Polytrope Sterne

Werbung
Oszillationen und Stabilität von Sternen
Wilhelm Kley
2. Juli 2009
Email:[email protected]
1
Einführung
Der Schwerpunkt dieses Versuchs liegt in der Untersuchung des Gleichgewichts, der Oszillationen und der Stabilität von sphärisch symmetrischen, selbstgravitierenden Sternen.
Dazu soll zunächst die Gleichgewichtsstruktur von polytropen Sphären mit Hilfe der
Lane-Emden Gleichung numerisch berechnet werden und anschließend deren Oszillationen
und Stabilität mit Hilfe von zeitabhängigen hydrodynamischen Rechnungen mit entsprechender Parametervariation untersucht werden.
Im Laufe der Durchführung werden im wesentlichen zwei Aspekte der numerischen
Astrophysik, speziell Lösungsmethoden von von Differentialgleichungen (DGL) behandelt.
Zunächst soll ein gewöhnliches Differentialgleichungssystem bestehend aus zwei Gleichungen zur Beschreibung der Gleichgewichtsstruktur eines Sterns gelöst werden. Anschließend
soll ein partielles DGL-System (Hydrodynamik) mit zeitlichen und räumlichen Ableitungen gelöst werden.
2
2.1
Astrophysikalische Motivation
Entfernungsbestimmung durch Delta-Cepheiden
Bis in das 20. Jahrhundert kannte man nur Methoden die auf Geometrie beruhten, um
Entfernungen im Weltraum ermitteln zu können. So konnte man die Abstände zu Sternen
jenseits von etwa 300 Lichtjahren, geschweige denn die der noch viel tiefer im Raum befindlichen Galaxien (Millionen bis Milliarden Lichtjahre) nicht bestimmen. Dies änderte sich
erst durch die Entdeckung von veränderlichen Sternen eines bestimmten Typs, die DeltaCepheiden genannt werden. Die Helligkeit solcher Sterne ist regelmäßigen Schwankungen
unterworfen, wobei die Periodendauer der Pulsationen und die Leuchtkraft voneinander
abhängen. Das heißt, je größer die absolute Helligkeit eines solcher Stern ist, um so länger
dauert diese Helligkeitsschwankung.
Durch Ermittlung der Periode eines solchen Cepheiden, kann man also Rückschlüsse
auf seine absolute Helligkeit ziehen und diese mit der mittleren scheinbaren Helligkeit
vergleichen, wodurch sich schließlich die Entfernung bestimmen läßt.
p
M = −1.67 − 2.54 log
1d
1
(1)
mit M mittlere absolute Helligkeit, p: Periodendauer in Tagen und 1d = 1 Tag.
Mit diesen Kenntnissen war es erstmals möglich, viel größere Entfernungen zu bestimmen als je zuvor. Begünstig wird dies auch dadurch, dass Cepheiden ca. 10.000 mal heller
sind als unsere Sonne. Daher ist man auch in der Lage solche Sterne noch in anderen
Galaxien auszumachen und ihre Entfernungen zu errechnen.
Die periodischen Helligkeitsveränderungen der δ-Cep Sterne werden durch radiale Pulsationen der Sterne verursacht. In diesem kurzen Text wird die Untersuchung solcher
Pulsationen mit Hilfe eines einfachen Modells erläutert.
2.2
Weitere Schlagworte
Sternaufbaugleichungen
Polytrope Zustandsgleichung
Stern-Oszillationen
Stabilität von Sternen
Numerische Hydrodynamik
3
3.1
Gleichgewichts-Konfigurationen
Lane-Emden Gleichung
Die Struktur von sphärisch symmetrischen Sternen wird durch ein Gleichgewicht zwischen
Druck- und Gravitationskräften, dem sog. hydrostatischen Gleichgewicht, definiert. Es gilt:
1 dp
Gm(r)
=−
,
ρ dr
r2
(2)
wobei die Symbole bedeuten:
r
Abstand von der Sternmitte (Ursprung)
ρ(r) Massendichte
p(r) Gasdruck
G
Gravitationskonstante
m(r) Masse innerhalb des Radius r
Für m(r) gilt im sphärischen Fall
m(r) = 4π
Z
r
0
ρ(r′ ) r′2 dr′
(3)
Als Zustandsgleichung für den Druck p soll hier vereinfachend eine polytrope Zustandsgleichung, die einen direkten Zusammenhang zwischen Druck und Dichte herstellt, verwendet
werden
p = Kργ
(4)
Wobei K eine Konstante bedeutet und γ den ebenfalls konstanten Adiabatenexponenten
bezeichnet. Dieser Ansatz vereinfacht die Sternaufbaugleichungen dahingehend, dass keine
Energiebilanz mehr berücksichtigt werden muss. Einsetzen der beiden Gleichungen (3) und
2
(4) in die hydrostatische Gleichung (2) und Ableitung nach r zur Elimination des Integrals
liefert
!
