndrom bei 138 Krankheitsfällen der Literatur,
modifiziert nach H. J. Kähler 1967 (13)
Häufigkeit
%
129
25
35
9
93,5
18,1
25,2
6,5
26
18,9
107
70
21
77,5
50,7
15,2
55
39,9
18
13,1
26
18,9
Gelenkbeschwerden
„Arthritis"
10
7,3
Tumor
Palpabler Lebertumor
86
62,4
Körpergewicht
Gewichtsverluste
65
47,1
Symptome
Haut
Flush
Dauerzyanose
Teleangiektasien
Pellagra-artige Dermatose
Respirationstrakt Asthma
Magen-DarmTrakt
Diarrhöen
Kolikartige Bauchschmerzen
Ileus oder Subileus
Herz
Rechtsseitige Endokardfibrose
(autoptisch) oder durch Herzkatheter gesichertes Klappenvitium
Endokardfibrose
Linksseitige
(nur autoptisch nachgewiesen)
Wasserhaushalt Oligurie oder Ödeme (ohne Anhalt für Herzerkrankung)
Gelenke
■■••■1111..
Tabelle 3: Lokalisation des Primärtumors bei 138 Fällen der Literatur
von typischem Karzinoid-Syndrom, modifiziert nach H. J. Kähler
1967 (13)
Lokalisation
Fallzahl
Magen
2
1,5
Duodenum
1
0,7
6
4,4
Gallenblase
Jejunum
Ileum
94
68,2
Meckelsches Divertikel
1
0,7
Appendix
2
1,5
Zökum
3
2,2
1
0,7
5
3,6
23
16,6
Kolon
Rektum
Gonaden
Unbekannt
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Heft 47 vom 23. November 1978
2815
Zur Fortbildung
Aktuelle Medizin
Karzinoide des Verdauungstrakts
die, Werte über 25 mg/die sind beweisend für ein Karzinoidsyndrom.
Sollte trotz eines ausgeprägten klinischen Bildes die 5-Hydroxy-Indolessigsäureausscheidung normal
sein, so ist es möglich, mit dem Reserpin-Provokationstest die Produk-
tion des Serotonins zu steigern. So
ist es möglich, durch Alkohol- oder
Katecholamingabe, ebenso durch
Infusion von Kalzium, einen Flush
auszulösen und dadurch den Serotoninspiegel im Blut zu erhöhen (12).
Abbildung 4: Multiple Füllungsdefekte im unteren Magenabschnitt bei multiplem Magenkarzinoid
Therapie
Die chirurgische Intervention steht
als alleinige Therapie im Vordergrund. Eine zytostatische Therapiemit Mitomycin oder Cyclophosphamid hat nicht die gesetzten Erwartungen erfüllt. Solitäre Karzinoide
des Magens mit einer Größe von unter zwei Zentimetern erfordern die
Exzision in toto mit allen Wandschichten und eine Schnellschnittuntersuchung der Abtragungsränder. Bei größeren Tumoren und multiplem Auftreten ist am Magen die
totale Gastrektomie indiziert.
Ebenso muß bei allen anderen solitär auftretenden Tumoren die Resektion im Gesunden erfolgen (Abbildung 5). Bei erfolgter Metastasierung sollte zunächst eine kaudale
Therapie versucht werden. Falls dies
nicht auf Grund der fortgeschrittenen Metastasierung möglich ist,
muß eine symptomatische chirurgische Therapie einsetzen, die in
der Reduktion der hormonproduzierenden Tumormassen, insbesondere der Leber, besteht. Auf Grund der
ausgezeichneten Regenerationsfähigkeit des Leberparenchyms ist
durchaus eine partielle Leberresektion oder eine Hemihepatektomie
indiziert.
Literatur
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Abbildung
zinoids
5: Ausschnitt des Operationspräparates eines multiplen Magenkar-
2816 Heft 47 vom 23. November 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Peter Langhans
Chirurgische Universitätsklinik
Jungeblodtplatz 1, 4400 Münster
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