Übung 7 – Lösungen

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Dr. J.-M. Wagner
Arbeitsgruppe „Funktionale Nanomaterialien“ (Prof. Dr. R. Adelung)
SS 2016
Übung 7 – Lösungen
Aufgabe 20: Resonanz und Relaxation als Modelle für Polariasation
a) Diese Gleichung enthält die folgenden Größen:
• m: Masse (die an der Feder hängt);
• x: Auslenkung der Feder;
• kF : Federkonstante der Feder;
• t: Zeit.
Die Gleichung entspricht dem 2. Newtonschen Gesetz, wonach die Änderung des Bewegungszustands (ausgedrückt durch die Beschleunigung a = d2 x/dt 2 ) durch die angreifende Kraft bestimmt ist; die Masse m ist
dabei als Proportionalitätskonstante zu berücksichtigen. Die Gleichung gibt damit an, welche Kraft insgesamt auf die Masse m wirkt. Hier ist dies lediglich die Federkraft, welche nach dem Hookeschen Gesetz den
Betrag kF x hat. Daß die Federkraft als rücktreibende Kraft der Auslenkung der Masse entgegenwirkt, wird
durch das Minuszeichen in der Gleichung berücksichtigt.
b) Zunächst werden die ersten zwei Ableitungen der Funktion x(t) = x0 exp(iω0t + iϕ) bestimmt und dann
2
in die Differentialgleichung (m ddt 2x = −kF x) eingesetzt:
dx(t)
= iω0 x0 exp(iω0t + iϕ)
dt
d2 x(t)
= −ω02 x0 exp(iω0t + iϕ)
dt 2
⇒ m[−ω02 x0 exp(iω0t + iϕ)] = −kF x0 exp(iω0t + iϕ)
r
kF
2
−m ω0 = −kF oder ω0 =
X
m
Eine Phase ϕ 6= 0 bedeutet, daß der willkürlich gewählte Nullpunkt der Zeit nicht mit dem Zeitpunkt maximaler positiver Auslenkung übereinstimmt (sofern, wie üblich, die tatsächliche Auslenkung durch den
Realteil von x(t) beschrieben wird). Die Resonanzfrequenz ω0 ist die Frequenz, mit der die Masse frei
schwingt (oszilliert), egal welche Startbedingung (Auslenkung) gewählt wurde; es handelt sich also um die
Eigenfrequenz des schwingungsfähigen Systems.
c) Die Masse ist die Gesamtmasse aller Elektronen des Atoms, welches Atompolarisation zeigt; die Kernmasse kann vernachlässigt werden (größere Trägheit). Die (rücktreibende) Coulombkraft der Bindung zwischen Elektronen und Atomkern kann als Federkonstante kF beschrieben werden.
d) Die Reibungskraft wirkt entgegen der Bewegungsrichtung der Masse, deshalb das Minuszeichen in der
Gleichung. Im Kristall sind zum einen die Elektronen des polarisierten Atoms an den Atomkern, zum anderen die Atome untereinander gebunden. Diese Bindungen führen dazu, daß sich die Oszillation der Elektronen eines Atoms nach und nach auf den gesamten Kristall ausweitet, was die Ausgangsschwingung dämpft;
letztlich wird die Oszillation in Wärme (Gitterschwingungen) umgesetzt.
1
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e) Die ersten zwei Ableitungen (schon oben berechnet) werden in die Differentialgleichung mit Reibung
eingesetzt, wobei als noch zu bestimmende Frequenz jetzt ω1 verwendet wird (ω0 behält seine Bedeutung):
d2 x(t)
dx(t)
= −kF x − mkR
2
dt
dt
m [−ω12 x0 exp(iω1t + iϕ)] = −kF x0 exp(iω1t + iϕ) − mkR iω1 x0 exp(iω1t + iϕ)
m
−m ω12 = −kF − i m kR ω1
m ω12 − i m kR ω1 − kF = 0
kR
= 0 ⇒ ω1 = i +
m
2
kF
ω12 − ikR ω1 −
s
ω02 −
kR
2
2
X
Somit ist x(t) = x0 exp(iω1t + iϕ) eine Lösung von Gleichung (2) des Aufgabenblatts. Die dadurch beschriebene Schwingung
ist gedämpft: Der Anteil der ungedämpften Schwingung ist gegeben durch exp[i Re(ω1 )t]
hq
2 i
k
= exp i ω02 − 2R t , die Dämpfung ist gegeben durch exp[− Im(ω1 )t] = exp − k2R t .