γ−1
4πG(γ − 1)
1 d
2 dρ
r
=
−
ρ
(5)
r2 dr
dr
Kγ
In dieser Gleichung wird γ meist durch den Polytropenindex n ersetzt, wobei dieser durch
n=
1
γ−1
(6)
definiert ist. Durch Einführen von dimensionslosen Variablen (z, w)
ρ = ρc w n
und
z = Ar
mit
A2 =
(7)
4πG
1− 1
ρc n
(n + 1)K
(8)
erhält man schließlich die Lane-Emden-Gleichung.
1 d
dw
z2
2
z dz
dz
!
+ wn = 0
(9)
Diese Gleichung bildet die fundamentale Gleichung zur einfachen Berechnung der Gleichgewichtsstruktur von nicht-rotierenden Sternen. Bei der Normierung bezeichnet ρc die
Zentraldichte des Sterns bei r = 0 und A eine inverse Längeneinheit. Damit die Lösung
im Zentrum endlich bleibt, folgt aus (9), dass die radiale Ableitung der Dichte (dρ/dr)
im Zentrum verschwinden muss.
Die Randbedingungen für die dimensionslose Lane-Emden Gleichung (9) im Zentrum
des Sterns, bei z = 0, lauten also
w=1
und
dw
=0
dz
bei
z = 0.
(10)
Die Aufbau-Gleichung (9) samt Randbedingungen (10) hat nur für 3 Werte des Polytropenindex n bekannte analytische Lösungen, und zwar
n=0
n=1
w(z) = 1 − 16 z 2
w(z) =
n = 5 w(z) =
sin z
z
1
(1+z 2 /3)1/2
Der erste Fall (n = 0) korrespondiert zu einer homogenen Sphäre mit konstanter Dichte.
Für die Werte n = 0 und n = 1 sind die Radien der Sterne (erste Nullstelle zn von w(z))
endlich, dagegen führt n = 5 auf ein Modell mit unendlichem Radius und unendlicher
Masse.
3
3.2
Numerische Lösung der Lane-Emden Gleichung
Außer diesen bekannten analytischen Fällen muss die Lane-Emden Gleichung numerisch
gelöst werden.
Zur numerischen Lösung der Lane-Emden Gleichung (9) wird die gewöhnliche Differential-Gleichung zweiter Ordnung zunächst in ein System von zwei Dgln. erster Ordnung
umgeschrieben. Die Lane-Emden Gleichung (9) ist dann
für w und der Ableitung ξ = dw
dz
einem Anfangswertproblem für die (dimensionslose) Dichte wn und deren Ableitung ξ
äquivalent.
dw
dξ
2
n
(11)
=ξ
und
=− ξ+w
dz
dz
z
Als Rand- bzw. Anfangsbedingung im Sternzentrum bei z = 0 gilt
w=1
und
ξ = 0,
(12)
wobei die erste Bedingung direkt aus Gl. (7) folgt; die zweite spiegelt das Verschwinden der
Ableitung des Gravitationspotentials im Ursprung wieder. Damit kann (11) nun numerisch
mit Hilfe eines einfachen Solvers für Dgl.-Systeme (z.B. aus Numerical Recipes) integriert
werden. Für unsere Zwecke reicht ein Integrationsverfahren zweiter Ordnung (z.B. Heun,
siehe Schwarz, 1993) vollständig aus.
