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Von damals bis heute – Jan Hus / 600 Jahre Konstanzer Konzil im Religionsunterricht
Arbeitsblätter und Materialien © Ev. Schuldekanat Konstanz 2013. Pädagog. Verwendung frei
Richental-Chronik: Ankunft von Jan Hus in Konstanz. Darf er die Messe halten ?
(148) So schickte ihn mit ehrlicher Absicht König Wenzel nach Konstanz, und es ritten die mit ihm, die ihn begleiten sollten: Ritter Wenzel von Dubá und Ritter
Heinrich Chlum auf Latzembock, mit mehr als 30 Pferden und zwei Wagen. Hus aber hatte selber einen Wagen, auf dem er und sein Kaplan saßen. Nach ihrer
Ankunft zogen sie in das Haus von Fida Pfister in der Sankt-Pauls-Gasse.
(149) Als sie sich ein oder zwei Tage ausgeruht hatten, nahm sich der Hus vor, in dem kleinen Raum neben der Wohnstube Messe zu halten. Da kamen viele
Nachbarn, um bei ihm die Messe zu hören, sodass es viel Herumgelaufe gab. Doch las er zu dieser Zeit die Messe, wie dies unsere Pfarrer auch tun. Als das
unser Herr der Bischof, Bischof Otto von Hachberg – er war von Geburt ein Markgraf von Rötteln – hörte, schickte er zu ihm seinen Vikar Hans Tenger und
seinen Offizial Konrad Elye. Die zwei kamen zu ihm und diskutierten mit ihm, warum er Messe hielte. Er wisse doch sehr wohl, dass er schon sehr lange unter
dem *Bann des Papstes stünde, und jetzt besonders unter dem *Bann des heiligen Konzils. Da antwortete er, er sei nicht im *Bann und wollte so lange Messe
halten, so lange ihm dies Gottes Gnade gestatte. Da verbot der Bischof den Gläubigen, dass sie bei ihm die Messe hörten. In heutigem Deutsch von Michael Beisel nach: Thomas
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Martin Buck (eingel. u. hg.), Chronik des Konstanzer Konzils 1414-1418 von Ulrich Richental (Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen 41), Ostfildern 2011, S.60f.
Es haben aber zwei Bischöfe und ein Doktor mit Herrn
Johannes Kepka (=einer der tschech. Begleitritter von Hus)
gesprochen, ich solle im Stillen eine Vereinbarung treffen.
So erkenne ich, dass sie meine öffentliche Antwort und
Predigt fürchten, zu der es, wie ich hoffe, mit Gottes
Gnade kommen wird, wenn König Sigismund da ist.
Brief von Jan Hus vom 6.11.1414 aus Konstanz in die
tschech. Heimat, überliefert von Peter aus Mladoniowitz,
gek. aus: Bujnoch, J., Hus in Konstanz. Der Bericht des
Peter von Mladoniowitz, Graz / Wien/ Köln 1963, S.69
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Wisset, dass man meinetwegen
nirgends den Gottesdienst eingestellt
hat, nicht einmal in Konstanz, wo der
Papst selbst in meiner Anwesenheit
zelebriert hat (gemeint ist: bei
feierlichen Eröffnung des Konzils durch
den Papst am 5.11.1414 )
Jan Hus predigt in Prag. Aus dem sog.
Jenaer Kodex, ca.1490 (fol 37 v,
Ausschnitt) © Knihovna Národního
muzea v Praze (mit frdl. Genehmigung)
Welche Wirkung hat Hus in Konstanz,
und wie wird das jeweils bewertet?
*Bann, *Exkommunikation, *Interdikt
- Holt Infos, wie die mittelalterl. Kirche
mit solchen Instrumenten umging
Was ist für Jan Hus in Konstanz
erlaubt, was verboten ? Zeige den
Unterschied zwischen Richental und
den Texten Peter von Mladoniowitz´.
Durfte Jan Hus in Konstanz
Gottesdienst halten ?
Diskutiert: Kann es heute Gründe
geben, jemanden am öffentlichen
Reden zu hindern – oder ist das ein
Verstoß gegen die Menschenrechte?
Findet Beispiele aus der Tagespresse.