f) Die Frequenz der Oszillation ist gegeben durch die Frequenz ω der externen Störung F0 exp(iωt).
g) Zunächst werden die ersten zwei Ableitungen bestimmt und dann in die Differentialgleichung mit Reibung und äußerem Feld eingesetzt:
x(ω,t) = x(ω) exp(iωt)
dx(ω,t)
⇒
= iωx(ω) exp(iωt),
dt
d2 x(t)
= −ω 2 x(ω) exp(iωt)
dt 2
⇒ −mω 2 x(ω) exp(iωt) = −imkR ωx(ω) exp(iωt) − kF x(ω) exp(iωt) + F0 exp(iωt)
−mω 2 x(ω) = −imkR ωx(ω) − kF x(ω) + F0
x(ω) (−mω 2 + imkR ω + kF ) = F0
x(ω) = F0
1
−mω 2 + imkR ω
+ kF
1
= F0
X (wegen kF = mω02 )
m(ω02 − ω 2 + ikR ω)
Somit ist x(ω,t) eine Lösung von Gleichung (3) des Aufgabenblatts.
h) Abbildung 1 zeigt x(t) in Abhängigkeit von der Zeit t für:
1. eine Schwingung mit der Frequenz ω0 ,
2. eine gedämpfte Schwingung mit der Frequenz ω0 und einem Reibungskoeffizienten kR ,
3. eine Schwingung mit ω 6= ω0 (ω: Frequenz der externen Störung).
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(1)
x→
(2)
(3)
t→
Re(x ())
– Im(x ())
Abbildung 1: x(t) für die im Text diskutierten Fälle (1), (2) und (3).

Abbildung 2: Darstellung des Real- und Imaginärteils von x(ω) in Abhängigkeit von ω für einen Resonanzprozeß.
Abbildung 2 zeigt das Verhalten des Real- und Imaginärteils von x(ω) in Abhängigkeit von der Frequenz ω
für den Fall (3).
i) Das sich periodisch ändernde elektrische Feld der elektromagnetischen Welle verursacht F0 .
q
∗
∗
∗
j) Die Resonanzfrequenz wird für eine erhöhte Masse m zu ω0 verringert, da gilt: ω0 = mkF∗ . Real- und
Imaginärteil von x(ω) werden ebenfalls kleiner, da m im Nenner des Vorfaktors steht.
k) In Systemen, die Relaxationsverhalten zeigen, gibt es für das einzelne „Teilchen“ keine rücktreibende
Kraft (im Sinne der zuvor mittels kF beschriebenen Federkraft). Vielmehr ergibt sich die Rückkehr in den
Grundzustand als kollektiv für das gesamte Ensemble (und entspricht damit eher dem zuvor durch kR beschriebenen Effekt der Wechselwirkung mit den Nachbarn).
l) Zu berechnen ist folgendes Integral:
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Z ∞
H(ω) =
h(t) exp(−iωt) dt
−∞
Z ∞
=
=
=
=
=
1
Θ(t) exp(−t/τ) exp(−iωt) dt
−∞ τ
Z
1 ∞
exp[−(1/τ + iω)t] dt
τ 0
∞
1
−1
exp[−(1/τ + iω)t]
τ 1/τ + iω
0
1
1
τ 1/τ + iω
1
.
1 + iωτ
m) Zerlegung in Real- und Imaginärteil; dazu ist der Nenner reellwertig zu machen, indem mit seinem
komplex Konjugierten erweitert und (a + ib)(a − ib) = a2 − (ib)2 = a2 + b2 verwendet wird:
1
1 − iωτ
=
;
1 + iωτ
1 + (ωτ)2
1
,
⇒ Re H(ω) =
1 + (ωτ)2
−ωτ
Im H(ω) =
.
1 + (ωτ)2
H(ω) =
R e(H())
– Im (H())
Abbildung 3 zeigt schematisch den Real- und Imaginärteil von H(ω) für einen Relaxationsprozeß. (Anmerkung: Das hier betrachtete H(ω) entspricht dem oben betrachteten x(ω).) Der Peak im Imaginärteil und der
stärkste Abfall im Realteil befinden sich bei ωτ = 1.