Wir erläutern kurz das Grundprinzip des Heun-Verfahrens. Sei ein Differentialgleichungssystem durch
dy
y′ ≡
= F(x, y(x))
dx
dann lautet das Heun-Verfahren
yi+1 = yi +
∆x
(K1 + K2 )
2
(13)
K2 = F (xi+1 , yi + ∆x F(xi , yi ))
(14)
mit
K1 = F(xi , yi )
und
Hierbei ist ∆x jeweils die Schrittweite, mit der integriert wird. In unserem Fall besteht das
Gleichungssystem nur aus zwei Gleichungen (11), d.h. die Vektoren y, y′ , F, K1 und K2
haben jeweils nur zwei Elemente. Die Sternstruktur wird nun durch Integration von Innen
r = 0 unter Berücksichtigung der Randbedingungen (12) gestartet mit einer Schrittweite
∆x. Die erste Nullstelle der Funktion w gibt den Radius an.
4
Stern-Oszillationen
Werden Sterne im Gleichgewicht leicht in ihrem Zustand z.B. durch Dichtefluktuationen
δρ gestört, so vollführen sie Oszillationen um den Gleichgewichtszustand. (Vergleiche z.B.
die Oszillationen der Cepheiden angetrieben durch nicht adiabatische Prozesse). Die Untersuchung von radiale Schwingungen der oben berechneten Gleichgewichte erfolgt mit
Hilfe eines zeitabhängigen hydrodynamischen Modells. Die dazu benötigten Grundlagen
werden in den nächsten Abschnitten (5) bereitgestellt.
4
4.1
Hydrodynamische Gleichungen
Die allgemeinen hydrodynamischen Gleichungen für die Massen- und Impulserhaltung
lauten
∂ρ
+ ∇ · (ρu) = 0
(15)
∂t
1
∂u
+ (u · ∇) u = − ∇p − ∇Ψ
(16)
∂t
ρ
mit dem Gravitationspotential Ψ. Diese beiden Gleichungen sind in vektorieller Form geschrieben und somit für beliebige Koordinatensysteme gültig. In unserem Fall verwenden
wir Kugelkoordinaten (r, ϑ, ϕ), wobei der Koordinatenursprung im Sternzentrum liegt.
Unter Verwendung von sphärischer (Kugel-) Symmetrie, d.h. ∂/∂ϕ = 0 und ∂/∂ϑ = 0,
folgt damit für die Massenerhaltung
∂ρ
1 ∂r2 ρu
+ 2
= 0,
(17)
∂t r ∂r
wobei u hier die radiale Geschwindigkeit des Gases bezeichnet. Die radiale Bewegungsgleichung (Impulserhaltung) wird zu
∂u
1 ∂p Gm(r)
∂u
+u
=−
−
.
∂t
∂r
ρ ∂r
r2
(18)
Als Abschlussbedingung verwenden wir wiederum die polytrope Zustandsgleichung (4),
womit sich eine Lösung der Energiegleichung erübrigt. In dimensionsloser Form mit der
gleichen Längeneinheit A−1 wie oben, ergeben sich (siehe Anhang) schließlich
∂ρ
1 ∂r2 ρu
+ 2
= 0
(19)
∂t r ∂r
∂ρu
1 ∂r2 ρu u
∂p m(r)
+ 2
= − − 2 ρ
(20)
∂t
r
∂r
∂r
r
Bem.: Die Impulsgleichung ist hier in sog. Erhaltungsform geschrieben, die man mit Hilfe
der Kontinuitätsgleichung aus (18) erhält. Die Divergenzterme auf der linken Seite heißen
auch Advektions- oder Transportterme. Rechts stehen die Kräfte, bzw. Quellterme. Die
Masse m(r) innerhalb eines Radius r berechnet sich auch hier wiederum nach Gl. (3).
Die Verbindung zur Hydrostatik, Gleichung (2), wird durch Null-Setzen der linken Seite
(keine Bewegung der Materie) hergestellt. Für den Druck gilt jetzt wie vorher
4π
,
n+1
und für die Schallgeschwindigkeit cs gilt im adiabatischen Fall
p = K ργ
mit
cs =
5
q
K=
γp/ρ
(21)
(22)
Numerische Hydrodynamik
Für den zweiten Versuchsabschnitt muss das Gleichungssystem (19, 20 mit 21) numerisch
gelöst werden. Dies soll in unserem Fall durch die Methode der Finiten Differenzen, geschehen, bei der die partiellen Ableitungen (∂r) in finite Differenzen (∆r) umgeschrieben
werden. Dazu wird im folgenden knapp die dazu notwendige Numerik erläutert.