Brief von Jan Hus vom 16.11.1414 aus Konstanz in die
tschech. Heimat, überliefert von Peter aus Mladoniowitz,
gek. aus: Bujnoch, J., s.o.,S.72
...gestern (9.11.1414) kam…der Auditor des heiligen
apostolischen Palastes mit dem Bischof von Konstanz...zu
unserer Herberge, und sie haben mit dem Magister
gesprochen... [Es hat] einen großen Meinungsstreit zwischen
dem Papst und den Kardinälen über das verhängte, gegen
unseren Magister gerichtete *Interdikt gegeben…dass man
kurz den Entschluss fasste, den Magister aufzusuchen und
ihm mitzuteilen, der Papst habe...das schon ausgesprochene
*Interdikt und die gegen Magister Johannes erlassenen
Sätze der *Exkommunikation aufgehoben, und ihn zu bitten,
um des Ärgernisses des Volkes willen und nur um dem
Gerede auszuweichen, an ihren Hochämtern nicht
teilzunehmen, sonst aber möge er nach seinem Gutdünken
völlig frei die Stadt Konstanz, die Kirchen und alle beliebigen
Stätten besuchen. Und, wie wir wahrheitsgemäß
vernommen haben, geschah das nur, da alle die künftige
Predigt an den Klerus fürchten, die Magister Johannes zu
halten beabsichtigt... Und so sind wir also frei in Konstanz
und der Magister hält täglich Messgottesdienst...
Brief des tschech. Magisters Joh. („Kardinal“) von Reinstein vom 10.11.1414 aus Konstanz in die
Heimat, so vermutet und überliefert von Peter aus Mladoniowitz, gek. aus: Bujnoch, J., s.o.,S.67
Von damals bis heute – Jan Hus / 600 Jahre Konstanzer Konzil im Religionsunterricht
Arbeitsblätter und Materialien © Ev. Schuldekanat Konstanz 2013. Pädagog. Verwendung frei
Bild: Jan Hus predigt in Prag. Aus dem sog. Jenaer Kodex, ca.1490 (fol 37 v, Ausschnitt) © Knihovna Národního muzea v Praze . Für die Wiedergabe im Rahmen der vorliegenden Veröffentlichung wurde die freundliche Genehmigung
eingeholt. Seine pädagogische Verwendung ist frei, dabei gilt: Die Bearbeitung, insbesondere die Veränderung oder Mischung mit anderen Materialien ist nur zu Übungszwecken zulässig, solange gewährleistet ist, dass das neu
hergestellte Werk nur im Klassen-, Arbeitsgemeinschafts- oder Studienverbund verwendet / präsentiert und im Übrigen nicht veröffentlicht wird. Als Lehrkraft sind Sie für die Einhaltung dieser Bestimmungen verantwortlich.
Didaktische Informationen für die Hand der Lehrkraft
(Kirchen-)Bann, Exkommunikation, Interdikt –zusammenfassende Informationen
Bann (Exkommunikation, Ausschluss aus der Kirchengemeinschaft) hatte im Mittelalter erhebliche Auswirkungen. Betroffenen wurde nicht nur die Teilnahme am
Gottesdienst und der Empfang der Sakramente verboten, sie konnten auch nicht kirchlich bestattet werden. Als Geistliche durften sie ihr Amt nicht mehr ausüben ( Jan
Hus). Der geläufige Ausdruck "in Acht und Bann tun" zeigt, wie gleich auch weltliche Ächtung (Reichsacht) folgte und Betroffene damit sozial wirtschaftlichen ruiniert
waren. Interdikt ("Untersagung") ist die Einstellung aller kirchlicher Handlungen in einem ganzen Gebiet (darauf bezieht sich wohl die zweite Äußerung von Jan Hus):
Glocken verstummen, Gottesdienste werden eingestellt und Kirchen zugeschlossen. Die Kirche im Mittelalter verwendete diese Strafe (die auch Unbeteiligte betraf, die
in diesem Gebiet wohnten) vor allem als wirksame Waffe gegen unbotmäßige weltliche Herrscher. Seit Ende des 14.Jh. nahmen die Menschen allerdings
Exkommunikationen und sonstige geistliche Strafen nicht mehr so ernst - seit sie erleben mussten, wie zwei Päpste sich gegenseitig mit dem Bann belegten. Solange
nur Gottesdienste gehalten, getauft, getraut und beerdigt wurde - beim Interdikt gab es auch Ausnahmen und oft genug wurden die Untertanen von ihren weltlichen
Herrschern geschützt, die ja auch kein Interesse an der Lähmung des geistlichen Lebens in ihrem Gebiet haben konnte
Kirchenstrafen gegen Jan Hus:
18.07.1410 Der Prager Erzbischof verhängt den Bann über Jan Hus, Febr. 1411 wird dieser durch den Vatikan erneuert wegen Fernbleibens (Hus reist nicht zur
Verhandlung nach Rom)
19.06.1411 Interdikt über ganz Prag. Der Erzbischof flieht wegen Volksaufständen, die auch durch Hus´ Anhänger entstehen, aus der Stadt.
09.11.1414 Konstanz: Papst Johannes XXIII. (Baldassare Cossa) hebt Bann / Interdikt gegen Jan Hus auf (Auflage: nicht öffentl. Unruhe machen).
Prekäre öffentliche Äußerungen heute – Beispiele, die man derzeit diskutieren kann:
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Edward Snowden: Whistleblower oder Geheimnisverrat ?
Anders Breivik: Massenmörder mit einer Mission ?
Hassprediger
© Foto: Achim Mende
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