Abbildung 3: Darstellung des Real- und Imaginärteils von H(ω) in Abhängigkeit von ω für einen Relaxationsprozeß.
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Aufgabe 21: Atompolarisation
a) Ohne äußeres Feld ist ein neutrales Atom unpolarisiert; bei der Atompolarisation liegt daher ohne äußeres
elektrisches Feld keine Polarisation (makroskopische Netto-Dipolmomentendichte) im Material vor. Wenn
ein externes elektrisches Feld auf ein neutrales Atom mit der Ordnungszahl Z wirkt, werden der Z-fach
positiv geladene Atomkern und die negativ geladene Elektronenhülle (Z Elektronen) gegeneinander verschoben (siehe Abbildung 4; dort wird stark vereinfachend ein sphärisches Atom angenommen). Durch die
räumliche Verschiebung beider „Ladungsschwerpunkte“ ensteht eine innere Coulombkraft, die entgegen der
Kraft wirkt, die das externe elektrische Feld auf die Ladungen ausübt. Sind beide Kräfte im Gleichgewicht,
so befinden sich die „Ladungsschwerpunkte“ im Gleichgewichtsabstand dE (Index E: äußeres elektr. Feld);
das Atom stellt dann einen induzierten Dipol mit q = Ze dar. Falls die Dipolmomente aller Atome in die
gleiche Richtung zeigen, ergibt sich ein makroskopisches Netto-Dipolmoment und damit eine Polarisation
des Materials. Dieser Polarisationsmechanismus nennt sich Atompolarisation; er wird auch elektronische
Polarisation genannt.
Abbildung 4: Schematische Darstellung der Atompolarisation.
b) Das elektrische Feld übt eine Kraft F1 = qE auf die Ladungen des Atoms aus aus. Dabei ist q = ±Ze
(positiv: Atomkern, negativ: Elektronenhülle). Die rücktreibende Kraft F2 , welche sich aus der räumlichen
Trennung der „Ladungsschwerpunkte“ des Atoms ergibt, läßt sich mit dem Coulombschen Gesetz berechnen:
|F2 | =
qnucl |qelec |
d3
.
mit
q
=
−Ze
elec
4πε0 d 2
r03
Dabei ist d die Distanz zwischen den „Ladungsschwerpunkten“ (also die Dipollänge), r0 ist der Atomradius,
qnucl ist die Ladung des Atomkerns und qelec ist die Ladung der Elektronen, welche sich in der Kugel mit
Radius d um den „Ladungsschwerpunkt“ befinden. Alle Ladungen außerhalb dieser Kugel haben aufgrund
des Faradayschen Prinzips keinen Effekt! Die rücktreibende Kraft beträgt also
|F2 | =
(Ze)2 d
.
4πε0 r03
c) Die Atomdichte folgt aus dem molaren Volumen mit der Avogadro-Konstante (NA = 6,022 · 1023 ) als
23
6,022·1023 At.
At.
At.
19 At.
N = VNMA . Damit erhält man: NH = 6,022·10
= 4,98 · 1022 cm
3,
11207 cm3 = 5,373 · 10 cm3 , NSi =
12,1
cm3
5
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NPb =
6,022·1023 At.
18,3
cm3
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At.
= 3,29 · 1022 cm
3.
d) Der Gleichgewichtsabstand dE ergibt sich aus der Bedingung |F1 | = |F2 |:
ZeE =
⇒ dE =
(Ze)2
dE
4πε0 r03
ZeE · 4πε0 r03 4πε0 r03 E
=
.
(Ze)2
Ze
Für Wasserstoff ergibt sich der folgende Gleichgewichtsabstand für ein elektrisches Feld von 1 MV/cm:
4π · 8,854 · 10−12 Fm−1 · (3 · 10−11 m)3 · 106 Vcm−1
1 · 1,602 · 10−19 C
4π · 8,854 · 27 10−12 · 10−33 · 106 C · m3 · V
=
·
·
1,602
10−2 · 10−19
Vm · m · C
−18
= 1875 · 10
m ≈ 1,9 fm.
dEH (1 MV/cm) =
(Zum Vergleich: Der Atomkernradius liegt in dieser Größenordnung.)
e) Aus Aufgabenteil b) ist die folgende Gleichung bekannt:
|F2 | =
(Ze)2
· d =: kF · d.