5
5.1
5.1.1
Diskretisierung
Gitter
Zunächst muss der Rechenbereich (hier das radiale Intervall), in dem die Gleichungen
gelöst werden sollen, definiert werden. In diesem Fall bietet sich z.B. ein Bereich von
rmin = 0 bis rmax ≈ 1.4Rstern an. Dabei wird Rstern durch die Lösung der ersten LaneEmden Gleichung bestimmt. Dieser Rechenbereich wird mit einer bestimmten Zahl (z.B.
N = 200) von Gitterzellen (Volumina) überdeckt.
Die (partiellen) räumlichen Ableitungen der Kontinuitäts- und Impulsgleichung (19,
20) werden nun auf diesem ortsfesten Gitter diskretisiert, auf dem die Geschwindigkeit
u an den Zellrändern und die Dichte ρ und der Druck p in den Zellmitten definiert sind
(Abb. 1). Ein solches Gitter wird auch als staggered (versetzt) bezeichnet, dabei sind typischerweise skalare Größen wie Dichte, Druck und Temperatur in den Zellmitten und vektorielle Größen wie Geschwindigkeiten, Impulse oder Flussgrößen an den Rändern (Abb. 1)
definiert. Innerhalb einer Gitterzelle sei der entsprechende Dichte ρi konstant. Numerisch
ui
ρi
ria
rib
ui+1
a
ri+1
Abbildung 1: Struktur eines Staggered Grids, bei dem die Variablen an verschiedenen
Gitterpunkten definiert sind. Dargestellt ist die i-te radiale Gitterzelle, einschließlich der
Lokalisierung und Bezeichnungen der Variablen.
ist hierbei am günstigsten, zwei unabhängige Gitter (Felder, Arrays) eins an den Rändern
(z.B. das A-Gitter) und das andere in den Mitten (hier B-Gitter) einzuführen. Die Bezeichnungen der radialen Koordinaten sind der Abb. (1) zu entnehmen.
Im Folgenden bezeichnen wir mit fin den Wert einer Größe f am Gitterpunkt ri zum
Zeitpunkt tn , dem n-ten Zeitschritt, bezeichnen
fin = f (ri , tn )
wobei ri = rib falls f die Dichte oder den Druck bezeichnet, oder ri = ria falls f die
Geschwindigkeit bezeichnet (siehe Abb. (1).
5.1.2
Operator-Splitting
Zur zeitlichen Integration wird das Operatorsplitting-Verfahren verwendet. Sei allgemein
ein Differentialgleichungssystem gegeben durch
∂A
= L1 (A) + L2 (A)
∂t
6
(23)
Hierbei bezeichnen die Größen Li (A), i = 1, 2 einzelne (auch Differential-)Operatoren
angewandt auf die Größen A. In den obigen Euler-Gleichungen sieht dies z.B. so aus
L1 : Advektion
L2 : Druck, bzw. ext. Kräfte
Zur Lösung eines Systems dieser Art wird nun der Integrationsschritt in einzelne Unterschritte unterteilt, indem die einzelnen Terme Li (A) auf der rechten Seite nacheinander
abgearbeitet werden, oder anders formuliert: Die einzelnen Operatoren werden gesplittet.
Das Gleichungssystem (23) wird also in der folgenden Reihenfolge zeitlich integriert
A1 = An + ∆tL1 (An )
A2 = A1 + ∆tL2 (A1 )
(24)
Dabei wird in den einzelnen Schritten auf der rechten Seite jeweils der letzte aktuelle
Wert der Größe A benutzt. Nach dem zweiten Schritt ist für alle Variablen der neue
Zeitschrittlevel n + 1 erreicht, d.h. An+1 = A2 .
Hier wird zunächst die Advektion (linke Seite der Gln. 19 und 20) und dann ein
Kräfteschritt (rechte Seite von Gl. 20)) durchgeführt wird. Die durch den Advektionsschritt aktualisierten Werte sind dabei die Ausgangswerte für den Kräfte-schritt. Dieses
Verfahren ist nicht nur übersichtlicher als ein ungesplittetes Verfahren, sondern auch stabiler und von höherer Ordnung in der zeitlichen Diskretisierung. Ein solches Splitting der
einzelnen Terme der Gleichungen kann ohne weiteres auf weitere Terme (z.B. Viskosität)
erweitert werden.
5.1.3
Randbedingungen
Bei der Definition des Gitters sollten jeweils zur einfachen Berücksichtigung der Randbedingungen eine sog. Geisterzelle mit berücksichtigt werden. Falls also der Ursprungsgitterpunkt (zu r = 0) mit r1a bezeichnet werde, sollte das Gitter generell mit r0a und r0b
a
beginnen. Analog am Außenrand: das Gitter endet formal mit dem Wert rN
+1 = rmax ,
es ist aber hilfreich jeweils mit einem um eins höheren Wert zu enden. Dies ist in der
folgenden Abb. (2) genau dargestellt.
u0
r a0
ρ0
r b0
u1
r a1
ρ1
u2
ρ2
ρN
r b1
r
r min = 0
a
N
r bN
u N+1
r
a
N+1
ρN+1
r bN+1
uN+2
r aN+2
r max
Abbildung 2: Übersicht über die Gesamtstruktur des Gitters von r = 0 bis r = rmax ≈
1.4Rstern . Die Gesamtzahl der zu berechnenden Gitterzellen ist N . Zur einfachen Implementierung der Randbedingungen sind ist die Indizierung des inneren und äußeren Randes
besonders hervorgehoben.
7
5.2
Advektionsschritt
In diesem ersten Teilschritt werden nur die Transportterme gelöst, betrachtet werden also
die Gleichungen
∂ρ
1 ∂r2 ρu
= − 2
∂t
r ∂r
∂ρu
1 ∂r2 ρu u
= − 2
∂t
r
∂r
(25)
(26)
Für die Diskretisierung soll das sog. Upwind-Verfahren benutzt werden. Wegen der leicht
unterschiedlichen Behandlung des Dichte- (Gl. 25) und Impulstransports (Gl. 26) aufgrund der unterschiedlichen Lage der Variablen auf dem Gitter, betrachten wir beide
Gleichungen ausführlicher.
5.2.1
Dichte-Advektion
Zunächst wird die Gleichung (25) über ein ortsfestes Volumen (z.B. eine Gitterzelle) integriert
Z
Z
1 ∂r2 ρu
∂ρ
dV = −
dV
(27)
∂t
r2 ∂r
wobei in Kugelkoordinaten bei sphärischer Symmetrie
dV = 4πr2 dr
(28)
gilt. Innerhalb der einzelnen (Gitter)-Zellen i werden die zugehörigen Dichten ρi jeweils
als konstant angenommen (piecewise constant approximation). Damit kann die linke Seite
direkt integriert werden. Auf der rechten Seite kürzt sich das r2 und durch Integration
erhält man damit
h
i
∂ρi
a
∆Vi = − (F m S)(ri+1
) − (F m S)(ria ) .
(29)
∂t
a
Hier ist ∆Vi das Volumen der i-ten Zelle (mit den Grenzen ria und ri+1
, siehe Abb. (1)).
m
Auf der rechten Seite stehen jeweils die Massenflüsse F = ρu multipliziert mit den Obera
flächen S = 4πr2 , ausgewertet an den beiden Rändern (ria und ri+1
der i-ten Gitterzelle.
Ausgeschrieben lautet das Integral auf der rechten Seite
Z
a
ri+1
ria
r a
r a
∂ 2
= ∆(F m S)
= (F m S) rii+1
(r ρu) 4π dr = 4πr2 ρu rii+1
a
a
∂r
(30)
Das heißt nichts anderes, als dass sich die Masse einer Zelle nur dadurch ändert, indem
Masse durch die Oberflächen hindurchströmt. Nun integrieren wir die Gleichung über
einen Zeitschritt von tn bis tn+1
Z
Die linke Seite ist klar
Z
∂ρi
∆Vi dt = − ∆(F m S)dt
∂t
n+1
ρi ttn
n+1
∆Vi = −∆(F m S) ttn
8
.