4πε0 r03
Der Bruch kann als Federkonstante kF interpretiert werden, welche die rücktreibende Kraft F2 mit der Auslenkung d verbindet (Hooke’sches Gesetz). Für Wasserstoff ergibt sich folgender Wert:
kFH =
N
(1 · 1,602 · 10−19 C)2
≈ 8,5 · 103 .
−12
−1
−11
3
4π · 8,854 · 10
Fm · (3 · 10
m)
m
2
2
C
C
N
Dabei gilt für die Einheiten: 1 Fm−1
= 1 CV−1
= 1 VC
= 1 Ws
= 1 mJ2 = 1 Nm
= 1m
.
·m3
·m2
m2
m2
m2
f) Die Resonanzfrequenz ω0 eines harmonischen Oszillators ist gegeben durch
r
kF
ω0 =
.
m
In der Atompolarisation bezieht sich m auf die Gesamtmasse der Elektronen (da diese weniger träge sind
als der Atomkern):
r
kF
ω0 =
, mit der Atomnummer (Ordnungszahl) Z und der Elektronenmasse me .
Zme
Für Wasserstoff ergibt sich aus dieser klassischen Betrachtung die Frequenz ω0H :
s
s
H
k
8,5 · 103
F
ω0H =
=
Hz = 9,7 · 1016 Hz.
me
9,11 · 10−31
6
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Die Wellenlänge λ einer von diesem „klassischen Resonator“ emittierten elektromagnetischen Welle läßt
sich wie folgt berechnen:
λ=
c0
c0
· 2π , mit der Lichtgeschwindigkeit c0 .
=
f
ω0
Für das Wasserstoffatom ergibt sich folgende Wellenlänge:
λH =
3 · 108 m s−1
c0
·
2π
=
· 2π = 1,9 · 10−8 m = 19 nm.
9,7 · 1016 Hz
ω0H
Diese Wellenlänge entspricht UV-Licht, die zugehörige Photonenenergie liegt bei h f = 64 eV, und das ist
„extremes Ultraviolett“. (Zum Vergleich: Die quantenmechinisch berechnete Bindungsenergie des Elektrons
im Grundzustand des Wasserstoffatoms beträgt 13,6 eV.)
g) Die Suszeptibilität χ läßt sich wie folgt bestimmen:
χ=
P
Nµ
=
,
ε0 E
ε0 E
mit der Dipolmomentendichte N (hier: Dichte der Atome) und dem Dipolmoment µ = q d. Hier gilt:
µ = Ze · dE = 4πε0 r03 E
⇒ χ = 4πNr03 .
Für das Wasserstoffatom ergibt sich folgender Wert:
χH = 4π · 5,373 · 1019 cm−3 · (3 · 10−11 m)3 = 1,8 · 10−5 .
Für Wasserstoffgas (H2 -Moleküle) findet man in der Literatur den Wert χH2 = 2, 64 · 10−4 . Das Modell wurde für isolierte, kugelförmige Atome durchgerechnet, was offenbar eine zu starke Vereinfachung darstellt.
h) Für das Siliziumatom ergibt sich folgender Wert für die Suszeptibilität:
χSi = 4π · 4,98 · 1022 cm−3 · (1,1 · 10−10 m)3 = 0,83.
Das Modell nimmt an, daß das Atom rund ist (s-Orbital). Für Silizium ist dies keine gute Annahme, da
Silizium sp3 -Orbitale besitzt. Diese sp3 -Orbitale führen durch die Konzentration der Ladungen zu einem
wesentlich stärkeren Effekt der Atompolarisation; die Dielektrizitätszahl εSi = 12 von Si ist fast komplett
auf Atompolarisation zurückzuführen.
i) Für das Bleiatom ergibt sich folgender Wert für die Suszeptibilität:
χPb = 4π · 3,29 · 1022 cm−3 · (1,8 · 10−10 m)3 = 2,4.
Blei ist ein Metall. Elektrische Felder (und auch elektromagnetische Wellen) können nicht tief in Metalle
eindringen, da elektrische Felder schon auf kurzen Distanzen (Debyelänge ≈ 1 nm) von den in Metallen vorhandenen freien Elektronen abgeschirmt werden (elektromagnetische Wellen werden von den freien
Elektronen absorbiert). Daher ist das gewählte Modell für Blei (und andere Metalle) nicht geeignet.
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