(31)
(32)
Auf der rechten Seite machen wir die Näherung, dass sich der Integrand während eines
Zeitschritts nur schwach ändert (erster Ordnung in der Zeit), und man erhält schließlich
für die neue Dichte
ρn+1
= ρni −
i
i
∆t h a
m
a m
S
F
−
S
F
i+1
i+1
i
i
∆Vib
für
i = 1, N
(33)
Dabei wird die rechte Seite zum alten, bekannten Zeitschritt tn ausgewertet. Hier das
Volumen ∆Vib einer Zelle (i) gegeben durch
∆Vib =
i
4π h a 3
(ri+1 ) − (ria )3
3
(34)
Der Index b auf der linken Seite weist auf eine Zentrierung am Pkt. rib hin. Die Oberfläche
Sia einer Zelle ist gegeben durch
Sia = 4π(ria )2
(35)
Der Massenfluss Fim beschreibt die Strömung von Materie durch einen Radius ria und ist
gegeben durch
Fim = ρ∗ uni
(36)
alles z.Zt. tn ausgewertet. Der Vorteil eines staggered Grids wird hier deutlich: Die Geschwindigkeit u ist automatisch richtig am Zellrand definiert und braucht nicht interpoliert
zu werden.
Die Frage bleibt: Was ist ρ∗ ? Die advektierte (transportierte) Dichte (am Ort ria ).
Diese wird bestimmt durch das sog. Upwind-Verfahren, welchem das Prinzip zugrunde
liegt, dass die relevante Information bei Strömungen jeweils von stromaufwärts (upwind)
kommt. Zur Bestimmung von ρ∗ muss also die Richtung der Geschwindigkeit eingehen.
Bei der Anwendung konstanter Dichten innerhalb einer Zelle i bedeutet dies
ρ∗i
=
(
ρni−1 für ui > 0
ρni für ui ≤ 0
(37)
Damit sind alle Größen in Gl. (33) zur Berechnung der neuen Dichte eindeutig bestimmt.
5.2.2
Impuls-Advektion
Wenden wir uns kurz dem Transport des Impulses zu. Die relevante Gleichung lautet
(Gl. 26)
∂ρu
1 ∂r2 ρu u
=− 2
(38)
∂t
r
∂r
Hier ist es sinnvoll eine Impulsdichtevariable w = ρu zu definieren, die am Gitterpunkt
ria - wie die Geschwindigkeit - definiert ist. Also ist wi = ui ρ̄i , wobei ρ̄i die am Pkt. ria
gemittelte Dichte ist. Bei einem äquidistanten Gitter gilt
ρ̄i =
1
(ρi + ρi−1 )
2
(39)
Es wird nun genauso verfahren wie vorher bei der Dichte (erst eine räumliche Integration
mit anschließender Zeitintegration) und man erhält die diskretisierte Impulsgleichung
wi1 = win −
i
∆t h b w
b
w
S
F
−
S
F
i−1 i−1
∆Via i i
9
für
i = 2, N
(40)
Hier bedeutet wi1 , dass bei der Impulsdichte bisher nur die Advektion (erster Teil des
Operator-Splittings) behandelt worden ist, der Kräfteschritt jedoch noch fehlt. Man beachte die verschobene Position im Vergleich zu Gl. (33). da u1 auf einem Randpunkt liegt,
welcher speziell gesetzt wird u1 = 0 (siehe unten) läuft der Index i in Gl. (eq:un1) nur
von 2 bis N . Hier bezeichnet ∆Via das Volumen einer am Pkt. ria zentrierten Impulszelle
i
4π h b 3
b
(ri ) − (ri−1
)3
3
∆Via =
(41)
Die Oberfläche Sib einer solchen verschobenen Zelle ist gegeben durch
Sib = 4π(rib )2
(42)
Der Impulsfluss Fiw beschreibt die “Strömung von Impuls“ durch einen Radius rib und ist
gegeben durch
Fiw = w∗ ūi
(43)
alles z.Zt. tn ausgewertet. Hier ist die ūi jetzt die am Pkt. rib (dem Rand der Impulszelle)
gemittelte Transport-Geschwindigkeit
ūi =
1
(ui + ui+1 ) ,
2
(44)
w∗ ist die advektierte Impulsdichte, die wiederum mit dem Upwind-Verfahren ausgewertet
wird. Bei der Anwendung konstanter Impulsdichten innerhalb einer Zelle i bedeutet dies
wi∗
=
(
win für ūi > 0
n
wi+1
für ūi ≤ 0
(45)
Damit sind alle Größen in Gl. (40) zur Berechnung der neuen Impulsdichten definiert.
Aus den Impulsdichten z.Zt. tn+1 ergeben sich somit für die neuen Geschwindigkeiten
nach dem Advektionschritt
wi1
(46)
u1i = n+1
ρ̄i
Damit ist der Advektionsschitt abgeschlossen und das System ist vollständig zum zeitlichen Zwischenwert bekannt
)
(
ρ1 = ρn+1
ρn
(47)
−→
u1
un
Da bei der Kontinuitätsgleichung keine weiteren Quellterme vorhanden sind, ist hier schon
der neue Zeitschritt n + 1 erreicht. Bei der Geschwindigkeit fehlen noch die Kräfte.
5.3
Kräfte
Nach der Aktualisierung der Werte durch den Transportschritt über Zellgrenzen hinweg
hat man die aktualisierten Werte qia erhalten. Im zweiten Schritt wird die Wirkung innerer
und äußerer Kräfte auf die Impulsdichte berechnet.
uit+∆t
≡
un+1
i
=
u1i
+ ∆t fgrav −
1
ρ̄n+1
i
10
!
pi − pi−1
.
b
rib − ri−1
für
i = 2, N
(48)
Die Gravitationskraft
m(r)
(49)
r2
ist an den Zellrändern ria definiert, wobei sich die Masse m(r) aus der Gleichung (3) durch
einfache Summation über die Einzelmassen in den Zellen ergibt. Dabei ist anzunehmen,
dass in jeder Gitterzelle i die Dichte ρi konstant ist. Der Druck pi ist einfach durch
fgrav = −
pi = K ρn+1
i
γ
gegeben, wobei für K der feste Wert K = 4π/(n + 1) nach Gl. (21) eingesetzt wird.
Damit sind alle Werte zum neuen Zeitschritt tn+1 = tn + ∆t berechnet, und der
Integrationszyklus beginnt erneut.
5.4
Zeitschritt
Beachten sie bei der Wahl des Zeitschritts ∆t, dass das CFL-Kriterium (nach Courant
Friedrich und Levy) erfüllt ist: Der Zeitschritt muss so klein sein, dass sich keine Störung
in einem Zeitschritt weiter als C∆r ausbreitet, wobei ∆r die Gitterweite ist und C einen
Wert von 0.75 nicht überschreiten sollte. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Störungen
q
in jeder Zelle ergibt sich zu cs + |ui |, wobei die Schallgeschwindigkeit durch cs = γp/ρ
(Gl. 22) gegeben ist. Dann gilt:
!
∆r
,
∆t ≤ C min
i
cs + |ui |
(50)
wobei der Index i das Minimum über alle Gitterzellen (i = 1, N ) bezeichnet.
5.5
Anfangs- und Randbedingungen
Zu Beginn wird der Rechenbereich von rmin = 0 bis rmax ≈ 1.5Rstern mit den Daten
aus dem stationären Polytropen Modell belegt. Im Zentrum sollte die (dimensionslose)
Dichte den Wert 1 haben. Außerhalb des Sterns r > Rstern , oder allgemein wenn die
Dichte ρi während der Rechnung einen bestimmten Minimalwert von z.B. ρmin = 10−6
unterschreitet, wird sie wieder auf ρmin gesetzt. Die Geschwindigkeiten sind zu Beginn
gleich Null, ui = 0, außer bei der Rechnung mit der anfänglichen Störung.
Die Zeitintegration vollzieht sich jeweils auf dem gesamten Gitter von rmin bis rmax .
Dazu werden jeweils Randbedingungen benötigt. Hier verwenden wir an beiden Seiten
abgeschlossene Ränder, d.h. keinerlei Materiefluss durch die Ränder. Somit müssen die
Geschwindigkeiten u(rmin ) und u(rmax ) verschwinden. Für die Dichte und den Druck sollen
reflektierende Randbedingungen (die radiale Ableitung verschwindet) verwendet werden.
Zusammengefasst lauten also die Randbedingungen
u=0
für
r=0
und
r = rmax
(51)
∂ρ
=0
für
r=0
und
r = rmax
(52)
∂r
Diese werden numerisch auf dem Gitter einfach durch Benutzung der Geisterzelle, z.B.
ρ0 = ρ1 und ρN + 1 = ρN , bzw. direkte Zuweisung u1 = 0 = uN +1 implementiert.
Zur Definition der Randpunkte siehe obige Abb. (2). Weiterhin kann definiert werden:
u0 = −u1 und uN +2 = −uN .
11
6
Stabilität von Sternen
Die beschriebenen Schwingungen von Sternen sind nicht für alle Adiabatenexponenten γ
stabil. Man findet, das für den Fall, dass γ eine bestimmte Grenze γcrit unterschreitet die
Schwingungen nicht konstant bleiben oder leicht gedämpft werden, sondern mit der Zeit
anwachsen: Der Stern ist instabil.
In diesem Versuchsteil soll mit dem entwickelten Hydrodynamik-Programm diese Grenze zur Instabilität von Sternen genauer untersucht werden.
7
Literatur
1) R. Kippenhahn & A. Weigert, Stellar Structure and Evolution, Springer Verlag, 1990
2) H.R. Schwarz, Numerische Mathematik, Teubner, Stuttgart, 1993
3) Stone J.M. & Norman M.L., ZEUS-2D: A Radiation Hydrodynamics Code... I. The
Hydrodynamic Algorithms and Tests The Astrophysical Journal Supplement, 80,
753-790 (1992)
8
Appendix:
Dimensionslose Gleichungen
In diesem Anhang soll kurz erläutert werden, wie man zu den dimensionslosen hydrodynamischen Gleichungen gelangt.
Dazu starten wir von den Gleichungen für Massen- und Impulserhaltung
1 ∂r2 ρu
∂ρ
+ 2
=0
∂t r ∂r
(53)
und
∂u
∂p Gm(r)ρ
∂ρu
+u
=− −
(54)
∂t
∂r
∂r
r2
mit den obigen Bezeichnungen. Im Falle einer polytropen Zustandsgleichung berechnet
sich der Druck gemäß Gleichung (4). Bevor man diese Gleichungen diskretisiert, führt
man üblicherweise dimensionslose Einheiten q̃ ein, wobei gelten soll:
ρ = ρ0 ρ̃
(55)
u = u0 ũ
(56)
p = p0 p̃
(57)
t = t0 t̃
(58)
r = r0 r̃
(59)
wobei die Werte mit dem Index 0, die jeweiligen Einheiten bezeichnet, in denen die entsprechende Variable gemessen wird. In diesen Einheiten soll gelten u0 = r0 /t0 . Die Kontinuitätsgleichung ist damit automatische erfüllt, und aus der Impulsgleichung wird
p0 1 ∂ p̃ Gρ0 r03 t0 m̃(r̃)ρ̃
∂ ũ
∂ ũ
=−
−
.
+u
∂r̃
ρ0 u20 ρ̃ ∂r̃
u0 r02
r̃2
∂ t̃
12
(60)
Bestimmen sie nun die Werte der Normierungskonstanten so, dass gilt
Gρ0 r03 t0
= 1,
u0 r02
(61)
woraus beispielsweise für die Zeiteinheit folgt:
t0 =
s
1
.
Gρ0
(62)
Als dimensionslose Einheit für die Länge wählen wir die Größe 1/A aus Gleichung (8).
Hat man diese Transformation durchgeführt und verzichtet im Folgenden auf die Kennzeichnung der dimensionslosen Variablen mit den Tilden, so erhält man die einfacher zu
diskretisierenden Gleichungen:
∂ρ
1 ∂r2 ρu
+ 2
=0
∂t r ∂r
(63)
und
∂u
∂p m(r)ρ
∂ρu
+u
=− −
(64)
∂t
∂r
∂r
r2
In diesem Fall gehen die dimensionslosen Gleichungen also einfach durch G = 1 aus
den dimensionsbehafteten hervor. Dieser Absatz dient somit mehr zur Illustration dieses
Verfahrens. Bei weiterer Physik (Viskosität, Wärmetransport) ergeben sich weitere Konstanten. Beachte, dass im Fall der polytropen Zustandsgleichung weiterhin die Gleichung
(4), mit einem festen Wert
4π
K=
(65)
n+1
gilt. Hier ist nämlich
p0
4π
=
.
2
ρ0 u0
n+1
Die Masse m(r) innerhalb eines Radius r wird weiterhin (auch in dieser dimensionslosen
Form) nach Gleichung (3) berechnet.
13
Herunterladen